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Schweizerisches

Bundesblatt.

Jahrgang VI. Band III.

Nro.

57.

Samstag, den 16. Dezember 1854.

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für die Erstellung einer Eisenbahn von Sitten an die

sardinische Gränze.

(Vom 4. Dezember 1854.)

Zwischen dem Kanton Wallis, repräsentirt durch seinen Staatsrath, einerseits; und Herrn Pierre - Marie - .Ioseph - Adrien de la Valette, Grundbefizer, wohnhaft zu Paris, Straße Vaugirard, Nr. 164, in seinem und seiner Mithaften Namen handelnd, andererseits ; ist folgender V e r t r a g abgefchlosfen worden: Der Kanton Wallis ertheilt durch gegenwärtigen Vertrag dem Herrn Adrian de la Valette, als Uebernehmer, oder der von lezterm bezeichneten Gesellschaft, die Konzeffion für Erstellung einer Eisenbahn von Sitten bis an die sardinische Gränze, mit der Befugniß, dieselbe nur bis nach Brieg fortzuführen, unter folgenden Vorbehalten und Bedingungen: Bundesblatt. Jahrg. VI. Bd. III.

52

570 Art. 1. Gegenwärtige ^Konzession dauert neun und neunzig Iahre, vom heutigen Tage an gerechnet.

Art. 2. Der Kanton Wallis behält fich das Recht vor, die Eisenbahn mit ihrem ganzen Betriebsmaterial, den Gebäulichkeiten und Vorräthen, nach Ablauf des

dreißigsten, fünf und vierzigsten, sechzigsten, fünf und fiebenzigsten und neunzigsten Iahres, und zwar gegen

Bezahlung des Werthes im Augenblike des Erwerbs, nebst einer Entschädigung von 10 Prozent, an fich zu kaufen; jedoch kann der Kanton Wallis dieses Recht nur dann ausüben, wenn er die Gesellschaft zwei Iahre vor den oben bestimmten Terminen davon in Kenntniß gesezt hat.

Art. 3. Die Gefellschaft der Walliser Eisenbahn hat, nach der Wahl der Konzesfionäre, ihren Siz entweder in Frankreich oder in der Schweiz; jedoch müssen fich die Konzesfionäre jedenfalls durch einen im Wallis wohnenden Bevollmächtigten vertreten lassen.

Art. 4. Die Statuten der Gesellschaft werden von den Konzessionären entworfen , müssen aber alle der Konzeffion auferlegten Verbindlichkeiten enthalten, und deshalb der Regierung von Wallis zur Genehmigung vorgelegt werden; ein Doppel wird in dem Kantonalarchive hinterlegt.

Art. 5. Ein ausführlicher Bericht über die Resultate der Konzesfion und des Betriebs soll jedes Iahr nach der Generalversammlung dem Kantone mitgetheilt werden.

Art. 6. Der Kanton Wallis erklärt den Bau und Betrieb der bewilligten Bahn für ein gemeinnüziges Unternehmen.

Alle gesezlichen Bestimmungen über den Straßenbau, und namentlich uber die Expropriationen sollen diesem

571 Unternehmen zu Statten kommen , unbeschadet der durch die Bundesgeseze für die Expropriation zu gemeinnüzigem Zweke vorbehalten Vorth.eile, und der Gesellschaft kommen nötigenfalls alle Rechte zu, welche die Geseze und Verordnungen der Kantonsregierung selbst für Staatsbauten einräumen.

Allfälli^e Streitigkeiten über die Berechtigung zur Er.propriation werden .vom Staats.rathe des Kantons ^Wallis in lezter Instanz entschieden.

Art. 7. Vor dem Beginn der Arbeiten, welche in Zeit von 15 Monaten, vom Tage der Ratifikation an gerechnet, ausgeführt fein müssen., foll die Gesellschaft das Projekt des Traeé und der Arbeiten, ganz oder ^heilweife, fo wie es von ihrem Ingenieur festgefezt worden ist, hinterlegen, und es kann ohne Zustimmung des Staatsrathes keine wefentliche Abänderung an den hinterlegten Projekten gemacht werden.

Art. 8. Der Boden und die Kunstarbeiten follen für zwei Schienenwege, die Erdarbeiten und Tunnel aber nur für einen Schienenweg eingerichtet werden.

Indessen steht es der Gesellschaft frei, ledere für zwei Schienenwege herzustellen, wenn fie es für angemessen .erachtet.

Art. 9. Alle Arbeiten müssen so dauerhaft ausgeführt fein, als erforderlich ist, um ein solches Material zu erhalten, wie man fich desselben auf den französischen Eisenbahnen für ahnliche Betriebsbedürfnisse bedient, 1nit Vorbehalt der Modifikationen, welche die Bergab- .

hänge und die Natur des Landes nöthig machen werden.

Art. 10. Der Kanton Wallis liefert der Gesellt

schaft, sei es als Staatsbeitrag, sei es für alles, ^was ihre Auslagen anbetrifft, als Subskription für das Gefellfchaftskapital :

.^72 1) Allen für den Bau der bewilligten Eisenbahn er^ forderlichen Boden, und zwar für zwei Schienenwege, sowol für die Bahnlinie selbst, als für die Ausweichstreken, Stationen, Magazine, Werkpläze, Wohnungen mit Gärten für die Angestellten und Bahnwärter.

In dem Bau der Eisenbahn ist mit inbegriffen der für die Stüzmauern, die. Gräben, die Böfchungen jeder Art, und die Fußwege erforderliche Grund und Boden.

2) Alles für Ouerschwellen, Wegübergänge, Einfriedungen, und überhaupt für alle übrigen Arbeiten des Schienenwegs, der Stationen und die Versertigung des Materials dienliche Holz.

Dieses Holz wird von dem Kanton Wallis geliesert, und zwar bearbeitet und zum Legen zugerüstet für die Onerfchwellen, für die. übrigen Zweke aber roh; das eine wie das andere muß aber von ihm an den Ort seiner Bestimmung geschafft werden.

Dieses Holz soll von guter Qualität und, je nach dem Gebrauche ^. für den es bestimmt ist, von Ei.^n-, Lärchen-, Richten-, Tannen-, Eschen-, Buchenholz u. s. w. s.^in.

Art. 11. Die Gesellschaft soll dem Kanton Wallis für alle Auslagen Rechnung tragen, welche ihm die im vorhergehenden Artikel erwähnten Arbeiten, Bodenaotre^ tungen und Holzlieferungen verursachen , und ihre Schuld bis zu deren Betrage durch eine entsprechende Summe in Aktien abtragen, die, mit Vorbehalt des im Art. 14 Gesagten, auf den Reservefond auszustel-

leu find.

5^ Art. 12. Der Kanton Wallis verpflichtet sich, der ^Gesellschaft unentgeltich Grund und Boden abzutreten, über dereu Quantität, Qualität und Lage., bestehe sie in Ebenen oder Bergen, eine besondere Unterhandlung ge.pflogen werden wird, sobald der Staatsrath die Ge^ meinden berathen und ermittelt hat, bis wie weit der Beitrag an Land gehen kann.

Für das Ergebniß dieser neuen Unterhandlung bleibt die Ratifikation des Großen Rathes vorbehalten.

Bei der Erwerbung von Gemeinde- und Privatgütern durch den Staat wird in keinem Falle das System der Zwangsabtretung Anwendung finden.

Art. 13. Der Kanton Wallis verpflichtet fich, den Konzesfionären den Ankauf der zur Unterhaltung der Eisenbahn nöthigen Wälder, wie auch aller andern Gemeindegüter zu erleichtern, die sie für die Bahn vortheilhaft halten, und er verleiht hiemit zu diesem Behuse das Recht, diefelben gleich jedem Kantonsbürger erwerben zu dürfen.

Art. 14. Als Garantie für die Erfüllung aller hier

eingegangenen Verpflichtungen sind die Konzessionäre gehalten, eine Bürgschaft von 100,000 Franken in Baar und in Staatspapieren, oder in Wechfeln,. die der Staatsrath aeeeptirt hat, zu leisten, und zwar 50,000 Franken auf die für Beendigung der Studien festgesezte.

Zeit, die andern 50,000 Fr. aber nach der Uebergabe des Bodens.

Die in Baar erlegte Summe wird bis zu ihrer Verwendung zu 4^/0 verzinset.

Diefe Bürgfchaftssumme soll zur Dekung der im Art. 10 vorgesehenen Leistungen durch den Stand Wallis dienen, und fie fällt dem leztern als Eigenthum ^n,.

falls die Eisenbahn nicht ausgeführt würde.

57^ Art. 15. .Die Gesellschaft hat alle aus der Anschaffung und dem Legen der Schienen und Unterlagen sür einen Schienenweg; aus der Anlegung der Auswei.chstreken , der Stationen und Wachthäufer ; aus dem Betriebe und der Unterhaltung der Eisenbahn und des Betrieb.^materials während der Dauer der Konzession erwachsenden, und überhaupt alle diejenigen Kosten zu bestreiten , die der Kanton Wallis nicht ausdrüklich übernommen hat. Dahin gehören namentlich auch die Kosten sür Wasserleitungen oder Passagen, so wie diejenigen für die eventuelle Wiederaufoauung und die Unterhaltung aller von ihr errichteten Werke.

Art. 16. Die Arbeiten sollen auf mehreren Punkten

der Linie, sogleich nach Hinterlegung des Traeé bei dem Staatsrathe, begonnen werden und in Zeit von 5 Iahren vollendet sein.

Der Kanton Wallis, w^.e die Konzessionäre, find nur sür die durch ihre Schuld verursachten Verzögerungen verantwortlich.

Die Gesellschaft foll, in so weit es ohne Gefährdung ihres Interesses geschehen kann, in ihrem Banplane die Austroknung und Gefundmachung der Ebene möglichst

berüksichtigen.

Art. 17. Während der ersten zehn Jahre der Konzesfion dienen alle Zinsen u^d Dividenden, welche zu den

Aktien gehören, die dem Stande Wallis laut Art. 11 definitiv zugetheilt worden find, als Sicherheit für die .Auszahlung der vorzugsweise den andern Aktionären ^u entrichtenden vierprozentigen Zinsen, ohne jedoch dieses .Zurükbehalten der Zinsen von einem Iahr an^ das .andere ^ übertragen.

Art. ......^ Die Gesellschaft verpflichtet sich, den Dienst a..^ der Bahn so einzurichten , daß wenigstens zwei Züge

575 für Reisende jeden Tag die ganze Bahnfireke befahren.

Die Züge für Reisende werden in einer Stunde bei

mittlerer Geschwindigkeit 35 Kilometer, die gemischten

und zugleich für den Transport von Reisenden und Waaren bestimmten Züge ^wenigstens 25 Kilometer mit ermäßigten Preisen zurüklegen.

Art. 19. Das Maximum der Tarife der Gesellschaft für den Transport von Personen, Vieh und Waareu ist wie für die Eisenbahn von Sitten an den Gensersee festgesezt, jedoch mit Zuschlag von ^, wenn die

Gesellschaft es nöthig findet.

Reisende, Schnellzüge.

Für 1 Kilometer..

Erste Klaffe: Gedekte und garnirte Wägen, mit ausgepolsterten Rüklehnen und ^Sizen, mit Glaeen verschlossen . 12 Cent.

Z w e i t e K l a s s e : Gedekte Wägen, mit Glaeen verschlossen und mit gepolsterten Sizen .

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. 08 ,, Dritte Klasse: Gedekte und verschlossene

Wägen, mit Bänken . . . 06 ,, Züge mit geringer Schnelligkeit, oder gemischte Züge.

Reifende.

D r i t t e Klaffe: Gedekte und verschlossene Wägen, mit Bänken .

.

. 04 ,.

Vieh, per Kof.

Pferde und Maulesel Ochsen, Kühe, Stiere

.

.

. 15 ,, . 10 ,,

.

.

. 04 ,,

.Bammel, Schafe, Lämmer und Ziegen

. 02 ,..

Kälber, Schweine, Hunde

.

.

.

.

576 Waaren.

Für die Waaren werden vier Klassen gebildet :

Per Tonne und per Kilometer.

^rste Klasse: Modelirtes Gußeiser, verarbeitetes Eisen und Blei, Kupfer und andere Metalle, verarbeitet oder

nicht, Essig, fremde Weine, geistige Getränke, Oel, Baumwollen- und Wollenwaaren, Zuker, Kaffee, Spezereiwaaren, Kolonialwaaren und Manufakturgegenstände . . .

Z w e i t e Klaffe: Inländische Weine, Getraide, Korn, Mehl, Käse, Butter, Stroh, Heu, Kalk und Gyps, Leim, Holzkohlen, Brennholz, Stangen, Sparren, Bretter, Bohlen, Zimmerholz, Marmorblöke, Quadersteine,

18 Cent.

Erdpech, Aspl^lt, Roheisen, Eisen

in Barren oder in Platten, Blei u.

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.

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Dritte Klasse: Salz, Kalk- und Gypssteine, Torf, Mühlsteine, Kiefel, Sand, Thonerde, Ziegeln, Ziegelsteine, Schiefer, Pflastersteine und Materialien aller Art für den Bau und die Ausbesserung der Straßen, rohes Erz .

.

.

.

Vierte Klasse: Steinkohlen, Kohlenblende,

Dünger und Asche

.

.

14 ,,

. 12 "

Der Tarif der Waaren steigt auf das Doppelte, ...venn dieselben auf Verlangen der Verfender mit Schnell^ ^itgen versendet werden.

577^ Art. 20. Die in vorstehenden Tarifen angefezten Transportpreise find nicht anzuwenden: 1) auf Lebensmittel und Gegenstände, die weniger als einen Kubikmeter messen und nicht 200 Kilogramm wiegen; 2) auf Gold und Silber in Barren, auf geprägtes oder verarbeitetes Gold und Silber, auf Ouekfilber und Platina, fo wie aufIuwelen, Edelsteine und andere Kostbarkeiten; 3) im Allgemeinen auf alle Pakete

und Kisten, die einzeln weniger als 100 Kilogramm wiegen. Für diese drei Fälle wird die Gesellfchaft die Preise festsezen, wie auch für die Wagen.

Die Erhebung der Tarife geschieht nach Kilometern, ohne Rükficht auf Bruchtheile der Entfernung , so daß ein angefangener Kilometer bezahlt wird, als wäre er durchlaufen worden. Auch kann die Gebühr für nicht weniger als fechs Kilometer entrichtet werden.

Das Gewicht der Tonne beträgt tausend Kilogramm, und die Bruchtheile des Gewichts werden nur nach Zehntelstonnen gerechnet, so daß jedes^Gewicht zwischen Null und einhundert Kilogramm wie einhundert Kilogramm, und jedes zwifchen einhundert und zweihundert Kilogramm wie zweihundert Kilogramm bezahlt.

Art. 21. ^alls die oben angeführten Tarife das Interesse der Gesellfchaft beeinträchtigen sollten, so kann sie dieselben, mit Einwilligung des Staatsraths, oder in .^olge eines schiedsrichterlichen Spruches, nach Art. 33, auf der Walliserlinie, sei es nur für einige Kilometer, oder für die ganze Streke erhöhen. Es steht ihr frei, dieselben zu ermäßigen und bei Verträgen, Abonnementen, Karten für Hin- und Rükreife und Ertrazüge jede beliebige Vergünstigung eintreten zu lassen. Auch bestimmt fie die Preise für die in obigen Tarifen nicht vorgese^ henen Fälle.

578 Art. 22. Die nicht vorgesehenen Gegenstände werden in diejenige Klasse versezt, mit welcher sie am meisten Aehnlichkeit haben.

Art. 23. Bis zur Beendigung der Eisenbahn in B rie g und bis zu deren Verbindung mit den sardinifchen Eisenbahnen, hat die Gesellschaft allein das Recht, einen regelmäßigen Dienst für den Transport von Reisenden und Waaren über den Simplonpaß, als .^ortsez^ng der Eisenbahn, zu unterhalten, wo aber dann der Unterhalt

der Straße ihr obliegt.

Die Tarife für den Transport werden der Genehmigung der kompetenten Behörde unterstellt, und es sollen dieselben nur mit Einwilligung der Parteien abgeändert werden dürfen.

Art. 24. Die Konzessionäre sollen immer das Vorrecht genießen, auf ihre Gefahr hin, und ohne irgend ein Opfer von Seite des Kantons Wallis zu verlangen, Zweigbahnen zur Vermehrung des Ertrags auf der Eifenbahnstreke zu erstellen und dafür die Tarife festzusezen.

Art. 25. Der Kanton Wallis gibt den Konzessionären für den Zeitraum von 99 Iahren das Recht, einen Besuch die n st auf Straßen, die fie mit Einwilligung von Gemeinden oder Privaten für die Zugänge zu den verschiedenen Naturmerkwürdigkeiten im Wallis, wie z. B.

Berge, Gletscher und Seen, zu erbauen in den Fal..

kommen könnten, nach einem Plane einzurichten, der anderweitig festgestellt werden wird.

Der Kanton Wallis wird die dießfälligen Bauten

der Konzessionäre erleichtern.

Der Staatsrath wird die Gränzen für die Zugänge .zu den Bergen, Gletschern und Seen auf das Begehren

57.)

der Konzessionäre gleich nach Verständigung mit den Eigentümern der betreffenden Grundstüke fefifezen.

Zu Führern sollen vorzugsweise Landesangehörige genommen werden.

Die erwähnte Gränzbestimmung soll bis zur ersten Einweihung der Walliser- Eisenbahn in Ordnung sein.

Art. 26. Die Gesellschaft verpflichtet sich, die Bahnzüge der Militärgewalt, behufs des Transportes von Truppen und Kriegsmaterial , gegen Bezahlung der

Hälfte der Tarife, zur Verfügung zu stellen. Die gleiche

Bestimmung findet Anwendung auf den Transport von Militärperfonen im Dienste, mögen fie in Abtheilungen oder einzeln reisen. Diefes Recht wird durch eine Einberufungskarte konftatirt, die den Agenten der Gesellschaft vorgewiesen werden muß.

Art. 27. Die innere Polizei aus der Bahn, den Ausweichstreken und Stationen steht der Gesellschaft zu; die allgemeine Aufficht aber über den Betrieb und die Polizei der Eisenbahn bleibt dem Staate vorbehalten.

Art. 28. Die Agenten, Unterbeamten und Wächter, welche die Gesellschaft anstellt, sollen nach hergebrachter Sitte beeidigt und vorzugsweise , wenigstens zu zwei Dritttheilen, aus den Bürgern des Kantons Wallis genommen werden.

Art. 29. Das Minimum der Ausweichstreken ist

auf sechs fefigesezt.

Art. 30. Der zollfreie Eingang des ganzen Be-

triebsmaterials und aller auf die Walliser Eisenbahn bezüglichen .Lieferungen wird , in so weit es den Kanton Wallis anbelangt, der Gesellschaft für die ganze Dauer der Konzession zugesichert, unbeschadet der gleichen Be-

günfiigung , welche durch die Bundesgeseze zugesichert ist.

580 Art. 31. Der Kanton Wallis übernimmt die Verpflichtung , die Geseze über das Eindämmen der Rhone, der Ströme und Gießbäche auf der ganzen Streke der Bahn zu deren Sicherheit strenge zu handhaben.

Art. 32. Wenn die Eisenbahn das Ufer der Rohne berührt, .in Gegenden, die der Dämme entbehren, und die Gesellfchaft dort Dämme aufführen läßt, fo wird der Staat die bei diefen Dämmen beteiligten Gemeinden einen Theil der Kosten tragen lassen, der denjenigen gleich kommt, die fie zu tragen gehabt hätten, wenn diese Dämme vor der Anlegung der Eisenbahn von ihnen wären errichtet worden. Es steht jedoch diefen Gemeinden frei, der Gesellschaft die Kosten, die fie in diefer Beziehung für ihre (der Gemeinden) Rechnung zu bestreiten im Falle ist, durch Abtretung von Gemeindegrundstüken nach einer Schäznng von Sachverständigen zu erstatten.

Art. 33. Die Konzeffionäre find für 15 Iahre, vom Tage der Eröffnung des Betriebs auf der ganzen Bahnstreke an gerechnet, von allen Abgaben auf ihren, von gegenwärtiger Konzesfion herrührenden Befiznngen und den von ihnen darauf zu errichtenden Gebäulichkeiten befreit.

Der Staat ermächtigt ferner die Konzefsionäre, vom Bundesrathe die Bewilligung auszuwirken für die freie Benuzung des elektrifchen Telegraphen im Kanton Wallis, und erlaubt ihnen auch, eine eigene Drathleitung für den Eifenbahndienst zu erstellen.

Nach den Bedingungen der Konzeffion der Eisenbahn von B o u v e r e t nach Sion kommt den Konzessionären das Eigentumsrecht auf alle Minen und Steinbrüche zu, welche bei Erbauung der Eisenbahn aufgefunden werden könnten.

581 Art. 34. Der Kanton Wallis wird keiner Eisenbahnlinie oder Zweigbahn, welche konkurriren könnte, irgend eine Konkurrenz ertheilen.

Art. 35. Streitigkeiten, die etwa wegen der Vollziehung des gegenwärtigen Vertrags zwischen dem Kanton Wallis und der Gefellfchaft in Betreff der Obliegenheiten entstehen sollten^ werden durch ein Schiedsgericht definitiv ausgetragen.

Um dieses Gericht zu bilden, bezeichnet jede Partei zwei Schiedsrichter, und diese vier Schiedsrichter wählen einen Obmann. Können sich die Schiedsrichter über die Person des Obmanns nicht vereinigen, so bildet der Bundesrath einen Dreiervorschlag, aus welchem sowol der Kläger als der Beklagte je einen von den Vorgeschlagenen zu streichen bat. Der Uebrigbleibende ist als-

dann Obmann des Schiedsgerichtes.

Art. 36. Die Konzesfionäre haben das Recht, die Eisenbahn von Bouveret bis an die sardinische Gränze bei Chablais zu verlängern, und dieß unter den in der Konzesfion für die Eisenbahn B o n v e r e t - S i o n enthaltenen Bedingungen.

Art. 37. Der Staat verpflichtet fich, mit der Erbauung der Fahrstraße über den St. Bernhard rasch fortzufahren und, sobald die Iahreszeit es gestattet, in Gemeinschaft mit den intereffirten Staaten, die Arbeiten am Tunnel, welcher diese Straße, nach getroffener Uebereinkunft, in^s A o s t a - Thal führen soll, beginnen zu lassen.

Art. 38. Die Gesellschaft hat bei Bestellung ihres aus 8 Mitgliedern bestehenden Rathes zwei Angehörige des Kantons Wallis zu wählen, wovon einer dem Staatsrathe genehm sein muß.

^582 Art. 39. Die Bestimmungen des Bundesgefezes vom 28. Heumonat 1852 über die Eisenbahnen finden auf vorliegende Konzeffion ihre Anwendung, und es ist dieselbe der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Also geschehen und in drei Exemplaren ausgefertigt

zu Sitten, am 29. Wintermonat 1854.

Gelefen und gutgeheißen, unter Vorbehalt der Be-.

stätigung des Großen Rathes.

Im Namen des Staatsraths, Der Präsident: ......i.. ^. ...^u^ufuu^u.

Obiges gutgeheißen:

Der Staatsschreiber-Adjunkt: ^r. ^. ^..o^^.1^.

^. ^ ^ ^.r.^.^.^.

.Der Große Rath des Kantons Wallis ratifizirt die vorstehende Konzession.

Gegeben im Großen Rathe zu Sitten am 4. Christmonat 1854.

Der Präfident des Großen Rathes t A^. ^ ^I.^rr^u^.^^ Die Sekretäre: .

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583 Beschlußentwnrf ., betreffend

die Eisenbahnen im Kanton ....^allis.

(Bom Bnndesrathe durchberathen am 11. Dezember 1854)

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer durch den Großen Rath des Kantons Wallis unterm 4. Dezember 1854 dem Herrn P. M. .I. A. de la Valette in Paris und feinen Assoeiés ertheilten Konzession für den Bau und Betrieb von Eisenbahnen von Sitten an die fardinische Gränze am Simplon einerseits, und von Le Bouveret bis an die sardinische Gränze bei St. Gingolph andererseits; und eines Berichtes und Antrages des schweizerischen Bundesrathes; .

in Anwendung des Bundesgesezes vom 28. Heu.^ monat 1852, beschließt: Es wird dieser Konzession, mit Ausnahme der Art. 6, Lemma 3, Art. 9, Art. 23 und Art. 25, lezterer in so weit er fich auf Dienfteinrichtungen mittels Fuhrwerken bezieht, welche Artikel Bestimmungen enthalten, die den Vorfchriften der in Kraft bestehenden Bundesgeseze über die Verbindlichkeit zur Abtretung von Privatrechten und über das Postregale, so wie der Verordnung über die technische Einheit im schweizerischen Eisenbahnwesen zuwider laufen, unter nachstehenden Bedingungen die Genehmigung des Bundes ertheilt:

584 Art. 1. In Erledigung von Art. 8, Lemma 3 des Bundesgefezes über den Bau und Betrieb von Eisenbahnen wird dem Bundesrathe vorbehalten, für den regelmäßigen periodischen Person....transport , je nach dem Ertrage der Bahn und dem finanziellen Einflusse des Unternehmens auf den Poftertrag, eine jährliche Konzeffionsgebühr, die den Betrag von Fr. 500 für jede im Betriebe befindliche Wegstreke von einer Stunde nicht übersteigen foll, zu erheben. Der Bundesrath wird jedoch von diesem Rechte fo lange keinen Gebrauch machen, als die Bahnunternehmung nicht mehr als 4 .^0 nach erfolgtem Abzuge der auf Abschreibungsrechnung getragenen oder einem Refervefond einverleibten Summen abwirft.

Art. 2. Der Bund ist berechtigt, die hier konzessionirte Eisenbahn, so weit sie wirklich erstellt worden, sammt dem Material, den Gebäulichkeiten und den Vor^

räthen, welche dazu gehören, mit Ablauf des 30., 45., 60., 75., 90. und 99. Iahres, vom 1. Mai 1858 an gerechnet, gegen Entschädigung an sich zu ziehen, falls er den Rükkauf jeweilen 5 Iahre zum Voraus erklärt hat.

Kann eine Verständigung über die zu leistende Entschädigungsfumme nicht erzielt werden, fo wird die leztere durch ein Schiedsgericht bestimmt.

Diefes Schiedsgericht wird fo zufammen gefezt, daß jeder Theil zwei Schiedsrichter erwählt und von den leztern ein Obmann bezeichnet wird. Können sich die Schiedsrichter über die Person des Obmanns nicht vereinigen, so bildet das Bundesgericht einen Dreiervorschlag, aus welchem zuerst der Kläger und hernach der Beugte je einen der Vorgeschlagenen zu streichen

hat. Der l.lebrigbleibende ist Obmann des SchiedsBerichtes.

585 Für die Ausmittlnng der zu leistenden Entschädigung gelten folgende Bestimmungen:

a. Im ^alle des Rükkaufes im 30., 45. und 60.

Iahre ist der 25fache Werth des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen 10 Iahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Bund den Rükkauf erklärt, unmittelbar vorangehen; im Falle des Rükkaufes im 75. Iahre der 221/^fache, und im Falle des

Rükkaufes im 90. Iahre der 20fache Werth diefes Reinertrages zu bezahlen; immerhin jedoch in der Meinung, daß die Entschädigungssumme in keinem Falle weniger als das ursprüngliche Anlagekapital betragen darf. Von dem Reinertrage, welcher bei dieser Berechnung zu Grunde zu legen ist, find übrigens Summen, welche auf Abfchreibungsrechnung getragen oder einem Refervefond einverleibt werden, in Abzug zu bringen.

b. Im ^alle des Rükkaufes im 99. Jahre ist die muthmaßliche Summe, welche die Erstellung der Bahn und die Einrichtung derfelben zum Betriebe in.diefem Zeitpunkte kosten würde, als Entschädi-

gung zu bezahlen.

c. Die Bahn sammt Zugehör ist jeweilen, zu welchem Zeitpunkte auch der Rükkauf erfolgen mag, in.. vollkommen befriedigendem Zustande dem Bunde abzutreten. Sollte diefer Verpflichtung kein Genüge . gethan werden, fo ist ein verhältnismäßiger Betrag von der Rükkaufsfnmme in Abzug zu bringen.

Streitigkeiten, die hierüber entstehen möchten, sind durch das oben erwähnte Schiedsgericht auszutragen.

Art. 3. Binnen einer ^rist von 15 Monaten, vom Tage diefes Befchlusses an gerechnet, also bis zum .... März Buudesblatt. Jahrg. VI. Bd. III.

^ 53

586 1856, ist auf der Streke Sitten-Brieg und Le BouveretSt. Gingolph der Anfang mit den Erdarbeiten für Erstellung der Bahn zu machen, und ein Iahr später,

also bis zum .... März 1.^57, auf der Streke von Brieg ^bis an die sardinische Gränze, und zugleich genügender Ausweis über die gehörige Fortführung der Bahnunternehmung zu leisten, in der Meinung, daß widrigenfalls mit Ablauf jener Fristen die Genehmigung des Bundes für die Konzesfion der Streke, welche in der festgesezten Frist nicht in Angriff genommen worden ist , erlischt.

Art. 4. Es sollen alle Vorschristen des Bundesgesezes über den Bau und Betrieb von Eisenbahnen vom 28. Heumonat 1852 genaue Beachtung finden, und es darf denselben durch die Bestimmungen der vorliegenden Konzesfion in keiner Weise Eintrag geschehen.

Im Besondern soll den Befugnissen , welche dem Bunde gemäß Art. 10 und 17 des erwähnten Bundesgesezes zustehen, durch die in den Art. 26 und 34 der Konzesfion enthaltenen Bestimmungen über Errichtung oder Bewilligung von Eisenbahnen und Zweiglinien in gleicher

Richtung, und über Transport von Militär und Kriegsmaterial um die Hälfte der niedrigsten Taxe nicht vor^ gegriffen sein.

Eben so darf der vollen Anwendung des Bundesgesezes über Verbindlichkeit zur Abtretung von Privat rechten, vom 1. Mai 1850, durch Art. 12, Lemma 3 der Konzesfion kein Eintrag geschehen, indem die in demselben enthaltene Ausnahme der Zwangsabtretung nur auf Gegenstände für den Betrieb verstanden wird.

.^ür die Fortfezung der Eisenbahn von Le .Bouveret nach St. Gingolph, welche nach vorliegender Konzesfion auf Grundlage der Konzesfion für die Bahn von L^ Bouveret nach Sitten ausgeführt werden kann, findet

587 der Bundesbeschluß vom 2. Februar 1853 über Genehmigung leztgenannter Konzesfion seine Anwendung.

Art. 5. Der Bundesrath ist mit der Vollziehung und üblichen Bekanntmachung dieses Beschlusses beaustragt.

Also den gesezgebenden Räthen der Eidgenossenschaft vorzulegen befchlossen, Bern, den 1l. Dezember 1854.

Im Namen des schweiz. Bundesrathes^ Der Bundespräsidentt .^. Fr.^^erosee.

Der Kanzler der Eidgenossenschast :

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Konzession für die Erstellung einer Eisenbahn von Sitten an die sardinische Gränze. (Vom 4. Dezember 1854.)

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16.12.1854

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569-587

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