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SchiDefzerischeê

Jahrgang VI. Band I.

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Samstag, den 4. Februar 1854.

Man abonnirt ausschließlich beim nächst gelegenen Postamt. Preis Pr das Jahr 1854 im ganzen Umfange der Schwei» p o r t o f r e i ·gifn. 4. 40 den.imen. Inserate sind f r a n f i r f an die Expedition «inznfenden. Gebühr 15 OEentimen per Zeile oder deren Raum.

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Die Frage einer R h e i n k o r r e k t i o n und das bei der Eidgenossenschaft eingereichte Gesuch um eine H i l f s s t e u e r , dem Ständerath erstattet von dessen (am 5. August 1853 ernannten) Kommission.

(Vom 21. Januar 1854.)

Die nach der Verfassung von 1848 eingefezt-.-« BeBorden haben sich von ihrer Entstehung mit der Frage der Rheinkorrektion in derselben Weise zu beschäftigen gehabt, wie die Vororte und selbst die Tagsazung früher ·Berathungen darüber gepflogen hatten.

Am 17. Ianuar 1849 beauftragte der Bundesrath, in golge eines Gefuchs des Kleinen Rathes von St. Galleu, die Herren Ingenieure P e f t a l o z z i und L a N i e c a , die Projekte einer Rheinkorrektion im Unterrheinthale zu prüfen, und ihr Urtheil darüber abzugeben, welcher von feenfelben ihnen als der vorzüglichere erschiene, »anfcesblatt. Jahrg. VI. Bd. I. · 28

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Am 25.. Iuni 1849 übermachten diese Experten dent Bundesrathe einen umständlichen Bericht, in welchem sie sich für das Durchstechen eines Kanals in der Richtung von B r u g g nach g u f s a c h ausfprachen und dem Bundesrathe vorschlugen, die Regierung von St. Gallen zu ermächtigen, zum Zweke der Annahme dieses Projektes, unter den gehörigen Bedingungen mit Oesterreich zu unterhandeln. Für den Fall, daß fich der Ausführung des Projektes ,,Brugg-gussach" Hindernisse entgegenstellen würden, beantragten die Experten in zweiter Linie da.| ihrem Plan beigelegte, mit Nr. 2 bezeichnete Projekt.

Auf diefen Bericht, hin ertheilte der Bundesrath der Regierung von St. Gallen die Vollmacht, mit den oster# Teichifchen Behörden in Unterhandlungen zu treten, sniî dem Beifügen, daß er, im Falle einer Verständigung,, nicht ermangeln werde, fich bei den SchlußoerhandlungeK durch einen Spezialbevollmächtigten vertreten zu lassen., Am 15. März 1852 berichtete der Kleine Rath »on St. Gallen dem Bundesrathe über bfflê Ergebnifj der Eröffnungen, die er Oesterreich gemacht hatte. Nur nach wiederholten Verfuchen war es ihm gelungen, eine Antwort zu erhalten, und auch diefe war keine günstige.

Desterreich, das sich vorher so nachdrüflich für eine gründliche Rheinkorrektion bemüht hatte, schien auf einmal darauf verzichten zu wollen. Es entlehnte feine Gründe ans dem geringen Vortheüe, den der Staat ans diesem Unternehmen ziehe, und der mit den unge-heuern Kosten in keinem Verhältnis stehe, und auf frühere Fälle fich stfizend, schien es in die Einwilligung der Schweiz und deren Bereitwilligkeit einen Theil der Kosten zu übernehmen, Zweifel zu fezen. Kurz, es willigte weder- in das eine, noch in das andere Projekt.

Da sich eine eidgenösfische Deputation in Betreff des "·Jiostwesens nach Wien begeben sollte, so stellte der Kleine

327 Rath von St. Gaïïen das Anfuchen, daß diefelbe zu gleicher Zeit beauftragt würde, mit den ofierreichischeit .Behörden über die gegenwärtige Angelegenheit zu unter* landein, und daß fie es sich follte angelegen fein lassen, Bei denselben zu bewirken, daß das Projekt eines Kanals von Brugg nach gussach einem ernsten Studium unter* gegen und überhaupt die Frage der Rheinkotrektion ihrem ganzen Umfange nach wieder aufgenommen würde. Aber es wurde feine ...Deputation nach Wien gefandt, wie mare vermuthete, und folglich auch dem Gesuche St. Gallen.,?

keine weitere Follie gegeben.

Die geringe Berei.ïmlligkeft, welche Oesterreich in der Antwort an St, ©allen an den Tag legt, sich an einer aus« gedehnten Rheinkorrektion zu betheiligen, muf befremden; denn früher fand gerade das Gegentheil statt. Oesterreich drang darauf, während die Verzögerungen »on anderer Seite herrührten. Daraus muß man jedoch nicht fchlicßen,, daß es verlerne Mühe sei, die auf einen Augenblik abge.« brochenen Unterhandlungen mit ihm wieder anzufnüpfeR» Diefe Veränderung läßt sich auf fchr wahrscheinliche Weife srflären, und die von Oesterreich angegebenen Gründe scheinen gerade zu beweifen, daß feine Weigerung nur eine vorübergehende ist, und daß, wenn der Kantost St. Gallen und die Eidgenossenschaft ihren festen Entschluß zeigen, sich an dem Unternehmen, jeder in seinem Wir*5 kungskreife, zu bethätigen, es auch seinerseits Hand dazu bieten werde.

Und in der That hat Oesterreich seit seiner MittheiV lung an St. Gallen den auf seinem Gebiete behufs de.?

Vorstudien des Projekts ,,Brugg-gussach" stattgehabten.

Nivellirungen und Vermessungen keinerlei Hindernisse entgegen gestellt. Diese Nivellirungen waren zur Zeit des Expertenberichts der Herren LaNieea und Peftalozzi noch nicht angestellt worden. Sie wurden es erst neuer«5

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.Dings mit Einwilligung der österreichischen Behörden und, wie wir weiter unten sehen werden, war das ErSebniß dieser Unternehmung ein sehr günstiges.

Bis zu diesem Augenblife hatte selbst die Bundesverfammlung fich mit der Rheinkorrektionsfrage noch nicht zu .befchäftigen gehabt ; aber im Sommer de.3 Iahres 1853 ·wandten fich die St. Gallifchen Gemeinden des Rheinthaïs direkt an dieselbe, um sie dringend um Unterstüzung ·anzusprechen. Sie verlangten, daß mit Oesterreich neuerdings Unterhandlungen angeknüpft würden, um fich mit demselben über einen geeigneten Korrektionsplan zu »erftändigen ; außerdem stellten fie, kraft des Art. 21 der Bundesverfassung, ein Gesuch um eine eidgenösfifche 4?ilfsficuer von einer Million Franken. Sie schilderten mit den lebhaftesten Farben den Nothstand, worin fich .Dieser Theil des Landes befinde und die Unmöglichkeit, aus «igenen Mitteln diesem Ucbel abzuhelfen. Dieses Gesuch wurde dem Bundesrathe zur Prüfung und Berichterfiattung überwiesen.

Bald darauf kamen in Zeit von 14 Tagen, im Laufe fces Monats Iuli, noch zwei große Überschwemmungen linzu, welche die Gegend in Schreken versezten und in einigen Gemeinden eine große Menge Werke, so wie die Aerntehossnung der dortigen Einwohner zerstörten. Ein neues Gesuch wurde an die Bundesverfammlung gerichtet, tvorin um eine ..pilfssteuer »on 40,000 bis 50,000 Fr. gebeten wurde, um die Wiederherstellung der zerstörten ArSeiten \n unterstüzen. Dieses Gesuch wurde in Betrachtung gezogen, und am 5. Oktober faßten beide Räthe einen Befchluß, der auch diesen Gegenstand dem Bundesrathe über»ies, um ihn zu .prüfen und geeignete Vorschläge zu bringen. Außerdem wurde der Bundesrath ermächtigt, im galle dringender Noth, der Regierung von St. Gallen die


Summe von 40,000 bis 50,000 Fr. zu dem angegebe« nen Zweke zu übermachen, unter dem Vorbehalte jedoch., daß wenn später die Entscheidung über die Hauptfrage, d. h. über die eidgenöffische Betätigung, verneinend ausfallen follte, diese Beihilfe als ein der eidgenöffischen Kasse zurük zu erstattender Vorschuß zu betrachten seiUeberdieß wurden in beiden Räthen Kommisfionen ernannt zur Prüfung der Anträge des Bundesrathes.

Nach dem Beschlüsse vom 5. August schrieb der Bun-3 desrath an die Regierung von St. Gallen, um ihr die Vollmachten zu erneuern, womit er fie schon früher behufs der Unterhandlungen mit Oesterreich ausgestattet hatte. Zugleich bedeutete er derselben, daß es wegen der von Oesterreich gemachten Einwendungen nothwendig sei, daß der Große Rath von St. ©allen seine Abficht be# weise, das Unternehmen aus allen Kräften zu unter.» flözen. Dieß war ohnedieß der Bundesversammlung gegenüber nothwendig, wenn der Kanton von ihr eine ·£ilfssteucr erlangen wollte. Der Bundesrath fügte hinzu, daß er die von der Bundesverfammlung votirte Summe ausbezahlen werde, wenn die Regierung von St. Gallen den in dem Befchlnsse ausgesprochenen Vorbehalt annehme, und die Dringlichkeit oder eine dieser Summe angemessene Anroeifung darlege.

Diese Bemerkungen des Bundesrathes waren vollkommen gegründet. Wenn man Oesterreich zur Einwilligung in einen der Rheinkorrektion günstigen Vertrag bestimmen will, so muß man einem Zustande ein Ende machen, bei welchem alle Pläne durch Ohnmacht unte Unthätigkeit der Betheiligten scheitern ; wenn man von der Eidgenossenschast die Unterstüzung erlangen will, die man von ihr angesprochen hat, so muß man ihr eine -befriedigende Organisation bieten und ihr auch beweisen,.,

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baß der Kanton das Unternehmen nach Kräften zu for.bern fich bestrebe.

Die Regierung »on St. Gallen legte Hand ans Werk, um die Mittel zur Ausführung des Unternehmens vorzubereiten. Zu diesem Behufe ließ fie fich von Herrn ..partmann, vormaligem Inspektor der öffentlichen ArSeiten, einen umfassenden Bericht erstatten, und brachte .·Krfchiedene Anträge vor den Großen Rath.

Dieser erließ zuerst ein Gesez über die Rheinkorrek·Hon, nach welchem der Staat dieselbe nicht ganz, son# bern nur ihre Leitung übernimmt. Die Gemeinden, die früher zum Dämmen verpflichtet waren, haben in erster .....inie zu den Korrektionskosten beizutragen, dann die Eigen-humer von Grundstüken, welch' leztere den Einwirkungen des Flusses ausgesezt finte, und denen das Unternehmen nüzlich ist.

Endlich verpflichtet fich auch der Staat zu einem verhältnißmäßigen Beitrage und man drükt die Hoffnung aus, daß fich die Eidgenossenschaft auch ihrerseits nicht weigern werde, das Unternehmen zu unterfiüzen. Dieses ©esez ist sehr furz. Um es zu verstehen, muß man dabei sehr vieles ergänzen, was in dem Berichte des .£errn Hartmann enthalten ist, der gewissermaßen eine Auseinandersezung der Gefezmotive enthält. Alle wet» leren Bestimmungen, die auf die Vollziehung des Gefezes, fo wie auf den Modus der Ausführung des Unternehmens, auf die Leitung und Verwaltung Bezug laben, find späteren Beschlüssen des Großen Rathes .oorbehalten. Man weiß übrigens, daß dieses ©esez auf einen hestigen Widerstand derjenigen Gemeinden stieß, 3>ie fich durch eine seiner Bestimmungen für ungerecht Mästet hielten.

Der Große Rath von St. Gallen erließ auch ein

331 .Dekret über die Vertheilung der von der Bundesöerfammlung bewilligten Hilfssteuer.

Den unter Vorbehalt zugejïcherten Fr. 50,000 fügte «r auf die Kantonalkasse neue Fr. 50,000 für die Sahre 1854 und 1855 hinzu. Er befchloß, daß diese Summen nur auf folche Arbeiten zu verwenden seien, isie denPlänen entsprechend an den bedrohtesten Sîellen öder an solchen ausgeführt werden, die der Ausbesserung «m meisten bedürfen, und da§ die Ausführung der ArSeiten durch den Staat geschehen folle. Der Kleine Rath erhielt den Auftrag, die Hilfsgelder vorzugsweise unter diejenigen Gemeinden zu vertheilen, welche durch die lezten Überschwemmungen gelitten hatten und wo Repaïationen dringend nothwendig waren. Aber jede zu dem ©enusse der Unterstüzungsgelder zugelussene Gemeinde follie gehalten fein, wenigstens das Doppelte des ihr ·pfommenden Antheils auf das Ausbessern und Aufführen von ..Dammwerken innerhalb ihres Gebietes zu verwenden.

Mit Schreiben vom 28. November 1853 übersandte der Kleine Rath des Kantons St. ©allen diese Aktenftüke dem -..Bundeerathe, indem er ihn hinsichtlich des ersten Punktes ersuchte, solche Anträge vor die BundesVersammlung zu bringen, die geeignet wären, die Ausführung des Unternehmens zu fördern. Was den zweiten Punkt anbelangt, so glaubte der Kleine Rath von St.

Gallen, den Bedingungen des Beschlusses vom 5. August Genüge geleistet zu haben, und ersuchte den Bundesrath um die Auszahlung der gr. 50,000, in dem von der Bundesversammlung dieser Allokation beigelegten Sinne.

Er erklärte sich überdieß ausdrüklich bereit, den VcrbelaU der Rükzahlung dieser Summe für den Fall, daß der Hauptentfcheio verneinend ausfallen follte, anzu·nehmen. In demselben Schreiben fügte er in Betreff det

332 Unterhandlungsvollmachten, die ihm am 31. Oktober 184.9 ausgestellt und am 16. August 1852 erneuert worden find, hinzu, daß er nicht geglaubt habe, Gebrauch davon machen zu sollen, um die Unterhandlungen über die Hauptsrage wieder anzuknüpfen, da der Augenblik ihm dazu nicht günstig geschienen habe. Er habe sich deßhalb mit der Hossnnng auf die Zukunft begnügt, jedoch seine Ver« bindnngen mit den benachbarten Beamten fortwährend unterhalten; auch sei ihm von denselben die verlangte Vollmacht zur Aufnahme der Vorstudien für das Projekt eines Kanals von B r u g g nach Fussach auf öfter« reichifchem Gebiete gewährt worden. Zu gleicher Zeit brachte er die Frage in Anregung, ob es nicht geeignet wäre, wenn der Bundesrath, irgend einen günstigen Zeitpunkt benuzend, in Znfunft die Unterhandlungen selbst leiten würde.

In Folge dieser Mittheilungen hat der Bundesratl) am 12. Dezember 1853 die Auszahlung des Maximum..!

der durch den Beschluß vom 5. August bewilligten Summe » erfügt.

Die Kommission ist der Anficht, der Bundesrath habe den Absichten der Bundesversammlung gemäß gehandelt..

Die Kommission hat fich überzeugt, daß die durch die leäteit lieber schwemmungen angerichteten Verheerungen sehr be* deutend gnr>escn sind und demnach die Bedingung der D r i n g l i c h k e i t , welche die Bundesvetsammlung festsczte,, unstreitig vorhanden war. Das von dem Großen Rathe von St. ©allen eingeschlagene Vcrthcilungssystcm, nebft Den Hilfsgeldern, die er auf die (..cta.-.t.?fasse angcwicseti hat, konnten den Bundesrath nur bestimmen, dem Be# schlusse vom 5. August Folge zu geben. Und da endlich -die Regierung von St. Gallen die Verpflichtung jut .eventuellen Rükzah.lung ausdrüklich anerkannt hat, f®.

*

333 war kein Grund vorhanden, die verlangte Summe nicht verabfolgen zu lassen.

Die Kommission wird deßhalb nicht länger bei diefem Punkte verweilen, der als erledigt angesehen werden kann, es müßte denn der Entscheid über die Hauptfrage verneinend ausfallen, d. h. die Bundesversammlung müßte fich nicht veranlaßt finden, eine Beistener zu bewilligen, um das Unternehmen der Rheinforrektion zu erleichtern. Diese Frage näher zu untersuchen/ ist nun unfere Aufgabe.

Der Bundesrath, dazu berufen, fich zuerst hierüber auszufprechen, beschränkt fich in seinem Berichte auf allgemeine Bemerkungen und beantragt: die E i d g e n o f f e n s c h a f t m ö g e fich b e r e i t e r k l ä r e n , d a s W e r k 1 der R h e i n k o r r e k t i o n , in Gemäßheit des Art i k e l s 21 der B u n d e s v e r f a s s u n g , zu u n t e r s t ü z e n , sich j e d o c h w e i t e r e V o r s c h l ä g e v o r b e haltend, um das Maß der zu bewilligenden B e i t r ä g e zu bestimmen.

Da die Thatsachen, welche diese Frage beleuchten können, in einer Masse von umfangreichen Dokumenten uno Aktenftüken enthalten find, ans denen es den Mitgliedern der Verfammlnng unmöglich ist, zu fchöpfen, und da, wie gcfagt, der Bericht des Bundesrathes der nähern Nachweifungen entbehrt, so sieht fich die Kom-

miffion in die Unmöglichkeit versezt, fich fo kurz zu faffen, als sie es gewünscht hätte. Wenn deßhalb ihre Arbeit die Grannen eines gewöhnlichen Berichtes überfchreitet, so bittet fie die Serfammlnng zum Voraus um Entschuldigung. Im Uebrigen handelt es fich hier um ...thalsachen, die im Allgemeinen wenig bekannt find, und so werden vielleicht die näheren Aufschlüsse, welche die: Kommission mittheilen wird, nicht ganz ohne Interesse fein..

334 1. Jst es rathsant, daß die Eidgenossenschaft die Bahn der Anwendung des Artikels 21 der Bundesoerfassung betritt?

Die Petition der St. Gallischen Gemeinden enthält jwei Gesuche; erstens, daß mit Oesterreich Unterhandjungen angeknüpft werden möchten, um sich über eine zwekgemäße Korrektion des Rheinbettes zu verständigen, und dann, daß zur Beförderung diefcs Unternehmens eine Hilfssteuer von einer Million Franken auf die eidgenöffifche Staatsfasse möge angewiesen werden.

Das erste dieser Gesuche hat bereits in obiger Darflellung seine theilweise Beantwortung gesunden.

In der That haben wir fchon oben gesehen, daß sich die Regierung von St. Gallen im Befize von Vollmachten zum Unterhandeln besand und daß sie nur den günstigen Zeitpunkt abwartete, Gebrauch davon zu machen. Man könnte vielleicht fragen, wie es die Regierung von St. Gallen wirklich gethan hat, ob es nicht geeigneter wäre, die Bundeereajerung würde im Namen der Eidgenossenschaft die Unterhandlungen felbst anknüpfen und fortführen ; aber es ist dieß nichts als eine Formund Konvenienzfrage, welche die Kommission gerne bei Seite läßt, da sie überzeugt ist, daß diejenigen, welche berufen find, in dieser Angelegenheit zu handeln, dasjenige Verfahren einschlagen werden, welches am besten

zum Ziele führt, und die zugleich den günstigen Zeit-Punkt zu benuzen wissen werden.

Im Uebrigen versteht es fich von selbst, daß in dieser ihrer Natur nach internationalen Angelegenheit keine Uebereinkunft getroffen werden kann, ohne daß die -..Buncesregicrung ins Mittel tritt; und fie müßte dieß

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felbst dann .hun, wenn von gar keiner Hflfsfteuer die Siede wäre. Aber die Befchlüsse, welche die Kommission ·p beantragen die Ehre hat, umfassen auch die Frage ier Unterhandlungen, und dieses erste Gesuch der Bittfrîler wird dort eine befriedigende Löfung finden.

Das zweite, eine Hilfsfteuer beschlagende Gesuch ifl allein von wahrer Wichtigkeit.

Dieses Gesuch stüzt sich auf den Artikel 21, Alinea 1 .der Bundesverfassung, der die Bestimmung enthält, d a ß .Die C i d g e n o s f e n f c h a f t ö f f e n t l i c h e W e r k e , w e l c h e bas Interesse der Schweiz o d e r eines b e t r ä c h t lichen T h e i l e s d e s S a n d e s b e t r e f f e n , a u f i h r e Kosten a n o r d n e n o d e r d u r c h S u b f i d i e n e r m u thigen kann.

Diefer Artikel stellt einen von nun an unbestrdtbaren ©rundsaz auf, nämlich den der eidgenössischen Einmischung In solche Unternehmungen, denen ihre Wichtigkeit einen .nationalen Charakter verleiht. Aber er läßt der Eidge* nossenfchaft die Wahl, sich einzumifchen oder nicht; hinItchtlich der Geltendmachung des Grundfazes steht ihr vollkommene Freiheit zu.

Bis jezt ist von dem durch den Art. 21, Alinea 1 der Verfassung eingeräumten Rechte noch kein Gebrauch gemacht worden. Deßhalb ist es von Wichtigkeit, bevor man die neue ..Bahn betritt, sie wol ins Auge zu fassen und die Konsequenzen, zu denen der erste Schritt auf .derselben führen könnte, wol zu erwägen.

Weil nun der Art. 21, Alinea 1 der Verfassung, .Den Grundfaz aufstellt, daß die Eidgenossenschaft befugt fei, durch Geldbeiträge öffentliche Werke, die das Interesse der Schweiz oder eines Theils ihres Gebiete.....

feerühren, zu befördern, fo ist vor Allem die grafie

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ju beantworten, ob es rathfam sei, daß die eidgenösfischerc Räthe jezt von dem ihnen zustehenden Rechte Gebraua) ·machen ?

Es lassen fich keine Gründe denken, die der Bejahung dieser Frage im Wege stehen, vorausgesezt nämlich, dap sich die eidgenösfische Einmischung innerhalb der richtigere Gränzen halte und das Maß der Hilfsquellen nicht über* schreite, die der Eidgenossenfchaft zur Verfügung stehen.

Keine Zeit ist für große Unternehmungen im allge*' meinen Nationalinteresse günstiger gewesen, als es die unsrige ist. Von allen Seiten spricht fich die öffent* liche Meinung dafür aus. Der Friede und die Ruhe,, deren fich unser Land erfreut, rufen die disponiblen Kräfte nach dieser Richtung hin. Die Einführung der Eisenbahnen gibt dem Gswerbsfleiße neue Nahrung, und man denkt gegenwärtig auf Mittel, dem Boden größere Fruchtbarkeit zu geben. Wenn fich nun in einte gen Gegenden der Schweiz reiche Duellen des Wohlstandes vorfinden, warum sollte man diefelben, selbst mit einigen Opfern für die öffentlichen Kassen, nicht benuzeit wollen? Und wenn wir im Schoße unsers Vaterlandes Arbeitswerkzeuge und Produktionsmittel befizen, die bi$ jezt wenig oder gar nicht gebraucht worden find, warum sollte man nicht suchen, aus ihnen Nuzen zu ziehen?

Erstlich würde das Land im Allgemeinen dabei gewinnen,, und dann würde man darin einen Nahrungsquell für eine Menge Staatsbürger finden, die in fernen Länder»..

die Eristenzmittel suchen, deren fie hier zu entbehren glauben.

Wir fügen ferner bei, daß die Hilfsquellen der Eidgenossenschaft es ihr erlauben, große gemeinnüzige Unternehmungen nachdrüklich zu untcrstüzen. Nach dm.

·e 33T

fiezten Berechnungen über den Stand der eidgenössischen Finanzen find die Einnahmen auf Fr. 2,922,000 und bie Ausgaben auf Fr. 1,800,000 angeschlagen worden.

s ergibt fich also ein Uebcrfchuß der Einnahmen von gr. 1,100,000 und eine Verminderung desfelben ließe fich 3iur in Folge »on außerordentlichen Ereignissen denken, Ine eine Störung in dem eidgenöffifchen Haushalte verurfachte, oder ungewöhnlich große Ausgaben veranlaßte.

-Aber wenn man fich von dergleichen Befürchtigungen -soollte abschreken lassen, so wäre es in einem Staate ·sie möglich, etwas Großes und Nüzliches zu unter* nehmen.

Wir halten demnach dafür, daß ihre Hilfsquellen es î>er Eidgenossenfchaft gestatten, eine vernünftige Anwen# .Dung des Art. 21, Alinea 1 der Verfassung zu machen, 3>hne dadurch ihre finanzielle Lage zu gefährden, ohne Anderem zu schaden, oder die Befriedigung irgend eines anderen Bedürfnisses dadurch zu präjudiziren.

Man wird ohne Zweifel einwenden, daß hiedurch eine gefährliche Bahn eröffnet werde, deren Tragweite .nicht zu ermessen sei, weil fie eine Masse von Gesuchen siach fich ziehen werde und weil, nachdem man ein folches bewilligt hat, es nicht mehr möglich fei, die ·übrigen zurük zu weifen.

Es ist wahrfcheinlich, daß von verfchiedenen Seiten -1er Gesuche um Unterstüzungsgelder an die Bundes* legierung eingehen werden; allein man kann fchon jezt .wissen, welches die Unternehmungen find, die mit mehr .oder minderem Rechte ».erlangen können, als Nationalunternehmen angesehen und zum Genusse des Art. 21 .»er Verfassung zugelassen zu werden ; und ihre Zahl est bis jezt nicht fehr beträchtlich. Ueberdieß geht die .gidgenossenschaft dadurch, daß fie auf e i u e n gatt

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den Artikel 21 der Verfassung anwendet, keineswegs die Verpflichtung ein, alle Gefuche dieser Art, die künftig an fie gerichtet werden könnten, zu bewilligen, und zwar gleichzeitig. Bei jedem dieser Gesuche wird zu unter.« suchen sein, ob sie nationale Unternehmungen betreffen, deren Verwirklichung als sehr wünschenswerth erscheint; ob fie wegen ihrem Belange die Hilfsquellen der Kantone überfchreiten, oder wenigstens der Art find, dap Ite eine eidgenössische Einmischung nothwendig erfordern«.

Kurz, wenn man in einem galle eine richtige An# wendung des Art. 21, Alinea 1 eintreten läßt, fo bindet man sich nicht für die Zukunft und verpflichtet fich nicht, davon einen Gebrauch zu machen, der nicht mehr möglich und vernünftig wäre.

Wir wenden uns nun zur Unterfuchung der Frage, ob, bei der Bereitwilligkeit der Eidgenossenschaft, von dem ihr im Art. 21 Alinea 1 eingeräumten Rechte Ge* brauch zu machen, die Rheinforreîtion eine Angelegenheit fei, die verdiene, daß man für fie mit Recht die Wohl.hat des Artikels 21 anspreche.

II. Jst die ...raheinkotrektion ein .Unternehmet.!, das verdient, daß dasSt eine Hilssstenee ans der eidgenössischen &affe bchnfligt werde?

Wir haben es für angemessen gehalten, zuerst die gegenwärtige Lage der Dinge, woraus die Nothwen--digkeit der projektirten Korrektion hervorgehen soll, und dann die verschiedenen, für die Korrektion vorge.» fchlagenen Projekte aus einander zu sezen, nach denen

339 man auf die Größe der Opfer schließen kann, die man zu diefem Zweke wird bringen müssen.

«l.

.4Vu/iand der ©eg-rnd de0 Bheiuthats in folgt (ßtuunrhunjj des tlhctna.

der

Bei feinem Heraustreten aus den tiefen Thälern des Kantons Graubünden fließt der Rhein längs des Gebietes des Kantons St. Gatten hin, bis zum Bodensee. Er bildet die Gränze zwischen der Schweiz und den angränzenden Staaten. Seine Länge von der Gränze Granbündens bis zum Bodenfee beträgt 250,000 Schwel* zerfuß oder 15 Stunden und 10,000 guß. Sein linkes Ufer wird auf diefer ganzen Streke vom St. Gallifchen Gebiete gebildet; auf dem rechten Ufer finden wir den Kanton Granbünden auf einer Streke von 30,800 Fuß, ferner das Fürftenthum Lichtenftein auf einer Streke von 95,200 Fuß, und endlich Oesterreich mit einem Ufergebiete von 124,000 Fuß.

Vier St. Gallifche Bezirke, nämlich: Sargans, Werdenberg, Oberrheinthalund Unterrheinthaï

gränzen an den Rhein. Die Schnelligkeit des Rheins

ist groß, aber ungleich auf den verfchiedenen funkten seines Laufes. Sein ganzer Fall beträgt von der Gränze Graubündens bis zum Bodenfee 304 Fuß; und während er im Bezirke Sargans beinahe 3 Fuß auf tau# send beträgt, so sinkt er nahe bei der Mündung de.?

Flusses auf nicht viel über einen guß auf tausend herab.

Sodann ist die Schnelligkeit des Laufes sehr ungleich vertheilt. Auf wahre Wasserfälle, die im Stande find, die schwersten Massen mit fich fortzureißen, fieht matt weite Ebenen folgen, wo das Wasser beinahe stille fleht.

340 Die Breite des Flusses ist sehr verschieden; fie ist unendlich größer als fie zu sein brauchte, um dessen Wasser zu fassen. Ein Bett von 400 Fuß Breite würde dem Flusse genügen, während das feine an manchen

Stellen über 2000 Fuß mißt. Im Bezirk Sargans

beträgt das M-arimum der Breite 2100 Fuß, in Werdenberg 2260, im Oberrheinthal 1100 und im Unterrheinthal 1500 Fuß. Diese übermäßige Breite des Rheins ist eine der Hanpturfachen an den Calamitäten, womit er die Gegend heimsucht. Dieselben auf ihre richtigen Verhältnisse zurüfzuführen, ist das Ziel, das man zu erreichen sucht.

Hiezu kommt noch der Umstand, daß auf der größten Streke feines Laufes die Ufer des Flusses von angeschwemmtcm Erdreiche und aufgehäuften Steinen gebildet werden, die dem gewaltigen Andrange des Waffers keinen Widerstand leisten; woher es denn auch kommt, baß man von jeher auf Mittel bedacht fein mußte, das Ufer auf künstliche Weise zu befestigen, geeignet, den Lauf des Flusses bleibend zu bestimmen und die angränzenden Sändereien ficher zu stellen.

Aber man blieb dabei nicht stehen. Man errichtete auch noch in einer gewissen Entfernung vom Ufer Dämme oder arrière-bords, die eine Erhöhung des Flußbettes bewirkt haben, während die Höhe der Thalfläche fich

gleich blieb.

Die zu große Breite des Flusses macht, daß derselbe, da er seine Kräfte über eine zu große Ausdehnung ver* theilt und auf taufenderlei Art, je nach den Zufälligkeiten, auf die er stößt, die Richtung feines Laufes ändert, sämmtliche Massen nicht mehr fortzuführen vermag.

Daher fejt er sie an verfchiedenen Orten ab, und ar·bettet auf diese Weise selbst an der allmäligen Erhöhung

341 feines Bettes. Die Dämme bewirken, daß der Fluß aus sich selbst zurüfgedrängt und gezwungen wird, die Last, die er sonst in der Ebene absezen würde, zu seiner Erhöhung zu verwenden.

Aus dem Unterschiede der Höhe zwischen dem Fluß....ette und dem Boden des Thaies entspringen alle Uebel, an denen die Gegend leidet. "Er erzeugt besonders dann unberechenbares Unheil, wenn nach einem aufjerordentlichen Anschwellen der Gewässer irgendwo ein Dammbruch stattfindet.

Die allrnälige Erhöhung des Rheinbettes ist eine un* bestreitbare Thatsache, die fich sogar messen läßt. Dieselbe Erscheinung zeigt fich bei den meisten Flüssen und Strömen, besonders bei denen, die in Gebirgen entspringen und eine Masse von Steinen und Schlamm mit fich führen.

Nun find aber diese vom Rhein« fortgeführten Massen beträchtlich, und fogar fortwährend im Wachsen begriffen. Wirklich scheint es, daß seit einer gewissen Anzahl von Iahren die Verwitterung der Gebirge mit reißender Schnelligkeit »or fich gegangen ist. Daher kommt es, daß die Masse von D é t r i t u s , die fich in das Bett des Flusses stürzt, beträchtlicher ist als srüher, indem fie nichts mehr abhält. Eben so verhält es fich mit der Masse der ©ewässer, fie mögen vom Regen oder vom Schmelzen des Schnees herrühren. Das plözliche Anschwellen des Rheins ist auch jezt, nach der Behauplung der Beobachter und Sachverständigen, häufiger, schneller und bedeutender, indem es nur eines leichten Regens bedarf, der auf den nakten Felsen fällt und fich in den Fluß ergießt, um ein beträchtliches Wachsen zu verurfachen. Die losgerissenen Steine, die durch die Einwirkung der Luft, der Feuchtigkeit und der Kälte ·.Brad..«blatt. Jahrg. VI. <8d. I.

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342 losgetrennten Felsschichten werden alsdann in den Flu§ .hineingezogen, der sie weiter sührt, um sie endlich da abzusezen, wo die Gewalt des Wassers nicht mehr genügt, ihrer Schwere das Gegengewicht zu halten. Da& geschieht meist an den Stellen, wo der Rhein eine zu große Breite hat, weil der über eine weite Fläche fich verbreitende Fluß an Tiefe und an Kraft verliert. Dort häufen fich alsdann bedeutende Massen, wahre Steinbänke an, die den Lauf des Flusses hemmen, sobald die Wasser gefallen find, und die ihm manchmal eine ganz andere Richtung geben. 3..äglich kommen neue ..Kassen hinzu, aber nie gehen folche ab. Bei seiner Ausmündung führt der Rhein nur noch Sand und kleinen Kies mit fich; was unbequem und fchwer war, hat er unterraegs abgesezt.

Daraus folgt nothwendig, daß fich das Bett des Flusses immer höher legt, und dieß führt die weitere Nothwendigfeit mit fich, die Ufer fortwährend mehr zw.

befestigen, fie zu erhöhen und immer dauerhafter zumachen.

Wenn vor der Errichtung der Dämme (arrière-bords) der gluß fich über die Ebene verbreitete, fezte er daselbst den Schlamm und was er sonst mit fich führte, ab und erhielt dadurch das anstoßende Land auf derselben Höhe, wie die feinige ; zugleich vermehrte er dessen Fruchtbarkeit, indem er die Bodenfchichte erneuerte und diker machte.

Aber feit einigen Iahrzehenten hat man längs des Flusses Dämme aufgeführt, um die Ebene gegen die Ueberfchwemjnungen zu fchüzen. Diese Dämme, die Anfangs von geringer Höhe waren, find jezt weit höher und man ist genöthigt, diefelben jedes Iahr mehr zu erhöhen. Ihre ..pöhe übersteigt gegenwärtig um mehr als 9 Fuß die, .welche fie vor 80 Iahren hatten.

343 Die bedeutendsten Dammerhöhungen haben in den Bezirken Sargans und Werdenberg stattgefunden, weiï dort der Fluß am, meisten Materialien absezt. Er hat |te meist wieder abgelegt und sich wenigstens der schwersten entledigt, wann er in den Bezirken Ober- und Unterrheinthal ankommt; auch ist hier die Erhöhung des Bettee unmerklicher, und daher kommt es auch, daß man da* selbst nicht so oft an der Erhöhung der Dämme zu ar.« beiten braucht. Aber der Rhein bietet hier andere Schwierigkeiten dar. Er beschreibt ungeheuere Krüminungen, derrn Korultion mit zu dm Hawptzweïen de.?

Unternehmens gehört.

Die golgfn der Erhöhung des glußbettes haben sich, wie man versichert, schon bemerklich gemacht an den Straßen, die an manchen Stellen bisweilen den Zerstörungen des Wassers ausgesezt find, was früher nicht der gall war.

Diese Erhöhung ist die Ursache von großen Unfällen, wenn der g!uß die Hindernisse, die man ihm entgegenstellt,, durchbrechend, sich mit Ungestüm über die benachbarte Ebe« verbreitet, und erst mehrere Stunden unterhalb der Stelle, wo er eingebrochen ist, in sein Bett zurükkehrrn kann.

Endlich zieht sie inancherld beklagenswerthe Folgeit für den Akerbau nach sich, die wir ansuhren müssen.

Das unaufhörliche Durchfikera des Wassers dur(.lj die dasselbe einfassenden Wände hat zur Folge,, daß da$ Wasser endlich in die Ebene sich ergießt, wodurch der Boden immer unfruchtbarer wird. Die Urkunden be«5 weifen, daß in den Gegenden von Sevelen, Sennwald,, ·Dberriet, Montlingen, Diepoldsau je. die ©rundstüke, die vor noch nicht vielen Iahren fruchtbar waren, fumpfig und ungesund geworden find, und der Beobachter kann sich heute davon überzeugen, daß schöne Ebenen dem

344 Akerbau fast gänzlich entzogen find. Es ist unmöglich, darin die Einwirkung des Flusses nicht zu erkennen.

Da fein Bett höher ist als das umliegende Land, so .hat fich das Wasser mittels seiner Schwere durch so entfernte Schichten einen Weg gebahnt, und sucht seine frühere Hohe wieder zu erreichen. Und je mehr die Höhe der Gewässer, die dieses Durchfikern verursacht, steigt, desto weiter erstreken und verbreiten sich auch ihre beklagenswerthen Wirkungen. Ferner bilden die Gewässer da, »o fie tiefer liegenden Boden antreffen, große Pfüzen und bleiben dafelbst kürzere oder längere Zeit stehen.

Aber es entsteht auch noch eine andere Naturerscheinung. Durch das immerwährende Durchfikern an ge# wissen Stellen bildet fich das Wasser zulezt einen blei* benden Durchgang. Dießgefchieht da, wo es Spalten oder einen Boden von geringer Deftigkeit antrifft, in Folge einer zufälligen Anhäufung von Steinen u. dgl., oder an Orten, wo früher ein Arm des Flusses durchführte, oder das Wasser durchgebrochen war. Alsdann bilden

sich wirkliche Bäche (Gießen), die plözlich aus der Erde empor fprudeln und fich hinter den Dämmen verbreiten.

·Einige find mächtig genug, um Wasserwerke in Bewegung zu sezen. Ihre Anzahl scheint im Steigen begriffen zu fein, nach den Berichten des Herrn H a r t m a n n , der ihrer auf dem linken Ufer gegenwärtig mehr als 200 zählt, während man vom Iahr 1780 bis 1796 nur «in Duzend kannte.

Endlich bringt die außerordentliche Höhe des glu§* i&ettes noch eine andere Wirkung hervor. Die kleineren .Wasserstrome, die in den benachbarten Bergen entsprin«.

gen und fich in den Rhein ergießen müssen, können nur mit großer Mühe dazu gelangen. Sie sind wie auf fich felbst zurükgedrängt und man ist genöthigt, fie einzu-

345 dämmen und ihnen auf einem längeren Wege, als dein natürlichen, einen Ausfluß in den Rhein zu verfchaffen.

Das find die Hauptwirkungen der zunehmenden Hohe

des Rheinbettes.

Man hat diesen Gegenstand einem ganz besonderen Studium zu Grunde gelegt und einen vollständigen geometrifchen Plan des glusses entworfen.

Auf der ganzen Streke find in einer Entfernung von 2000 Schritten Eksteine gefezt worden. Die Seitenprofile wurden auf der ganzen Länge aufgenommen, und man erkennt genau, in welchemVerhältnisse die Höhe desglusses zu der des umliegenden Bodens steht. Der Bericht des Herrn Ingenieur P est a l o z zi enthält hierüber vollständige Tabellen. Man sieht darin unter Anderm, daß in dem

Bezirk Sargans der 1000 bis 6000 Fuß von den Däm* men entfernte Grund und Boden des Thales 6 bis 16 Sul? tiefer liegt, als der obere Kranz der Dämme» Und da die hohen Wasser felten mehr als zwei Fuß unter der äußersten Hohe der Dämme stehen, so kann man daraus auf die Wassermasse fchließen, die durch das Einfikern in den Boden dringen muß.

Der Bezirk Werdenberg, wo der Boden von jeher gut angebaut wurde, und wo sich deßhalb feine Verschlechterung desto fühlbarer machen würde, ist nicht we« niger bedroht.

Die Profile des Planes liefern folgende Refnltate: Beim mittleren Wasserstande erreichen die Gewässer schon die Höhe der Straße und bedeken den Boden des Thales von l Fuß 2 Zoll bis zu 5 Fuß 2 Zoll, lind wenn man annimmt, daß bei einem etwas bedeutenden -Anwachse des Wassers dasfelbe bis auf zwei Fup der Dammkrone ansteige, was durchaus nicht gegen die Wahrscheinlichkeit ist, so würde man folgendes Re*

346 fultat erhalten: An 23 Stellen, auf einer Länge von 46,000 Fuß, würde der Wasserspiegel von 9 Fuß 7 Zoll bis zu 13 oder 14 Fuß höher liegen, als der ...vhalboden, und zwar in einer Breite von 330O bis 6000 guß. Ein so großer Unterschied sezt in Erstaunen ; aber die Zahlen find da, man kann nicht daran zweifeln. Man begreift die traurigen Wirkungen, die diefer Zustand der Dinge auf den Boden äußern rnuf, und das Unglük, welches der Bruch eines Dammes anrichten kann. Auch ist es diese Gegend, die der Schauplaj der lezten Ueberschwemmungen gewesen ist, und etjl mehrere Stunden unterhalb der Stelle, wo fie ausgebrochen find, haben die Wasser in das Bett des Flusses wieder zurüffehren können.

In dem Bezirk Oberrheinthal begegnet «an denselben Erscheinungen. Im Profil 83 ist der Boden des Tha* les, in einer Entfernung von einer Viertelstunde, 13 Fuß tiefer als der Damm ; auf eine halbe Stunde beträgt der Höhenstand des Wassers noch 8 Fuß. Erst in einer Eni* fernung von 3A Stunden stehet der Boden mit'der äußersten Dammhöhe auf gleicher Linie. Es geht aus den Berichten der Sachverständigen hervor, daß fia) der ..Boden in diesem Bezirïe seit einer gewissen Anzahl von Iahren merklich verschlechtert hat. Baubares Sand, das zu den Gemeinden Oberriet, Montlingen und Krie* sern gehört, und das den Bürgern zur Benuzung gegeben worden war, bringt nur noch Sumpfpflanzen hervor; sogar die Bäume verschwinden. Beständig ist man

genöthigt, die Dämme zu erhöhen.

In dem Bezirk Unterrheinthal find die Dammwerke weniger beträchtlich. Die Erhöhung des Flußbettes ist daselbst nicht so bedeutend, weil der Fluß meist nur noch Sand und Kies mit sich führt, da er seine grobe Ladung.

347 fchon früher abgesezt hat. Das Thal ist darum nicht weniger bedroht ; es ist niedrig und deßhulb der Einîvirkung des Flusses und den Ueberschwemrnungen ausKefezt. Viele unbedeutendere Strome begegnen sich hier, ferner beschreibt der gluß, anstatt in gerader Richtung dem See zuzufließen, ungeheure Krümmungen, die seinen Sauf um das Doppelte verlängern und um eben so viel feine Schnelligkeit vermindern. Endlich sezt der See selbst dem Abflüsse der Wasser Hindernisse entgegen.

Das find große Unöollkommenheiten, die die Sachverständigen sehr beschäftigt haben. Sie zu beseitigen dadurch, daß man dem Rhein einen freien Lauf bahnt, der. dessen Länge verkürzt .und die Schnelligkeit vermehrt, das ist die Aufgabe, die sich die Ingenieure gestellt haben und die sie als die Grundbedingung jeder u,uten Korrektion dieses Flusses erkannt haben.

2. Jl.ex für da» UStnintn üts Bheiuo btobafytttt ilfoduo.

Die Verpflichtung zum Dämmen des Rheins liegt gegenwärtig nicht dem Staate, fondern den angränzeni>m Gemeinden ob. Es scheint, daß vor alten Zeiten einige Gemeinden, die dem Flußbette am nächsten wohnten, gegen eine Abtretung von ©rund und Boden die eusfchließliche Verpflichtung zum Dämmen übernommen haben.

Sie konnten damals keinen üblen Vertrag abgefchlossen laben; aber heut zu Tage ist es ihnen unmöglich, dem llmfange der täglich zunehmenden Bedürfnisse gehörig zu entsprechen.

Ursprünglich geschahen die Dammarbeiten planlos und ohne Einverständnis der Betheiligten. Iebe Kor.poration suchte vor Allem sich selbst beßtens zu schüzen, (elbst zum Nachtheil der anderen. Die oberen Gemein-toen kümmerten sich wenig um den Schaden, den fie den

348 übrigen zufügen konnten. Die beiden Ufer lagen in ewigem Streite, indem sie fich gegenfgitig den Fluß zuzuweisen oder ihm Land abzugewinnen suchten. Der Staat fah endlich ein, daß er diesem Unwesen ein Ziel sezen müsse, und er errichtete für diefe Arbeiten eine leitende und Aufficht haltende Behörde. Von dieser Zeit an besichtigte jährlich ein Auffeher die Dämme gemeinfchaftlich mit den Vorgesezt:n des jenseitigen Ufers. Die Streitigkeiten, die früher ans den für die Gegenpartei nachtheiligen Arbeiten entstanden waren, hörten auf.

Es war dieß der erste Schritt, nach welchem man ein Korrektionesystem annahm, und jedes Iahr den Ge# meinden die Arbeiten vorschrieb, die sie auszuführen hatten.

Diefe -.Besichtigungen finden jezt auf diefem Fuße statt.

Die Abgeordneten der Gemeinden werden dazu eingeladen. Die Kommission hört fie an, gibt ihnen die nöthigen Weisungen und bezeichnet in Protokollen, die von den Anwesenden unterschrieben werden, die auszuführenden Arbeiten.

Auf dem österreichischen Ufer fallen die Dämme dem Staate zur Saft, der fie unterhält und auf seine Kosten die nöthigen Bauten unternimmt; die betheilig/ ten Gemeinden und .partikularen liefern nur unbedeu« tende Beiträge. Auch ficht man bei den Inspektionen die österreichischen Gemeinden mit einander wetteifern, Arbeiten zu verlangen, Mangclhaftigkeiten der bereits be# fiehrnden zu bezeichnen und auf deren Verbesserung zu drin» gen. In den St. ©attischen Gemeinden finden wir dagegen gerade das ©egentheil. Die angeordneten Arbeiten werden nicht unternonirnen, oder nur zur Hälfte und unvollständig .ausgeführt. Weit entfernt, neue zu verlangen, widersezra fich die Abgeordneten der Gemeinden deren Anordnung

349 aus allen Kräften. Es ist dieß böfer Wille, der ohne Zweifel in der Ohnmacht und der alle Gränzen übersteigenden Entmnthigung feinen Grund hat. Es ist unmöglich, daß auf diese Weise etwas Tüchtigee zu Stande komme. Darum muß man sich nicht länger darüber wundern, daß das linke Rheinufer mit den auf dem österreichifchen Ufer ausgeführten Arbeiten keine Vergleichung auszuhalten vermag.

In den Bezirken Werdenberg und Sargans ist die Lage der Dinge fast diefelbe. Jedoch sind die Gîmeinden daselbst wohlhabender, und da die des gegenüber liegenden Ufers keine bessere Organisation haben, so ist man nicht im -.jalle, eine unbeliebige Vergleichung anzustellen.

Außer den Injektionen kommt der Staat den Gemeinden auf eine wirksamere Weife zu Hilfe. Seit 12 Iahren hat er Geldbeiträge bewilligt, die sich jähr* lich auf eine Auegabe von 4500 bis 5000 granfen belaufen können.

Diese Summe wird unter die ärmsten Gemeinden vertheilt, und die sich am meisten beflissen haben, sich nach den Bestimmungen der Protokolle zu richten und ihre Arbeiten auf den in den Plänen festgefezten Linien anzulegen. Man wird ohne Zweifel finden, daß die vom Staate bis jezt gebrachten Opfer, im Vergleich mit der Unermeßlichkeit des Unternehmens und den Folgen, die dasfelbe für den Wohlstand des Kantons herbeiführen foll, unbedeutend find. Aber in den lezten Iahren hat er die oberwähnte Summe überschritten.

33is jezt find einige wichtige Arbeiten vollendet worden, die jedoch, im Vergleich mit dem, was noch zu thun übrig bleibt, wenig sagen wollen. Das Flußbett erhöht fich darum gleichwol. Der Boden verkümmert von Iahr 3« Iahr, während die Anforderungen immer beträcht-

350

ïicher werden. Bei der gegenwärtigen Organisation ist an ein Zusammenwirken der Arbeiten nicht zu denken:, -fein Plan kann ausgeführt werden. Es gehört ein kräftigerer Impuls dazu, wenn man die Arbeiten zu Ende führen will.

Die gehler der gegenwärtigen Organisation find in den Berichten des Hrn. Inspektor Hartmann auf fehr schlagende Weise dargestellt worden.

Vor Allem läßt fich eine Eintheilung in Gemeinden oder Korporationen für die Ausführung eines Unter* nehmens dieser Art nicht rechtfertigen; denn dabei geschieht oft, daß eine arme, der Baumaterialien und nöthigen Hilfsquellen beraubte Gemeinde eine schwere Last beim Dämmen zu tragen hat, während eine reiche und bevölkerte Gemeinde, die alles zu den Arbeiten Nöthige befizt, nur einen schwachen Theil derselben zu übernehmen hat. Die Eintheilung in Gemeinden muß verschwinden, um einer anderen, auf die Natur und die Wichtigkeit der Arbeiten gegründeten, Plaz zu machen.

Die Eintheilung in Gemeinden erzeugt viele Unanrnhmlichkeiten. So hat eine jefee die Gewohnheit, vorzugsweife die oberen ©egenden zu dämmen, um ihr Gebiet zu schüzen, und sie überläßt den Fluß sich selbst von dem Punkte an, wo er ihr nicht mehr schaden kann. Die unmittelbar darauf folgende Gemeinde verfährt gerade so, aber schon mit größerer Mühe, weil es ihr oft an einer dauerhasten S.üje für ihre Arbeiten fehlt.

Manchmal geschieht es auch, daß bei der hijiorifchen Eintheilung in Gemeinden oder Körperschaften eine Gemeinde Eigenthümerin des -.Bodens ist, während eine andere bloß zum ...Dämmen verpflichtet ist; daraus folgt, daß die erstere gerne den Boden dessen beraubt, -was die Arbeiten befördern könnte, und daß sie [ogar

«ä

351 t>iese sehr wenig schont. Was die Gemeinde anbelangt, auf welcher die Verpflichtung zur Unterhaltung und Er* ïichtung der Dämme liegt, so erledigt fie fich natürlich îhrer Verbindlichkeiten so leicht, und manchmal so un*

.sollständig als möglich.

Endlich beruht im Inneren der Gemeinden die Or# $anisation der Arbeiten auf der unglüklichsten Grund* Hage, nämlich derjenigen der F r o h n d i e n s t e . Jedes Mitglied muß fich dabei entweder persönlich bethäiigen, oder fich durch einen Andern vertreten lassen. Daraus folgt, daß man mit Widerwillen arbeitet, denn es ist eine Mühe, die fich unaufhörlich erneuert, wovon manwederdas @nde, noch den Erfolg absieht. Man schiebt so lange als mög-* îich hinaus, und oft läßt man die passende Iahreszeit Dorübergehrn. Wenn man fich nun endlich an Ort und Stelle begibt, wo die Arbeiten gemacht werden sollen, [o thut man es langsam und arbeitet ohne Mutl) und n)hne Freude, in so kleinen Tagewerken als es nur immer möglich ist. Die Meisten verlieren so ihre Zeit und verschwenden fruchtlos kostbare Tage. Was die Damm* »orgesezten (Wuhrmeister) betrifft, fo haben fie oft nicht ine Fähigkeit und feiten den Willen und die Kraft, welche zu einer vernünftigen Leitung der Arbeiten erforderlich find. In einigen Gemeinden gebraucht man zum Däm* snen gerade-die Allerfchwächften und Unfähigsten : Greife, Weiber und Kinder, weil die starken Männer und die dnen Beruf haben, es vorziehen, fich vertreten zu lassen, um anderswo einen Lohn zu verdienen. Die grohntage find bisweilen sehr zahlreich. In manchen Gemeinden stiegen fie in einem Iahre auf 60, 70 und fogar auf 80. Hieraus kann man über die fchwere Last .«rtheilen, welche die Bewohner dieser Gegend drüft Unter solchen Ausführung.§bedingungen werden die Sei den jährlichen Inspektionen vorgeschriebenen Arbeiten

352

fcie meiste Zeit entweder gar nicht, oder doch nur unvollstän dig verrichtet. Bei der nächstfolgenden Inspektion gibt man den Korporationen neue Weisungen, denen fie eben so wenig nachkommen. Dann, um die saumseligen Gemeinden zu ihrer Pflicht anzuhalten, bewilligt ihnen der Staat geringe Beiträge, oder droht ihnen mit Exekution. Das erfiere Mittel würde das wirksamere sein, wenn es in reicherem Maße angewendet würde. Das zweite ist es manchmal gewesen, könnte es aber nicht immer sein, weil, wenn auch manchmal die Widerspenstigkeit der Gemeinden te ïrôsem Willen ihren Grund hat, diese häufig auch an einer Erschöpfung leiden, die dem Ruine nahe kommt.

Auf andere Art bethätigt sich die Regierung nicht bei den Dammarbeiten. In einigen Fällen, wo sie den Kor* ·porationen etwas höhere Beiträge lieferte, hat sie ver* sucht, Auffeher, die »cn ihr ernannt und aus der Staats* lasse befoldet wurden, zu bestellen, um die Arbeiten z« leiten; aber dadurch war nicht viel gewonnen. Die Angestellten haben so vielen Widerstand, Hindernisse unb bösen Willen gefunden, wogegen sie nicht genug Ansehen cntwikeln konnten, so daß fie das angefangene Werk vor seiner Vollendung aufgeben mußten.

Eine Hauptbedingung für die Unterhaltung der begehenden und die Errichtung neuer Werke ist der Befiz von hinreichenden Baumaterialien, namentlich voj!

Holz. Nun sieht man aber an den Ufern des Rheins eine Pflanzung nach der andern verfchwinden. Alles Land zwischen dem Ufer und den Dämmen follte mit Holz be·pflanzt werden, das zum Dämmen dienlich ist. Statt dessen denkt man daran, das bereits vorhandene p schonen, vertheilt es oft unter die Mitglieder der Kor* .porationen zu ihrem häuslichen Gebrauche. Das Land selbst, in so weit es den Gemeinden angehört, wird den

353 @emeindsgenossen zur Benuzung überlassen, die darauf «ausgehen, die wenigen noch übrigen Pflanzungen zu zer* Pren.

Die Rechnungen, welche in den Gemeinden über die Dammarbeiten geführt werden, befinden fich auch iu der »oUkommensten Unordnung.

Indessen hat man doch Tabellen angefertigt, die eine annähernde Schäzung der jährlichen Last enthalfen, die auf ihnen liegt. Der zum Unterhalt der Werke ver* .pflichteten Gemeinden gibt es 25, und die jährliche Sast, die fie zu tragen haben, ist auf 115,500 Franken geschäzt. Wenn man diese Summe zu 4 % kapitalifirt, fo erhält man eine Gesammtsumme von 2,887,500 Fr., îvelche den Minderwerth des Gebiets diefer Gemeinden wegen ihrer Verpflichtung zum Dämmen darstellt. Das ist auch ungefähr die Summe, die ihnen im Steuerre-gister an der Bezahlung der Steuern nachgelassen wurde, und welche die vollständige Korrektion dieses glußtheiles losten würde.

Auf diese Weise sind bisher die Arbeiten geleitet wor# föen. Es ist eine Art Anarchie, gegen die der Staat nicht .Die nöthige Kraft entwikelt hat. Man muß fich denn alfo nicht wundern, daß fich Alles verschlimmert und daß diefe Gegend in ein Labyrinth versunken ist, aus dein lie fich bald nicht mehr herauszuziehen vermag. Der .-£..auptfehler liegt hier in der Organifation, die geändert «ne auf ei« ganz neues Prinzip zurük geführt werden snuß, daß nämlich die Arbeiten unter der Leitung de* ©taates und dessen kräftiger Mitwirkung aus Kosten de* .Unternehmens ausgeführt werden follen.

3. ïieberschi.Bi.-mmung.en.

Wir haben unter Nt. 2 die hauptsächlichsten 9iafy* .iheile angeführt, die von der Erhöhung des gtußbett-.*

354 herrühren, nämlich die zunehmende Verschlechterung de0 Bodens, die Bildung von Bächen (Gießen), die wie aus dem Innern der Erde hervorsprudeln, ferner das Zurüfdrängen der Wasserströme, die aus dem Innern kommen. Endlich geschieht es auch häufig, daß der .Jluß, den kein Bett von angemessener Große, Solidität und vollendeter Konstruktion faßt, im Falle eines außerordent* lichen Anwachsens, die unvollständigen Werke, die man ihm entgegensezt, zerstört ; daraus entstehen verheerende Heber schwemmungen, deren Andenken tief in die Herze« der Einwohner eingegraben bleibt, wie ein Gegenstand des Schreiens, dessen Wiederkehr fie beständig befürchten» Die Sammlung der Urkunden über die Korrektion der Rheingewässer erwähnt mehrere dieser tteberschwem« mungen.

So waren im Iahr 1817 beide User des Rheins vollständig unter Wasser gesezt. Man soll selbst einra Augenbliï gefürchtet haben, daß er fich einen Weg te das See§-Thal bahnen und fich in den WallenftädterSee ergießen mochte, anstatt in den Bodensee zu fließen,..

Immerhin ist es ficher, daß von jener Zeit an dieser Umstand die Bevölkerung, und selbst die Experten, welche berufen waren, ihr Gutachten über die Korrektion abzwfiebett, lebhaft beschäftigt hat.

Der Wallenftädter-See liegt tiefer als das Bett des Rheines, und das Hinderniß des Bodens, der lezterem zwischen Mels und Sargans den Weg verfperrt, betrug .während des hohen Wasserstandes von 1817 nur 18 guß ·oberhalb des Rheins. Die Bewohner des Lintthales, fo wie die am Zürcherfee, und selbst die an der Limmal .waren in nicht geringer .-Öesorgnif.

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Derselbe Anwachs des Wassers vom Jahre 1817 versezte die unteren Bezirke in große Gefahr. Diese vermehrte sich deßhalb, weil der Bodenfee eine bis dahin unbekannte Höhe erreicht hatte; fein Spiegel stand nämlich 12 guß über dem niederen Wasserstande. Dessen ungeachtet ergriff man keine kräftigen Maßregeln, fondern überließ sich der Hoffnung, daß ein folches Ereigniß sich nicht wiederholen werde. Aber fchon im Jahre 1821 zerstörte der Rhein am äußersten Ende des E f e l f c h w a n z e s , nicht weit von St. Margarethen, die Dämme des rechten Ufers, die erst seit 14 Iahren errichtet waren; er bahnte sich mit Gewalt einen Weg und ergoß den Ueberflnß seiner Gewässer in die sich dort findenden Niederungen, von wo sie sich in gerader Lini.; dem See zuwandten.

Im Iahre 1834 gab es neue Ueberschwemmungen, Me ebenfalls beträchtlich gewesen zu sein scheinen.

Im Iahre 1846 durchbrach der Rhein feine Dämme bei Vaduz, im Fürstenthum filchtenstein, un.? in einer Stunde höchstens überschwemmte er nahe an 3 Millione«.

Duadraiklafter (zu 6 Fuß) Sand, und zerstörte eine Aerndte von mehr als 100,000 Guldrn am Werth. Nur nach unerhörten Anstrengungen aller Gemeinden diefes kleinen Landes, mit bedeutenden Opfern, und nach einem Verweilen von 22 Tagen, konnte man den Rhein wieder

in fein Bett zurük drängen. Die Folgen dieses Unglüks lasten noch auf der Gegend. Die Gemeinden Sevelen und Montlingen, die auf dem entgegengesezten Ufer liegen, hatten große Mühe, sich gegen die Ueberfchwemmung zu schüzen, was ihnen damals auch gelang; aber ihre Sicherheit sollte nicht lange dauern.

Am 1. und 2. Iuli 1848 wurde man von einer surchtbaren Ueberschwemmung bedroht, die den vorigen in nichts nachstand. Die Gewässer stiegen mit der äußersten Schnel>

356 ligkeit, aber glüklicherweise fielen fie eben so schnell, weil es während der Nacht im Gebirge schneite, was das Steigen des Wassers hemmte, welches nicht viel über \l/i Stunden dauerte; allein man konnte auf die Ungeheuern Verheerungen, welche die Ueberschwemmung angerichtet haben würde, aus den Spuren schließen, die fie von ihrer "kurzen Erscheinung zurükgelassen hat.

Wirklich ereigneten sich in dem Bezirk Werdenberg mehr als 30 Dammbrüche, wodurch die Ebene überschwemmt wurde ; aber ein Tag genügte, daß der Fluß in sein Bett zurükkehrte, theils durch die Nebenströme, die sich in denselben ergießen, theils durch die Oessnun* gen, die er fich gebahnt hatte..

Die Xardisbrüke wäre beinahe sortgerissen worden; mehrere Dämme in Ragaz wurden durchbrochen und so auch zu Sargans. Die Saar wurde gestaucht, und stürzte fich mit einer solchen Schnelligkeit aufwärts, daß mehrere Klafter Floßholz in einer bedeutenden Höhe wieder aufgefifcht werden mußten.

Ein sehr unerwarteter Dammbruch ereignete fich nahe bei W a r t a u , an einer Stelle, wo der Rhein nicht mehr durchfloß, und von der er durch eine über 1500 Fuß breite Kiesbank getrennt war. 'Der Fluß drang plözlich gegen diese Stell« an, durchbrach an drei Orten einen starken Damm, und ergoß fich durch diese Oesfnungen über die Ebene, Sand un? Kies mit fich fortführend.

Der Strom folgte den Vertiefungen des Thals nach Sevelen hin, und drang bis nach Räfis und Burg er au, von wo erfichüber die zu G r a b s und G am s gehörigen Ländereien verbreitete. Die Dämme von Buchs konnten der Heftigkeit des Stoßes nicht widerstehen, und eben so wenig die von S e n n w a l d ; selbst die Straßen

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.wurden auf einen Augenblik unter Wasser gesezt. Erjî nach einem Wege von 4 Stunden kehrten die Flutheu in ihr Bett zurük.

Auch die Gemeinden H a a g und S a l e z litten sehr..

Es fanden zwar nicht überall Durchbräche statt, aber überall schwebte man in Gefahr, und die Ufer wurden allenthalben beschädigt.

Ein Bericht des Inspektors Hartmann gibt die ge«..

nauefte Darstellung von den golgra dieser Ucberfchwem* mung, die hätten beträchtlich werden tonnen, wenn sich die ©ewässer nicht sogleich prüf gezogen hätten. (Siehe Aktensammlung, Band H, Seite 12 u. ss.) Man ersieht Muter Andern aus diesem Berichte, daß da, »o die Arbetten aus beiden Ufern systcmatifch ausgeführt warm und wo fich folglich das gluj.ihett, dem Vorausfehra nach,, ausgegraben hat, die Wirfung des Wassers fich weit we* Miger fühlbar gemacht hat. Die Anhäufungen von Kies -haben fich weiter unten angefezt. Die Dämme unfe 4Jinterdämme widerstanden besser als irgend anderswo,, Wenn im Uebrigen diese Ueberfchwemmung einen lebhaften Eindruk zurük gelassen hat, fo ist es besonder-ti wegen der Gefahren, die sie für die Zukunft erwarte« !ieß. lind wirklich ging das Iahr 1849 nicht vorüber, ohne daß man neue Fälle der Art anzuführen hatte« Die Infpektionsprotokolle erwähnen derer p verschiedenen Malen. Im Bezirke Sargans mußte man zu mehreren Ausbesserungen und Erhöhungen der Ufer schreiten.

Das Gleiche geschah im Bezirke Werdenberg. Die Gemeinde Wartau hatte alle Mühe, einen Durchbruch, welcher sie bedrohte, zu verhindern. Salez ward voit ..Jìeuem überschwemmt.

..Bnndesblatf. Jahrg. VI. Bd. I.

30

358

Die Gemeinde M o n t l i n g e n konnte mit genauer Noth einem Durchbruche vorbeugen, da sich der Stand des Flusses bedeutend zu ihrem Nachtheile geändert hatte.

Die Dammwerke der Gemeinde K r i e s e r n wurden an mehreren Stellen beschädigt.

Gegenüber von Schmitter waren die Verheerungen bedeutender. Diefe Gemeinde hatte die Dammwerke nach Kräften ausgebessert; aber die Strömung des Flusses nahm eine antere Richtung, durchbrach die Dämme und fezte die Gegend bis nach Bernek unter Wasser. Diese .Unfälle machten es nothwendig, die Werke wieder von Neuem zu beginnen, da aber die erfchöpfte Gemeinde dieselben nicht wol bestreiten konnte, so mußte sie beim Staate um einen Beitrag nachsuchen.

Die öfterreichifchen Gemeinden des jenseitigen Ufers sahen fich ebenfalls genöthigt, mehrere dringende Ausbesserungen vorzunehmen.

Die hohen Gewässer dauerten nahe an 3 Wochen und stiegen auf 10 bis 11 Fuß über ihren gewöhnlichen Stand während des Winters. Aber ihr Wachsthmn ging ohne heftige Stöße vor fich, weßhalb man keine großen Verheerungen zu beklagen hatte. Die Infpeküionskommisfion machte jedoch in ihrem Schlußprotokolle die Bemerkung, daß die beständige Erhöhung des Flußbettes die Befürchtigungen für die Zukunft vermehre, und daß der Augenblik nicht fern sein könne, wo man kein Mittel gegen das Uebel mehr finden würde, da die Gejneinden ihre Opfer immer von Neuem wiederholen und Bald unter der Last erliegen müssen.

Das Schlimmste bei der ganzen Sache war, daß man für die Feststellung des Flußbettes auf feiner ganzen Sänge noch keine definitiven Linien bestimmt hatte, und fraß die Gemeinden, welche heute Werke unternehmen.

359

·denken müssen, fie vielleicht später bei Seite gesezt zu sehen, wenn man, zur Ausführung einer gründlichen Korrektion schreitend, eine neue Richtung bestimmte.

Die Protokolle vom Iahre 1850 bezeichnen neue Unfälle. Sowol auf dem einen als auf dem andern Ufer mußten mehrere Gemeinden große Anstrengungen machen, um sich zu fchüzen; fie hatten deren nicht geringere zu machen, um den Schaden der früheren Ueberfchwemmun*gen auszubessern.

Auch in diesem Iahre bestätigt die Infpektionskornmission den immer mehr beunruhigenden Grad öer Erlohung des Rheinbettes, die Ausdehnung der Sümpfe, feie steigenden Hindernisse, die sich dem Abflüsse der Nebenstrome entgegenstellen, und die Notwendigkeit einer fortwährenden Dammerhohung.

Die Aktenfammlung enthält nichts Besonderes über .die Vorgänge der Iahre 1851 und 1832.

Allein für das Iahr 1853 haben wir einen vollftändigen Bericht erhalten über die Ucberfchwemmungen, die von Neuem mehrere Gemeinden dieser Gegend in Trauer versezten.

Es war am 1. und 2. Iuli, nach einem regnerischen Tage, als die Gewässer des Rheins zu einer beträchtlichen höhe anschwollen und mehrere Werke beschädigten. Der Gemeinde Ragaz wurden einige Dämme durchbrochen.

Ein großer Dammbruch ereignete sich an den zum Gebiete M e l s gehörenden Werken, von wo aus die Ge.wässer einen Theil der Gemeinde Sargans überschwemmien. Den meisten Schaden verursachten fie aber von S e v e l e n an, im Bezirke Werdenberg. Mehrere Vor* Verdamme wurden durchbrochen, und nachdem fie die £..uer- und Hinterdämme überfluthet hatten, stürzten fich

360 die Gewässer in die Ebene von Sevelen, und von da big nach Räfis, Burgerau und Buchs. Noch andere Dammbräche erfolgten in dieser Höhe, was zur Folge hatte, daß die ganze Gegend bis nach Salcz, und die Ebene weit über die Landstraße hinaus, unter Wasser gefezt ward. Die Gebäude und die geldfrüchte wurden ftarf beschädigt. Die Dämme von Sennwald konnten ebenfalls dem Drufe nicht widerstehen, woher es kam, daß das Gebiet dieser Gemeinde ebenfalls völlig überschwemmt wurde.

Das Gleiche war der Fall in der Gemeinde R ü t t i , von wo aus das Wasser nahe an 1000 Meter »eiter hinauf drang.

So wurde dieses Gebiet von ungefähr 4 Stunden in der Länge und einer halben Stunde in der Breite, über* schwemmt und aller Aerntehoffnungen beraubt. Kaum .hatte sich das Wasser zurük gezogen, so fchritt man zur Wiederherstellung der beschädigten Werfe. Der Staat lieferte einen Beitrag, und die Gemeinden S R a f i a z . , S e v e l e n und B u ch s konnten in den darauf folgenden 14 Tagen die hauptfächlichstcn ...Darnrnbrüche ausfüllen.

Aber da fiel am Morgen des 14. Iuli wieder ein flarker Regen, und zu Mittag war der gluß schon um 3 Fuß angewachsen. Der Regen hielt einen Tag und eine Nacht an, und am folgenden Morgen zeigten fich schon sowol zu Ragaz als in Sevelen neue Beschädigungen an den Dämmen. Die in der Zwischenzeit zwischen den beiden Unfällen errichteten Werke hielten aus, aber es gab Durchbrüche an anderen Orten. Die Wasserhöhe und die Ausdehnung der Ueberschwemmung waren be·trächtlich, und was der ersten Ueberschwemmung entgan.3 ·gen war, wurde dießmal fortgerissen.

361 Es wäre eine unnüze Mühe, sich lange bei dem an t>en Werfen und Gütern angerichteten Schaden aufhalten p wollen. Er war größer als im Iahre 1848, »eil sich damals das Hochwasser nur crnf furze Zeit einstellte und der Fluß in seinen normalen Zustand salì eben so bald prüf kehrte, als er ihn verlassen hatte. Dießmal, und in Folge der beiden Ueberfchwemmungen, bedurfte es einer ununterbrochenen Arbeit von zwei Monaten, um die Werke wieder herzustellen.

Uebrigens hat auch diese Katastrophe zu dem Be»eise beigetragen, daß die Werke, die nach den Regeln und auf den angenommenen Linien errichtet find, einen unbestreitbaren Nnzen gewähren für das Aushöhlen des Slußbettes, das sogleich vor fich geht.

Die Gemeinden der Bezirke Ober- und Unterrheinihal kamen mit der bloßen Furcht davon. Sie hatten dieß gerade den Überschwemmungen in den oberen ®e# genden zu verdanken. Denn wenn die Wassermasse, die (ich zum Theil verloren, oder die doch allerwenigstens viel mehr Zeit gebraucht h a t , um in das Bett zurük zu fehren, fich mit ihrer ganzen Gewalt in das Unterrheinthal geworfen hätte, so ist anzunehmen, daß siedafelbfì großen (.Schaden angerichtet haben würde.

Nach einem besonderen Berichte des Büreau des.

Bauinspektors von St. Gallen hat die einzige ©eîneinde S e v e l e n bis znm 6. August, direkt und in* direkt, für -Wiederherstellung der durch die beiden lieber[chwemrnungen beschädigten Werke die Summe von 38,762 granfcn auegcgeben; aber es warm noch für 17,000 grankfn Arbeiten auszuführen. Hierzu hat der Staat einen Beitrag von 5000 und einigen hundert granfe« geleistet.

362 Wir glauben, aus obiger Darstellung gehe zur ©e-* nüge hervor, daß es nothwendig fei, eine besser verstandene Korrektion des Rheins zu unternehmen, wenn man die Gegend retten will. Denn die gegenwärtigen Arbeiten partieller Korrektion, so wie die Unterhaltungsund Ausbesserungsarbeiten, besonders bei dem bis jezt befolgten fehlerhaften Adminiftrationsfystem, find unvermögend, dem Uebel abzuhelfen. Auch hat man fich seit Langem mit den Mitteln beschäftigt, diese Korrektion zu erlangen.

&.

Uargefthlagene JHitt-el fur die Bheinkorrektifln.

Man kann kühn behaupten, daß es wenige Fragen gibt, die so gründlich untersucht worden find. Man weiß vollkommen, wie man es anfangen muß, um zu einer vollständigen Korrektion des Rheins zu gelangen, und braucht deßhalb nur zur Ausführung zu fchreiten. Die geschiktesten Ingenieure haben fich mit diesem Gegenstände befaßt, und find im Allgemeinen einverstanden Jiber die Rathfchläge, die fie ertheilen, so wie über die Resultate,, welche fie angeben.

Ohne von den österreichischen Erperten zu reden, erwähnen wir zuerst des Herrn Ingenieur N e g r e Ili,, der, in feiner Eigenschaft als Inspektor der öffentlichen Arbeiten des Kantons St. Gallen, während einiger Zeit die Kornftionsarbeiten leitete.

Im Anfange des Iahres 1831 arbeitete Herr L a N i e e f i einen Plan aus mit einem ausführlichen Berichte über die Gesundmachuna. der Saarebene, welche Arbeit veroffentlicht worden ist.

Im Iahre 1836 trat Herr H a r t m a n n an die Stelle des Herrn Negrelli als Inspektor, und von dieser Zeit

363 an widmete er den Korrektionsarbeiten des Rheins die größte Aufmerksamkeit, fo wie er auch durch feine zahl* reichen Veröffentlichungen wefentlich dazu beitrug, die ·Frage zu beleuchten, sie populär zu machen und die Menschen auf die Nothwendigkeit hinzuführen, einer unerträglichen Lage abzuhelfen, und zwar wenn es noch Zeit dazu wäre.

Unter den Veröffentlichungen des Herrn Hartmann erwähnen wir zunächst eines Schriftchens, betitelt: ,,Eriirterungen über die Wnhrbanangelegenheit am Rhein im Kanton St. Gallen," die in der Verfammlung de?

Architekten und Ingenieure des Kantons St. Gallen vorgelesen und auf ihre Kosten im Iahre 1847 heraus-

gegeben wurde. Diefe Schrift gibt bis in alle Einzeln*

heiten die gehler des bisdahin befolgten Systems an.

In einem Berichte vom 8. September 1847 fezte derselbe Ingenieur fehr umständlich aus einander, was mit der Rheinkorrektionsfrage zufammenhängt, indem er sie von ihren verschiedenen Gesichtspunkten aus beleuchtete.

In einem Berichte vom 23. Oktober 1847 behandelte der Herr Ingenieur P e stalo z zi dieselben Fragen. Man findet in seinem Berichte mehrere interessante Angaben, namentlich über die längs des Rheins vorgenommenen Ausmessungen, woraus treffende Vcrgleichungen folgen über den Unterfchied zwischen der Höhe des Thalbodens und des Flußbettes, fo wie über die zunehmende Erhöhung des lezteren.

gerner verlangte im Ianuar 1849 der Bundesrath einen Bericht von den Ingenieuren L a N i e e a und P estal o zzi. Sie begabensichan Ort und Stelle, unter* suchten die Oertlichkeiten, in Begleitung des St. Galli" fchen Infpektors und österreichischer Ingenieuere, nahmeK Kenntniß von den zahlreichen, über diefe Frage erschien

364 îienen Schriften, und gaben endlich ihr Gutachten über den Punkt fpeziell ab, der ihnen überwiesen war. Ihr Bericht, fo wie der vorhergehende, ist auf Anordnung des Bundesrathes gcdrukt und demfelben auch ein Plan beigegeben worden.

Endlich, im Anfange des Iahres 1852, benuzteder Kleine Rath des Kantons St. Gallen die Anwesenheit einiger Sachverständiger, welche die grflge in Betreff des Hafens von Rorschach untersuchten, um von ihnen ihre Anficht über die Rheinforreftion zu vernehmen. Er legte ihnen die Fragen unumwunden vor, und fie eutschieden dieselben in dem Sinne der srüherra Gutachten«.

Diese Sachverständigen waren die Herren Etzei, S a u e r b e k und L a N i e e a , und ihre übereinstimmende Meinung ist sehr entfchieden ausgesprochen und geeignet, alle Zweifel zu heben, wenn man derer noch über die technische Seite der Frage haben könnte.

Es ist hier nicht unser Zwek, die von den Erperten angegebenen Mittel zu beurtheilen, fondern nur sie darzulegen. Das ganze Unternehmen der Rheinkorrektion

läßt sich in vier Abfchnitte eintheilen :

a. D i e K o r r e k t i o n d e s Flusses v o n d e r G r ä n z e d e s K a n t o n s G r a u b ü n d e n b i s n a h e a n seine M ü n d u n g in den B o d e n s e e .

Alle Experten find über den Punkt einverstanden, daß es möglich sei, dem Streben des Rheins, sich immer mehr zu erhöhen und zu erweitern, abzuhelfen. Das Mittel, das fie angeben, besteht darin, seinen Lauf zu verbessern, indem man ihm eine gerade Richtung gibt, und fein Bett auf eine normale Breite zurük führt.

Durch diese Verengung besonders wird die Macht öes Wassers mehr fonzeniriri werden und der Fluß die nöthige

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Kraft.erhalten, um die Steinmassen u. dgl., mit denen er überladen ist, fortzufpühlen. Der Grund des Bettes wird sich ausgleichen. Wenn dann der Rhein nicht mehr .fechts und linfs austreten kann, sa muß er den Kanal ausgraben, auf welchen er beschränkt sein wird.

Das ist der Zwek der Korrektion. Dadurch werden die inneren Gewässer ihren Abfluß finden können., Es ist dieß ein Resultat, das man überall gesucht und erlangt |at, wo die Arbeiten derselben Art gehörig awsgcführt îvorden find.

Als Beifpiel kann man diejenigen anführen, die in dem D o m l e f c h g e r t h a l e , bei g e l s b e r g und längs der S and qua r t stattgefunden haben. Mon kann derer einige auf dem Saufe des Rheins im Kanton St. Gallen selbst «aufzählen. (Siehe den Bericht des Herrn Hartmann, Aktensammlung Bandi, Seite 88 und 89). Auch bei ,,ndern Flüssen kann man vollkommen gelungener Korïektionen croeahncn, wie z. B. die Rhonekorrektion nn Kanton W a ad t u. f. w.

Kurz, es ist dief die übereinstimmende Ansicht aller rperten, so daß man diesen Punkt als unbestreitbar .oetrachten kann.

Es ist dieß überdieß dasjenige System, welches man befolgt hat, seitdem die Korrekîion des Flusses Wissenschaftlich betrieben wird, und das nur dejjhalb fein Ziel »er* fehlt hat, weil es u n v o l l s t ä n i D i g durchgeführt worden ist.

Schon feit dem Iahre 1820 sieht, man Ocfterreich und St. Gallen über den Punkt einverstanden, daß, am den Fluß zu bändigen, man dessen Laus nach einem, bestimmten Systeme und einem zwekmäjjigen Plane berichîigen müsse. Von diesem Zeitpunkte an hat man sich ünit der geometrischen Aufnahme des Rheins befchäftigt.

.Darauf kam man im Iahre 1827 vorläufig übereilt,

366 «m die Grundlagen zu bestimmen, welche das Ziel der Arbeiten und die dem Flusse angewiesenen Gränzen feft* sezen sollten. Dieses Proviforium von 1827 spielt eine große Rolle in den Beziehungen der beiden angränzenden Staaten zu einander. Nach diesem Provisorium konnte man auf dem einen Ufer keine Korrektion vornehmen, ohne baß die Ingenieure der beiden Staaten in diefelbe gewilligt und fie als dem jenseitigen Ufer unschädlich erkannt hätten.

Im Iahre 1837 ging man einen Schritt weiter. Auf einer zu Rorfchach abgehaltenen Konferenz bestimmten die Ingenieure auf den lithographirten Plänen des Rheins, längs der österreichischen Staaten, die Linien, die in Zukunft die Normalbreite des Flusses fefisezen unto über die hinaus sich die neuen Arbeiten nicht erstrekeit sollten. Indessen waren diefe Linien nicht bestimmt wor* den in der Vorausfezung einer sehr vollständigen Kor» rektion, denn fie wichen wenig von den alten Ufern ab.

Man war damals darüber einverstanden, daß, wenti tnan fpäter die Korrektion des Flusses wirklich unter* nähme, fei es feftionsweife, fei es in größerem Umfange,, die angenommenen Linien aufgegeben werden könnten«, um andere fcstzusczcn. Die Normalbreite wurde auf 504 guß Schweizermaß bestimmt.

Die Linien wurden auf den Karten des Rheins angemerkt und die Exemplare beiderseits unterzeichnet» Aber gar bald lernte man ihre Unzulänglichkeit kennen.

...Pîan hatte fchonend verfahren, und fo viel als möglich die alten Ufer beibehalten wollen, war aber ängstlich und zurükhaltend gewesen, indem man das Bedürfniß einsah, in mehreren Punkten auf das Geschehene wieder ·ijurük zu kommen. Neue Richtungen wurden in den jährlichen .Inspeftionsprotokollen bezeichnet. Auf diese Art unto vermöge der Aenderungen, denen man immer noch die

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Linien unterwerfen kann, können wir den Regulirungsplan dee Rheins längs der österreichischen Gränze als genügend ansehen ; man bezeichnet gegenwärtig nur 3 bis 4 Stellen von nicht sehr großer Ausdehnung, wo es gut wäre, die Normalbreite zu reduziren. Aber alles dieß ist eher das Resultat eines modus vivendi, als eines förmlichen Vertrags, und es wäre wünfchenswerth, hierüber definitive Bestimmungen zu besizen.

Für die zwischen dem Bezirk W e r d e n b e r g einerseits und dem gürstenthum L i ch t e n st e i n an# dererseits gelegene Sektion ist die Richtung des glusses durch einen Vertrag im Iahre 1837 festgefezt worden, wobei die Normalbreite auf 400 Fuß bestimmt wurde.

Darauf ist im Iahr 1847 ein Ergänzungsvertrag zwischen beiden Staaten abgeschlossen worden, fowol um die Gebietsgränze festzustellen, als auch um verschiedene Maßregeln, die von beiden Seiten beim Dämmen des glusses anzuwenden sind, zu bestimmen. Die Korrektionslinien wurden auf die Karten eingetragen und diefe ausgewechselt, nachdem sie hinlänglich beglaubigt waren; auch wurde dem Vertrage eine vollständige Beschreibung beigefügt. (Siehe Aktensammlung Band II, Seite 3 u. ffO.

Endlich ist auch die Flu§sektion, von der Gränze des Kantons Graubünden an, zwischen diesem und dem Bezirke Sargans, von beiden Staaten durch Verträge vom 26. September 1840, V12. Dezember 1845 und 4. Dezember 1850 geregelt worden. Die Norrnalbreite wurde auf 380 guß festgesezt. Zwar hat eine Gemeinde des Kantons Graubiinden, F i ä f c h , den projeklirten Veränderungen noch nicht ihre Zustimmung gegeben; aber die Korrektionsarbeitcn gingen nichts desto weniger aus dem linken Ufer nach dem verabredeten Plane vor sich, und

368 die Gemeinde släsch hat bis jezt keinerlei Einsprache erhoben.

Demnach besteht ein Plan für die Korrektion des Rheins von seinem Eintritte in den Kanton St. Gallen an bis zu feiner Mündung. Es ist dieß zwar nicht der vollkommenste Plan, den man hätte entwerfen können; denn man hat fich im Allgemeinen bestrebt, den Fluß gerade zu führen, ohne fich zu sehr von der gegenwärtigen Richtung zu entfernen, und ihm einen bessern Sauf zu geben, ohne in das Land, das ihn einschließt, zu viele Einschnitte zu machen. Aber es ist dennoch eine Korrektion, die, nach der Aussage der Experten die erwarteten Resultate liefern fann, wenn die Arbeiten energisch angegriffen, beharrlich sortgefczt und von Hilfsmitteln untcrstüzt werden, die der ©röße des Unternehmens entsprechen.

Und wenn, troz den seit den lezten zehn Iahren ausgeführten Arbeiten, der Zustand des Flusses fich vielmehr zu verschlimmern scheint, fo liegt, nach der Verficherung der Herren Etzel, S a u e r b e k und SaNicca, die Schuld nicht an den befolgten Plänen. Sie ist der Unzulänglichkeit der angewandten Mittel, dem Mangel an Einheit und Kraft zuzuschreiben, welcher fich bei der Ausführung nur zu sehr gezeigt hat. Wenn die bis jezt getroffenen Maßregeln die Entwitlung des Uebels haben h i n d e r n können, so genügen fie doch nicht, demselben w i r k s a m a b z u h e l f e n . Diese...- Resultat kann nur dadurch erreicht werden, wenn man während einer gewissen Anzahl von Iahren außergewöhnliche Mittel anwendet, wodurch die Rcktififationsarbeiten in einer fiärkern Progression betrieben werden können, als diejenige ist, in welcher der Fluß fich anzufüllen strebt.

Um die Korrektion zu vervollständigen, müßte man

369 auch die alten, fo unregelmäßig und ohne Befolgung irgend eines Systems aufgeführten Hinterdämme ändern. Man fcheint reinen Saunen gefolgt, oder fich «och ganz zufälligen Umständen gerichtet zu haben, als man diese alten Dämme errichtete. Bald sind fie dem Flusse nahe, bald sehr entfernt von ihm ; bald laufen sie mit dem Ufer in paralleler Richtung, bald fchneiden sie in dasfelbe die verschiedenartigsten Winkel ein. Wir haben bereits oben ihre nachthciligen Folgen beschrieben, und es ist Zeit, denselben abzuhelfen. Wir ersehen aus dem leztro Bericht des Herrn Hartmann, vom 29. Oktober 1853, über die bei der Korrektion des glnsses anzuwendenden Mittel, baß man darauf bedacht [ein follte, alle Dämme vom Ufer §u entfernen, und sie wenigstens in eine Entfernung von 150 bis 200 Fuß zu verfezen. Die neuen wären von einer kombinirtern ·Bauart. Das Gebiet der Ueberfchwernmung würde erweiter! und alles Land zwischen den Dämmen und dem Flusse è« Planzungen benuzt werden, die ausfchließlich für die Arbeiten bestimmt wären. Das Land würde sich überfcieß nach und nach erhöhen, und zulezt ein unüberwindliches Bollwerk gegen den îjluf bilden.

b. Die Korrektion der untern Flußfektion.

Bei der Ueberfchwemmung von 1817 litten die Ge# meinden des Unterrheinthaies sehr, und von dieser Zeit fing man an, sich um die Folgen von dem Stillestehe« der Rheinwasser zu bekümmern, in Verbindung mit den Hindernissen, welche die Höhe des Sees ihrem Abflüsse entgegenfezt. Im Jahre 1821 zerstörte der Rhein die .Dämme des rechten Ufers am äußersten Ende des Efelf c h w a n z e s , und ein Theil des Wassers floß gerade in den See. Da faßten die Gemeinden des rechten Ufers den

'370 .Plan, den Abfluß der Rheingewässer auf diesem Wege zu erzielen und sie zerstörten abfichtlich die Arbeiten in einer Ausdehnung von nahe an 150 Fuß, worüber von Seiten der Gemeinden Rheinek und St. Margarethen Reklamationen erhoben wurden. Nachdem eine längere Korrespondenz geführt und mehrere Augenscheine stattgefunden hatten, blieb die Sache auf fich beruhen.

In den Iahren 1826 und 1827 wurden neue Konferenzen abgehalten, bei denen. Oesterreich auf die Annahme der Korrektion durch den E s e l s c h w a n z drang, als der leichtesten und am wenigsten kostspieligen, wobei -sich aber der Kanton St. Gallen wenig geneigt zeigte, die Bahn einer vollständigen Korrektion zu betreten, und ·jedenfalls die beantragte entschieden von der Hand wies.

Damals wollte also nur O e f t e r r e i c h etwas Ernstes unternehmen; die St. Gallischen Behörden zeigten eine, wenigstens scheinbare, Gleichgültigkeit. Da Oefterreich ihr Widerstreben sah, fich in den vorgeschlagenen Plan einzulassen, so legte es ein neues, von Herrn Dui le, Adjunkten der Direktion der öffentlichen Arbeiten ausgearbeitetes Projekt vor, das seither seinen Namen trug.

Der Kleine Rath von St. Gallen antwortete im November 1829, daß dieses eine Frage oon Wichtigkeit sei und erdejjhalb bei der eidgenö[fischen Behörde einkommen müsse, und er verlangte die nöthige Zeit, um das Projekt einem gründlichen Studium zu unterwerfen.

Von dieser Zeit an entstanden zwischen einigen Gemeinden der Gegend sehr ernstliche Zwijtigkeiten über die -beiden Korrektionsprojekte, indem die einen ihre Arbeiten in der Voraussezung der Annahme des direkten Projektes über den E s e l s c h w a n z leiteten, und die andern, na* mentlich R h e i n e k , fich dagegen widersezten.

37t Oesterreich trieb zur Annahme dieses leztern Projektes, fndem>s fich sogar erbot, einen schiffbaren Kanal für die Stadt Rheinek anzulegen und erklärte, daß, wenn der Kanton St. Gallen weder in das eine noch in das andere Projekt einwilligen wolle, es keine Maßregel mehr ergreifen werde, um den Durchfluß des Rheins von der ©pize des Efelfchwanzes her zu hindern.

Nachdem sie eine Zeitlang geruht hatte, wurde diefe grage im Iahr 1836 von Neuem angeregt. Der Große Rath von St. Gallen entfchied, die Unterhandlungen mit Oefterreich wieder aufzunehmen, um die Annahme des passendsten Planes zu erzielen. Häufige Konferengen wurden seit jener Zeit abgehalten und es schien einen Angenblik, als ob man zu einer Lösung gelangen würde.

Indem fich der Kleine Rath von St. Gallen, auf ganz besondere Begehren von Seite Rheineks, entschloß, dem Duile'schen Projekte, welches den Vortheil bot, feen Rhein in der Nähe dieses Städtchens zu belassen, den Vorzug zu geben, fo fand er dennoch, daß es billig fei, benannte Ortschaft einen Theil der Kosten dieses 'Projektes tragen zu lassen, und nach vielem Sträuben verpflichtete sich endlich Rheinek, einen Beitrag von

55,000 fl. zu leisten.

Oesterreich gab dem andern Projekte den Vorzug, 'Willigte jedoch ein, das Duile'fche Projekt anzunehmen, am zu einem, wenn auch kostfpieligeren Resultate zu gelangen. In der 2.hat betragen, nach den damals ans* gefertigten Bauanfchlägen, die Kosten des erster» Pro* lekts fl. 183,420, während die Kosten des andern und auch des Duile'fchen auf fl. 280,644 zu stehen kommen, fo daß fich ein Unterfchied von mehr als fl. 97,000 her-·ausstellt.

Im Iahre 1840 wurde in Rheinek eine lezte Zu*

372 sflmmenknnft abgehalten, on der nian, nach vielen Schwie* Tigkeiten, eine aus 14 Artikeln bestehende, auf das D u i l e ' s c h e Projekt gegründete Uebereinkunft traf.

Der Kleine Rath von St. Gallen genehmigte diese Uebereinkunft, während fie dagegen der Große Rath in seiner Sizung vom 11. November 1840 verwarf.

So scheiterten die Anstrengungen, um zu einer Kor.« rektion dieses Theiles des Rheins zu gelangen, und bis auf die lezten Jahre wurde kein weiterer Versuch ge-1 macht, neue Unterhandlungen mit Oesterreich anzuknüpfen« Es ist in Wahrheit zu bedauern, daß so viele Korrespon# denzen, so viele Zusammenkünfte, fo viele Expertisen, so viele -.Berichte und Schreibereien zu diesem negativen Resultate geführt haben.

Vergleicht man jedoch das Duile'sche Projekt mit denjenigen, die seither ausgearbeitet worden find, so fragt man fich, ob es nicht ein ©lük fei, daß man nicht beträchtliche Summen für Arbeiten aufgeopfert hat, die man vielleicht später wieder aufgeben würde, oder die unaufhörlich das Bedauern erweken müßten, nicht etwas Vollkommene tes unternommen zu haben.

Später wurde wirklich durch Herrn H a r t m a n n ein Projekt ausgearbeitet, welches von den Experten als das beßte angesehen wird, und bei dem es fich nur noch um die Annahme von Seite Oesterreichs handelt."

Eines der ersten Projekte, die für die Korrektion der ïezten Rheinsektion vorgelegt wurden, ist dasjenige des Ingenieurs N e g r e l l i ; es nähert fich am meisten dem gegenwärtigen Laufe des Flusses, und es war nie ernst* lich davon die Rede, dasselbe anzunehmen; die VerbesseTung, welche es herbeiführen würde, scheint heut zu ..tage ·nicht hinreichend zu sein.

373

Das Duile'fche Projekt*) nimmt den Rhein in der SWhe von B r u g g auf. Schon dort unterwirft es ihn einer Veränderung, um den starken Bogen, den er da* felbst beschreibt, zu vermindern; dann durchschneidet e§ bei ihrer untersten Breite die Landzunge, die den Namen ·gselschwanz trägt, und folgt von dort aus bis an den See dem jezigen Flußbette. Diefes würde «m 6540 Fuß kürzer, der gall merklich stärker und das Bett bis oberhalb Brngg um 2 guß 7 Zoll ausgehöhlt. E& wäre dieses eine Verbesserung, die aber nicht als hin* reichend angesehen werden darf, und die Sachlage hat fich seit 1826, zu welcher Zeit das Projekt ausgearbeitet ttwrde, zu sehr verschlimmert, als daß man sich damit begnügen könnte. Uebrigens würden mehrere Gemeinden dessen Annahme mit Bedauern sehen; eine große Anzahl Arbeiten find schon ausgesührt worden, die demselben entgegenlaufen. Die österreichischen Behörden -find gegenwärtig wenig geneigt, es anzunehmen und zu* dem wäre es mit großen Kosten verbunden. Ein der Gemeinde St. M a r g a r e t h e n angehöriger Gebietstheil Würde auf das rechte Ufer zu liegen kommen. Die Er.perten rathen vom Projekte entfchieden ab.

Das Projekt durch den R i n n f a l oder den Aus.-laß ist vonOesterreich immer vorgezogen worden; seine Abgeordneten haben fich sogar seiner Zeit anerboten, großentheils dessen Ausführungskosten zu deken. (.?$ folgt dem gegenwärtigen Laufe des Flusses, den es unbedeutend verändert, bis an dieSpize des Eselschwan.« ìes, von wo aus es sich dem See zuwendet. Dieseê*) Es trägt Nr. l auf dem Plane, der dem Berichte Pestalozzi'e und .ïaNicea's beigefügt ist; das Projekt durch den Rinnsal und den A u s l a ß Nr. Z, und dasjenige, das direkt von Brngg ««<·§ gnßach geht, Nr. 3.

..Bundeublatt. Jahrg. TI. m. I.

31

374

f rojekt vermindert die Flußstreke um 15,975 guß, b. h.

um 9000 Fuß mehr als das vorher genannte ; es verfchaft eine Tieferlegung des Flußbettes um .6 gu§ 6 3oÜ und 6 Linien, und bezwekt daher, neben einer weit leichteren Ausführung, eine viel vollständigere Korrektion.

-Die Kosten der Ausführung find ebenfalls weit geringer.

s würde die Gemeinden R h e i n e k und A l t e n r h e i n von einer großen Dämmungslast befreien. Dagegen

Würde es die Gemeinde Rheinek der Schifffahrtsvortheile berauben, und es wären neue Kosten nothwendig, um ·Ihr diefelben wieder zu »erfchaffen, sei es, indem mun t>a,s alte, vom Strome verlassene Bett tiefer graben, «der, indem man von dem Inneren heraus Wasser-..«flösse leiten würde. Man macht weiter darauf aufmerk-

[am, daß das fragliche Projekt weit entfernt ist, den gluß auf allen Stellen auszubessern. Endlich »erfezt basfelbe die natürliche Gränze und schafft dadurch neue Schwierigkeiten, ohne eigentlich große Vortheile zu bringen. Das Dorf Geiß au und ein Flächenraum von circa 1400 Iucharten (poses de terrain) käme auf das linke Ufer, was die Unterhandlungen mit Oesterreich .oerwikeln würde. Indessen ist doch ein Grund vorhan-

Sen., der sehr zu Gunsten dieses Projektes spricht, näm* 3i$ der,- daß es diejenige Richtung befolgt, welche die Natur dem Rheine anzuweifen strebt. Schon mehrmals -hat der Rhein seine hohen Gewässer über die ziemlich

«nße Löndesstreke ausgedehnt, die ihn an diesem Orte .oen dem See trennt, und eine Ueberfchwemmung dürfte genügen, um ihm daselbst bestimmt den Lauf zu bahnen.

Das dritte Projekt, dem die Ingenieure P e s t a Hö.j.ii und L a N i c e a den Vorzug geben, ist das von Herrn H a r t m a n n vorgeschlagene, welches von B rugg

aus, rechts von ftussach, direkt nach dem @e* fährt.

375

.Dieses Projekt verkürzt den Lauf des Flusses um 27,400 ·gug und bewirkt eine Tieferlegung des Flußbettes um 11 Fuß, 4 Zoll und 4 Linien; auch verspricht dasfelbe, vom technischen Gefichtspunkte aus betrachtet, die meisten Vortheile. Die Ingenieure Etzel und S au erb eck betrachten es ebenfalls als die Grundlage zu jeder Korrektion und rathen, ungeachtet feiner bedeutenden Kosten, zur Annahme desfelben, indem sie der Anficht sind, daß es nur bann der Fall sein kann, sich mit einem der vorgenannten Projekte zu begnügen, wenn Gründe politischer Natur der Ausführung dieses leztern lindernd entgegen treten.

Um die Möglichkeit der Ausführung zu bestimmen, find Messungen vorgenommen worden, deren Ergebniß

befriedigend ist.

Uebrigens enthebt uns das einstimmige Urtheil der Experten, hierüber ein Mehreres zu sagen.

Ein Punkt mnß aber besonders hervorgehoben wer* den, nämlich der, daß wenn dieses Projekt iti technischer Beziehung alle andern übertrisst, es dagegen in p o l i t i s c h e r Hinsicht um so größere Hindernisse her* vorruft.

In der That bewirkt es eine namhafte Gebietsverîeznng. Vier österreichische Gemeinden fänden ficfo mit einem Flächenraume von ungefähr einerDuädratstunde auf das linke Flußufer verfezt. Dieser Umstand gab Stoff ju einem vierten Projekte, bas seinen Anfangspunkt etwas unterhalb demjenigen des dritten hat, die Rîch1ung des Kanals links von Fussach verfolgt, und auf diefe Weise zwei der Ortschaften , Fusfach und B r u g g , welche der vorhergehende Plan von dem österreichischen Ufer abschneiden würde, auf diesem leztern läßt. Auf ·diesem Wege hoffte man die Hindernisse zu heben, in*

376 dem man fie verminderte. Aber da stößt man auf folchs.,einer andern Art. Das vorliegende Projekt ist aller* dings kürzer, als das vorige; aber es mündet in ben See an einer ungünstigen Stelle und durchschneidet vollkommen angebaute und sehr werthvolle Grundstüke.

Außerdem versezt es Fussach in eine unvortheilhafte .Lage, obgleich es diese Ortschaft begünstigen will. Dae Beßte ist daher, man halte fich an das von den Experien vorgefchlagene Projekt, wenn gleich es das österrei* chische Gebiet mehr als die andern durchschneidet, und es nicht wol anzunehmen ist, daß Oesterreich einwilligen werde, einen .-Theil seines Gebiets der Schweiz abzu* treten.

c. Die Regulirung des W a s s e r s t a n d e s des Bodensees.

In dem von Herrn Ingenieur P e f i a l o z z i im Iahr 1847 ausgearbeiteten Berichte prüft er sehr genau einen Umstand, welcher der Art ist, daß er sehr ungünstig, auf den Zustand des Rheines einwirkt, nämlich das ..pinderniß, welches der See seinem Ausflusse entgegen* stellt.

Dieser Umstand war übrigens den Experten nicht entgangen, welche die Rheinkorreftionsfrage zuerst be.handelt hatten; aber keiner aus ihnen befaßte fich damit so gründlich wie Herr P est alo zzi. Aus genanntem Berichte ersieht man, daß die Wassermasse, die fich in das Seebeken ergießt, diejenige weit übertrifft, welche jedesmal, wenn ein Anwachsen des Wassers eintrifft, ans demselben ausfließen kann. Die Folge davon ist, daß der See steigt und dem Einsließen des Rheins hin« lernd entgegentritt, gerade im Augenblike,. wo es wünsch«'

377 Sar wäre, daß die Wassermasse, die auszutreten droht, fich mit Leichtigkeit in den See ergießen konnte.

Dieser Zustand der Dinge hat nicht immer bestanden.

r rührt von den Sperrungen und Bauten her, die in Konstanz gemacht wurden, und welche den freien Abzug des Wassers hemmen. Früher hatte es Kanäle, die den Ausfluß des Obersees in den Unterfee erleichterten ; jezt aber bestehen dieselben nicht mehr. Die Experten ziehen aus der Ortsprüfung, die fie vornahmen, den Schluß, daß der Ausfluß des Wassers nicht in richtigem Verhältniß stehe zum Einfluß in das Seebeken, und daß während die Masse, welche dem See geliefert wird, anwächst, diejenige, die aus demselben ausfließen kann, fich vermindert.

Daraus entsteht, befonders in Zeiten großer WasserAnschwellungen, eine fatale Anhäufung an der Mündung des Rheins, wodurch im Unterrheinthal Ueberschwemmungen erzeugt werden. Nun erachten die Experten, daß es möglich sei, geeignete Maßregeln zu treffen, um den Abzug des Wassers zu erleichtern und das Resultat zu erzielen, daß die Dauer des Mittelstandes des Wassers verlängert und bei hohem Wasserstande der Seespiegel 2 oder 3 Fuß niederer erhalten werde, als er gegen--

.itärtig ist.

Das ist es, was unter der Regulirung des Wasser* standes des Sees verstanden wird. Es handelt sich nicht ··darum, eine beständige Nicdrigerstellung zu treffen, fonbern den Unterschied zu verringern, welcher der Zeit .zwischen dem Seespiegel bei hohem und bei niederem Wasserftande besteht.

Die Frage ist wichtig, und ihre Lösung der Art, ....·aß fie auf den Zustand des Rheines einen glüklichen Einfluß ausüben muß. Sie bildet unstreitig einen Be*

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ftondtheil aller der Arbeiten, welche eine vollständigeKorrektion voraussezt. Aber fie ist noch nicht reis, um ·praktisch ausgeführt zu werden, und man follte die Anssührnng der nüzlichsten Theile des Unternehmens nicht verschieben, bis man die Hindernisse, welche mit diefem verbunden find, beseitigt hat. Es ist zu wünschen, daß man sich bei Zeiten mit der Regnlirung des Wasserstandes des Sees befasse. Aber St. Gallen ist nicht der einzige Kanton, der fchweizerifcherfeits dabei betheiligt ist, sondern auch der Kanton T h u r g a u uni.» bis auf einen gewissen Punkt der Kanton S c h a f f h a u f e n . Andererseits trifft man auf mehrere Gränzstaaten, wie O e s t e r r e i c h , B a y e r n , B a d e n un.> W ü r t t e m b e r g , die ebenfalls bei einer Korrektion inieresfirt find. In ganz erster Linie müßte man mit diefen Staaten Unterhandlungen wegen eines gemein.» samen Studiums der grage einleiten, und fodann die Mittel zur Ausführung feftfetzen. Die Frage ist demnach noch nicht reif, weßwegen man fie nicht in diejenige der Rheinkorrektion mitbegreifen darf. In dieser Bejiehung haben die St. Gallischen Behörden wol gethan, fie, wenigstens für den Angenblik, ruhen zu lassen.

Daher wollen wir uns ebenfalls nicht weiter mit derselben beschäftigen.

d. Die Kanalifirung des Rheinthals.

Ueberall, wo Korrektionen von laufenden Gewässert., unternommen worden sind, hat man damit Kanalarbeiten .verbunden, in der Abficht, das den Unterfchwemmungen ausgefezte Land fruchtbar zu machen.

Diese Arbeiten sind die Ergänzung der Hauptkorrekiion; sie bilden gewissermaßen die K r ö n u n g des Werks., Auch die Studien, welche in Betreff der Rheinfor-

379 fektion gemacht wurden, haben gleichzeitig auf die Gefundmachung und die Kanalifirung der Ebene. geführt, mit dem Zweke, diefe durch das ColmatageverfahreîE fruchtbar zu machen; jedoch ist es hauptfächlich Herr $ a r t m a n n , der sich in feinen Abhandlungen damit

beschäftigt hat.

Indem er den Nuzen, der erwachfen würde, wenn, man zugleich mit der Tieferlegung des Flußbettes dag Srdreich erhöhen könnte, vollfommen anerkennt, fchlägt er dennoch ebenfalls vor, diese Frage einsweilen außer dem Bereiche des Unternehmens zu belassen.

Die Kanalifirung der Ebene ist der Art, daß sie auf viele Hindernisse stößt. Solche Unternehmungen fini} fehr kostspielig und wenn sie auch bisweilen glüken, so scheitern sie ebenfalls sehr oft. Sind sie leicht, wentt man nur geringe, den Ueberfchwemmungen ausgesezte fiandstreken vor fich hat, so werden fie beinahe unau.5--* führbar in einer Ebene, wie das Rheinthal ist, und bei einem Flusse wie der Rhein, der eine ungeheure Masse schwerer Materialien mit fich fortwälzt.

Das Colmatage geht auf natürlichem Wege auf dem ganzen glächcnraume vor fich, der zwifchen den unmit...elbaren Flußufern und den Hinterdämmen liegt; aber Ite für den Angenblik weiter ausdehnen zu wollen, hieße beim Beginn eines Unternehmens neue Verlegenheitra anhäufen, deren ohnehin schon genug ju überwinden find.

Das find die Gründe, welche Herrn H a r t m a n n bestimmen, fich für vollständige 2.rennung des Untere nehrnens der Kanalifirung deir Ebene von demjenigen der glußkorrektion auszusprechen.

Ohne Zweifel haben die St. Gallischen Behörden diese Anschauungsweise getheilt. So sehr man die Vor-3 theile anerkennen muß, die für das Rheinthal enlsprin*

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gen würden, wenn man es in den Stand fezen könnte, im Interesse der Urbarmachung des Bodens, den Schlamm zu benuzen, welchen der Rhein mit sich führt, fo be-greift man nichts desto weniger, daß die Hauptfrage .nicht durch eine Nebenfrage, die unmittelbar nur den Kanton angeht, und für welche die Eidgenossenschaft keinen Beitrag gewähren könnte, verwikelt werden darf.

Demnach betrachten wir diefen Punkt als völlig außer dem Bereiche der eigentlichen Rheinkorrektionsfrage ge# lassen, für deren Ausführung ein Beitrag verlangt wird,, und welche die G e r a d e m a c h u n g und die E i n d ä m * m u n g des Flusses, s o w i e die V e r ä n d e r u n g seines Bettes bei der M ü n d u n g im Unter.r h e i n t h a l umfaßt.

III. Die ..Jlheinkotrektuw ist der Art, nm einen Beitrag ans der Bnndeefaffe jn erhalten.

Wir haben im Einzelnen gesehen, welches der gegenwärtige Zustand des Rheines ist, und welch' verschieß ·denartige Verheerungen er in der Gegend anrichtet.

Wir haben uns von der Unzulänglichkeit der Mittel überzeugt, welche bis dahin angewendet wurden, um ihm zuwiderstehen, ihn in seine ursprünglichen Gränzen zu-rük zu drängen und das Land vor weitern Verheerun* gen zu bewahren. Wir haben sogar gesehen, daß, um das Land vor den zunehmenden Gefahren ficher zu

Hellen, es unumgänglich nothwendig ist, ··.wekmäßigere.

Mittel in Anwendung zu bringen als diejenigen find, welche man bis anhin gebraucht hat. Wir haben end* ïich gesehen, welches die von den Srperten vorgeschlage* nen Projekte find, um zu der Korrektion des Flusses Ϋ gelangen.



381 Ss bleibt uns nun zu sehen übrig, welche Folgerun.« gen wir aus den oben aus einander gesezten ..rhatsachen.·jezüglich des Unterstüzungsgesnchs, ziehen können.

Der ...Bundesrath hat fich in dieser Beziehung b e # jahend ausgesprochen und der Bundesversammlung eine .allgemeine Schlußnahme vorgeschlagen, dahin gehend, sie inöchte fich geneigt erklären, das Rheinkorreftionsunter.» nehmen zu unterstüzen.

Auch wir erachten, man könne fich in diefer Ange* legenheit b e j a h e n d aussprechen. Wir find der Anficht, es sei der Fall hier, den im Art. 21 der Bundesver.« fassung aufgestellten Grundsaz in Anwendung zu bringen, und zwar aus folgenden Gründen : 1) Das Unternehmen ist bedeutend und die zu über.» steigenden Schwierigkeiten find fehr groß. Den Rhein auf eine Streke von 14 Stunden einzudämmen, einen neuen Kanal zu graben, um einen Theil feines Laufes gänzlich zu verändern, die Hindernisse .politischer und administrativer Natur, die dem Un* ternehmen in den Weg treten, zu überwinden, die; zur Ausführung nöthigen Mittel und Wege zu ver# schaffen: all' dieses eïheifcht große Anstrengungen und reiht das Vorhaben einer Rheinkorrektion unter die Zahl jener schonen Unternehmungen , welche einer Zeit zur Ehre gereichen und heut zu Tage die Hilfe der Zentralbehörde verdienen.

2) Das Unternehmen ist der Art, daß daraus einem großen Theile eines Kantons beträchtliche Vortheile erfprießen. Es wird denselben von einer zunehmenden Gefahr retten, ihm eine glükliche Laufbahn eröffnen, und sollte es ihm auch nur die Ausficht auf eine, lohnende Arbeit verschaffen. Iedensalls ..vird den Bewohnern die Sicherheit, dem Klima

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seine Gesundheit und, durch Befreiung von dm grohndiensten, den Landesangehörigen die Freiheit wieder gegeben.

In Kurzem wird der Boden an Werth gewinnen.

Sein Mehrwerth kann nicht mit Gewißheit .-je.» rechnet, wol aber muthmaßlich bestimmt werden.

Herr H a r t m a n n gibt darüber folgende Angaben: Die Rednzirnng des glnsses auf seine Normalbreite ergibt einen Vodengewinn von 500 Iucharten (poses), die, zu Fr. 300, einen Werh von gr. 15O,0OO ausmachen. Von den 40,000 Iucharten Boden, die dem Einflüsse des Wassers unterworfen find, haben gegenwärtig 10,000 nicht den Werth von gr. 400, aber ihr Preis wird fich mit ihrem Er--trage verdoppeln, und sie mögen demnach einen Mehr* werth von nahe an 4 Millionen Franken bekommen.

Und was die übrigen 30,000 Iucharten betrifft,, so gewinnt man darauf, wenn auch ihr Werth fla) nur um Fr. 100 per Iuchart vermehren follte, im* merhin noch 3 Millionen.

Nehmen wir auch an, es feien diese Schäzungen zu hoch gestellt, so ist nicht desto weniger gewif, daß ein großer Umfang des Landes der Kultur wieder gegeben wird ; daß eine Bevölkerung von ungefähr 30,000 Einwohnern ihre ökonomische Lage verbessern und daß dabei dem Lande viele Produkte aufgehen werden, die es jezt vom Auslande her beziehen muß.

Für die Schweiz erwächst daraus indirekt ein unläugbarer Vortheil. Bei den Banden, die heut zu Tage alle Theile der Eidgenossenschaft nahe ver-*

binden, übt das Glük e i n e s ...theiles derfelben feinen Einfluß auf die andern aus, und eine all.«

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gemeine Solidarität muß sich notwendig unter die* sen Umständen kund geben.

3) Das Unternehmen ist der Art, daß es dem Kanton St. Gallen allein beinahe unmöglich ist, dasselbe zu Ende zu führen. Es übersteigt die Kräfte eines kleinen Staates. Selbst wenn das Projekt der Rektifizirnng des Wasserstandes des Sees und dasjenige der Kanalifirung der Ebene ausgefchlossen wird, so bleibt immerhin noch die Geradelegung und die Eindämmung des Flusses von R a g a z bis B r u g g , und das Ausgraben eines neuen Bettes in der lejten Sektion ju bewerkstelligen übrig.

Die Eindämmungskofien von der bündnerischen Kantonsgränze weg, aus einer Streke von beinahe 14 Stunden (37,324 Klafter) find von Herrn Hartmann auf 2,800,000 Franken gewerthet, was, wenn man die Arbeiten auf 12 Iahre vertheilt, eine jährliche Ausgabe von 234,650 Franken ausmacht. Um diefe Summe zu deken, werden die früher mit dem Unterhalte belasteten Gemeinden, die einzig für den ordentlichen Unterhalt und einige neue Bauten, Unfälle nicht eingerechnet, eine jährl'che Last von mehr als 115,000 Franken zu tragen hatten, ihre Steuer ungefähr um die Hälfte erhöht sehen; die Liegenschaften in der Ebene, welche aus dem Unternehmen Nuzen ziehen, werden ebenfalls steuerpflichtig gemacht. Auch die Staatskasse wird einen Beitrag zu (eisten baben. Es bleibt somit noch die Mitwirkung der Eidgenossenschaft übrig, welche sich beinahe als nothwendig herausstellt, wenn man die Korrektion.?festen von B r n g g bis an den ...Sod e n s e e , die auf eine Summe von 2 Millionen Franken angefchlagen find, hinzu zählt. Nimmt-

Oesterreich die Hälfte der Korreîtionskosten über fich, was man vernünftigerweise hoffen darf, wenn es fich entschließt, bei dem Unternehmen mitzuwirken, so bleibt eine Summe von 1 Million, die fich jedoch auf Fr. 735,148 reduzirt, nach Abzug dessen, was von den Gemeinden A l t e n r h e i n , R h e i n e î und St. M a r g a r e t h e n bezahlt wird, die von der Wuhrlast befreit werden, so wie auch dessen, was man aus der Hälfte des alten Flußbettes wird ziehen können. Cs machen nun die Fr. 735,000, zu den Fr. 2,800,000 gefchlagen, eine Summe von Fr. 3,535,000 aus, und es ist bekannt, wie oft man bei Voranschlägen fo bedeutender Unternehrnungen u n t e r der wirklichen Auegabesumme zu bleiben pflegt. Im Uebrigen muß man wol in Betracht ziehen, daß die Gegend, welche den bedeutendsten Antheil an diesen Kosten zu tragen hat, der Erschöpfung nahe .ist, und daß die St. Gallische Staatskasse deshalb schon schwere Lasten zu tragen hat. Außerdem müssen die Arbeiten, wenn fie von Erfolg sein sollen, nicht auf eine zu lange Reihe von Iahren verihdlt werden, indem fie thätig und energisch betrieben werden müssen. Es stellt fich daher heraus, daß bei Anbetracht der Forderungen des Unternehmens, verglichen mit den kantonalen Hilfsquellen, der Fall allerdings vorhanden ist, die Eidgenossenfchaft durch einen Beitrag fich betheiligen zu lassen.

· 4) Das Unternehmen entspricht übrigens den Bedin* gnngen, welche der Art. 21 der Bundesverfassung für die Benriüigung eines Beitrages stellt, durch das Interesse, welches mehrere Kantone an der Verwirklichung des Unternehmens haben.

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In einer feiner Sektionen, nämlich der im Bezirke S a r g a n s , ist der Zustand des Rheins für einen Theil der Schweiz gefahrdrohend, was bei der Oeffnung des Thales, das zum Wallenfee sührt, der Fall ist. Dort hat das Flußbett eine Höhe erreicht, die nur wenige Fuß niedriger ist,

als der höchste Theil des Landes, das zwischen M e l s und S arg an s die beiden ..rhäler trennt.

Schon in den Iahren 1818 und 1819 hat man sich mit der Hypothese beschäftigt, daß der Rhein das Rheinthal verlassen und sich in das Thal des Wallenfees stürzen könnte. Die Frage fchien s» wichtig, daß fich der eidgenöffifche Vorort damit befaßte, und man fchon damals zu dem Schlüsse kam, daß nur eine vollständige Korrektion des Slusses der Gefahr abhelfen könnte.

In der That steht der Wallenfee 200 guß niedriger als der Rhein, und die Nivellirungen, welche vorgenommen wurden, wnsen zwischen dem Rhein, nahe bei der Einmündung der Saar und des T r ü b b a c h s , und dem höchsten Punkte des ..Ehales zwischen Sargans und Mels, einen Unterschied von einigen 20 guß auf. Zwifchen demfelben Punktedes Thaïes und dem höchsten Punkte der Dämme beträgt der Unterschied nur 16 guß. Herr Jnge* nieur P est alo zzi nimmt in seinem Berichte vom Jahre 1847 ebenfalls die Möglichkeit einer Aende* rung in dem Laufe des Rheines an, die eine der außerordentlichsten Erscheinungen hervorbringen würde, welche sich denken läßt, und deren golgeit schwer zu berechnen wären, welche aber unfehlbar die großte Störung in den Kantonen G l a r u s,, Sch»..··&.· Zürich und Aargau anrichten müßte.

386 Es können allerdings noch viele Iohre hingehen, bis etwas Derartiges stattfindet; allein es dürften auch außerordentliche Umstände eintreten, welche ein solches Ereigniß in einem Augenblike, wo man es am wenigsten erwartete, beschleunigen würden. Es können fich Erdstürze ereignen, welche den Sauf des glusses hemmen; Überschwemmungen, 1 die Alles durchbrechen und Folgen haben, die u n b e r e c h e n t * bar, keineswegs aber u n m ö g l i c h sind. Was nlan jezt befürchtet, könnte dannzumal eintreffen.

Die gegenwärtige Lage der Dinge scheint übrigens?

den Zustand zu verfchlimmern, da fich das Bett des..

Rheins immer mehr erhöht und die Gefahr zu.« nimmt, anstatt abzunehmen.

Die Gefahr ist also, wenn auch nicht gerade obschwebend, keineswegs nur eingeblidet, und man be# greift, warum die Regierung Z ü r i c h s , bei Zeich.« nung einer ziemlich hohen Zahl Südoitbahnaklien, zur Bedingung gemacht hat, daß bei den Bahn* bauten die Erdwand, welche jwifchen M e l s und S a r g an s die beiden ...thäler von einander trennt, nicht erniedrigt werden dürfe.

5) Das Unternehmen beschlägt die Interessen der S c h w e i z , weil der Rhein die Gränze bifdet. Nun kann bei dem gegenwärtigen Stande der Dinge der ·gluß leicht versezt werden, weil er häufig von einem .Orte zum andern hinüber läuft, woraus hervorgeht, dtff die Gränze b e w e g l i c h und u n v e r ä n d e r l i c h ifiv ein Umstand, der fich nicht mehr zeigen wütde, fttün der Fluß einmal genau abgegränät, auf seine ursprüngliche Br-eife redüzirt und solid eingedämmt .Mte.

Von diesem Gesichtspunkte aus betrachtet, mu§

<3

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ss also für die Eidgenossenschaft von wesentliche..« Vortheil sein, daß die Korrektion unternommen werde.

Dieselbe gewährt der Schweiz ferner Vortheile, fowol vom Standpunkte ihrer Zölle, als von ihrem .Wehrwefen aus betrachtet. Sie foll durch einen mächtigen, tiefen und reißenden Strom, der nicht so leicht überschritten werden kann, wie dieß gegen-* wärtig an einigen Stellen wegen seiner übermäßi«» gen Breite der Fall ist, gedekt sein.

6) Da der Rhein eine Militär- und Handelsgränzc der Schweiz bildet, so liegt die Korrektion von B r u g g nach gusfach im höchsten Interesse der "Sidgenossenschaft. Bekanntlich würde in Folge der neuen Richtung, die man dem Rhein gäbe, ein ..theil des österreichischen Gebietes abgeschnitten und käme auf das linke Ufer, fo daß die natürliche Gränze der Schweiz verschwinden würde. Dieses hätte für die Schweiz feine Nachtheile, sowol in k o m m e r z i e l l e r als ganz besonders in militari-. 1

scher Hinficht.

In diesen beiden Beziehungen müßten die Interessen der Eidgenossenschaft gewahrt werden, indem man z. B.» trachtete, daß die Zolllinien auf das neue Bett zu stehen kamen, und die freie .Jlußfchifffahrt, fo wie andere ahnliche, nüzlich fcheinende Bedingungen vorbehalten wurden.

Vom Gesichtspunkte der V e r t h e i d i g u n g aus müßte ·man z. B. trachten, daß das neue Bett die Militärgränzc giibe, und daß der auf dem linken Ufer gelegene öster* reichifche Gebietstheil zu keiner Zeit von diefer Macht durfte mili.ärifch befezt werden, während dieses dagegen von Seite d«r Schweiz der galt fein dürfte.

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Die Frage ist daher t e r r i t o r i a l und interna.- 3 l io na l, und berührt die Schweiz in erster Linie.

Die Schweiz kann weder bei der .Jestjlellung der .Korrektionslinien, noch bei der Genehmigung eines der Projekte für Aenderung des Flußbettes in der lezten ·Sektion, noch bei den Solgen, die daraus entstehen ïijnnen, gleichgiltig sein. Sie muß fich daher bei den Unterhandlungen betheiligen, sowol kraft der Art. 8 .and 10 der Bundesverfassung, als wegen der Klauseln, die im Interesse der Schweiz als nothwendig aufzunehinen find. Diese Punkte müssen Gegenstand förmlicher Verträge mit den Uferftaaten bilden, und die Eidgenos* senfchaft muß dabei gegenwärtig fein.

Nun besteht aber noch kein derartiger Vertrag mit Dejterreich, und so lange ein solcher nicht abgeschlossen ist, kann nicht ..pand an das Unternehmen gelegt wer* den, da die Experten geradezu in der Aenderung der .Rheinrichtung bei seiner Mündung die Grundlage einer vollständigen Korrektion erbliken.

Das bereits Gesagte wird, nach unserer Anficht, das .Interesse der Eidgenossenschaft hinreichend darthun, und es muß Iedermanu klar einleuchten, daß fie fich einer .Betheiligung an der Rheinkorrektionsfrage, sei es durch .îheilnahme an den nöthigen Unterhandlungen, um zu einer .Lösung zu gelangen, oder durch Gewährung eines ·Beitrages aus der Bundeskasse nicht entziehen kann.

.Uebrigens ist der Beitritt der Bundesbehörde bereits thatsächlich entschieden und fie konnte diesem Unternehmen, »om Anfang an, nicht fremd bleiben. Schon seit 1816 hat fich die ...Cagsazung mit dem Zustande des Rheines fcesaßt.

In golge der Ueberschwemmung vom Jahre 1817 irnd aus die Initiative des Standes © r a u b u n d f n ,

<5

389 ernannte die ...tagsazung unterm 2. August 1817 eine Kommisfion, welche die Sache zu untersuchen hatte, unfe namentlich die Gefahren, welche entstehen könnten, wenn der Rhein aus dem Rheinthale herausträte, um sich i« das Thal des Wallensees zu ergießen. Nach Aus* arbeitung einer Karte der Saarebene, und nach ge£ ·pflogener Berathung mit Ingenieuren, stattete die da* malige Kommiffion ihren ersten Bericht dem Vororte ab.

Sie drükte ihre Anficht über das Gefährliche der Sach* löge aus, bezeichnete die Stände S t. G a l l e n , Grau* b ü n d t e n , Glarus, S c h w y z , Zürich und Aargau als befonders bedroht, und erklärte eine eidgenössische Intervention, wobei man mit auswärtigen Staaten ztt unterhandeln hätte, als unerläßlich. In Folge diesel Berichtes lud der Vorort, welcher dazumal in Luzern war, die so eben erwähnten Stände zu einer Konferenz ein. Diefe Konferenz beschloß am 19. Iuli 1819 .Jolgendes : a. Die Intervenirung der Tagfazung zu verlangen, um mit den Uferstaaten in Unterhandlungen p treten ;

b. vom Obersten ...Cnlla einen Bericht über die grage abzuverlangen j c. neue Profile ausarbeiten und genaue Messungeit vornehmen zu lassen;

d. den Stand A a r g a u , der sich bis damals aller Partieipation enthalten hatte, einzuladen, an dm Konferenzen ebenfalls ..theil zu nehmen.

!>err Tuli a legte seinen Bericht an dem daraus folge}..-* den 11. August vor; sein Vorschlag ging dahin, den gjhein von der ..ramina weg Ms zum Schollberg zu ..»rbessern, und zwischen S a r g a n s und 3Wels einen Parken Damm anzulegen.

IBundesblait. Jahrg. TI. Bd. I.

32

390 Am 18. August 1820 fand eine neue Konferenz statt, an der man beschloß, die Erpertifen und Pläne den Kantonen mitzutheilen und die Beobachtungen und Studien fortzusezen.

Später erhielt der Vorort noch häufig Mittheilungen über diese Angelegenheit; aber die Regierung von St. G a l l e n unterhandelte direkt mit den auswärtigen Uferstaaten.

Als es sich um die Korrektionsprojekte bei der Rhein* snündung handelte, deren Wirkung sein konnte, die Besichte der Stände hinsichtlich der Gebietsfrage zu modifiziren, so wurde der Vorort davon in Kenntniß gesezt.

Am 31. Iuli 1840 beschloß der damalige Vorort Z ü r i c h unter Anderm, daß, falls man dem Rheine vor seinem Eintritte in den See ein neues Bett graben sollte, alles auf dem linken Flußufer liegende Gebiet der Schweiz abgetreten werden müßte. Es ist ziemlich wahrscheinlich, daß Oesterreich im Falle der Genehmigung des sogenannten Auslaß-Projektes (Nr. 2) dazu Hand geboten hätte.

Als es fich um Genehmigung des Duile'schen Projektes handelte, wurde der Vorort B e r n ebefnalls daöou in Kenntniß gesezt; und da dieses Projekt bezwekte, Dejlerreich einen kleinen Theil schweizerischen Gebietes abzutreten, so erklärte der Vorort, daß er im Vergleich §u den Vortheilen, die aus einer Flußkorrektion hervor* gehen würden, durchaus keinen Nachtheil für die Eidgenossenschaft erblike. Aber er verlangte die gänzliche Schließung des alten Flußbettes, damit nicht deren zwei 'bestünden, und so der Rhein, wenn er fich in beide »eragilen würde, leicht durchwatet werden könnte.

Zur gegenwärtigen Zeit und unter der neuen Bun-

'S-.

391 î)esverfassung, in Anwendung der Art. 8 und 10, und Besonders des Art. 21 dieser Verfassung, darf die Da* jwifchenkunft der Eidgenossenschaft nicht ausbleiben, we# i>er hinfichtlich der anzuknüpfenden Unterhandlungen, noch anit Bezug auf das gestellte Unterftüzungsgesuch. In diesem Sinne hat auch der Bundesrath die Sache auf.« gefaßt, wie dieß bereits im Anfang diefes Berichts gesagt wurde; denn er beschäftigte sich mit der Angelegen.heit so viel, als es von ihm zu erwarten stand, und hat auch zwei Mal der Regierung von St. G a l l e n Vollmachten zu den Vorunterhandlungen ertheilt. Was Mnn die Bundesversammlung anbetrifft, so hat fie schon «Inen Schritt vorwärts gethan durch ihren Beschluß vom 5. August 1853, und ihre Absicht lund gegeben, an dem .Unternehmen der Rheinkorrektion mitwirken zu wollen.

Ein Werk gleicher Art, wie das im Entwurfe liegende, ist unter der Mediationsakte, unter Aufficht und Leitung der Bundesbehörde ausgeführt worden, und es hat den gehegten Hoffnungen v o l l k o m m e n entsprochen; es ist fcieß das eidgenössische Unternehmen der L i n t h k o r r ekSi on. Wie im R h e i n t h a l , so ging auch dort eine ganze Oegend, in Folge der schädlichen Einwirkung der stehenden Gewässer und der Uebetfclwenimungen, ihrem Untergange entgegen, und man darf wol bezweifeln, ob ohne Betheiligung der Tagfazung man dazumal je dazu .gekommen wäre, jene Gegend einzig vermöge der Kräfte der intereffirten Kantone gefund zu machen. Aber fchon im Iahre 1804 nahm die Tagsazung die Angelegenheit ·an die Hand und die Resultate, die bis jezt erreicht wor* den find, haben die Berechnungen der Experten gerecht* tertigt und die gebrachten Opfer vergolten. Die'Ge* $end wurde ausgetroknet und gefund gemacht, so daß tine bedeutende Streke des damals ««angebauten und

392

aufgegebenen Sandes heut zu Tage das Bild des blühend-3 sten Wolstandes darbietet. Ienes Unternehmen hat der

Schweiz Ehre gemacht. Dasjenige der Rheinkorrek* ti o n ist der Art, noch größere Resultate zu erzielen.

Es ist an und für fich beträchtlicher und betrifft einen größern Landumfang. Zugleich ist es verwikelter wegen der mit den auswärtigen Staaten zu treffenden Maßnahmen, so wie auch wegen der auszuführenden Kunstwerke; endlich erfordert es größere Hilfsquellen.

Aber die Mittel, über welche die Eidgenossenschaft verfügen kann, find auch beträchtlicher. Im Iahre 1804 bedurfte es öffentlicher Aufrufe an die Schweiz; man mußte durch Aktienausstellungen Hilfsmittel schassen; das Sand, welches durch das Unternehmen gewonnen wurde, mußte zur Sicherheit der Darleiher verpfändet werden, und die Liquidationsrechnungen find bis auf die lezten Jahre fortgeführt worden.

Ganz anders verhält es fich jezt; die Einnahmen der Eidgenossenschaft gestatten ihr, diese große gemeinnüzige Unternehmung, für welche nach Art. 21 der Bundesverfassung ihr Beistand nachgefucht wird, tatsächlich zu unterstüzen.

IV. Das 9)ia% der vom Bunde jn bewilligen* den ...pilssstenet kann jcjt noch nicht sestgc» sezt werden.

Wir find also der Anficht, daß die grage: ob für die Unternehmung der Rheinkorrektion ein Beitrag aus der Bundeskasse bewilligt werden könne, bejahend zu entscheide« sei, und dem zusolge auch genpigt, dem vom Bundesrath vorgelegten Beschlußentwurf beizuflimmm.

393

Wir könnten jedoch für den Angenblik ein Weiter* gehen nicht anrathen und halten es nicht für möglich, jezt schon mit gehöriger Sachkenntniß den Betrag der Unterfiüznng festsezen zu können.

In der That wird es auch Ieder ganz natürlich finden, daß die Eidgenossenschaft, wenn auch geneigt, dieses Unternehmen zu begünstigen, bevor fie unwiderruflich Verpflichtungen für die Zukunft eingeht, Gewißheit ftch verschaffen will, daß das Opfer, welches fie fich auflegt, i>as gewünschte Rejnltat zur Folge habe, und daß dasselbe nur zu einer vollständigen und gründlichen Korrektion verwendet werde, welche die leidende ©egend ein für alle Mal vor den fie bedrohenden Gefahren bewahre. Palliativmittel oder nur theilweife Korrektionen können aber die Gefahren nur hinausfchieben, ohne sie zu heben, da fie nur zeitweilige und unzureichende Hilfe bringen und der Idee einer großen Unternehmung, wie die projektirte ist, nicht entsprechen; die Eidgenossenschaft wird zu solchen Zweken nie ihre Unterftüzung gewähren, noch ihre Zustimmung dazu geben.

Diejenigen, welche die Unterstüzung verlangen, mögen sich wol mit dem Gedanken tragen, daß die von ihnen .proiektirte Unternehmung die Gesammtheit der Flußkor.« tektion umfassen soll, worauf auch die Projekte der Expertcn ausgehen. So lange aber nicht in Ueberein·jHmmung mit dem hiebei am meisten interesfirten anstoßenden Staate ein vollständiger Korrektionsplan festgestellt worden ist, kann eine Verwirklichung dieser Idee ·nicht gehofft werden. Hinsichtlich desjenigen Theiles des Flusses, der fich von der Gränze des Kantons Graubünden bis nach Brugg erfirekt, wird der gegenwärtig .Befolgte Plan für genügend gehalten, und er ift sogar.

394 wie wir bereits gesehen haben, durch Uebereinkünfte, die für die betreffenden Staaten bindend find, angenommeit werden. Eben [o wurden für den Kanton Graubünden die Linien nach den Plänen angenommen und die Richtung, des Flusses von den Ingenieuren der zwei Kantone unto den politischen Behörden festgestellt. In Betreff der Sektion zwischen der T a m i n a und dem S c h o l l b e r g aber hat der neue Plan indessen die Genehmigung von Seite der Gemeinde 8. lasch nicht erhalten. Hinsichtlich der Flußstreke zwischen dem Sch o l l b e r g e « u n d der österr. ©ranze wurde mit dem gürstenthum Lichtensteitt eine Uebrninkunft in gesezlicher gorm abgeschlossen, unfe ein definitiver Plan festgestellt, der gegenwärtig eingehalten wird. In Betreff der untern glußstreken gegere das österr. Gebiet verhält es sich jedoch anders. E.S> besteht hier keine von den Behörden beider Länder an# erkannte Konvention, sondern es gilt nur ein provi* sorischer rnodns vivendi, der von den Ingenieuren angenommen worden und dem zufolge auf den Plänen Kor« rektionslinien bezeichnet wurden, unter Vorbehalt jedoch,» Slbänderangen daran treffen und künftig fogar ganz neue feftfezen zu dürfen. Angenommen auch, daß diese Linieit bis nach Brugg genügen, unter dem erwähnten Vorbehalte, daß sie nach Bedürfniß und Gutfinden der Ingenieure vortheilhaft abgeändert werden dürfen, ist es doch nichts desio weniger wahr, daß diese Verhältnisse die Nachtheile Ces Provisoriums mit sich bringen, d. h. daß keine Sicherheit dafür »orliegt, daß nicht die eine oder andere Partei willkürlich davon abweichen kann; daß sie daher für die Eidgenossenschaft zu u n b e s t i m m t find, und diefe also nwnfchen muß, eine s i c h e r e Basis zu .haben, bevor sie hinsichtlich der Untcrstiizung irgend welche:

Verpflichtungen eingeht.


395 Wenn es dessen ungeachtet auch nicht durchaus noth-* wendig ist, daß diefer Punkt durch eine Uebereinkunft geregelt werde, so ist doch behufs Feftsezung der bei der Korrektion der lezten Sektion des Flusses zu befolgenden Pläne eine solche unerläßlich. Wie bereits oben be-* merkt wurde, sind von den Ingenieuren mehrere Pro* jektc vorgeschlagen worden. Zwei derselben und be# sonders das vorzüglich angerathene Projekt Nr. 3 bie* ten sowol in technischer als auch in anderen Beziehungen sehr viele Schwierigkeiten dar. Wenn die für die Annahme dieses Projekts zu machenden Anstrengungen erfolglos sein sollten, so müßte man fich mit dem Entwurfe Nr. 2 begnügen, der jedoch nicht die gleichen Er* folge, wie der ersten, verspricht. Falls auch diefer leztere keine Zustimmung erhalten könnte, fo wäre es am beften, für den Angenblik von der Ausführung der Korrektion in fo großartigem Style, wie man anfangs beabsichtigt hatte, zu abstrahiren. Unglüklicherweife müßte man dann gestehen, daß die von der Eidgenossenschaft an die Bewilligung ihres Beitrags geknüpften Bedingungen nicht erfüllt worden feien.

Aus dem Vorhergehenden erhellt alfo, daß ein Um* stand jeder positiven Verpflichtung von Seite der Eidge* nossenschast vorangehen muß, nämlich das Zustandekommen eines Einverständnisses mit den betheiligten Staaten und besonders mit Oesterreich über die Annahme eines Korrektionsplans. Zu diesem Behuf* müssen die Unterhandlungen mit Oesterreich, fobald fich ein günstiger Augenblik hiezu darbietet, wieder angeknüpft werden; denn bevor eine Uebereinkunft abgefchlossen worden, ist es unmöglich, weder über die Verhältnisse des Unternehmens, noch über dessen wahrscheinliche Folgen ein Urtheil zu fällen. Wir fügen noch bei, daß es unnüz wäre, dm

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Arbeiten eine große Ausdehnung geben zu wollen, so lange man sich nicht über einen Korrektionsplan für das .Unterrheinthal vereinbart haben wird. Die Bafis jeder größeren Korrektion wird das neue Flußbett sein, welches ..tian hier zu graben beabfichtigt. So lange dieser Punkt noch unentschieden ist, werden auf den obern Sektionen nur strekenweife Werke ausgeführt werden können. Ohne Zweifel kann man über größere Hilfsmittel verfügen, auch eine bessere Einrichtung erzielen als früher (S. das St. Gallische Gesez vom 23. November 1852); allein der Plan einer vollständigen Korrektion des Flusses wird nie verwirklicht werden.

Zwei Umstände find überdieß in den Augen der eid# genöffifchen Behörden von gewisser Wichtigkeit, nämlich, die wahrscheinliche Dauer der Arbeiten und der Kostenanschlag des Unternehmens. Beide hangen von dem Plane ab, welcher d e f i n i t i v angenommen werden wird.

Das Projekt Nr. 3 ist das kostspieligste, erfordert die meisten Arbeiten, verspricht aber auch die wichtigsten Erfolge. Es ist in jeder Hinficht dasjenige, für dessen

Verwirklichung die Eidgenossenfchaft fich am kräftigsten

verwenden follte. Um aber den Betrag der Unterstüzung feststellen zu können, müßte zuvor der jedem der beiden Staaten zukommende Kostenbeitrag bestimmt werden.

Falls das Projekt Nr. 3 verworfen würde, müßte man fich mit dem Entwurfe Nr. 2 begnügen, welcher weniger Kosten verursachen würde, schneller auszuführen und von weit weniger Einfluß auf die Flußverhältnisse wäre. In der Voraussezung, daß dieser leztere Enttvurf angenommen würde, stellte fich auch der Betrag der Unterstüzung weit niedriger. Kurz, die EidgenossenIchaft muß zuerst die Kosten kennen, bevor das Maj..

«

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ihrer Mitwirkung an der Unternehmung bestimmt werde« ïann.

Dem zufolge muß vor Allem durch eine Uebereinkunst der bei der Unternehmung zu befolgende Plan und die Vertheilung der Kosten auf die beiden Staaten bestimmt »erden. Ueberdieß müßte diefe Übereinkunft die niJthigen Verfügungen über die gemeinschaftliche Leitung der Arbeiten enthalten. Endlich müßte sie im Interesse der Schweiz gewisse, durch die Verfezung der natürlichen Gränze nöthig gewordene Klaufeln stipuliren, indem durch diefe Veränderung ein Theil des österreichifchm Gebietes auf das linke glußufer zu liegen kommen würde.

Es erhellt au-s der, auf die frühcrn Eröffnungen von St. Gallen ertheilten Antwort, deren im Eingang unfers Berichts Erwähnung geschah, daß Oesterreich nicht abgeneigt wäre, auf neue Vergleichsunterhandlungen einzutreten, wenn es die Schweiz auch ihrerseits hiezu wirklich bereit und zu einem Beitrage an den Kosten des Unternehmens entschlossen sähe. Es ist nun aber sehr wahrscheinlich, daß die Regierung von St. Gallen, gestüzt auf ihr neuestes Gesez über die Rheinkorrektion, welches einen ganz neuen Weg eröffnet, fo wie auf einen Beschluß der Bundesversammlung, in welchem die Geneigtheit zur Unterstüzung dieses Werkes ausgesprochen wird, die Unterhandlungen mit Erfolg wird wieder an* knüpfen können. Bis aber dieselben zu einem Resultate gediehen fein werden, ist die Bundesbehorde nicht int Stande, die Ausdehnung des der Bundeskasse aufzuer-legenden Opfers zu würdigen. Diefen Gründen, die

Feststellung des Beitrags für den Angenblik zu verzögern,, fügen wir noch bei, daß nach der Ansicht der Kommission dieses nicht geschieht, um eine geringere Summe als

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die im Berichte des Bundesrathes erwähnte -- 50,( Franken jährlich während zwölf Jahren -- zu bewilligen; denn die zu bewilligende Summe kann zufolge der Pru* sung, welche über die Devife und andere Verhältnisse deç Unternehmung angestellt werden wird, eben sowol ver* mehrt als vermindert werden; fie wird auf keinerlei Weife präjudizirt und die Verschiebung dieser Bestimmung liegt in der Natur der Verhältnisse selbst.

Diele Verfchiebung liegt ebenfalls in der Natur der zwifchen den beiden Räthen und der Vollziehungsbehörde der Eidgenossenschaft bestehenden Beziehungen. Leztere ·Behörde konnte bis jezt diese Angelegenheit nicht mit der erforderlichen Sorgfalt prüfen. Ihr Bericht berührt.: weder den technischen, noch den administrativen Theil der Unternehmung, und fpricht sich auch über die iti jüngster Zeit vom Großen Rathe von St. Gallen be* fchlossenen Maßnahmen nicht aus. Es wäre zu wünö fchen, daß der Bundesrath feine Anficht in diefen ver* schiedenen Beziehungen zur Kenntniß brächte.

Von der Anficht ausgehend, daß der Bund nur einer vollständigen Korrektion seine Unterstüzung angedeihetî lassen will, ist es notwendig, daß die vollziehende Be* .{..orde die vorgefchlagenen Projekte prüfe oder prüfen lasse, um zu erfahren, ob fie den Bedingungen ent* sprechen und welches denselben am beßten Genüge leiste. Es ist nothwendig, daß der Bundesrath die Frage einer Prüfung unterwerfe, ob, falls das Projekt Nr. 3 nicht auszuführen wäre, dasjenige Nr. 2 von der ·...xidgenossenfchaft als zwekmäßig angenommen und un* ierftüzt werden könne. Er hat ferner zu unterfurhen,, welche Bedingungen bei den Unterhandlungen in Folge der Gränzveränderung zu Gunsten der Schweiz stipulirt

39.?

werden müssen. Mit einem Worte, es liegt ihm ob, der Bundesverfammlung neue Vorschläge über das Ge# eigneteste, das er beibringen konnte, vorzulegen und dieselben mit dem Resultat seiner Studien in allen diesen

Beziehungen zu begleiten.

Die Kommission hat fich zwar bereits eine Meinung über den größten Theil dieser Gegenstände gebildet; allein fie ist der Anficht, daß die Bundesversammlung, bevor sie über Fragen von solcher Wichtigkeit sich ausspricht, jedenfalls auch die Meinung der vollziehenden Behörde zu kennen wünscht.

Angenommen ferner, daß der Bund, bevor er das Maß seiner Mitwirkung sestfezt. Beweise wünscht, daß ; der direkt betheiligte Kanton auch seinerseits nach Maßgabe feiner Hilfsquellen das Mögliche thue, um die Unternehmung zu befördern, so ist es nothwendig, daß der Bundesrath das neueste Gesez von St. Gallen üöer die Rheinkorrektion prüfe und untersuche, ob die Leistungen des Kantons genügend feien.

Hinsichtlich der Ausführung des Unternehmens selbst, wird der Bundesrath fich von der Regierung von St«..

Gallen genaue Rechenschaft über den Modus, welchen sie zu befolgen gedenkt, geben lassen. Der lezte Bericht des Herrn H a r t m a n n gibt zahlreiche Erklärungen über die Aueführungsweife, welche man einzuhalten be# absichtigt. Es erhellt daraus, daß man die Unternehmung inner zwölf Iahren zu vollenden gedenkt; daß dieArbeiten auf der untern Streke beginnen follten, ohne jedoch Bauten auf anderen Sektionen auszuschließen, je nachdem sich die Möglichkeit hiezu erwiese oder die Bedürfnisse es erforderten; daß die Arbeiten durch einen befondern Direktor geleitet werden follten, dem die erforderliche Anzahl Gehilfen nebst Ober- und Unteraufsehern.

400 zugetheilt würde; daß an die Spize der Unternehmung eine Kommiffion gestellt werden follte, in welcher jeder der dabei interesfirten Theile vertreten wäre, und welche über die auszuführenden Bauten zu entscheiden, fo wie mit den Gemeinden sich in Verbindung zu fezen hätte u. s. w. Die Instandhaltung der Werke würde den Gemeinden überlassen, von welchen man auch eine bessere Organisation verlangen'sollte. All' dieses wird nur in dem an das Baudepartement des Kantons St. Gallen eingesandten Berichte erwähnt; das vom Großen Rathe genehmigte Gesez enthält nichts in dieser Beziehuutg, indem der Artikel diese Gegenstände späteren Verfügungen anheimstellt. Der Bundesrath hat sich deßhalb über die Abfichten der zustehenden Behörden in dieser Beziehung zu erkundigen und eine genügende Organisation und Leitung der Arbeiten zu verlangen.

Er soll der Eidgenossenschaft einen hinreichenden Einfluß vorbehalten und untersuchen, auf welche Weise sie zum größten Vortheile Aller eine Aufficht über die Unternehmung führen könnte. Hinsichtlich der Beziehungen mit Oesterreich endlich hat er in Berathung zu ziehen, ob es möglich und vorteilhaft wäre, eine permanente gemeinsame Kommisfion aufzustellen, die aus Vertretern beider Länder zufammengefezt (gemischte Kommisfion) wäre, welcher die oberste Leitung der Unternehmung zustände, und welcher schweizerischerseits eine Kommisfion der Art untergeordnet würde, wie fie bereits oben erwähnt worden ist.

Die Kommisfion würde es endlich bedauern, wenn der Bundesrath, der die finanziellen Verhältnisse am beßten kennt, nicht veranlaßt würde, sich über das Maß der für die Zukunft zu kreirenden Lasten auszufprechen.

Die ginanzverhältnisse find günstig und man kann der Bun-

401 desiasse, im Sinne des Art. 21, zn Gunsten von großen gemeinnüzigen Unternehmungen Opfer auferlegen; allein es scheint uns, daß, wenn es fich um bestimmte Ver* pflichtungen handelt, es fich wol der Mühe lohnt, die vollziehende Behörde um Mittheilung ihrer Anficht, wie weit die Gränzen der Klugheit zu gehen gestatlen, an* zugehen.

Der Bundesrath wird also der Bundesversammlung über die Fejtseznng der Unterflüzung neuerdings Vorschlage vorlegen, unter Mitgabe aller Belege und nothi* gen Erklärungen.

Ein unbedeutender Umstand, der jedoch zur Recht* sertigung einer Verfchiebung des Entfcheids über die Unterstüzung beitragen mag, ist folgender : Ein wichtiger Theil der Korrektion besteht in der Veränderung der gegenwärtigen Dämme, welche voller Mängel find. Man schlägt vor, fie durch andere, weiter vom Fluß entfernte,, nach e i n e m System und besser gebaute zu ersezen.

Die Eisenbahnlinie, welche dem Rhein entlang errichtet »erden soll, wird nun aler an vielen Stelleu zur Sicherung der Bahn selbst Dämme bauen, wodurch dem Unternehmen der Rheinkorrektion diese Arbeit an manchen Orten erspart wird. Da dieser Umstand nicht besonders behandelt wurde, so wissen wir nicht, in wie weit eine Erleichterung von einiger Bedeutnng in den Korrektions.* losten daraus erfolgen könnte und in wie weit es zwek* dienlich sein möchte, fich damit behufs Feststellung des eidgenosfischen Beitrags schon zum Voraus zu beschästi-5 gen. Wir hielten es dessen ungeachtet für unsere Pflicht, diesen -Punkt zu beruhten und der Prüfung des Bundes* tathes zu unterlegen, damit er untersuche, ob derselbe von einigem ©nflusse auf die Vorschlage, teelche er

402 .später der Bundesverfammlung vorzulegen haben wird, sein könnte.

In Erwägung also, daß die Unternehmung einer vollständigen Rheinkorrektion, wie sie, um die Schweiz für sich zu gewinnen und ihre Unterstüzung zu erhalten,« erstellt werden soll, ohne die Annahme eines der Pro?

jekte über die Ableitung des Flusses bei seiner Mündung nicht ausgeführt werden könnte; daß, da diefe Annahme nicht allein von der Schweiz allein abhängt, vor allen Dingen mit dem dabei mitktheiligten Staate ins Einverständniß zu treten ist, und zu ·diesem Behufe die Unterhandlungen wieder angeknüpft werden müssen; daß man erst, nachdem man sich über die Annahme eines Planes verständigt hat, im Stande sein wird, einen genauen Kostenanschlag des Unternehmens zu eutwerfen, so wie den der Schweiz zur Last fallenden Kostenantheil zu bestimmen und Hand ans Werk zu legen; daß es fehr zu wünschen wäre, der Bundesrath mochte gleichzeitig mit der Vorlegung neuer Vorschläge an die Bundesverfammlung, dieselben mit feinen Bemerkungen über die Entwürfe, die Pläne, die im In# .teresse der Schweiz zu stipulirenden Vorbehalte und das Maß der durch die finanziellen Verhältnisse bedingten Beiträge begleiten; daß endlich, viel daran liegt, daß der Eidgenossenfchaft hinsichtlich der guten Verwaltung und Leitung der Arbeiten hinreichende Sicherheit geleistet werde und daß sie fich eine zwekmäßige Oberaufsicht vorbehalte ; mit einem Wort, daß die Frage noch nicht ganz reis ist und man weitere Vorschläge nebst dem Erfolg der Unter·Handlungen abwarten muß, bei denen der Bundesrath, nach dem Wunsche der Kommission, fo viel als möglich fich

403 .Setheiligen sollte, sei es nun, daß er ferner durch .Vermittlung der Regierung von St. Gallen unter-* Handle, oder daß er es direkte oder durch Bevollmächtigte im Namen der Eidgenossenschaft thue, fchlagen wir, in allgemeiner Zufammenfassung und in Anerkennung, feap die Eidgenossenschaft wol daran thun werde, sich |egt schon zur Unterstüzung des Unternehmens der Rhein* îorrektion bereit zu erklären, vor, die Festsezung der ...Betheiligungssumme von Seite der Eidgenossenschaft auf fpäter zu verfchieben.

w. <§ ch l n ß.

Beschlussentwurf.

Sie Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft,

nach Einficht des Art. 21, Alinea 1 der Bundesver* fassung, dahin lautend, daß dem B u n d e das Recht ·Anstehe, im I n t e r e s s e der E i d g e n o s f e n s c h a s t a>der e i n e s g r o ß e n T h e i l s d e r s e l b e n , a u f Ko* feu d e r E i d g e n o f s e n f c h a f t ö f f e n t l i c h e W e r k e jtt e r r i c h t e n o d e r die E r r i c h t u n g d e r s e l b e n zu., «nterfiüzen; in Erwägung, daß das projektirte Werk einer voll.» fändigen Rheinkorrektion, für deren Ausführung man um die Unterstüzung des Bundes nachsuchte, nothwendig ift, um eine große, volkreiche Gegend vor den Ver* .flwstungen zu fchüzen, welche die Gewässer daselbst verur-* fachen :, daß diese Unternehmung die Hilfsquellen des dabei unmittelbar betheiligten Standes übersteigt, und daß die* felbe wegen der Großartigkeit des Werkes, wegen der zu' überwindenden Schwierigkeiten und der daraus für das

404

Sand entstehenden Vortheile die gesammte Schweiz in* teressirt und von ihr unterstüzt z« werden verdient; in Betracht serner, daß dieselbe durch die Natur ....er Fragen selbst, welche mit der Ausführung des Un* ternehmens verbunden sind, die Intervention der Bun.'

desbehorde unerläßlich bedingt ; andererfeits aber in Erwägung, daß die erforderliche Uebereinkunft mit einem der angränzenden Staaten noch nicht abgeschlossen worden ist und man befonders sich noch nicht über die Annahme eines der Projekte über die Ableitung des Flusses bei seiner Einmündung in den Bo* densee vereinigt hat; daß dem zu folge gegenwärtig weder die Kosten der Unternehmung festgestellt, noch auf der Basis einer vollständigen Korrektion thätig Hand ang Werk gelegt werden könnte, und daß zudem einige Punkte noch einer genauen Prüfung unterworfen und hinsichtlich der schnellen und guten Ausführung des Unternehmens noch einige Sicherheitsmaßregeln getroffen werden müssen, befchließt: Artikel 1. Der Bund erklärt sich bereit, in Anwens> dung des Art. 21 der Bundesverfassung, die Unterneh*1 mung der Rheinkorrektion zu unterstüzen.

Immerhin jedoch wird fie zur Begünstigung der Aus* siihrung des Unternehmens nur dann Geldbeiträge be--> .·.villigen, wenn ein Plan für eine möglichst vollständige Korrektion des Flusses angenommen und hinreichende Garantien getroffen worden find, um die Arbeiten unter eine zwekmäßige Leitung und Verwaltung zu stellen, so wie dem Bunde die nöthige Oberaufsicht zu verfchaffen.

Art. 2. Der Bundesrath wird die Unterhandlungen in der Absicht sortsezen oder sortfezen lassen, um zur An-» nahme eines Korrektionsplans mit denjenigen Klauseln

·S

405 swd Vorbehalten zu gelangen, welche als Folge einer ©ränzverfezung nothrtwidig erscheinen werden.

Er wird der Bundesversammlung neuerdings Vorfchläge hinterbringen und dieselben mit den Angaben be# gleiten, welche geeignet find, das Verhältniß sestzusezen.

nach welchem fich der Bund bei der Unternehmung zu letheiligen gedenkt.

Art. 3. Der Bundesrath ist mit der Voïlziehunfl -kes gegenwärtigen Beschlusses beauftragt.

Alfo beschlossen K.

Die Mitglieder der Kommission; <§. Fornerod, Berichterstatter.

J.


J.

..HÜttim.....««.

©Cf-jiWrttJ.

3Î. SPìetian.

S. 3. Si«gg ").

") Herr Z in g 8 hat -Serrn S l s p l i in der Kommission ersejt.

'a3uudesbïatt. Jahrg. VI. Bd. l.

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Bericht über Die Frage einer Rheinkorrektion und das bei der Eidgenossenschaft eingereichte Gesuch um eine Hilfssteuer, dem Ständerath erstattet von dessen (am 5.

August 1853 ernannten) Kommission. (Vom 21. Januar 1854.)

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1854

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06

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

04.02.1854

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325-405

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