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Entwurf zu einem Bundesgeseze über

das Verfahren bei Zollübertretungen.

(Vom Bundesrathe durchberathen am 28. Christmonat 1853.)

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht eines Vorschlages des Bundesrathes, beschließt:

I.

Einleitendes Verfahren frei den Berwa.l> tnngsbehofden.

Artikel 1. Die Uebertretungen der Bundesgeseze über das Zollwesen werden bei dem nächsten Büreau oder Bundesbeamten der Zollverwaltung oder bei einer kanto« nalen Polizeistelle angezeigt.

Art. 2. Jm Falle der Entdekung einer solchen Ueber* tretung ist jeder Zollbeamte oder Angestellte, so wie jeder Polizeibeamte oder Angestellte in den Kantonen verpflichtet, sich der Waaren, welche den Gegenstand der Ueber.-

tretung bilden, zu bemächtigen und sie unverzüglich mit Beschlag zu belegen.

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46 Dasselbe ist über die Transvortmittel zu verfügen, in so sern die Dehtng der Bußen und Kosten es erforderlich zu machen scheint. Ausgenommen sind jedocb die Transportmittel der Posten, Eisenbahnen und Dampsschiffe.

Diese Beschlagnahme unterbleibt, wenn hinreichende Sicherheit für den mnthmaßlichen Betrag der Strafe nebst Kosten geleistet wird, und der Beschlag nicht im Interesse der Untersuchung oder aus andern Gründen aïs denjenigen der Deknng der Buße und der Kosten nothwendig ist.

Art. 3. Der Beamte oder Angestellte nimmt über die Uebertretung, so schnell als möglich, in Gegenwart des Uebertrcters, wenn derselbe zu finden ist, und unter Zu= zug irgend eines richterlichen oder Gemeindsbeamten des Ortes, wo die Beschlagnahme statt fand, unverzüglich, oder, bei eintretenden Hinbermssen, spätestens innerhalb 48 Stunden, ein Protokoll (Verbalprozeß) auf.

Die Zuziehung eines Ortsbeamten ist nicht erforderlich, wenn der Uebertreter das Protokoll unbedingt als richtig anerkennt und unterschreibt, oder auch, wenn der \\m= gangene Zoll nicht mehr als Franken 3 beträgt.

Art. 4. Dieses Protokoll soll enthalten : 1) den Ort, den Tag und die Stunde der Aufnahme; 2) Namen, Vornamen und Wohnort des oder der Uebertreter ; 3) den genauen Hergang der Sache; 4) die Bezeichnung der Waaren, welche den Gegenstand der Uebertretung bilden, und der übrigen fequestrirten Gegenstände; 5) der Betrag des umgangenen Zolles; 6) die Bemerkungen des Beklagten über die Richtig« leit und Vollständigkeit des Protokolls, so wie die hierauf .bezügliche Eröffnung des Zoll- oder Polizeibeamten (Art. 5);

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7) die Unterschrift des Zoll- oder Polizeibeamten,, des beigezogenen Beamten und des oder der Uebertreter.

Wenn der Beklagte erklärt, sich unbedingt dem Aussprnche der Zollverwaltung fugen zu wollen, fo fällt dieß.

ebenfalls ins Protokoll.

Art. 5. Jeder Uebertreter hat bestimmt zu erklären, in welchen Beziehungen er das Protokoll für unrichtig oder fur unvollständig halte. Geschieht dieß nicht, oder entzieht er sich der Theilnahme an dieser Verhandlung durch die Flucht, oder weigert er sich zu unterzeichnen, so gilt das Protokoll als anerkannt. Diese rechtliche Folge ist: ihm vom Beamten zu eröffnen und davon, daß es geschehen sei, ebenfalls im Protokoll Vormerkung zu neh-

men (Art. 4, Ziff. 6).

Art. 6. @o fern dringende Jnzichten vorhanden sind,,, so dürfen die im Art. l erwähnten Beamten oder Angeftellten zur Herstellung des Tatbestandes einer Uebertretnng, deren Spuren zu verfolgen sie genöthigt sind, nur in Begleitung eines Gerichts- oder Gemeindsbeamten des Ortes in ein Haus gehen, um dort ihre Nachforschungen zu machen, und es haben jene darüber zu wachen, daß sich die Hausdurchfuchnng nicht vorn Zweke der Nachforfchung entferne oder ihre Gränze überschreite.

Der Beamte oder Angestellte, welcher die Hausdurch* suchung macht, nimmt über die Verrichtung im Beisein, der Anwesenden ein Protokoll auf. Er soll hiezn den.

Uebertreter, wenn dieser bekannt ist, und die Person, in deren Wohnung die Durchsuchung stattfindet, beiziehen.

Alle unterzeichnen das Protokoll.

Wenn der Uebertreter unbekannt ist, oder wenn er, oder die Person, in deren Wohnung die Unterfuchung Pattgefunden hat, sich weigert, sich zu stellen, oder zu.

unterzeichnen, oder wenn einer der Anwesenden seine.«

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Unterschrift verweigert, so soll dieß im Protokoll bemerkt werden.

Der Beamte oder Angestellte, der von der Befugniß, Hausdurchsuchungen vorzunehmen, Mißbrauch gemacht hat, ist von der Zollverwaltung mit einer Disciplinar« strafe von Fr. 20 bis 200 zu belegen.

Art. 7. Das Betreten anderer Grundstüke durch Beamte oder Angestellte ist denselben jedenfalls gestattet, wenn sie sich bei Verfolgung von auf der That ertappten Uebertretern befinden. Für allfälligen Schaden kann bie Zollverwaltung belangt werden.

Art. 8. Die Beamten oder Angestellten können zur Vollziehung der in den Artikeln 2, 6 und 7 angeführten Verrichtungen, im Falle von Widerstand, Gewalt anwenden, und bie ..·.{amona.polizei ist verpflichtet, auf Be* gehren Beihilfe zu leisten.

Art. 9. Geht der Widerstand in ein Verbrechen oder Vergehen über, so sind die Schuldigen zu verhaften, und «s sollen alsdann die Artikel 47 und 74 des Gesezes über das Bnndesstrafrecht, vom 4.Hornnng 1853 (N.oss.S.III, 418 und 427), auf dieselben angewendet werden.

Art. 10. Wird eine Zollübertretung erst später ent* dekt, so hat der betreffende Beamte oder Angestellte einen ausführlichen Bei-icht über den betreffenden Thatbestand abzufassen und in demselben alle jene Umstände anzuführen, welche er in Bezug auf diese Uebcrtretung ausfindig machen kann, und eben so alle diejenigen Personen zu bezeichnen, die als Mitwisser oder Zeugen angesehen wer«-den können.

Art. 11. Die in den vorhergehenden Artikeln ange* führten Protokolle und Berichte werden unverzüglich der betreffenden Zottdirektion zur weitern .-Bersügung eingesendet.

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Art. 12. Die Zollverwaltung hat vor Allem die Akten §u prüfen, und fo weit möglich und nothwendig vervollpändigen zu lassen. Sie kann zu diefem Zweke die betreffenden Kantonalbehörden in Anspruch nehmen.

Art. 13. Die Zollverwaltung verfügt fodann, ob die Uebertretung weiter verfolgt werden folle oder nicht, und bezeichnet im ersteren Falle, nach Maßgabe der bestehenden Gefeze und Verordnungen, die vom Uebertreter zu ' bezahlende Summe. Diefe Verfügung wird dem Bureau ....der Beamten eröffnet, welcher gegen die Uebertretung eingeschritten ist.

Art. 14. Der Chef des Büreau oder der Beamte 3eigt dem Uebertreter, wenn derselbe bekannt ist, die Entscheidung der Verwaltungsbehörde amtlich an und ladet ihn ein, innerhalb der Frist von höchstens acht Tagen zu erklären, ob er der sestgesezten Strafe sich unterziehen und, wenn es sich um eine Geldbuße handelt, ob er den ...Setrag derfelben anerkennen und sich zur Bezahlung ver.pflichten wolle.

Die Entscheidung wird den Bürgen, wenn solche vorhanden sind, ebenfalls mitgetheilt.

Art. 15. Unterzieht sich der Betreffende nicht, so tritt

das gerichtliche Verfahren nach Anleitung des nachfolgenden Abschnittes ein.

Art. 16. Wenn ein Uebertreter in dem Zeitpunkte,

in welchem das Protokoll abgesaßt wird, schriftlich und ohne Vorbehalt sich unterzogen hat, so kann ihm der Bundesrath einen Theil der Geldbuße erlassen. Dieser Nachlaß darf aber einen Dritttheil der Strafe nicht übersteigen.

Der Uebertreter, welcher sich fchriftlich und unbedingt innerhalb der Frist von acht Tagen, von der nach Artiïel 14 erfolgten Anzeige an gerechnet, der verfallenen Bnndesblatt. Jahrg. VI. Bd. I.

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«Strafe unterzieht, kann vom Bundesrathe, unter vorhan« benen mildernden Umständen, den Nachlaß eines Theils ber Strafe erhalten.

Dieser Nachlaß darf aber einen .-Biertheil der Strafe nicht übersteigen.

Wenn es sich ergibt, daß der Uebertreter nicht bie .Absicht hatte, eine Zoßvwschlagniß »« begehen, so kann ber Bundesrath feie Buße ermäßigen oder felbst gänzlich nachlassen (Bundesgefez über daö Zollwefen vom 27. Angst-

rnonat 1851, Art. 51, L. 2, N. off. S. Il, 549).

Art. 17. Die in Folge von Art. 16, Lemma 2 eingelangte Anerkennungsurkunde soll von einem Gerichtsoder Gemeindëbïaînten beglaubigt sein, und es steht diese fodann in ihrer ..Sirkung rechtskräftigen Urtheilen gleich.

II. ©rnchtHchcs Verfahren.

Art. 18. Die Uebertïetungei. des eidgenössischen Zollgesezes werden, in so fern der Uebertreter beni Entscheibe $>er Verwaltungs&ehorbe sich nicht unterzogen hat, durch feie Anflagekammer des Bundesgerichteö als Polizeikammer .kurtheilt.

Zu diesem Behufe versammelt sich dieselbe, sofern hin.reichende Geschäfte vorhanden sind, in der Regel jährlich äwei Mal. Sie hat indessen, wenn sie inzwischen als Anklagekammer versammelt ist, zugleich die anhängigen und spruchreifen Fâlîe in Behandlung zu nehmen.

Art. 19. Die Bundesbehöcde reicht dem Präsidenten Str Polizeikammer eine kurze Klage nebst den Beweisjnitteln ein.

Art. 20. Der Präsioent theilt die Klage dem Be.Kagten zur Beantwortung und zur Angabe allfälliger ®egenbeweife, unter Anberaumung einer peremtorifchen

irist, mit.

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51 Art. 21, Der Gegenbeweis gegen das amtlich abgefaßte Protokoll ist aber nur unter folgenden Bedingungen

suläßig : 1) wenn und in so weit der Beklagte schon bei dessen Abfassung Einwendungen gegen die Richtigkeit und Vollständigkeit desfelben machte (Art. 4, Ziffer 6) und der Richter diese Beweise als erheblich betrachtet; 2) wenn dem Protokoll eine wesentliche Bedingung fehlt, und die angebotenen Beweise als erheblich erscheinen ; 3) wenn förmliche Klage und Fälschung des Protokolle angebracht wird. Diese ist jedoch auf den Weg de.1 Kriminalprozesses zu verweifen.

Art. 22. Der Präsident (Art. 23) oder das Gericht (Art. 25) entscheidet, ob im gegebenen Falle eine wefentliche Bedingung des Protokolls fehle (Art. 21, Ziffer 2), und als folche foll namentlich angesehen werden: a. wenn das Protokoll nicht innerhalb der vorgefchriebenen Frist von 48 Stunden abgefaßt worden ist} b. wenn durch ...Berfchulden des Beamten, welcher da-.!

Protokoll aufgenommen hat, dem Beklagten nicht Gelegenheit gegeben worden ist, bei der Verhand* lung mitzuwirken ; c. wenn unterlassen worden ist, einen Gerichts- oder Gemeindsbeamten zu der Verhandlung zuzuziehen, mit Ausnahme jedoch der im Art. 3, Lemma 2 bezeichneten Fälle ; d. wenn der Beklagte darthun kann, daß der funktion.» rende Beamte sich geweigert habe, Erklärungen von feiner Seite zu Protokoll zu nehmen ; e. wenn die Unterfchrift des Beamten, welcher dag Protokoll aufgenommen hat, oder des mitwirkende..!

Gemeinds- oder Polizeibeamten fehlt.

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Art. 23. Findet der Präsident der Polizeikammer nach .eingereichter Klage und Antwort einen fernern Belvci-, juläßig und zugleich erheblich, so beauftragt er mit Aufnahme desselben ein dem Orte, wo die Uebertretung stattfand, nahe wohnendes Mitglied oder einen Suppleanten

des Bundesgerichtes.

Art. 24. Die Bundesanwaltschast und der Besagte werden zur Verhandlung des Rechtsfalles vor die Polizeikammer geladen. Der Beklagte kann sich hiebei durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen. Die Bundesanwaltfchaft handelt fowol im öffentlichen Interesse der Bejìrafung als im Zivilinteresse der Zollverwaltung.

Die Verhandlungen sind mündlich und öffentlich, und.

jeder Partei zwei Vorträge gestattet.

Art. 25. Beschwerden gegen Verfügungen des PriSsidenten oder des Jnstruktionsrichters sollen vor Illem erledigt werden; anch steht der Kammer von Amts wegen das Recht zu, das Verfahren zu vervollständigen, äugelassene Beweise auszuschließen und ausgefchlossene nachträglich zuzulassen.

Art. 26. Nach Anhörung der Vorträge fchreitet die Polizeikammer zur Ausfällung des Urtheils, wobei sie die vorliegenden Beweise in Betrachtung zieht.

Art. 27. Ein vorfchriftmäßig abgefaßtes und isnbedingt anerkanntes Protokoll bildet vollen Beweis.

Jst das Protokoll mangelhaft, fo wird dessen Beweisïraft im Zusammenhange mit allen Verhältnissen den?

Falles vom Richter nach freier Ueberzeugung gewürdigt.

..Dasfelbe findet statt bei der Würdigung der übrigen Be» weise und Gegenbeweise.

Art. 28. Wenn die Parteien, oder eine derfelben,, ohne sich zum Voraus genügend zu entschuldigen, nicht erscheint, so fällt.das Gericht gleichwol das Urthei! aus*

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Bei ap p e l l a b e l n Fällen prüft die zweite Instanz eine nachträgliche Entschuldigung der ausbleibenden Partei.

Erscheint diese Entschuldigung als genügend, so ist die Partei zu restituir«., entweder durch Rükweisung des Prozesses an die erste Jnstanz, oder durch vollständige VerHandlung in zweiter Jnstanz. Das Erste findet statt, wenn weitere Beweise abzunehmen sind; Lezteres, wenn es sich bloß um Ausführung der vorliegenden Akten handelt.

Bei inappellabeln Fällen entscheidet der Präsident der Polizeikammer über die Entschuldigung des Ausbleibens. Jm Falle der Restitution sistirt er die Rechtskraft des Urtheils und bringt den Prozeß zu neuer Verhandlung.

Art. 29. Gegen ein von der Polizeikammer ausgefälltes Urtheil steht den Parteien die Appellation an da..?

Bundesgericht offen : a. dem Kläger, wenn es sich nach dem Klagfchluß um eine Geldstrafe von mehr als Fr. 500, oder drei Monaten Gefängniß handelt; b. dem Beklagten, wenn er zu einer höhern Strafe , als Fr. 500, oder drei Monaten Gefängniß verurtheilt wurde.

Art. 30. Die Appellation muß binnen einer peremtorifchen Frist von 30 Tagen, nach Eröffnung oder fchriftlicher Mittheilung des Urtheils, bei dem Präsidenten des Bundesgerichts erklärt werden.

Art. 31. Der Präsident des Bundesgerichtes ladet . die Parteien zur Verhandlung des Rechtefalles vor.

Die Verhandlungen sind mündlich und öffentlich, und jeder Partei sind zwei Vorträge gestattet.

Die Mitglieder der Polizeikammer, welche bei der

54 erstinstanzlichen Beurtheilung mitwirken, sind im Aus.-fiande.

Art. 32. Jn appellabeln Fällen findet ein Kassation:** gesnch nicht abgesondert statt, sondern die dießsälligeR Befchwerden sind auf dem Wege der Appellation geltend zu machen.

Art. 33. Gegen die nicht appellabeln Urtheile der Polizeikammer kann das Rechtsmittel der Kassation ergriffen werden : a. wegen Jnkompetenz der urtheilenden Behörde, uno b. wegen wesentlicher Formfehler.

Art. 34. Das motivirte Kassationsgefuch muß binnen einer peremtorischen Frist von 30 Tagen, von Eröffnung

oder schriftlicher Mittheilung des Urtheils an gerechnet, dem Präsidenten des eidgenössischen ÄassationsgerichteiJ eingereicht werden, welcher dasselbe unter Anberaumung einer peremtorischen Frist der Gegenpartei zur Beante wortung mittheilt.

Art. 35. Das Kassationsgericht urtheilt hieraus, ohne persönlichen Vorstand der Parteien, über das Kassationsgesnch und, im Falle der Kassation, sofort auch in der

Sache selbst.

Art. 36. lieber Prozeßkosten und Ordnungsstrafen ist

der elfte Titel (Art. 183 bis und mit 192) des Bundesgefezes über die Strafrechtépflege (N. off. S. H. 786) maßgebend, mit Ausnahme des Art. 184, Litt. b. Die ©erichtsgebühr beträgt bei der Polizeikammer Fr. 20 bis 40, bei dem Kassationshofe Fr. 30 bis 60, beim Bnndesge-

richte Fr. 50 bis 100.

Art. 37. Die Gefängnißkosten, so wie die Gerichtskosten, welche der Uebertreter nicht bezahlen kann, oder zu welchen er nicht verurtheilt worden ist, werden durch den ·..Bund getragen.

55 Art. 38. Jm Falle der Freisprechung hat das Gericht zugleich das allfällige Entfchädigungsbegehren deö Beklagten durch das Urtheil zu erledigen.

Zu diesem Behuf hat der Beklagte in der Klagebeantwortung die Forderung zu bezeichnen, näher zu begründen und den Beweis anzutreten.

Der Präsident überweist jedoch diese Beweisführung nur dann dem Jnstruktionsverfahren (Art. 23), wenn entweder nach der Aktenlage die Freisprechung wahrscheinlich ist, oder wenn ohnehin ein weiteres Jnstruktionsverfahren stattfindet.

III. .-Vollziehung der ttrtheile. Verschiedene Bestimmungen.

Art. 39. Die der Zollübertretung wegen mit Beschlag belegten Gegenstände sind das bevorzugte Unterpfand des SBundes. Sie hasten zunächst für Buße, Kosten und Schadenersaz vor allen andern Ansprüchen und zwar auch dann, wenn sie das Eigenthum dritter, angeblich bei der Ueberiretung nicht betheiligter Personen sind; den Fall ansgenommen, wo der dritte Eigenthümer nachweisen kann, daß sie ihn gegen seinen Willen und rechtswidriger Weise weggenommen und zur Begehung der Uebertretung benuzt worden sind. Sollten die weggenommenen Gegenstände zur ..Dekung der Buße, der Kosten und des Schadenersazeö nicht hinreichen, so kann auch auf das übrige Vermögen des Uebertreters gegriffen werden.

Art. 40. Die mit Beschlag belegten Gegenstände sind gegen eine zur Dekung der Bußen, Kosten und des Schadenerfazes genügend erachtete Hinterlage oder Bürgschaft freizugeben.

Art. 41. Mehrere Mitschuldige und Gehilfen sind gemeinschaftlich zu einer Geldstrafe zu verfallen ; sie has*

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ten aber solidarisch für dieselbe, so wie für die Kosten uHd den Schadenersaz.

Art. 42. Ueberdieß haften die Ehemänner und Eltern bezüglich einer Zollübertretnng mit ihrem Vermögen, hin* sichtlich der Buße, der Kosten und des Schad.nersazes, für ihre Frauen und minderjährigen Kinder, die bei ihnen wohnen und unter ihrer Gewalt stehen, unter Vorbehalt jedoch des Rükgriffsrechtes gegen die Schuldigen.

Art. 43. Jeder Uebertreter oder Mitschuldige, welcher die Geldbuße, die Kosten und den Schadenersaz nicht innerhalb der Frist von 10 Tagen, von demjenigen seiner Unterziehung oder Verurtheilung an gerechnet, be« zahlt hat, wird von der Zollverwaltung aufgefordert, innerhalb 8 Tagen -.Bezahlung zu leisten.

Die gleiche Aufforderung ergeht gleichzeitig an all-

fällige Bürgen.

Art. 44. Findet die Bezahlung der Buße, der Kosten und des Schadenerfazes nicht binnen der anberaumten Frist statt, so kann die Verwaltung die geleistete Sicherheit in Anspruch nehmen, oder zum Verkaufe der mit Beschlag belegten Gegenstände aus dem Wege einer öffent« lichen Steigerung einschreiten.

Reicht der Erlös der verkauften Gegenstände zur Dekung nicht hin, so ist der Schuldner für den Rest durch den Rechtstrieb zu belangen.

Art. 45. Wenn der Urheber einer Uebertreiung unbeïannt geblieben ist und, nach vorhergegangener öffentlicher Ausfchreibung, Niemand die mit Beschlag belegten Gegenstände, gegen Bezahlung der Buße, der Kosten und des ©chadenersazes, anspricht, so können diese Gegenstände durch die Verwaltung, vierzehn Tage nach ihrer ..-lu..?îchreibung, öffentlich versteigert werden.

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Die Steigerung kann jedoch noch früher angeordnet .tverden, wenn die Gegenstände verderben, oder wenn dfe Unterhaltungskosten zu hoch ansteigen.

Der reine Ertrag des Erlöses wird unter diejenigen, welche ein Recht auf die Geldbuße haben, vertheilt.

Art. 46. Jn so weit die Geldbuße nicht erhaltlich ist, wird sie in Gefangenfchaft verwandelt, und zwar soll je ein Tag Gefangenfchaft Fr. 5 Bnße gleich kommen. Die Dauer diefer Gefangenfchaft darf jedoch ein Jahr nicht überschreiten.

Art. 47. Strasnmwandlungsbegehren sollen dem Pra"sidenten der Polizeikammer überwiesen werden, und dieser ist von sich ans kompetent, das Strafumwandlungsdekret zu erlassen.

Art. 48. Für die Vollziehung der Strafurtheile können die Kantonalbehörden in Anfpruch genommen werden.

Gefängnißstrafe foll entweder in dem Kantone, wo die Uebertretung geschehen ist, oder am Wohnorte des Beklagten vollzogen werden.

Art. 49. Das strafrechtliche Verfahren wegen Uebertretung des Zollgesezes verjährt : a. nach Ablauf eines Jahres, vom Zeitpunkte der Uebertretung an gerechnet, wenn dieselbe nicht entdekt worden ist; b. nach 6 Monaten, von dem Tage an gerechnet, an an welchem das Protokoll ist abgefaßt worden, oeenn

während dieser Frist die Klage nicht gerichtlich ist anhängig gemacht worden.

Art. 50. Das Gesez findet auf alle Fälle Anwendung, welche zur Zeit der Publikation noch nicht bei dem ®e-

richte anhängig gemacht sind.

Art. 51. Durch gegenwärtiges Gefez wird das Gesez, betreffend das Versahren bei Uebertretung fiskalischer und Bandesblatt. Jahrg. VI. Bd. I.

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.polizeilicher Birabesgefeze vom 30. Juni 1849 (N. off.

S. l, 87) außer Wirksamkeit gesezt. Die Untersuchung und Beurtheilung der in lezterem Geseze erwähnten Ueber« tretnngen der Bundesgeseze über das Polt"-, Pulver- und Münzregal, über Maß und Gewicht, sind, von Jnkrasttretung des gegenwärtigen Gesezes an, von den kompetenten Kantonalbehörden nach den materiellen Sirafbesiimmungen der betreffenden Bundesgeseze, und unter den in den Kantonen geltenden Prozeßformen vorzunehmen.

Art. 52. Diefes Gesez tritt sofort in Kraft und des Bundesrath ist mit der Vollziehung desfelben beauftragt,.

Alfo vom Bundesrathe den gesezgebenden Räthen vorzulegen beschlossen, Bern, den 28. Christmonat 1853.

Jm Namen des schweizerischen Bundesrathes., Der Bundespräsident:

N a e s s.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft;.

·schief,».

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Entwurf zu einem Bundesgeseze über das Verfahren bei Zollübertretungen. (Vom Bundesrathe durchberathen am 28. Christmonat 1853.)

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1854

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01

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

04.01.1854

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45-58

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