880

# S T #

Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuch des wegen Nichtbezahlung von Militärpflichtersatz bestraften Fritz Flückiger, Seiler, Wasserwerkstrasse 14, Bern.

(Vom 26. Mai 1908.)

Tit.

Petent war mit der Bezahlung des Militärpflichtersatzes pro 1907 im Betrage von Fr. 6, trotz Mahnung des Kreiskommandos, im Rückstand, und wurde nach Ablauf der ihm gewährten Fristen dem Strafrichter überwiesen. Beim ersten Termin vor dieser Instanz, der auf 16. Dezember angesetzt war, blieb Flückiger ohne Entschuldigung aus, worauf er neuerdings auf den 9. Januar vorgeladen wurde, unter Androhung polizeilicher Vorführung im Falle von Ungehorsam.

Am 26. Dezember bezahlte Flückiger Steuer und Kosten.

Der Polizeirichter von Bern aber verurteilte ihn dessenungeachtet am 9. Januar auf Grund des Bundesgesetzes vom 29. März 1901 zu einem Tage Gefängnis, gemäss der von diesem Richter geübten Praxis, wonach alle Angeschuldigten, die bis zum ersten Termin noch bezahlt haben, unter Auflage der Kosten freigesprochen, diejenigen aber, die erst nach dem ersten Termin bezahlen, bestraft werden (siehe den vom 1. Mai 1908 datierten Bericht des Polizeirichters).

881

Flückiger ersucht um Erlass der Strafe durch Begnadigung, unter Hinweis auf die vor dem richterlichen Urteil erfolgte Bezahlung der Taxe, und mit der Behauptung, er sei zu solcher vorher ohne eigene Schuld nicht im stände gewesen.

Letztere Angabe steht mit dem bei den Akten befindlichen Leumundsberichte in bedenklichem Widerspruch. Aus diesem Bericht geht hervor, dass Flückiger liederlich und arbeitsscheu ist, sowie, obgleich gesund und kräftig, die Sorge für seine Familie der Armenbehörde und den Verwandten überlässt. Er kennt auch die Folgen der Nichtbezahlung der Ersatzsteuer; denn schon einmal, am 12. Januar 1907, ist er deswegen mit einem Tag Gefängnis bestraft worden.

Wenn auch die Praxis der Bundesversammlung dahin geht, regelmässig denjenigen zu begnadigen, welcher noch vor dem entscheidenden Gerichtstage die Ersatzsteuer bezahlt hat, so bildet das doch keine Regel ohne Ausnahme. Im vorliegenden Fall scheint es uns geboten, eine Ausnahme zu statuieren.

Wir stellen daher bei Ihrer hohen Versammlung den Antrag : Das Begnadigungsgesuch von--Fritz Flückiger sei abzuweisen.

B e r n , den 26. Mai 1908.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Brenner.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Ringier.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuch des wegen Nichtbezahlung von Militärpflichtersatz bestraften Fritz Flückiger, Seiler, Wasserwerkstrasse 14, Bern. (Vom 26. Mai 1908.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1908

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

23

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

03.06.1908

Date Data Seite

880-881

Page Pagina Ref. No

10 022 921

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.