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Bericht der

Kommission des Nationalrates für die Vorberatung des Gesetzentwurfes über die Kranken- und Unfallversicherung.

(Vom 2. Mai 1908.)

Tit.

Angesichts der Wichtigkeit der Gesetzesvorlage über die Kranken- und Unfallversicherung glaubte die Kommission des Nationalrates, der die Vorberatung derselben übertragen war, Ihnen einen gedruckten Bericht über das Ergebnis ihrer Arbeit vorlegen zu sollen.

Es kann nicht die Aufgabe dieser Berichterstattung sein, hier nochmals auf die grosse Bedeutung der Frage für unser Volksleben hinzuweisen und im allgemeinen sich über dieselbe auszusprechen. Die sorgfältig ausgearbeitete Botschaft des Bun ·desrates mit ihrem reichen Material bietet so viel an Zusammenstellungen, an Erörterungen und an Beweisführungen, dass wir es als unsere Aufgabe betrachten, unsern Bericht zu beschränken auf die Stellungnahme der Kommission zu den Hauptgrundsätzen des Gesetzes, Ihnen da, wo die Anträge derselben wesentliche Abänderungen beabsichtigen, dieselben näher zu begründen und Ihnen namentlich auch unsere Haltung gegenüber den überaus zahlreichen Eingaben von Verbänden und Institutionen zu zeichnen.

Wir mussten uns überhaupt wohl sagen, dass auch eine noch so eingehende Erörterung in unserem schriftlichen Berichte niemals die mündliche ausgiebige Diskussion im Rate er-

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sparen werde, .und dass der Verhandlung in den eidgenössischen Bäten ein weiter Raum gewährt werden müsse, angemessen der Bedeutung der Versicherung für unser Land und entsprechend ihrer Berührung mit so vielen persönlichen und beruflichen Verhältnissen.

Nachdem das Volk die erste Vorlage für die Ausführung ·des Verfassungsartikels 34bis abgelehnt hatte, musste sich der Gesetzgeber die Frage vorlegen, welches die Gründe der Verwerfung gewesen waren, und namentlich hatte er sich ·darüber Rechenschaft zu geben, ob die Ausdehnung der obligatorischen Versicherung auf Kreise, die es vorderhand ablehnten, in die Versicherung ohne weiteres einbezogen zu werden, zu grossen Anstoss erregte, ob die dem Einzelnen zugedachten Opfer eine grosse Zahl von Nein zur Folge hatten oder ob es die Mitglieder der bestehenden Krankenkassen waren, die für deren Unabhängigkeit fürchteten und deshalb dem Gesetze ihre Zustimmung versagten.

Bei aller Berücksichtigung der Gründe für die Verwerfung darf denselben. aber doch nur so weit Rechnung getragen werden, als nicht der Aufbau des ganzen darunter zu Schaden kommt und die segensreiche Wirkung des Versicherungswerkes beeinträchtigt wird.

Wir wollen nicht unterlassen, hier zu bemerken, dass wir dem ganzen Entwurfe des Bundesrates, wenn wir auch daran namhafte Änderungen vorgenommen haben, die volle Anerkennung einer sorgfältig durchgearbeiteten Vorlage und eines konsequent und logisch aufgebauten Ganzen zollen.

Wir gehen mit der Vorlage des Bundesrates einig in der Auffassung, dass von einer Ausdehnung des Obligatoriums, wie sie der frühere Entwurf vorsah, Umgang genommen werden solle ; ebenso sehr sind wir aber anderseits damit einverstanden, dass nun nicht etwa nur Kranken- oder Unfallversicherung für sich allein einzuführen sei.

Wir halten dafür, dass der Wortlaut des Verfassungsartikels 34bis -- der Bund wird auf dem Wege der Gesetzgebung die Kranken- und Unfallversicherung einrichten, unter Berücksichtigung der bestehenden Krankenkassen -- von vornherein die Einführung der beiden Versicherungsarten verlangt, und dass die begeisterte Zustimmung des Volkes gerade den beiden Versicherungen gegen die Gefahren des Unfalls, wie auch der Krankheit gegolten hat. Krankheit und Unfall sind beide mit

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hezug auf ihre unheilvolle Einwirkung auf die wirtschaftlichen Verhältnisse sowohl des Betroffenen selbst, als auch seiner Familie zu nahe miteinander verwandt, und ebenso gleichen sich beide zu sehr mit bezug auf die nämliche Gefahr für den Fortbestand der Gesundheit und die Arbeits- und Lebenskraft sowohl des Kranken als des Verunfallten, als dass eine Trennung, zu befürworten wäre.

Wir dürfen sagen, dass der Entwurf des Bundesratesin seinem Aufbau das unsern Verhältnissen Entsprechende trifft, und dass, wenn er auch nicht mehr die enge Verbindung zwischen beiden Versicherungsarten herstellt, die der frühere Entwurf vorsah, er doch in richtiger Weise Krankenfürsorge und Unfallversicherung umschreibt. Die in verschiedenen Eingaben enthaltene Meinung, dass vorerst nur die Krankenversicherung einzurichten sei, konnten wir nicht zu der unsrigen machen. Wir wollen nicht verfehlen, schon an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass der heutige Entwurf mit bezug auf die Bundesleistung dem frühern nicht nachsteht, und das» die Zahl der Versicherten eine nahezu gleich grosse sein wird, wenn die freiwillige Versicherung einmal die ihr zukommendeWürdigung findet. Die sich immer mehr fühlbar machenden Mängel unserer Haftpflichtgesetzgebung erfordern gebieterisch eine bessere Lösung, sie erfüllt vielfach ihre Aufgabe nicht mehr. Die Leistungen nach Haftpflichtgesetz für bleibenden Nachteil sind durch die veränderten Lebensbedingungen ungenügend geworden ; anderseits ist es die ungleiche Behandlung innerhalb der nämlichen und zwischen verschiedenen Erwerbsklassen, die immer mehr einer Änderung ruft. Die Erledigung der Unfälle nach der gegenwärtigen Ordnung wirkt nachteilig auf das Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber.

Diese Gründe alle sind zwingende für die rasche und auch für die gleichzeitige Lösung der Frage der Unfallversicherung und der Krankenversicherung.

Nach diesen allgemeinen Bemerkungen geben wir Ihnen nachstehend Kenntnis unserer Stellungnahme zu den einzelnen Abschnitten und Artikeln des Gesetzes, wobei wir uns allerdings, wie bereits einleitend gesagt, darauf beschränken, derjenigen Abänderungen Erwähnung zu tun, die von namhaftem Einfluss auf die Ausgestaltung der Versicherung und von besonderer Bedeutung für die Beurteilung der Vorlage sein werden.

461 Krankenversicherung.

Wir nehmen, wie auch die Vorlage, davon Umgang, das O b l i g a t o r i u m der Krankenversicherung ohne weiteres einzuiühren. Der Entwurf verlieh den Kantonen das Recht, für ihr Gebiet das Obligatorium auszusprechen, wir beantragen Ihnen, schon die G e m e i n d e n zu ermächtigen, den Beitritt zur Krankenversicherung obligatorisch zu erklären für alle Bürger oder für einzelne Kategorien derselben, unter Vorbehalt der Zustimmung ·des Kantons und der Genehmigung durch den Bundesrat.

Wir verzichten auch darauf, den Beitritt zu einer Krankenkasse für diejenigen obligatorisch zu erklären, die der VersicheTungspflicht für die Unfallversicherung unterstellt sind, trotzdem dies für die Vereinfachung der Beziehungen der Unfallversicherungsanstalt zu den Krankenkassen besondere Vorteile geboten hätte. Das Aussprechen des Obligatoriums für diese Kategorie hätte ebenfalls die sofortige Errichtung öffentlicher Krankenkassen bedingt ; da ein Versicherungszwang nur dann ausgesprochen werden kann, wenn gleichzeitig auch die unbedingte Möglichkeit für die Erfüllung dieser Pflicht geboten wird.

Wir schlagen Ihnen nachstehende wichtigere Änderungen vor.

Zu Artikel 4 beantragen wir einen Zusatz, der geeignet «ein dürfte, jedes Bedenken mit bezug auf die beim Bundesrat -einzuholende Anerkennung zu beseitigen.

Wir haben nämlich die Bestimmung beigefügt, dass die Anerkennung der Krankenkasse durch den B u n d e s r a t weder des politischen, beruflichen, noch konfessionellen Charakters wegen verweigert werden darf.

Ebenso haben wir die Bedingungen betreffend die Aufnahme der F r a u e n näher umschrieben. Auf der einen Seite verlangen wir, dass die Aufnahme und die Versicherung der beiden Geschlechter unter den nämlichen Bedingungen zu erfolgen hat, und anderseits bestimmen wir, dass eine Kranken.kasse, die einem besondern Verbände angehört, der nur Männer oder nur Frauen als Mitglieder aufnimmt, auch nicht gezwungen werden, soll, Mitglieder eines der Geschlechter aufzunehmen, -das in dem Verbände selbst nicht Aufnahme findet.

Zu einer ganz eingehenden Behandlung veranlasste uns die Präge der F r e i z ü g i g k e i t . Vorab schlagen wir vor, für

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den Anspruch auf die Freizügigkeit die Mitgliedschaft bei einer oder mehreren Kassen während e i n e s J a h r e s zu verlangen, der Entwurf verlangte eine Dauer von zwei Jahren.

Ebenso haben wir einen Unterbruch der Zugehörigkeit von, d r e i , statt nur von zwei Monaten gestattet. Mit dem Entwurfe haben wir die Bestimmung beibehalten, dass der Gesundheitszustand, sowie das Alter nicht als Grund einer Verweigerung der Freizügigkeit gelten darf. Wir fügen aber weiter noch bei, dass die Freizügigkeit auch nicht durch Eintrittsgelder erschwert werden darf. Gleichzeitig nehmen wir noch eine schützende Einschränkung gegen die Überversicherung auf.

In einem neuen Artikel statuieren wir die f r e i e W a h l unter den mit dem eidgenössischen Diplom v e r s e h e n e n Ä r z t e n der Gegend und schreiben gleichzeitig vor, den Bezug der Arzneien und Heilmittel in einer durch das eidgenössische Diplom bewilligten A p o t h e k e . Diese beiden Bestimmungen zusammengefusst, scheinen uns die nötigeGewähr für die richtige Behandlung des Kranken zu bieten und überdies auch den Eingaben der Ärzte und Apotheker Rechnung, zu tragen, soweit es die Erreichung einer zuverlässigen Behandlung erfordert. Wir betrachten die richtige Heilung sowohl bei Krankheit als bei Unfall als das vornehmste Ziel der Versicher rung. Ein durch den Bundesrat aufzustellender Tarif wird die Kassen und die Kranken vor Überforderung schützen.

Verschiedenen Eingaben Rechnung tragend, erhöhten wir die Entschädigung an Wöchnerinnen von der Hälfte auf den ganzen Betrag des Krankengeldes, für die Zeit während der sie, obschon hergestellt, gesetzlich noch verhindert sind, ihren Beruf wieder aufzunehmen.

Wenn wir auch für die Mindestleistung der anzuerkennenden Krankenkassen die Fassung des Entwurfes annahmen, so haben wir für die Bemessung des Beitrages des Bundes weitergehende Ansprüche erhoben. Vorab wollen wir zur Förderung, und zur Erleichterung der A u f n a h m e von F r a u e n und von K i n d e r n unter vierzehn Jahren, denen die Krankenkasse wenigstens den Arzt und die Heilmittel liefert, einen e r h ö h t e n B u n d e s b e i t r a g v o n l % R a p p e n ausrichten. Damit glauben wir das zu tun, was im Rahmen der Möglichkeit getan werden kann für die Einführung der Kinderversicherung, und anderseits wird damit die Krankenversicherung der Frauen mächtig gefördert. Den e r h ö h t e n B e i t r a g

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von 1% Rappen beantragen wir dagegen nur denjenigen Kassen zukommen zu lassen, die ärztliche Behandlung und Heilmittel und noch ein Krankengeld von. wenigstens einem Franken per Tag ausrichten.

Die bereits im bundesrätlichen Entwurfe vorgesehene besondere B e r ü c k s i c h t i g u n g d e r a b g e l e g e n e n G e g e n d e n haben wir noch etwas erhöht, und endlich sehen wir noch eine besondere Bundesleistung für diejenigen Kantone oder Gemeinwesen vor, die das Obligatorium ganz oder in beschränktem Masse einführen.

Am Schlüsse unserer Bemerkungen zur Krankenversicherung heben wir nochmals hervor, dass der durch uns modifizierte Entwurf in seiner neuen Fassung nun in. weitem Masse und im Verhältnisse zu den zur Verfügung stehenden Mitteln eine mächtige Förderung der Entwicklung der Krankenkassen und der Krankenversicherung überhaupt bedeutet. Auch diejenigen, die immer noch Anhänger der unentgeltlichen Krankenpflege oder des allgemeinen Obligatoriums sind, werden anerkennen müssen, dass wir in erster Linie die Krankenpflege zu unterstützen beabsichtigen, und dass wir da, wo ein allgemeines Bedürfnis vorhanden ist, auch die Einführung des Obligatoriums erleichtert haben.

Unfallversicherung.

In eben so grosser Zahl wie zur Krankenversicherung sind die Eingaben zur Unfallversicherung eingelaufen. Wir haben uns nicht damit begnügt, von denselben Kenntnis zu nehmen, sondern wir wandten uns auch an anerkannte Fachleute mit dem Ersuchen um ihre Ansichtsäusserung über die uns wichtig, erscheinenden Einwände. Wir haben bei denselben in verdankenswerter Weise eingehende Auskunft erhalten und von ihren Mitteilungen grosseii Nutzen gezogen.

Allseitig wurde die Ansicht geteilt, dass für die Unfallversicherung eine selbständige schweizerische Anstalt zu errichten sei ; auseinander gehen die in den Eingaben vertretenen Ansichten darüber, ob dieser Anstalt das Monopol für die obligatorische Versicherung zu verleihen sei, oder ob auch noch der Mitwirkung der bestehenden Unfallversicherungsgesellschaften oder der Berufsgenossenschaften Raum gewährt werden könne.

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Wir nehmen mit dem Bundesrate eine auf Gegenseitigkeit beruhende Anstalt in Aussicht, der das M o n o p o l zu verleihen ist.

Beim Prinzip des Obligatoriums ist der Gesetzgeber genötigt, eine Anstalt zu schaffen, die den Versicherten jede wünschbare Garantie bietet und die verpflichtet ist, ihn aufzunehmen. Die Abschaffung der Haftpflicht bedingt ·die Einrichtung einer obligatorischen Versicherung ; diese bedarf einer breiten Basis, damit die Risiken sich ausgleichen und die Renten eine genügende Deckung finden. Dies wäre bei beruflichen Unfallversicherungskassen nicht möglich, da unser Land viel zu klein ist, und grosse, starke Berufsgenossenschaften sich nur in geringer Zahl bilden können. Ebenso ist die Konkurrenz der bestehenden Uufallversicherungsgesellschaften neben einer öffentlichen Anstalt in der Schweiz nach unserer Ansicht nicht annehmbar. Die privaten Gesellschaften würden durch ihre Mittel der Acquisition, die einer öffentlichen Anstalt nicht in gleicher Weise und mit denselben Geschäftsübungen zur Verfügung stehen, die bessern Risiken vorwegnehmen und der öffentlichen Anstalt würden nur noch Risiken in ungenügender Zahl und dazu noch mit grosser Gefahr übrig bleiben. Damit wird das geschäftliche Resultat der Anstalt ungünstig beéinflusst und überdies ihr Geschäftskreis so eingeschränkt, dass die Verwaltung niemals den wünschbaren Überblick haben könnte, dessen ·sie für die richtige Führung der Anstalt im allgemeinen Interesse sowohl als in dem der Anstalt selbst bedarf. Wenn die Anstalt mit den privaten Versicherungen in Konkurrenz treten müsste, so bedürfte sie, wie diese, einer grossen Zahl von Ac·quisiteuren, die aus den Prämieneingängen zu honorieren wären, was den Betrieb zum Nachteil der Prämienzahler verteuern würde. Beim Monopolbetrieb wird der Acquisiteur durch das gesetzliche Obligatorium ersetzt, und die Agentur ist nur noch nötig zur Vermittlung des Verkehrs zwischen der Anstalt und ·den Versicherten, resp. den Verunfallten.

Während das System der Privatgesellschaften im allgemeinen eben doch auf Gewinn ausgehen muss, wird eine öffentliche Anstalt nur das an Prämien erheben, was sie für die Deckung der Schäden und der Verwaltungskosten bedarf.

Die Gegner der Monopolanstalt führen als Begründung ihrer Haltung die Verhältnisse in Österreich an. Eine genaue Prüfung wird ergeben, dass dort das finanzielle Resultat nicht

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Dass man in der Schweiz die obligatorische Versicherung den Privatgesellschaften überträgt, ist kaum denkbar.

Das Schweizervolk in seiner überwiegenden Mehrheit verlangt die Versicherung durch ein öffentliches Institut. Dasselbe wird in seiner Organisation und in seiner Geschäftsführung den Bedürfnissen der beteiligten Kreise Rechnung tragen. Die letztern werden auf dessen Leitung und Verwaltung stets einen heilsamen Binfluss zu gewinnen wissen. Da endlich der Bund ·einen Teil der Prämien zahlt, dürfte. es selbstverständlich sein,
Wir sind weit davon entfernt, die Bedeutung der schweizerischen Unfallversicherungsgesellschaften für die Entwicklung unserer wirtschaftlichen Verhältnisse zu verkennen. Das Ansehen, das sie im Auslande sich errungen haben, fördert auch das Ansehen des ganzen Landes ; trotzdem können wir uns .nach reiflicher Prüfung nicht dazu entschliessen, die Privatgesellschaften auf dem Gebiete der Versicherung, die die bisherige Haftpflicht ersetzen soll, zur freien Konkurrenz zuzulassen. Müssten wir ja doch nach den Erfahrungen Frankreichs befürchten, dass die Privatgesellschaften die guten Risiken für sich erwerben, und dass dann der staatlichen Versicherungsanstalt, die alle die aufnehmen müsste, die durch die ändern nicht gesucht würden, eine wenig würdige, ja sogar eine gefährdete Existenz vorbehalten bliebe.

Das für die Anstalt vorgesehene Deckungsverfahren erfordert die Reservestellung für die später auszuzahlenden Renten etc. Der Entwurf der Zürcher Handelskammer sieht deshalb auch vor, dass die an der Unfallversicherung beteiligten Privatgesellschaften Titelhinterlagen zu machen haben. Dies wird -aber nicht verhüten, dassi beim Rücktritt einer Gesellschaft von der Mitwirkung Schwierigkeiten entstehen, wenn dann doch die öffentliche Anstalt die Risiken übernehmen muss. Die fremden Gesellschaften dürfte man nicht ausschliessen, mit Rücksicht auf das Arbeitsfeld, das die schweizerischen Gesellschaften im Ausland erworben haben. Die Mitwirkung der priBundesblatt. 60. Jahrg. Bd. III.

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vaten Institute müsste ja wohl der freien Entschliessung selben anheim gestellt werden.

der-

· Den Bestimmungen über die Errichtung der Anstalt fügen wir bei, dass der Anstalt ein B e t r i e b s f o n d s von 10 Millionen Franken aus dem Versicherungsfonds zugewiesen werde.

Wir halten es als unerlässlich, dieselbe mit einem eigenen: Betriebskapital auszurüsten, um ihr von Anfang an eine Schaden bringende Geldverlegenheit zu ersparen. Wir setzen, voraus, dass der übrige Teil des Versicherungsfonds dem Bundeverbleibt zur Verwendung in denjenigen Jahren, wo die Beiträge an die Versicherung ein Defizit der Staatsrechnung herbeiführen würden.

Mit bezug auf die Zusammensetzung des V e r w a l t u n g s r a t e s haben wir Vorschriften aufgestellt, die ein richtiges^ Verhältnis in der Vertretung der an der Anstalt Beteiligten herbeiführen. Als Wahlbehörde haben wir den Bundesrat in Aussicht genommen, nachdem es nicht möglich war, eine Formel zu finden, die die interessierten Kreise zu einem Wahlkörper richtig vereinigt hätte. Dabei sehen wir aber immerhin eine Befragung der Interessierten vor.

Den Berufsverbänden, die sich über einen bedeutenden Teil des Landes erstrecken, haben wir noch in etwas weiteren Masse als der Entwurf des Bundesrates, die Möglichkeit zur Aussprache über eine Reihe wichtiger Fragen gegeben.

Der Entwurf sieht die Mitwirkung der K r a n k e n k a s s e n als Agenturen bei der Verwaltung und auch bei der Behandlung der Unfälle vor, deren Heilungsdauer sechs Wochen nicht übersteigt ; er nimmt für letztere den Weg der Rückversicherung bei den Krankenkassen in Aussicht. Für den Anfang wird es schwierig sein, die Prämie hierfür zu bestimmen, und die Folge davon wäre, dass die Krankenkassen wohl nur mit einer gewissen Zurückhaltung auf die Rückversicherung eintreten würden. Unser Zusatzantrag sieht' vor, dass den Krankenkassen noch während der Dauer von drei Jahren nach der Betriebseröffnung der Anstalt die anfälligen Verluste aus der Rückversicherung zurückvergütet werden..

Den Kreis der in die o b l i g a t o r i s c h e U n f a l l v e r s i c h e r u n g , einzubeziehenden Berufsarten haben wir etwas erweitert. Der bundesrätliche Entwurf hielt sich an di&

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bisherigen Bestimmungen der Haftpflicht aus Fabrikbetrieb, der sogenannten erweiterten Haftpflicht, diejenigen für die Transportunternehrnungen und den Bau der Bisenbahnen.

Wir haben in unsern Anträgen für die Berufsarten der ,, e r w e i t e r t e n H a f t p f l i c h t " d i e Einschränkung aufgehoben, dass die Versicherungspflicht sich nur erstrecken solle auf Betriebe mit durchschnittlich mehr als fünf Arbeitern. Wir haltendafür, dass diese Beschränkung ' nicht mehr zu Recht bestehen kann. Vorab handelt es sich um Berufe mit bedeutender Unfallgefahr, und dann muss es als eine Ungleichheit empfunden werden, wenn bei sonst ganz gleichen Betriebsverhältnissen der eine Arbeiter oder dessen Familie der Wohltat der obligatorischen Versicherung teilhaftig sein soll, während bei dem ändern dies nicht der Fall wäre, nur der Arbeiterzahl wegen. Wir haben die Frage untersucht, ob nicht überhaupt alle Berufe, die heute bei einer Arbeiterzahl von mehr als fünf der Haftpflicht unterstellt sind, in die Versicherungspflicht, ohne Rücksicht auf die Arbeiterzahl, einbezogen werden sollten. Wir beschränktenuns aber auf den erwähnten Antrag.

Nach eingehender Untersuchung halten wir mit dem Bundesrat daran fest, auch die N i c h t b e t r i e b s u n f ä l l e in die Versicherung einzubeziehen. Die Unterscheidung zwischen Betriebs- und Nichtbetriebsunfällen ist schwer und hat zu beständigen Prozessen geführt. Es ist nur zu einem Teile richtig, dass die Grenze durch diese Prozesse ausgemarcht sei ; die tägliche Erfahrung zeigt gegenteils, dass das praktische Leben beständig neue zweifelhafte Grenzfälle erzeugt, weshalb die Ausscheidung nach bestimmten Grundsätzen nicht zu regeln ist. Diese Rechtsunsicherheit kann n u r durch die Mitversicherung der Nichtbetriebsunfälle beseitigt werden. Ausserdem trifft den Arbeiter ein Nichtbetriebsunfall genau so hart wie ein Betriebsunfall ; er vermindert ebensosehr seine Arbeitsfähigkeit und verursacht so die gleichen nachteiligen Folgen für ihn und seine Angehörigen.

Wenn behauptet wird, dass der Einschluss der ausserberuflichen Unfälle die Tragweite dieser Gesetzgebung zu un- : gunsten der übrigen Bevölkerung des Landes in hohem Masse verstärken werde, so ist darauf zu bemerken, dass die freiwillige Versicherung, der Bundesleistung ebenfalls teilhaftig, auf weite Volksschichten ausgedehnt wird und dass sie, wie die obligatorische, auch die Nichtbetriebsunfälle umschliesst ;

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zwei Umstände, durch die der Charakter eines Klassengesetzes erheblich gemildert und der Anfang zur Volksversicherung gebildet wird. Bezüglich der Behauptung, dass eine richtige Kontrolle gegen die Simulation nicht möglich sei, ist zu sagen, dass letztere auch bei Betriebsunfällen vorkommt, und dass bei jedem Unfall ein bestimmter äusserer Hergang stattgefunden haben muss, und dass die Untersuchung in den weitaus meisten Fällen ergeben wird, ob ein Verschulden vorliegt oder nicht. Wenn den Krankenkassen, wie beabsichtigt ist, die Behandlung der leichteren ausserberuflichen wie der betrieblichen Unfälle in Rückversicherung gegeben wird, werden sie des Risikos wegen dafür sorgen, dass Missbrauch nicht stattfindet. Die Beiziehung des Arbeiters zur Bezahlung der Prämien ist übrigens schon ein mächtiges Mittel, der Simulationsgefahr zu steuern. Die Simulation kommt im allgemeinen nur bei kleinen Verletzungen vor. Die beste Garantie wird darin bestehen, dass nicht mehr der volle Taglohn, sondern nur 80 % desselben, bei vorübergehender Arbeitsunfähigkeit vergütet wird.

Die Kommission hat überdies im Gesetze die Kautele aufgenommen, dass für die Zeit, wo eine Person im Betriebe nicht beschäftigt wird, sie nur dann noch versichert bleibt, wenn keine Entlassung vorliegt und eine baldige Wiederaufnahme der Beschäftigung in sicherer Aussicht steht, oder der Betriebsinhaber sich zum voraus zur Bezahlung der Prämien für diese Tage verpflichtet hat. Dio ausserhalb des Betriebes zugebrachte Zeit, für welche die Nichtbetriebsunfälle noch versichert sind, wird also eine beschränkte sein, wie auch die.

Nichtbetriebsunfälle im allgemeinen nur einen verhältnismässig kleinen Prozentsatz der Unfälle aiismachen. In jedem Falle wird der Unternehmer, auch in Betrieben mit geringer Unfallgefahr, nicht in die Lage kommen, seinerseits an die Versicherung der Nichtbetriebsunfälle beizutragen. Der Beitrag des Bundes und des Arbeiters an die Prämie wird zur Deckung dieser Unfälle ausreichen.

Es erscheint nur als billig, dass auch ein Teil des Bundesbeitrages an die Prämie dem versicherten Arbeiter zu gute kommt, da der Arbeitgeber in seiner Prämienleistung nicht nur durch diesen Bundesbeitrag, sondern ausserdem durch die Übernahme der Hälfte der Verwaltungskosten der Anstalt seitens des Bundes entlastet wird.

Durch den Ausschluss der Nichtbetriebsunfälle würde der Beitrag des Arbeiters dahinfallen, und er ginge dadurch wohl auch do^-

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Rechtes der Mitsprache bei der Verwaltung, die für das Gedeihen der Anstalt sehr wichtig ist, verlustig. Es sei auch daran erinnert, dass die Nichtbetriebsunfälle schon im früheren Entwurfe aufgenommen waren, ohne dass dagegen Einwand erhoben wurde ; neue Gründe für den Ausschluss bestehen nicht, zumal die Arbeiterkategorie, gegen welche die meisten Befürchtungen ausgesprochen werden, schon damals zahlreich in der Schweiz vertreten war.

Der Einbezug der Nichtbetriebsunfälle ist von grosser volkswirtschaftlicher Bedeutung, und der soziale Gedanke, der in der Versicherungsvorlage enthalten ist, würde durch den Ausschluss bedeutend abgeschwächt. Durch ihre Aufnahme wird aber ein grosszügiges und der Entwicklung fähiges Werk geschaffen. Die Kommission hat den Einbezug der Nichtbetriebsunfälle reiflich erwogen, es wurden die Gründe für und gegen eingehend besprochen, und sie gelangt nun auch dazu, zu erklären, dass sie diesen Einbezug für die zukünftige Entwicklung des Versicherungsgedankens als nötig und als das Wohl desLandes fördernd betrachte.

. Wir haben, in Abweichung vom Vorschlage des Bundesrates, die Aufnahme der B e r u f s k r a n k h e i t e n in dieVersicherung vorgesehen und wir glauben, damit berechtigten.

Begehren sowohl der Arbeitgeber als der Arbeitnehmer der inFrage kommenden Industrien Rechnung zu tragen.

Nach den bei der letzten Vorlage gemachten Erfahrungen nehmen wir davon Umgang, Landwirtschaft und Kleingewerbe der Versicherungspflicht zu unterstellen. Wir öffnen ihnen die freiwillige Versicherung in einer Weise, dass sie wohl dort die ihnen gebührende Berücksichtigung finden.

Der Entwurf des Bundesrates nahm für die Bundesversammlung das Recht in Anspruch, die. V e r s i c h e r u n g s p f l i c h t auch auf andere Berufs- und Bevölkerungskreise a u s z u d e h n e n . Wir beantragen Ihnen, den betreffenden Artikel zu streichen, in der Meinung, dass es für die Ausdehnung des Obligatoriums eines Gesetzes bedürfen soll.

Bereits in einer frühern Sitzung haben wir in Aussicht genommen, das System des Entwurfes für die A n - u n d A b m e l d u n g zu verlassen und die Lohnliste als Grundlage der Versicherung aufzustellen. In dieser Ansicht bestärken uns verschiedene Eingaben, namentlich die später eingelangte der

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Zürcher Handelskammer. Ebenso haben sich die durch uns befragten Fachleute fùr die Änderung in diesem Sinne ausgesprochen.

Nach allseitiger Erörterung dieser Frage beantragen wir, die Unfallversicherung auf der Grundlage der. Kollektivversicherung durchzuführen und davon Umgang zu nehmen, dass jeder Arbeiter bei seinem Eintritt in einen Versicherungspflichtigen Betrieb sofort der Unfallversicherung angemeldet werden müsse. Sein Name muss in den Büchern der Anstalt erst bei Eintritt eines Unfalles erscheinen. Vorher hat er auf der Lohnliste zu figurieren, die als Grundlage für die Prämienzahlung dient. Der Arbeitgeber hat sich auf Verlangen der Anstalt durch Vorlage der Lohnliste und der Bücher darüber auszuweisen, dass jedes Lohnbetreffnis auch zur .Prämienberechnung herbeigezogen wurde. Wir glauben damit ebenso sehr allfälligen Missbräuchen entgegenzutreten als mit dem schwerfälligem System der EinzelanmeMung. Jedenfalls machen wir es dem ehrlichen Arbeitgeber leichter, seiner Verpflichtung gegen die Anstalt nachzukommen, und es werden nach unserm Vorschlage Irrtümer eher vermieden, da bei einer Auslassung auf der Lohnliste der Arbeiter selbst seine Eintragung verlangen wird. Fälschungen und absichtliche Schädigungen der Anstalt sollen strenge geahndet werden.

Für die Anstalt selbst bedeutet unser Vorschlag eine ganz gewaltige Vereinfachung. Wird eine besondere Anmeldung, wie sie der Entwurf vorsah, bei jedem Eintritte für jeden Arbeiter verlangt, so müssen gleich bei Eröffnung der Anstalt etwa 450,000 Eintragungen gemacht werden, und für jeden Arbeiter bis zum Austritt aus den Versicherungspflichtigen Betrieben nachgeführt werden. Dem einzelnen Arbeiter muss ein Konto eröffnet und weitergeführt werden, vielieicht Jahrzehnte lang, ohne dass die Anstalt irgendwie ändern Verkehr mit ihm hat. Nach unserm System erscheint und verschwindet der Arbeiter in den Büßhern der Anstalt mit Beginn und Erledigung des Unfalls, und nur für den von Unfall betroffenen muss während dessen Daiier ein Konto geführt werden.

Wir betrachten die vorgeschlagene Vereinfachung für Anstalt und Versicherte als eine bedeutende Erleichterung, für die Anstalt selbst als eine Vereinfachung der Organisation und damit als eine Verbilligung des Betriebes.

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Die L e i s t u n g e n der Anstalt beim Unfall haben wir ·etwas erweitert, indem wir ihr zur P f l i c h t machen, da, wo es dem Versicherten an der nötigen Wartung gebricht, diese au beschaffen. Der Entwurf gab der Anstalt nur das Recht, ·die Wartung zu übernehmen. Wir haben auch hier die f r e i e A u s w a h l unter den eidgenössisch diplomierten Ä r z t e n und den Bezug der Medikamente bei einer A p o t h e k e , deren Leiter d a s e i d g e n ö s s i s c h e D i p l o m ·besitzt, festgestellt.

Der Bundesrat wird nach Anhörung der schweizerischen Ärztekommission und des schweizerischen Apothekerverbandes den Tarif für die ärztliche Behandlung und für die Medikamente festsetzen.

Für die vorübergehende Erwerbsunfähigkeit beantragen wir, die ausser der Krankenpflege zu leistende Entschädigung auf 80 % des Tagesverdienstes zu erhöhen. Mit den Leistungen, die die neue Anstalt im übrigen, namentlich bei bleibendem Nachteil, mehr übernimmt, wird sie nun auch dem Arbeiter reichlichen Ersatz für das bisher Gebotene bringen.

Gegen Ü b e r v e r s i c h e r u n g haben wir Vorsorge getroffen.

Für die b l e i b e n d e n F o l g e n des U n f a l l s be-antragen wir, die Rente von 60 auf 70 % des Jahresverdienstes zu erhöhen. Hier wollen wir nicht unterlassen, zu bemerken, dass die bisherige Kapitalabfindung sich nicht bewährt hat. Sie war für diejenigen Kategorien, für die ein Maximum von Fr. 6000 festgesetzt war, namentlich auch deshalb ungenügend, weil diese Summe höchst selten zur Auszahlung gelangte und in den meisten Fällen Abzüge für Zufall etc. gemacht wurden, ·so dass selten mehr als Fr. 5600 zur Auszahlung kamen. Die Kapitalentschädigung eignet sich überdies vielfach weder für den Verunfallten, noch im Todesfall für seine Familie. Zahlreich sind die Fälle, wo der verunfallte Arbeiter das erhaltene Kapital in kurzer Zeit infolge. Unerfahrenheit in Geldsachen verloren hat, während eine Rente seitens der schweizerischen Unfallversicherungsanstalt ihm lebenslänglich gesichert bleibt.

Das Maximum der an die H i n t e r l a s s e n e n zu z a h l e n d e n R e n t e n haben wir von 50 % auf 60 % eriöht, entsprechend den übrigen bereits erwähnten Forhöhungen.

Wenn die künftigen Geldleistungen für vorübergehende Erwerbsunfähigkeit hinter denen der heutigen Haftpflicht nun

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Wenn wir einerseits die Leistungen der Anstalt erhöhen, wenn wir für die Versicherten wesentliche ErleichterungenSchaffen, so sind wir der Ansicht, dass anderseits jeder Missbrauch, d. h. namentlich die S i m u l a t i o n , unnachsichtlich bestraft werden soll, und wir haben mit bezug hierauf es nicht, bei dem Entwurf des Bundesrates bewenden lassen, der die strafrechtliche Verfolgung der Simulation g e s t a t t e t e , sondern wir haben in unserm Antrage festgestellt, dass diese Verfolgung o h n e w e i t e r e s s t a t t f i n d e n soll.

Eine überaus wichtige Frage ist nun die Art der Prämienfestsetzung und deren Berechnung. Man wird mit Recht verlangen, dass der Bürger sich Rechenschaft geben könne über die Tragweite dieses Gesetzes mit bezug auf die Belastung des Arbeitgebers und des Arbeiters, aber ebensosehr auch des Bundes. Wir geben nachstehend Aufstellung, sowohl über die voraussichtliche Belastung der Versicherten als über diejenige desBundes.

Der Entwurf sah für den B u n d e s b e i t r a g das System.

der D e g r e s s i o n vor, in der Absicht, namentlich den untern Lohnklassen einen etwas vermehrten Beitrag zuzuwenden.

Nach eingehender Prüfung beantragen wir Ihnen, dieses.

System, weil zu kompliziert in der Anwendung, zu verlassen und die Verteilung der Prämie so vorzunehmen, dass der Bund 0,5 % des Lohnes und vom Rest der Prämie der Arbeitgeber % und der Arbeiter % übernimmt. Wenn wir nunmehr an Stelle der Degression, die der bundesrätliche Entwurf vorsah, und an Stelle des Fünftels der Prämie, den wir nachher zuerst in Übereinstimmung mit dem frühern Entwurf festgesetzt hatten, nunmehr den, Bundesbeitrag auf ein halbes Prozent des zu versichernden Lohnes festsetzen, so hat uns namentlich die Erwägung geleitet, dass ein Bundesbeitrag von 1 /5 der Prämie viel zu grosse Verschiedenheit im Betrag, der dem einzelnen zukommt, mit sich bringt. Die Berufe mit grosser Unfallgefahr und entsprechend hoher Prämie sind auch meistens diejenigen, die die hohen Löhne bezahlen. Die Prämie berechnet sich aber nach der Unfallgefahr auf der Summe des Lohnes, und es käme daher die hohe Unfallgefahr zweimal zum Ausdruck. Für alle ist noch die Prämie für das Nichtbetriebsrisiko in Betracht zu ziehen, die im allgemeinen für

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die verschiedenen Berufsarten gleich hoch ist, aber gerade, weil sie sozusagen stabil bleibt, nicht übesall im nämlichen Verhältnisse zur Berufsunfallprämie steht. So würde für Landwirtschaft, für die Textilindustrie, für die Tabakfabrikation und überhaupt für alle Berufe mit geringer Unfallgefahr, der Bundesbeitrag auf die Prämienansätze berechnet, zu sehr von der Beitragsleistung des Bundes für die Berufe mit hoher Unfallprämie und mit hoher Löhnung abstehen. Wir sind deshalb dazu gekommen, nur den einen der beiden Faktoren, den Lohn, in Betracht zu ziehen, und hierauf den Beitrag des Bundes mit % % zu bemessen..

.Damit wird die Belastung der gefährlichem Berufe nicht etwa ganz vernachlässigt, wohl aber wird ein gewisser billiger Ausgleich mit den ändern Berufen mit geringerer Gefahr geschaffen.

Für die P r ä m i e n a b r e c h n u n g legen wir nun die Lohnliste zu Grunde und adoptieren die gegenwärtig bereits bei Versicherungsgesellschaften übliche Art der Abrechnung.

Wir haben bereits auf die Bedeutung der f r e i w i l l i g e n Vers i c h e r u n g hingewiesen und wir versprechen uns von derselben, eine mächtige Förderung des Versicherungsgedankens, eine sukzessive Entwicklung der Unfallversicherung überhaupt, die auf spätere Zeiten eine Ausdehnung auch der obligatorischen Versicherung auf Gebiete zur Folge haben wird, für die eine solche heute noch verfrüht wäre. Auf dem Wege der Gesetzgebung wird dann nach und nach zu bestimmen sein, wo die freiwillige Versicherung zur obligatorischen werden soll. Wir haben die Bestimmungen des Entwurfes erweitert, indem wir auch den Arbeitern und Angestellten des Handels, des Hotelgewerbes, sowie der Forstwirtschaft, den Kleinbauern und den Kleingewerbetreibenden die freiwillige Versicherung öffneten, und indem wir den Bundesbeitrag allen freiwillig Versicherten zuhielten.

Dagegen haben wir die Personen unter 14 Jahren und alle mit einem Jahreseinkommen von mehr als 3000 Franken von der freiwilligen Versicherung ausgeschlossen.

Die Aufstellung der besondern B e s t i m m u n g e n für die f r e i w i l l i g e V e r s i c h e r u n g behalten wir der Bundesversammlung vor, während der Entwurf^ dieselbe dem Bundesrate zuschrieb. Es wird sich hier namentlich dann auch darum handeln, die freiwillige Versicherung für die L a n d w i r t s c h a f t einzurichten. Unbestritten ist, dass bei der Landwirtschaft mit bezug auf die Dienstverhältnisse, mit bezug auf die

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Unfallgefahr und den ganzen Betrieb ganz besondere Verhältnisse bestehen, die auch besondere Berücksichtigung finden sollen, und es wird auch für die Prämienzahlung, für die Führung der Lohnlisten diesen Verhältnissen Rechnung zu tragen sein. Heute schon diese Bestimmungen im Gesetze näher zu umschreiben, ist wohl nicht tuiüich, es soll aber auch hier' ausdrücklich gesagt werden, dass die besondere Erwähnung der Landwirtschaft im Gesetzesentwurf nach unserm Antrage dem bestimmten Willen Ausdruck geben soll, den Wünschen der Landwirtschaft im Rahmen der Möglichkeit Rechnung zu tragen. Die von uns beantragte Zuweisung der Kompetenz für die Aufstellung der Bestimmungen an die Bundesversammlung bietet übrigens der Landwirtschaft Gewähr dafür, -dass ihre Vertreter in den Räten bei den bezüglichen Beratungen zum Worte kommen werden.

Zum Abschnitt V e r s i c h e r u n g s g e r i c h t beantragen wir die Änderung, dass das Versicherungsgericht als zweite und letzte Instanz urteilen soll, während die Kantone die erste Instanz zu .bezeichnen haben.

Belastung des Bandes. Verteilung der Prämien.

1. Nach dem Entwurfe des Bundesrates betrug die mut·massliche jährliche Belastung des Bundes : Krankenversicherung Fr. 3,256,000 Unfallversicherung ,, 3,650,000 Total Fr. 6,906,000 Zufolge der vorgeschlagenen · Aufnahme des neuen Artikels 20bis, sowie der Änderungen in den Artikeln 19 und 20 wird dem Bund, unter der Voraussetzung eines durchschnittlichen Mitgliederbestandes der anerkannten Krankenkassen von 700,000 Personen, für die Krankenversicherung eine jährliche Ausgabe von rund Fr. 4,500,000 erwachsen. Nach den Ihnen "beantragten Änderungen und Ergänzungen zu den Artikeln 38, 79 und 84 beziffert sich nunmehr die jährliche Belastung des "Bundes aus dem Titel Unfallversicherung für 600,000 Versicherte auf Fr. 4,700,000. Es hätte demnach der Bund für die Durchführung des Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes ïn den nächsten Jahren nach Inkrafttreten desselben eine jähr-

475

liehe Summe von Fr. 9,200,000 bereit zu halten, und die von uns beantragten Änderungen würden somit für den Bund eine jährliche Mehrausgabe von rund Fr. 2,300,000 gegenüber der nach den Leistungen des Entwurfes des Bundesrates bewerteten Summe bedingen.

2. Die auf Grund des für die Unfallversicherung vorgesehenen Kapitaldeckungsverfahrens durchgeführten versicherungstechnischen Untersuchungen haben ergeben, dass der Unfallversicherungsanstalt an Prämien durchschnittlich 3 P 'r o :z e n t e d e r L o h n s u m m e zufliessen müssen, damit sie den vorgeschriebenen Verpflichtungen (Bestreitung der Versicherungsleistungen, sowie der Hälfte der Verwaltungskosten) nachkommen kann.

Nach der schweizerischen Unfallzählung der Jahre 1888 bis 1891 entfallen von der gesamten Nettobelastung der Unfallversicherung 18 % auf die Nichtbetriebsunfälle. Indem wir annehmen, dieses Verhältnis bestehe heute noch zurecht, und uns im fernem auf die umfangreichen Erfahrungen der österreichischen territorialen Unfallversicherungsanstalten betreffend Versicherung der Betriebsunfälle stützen, .gelangen wir zu der in folgender Tabelle enthaltenen Verteilung der Lasten auf die einzelnen Betriebsgruppen und Interessenten. Die Hälfte der Verwaltungskosten, die die Unfallversicherungsanstalt zu tragen hat, ist mit 0,17 Lohnprozenten in Rechnung gezogen.

Selbstverständlich ist es Sache der zuständigen Organe der künftigen Anstalt, die definitiven Prämientarife aufzustellen.

Die auf die Nichtbetriebsunfälle entfallende Belastung steht nicht für alle Berufsarten im gleichen Verhältnis zu der Gesamtbelastung, indem die Nichtbetriebsunfallgefahr für alle Versicherte ungefähr gleich gross ist, und somit bei denjenigen Berufsarten, die eine hohe berufliche Unfallgefahr aufweisen, einen geringern Prozentsatz der Gesamtbelastung ausmacht, als T)ei den weniger gefährlichen. Entsprechend diesem Gedanken haben wir für jede der 29 Betriebsgruppen zur Deckung des Risikos aus Nichtbetriebsunfall den gleichen Satz von 0,54 Lohnprozenten in Anrechnung gebracht.

Auf Grund der während den Jahren 1896 bis 1907 bei der Baugewerbekasse im Bezirke Zürich gemachten Erfahrungen ergibt sich, dass auf die Nichtbetriebsunfälle dieser Kasse

476

durchschnittlich nur 6 % der Gesamtbelastung entfallen. Wenn nun auch das Betriebsrisiko dieser speziellen Berufsgruppe über dem durchschnittlich für alle der Versicherung zu unterstellenden steht, das Nichtbetriebsrisiko somit einen geringern Prozentsatz der Gesamtbelastung ausmacht, als im Durchschnitt für alle Betriebsgruppen, so hegen wir doch die Überzeugung, dass dem Nichtbetriebsrisiko genügend Rechnung getragen wird, wenn wir dasselbe für die Gesamtheit der Versicherten mit 18 % der Totalbelastung, d. h. mit einem dreimal so hohen Satz, als nach der Baugewerbekasse Zürich, bewerten.

477

Nr.

l 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 5

17

18 19 20 2l 22 23 24 25 26 27 28 29

Betriebsgrnppen

2

Betriebsunfälle

Bruttopriimien in Lohnprozenten für

zu Lasten des Total Arbeit- Ar- Bungabers leiters des 5

6

0,83

0,50

3,83

3,61

1,20

0,50

5,31

3,65

1,22

0,50

5,37

2,40

0,80

0,50

3,70

1,40

0,46

0,50

2,36

2,2<

0,75

0,50

3,49

1,93

0,64

0,50

3,07

1,46 0,86

0,49 0,29

0,50 0,50

2,45 1,65

1,46

0,49

0,50

2,45

2,47 1,35 1,12 0,29 0,76

0,82

0,50

3,79

0,45

0,50

2,30

0,37

0,50

1,99

0,10 0,25

0,50

0,89

0,50

1,51

0,83

0,28

0,50

1,61

0,11

0,50

0,96

0,47 0,42

0,50

2,39

0,50

2,20

4,83

0,35 1,42 1,28 3,65

1,22

0,50

5,37

1,9.

2,68 0,25 0,55 2,35

1,46 2,04 0,22 0,44 1,79

0,49

0,50

2,45

0,68 0,07

0,50

3,22

0,50

0,15

0,50

0,79 1,09

0,60

0,50

2,89 4,67

3 || 4

Mühlen 3,29 Transportunternehmungen zu Lande (exkl. Eisenbahnen) .4,77 Transportunternehmungen zu Wasser 4,83 Industrie der Erden und Steine . . 3,16 Edelmetalle, unedleMetalle und Legierungen 1,82 Maschinen. Werkzeuge, Apparate . 2,95 Transportmittel . . . .

. . 2,53 Physikalische und chirurgische Instrumente ; Beleuchtungs-Apparate . 1,91 Uhren .

1,11 Chemische Produkte und pharmazeutische Präparate .

. . . 1,91 Teer, Harze, Kunstdünger, Öle und Fette .

3,25 Explosivstoffe und Zündwaren . . 1,76 Heiz- und Leuchtstoffe 1,45 Seide .

0,85 Schafwolle und andere Tierhaare . 0,97 Baumwolle, Halbwolle, Flachs, Hanf,Werg, Jute . . .

. . . . 1,07 Wirk-, Klöppel-, Häkel-, Stick- und Strickwaren . . .

. .

0,42 Papier und Pappe . .

. . . 1,85 Leder u n d Ledersurrogate . . . . 1,66 Vegetabilische und animalische Genussmittel Getränke .

Tabak . . .

Bekleidung Reinigung Ballunternehmungen, bauliche Nebengewerbe, Instandhaltung von Bauten ' Polygraphische Gewerbe . . . .

Eisenbahnunternehmungen . . . .

Übrige Betriebe

Betriebs- und Nichtbetriebsunfälle

4,13 0,62 2,07 1,49

2,50

.

|| 7

3,i,

1,04

0,50

0,50

0,18

0,50

1,16

1,58

0,53

0,60

l2,61

1,15

0,38

0,50

12,08

-·J

478

Tit.

Ihre Kommission empfiehlt Ihnen einstimmig, den Entwurf,, wie er nun aus ihrer Beratung hervorgegangen ist, zur Annahme. Sie tut dies in der Überzeugung, dass durch denselben der im Verfassungsartikel niedergelegte Wille des SchweizerVolkes zum richtigen Ausdrucke kommt.

Der B u n d e s b e i t r a g hat gegenüber dem Entwurfe des Bundesrates eine namhafte Erhöhung erfahren, nicht aber eine solche, die eine Störung des Gleichgewichtes der Finanzen der Eidgenossenschaft zur Folge haben dürfte. Die Verteilung, des Bundesbeitrages ist nunmehr eine einfache und gerechte.

Der A r b e i t g e b e r wird infolge des Bundesbeitrages an die Verwaltung und an die Prämie der Unfallversicherung und infolge. der der Versicherungsanstalt zu-, kommenden Vorteile durch seine Prämienzahlung nicht mehr belastet als bisher ; er gewinnt aber in hohem Masse in-.

folge der Beseitigung der Haftpflicht und der Ersetzung derselben durch die Versicherung. Er gewinnt .auch durch die Vermeidung von Differenzen mit seinen Angestellten und Arbeitern aus Unfällen. Einmal wird die Erörterung der Frage, ob Betriebsunfall oder Nichtbetriebsunfall, auf immer beseitigt, lind dann wird es überhaupt Sache der Versicherungsanstalt sein, die Unfälle zu erledigen. Wir haben dem Arbeitgeber die An- und Abmeldung, überhaupt, den ganzen Verkehr mit der Anstalt so einfach als nur möglich gestaltet.

Der A r b e i t e r findet reichen Ersatz für den gegenwärtigen Zustand in der Bessergestaltung der Krankenpflege durch die Krankenkassen und durch .die Unfallversicherung. Die Rentenzahlung an Stelle der gegenwärtigen Kapitalabfindung bedeutet für ihn und für die Seinen eine grosse Beruhigung und ist an und für sich eine ganz bedeutende Mehrleistung ; dazu kommt : noch der Einbezug der Nichtbetriebsunfälle.

Auch derjenige, der den besondern Bestimmungen der '.

Eisenbahnhaftpflicht unterstellt war, findet noch grosse Vorteile, und es sollen namentlich auch die E i s e n b a h n e r sich mit dem Entwurfe der Kommission, der gegenüber der Vorlage des Bundesrates wesentliche Verbesserungen erfahren hat, wohl zufrieden geben können.

In erster Linie ist zu beachten, dass dem Eisenbahnhaftpflichtgesetze nur das eigentliche Fahrpersonal und dasjenige Stationspersonal, das mit dem Fahrdienst in Berührung kam}

479\ bisher unterstellt war. Die Arbeit in den Werkstätten, Güterschuppen und an stillstehenden Fahrzeugen, z. B. das Auf- und Abladen, Reinigen derselben u. s. w. stund unter dem Fabrikhaftpflichtgesetz mit seinen auf ein niedriges Maximum beschränkten Entschädigungsansätzen, und eine Ausnahme trat nur im letztgenannten Falle und auch da nur dann ein, wenn z. B.

die Arbeit des Auf- und Abiadens mit besonderer, durch den Fahrbetrieb verursachter Eile geschehen musste. Das Eisenbahnhaftpflichtgesetz hat also nicht auf den Bahnbetrieb im.

allgemeinen, sondern nur auf den Fahrbetrieb Anwendung gefunden und die Folge dieses Rechtszustandes war, dass nicht, nur viele Angestellte und Arbeiter der Bahnen von der Eisenbahnhaftpflicht ausgeschlossen waren, sondern dass auch dieihr unterstellten Personen, wie das Zugs- und Rangierpersonal, bei Betriebsunfällen, die mit den Gefahren des Fahrdienstes nichts zu tun hatten und auch nicht als Hülfsarbeiten des Fahrdienstes qualifiziert werden konnten, lediglich nach Fabrikhaftpflichtgesetz entschädigt wurden. So stund der Fahrdienst unter zweierlei Recht. Jedem Angestellten konnte es passieren, durch einen Betriebsunfall ausserhalb des Fahrdienstes bleibend arbeitsunfähig zu werden und als Entschädigung selbst für dauernden. Schaden doch nur Fr. 5000 bis Fr. 5500 zu .

erhalten. Dieses zweifache Recht hört mit Beginn der Unfallversicherung auf, und der Angestellte ist sicher, in j e d e m Falle eine angemessene und ausreichende Entschädigung zu erhalten.

Zwar kannte das Eisenbahnhaftpflichtgesetz kein Maximum der Entschädigung und keinen Abzug für Zufall wie die Fabrikhaftpflicht, dafür aber die Einrede der höhern Gewalt, und in der Reehtepraxis fanden Abzüge für Kapitalabfindung bis auf 20 % und für Abnahme der Arbeitskraft im Alter ebenfalls bis auf 20 % der auf Grund des Lohnes berechneten Entschädigungssumme statt. Eine Zusammenstellung der vom Bundesgerichte veröffentlichten Urteilen, sowie der Schadenregulierungen der Bundesbahnen in den Jahren 1905 und 1906, ergibt einen durchschnittlichen Abzug von rund 25 % . Es hat also auch hier keine volle Entschädigung stattgefunden, wie vielfach behauptet wird, sondern nur eine solche von ungefähr 75 % .

Die noch bestehende Differenz von zirka 5 % gegenüber dem Rentenansatze der Kommission von 70 % für bleibenden und von 80 % (statt 100 % ) für .. vorübergehenden..

480

Schaden wird aber völlig ausgeglichen einerseits durch den bereits erwähnten Umstand, dass nun auch die Unfälle, die unter Fabrik- oder Gewerbehaftpflicht gestanden wären, mit 70 % im Maximum entschädigt werden ; ferner dadurch, dass bei leichter Fahrlässigkeit keine Reduktion der Entschädigung, bei grober Fahrlässigkeit eine solche auf höchstens die Hälfte eintreten kann, und endlich durch den Umstand, dass die zulässige Summe der Hinterlassenenrenten auf 60 % des Lohnes festgesetzt ist, die Kinderrenten in schönem Ansätze und die Renten für entferntere Angehörige, denen der Richter bisher wenig hold war, in festen Prozentsätzen gesichert sind. Diese Renten übertreffen den Betrag, der bisher mangels gesetzlicher .Festsetzung nach freiem Ermessen berechnet worden ist.

In diesen Verbesserungen findet in Zukunft der beim Fahr·dienst verunglückte Eisenbahner einen vollen Ersatz für die "bescheidene Reduktion im Ansatz der Invalidenrente und des Ersatzes für vorübergehenden Schaden.

Wenn die Eisenbahner in Zukunft einen kleinen Prämienbeitrag zu leisten haben, so decken sie damit lediglich die Nichtbetriebsunfälle, für die sie in Zukunft ebenfalls versichert sein werden. Soweit sie aber bisher für die bleibenden Folgen von Nichtbetriebsunfällen aus der Hülfskasse entschädigt worden sind, wird am einen oder ändern Ort eine Reduktion oder Aufhebung der Beiträge eintreten müssen, da selbstverständlich nicht für die gleiche Versicherung eine doppelte Prämienleistung beabsichtigt ist. Diese Frage wird nach Inkrafttreten des Gesetzes beim Vollzuge desselben geregelt werden.

Die K r a n k e n k a s s e n werden durch die' Bundesleistung mächtige Förderung und neuen Impuls zur Ausdehnung ihrer humanitären Bestrebungen erfuhren.

Den U n f a l l v e r s i c h e r u n g s g e s e l l s c h a f t e n lässt der Entwurf durch die Umschreibung der freiwilligen Versicherung noch ein grosses Feld zur Entwicklung ihrer Tätigkeit ; wird ja auch die Förderung des Versicherungsgedankens schon allein ihnen immer neue Tätigkeit zuführen.

Wir empfehlen Ihnen die Annahme des Entwurfes in seiner neuen Fassung in der Überzeugung, dass damit ein grosses soziales Werk geschaffen wird, dessen segensreiche Wirkung sich zeigen wird durch die Besserung in der Krankenpflege, die dazu bestimmt ist, dem Menschen sein höchstes Gut, die Gesundheit, wiederzugeben, das aber auch da, wo das Un-

481 glück in der Gestalt der Folgen des Unfalls einkehrt, den Verunfallten und seine Familie vor den wirtschaftlichen Folgen des Unfalls schützt und den Fortbestand der Familie sichert.

Wo heute der Entwurf noch nicht die vollständige Ausführung bringt, enthält er doch die Vorbereitung und die Möglichkeit des spätem Ausbaues, und so wird auch hier die sichere Grundlage geschaffen für die Ausdehnung der Kranken- und Unfallversicherung auf weite Kreise der Bevölkerung.

Namens der Kommission des Nationalrates für die Vorberatung des Gesetzesentwurfes über die Kranken- und Unfallver Sicherungt Der Berichterstatter : Hirter.

Bundesblatt. 60. Jahrg. Bd. III.

32

482

# S T #

Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuch des wegen Nichtbezahlung von Militärpflichtersatz bestraften Louis Tremollet, Quai du Rhône 43bis, in Genf.

(Vom 22. Mai 1908.)

Tit.

Louis Tremollet wurde von der Militärbehörde wegen Nichtbezahlung von Militärsteuer dem Strafrichter überwiesen, verständigte sich aber nachher noch mit dem Kreiskommando über ratenweise Tilgung der Schuld. Diese Verpflichtung wurde von ihm inné gehalten, so zwar, dass er eine spätestens am 23. Januar 1908 fällige Rate am 18. gleichen Monats abzahlte. Dennoch wurde er auf den 23. Januar vor den Richter geladen, erschien aber nicht und wurde mit einem Tage Gefängnis bestraft.

Tremollet ersucht um Erlass dieser Strafe durch Begnadigung, und es rechtfertigt sich, dem Begehren zu entsprechen, da das Urteil nach dem Berichte des Beamten, der es ausgefällt hat, auf einer falschen Voraussetzung beruhte.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht der Kommission des Nationalrates für die Vorberatung des Gesetzentwurfes über die Kranken- und Unfallversicherung. (Vom 2. Mai 1908.)

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Bundesblatt

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In

Foglio federale

Jahr

1908

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

22

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

27.05.1908

Date Data Seite

458-482

Page Pagina Ref. No

10 022 902

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