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Schweizerische Bundesversammlung.

Die gesetzgebenden Räte der Eidgenossenschaft sind am 7. Dezember 1908 zur ersten Session der einundzwanzigsten Amtsperiode zusammengetreten.

Herr Constant D i n i c h e r t , von Murten, in Montilier, geboren im Jahre 1832, eröffnete als Alterspräsident die Sitzung des N a t i o n a l r a t e s mit folgender Ansprache : Meine Herren!

Werte Kollegen!

Dem Vorrechte des Alters verdanke ich die Ehre, heute die erste Sitzung der 21. Amtsperiode eröffnen und Sie alle, namentlich aber die Neueingetretenen, herzlich willkommen heissen zu können.

Die Ehre legt mir auch die schmerzliche Pflicht auf, zweier unserer Kollegen zu gedenken, die ohne Hoffnung auf ein Wiedersehen von uns gegangen sind, und denen ihre Mitbürger soeben ein neues Zeichen ihres Vertrauens gegeben hatten, indem sie sie als Mitglieder unseres Rates bestätigten.

Da ist zuerst Herr Johann R i t s c h a r d , der am 26. Oktober, im 64. Altersjahre, einer langen und schmerzlichen Krankheit zum Opfer fiel, die ihn schon seit einiger Zeit von den öffentlichen Angelegenheiten ferngehalten hatte.

Geboren am 10. Januar 1845 in Saxeten bei Interlaken, besuchte er nach der Primarschule die Kantonsschulen von Bern und Pruntrut, wo er im Jahre 1865 das Maturitätsexamen bestand.

Von 1865 bis 1869 studierte er die Rechte in Bern, Giessen und Berlin, worauf er im Jahre 1869 das Examen als Fürsprecher ablegte.

Als Fürsprecher in Interlaken niedergelassen, beteiligte er sich bald an den politischen Kämpfen jener Zeit und trat im Jahre 1872 in den Grossen Rat des Kantons Bern ein. 1873

313 wurde er in den Regierungsrat berufen, welcher Behörde er bis 1878 angehörte. Das Ergebnis der Grossratswahlen jenes Jahres veranlasste ihn, mit seinen Kollegen seine Entlassung zu nehmen.

Nach seinem Rücktritte eröffnete er in Thun ein Advokaturbureau.

Im Jahre 1873 war er an Stelle des als Bundesrat bestätigten Herrn Ceresole in den Nationalrat gewählt worden, dem er bis 1882 angehörte. 1883 trat er neuerdings in den Grossen Rat des Kantons Bern ein, wo er zweimal zum Präsidenten ernannt wurde.

1893 wurde er wieder in den Regierungsrat berufen, dem er bis zu seinem Tode angehörte. Kurz; nach seinem Wiedereintritt wurde er zum Mitglied des Ständerates ernannt.

Ritschard war der Typus eines richtigen Berner Oberländers, mit all den guten Eigenschaften und der Zähigkeit eines solchen, und der Kanton Bern hat in ihm einen seiner volkstümlichsten und ausgezeichnetsten Magistraten, wir haben allzufrüh einen unserer geachtetsten Kollegen verloren, der mit seiner Erfahrung, seinen Geistesgaben und seinem Patriotismus dem Vaterlande noch grosse Dienste hätte leisten können.

Am 9. November starb in Murgenthal Arnold Künzli, im Volke als Oberst Künzli allgemein bekannt und verehrt, im Alter von 77 Jahren. Er war das älteste Mitglied unseres Rates, den er bei der Eröffnung der Legislaturperiode hätte präsidieren sollen.

Geboren am 20. Juni 1832 in Ryken, Kanton Aargau, besuchte Oberst Künzli die Kantonsschule in Aarau und hielt sich nachher drei Jahre zu seiner sprachliehen Ausbildung in Genf und Lugano auf; nach Hause zurückgekehrt, trat er in das Geschäft seines Vaters, eines grossen Industriellen ein.

Schon 1858 wurde er in den Grossen Rat gewählt, den er dreimal präsidierte und dem er nahezu fünfzig Jahre angehörte.

Im-Jahre 1868 in den Regierungsrat berufen, blieb er Mitglied desselben bis 1873.

Im Jahre 1864 wurde er zum Mitglied des Nationalrates gewählt, -dem er seither, mit Ausnahme der Jahre 1866--1869, ohne Unterbruch angehört hat. Er gelangte in demselben durch seine Intelligenz und seine klare und eindringliche Rednergabe bald zu grossem Einfluss.

Wenn sein Einfluss im Parlamente gross war, so hat ei" auch auf anderen Gebieten Bedeutendes geleistet.

Zweimal, in den Jahren 1880 und 1890, übertrug ihm der Bundesrat das schwierige Amt eines eidgenössischen Kommissärs im Tessin.

314 Im Jahre 1898 nahm er als Delegierter der Schweiz an der ersten Friedenskonferenz im Haag teil, wo seine energische Stellungnahme für die Rechte der Neutralen unvergesslich bleiben wird.

Er war auch einer der Unterhändler beim Abschlüsse der letzten Handelsverträge; als Grossindustrieller mit dem Aussenhandel und den Tariffragen durchaus vertraut, hat er sich bei ·diesem Anlasse grosse Verdienste erworben.

Neben der parlamentarischen durchlief Kün/li auch die militärische Laufbahn. Infanterie - Unterlieutenant im Jahre 1853, finden wir ihn als eidgen. Oberst im Jahre 1873 wieder, als Oberstdivisionär 1882 und als Oberst-Korpskonnmandant im Jahre 1894; im Jahre 1902 trat er von diesem Posten zurück.

Durchaus praktisch veranlagt, klammerte er sich nicht an das Überlieferte, sondern hielt Schritt mit der Zeit und arbeitete mit an der Lösung der sozialen Fragen der Neuzeit.

Er wird als Muster eines volkstümlichen Patrioten in unserem Gedächtnis fortleben und unser Volk wird der von ihm während seiner langen Laufbahn dem Vaterlande geleisteten aufopfernden Dienste stets eingedenk sein.

Bei der Aufzählung der Mitglieder der eidgenössischen Räte, die uns seit der letzten Session entrissen worden sind, dürfen wir auch das älteste Mitglied der Bundesversammlung, Nikolaus Benziger, nicht vergessen, der nach einer langwierigen Krankheit am 24. November im Alter von 78 Jahren in Einsiedeln gestorben ist.

Fünf Tage später folgte ihm seine treue Gefährtin ins Grab, die ihm ein halbes Jahrhundert zur Seite gestanden hatte.

Geboren am 18. Februar 1830 in Einsiedeln, wo er die Schulen besuchte, setzte er seine Studien im Institut Peter- in Neuenstadt, am Gj'mnasium von St. Gallen und an den Universitäten von München, Paris und Rom fort. Von 1850 bis 1886 ·war er Teilhaber der weltbekannten Firma Gebrüder Benziger in Einsiedeln, deren Angelegenheiten er sich eifrig und mit Erfolg widmete.

Er nahm bald am öffentlichen Leben teil. 1856 war er schon Bezirksamtmann von Einsiedeln, welches Amt er bis 1872 bekleidete; von 1872 bis 1874 gehörte er der Regierung und von 1872 bis 1903 dem Grossen Rate des Kantons Schwyz an.

1882 wurde Benziger in den Nationalrat gewählt, dessen Alterspräsident er 1902 bei der Eröffnung der 19. Legislaturperiode war. Er verblieb in demselben bis 1905, in welchem

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Jahre er in den Ständerat übertrat. Da sein Gesundheitszustand ihm nicht mehr erlaubte, eine Wiederwahl anzunehmen, wurde er für die neue Amtsperiode ersetzt.

Während seiner langen Tätigkeit im Nationalrate, wo er sich durch seine Pünktlichkeit und seinen Eifer hervortat, hat er einer ganzen Anzahl wichtiger Kommissionen angehört, in denen seine grosse Erfahrung und seine Geschäftskenntnis sehr geschätzt wurden. Er war eines der einflussreichsten Mitglieder der katholischen Gruppe und 'obschon er auf gewissen Gebieten treu an seiner Gesinnung fest hielt, so war er doch nicht unversöhnlich und verweigerte seine Mitarbeit nicht in Fragen, die im allgemeinen Interesse des Landes eine grössere Zentralisation bedingten.

Er war seines edeln Charakters wegen sehr geschätzt und imterhielt mit seinen Kollegen, unter denen er bei allen Parteien Freunde zählte, herzliche Beziehungen.

Sein Andenken wird dank der von ihm in langjähriger Arbeit geleisteten guten Dienste in Ehren gehalten werden.

Meine Herren, ich lade Sie ein, sich zu Ehren unserer verstorbenen Kollegen von Ihren Sitzen zu erheben.

Es ist Übung, beim Beginn einer neuen Legislaturperiode «inen kurzen Rückblick auf die Tätigkeit der vorangegangenen zu werfen. Nun hat aber unser ausgezeichneter Präsident, Herr Speiser, am Schlüsse der letzten Session vor wenigen Wochen, besser als ich es zu tun in der Lage wäre, die gewaltige Arbeitsleistung während der 181 Sitzungen der abgelaufenen Legislaturperiode geschildert; ich glaube deshalb, davon Umgang nehmen zu können, auf diesen Punkt zurückzukommen, da ich Ihre Geduld nicht zu sehr in Anspruch nehmen möchte.

Nur das will ich konstatieren, dass die Periode 1905--1908 eine ganz besonders fruchtbare war und zu den ehrenvollsten in unserer parlamentarischen und politischen Geschichte zählen wird.

Nichtsdestoweniger wird es der neuen Legislaturperiode nicht an Arbeit fehlen, zumal die Aufgabe der Räte eine stets beträchtlichere wird.

Wir werden uns namentlich mit schwierigen sozialen Fragen zu befassen haben.

Wir werden die Beratung des Versicherunsgesetzes zu Ende zu führen haben, dessen Entwurf die erste Lesung im Nationalrat passiert hat. Wird uns der Ständerat, der nun an die Vorhand-

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hingen der Vorlage herantritt, einen veränderten Entwurf zurücksenden; und wird es in diesem Falle den eidgenössischen Räten gelingen, ein Gesetz zustande zu bringen, das vom Volke angenommen werden dürfte?

Es sind an die 19 Jahre her, seit in die Bundesverfassung der Grundsatz der Versicherungsgesetzgebung aufgenommen wurde.

Ein erstes Gesetz wurde vom Volke abgelehnt, und nun wartet der Souverän mit Ungeduld auf eine Vorlage, deren sozialen Nutzen und humanitären Charakter niemand. bestreiten wird. Möchte es uns beschieden sein, das Ziel zu erreichen, um dem Volke ein annehmbares Gesetz unterbreiten zu können, dessen Lasten die finanzielle Kraft der verschiedenen Interessentengruppen und des Bundes nicht übersteigen. Eine erneute Verwerfung der Vorlage müsste die Wiederanhandnahme der Frage auf Jahre hinaus verschieben.

Als ein Werk von sozialer Bedeutung ist sodann die Ergänzung des Zivilgesetzbuches durch die Revision des Obligationenrechtes zu betrachten ; im Kapitel über den Dienstvertrag hat das Gesetzbuch die Verhältnisse zwischen den Arbeitgebern und Arbeitern zu regeln. Dann kommen ferner an die Reihe die Revision des Fabrikgesetzes und das Gewerbegesetz.

Von ändern Gebieten sind zu erwähnen die Wasserrechtsgesetzgebung, die Revision des Postgesetzes, das neue Strafrecht.

Wir werden uns sodann mit der Reorganisation des Bundesgerichtes und noch vielen ändern wichtigen Fragen zu beschäftigen haben, ohne von der laufenden administrativen Tätigkeit zu reden.

Wie Sie sehen, wird Ihre Aufgabe eine zunehmend grössere : sie erheischt sehr viel Arbeit.

Wenn es uns beschieden ist, unsere gesetzgeberische Tätigkeit in tiefem Frieden aufzunehmen und wir uns beglückwünschen können, dass unser Land fern vom Balkan liegt, so dürfen wir die Augen doch nicht verschliessen vor den schwärzen Punkten, die am Horizont bemerkbar sind : ich möchte von der Depression in Industrie und Handel reden, unter der wir dermalen, wieandere Länder, zu leiden haben und die schwer auf der ökonomischen Lage der ganzen Schweiz lastet. Die Bundesfinanzen, deren Einnahmen zurückgehen, leiden insbesondere unter dieser Depression, und wenn die Zollerträgnisse, die stark abnehmen, noch eine gewisse Höhe erreichen, so ist zu konstatieren, dass dies der Einfuhr von Mehl und Wein zu verdanken ist, d. h.

auf Kosten einer unserer Industrien und auf diejenigen des Weinbauers geschieht.

317 Anderseits erheischt die finanzielle Situation der Bundesbahnen eine äusserst sorgfältige Prüfung, um die Mittel zu ihrer Verbesserung zu finden.

Während der Jahre der Prosperität, die hinter uns liegen, hat der Bund in freigebiger Weise seine Hand weit geöffnet und im ganzen Lande herum, zumal da, wo er um Hülfe angegangen wurde und wo sie einigen Nutzen zu haben schien, Beiträge und Subventionen aller Art geleistet.

Heute müssen wir das System ändern, heute müssen wir mit grösster Vorsicht vorgehen, indem wir die nicht dringlichen Ausgaben, sowie diejenigen, welche ohne Nachteil verschoben werden können, auf bessere Zeiten zurückstellen Die Sparsamkeit drängt sich namentlich auf, um beim Inkrafttreten der sozialen Gesetze mit ihren grossen finanziellen Konsequenzen die erforderlichen Mittel zur Verfügung ' zu haben.

Es sind 60 Jahre verflossen, seit in Bern zum erstenmal die in der Verfassung von 1848 vorgesehene Bundesversammlung zusammengetreten ist, welche die Schweiz umwandelte, indem sie ihr eine Bundesregierung mit einem Parlament gab. Von dieser Zeit datiert die neue liberale politische Richtung des Landes.

Durch die Einführung neuer Volksrechte in die Verfassung von 1874 ist diese Richtung in demokratischem Sinne ausgestaltet worden.

Während dieser 60 Jahre haben die 20 sich folgenden Legislaturperioden mit Hingebung und Patriotismus an der politischen und sozialen Entwicklung unserer Institutionen und damit an der wirtschaftlichen. Prosperität unseres Landes gearbeitet.

Indem das Schweizervolk der grossen Mehrheit seiner Vertreter das Mandat erneuerte, hat es' ihnen einen neuen Beweis seines Vertrauens gegeben und damit zugleich seinen festen Willen ausgedrückt, dass die neue Legislaturperiode im Geiste der vorangegangenen tätig sei. Wenn wir unter uns diese Gefühle des Patriotismus und des Geistes der Solidarität lebendig erhalten, wenn wir nicht vergessen, dass wir, obschon von verschiedenen politischen Wählergruppen gewählt, hier beisammen sind, um für das gesamte Schweizervolk zu arbeiten, dann lebe ich der Überzeugung, dass mit Hülfe desjenigen, dessen Schutz wir in unserer Eidesleistung anrufen, die Arbeit der neuen Legislaturperiode dazu beitragen wird, den Frieden und die Verträglichkeit unter den verschiedenen Volksklassen zu erhalten und die Wohlfahrt unseres lieben Vaterlandes zu fördern. Ich erkläre die 21. Legislaturperiode als eröffnet.

Bundesblatt. 60. Jahrg. Bd. VI.

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Am 8. Dezember bestellte der Nationalrat sein Bureau wie folgt: Präsident: Herr G er m a n n , Adolf, von und in Frauenfeld, bisheriger Vizepräsident.

Vizepräsident: .n Rössel, Virgile, von Tramelan-dessus, in Bern.

Stimmenzähler: ,, Hess, Heinrich, von und in Wald.

,, G ö t t i s h e i m , Emil, von und in Basel.

,, S c h ä r , J. J., von Grondiswil, in Langnau.

,, W a l s e r, Eduard, von Chur und Seewis, in Chur.

,, T h é l i n , H e n r i , von Bioley-Orjulaz, in Nyon.

,, Ming, Peter Anton, von und in Samen.

,, R u t t y , Jacques, von Cologny, in Vandoeuvres.

,, E i g e n m a n n , Karl, von Homburg, in Müllheim.

Zur Eröffnung der Sitzung des S t ä n d e r a t e s hielt Herr Präsident Scherrer folgende Ansprache: Meine geehrten Herren Kollegen !

Bei Ihrem Zusammentritt zur ersten ordentlichen Session der XXI. Legislaturperiode erlaube ich mir, Sie vorerst herzlich zu begrüssen.

Zu meinem grossen Bedauern kann ich auch diese Session nicht eröffnen, ohne verschiedener grosser Verluste zu gedenken, von denen die Bundesversammlung seit ihrer letzten Tagung betroffen worden ist.

Am 26. Oktober erhielten wir die Trauerkunde, dass Regierungsrat und Nationalrat Job. R i t s c h a r d , wenige Stunden nachdem ihn seine engeren Mitbürger neuerdings in sehr ehrenvoller Weise mit ihrem Vertrauen beehrt hatten, dahin geschieden sei.

Die hervorragenden Eigenschaften, die Johann Ritschard eigen waren, sind von seinen Mitbürgern schon früh erkannt

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und gewürdigt worden. Nach einer kaum zweijährigen Praxis als junger Advokat wurde er im Jahre 1871 in dem sehr jugendlichen Alter von 26 Jahren in den Grossen Rat gewählt, und schon zwei Jahre später, d. h. im Alter von nur 28 Jahren, sehen wir ihn bereits als Mitglied der Bernischen Regierung und des schweizerischen Nationalrates.

Aus beiden Behörden ist er dann allerdings in der Folge wieder zurückgetreten, im Jahre 1878 aus der Regierung und im Jahre 1882 aus dem Nationalrate, und während 15 Jahren hat er sich dann mit Auszeichnung und grossem Geschicke seinem Berufe gewidmet. Im Jahre 1893 kehrte er aber wieder in die Regierung zurück, und im folgenden Jahre wurde er als Vertreter des Standes Bern in unsern Rat abgeordnet, dem er während neun Jahren angehörte, bis er im Jahre 1903 von seiner engern Heimat, dem Berner Oberlande, in den Nationalrat entsandt wurde.

Der kantonalen Regierung gehörte der Verstorbene während 20 Jahren, der Bundesversammlung im ganzen während 23 Jahren an.

Durch den verhältnismässig frühen Tod von Johann Ritschard verliert der Kanton Bern einen seiner bedeutendsten Staatsmänner der Neuzeit, einen Mann von umfassender Bildung, von grossem Geiste, von weitem Blick und grosszügigem Wesen, von einer grossen Lebenserfahrung und von einer geradezu genialen Veranlagung.

Seine Haupttätigkeit hat er auf den Gebieten des Armenwesens, des Erziehungswesens und der bernischen Eisenbahn- i politik, die in ihm auch einen ebenso berufenen wie unermüdlichen Verfechter in der Bundesversammlung fand, entfaltet. Die Fürsorge für die Armen und Schwachen, die Hebung dés Volksschulwesens und die Hebung der materiellen Wohlfahrt des Volkes und der einzelnen Landesteile, als dessen vornehmstes Mittel er eine kräftige Entwicklung des Eisenbahnnetzes betrachtete, das waren die hauptsächlichsten leitenden Gesichtspunkte seiner Tätigkeit.

Sowohl die Reden, wie die Schriften, die auf diesen Gebieten seines Schaffens und Wirkens von ihm ausgegangen sind, entbehren zwar aller schön klingenden Phrasen und alles blendenden Beiwerks, sie machen aber einen imposanten Eindruck durch ihren einfachen und logischen Aufbau, durch ihren tiefen Gehalt, und durch die Wärme und das Wohlwollen, die in ihnen zum Ausdrucke gelangen, und auf lange Zeit hinaus werden sie Zeugnis

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geben von den grossen Gedanken und der erhabenen Denkweise und Auffassung ihres Schöpfers und Urhebers. Die bernische Armengesetzgebung, die so recht eigentlich sein eigenes Werk ist, ist nicht nur als sozialreformerische Tat ersten Ranges, sondern angesichts der Verhältnisse, wie sie bestanden haben, und angesichts der Schwierigkeiten, die einer rationellen gesetzlichen Regelung dieser wichtigen Materie entgegenstanden, als eine geradezu geniale Lösung und Schöpfung allgemein anerkannt worden.

Was Job. Ritschard bei seinem Schaffen und Wirken besonders zu statten kam, das waren eine gründliche Kenntnis des Charakters und der Anschauungen des Volkes, eine wahre Originalität in seinem ganzen Wesen und Auftreten, und seine aussergewöhnliche Willensstärke.

Dank diesen Eigenschaften, die er mit seinen sonstigen bedeutenden Anlagen in so glücklicher Weise verband, verstand er es, die Sache zum vornherein richtig anzupacken, Schwierigkeiten vorzubeugen oder sie zu beseitigen und so alles in die richtigen Bahnen sowohl bei den Behörden wie beim Volke zu leiten.

So wird denn der Verstorbene nicht nur in dem grossen Kreise seiner Freunde und Kollegen, sondern vor allem in seinem Kanton eine grosse Lücke hinterlassen, die auf lange Zeit hinaus schmerzlich empfunden werden wird.

Genau drei Wochen nach dem Hinscheid dieses eben so sympathischen wie bedeutenden Mannes kam von Ricken die Kunde, dass N a t i o n a l r a t Ob'erst A r n o l d K ü n z l i , diese wohl bekannteste und populärste Gestalt unseres Parlamentes, gestorben sei.

Mit Oberst Arnold Künzli ist nicht nur das älteste Mitglied der Bundesversammlung von uns geschieden, sondern auch dasjenige, das wohl auf die weitaus längste Tätigkeit im kantonalen und im eidgenössischen Parlamente zurückblicken konnte ; denn mehr als ein halbes Jahrhundert hat er in den obersten kantonalen Behörden, und mehr als vier Jahrzehnte in der schweizerischen Bundesversammlung gewirkt.

Eine solche Dauer parlamentarischer Tätigkeit darf wohl zu den grössten Seltenheiten und Merkwürdigkeiten gezählt werden; allein so auffallend und selten diese Erscheinung auch sein mag, so wird sie noch bedeutend übertroffen durch die Art und Beschaffenheit der Tätigkeit des Verstorbenen, einer

321 Tätigkeit und Wirksamkeit, die an Tntensivität, Mannigfaltigkeit, Schaffenskraft und Erfolg wohl noch von keinem schweizerischen Staatsmann und Politiker übertroffen worden ist, und wohl schwerlich je übertroffen werden wird.

In Oberst Künzli waren alle Eigenschaften, die das Wesen eines führenden und leitenden schweizerischen Staatsmannes ausmachen, in seltenster und glücklichster Weise vereinigt: ein ausserordentlich gesunder Menschenverstand, der es ihm gestattete, Personen und Dinge richtig einzuschätzen, und sich in allen Fragen und Verhältnissen rasch und sicher zu orientieren; eine reiche Lebenserfahrung mit einer geradezu universellen Kenntnis aller wirtschaftlichen, sozialen und politischen Verhältnisse unseres Landes, eine ungemein praktische Veranlagung, ein hervorragendes diplomatisches Geschick ; eine durch ihre Klarheit und Einfachheit, wie durch ihren Ernst, ihre Wärme und ihre Überzeugungstreue hinreissende Beredsamkeit, und nicht zum mindesten einen eben so festen wie zielbewussten Willen.

Mit diesen hervorragenden Anlagen verband er ein wohl einzig dastehendes Interesse für alle politischen und wirtschaftlichen Vorgänge des ganzen Landes; wie kaum ein anderer verstand er es, sich über alles zu orientieren und die Stimmungen und Strömungen in allen Lagern und in allen Landesteilen zu erfassen. In seinem ganzen Wesen und in seiner ganzen Handlungsweise zeigte er sich ebensosehr als den ruhigen, bewährten militärischen Führer, wie als überaus klugen und vorsichtigen Geschäftsmann, der erst nach allseitiger, gründlicher Prüfung und Abklärung aller massgebenden Verhältnisse seine Entschlüsse fasste und seine Massnahmen traf, der dann aber, wenn die Zeit zum Handeln gekommen war, mit eiserner Energie einsetzte.

Wohl war Arnold Künzli ein ausgesprochener Parteimann, aber ein Parteimann in des Wortes grosser Bedeutung, dem auch seine politischen Gegner Hochachtung und Verehrung zollen mussten. Alles Kleinliche, Zänkerische und Mesquine, wie es wohl in allen Parteilagern anzutreffen ist, vertrug sich mit seinem grosszügigen Wesen und mit seinem Charakter nicht und war ihm gründlich zuwider. Für die ,,niedere Chirurgie", vvio er die Anwendung kleiner und kleinlicher Mittel auf dem Gebiete der Gesetzgebung sehr charakteristisch bezeichnete, besass er kein Verständnis.

Er konnte ein grosser, ja gewaltiger Kämpfer sein ; ab eisern Kampf war nie Selbstzweck, sondern nur Mittel zum Zweck,

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und zwar nur zu grossen und wichtigen Zwecken, die nach seiner innern Überzeugung im Interesse des Ganzen erstrebt und erreicht werden mussten; und auch da war für ihn der Kampf nur das letzte und äusserste Mittel, wo das, was nach seiner Ansicht die Gerechtigkeit oder das Wohl des Ganzen erforderte, nicht anders erreicht werden konnte.

Gesund wie er an Geist und Körper war, so gesund und verständig war seine ganze, acht demokratische Politik; die Pflege und Hebung des Staatsgedankens in Bund und Kanton, des Gefühls der Zusammengehörigkeit und der Solidarität aller Kreise und Schichten des Volkes, die gegenseitige Hülfe und Unterstützung zur Befriedigung wirtschaftlicher oder sozialer Bedürfnisse, das waren seine Ideale, an deren Realisierung er stets arbeitete, und zu deren Durchführung er alle Parteien und alle Kreise zusammenzuführen suchte. In der richtigen Erkenntnis des schädigenden Einflusses, den ein zu scharf entwickeltes Parteiund Cliquenwesen auf jeden Fortschritt im staatlichen Leben auszuüben vermag, war er nach Kräften bemüht, vorhandene Gegensätze auszugleichen, divergierende Interessen zu vereinigen und allen Zersetzungen und Spaltungen entgegenzutreten.

Ein sehr hervorstechender Zug in seinem Wesen war aber auch der, dass er es möglichst vermieden hat, nach aussen die Rolle des leitenden und führenden Hauptes zu spielen. Er hat es vortrefflich verstanden, unter der Hand für seine stets auf das Wohl des Ganzen gerichteten Ziele und Ideen zu wirken, seine Freunde und Kollegen dafür zu begeistern, sie zu tatkräftigem Eingreifen und Mitwirken zu veranlassen, und vorhandene Widerstände zu beseitigen. In seinem ganzen Tun und Lassen begegnen wir dem überlegenden, klugen, fürsorglichen und gewandten Geschäftsmanne, aber nie dem Geschäftsmanne für eigene Rechnung, sondern für die Interessen der Allgemeinheit und das Wohl des Staates.

So war es denn eine ganz gegebene Sache, dass die markante und imposante Gestalt von Arnold Künzli in der eidgenössischen und kantonalen Geschichte der letzten Jahrzehnte bei fast allen grossen Fragen im Vordergrund der Ereignisse gestanden hat und dass er durch sein massgebendes Wort und sein kluges und geschicktes Verhalten auf die Gestaltung der öffentlichen Angelegenheiten recht eigentlich bestimmend eingewirkt hat.

Und es war auch durchaus gegeben,, wenn der Bundesrat die vorzüglichen Dienste dieses Mannes gerne in Anspruch genommen

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hat, wo es galt, besonders schwierige Verhältnisse, wie die Wirren im Tessin, in gute Bahnen zu lenken, oder die Interessen unseres Landes gegenüber dem Auslande mit Geschick zu vertreten und zu wahren.

Ich muss mich naturgemäss auf diese dürftige und unvollständige Skizzierung des Wesens und Wirkens dieses hervorragenden Eidgenossen beschränken, da jeder Versuch, über seine langjährige und verdienstreiche Tätigkeit ein Bild zu entrollen, den Rahmen einer solchen kurzen Erinnerungsrede überschreiten würde. Ich hege aber die Erwartung, dass sich in dem Kreise seiner vielen Freunde und Verehrer eine berufene Feder finden werde, die über das Leben und Wirken und über den Charakter dieser Kraftgestalt ein getreues und vollständiges Bild der Mitund Nachwelt überliefert, nicht des eiteln Lobes und Ruhmes wegen, sondern als ein leuchtendes und nachahmenswertes Vorbild grosser und wahrer Bürgertugend und eines geistig hochstehenden, klugen, gewandten und kraftvollen Staatsmannes und Politikers.

Denn gerade in unserer Zeit, wo man so oft des Gefühls sich nicht erwehren kann, dass wahres patriotisches Denken und Empfinden, das ßewusstsein der Pflichten gegenüber der Allgemeinheit- und die Rücksichten für das Wohl und die Bedürfnisse des Ganzen immer mehr zurückgedrängt werden von einem rücksichtslosen, egoistischen und materialistischen Streben, dass alles Sinnen und Denken aufgehe in einer rücksichtslosen und oft so kleinlichen Sorge für das Hebe Ich und um die persönliche Besserstellung -- ich sage, gerade in einer solchen Zeit mag es besonders angezeigt und nützlich erscheinen, auf eine Erscheinung wie Oberst Künzli hinzuweisen, der, ohne vom Stachel des Ehrgeizes getrieben zu werden, sozusagen sein ganzes Leben, sein ganzes Wissen und Können seinem engern und weitern Vaterlande in der uneigennützigsten Weise gewidmet hat, der kein anderes Streben kennt, als sich dem Lande und seinen Mitbürgern nützlich zu machen, und der so manche ihm angetragenen Ehren und Würden ausgeschlagen hat, nur weil er das Gefühl hatte, auf diese Weise seinem Lande und seiner Heimat bessere Dienste leisten zu können.

Ja, Oberst Künzli war das leuchtende Beispiel wahrer Bürgertugend 5 er war einer der Besten und Grössten unserer Zeit, ein pater patrise in des Wortes ganzer Bedeutung.

Am 24. November mussten wir zu unserm allseitigen Bedauern vernehmen, dass der dereinstige Nestor unseres Rates,

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unser allverehrte und schon durch sein Alter ehrwürdige Nikolaus Benziger in Einsiedeln, seinem langen .und schweren Leiden erlegen sei.

Nikiaus Benziger gehörte zwar bei seinem Ableben unserem Rate nicht mehr an 5 er hatte uns bereits in der letzten Herbstsession die Mitteilung gemacht, dass er mit Rücksicht auf sein schweres Leiden seinen Rücktritt als Mitglied unseres Rates habe nehmen müssen, und sein Nachfolger im Amte war denn auch bereits einige Wochen vor seinem Tode gewählt worden.

Wenn er also auch strenge genommen, nicht als Kollege von uns geschieden ist, so möchte ich diesen Anlass doch nicht vorbeigehen lassen, ohne auch ihm einige Worte zu widmen; denn auch er hat als Staatsmann, wie als Kollege, unsere Anerkennung reichlich verdient.

Wiewohl er aktiver Teilhaber eines äusserst umfangreichen und vielseitigen Geschäftes war, hat er seinem Heimatkanton doch seit mehr als einem halben Jahrhundert in den verschiedensten Stellungen treue und gute Dienste geleistet, als Statthalter, als Mitglied des Regierungsrates und Kantonsrates, als Erziehungsrat und Präsident der Seminardirektion. Der Bundesversammlung gehörte er seit 1883, d. h. seit 25 Jahren, an; bis 1905 dem Nationalrat, dessen Alterspräsident er bereits 1902 war, und seither dem Ständerate.

Solange der Sprechende das Vergnügen hatte, Nikiaus Benziger zu kennen, ist derselbe in den eidgenössischen Räten als Redner nicht häufig aufgetreten. Allein er ist je und je den Verband- ' lungen mit grosser Aufmerksamkeit und grossem Interesse gefolgt und namentlich in den Kommissionsberatungen hat er sich als ausserordentlich gründlicher und gewissenhafter Mitarbeiter bis in sein höchstes Alter erwiesen.

Wenn in dem vorhergehenden Nachruf hervorgehoben worden ist, wie Arnold Künzli bestrebt war, die Parteien zu fruchtbarer gemeinsamer Arbeit einander näher zu bringen, und Gegensätze und Differenzen, die nicht in der verschiedenen Weltanschauung ihren Grund und ihre Berechtigung haben, auszugleichen, so muss von Nikiaus Benziger betont werden, dass er solchen Bestrebungen ein grosses Verständnis und ein grosses Entgegenkommen entgegengebracht hat.

Bei aller Grundsätzlichkeit in seinen religiösen und konfessionellen Ansichten und Überzeugungen war auch er als versierter Kaufmann geneigt, in ändern Fragen dem Gesichtspunkte der

325 Nützlichkeit und Wünschbarkeit gegenüber bloss parteipolitischen Rücksichten den Vorrang einzuräumen, eine Politik und Taktik, die denn auch in der Folge immer mehr die Oberhand gewonnen und speziell in der letzten Legislaturperiode zu grossen Errungenschaften geführt hat.

Im persönlichen und gesellschaftlichen Verkehr war Nikiaus Benziger ein ausserordentlich liebenswürdiger, freundlicher und stets dienstbereiter Kollege, und wie er an seinen Kollegen hing, das hat in dem Abschiedsschreiben, das er in der letzten Session an uns gerichtet hat, geradezu rührenden Ausdruck gefunden.

Wir alle hätten dem Verstorbenen von Herzen einen langen und heitern Lebensabend gewünscht. Sein sympathisches und würdiges Bild wird stets in unserer angenehmen Erinnerung bleiben.

Meine Herren, ich lade Sie ein, zur Ehrung des Andenkens der 3 verstorbenen Kollegen sich von Ihren Sitzen zu erheben.

Hierauf wurden die neuen Mitglieder, nämlich die Herren S t e i g e r (Bern), D ü r i n g (Luzern), O c h s n er (Schwyz) und D e u c h e r (Thurgauj, beeidigt.

Das Bureau des Ständerates wurde am 8. Dezember 1908 wie folgt bestellt: Präsident : Herr T h è l i n , Adrien, von Bioley-Orjulaz, in Lausanne.

Vizepräsident : ,, U s t e r i, Paul, von und in Zürich.

Stimmenzähler : ,, S i m o n , Henri, von Ste-Croix, in Grandson.

,, L u s s e r , Florian, von und in Silenen.

Im Nationalrat hielt am 9. Dezember Herr G e r m a n n folgende Ansprache :

Präsident

Meine Herren National/râle !

Mit tiefer Wehmut haben wir im Verlaufe des gestrigen Tages die schmerzliche Kunde erhalten, dass mit dem Morgengrauen der Todesengel sich über das Krankenlager des Herrn alt Bundesrat Dr. Z e m p gesenkt habe. Vor kaum 6 Monaten sah sich zum grossen Bedauern seiner Kollegen und nicht minder der eidgenössischen Räte der Verewigte genötigt, die Arbeit im Dienste des Vaterlandes wegen eines bedrohlichen

326 Herzleidens niederzulegen, und entgegen unsern innigsten Wünschen nach baldiger Linderung und nach einem friedlichen, sonnigen Lebensabend hat er nun so rasch sein reiches Tagewerk abgeschlossen.

Im Juni dieses Jahres haben die Mitglieder des schweizerischen Parlaments den hochverdienten Staatsmann auf seinen Wunsch offiziell verabschiedet. Damals wurde in trefflichen Worten der hohen Verdienste gedacht, die der würdevolle und doch republikanisch-schlichte Magistrat sich um das schweizerische Vaterland erworben hat, und mit dem herzlichen Dank der Räte für deusen reichhaltige und erfolgreiche Tätigkeit vereinigte sich das ganze Volk, das seinen Bundesrat Zemp so geehrt und geachtet hatte; -- lag doch in seinem Charakter bei aller Grundsätzlichkeit ein ungemein wohltuender Zug des Friedens und der Milde, und knüpfte sich doch an seinen Namen mehr als ein Mal in der Geschichte unseres modernen Bundesstaates der Übergang zu konziliantem Anschauungen und zu freudigerer Mitarbeit aller Eidgenossen an des Landes Wohl.

Die Hoffnungen, die bei Eintritt in den Bundesrat auf den Verstorbenen gesetzt worden sind und die mit seinen eigenen Erklärungen über die Stellung der höchsten Exekutive sich durchaus deckten, hat er voll und ganz gerechtfertigt; -- vom Tage seiner Wahl in diese Behörde bis zu seinem ehrenvollen Abschied stand er unwandelbar über den Parteien, in treuer Arbeit mit seinen Kollegen nur auf die Förderung der Wohlfahrt des Landes bedacht und mit magistralem Ernst und grosser Festigkeit die Ziele einer weitausschauenden wirtschaftlichen Stärkung der Eidgenossenschaft verfolgend. Es bleibt nicht vergessen, wie er als Bundespräsident gegenüber dem Ausland gegebenenfalls ängstlich über des Vaterlandes Ehre wachte und ebenso ernst als entschlossen für das gute Recht in die Schranken trat; und aus seiner jahrelangen internen Verwaltungstätigkeit bleibt noch in aller Erinnerung, wie er zielbewusst, aber auch mit kräftiger Hand, die Überleitung unserer grossen Verkehrsmittel in den Besitz des gestärkten Bundes vorbereitete und grossenteils durchführte ; ein beredtes Zeugnis für seine gerechte Art der Realisierung dieses Gedankens bildet nunmehr die fast uneingeschränkte Anerkennung seines verdienstlichen Wirkens, wie sie von seinen Mitarbeitern aller Grade, von den Behörden und dem ganzen Volke bei Anlass der Niederlegung seines Amtes erst kürzlich so überzeugend zum Ausdrucke kam.

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Seit Bundesrat Zemp in die Reihe seiner Mitbürger zurückgetreten ist, stand er uns rein menschlich nur noch näher, denn ihn zierten auch vorbildliche Bürgertugenden.

Unter den klärenden Folgen einer geläuterten Lebensauffassung ertrug er die gesteigerten Leiden des Alters und der Krankheit mit Geduld und Ergebung ; mit der Ruhe eines Philosophen hat er sich dem Lose gebeugt, das über in verhängt war, und in hoffnungsvollem Frieden hat er nun sein Auge für immer geschlossen.

Für uns aber, geehrte Kollegen, und für sein Volk bleibt Bundesrat Zemp und sein Wirken unvergessen ! Bin gütiges Geschick hat seine hervorragenden Geistesgaben in den Dienst des Vaterlandes gestellt ; uneigennützig und treu hat er jahrelang bis zur Erschöpfung in öffentlicher Arbeit gewirkt; ihm bleibt mit tiefempfundener Anerkennung das Andenken seiner Mitbürger gesichert!

Meine Herren Kollegen, ich lade Sie ein, zum pietätsvollen Gedächtnis an den Verblichenen sich von den Sitzen zu erheben.

Im Ständerat gedachte der Präsident T h é li n ebenfalls in warmen Worten des Verstorbenen.

An die kirchliche Trauerfeier, welche am 10. Dezember vormittags in der Dreifaltigkeitskirche zu Bern stattfand, sowie an die Beerdigungsfeier vom 11. Dezember in Entlebuch haben beide Räte ihre Vertreter abgeordnet. Auch der Bundesrat nahm offiziell an beiden Feiern teil.

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Aus den Verhandlungen des Bundesrates.

(Vom 1. Dezember 1908.)

Mit Note vom 30. November 1908 teilt die österreichischungarische Gesandtschaft mit, dass sowohl Österreich als auch Ungarn, mit Wirksamkeit vom 1. Januar 1909 an, den folgenden internationalen Übereinkommen beigetreten sind :

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Schweizerische Bundesversammlung.

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1908

Année Anno Band

6

Volume Volume Heft

51

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

16.12.1908

Date Data Seite

312-327

Page Pagina Ref. No

10 023 159

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