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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuch des wegen Übertretung des Bundesgesetzes betreffend die Fischerei bestraften Gottfried Stauffer, Mechaniker, von Zauggenried, Kanton Bern, geb. 1873, wohnhaft an der Junkerngasse in Bern, zur Zeit verhaftet in Murten, Kanton Freiburg.

(Vom 26. Mai 1908.)

Tit.

Gottfried Stauffer hat geständigermassen Ende Mai 1907 in drei wiederholten Malen durch Einwerfen von Chlorkalk in den Bibernbach, da wo dieser an der Grenze des bernischen Amtsbezirkes Laupen und des freiburgischen Seebezirkes fliesst, die darin lebenden Fische in grosser Zahl getötet, um sich solche zu verschaffen. Der Wert der Fische, die zum Teil auf Berner-, zum Teil auf Freiburgergebiet zu Grunde gingen, belief sich auf mehrere hundert Franken. Stauffer verkaufte davon in verschiedenen Gasthöfen der Stadt Bern für Fr. 58.

Am 6. Juni 1907 wurde Stauffer dem Polizeirichter des Amtsbezirkes Laupen als Urheber dieses Fischfrevels eingeliefert, und am 1. August nach durchgeführter Voruntersuchung, gestützt auf Art. 5, Ziffer l, und 31, Ziffer 3, des Bundesgesetzes betreffend die Fischerei vom 21. Dezember 1888, mit Fr. 150 Geldbusse

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bestraft, in der Meinung, dass bei Unerhältlichkeit je Fr. 5 Busse' in einen Tag Gefängnis umgewandelt sein sollten. Die Strafe ist noch nicht vollzogen. Stauffer befand sich vom 6. Juni bis 15. Juli 1907 im Amtsgefängnis Laupen in Untersuchung«- bezw. Sicherheitsverhaft.

Daneben hatte der Gerichtspräsident des Seebezirkes in Murten ebenfalls gegen Stauffer Untersuchung eröffnet wegen der Massentötung von Fischen auf dortigem Gebiet. Der Verfolgte wurdenach mehrfachen Vorverhandlungen am 30. Januar 1908 von seinem Heimatkanton an die freiburgischen Behörden ausgeliefert, und am 7. Februar vom genannten Richter wegen Übertretung des Bundesgesetzes vom 21. Dezember 1888 zu Fr. 1000 Busse verurteilt, bei Unerhältlichkeit umgewandelt in 200 Tage Gefängnis. Ein gegen dieses Erkenntnis eingelegtes Kassationsgesuch hat die kantonale Oberinstanz durch Urteil vom 26. gleichen Monats abgewiesen. Seit dieser Zeit befindet sich Stauffer in Murten im Bussenverhaft, -- der Untersuchungs-, bezw. Sicherheitsverhaft wurde ihm dort ebenfalls nicht angerechnet.

Nunmehr richtet der Verurteilte an die Bundesversammlung das Gesuch, dass ihm von diesen Strafen ein Teil durch Begnadigung erlassen werden möchte. Er behauptet, er sei durch Not und Armut zu der Gesetzesübertretung veranlasst worden, da er, selbst kränklich, wenig Verdienst gehabt habe, und für eine kranke Frau und unmündige Kinder sorgen müsse. Diese Behauptungen stehen indessen in Widerspruch mit dem Resultate polizeilicher Erhebungen über die Beziehungen Stauffers zu seiner bemitleidenswerten Familie, und damit, dass er das durch den Verkauf der gefrevelten Fische erworbene Geld, soviel aus den Akten ersichtlich, für sich selbst und einige liederliche Gefährten verbrauchte. Auch ist Stauffer nicht weniger als 12 Mal wegen geringern Vergehen und Übertretungen vorbestraft (vergi, die Seiten 27 und 63 der Prozedur des Polizeirichters von Laupen).

Die beiden Beamten, welche den Petenten bestraften, erklären sich mit einer teilweisen Reduktion der ausgesprochenen Geldbussen einverstanden, um nicht durch gänzlichen Vollzug derselben in Form von Freiheitsstrafe eine allzulange Inhaftierung des Verurteilten zu verursachen. Dieser selbst erweckt zwar kein besonderes Mitgefühl, und es ist wohl zu beachten, dass auch bei Ausfällung einer Gesamtstrafe die mehi'fache Wiederholungder Übertretung und der grosse Schaden, den sie verursachte, nach dem positiven Gesetze strafschärfend hätte wirken müssen.

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Wenn aber berücksichtigt wird, dass Stauffer im ganzen während mehr als 3 Monaten in Untersuchungs- bezw. Sicherheitsverhaft gehalten war, und dass nur der zufällige Umstand der Verursachung von Schaden im Gebiete von zwei Kantonen die Zusammenrechnung der Übertretungen und die Verhängung einer Gesamtstrafe verunmöglichte, so erscheint es angemessen, die Strafe zu ermässigen durch Erlass der vom Polizeirichter von Laupen verhängten Fr. 150 Geldbusse.

Wir stellen daher bei Ihrer hohen Versammlung den A n t r a ög :

Es sei dem Gottfried Stauffer die vom Polizeirichter von Laupen ausgesprochene Strafe von Fr. 150 Geldbusse zu erlassen,, im übrigen aber das Begnadigungsgesuch abzuweisen.

B e r n , den 26. Mai 1908.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Brenner.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Bingier.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuch des wegen Übertretung des Bundesgesetzes betreffend die Fischerei bestraften Gottfried Stauffer, Mechaniker, von Zauggenried, Kanton Bern, geb. 1873, wohnhaft an der Junkerngasse...

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03.06.1908

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