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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuch des wegen Sprengstoffverbrechen und Brandstiftung bestraften Pierre Mettan, Landwirt in Vérossaz, Kantons Wallis.

(Vom 27. November 1908.)

Tit.

Pierre Mettan hat geständiger Massen: 1. in der Nacht vom 3./4. Januar 1908 gegen 4 Uhr morgens auf der Strasse vor dem Hause ,,Les Chenalettes", LaveyVillage, Kantons Waadt, in welchem er selbst als Mieter einer Frau Grichting wohnte, eine Dynamitexplosion dadurch verursacht, dass er aus einem Fenster seines Logis eine mit brennender Lunte versehene Dynamitpatrone warf, 2. am Abend des 19. gleichen Monats zirka 10 Uhr vor dem nämlichen Hause und in gleicher Art eine Dynamitexplosion verursacht, 3. am 6. Februar 1908 gegen l Uhr morgens böswillig das Haus ,,Les Chenalettes" in Brand gesteckt.

Durch die Explosionen entstand nur geringer Schaden in Form der Zerstörung einer Anzahl von Glasscheiben im Gesamtbetrage von Fr. 40, durch die Brandstiftung aber wurde unter Gefährdung des Lebens der zahlreichen im Hause wohnenden

35 Menschen ein Schaden am Gebäude im Betrage von Fr. 7250 und ein solcher an Mobiliar im Betrage von Fr. 1576 herbeigeführt.

Der 62jährige Mettan, der mit der Besitzerin des Hauses ,,Les Chenalettes" behufs Verehelichung ein näheres Verhältnis anknüpfen wollte, beabsichtigte durch diese Handlungen einige Italiener zu verscheuchen, die in dem Hause verkehrten und seine Absichten störten.

Nachdem der Bundesrat die Dynamitattentate als Verbrechen im Sinne von Art. l des Bundesgesetzes vom 12. April 1894 qualifiziert und ihre Beurteilung an die Gerichte des Kantons Waadt übertragen hatte, erklärte das Bezirksgericht von Aigle durch Urteil vom 10. Juli °1908 den Mettan schuldig des wiederholten Sprengstoffverbrechens im Sinne des zitierten Bundesgesetzes und der Brandstiftung im Sinne des waadtländischen Strafgesetzes. Als Strafe wurde ausgesprochen : 10 Jahre Zuchthaus wegen Übertretung des Bundesgesetzes und 3 Jahre Zuchthaus wegen Brandstiftung.

Nunmehr ersucht Mettan um Erlass der noch nicht erstandenen Strafe, soweit sie auf Anwendung des Bundesgesetzes beruht, durch Begnadigung, indem er geltend macht, dass er nicht in der Absicht gehandelt habe, Schrecken zu erregen oder die allgemeine Sicherheit zu erschüttern, was eigentlich Voraussetzung der Bestrafung auf Grund des Bundesgesetzes vom 12. April 1894 sei und dass die Strafe von 10 Jahren Zuchthaus in keinem richtigen Verhältnis zu der seinen Handlungen zu Grunde liegenden Absicht und zu den eingetretenen, von ihm wohl überlegten Folgen stehe. Die Mitglieder des Gerichtes, welche über den Petenten urteilten, empfehlen sämtlich das Begnadigungsgesuch zur Entsprechung.

Art. l des vom Gerichte von Aigle angewendeten Bundesstrafrechtes bedroht den verbrecherischen Missbrauch von Sprengstoffen ganz im Allgemeinen mit Zuchthausstrafe von mindestens 10 Jahren und es geht aus den Materialien zum Gesetze und dessen Auslegung durch das Bundesgericht mit aller Deutlichkeit hervor, dass es sich in seinen Art. l--4 nicht nur auf anarchistische Verbrechen bezieht. Allerdings erscheint diese Strafe als hart gegenüber dem was Mettan tat und was er beabsichtigte, dagegen wäre es zu weit gegangen, wenn ihm jetzt schon, nachdem er kaum ein halbes Jahr erstanden, schon der ganze Strafrest erlassen würde.

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Wir stellen daher bei Ihrer hohen Versammlung den Antrag: Es sei das Gesuch des Pierre Marie Mettan zur Zeit abzuweisen.

B e r n , den 27. November 1908.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Brenner.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Bingier.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuch des wegen Sprengstoffverbrechen und Brandstiftung bestraften Pierre Mettan, Landwirt in Vérossaz, Kantons Wallis. (Vom 27. November 1908.)

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Jahr

1908

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6

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49

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02.12.1908

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34-36

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