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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend die Beschwerde des Johann Heiliger, in Gibelflüh, Gemeinde Ballwil, Kanton Luzern, gegen den Entscheid des Bundesrates vom 22. November 1907.

(Vom 4. Februar 1908.)

Tit.

Mit Entscheid vom 22. November 1907 hat der Bundesrat eine Beschwerde des Johann Heiliger, in Gibelflüh, Gemeinde Ballwil, wegen Verweigerung eines Wirtschaftspatents abgewiesen, indem er, wie der Regierungsrat des Kantons Luzern in seinem Entscheid vom -10. August 1907 zu dem Schlüsse kam, dass in ·Gibelflüh kein Bedürfnis nach einer Wirtschaft bestehe.

Mit Eingabe vom 23. Dezember 1907 beschwert sich Johann Meiliger über den Entscheid des Bundesrates bei der Bundesversammlung und stellt das Begehren, es sei dem Rekurrenten das Wirtschaftspatent zu erteilen.

Die Begründung dieser Beschwerde deckt sich im grossen und ganzen mit derjenigen der Beschwerde an den Bundesrat.

Hervorzuheben ist, dass der Rekurrent dem Bundesrat vorwirft, er habe sich der Ansicht der luzernischen Behörden über die Bedürfnisfrage, ohne nähere eigene Prüfung der Umstände, angeschlossen, trotzdem doch, wie die bekannten Fälle Muff und Bättig in Sempach gezeigt hätten, die Angaben der kantonalen

380 Behörden vom Bundesrate und von der Bundesversammlung sonst nicht als allein massgebend betrachtet werden. Ausserdem wird gegenüber einer Bemerkung in den Motiven des bundesrätlichen Entscheides geltend gemacht, aus der Karte lassen sich die Verkehrsverhältnisse einer Gegend nicht, beurteilen. Endlich fuhrt der Rekurrent, offenbar um darzuthun, dass er ungleich bebandelt worden sei, an, in der bloss 350 Einwohner zählenden Ortschaft Altwis sei eine zweite Wirtschaft bewilligt worden.

In ihrer Vernehmlassung vom 16. Januar 1908 beantragt die Regierung des Kantons Luzern Abweisung der Beschwerde.

Sie stellt fest, dass der Vorwurf der rechtsungleichen Behandlung nicht stichhaltig sei, da In Altwis nur eine Wirtschaft bestehe.

Wir können uns der Beschwerde gegenüber in der Hauptsache auf die Motivierung unseres Entscheids vom 22. November '1906 berufen. Was die Beurteilung der Bedürfnisfrage anbelangt, so weicht der Bundesrat nach konstanter Praxis nur dann von der Auffassung der kantonalen Behörde ab, wenn besondere Gründe dafür sprechen. Solche liegen hier offenbar nicht vor, denn der Rekurrent behauptet allerdings, der Verkehr in jener Gegend sei so bedeutend, dass er die Errichtung einer Wirtschaft rechtfertige, er bringt aber für seine Behauptung keinerlei Beweise bei, ausser der Erklärung einer Anzahl von Privatleuten, eine Wirtschaft sei in Gibelflüh nötig. Auf eine solche private Meinungsäusserung kann aber nicht abgestellt werden, und zwar insbesondere dann nicht, wenn, wie hier, alle kantonalen Behörden, die sich mit dem Patentgesuch zu befassen hatten, darin übereinstimmen, dass bei der geringen Einwohnerzahl und dem spärlichen Verkehr in Gibelflüh kein Bedürfnis nach einer Wirtschaft vorliege. Dass der Bundesrat in seinem Entscheid auch der Karte Erwähnung getan hat, geschah deshalb, weil er die Angaben der kantonalen Behörden soweit möglich an Hand der Karte nachgeprüft hatte. Dieses Hülfsmittel ist nicht ganz unbrauchbar, denn aus der Karte lässt sich z. B. die Art der Besiedelung einer Gegend, sowie die Bedeutung der sie durchziehenden Strassen sehr wohl erkennen, und aus diesen beiden Faktoren lässt sich immerhin ein Schluss auch auf Art und Grosse des Verkehrs in der betreffenden Gegend ziehen. Wenn nun aus der Karte abzulesen ist, dass es in der Umgebung von Gibelflüh nur
zerstreut liegende Einzelhöfe oder ganz kleine Häusergruppen gibt, die mit Gibelflüh entweder gar nicht oder nur durch kleine Strässchen verbunden sind, dass ferner die Strasse zweiter Ordnung von Ballwil über Gibelflüh an die Kantonsgrenze jenseits der Grenze bis nach Frenkrieden zur

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Strasse dritter Ordnung wird, so spricht dies offenbar dafür, dass, wie die Luzerner Behörden behaupten, dort nur ein unbedeutender Lokalverkehr herrscht, der die Eröffnung einer Wirtschaft nicht rechtfertigt.

Wir stellen Ihnen, Tit., daher den Antrag: Die Beschwerde sei als unbegründet abzuweisen.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 4. Februar 1908.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Brenner.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Bingier.

BundesratsbescbJuss vom 22. November 1907.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend die Beschwerde des Johann Heiliger, in Gibelflüh, Gemeinde Ballwil, Kanton Luzern, gegen den Entscheid des Bundesrates vom 22. November 1907. (Vom 4. Februar 1908.)

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12.02.1908

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