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Bundesblatt

Bern, den 23. September 1965

117. Jahrgang

Band II

Nr. 38 Erscheint wöchentlich. Preis Fr. 33.- im Jahr, Fr, 18.- im Halbjahr, zuzüglich Nachnahme- und Postzustellungsgebuhr

9292 Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Genehmigung zweier zwischen der Schweiz und der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossener Verträge über die Bereinigung der Grenze im Abschnitt Konstanz-Neuhausen am Rheinfall sowie über die Einbeziehung der Gemeinde Büsingen am Hochrhein in das schweizerische Zollgebiet # S T #

(Vom 10. August 1965) Herr Präsident !

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen hiermit eine Botschaft über die Genehmigung zweier mit der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossener Verträge zu unterbreiten.

Der erste betrifft eine bedeutende Bereinigung unserer Nordgrenze, der zweite den Anschluss der im Kanton Schaffhausen gelegenen deutschen Enklave Büsingen an das schweizerische Zollgebiet, Beide Verträge nehmen eine umfassende Regelung von Grenzverhältnissen vor und stehen somit miteinander in engem Zusammenhang.

I. Vertrag über die Grenzbereinigung A. Ausgangslage1) Die Grenzlinie zwischen der Schweiz und der Bundesrepublik Deutschland im Kanton Schaffhausen ist eine der kompliziertesten der Schweiz. Sie hält sich meist nicht an die natürliche Geländebeschaffenheit (Wasserläufe oder HÖhenkämme), sondern verläuft ziemlich willkürlich und weist bekanntlich ausgeprägte Auskragungen und tiefe Einbuchtungen auf.

*) Vergleiche Hans Becker, Die Rechtsverhältnisse an der Schweizergrenze, Dissertation, Zürich 1931; H.Bolli, Die Enklaven BüsinRen und Verenahof, Schaffhausen 1927; Hans Werner, Die letzten Gebietsveränderungen des Kantons Schaffhausen und die Bereinigung seiner Landcsgrenze von 1839, in Schaff hauser Beiträge zur Vaterländischen Geschichte, Heft 14 (1937), Seite l ff.; Kurt Bächtold, Die Ereignisse an der Nordgrenze im April 1945, Sonderdruck aus «Schaffhauser Nachrichten», 1965.

Bundsblatt, 117. Jahrg. Bd. II.

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1126 Die bestehenden komplizierten Schaff hauser Grenzverhältnisse sind darauf zurückzuführen, dass der Kanton 1803 beim Entstehen des eidgenössischen Staatenbundes an eine Reihe deutscher Territorialherrschaften angrenzte.

Schweizerischerseits wurden zu Beginn des 19. Jahrhunderts, namentlich bei Napoleon I,, denn auch verschiedene Schritte unternommen, um eine klarere Gestaltung der Grenze zu erreichen. Diese Bestrebungen blieben aber ohne Erfolg. Auch anlässlich der Pariser Friedensverhandlungen von 1814 und vor allem am Wiener Kongress von 1815 konnten die Grenzvcrhältnisse zwischen dem Kanton Schaff hausen und dem Grossherzogtum Baden, das einziger Nachbar des Kantons geworden war, nicht befriedigend geregelt werden. Die von der Tagsatzungfür den Wiener Kongress bezeichneten Abgeordneten unterliessen es, die schweizerischen Begehren - unter anderem Abtretung der Enklave Büsingen, Verenahof und des sogenannten Schlauchs bei Bargen an die Schweiz - vorzubringen. Damit war die Gelegenheit zu einer grundlegenden Regelung der Grenzverhältnisse verpasst.

Am l. März 1839 hingegen gelang es, nach lange dauernden Verhandlungen, in einem zwischen der Schweiz und dem Grossherzogtum Baden abgeschlossenen Vertrag einige unhaltbare Grenzfragen zu beseitigen. Dadurch konnte neben gewissen Gebietsabtretungen wenigstens der Grenzverlauf in eindeutiger Weise festgelegt werden. Im damaligen Grenzbereinigungsvertrag wollte man aber Schweizerischerseits keinen Gebietsaustausch für die Enklave Verenahof anstreben. Konnte durch den Vertrag vom l. März 1839 immerhin der Grenzverlauf geregelt werden, so blieben doch seither eine Reihe von Fragen ohne befriedigende Lösung. Dazu gehört in erster Linie die bereits erwähnte Enklave Verenahof.

Diese Enklave stellt eine abgesonderte Gemarkung der deutschen Gemeinde Wiechs am Randen (Landkreis Konstanz, Land Baden-Württemberg) dar, die fast vollständig von der Schaffhauser Gemeinde Büttenhardt umgeben ist und einzig im Norden an die Gemeinde Opfertshofen stösst. Sie umfasst rund 43 ha Land, nämlich 33 ha offenes Feld und 10 ha Wald, die sich ausschliesslich im Eigentum von Schweizern befinden. Die Enklave wird von rund 20 Schweizerbürgern bewohnt und weist einen rein landwirtschaftlichen Charakter auf.

Aus der Geschichte dieser Enklave ist zu erwähnen, dass die Gemeinde
Büttenhardt, wie die übrigen Gebiete des Hegau, von der Stadt Schaff hausen von Österreich zuerst pfand-, dann kaufweise erworben wurde. Da die Grafschaft Thengen aber auf den Verenahof Anspruch erhob, wurde dieser Teil im Pfandvertrag vom T.Juni 1651 ausdrücklich ausgenommen, so dass kein Übergang an Schaffhausen erfolgte. Seit jener Zeit bildet der Verenahof somit eine Enklave, die zunächst zur Grafschaft Thengen, dann infolge des Friedensvertrages von Pressburg 1806 an das Grossherzogtum Baden gelangte.

Bemühungen zur Abtretung der Enklave an den Kanton Schaffhausen führten, wie bereits erwähnt, bisher nicht zum Ziel. Verhandlungen zur Abtretung an die Schweiz durch Gebietsaustausch waren 1913/14 bereits weit gediehen, wurden dann aber durch den Ersten Weltkrieg unterbrochen. Die später wieder aufgenommenen Bemühungen blieben ohne Erfolg.

1127 Die Enklave Verenahof bildet seit dem I.Oktober 1854 deutsches Zollausschlussgebiet, gehört aber, ohne dass hiezu rechtlich etwas vorgekehrt worden ist, zum schweizerischen Zollinland. Mit Ausnahme der 1839 erfolgten Grenzziehung besteht über die Stellung der Enklave keinerlei staatsvertragliche Regelung. So gibt es auch keine schweizerisch-deutsche Vereinbarung über die Zugangsrechte der Bundesrepublik zu der Enklave, so dass sich diese nach dem allgemeinen Völkerrecht richten. Ebenso fehlt eine Abmachung über die Rechtsund Amtshilfe. Dieser Zustand ist ausserordentlich unbefriedigend. Die Bewohner der Enklave unterstehen zwar der deutschen Hoheitsgewalt, haben aber allein schon infolge ihrer geographischen Lage, ihrer ausschliesslichen wirtschaftlichen Ausrichtung auf die Gemeinde Büttenhardt und ihrer schweizerischen Staatsangehörigkeit keine Verbindung mit der Bundesrepublik Deutschland. Die bestehenden Verhältnisse führen deshalb dazu, dass die Gemeinde Büttenhardt einen Teil der Gemeindeaufgaben, insbesondere das Schul- und Kirchenwesen, zu übernehmen hat, die Enklave aber im übrigen hinsichtlich Zivilstands-, Gerichts- und Polizeiwesen sowie Besteuerung usw. der deutschen Ordnung untersteht. Als Kuriosum sei erwähnt, dass die in der Wehrpflicht stehenden Bewohner der Verenahöfe ihre Waffe und Munition bei sich, also auf deutschem Gebiet aufbewahren, die Einwohner hingegen, die mehrheitlich Bürger von Büttenhardt sind, beim zuständigen Schweizerischen Konsulat in Freiburg im Breisgau immatrikuliert sind. Verschiedene Vorkommnisse, zuletzt im unmittelbaren Anschluss an den Zweiten Weltkrieg, haben gezeigt, dass der bestehende Zustand auf die Dauer unhaltbar ist, um so mehr, als die deutsche Gemeinde Wiechs ihrerseits die ihr zustehenden Gemeindeaufgaben in der Enklave, wie zum Beispiel Postzustellung, Wasserversorgung, nur mit erheblichen Schwierigkeiten ausüben könnte.

Ein anderer Punkt, der auf Grund der bestehenden Verhältnisse zu Schwierigkeiten Anlass gibt, ist der sogenannte «Schlauch» bei Bargen. Die Kantonsstrasse Bargen-Merishausen führt dort nämlich auf einer Strecke von rund 870 m über deutsches Gebiet. Dieses Gebiet gelangte aus ähnlichen Gründen wie der Verenahof nicht an die Schweiz und bildete ebenfalls seit langem Gegenstand von Verhandlungen. Es liegt auf der Hand,
dass dieser Zustand oftmals zu Komplikationen führte. So war während des Zweiten Weltkrieges die Kantonsstrasse Bargen-Merishausen wegen ihrer Überquerung von deutschem Gebiet im «Schlauch» für den Durchgangsverkehr während längerer Zeit geschlossen, so dass die Gemeinde Bargen ohne die für sie lebenswichtige Verbindungsstrasse mit Schaffhausen auszukommen hatte. Der bestehende Zustand ist ausserdem seit dem projektierten Ausbau der Nationalstrasse N 4 Schaffhausen-Bargen (Landesgrenze), die die Verbindung nach Stuttgart herstellt, noch unbefriedigender geworden.

Die komplizierten Grenzverhältnisse im Kanton Schaffhausen führten insbesondere in Krisen- und Kriegszeiten auch an anderen Stellen TV verschiedenen Schwierigkeiten zolltechnischer, militärischer und politischer Art. Es ist deshalb verständlich, dass man sich schweizerischerseits bald nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges auf dem Wege einer staatsvertraglichen Regelung darum

1128 bemühte, den Grenzverlauf zu vereinfachen und damit die bestehenden Probleme zu lösen. Im Vordergrund dieser Bemühungen musste, wie sich aus vorstehendem ergibt, eine Erfüllung der alten schweizerischen Postulate, nämlich die Abtretung der Enklave Verenahof und des «Schlauchs» an die Schweiz, stehen.

B. Die Verhandlungen

Nachdem die Verhandlungen innerschweizerisch durch Bund und Kanton Schaffhausen emlässh'ch vorbereitet worden waren, setzte der Bundesrat mit Bcschluss vom I.Juli 1955 eine Verhandlungsdelegation unter dem Vorsitz von Minister Prof. Dr. Rudolf Bindschedler, dem jetzigen Rechtsberater des Eidgenössischen Politischen Departements, ein, welcher unter anderem auch zwei Mitglieder des Regierungsrates des Kantons Schaffhausen angehörten. Die Delegation hatte zur Instruktion, eine Grenzbereinigung vor allem hinsichtlich des Schlauchs bei Bargen, des Verenahofs, längs einer Strecke der Wutach sowie bei Ramsen und Stein am Rhein/Öhningen und ausserdem eine ganz geringfügige Bereinigung beim Hauptzollamt Kreuzungen zu erreichen. Dabei musste stets der von der allgemeinen Staatenpraxis und insbesondere auch von der Schweiz befolgte Grundsatz desflächenmässig gleichen Gebietsaustausches massgebend sein ; wie die Erfahrungen gezeigthaben, wäre eine andere Lösung aussichtslos gewesen.

Die schweizerisch-deutschen Verhandlungen fanden dann zunächst in drei Phasen statt, nämlich vom 20. bis 23. Februar 1956 in Schaff hausen, vom 20. bis 26. Juli 1956 in Freiburg im Breisgau, sowie dann vom 18. bis 22. Februar 1957 in Schaff hausen. Als Ergebnis dieser Besprechungen wurde am 22. Februar 1957 ein Vertrag über die Bereinigung der Grenze im Abschnitt Konstanz-Neuhausen am Rheinfall von den beiden Delegationschefs paraphiert.

Die Besprechungen benötigten geraume Zeit, bis man sich über die schweizerischen Gebjetskompensationen einigen konnte. Verschiedene schweizerische Vorschläge fanden nicht die Zustimmung der deutschen Delegation.

Schwierigkeiten bereitete vor allem die Lösung des Problems Büsingen, auf das weiter unten noch eingetreten wird. Die deutsche Delegation machte die Regelung dieser Frage zur Bedingung ihrer Zustimmung zu den letzten schweizerischen Vorschlägen für die Grenzbereinigung. Aus diesem Grunde wurde in dem am 22. Februar 1957 unterzeichneten Verhandlungsprotokoll bestimmt, dass der Grenzbereinigungsvertrag nur zusammen mit einem solchen über Büsingen unterzeichnet und ratifiziert werden sollte.

Was den Verlauf der Verhandlungen vom Februar 1956 bis zum Februar 1957 und die im am 22. Februar 1957 paraphierten Grenzbereinigungsvertrag vorgesehenen Gcbietsaustausche anbelangt, so sind darüber
eingehende Ausführungen im Zwischenbericht des Regierungsrates des Kantons Schaffhausen an den Grossen Rat zur Frage der Grenzregulierungen (Vorlage des Regierungsrates vom 14. November 1917) enthalten. Auf erläuternde Bemerkungen kann deshalb in diesem Zusammenhang verzichtet werden.

Wie sich aber sehr bald nach der Paraphierung des Vertrages ergab, stiess dieser in gewissen Teilen des Kantons Schaff hausen auf starken Widerstand. So

1129 wandten sich insbesondere die Gemeinden Opfertshofen und Altdorf gegen den auf Grund des Vertrages von ihnen zu tragenden Gebietsverlustfür die Abtretung der Enklave Verenahof, die vor allem Büttenhardt zugute gekommen wäre. Auch in der Gemeinde Ramsen erhob sich Widerstand gegen die vorgesehene Abtretung des im Norden gelegenen Spiesshofes, der aus einem Gehöft mit Wirtschaft besteht. Wir werden auf diesen letztem Punkt noch eingehender zu sprechen kommen. Diese ablehnende Haltung gegenüber dem Vertrag griff dann auf den ganzen Kanton über. Wie sich in der Folge zeigte, blieb dieser Widerstand gegen gewisse Bestimmungen des Vertrages bestehen, so dass eine Unterzeichnung nicht mehr in Betracht gezogen werden konnte.

Unter Berücksichtigung der andauernden Opposition wurden deshalb vom Kanton Schaff hausen neue Lösungen gesucht. Dabei war man sich sowohl auf Seiten des Bundes wie des Regierungsrates von Schaff hausen einig, dass nur eine Lösung staatsvertraglich verankert werden könnte, die auch eine Abtretung des Verenahofes einbezog. Wäre nämlich die sich nun bietende Gelegenheit zu einer Regelung der Verhältnisse, die sich aus dem Enklavencharakter dieses Gebietes ergeben und auf die wir eingehend hingewiesen haben, nicht benützt worden, so wäre einmal mehr die Möglichkeit zur Beseitigung dieses unbefriedigenden Zustandes auf lange Zeit hinaus verpasst worden. Infolge der Opposition gegen den Grenzbereinigungsvertrag verstrichen einige Jahre, während welchen jedoch eine vertragliche Lösung der sich im Zusammenhang mit dem vorgesehenen Zollanschlussvertrag über die Enklave Büsingen ergebenden Probleme in zwischenstaatlichen Verhandlungen ausgearbeitet werden konnte.

Dank der an einer Regelung der Verhältnisse am Verenahof und am Schlauch interessierten Gemeinden, nämlich der Gemeinden Büttenhardt, Bargen und Merishausen, und vor allem der unermüdlichen Anstrengungen des Gemeindepräsidenten von Büttenhardt, Hans Muhl, ist es schliesslich gelungen, auf lokaler Ebene zusammen mit der deutschen Gemeinde Wiechs am Randen einen Vorschlag vorzubereiten, der dann vom Kanton Schaffhausen sowie vom Bund angenommen werden konnte. Gemäss dieser Lösung wird das Tauschareal für den Verenahof nicht nur hoheitsrechtlich, sondern auch zu privatrechtlichem Eigentum an die Gemeinde Wiechs am Randen abgetreten. Zu
diesem Zweck war es erforderlich, dass das entsprechende Land zunächst vom Kanton Schaff hausen von den privaten Grundeigentümern unter der Voraussetzung des Zustandekommens eines Staatsvertrages erworben werden musste. Dies bedurfte langwieriger und oftmals komplizierter Unterhandlungen mit den betreffenden Grundeigentümern. Wir werden auf die Einzelheiten dieser Lösung noch zurückkommen.

Im Laufe des Jahres 1964 fanden inoffizielle Besprechungen zwischen den Behörden des Kantons Schaff hausen und des Landes Baden-Württemberg statt, um die wieder in Aussicht genommenen schweizerisch-deutschen Verhandlungen vorzubereiten. Eine letzte Verhanrllungsphase fand dann, nach über siebenjähriger Unterbrechung, vom 16. bis 23. November 1964 in Freiburg im Breisgau statt, in welcher unter Zugrundelegung des im Februar 1957 paraphierten Vertrages die vorn Kanton Schaffhausen abgelehnten Bestimmungen neu behandelt

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wurden. Die deutsche Delegation zeigte für die schweizerischen Schwierigkeiten und die sich daraus ergebenden neuen Vorschläge grosses Verständnis, wobei vor allem dem Regierungspräsidenten von Südbaden, Herrn Anton Dichtel, ein besonderes Verdienst zukommt, so dass es gelang, eine Einigung zu erzielen. Als Ergebnis dieser Verhandlungen konnte am 23.November 1964 der Vertrag über die Bereinigung der Grenze im Abschnitt Konstanz-Neuhausen am Rheinfall samt Schlussprotokoll unterzeichnet werden.

C. Grundzüge des Vertrages

Gemäss Vertrag vom 23. November 1964 tritt nunmehr die Bundesrepublik Deutschland die Enklave Verenahof und einen Teil des Schlauchs bei Bargen an die Schweiz ab. Das ist, was die deutschen Leistungen anbelangt, das Kernstück des Vertrages. Damit sind zwei alte Begehren der Schweiz, um deren Lösung sich die Behörden des Bundes und des Kantons Schaff hausen seit über 150 Jahren bemühten, erfüllt worden. Mit dem Inkrafttreten des Vertrages wird somit durch den Übergang in schweizerisches Hoheitsgebiet die Enklave in ihrer bisherigen Völker- und staatsrechtlichen Eigenart zu bestehen aufhören und von da an Gebietsteil der Gemeinde Büttenhardt werden. Abgesehen von den sich dadurch unmittelbar für die Gemeinde Büttenhardt und die Bewohner des Verenahofes ergebenden Vorteilen wird nunmehr eine zweckmässige Zusammenlegung des landwirtschaftlichen Areals zwischen Büttenhardt und Verenahof ermöglicht.

. Das gegenseitig auszutauschende Gebiet umfasst rund 43 ha. Die Gemeinde Merishausen wird 30 ha, Opfertshofen und Büttenhardt rund 13 ha an Deutschland abtreten. Büttenhardt wird Merishausen und Opfertshofen durch entsprechende Gebiete zu entschädigen haben, da der Verenahof auf seine Gemarkung zu liegen kommt.

Eine Lösung bezüglich der schweizerischen Gegenleistung für die Abtretung der Enklave Verenahof konnte, wie bereits erwähnt, nur in der Weise gefunden werden, dass schweizerischerseits nicht nur eine gleich grosse Fläche in die deutsche Gebietshoheit übergeht, sondern dass dieses Austauschareal von 43 ha auch eigentumsmässig an die deutsche Gemeinde Wiechs übertragen wird (Art. 3, Abs. 1). Ohne diese in schweizerischen Grenzbereinigungsverträgen neuartige Lösung wäre eine Einigung nicht erreicht worden, da die abzutretenden Flächen wertmässig ungleich sind. Das abzutauschende Gebiet liegt vor allem im Beisental, einem Taleinschnitt östlich von Merishausen, sowie in kleinerem Umfang im Nordwesten des Verenahofes und enthält hauptsächlich Wald. Der Kanton Schaffhausen hat den allergrössten Teil der in Frage kommenden Fläche bereits erworben oder vertraglich gesichert. Die Kosten dieses Landerwerbs betragen 511199 Franken. Dabei ist man von einem Bodenwert von durchschnittlich 15 Rappen pro ma und einem Holzwert von 50 Rappen pro m2 ausgegangen. Für die rund 43 ha, die der Gemeinde Wiechs im Eigentum übergeben werden, macht das rund 280000 Franken aus. Die übrigen 232000 Franken entfallen auf den Verkehrswertzuschlag.

1131 In den Verhandlungen gelang es, nicht ohne Schwierigkeiten, der Bundesrepublik Deutschland einen Betrag von 200000 Franken (Art. 3, Abs. 2) zu überbinden. Es verbleiben somit für die Schweiz noch 311199 Franken. Nur durch diese Kostenübernahme war es möglich, die Zustimmung der deutschen Seite zur Annahme der weniger wertvollen Fläche im Beisental zu Eigentum als Gegenleistung für den Verenahof zu erwirken. Durch die Übernahme dieser Kosten fällt allerdings eine im 1957 paraphierten Vertrag vorgesehene schweizerische Entschädigung in der Höhe von 20000 Franken für den der Gemeinde Wiechs durch die Abtretung des Verenahofes entstehenden Steuerausfall weg.

Hinsichtlich des der Schweiz verbleibenden Betrages von 311199 Franken ist der Kanton Schaff hausen an uns gelangt mit dem Ersuchen, der Bund möge einen Teil dieser Summe übernehmen. Wir haben uns nach genauer Prüfung diesem Standpunkt angeschlossen. In der Tat erscheint das Anliegen des Kantons Schaffhausen als gerechtfertigt. Durch den Vertrag können komplizierte und anormale Grenzverhältnisse beseitigt werden, die vor allem in Krisen- und Kriegszeiten zu den verschiedensten Schwierigkeiten politischer, militärischer und zolltechnischer Art Anlass gegeben haben und es auch inskünftig geben würden. Ausserdem verläuft nun die Nationalstrasse N 4 bei Bargen im vollen Umfange auf schweizerischem Gebiet. Die neue Grenze folgt einem vereinfachten Lauf und ist leichter zu überwachen. Auch die Arbeit der Zollverwaltung wird dadurch erheblich erleichtert. Der Bund hatte also aus verschiedenen Gründen am Zustandekommen dieses Vertrages ein sehr grosses Interesse. Es rechtfertigt sich somit, dass der Bund einen erheblichen Teil des verbleibenden Betrages übernimmt. Wir haben deshalb in Aussicht genommen, einen Betrag von 200000 Franken zu Lasten des Bundes zu übernehmen. Es verbleiben sodann für den Kanton Schaff hausen noch 111199 Franken sowie die Differenz bis zum vollen Wert des dem Kanton gehörenden Waldes auf dem «Buchberg» im Betrage von 81293 Franken. Wir werden den dem Bund zufallenden Kostenanteil in die Nachtragskredite von 1965 aufnehmen, wollten aber nicht verfehlen, Ihnen bereits in diesem Zusammenhang davon Kenntnis zu geben.

Die ändern vorgesehenen Grenzregulierungen beruhen auf dem von der Schweiz, wie von ändern Staaten, bisher
immer befolgten Prinzip des Abtausches gleich grosser Flächen. Der vorliegende Vertrag hält sich an diesen Grundsatz.

Sie betreffen schweizerischerseits mit Ausnahme einer flächenmässig un bedeutenden Änderung im gemeinsamen schweizerisch-deutschen Zollgebäude Konstanz/ Kreuzungen (43 m2) ausschliesslich den Kanton Schaff hausen. Der Vertrag sieht im Steiner Kantonsteil die Zurücknahme der deutschen Grenze bei der sogenannten «Bleiche», die Verschiebung des Grenzverlaufs in der Nähe des Schienerbergs über dem Untersee sowie eine Korrektur beim Zollamt Ramsen, wo die Amtsräumlichkeiten bisher zum Teil auf deutschem Gebiet lagen, vor. Es betrifft dies im Steiner Kantonsteil rund 10000 m2. Aussereiner kleinen Konektur bei Neuhausen am Rheinfall an der nach Jestetten führenden Strasse wird ausserdem eine Grenzverschiebung im westlichen Teil des Kantons vorgenommen, in dem die Grenze bei Stühlingen, der deutschen Nachbargemeinde von

1132 Schieitheim/Oberwiesen, in die Mitte der Wutach, des Grenzflusses, verlegt und dadurch vom schweizerischen Zollamt etwas weggerückt wird. Dieser Austausch betrifft rund 40000 m2. Durch die Rücknahme des Grenzvorsprunges beim «Schlauch» bei Bargen konnte erreicht werden, dass nunmehr die Nationalstrasse N 4 durchgehend auf schweizerisches Gebiet zu liegen kommt; die entsprechenden Tauschareale von je rund 5 ha liegen im Merishauser Tal und nordöstlich des Dorfes Bargen.

In den Schlussverhandlungen vom November 1964 gab der in der Gemeinde Ramsen ganz im Norden an der Strasse Gottmadingen-Singen gelegene «Spiesshof », bestehend aus einer Gastwirtschaft mit Gehöft, Anlass zu beträchtlichen Schwierigkeiten. In Erfüllung eines deutschen Begehrens sollte dieser rund 2,5 ha umfassende Grenzvorsprung in das deutsche Gebiet auf Grund des 1957 paraphierten Vertrages der Bundesrepublik Deutschland überlassen werden. In der Folge erhob sich aber auch gegen diese Abtretung lebhafte Opposition in der Gemeinde Ramsen, obschon diese ein gleich grosses Gebiet als Gegenleistung erhalten hätte. Auch der Eigentümer der Liegenschaft, dessen Gastbetrieb allerdings hauptsächlich auf den Personenverkehr der Strasse Gottmadingen-Singen und im allgemeinen infolge seiner besondern Lage auf eine deutsche Kundschaft angewiesen ist, wandte sich gegen den Abtausch. Bis 1963 gab es von der deutschen Seite her keinen Zugang zum Wirtschaftsbetrieb, Die Ausgangslage für einen allfälligen Abtausch verschlechterte sich aber zu jenem Zeitpunkt, als die Zollverwaltungen einen Grenzübergang beim Spiesshof von der Strasse Gottmadingen-Singen her für den Besuch des Restaurants zuliessen.

Aus innenpolitischen Gründen konnte deshalb schweizerischerseits dem von der deutschen Delegation in den Schlussverhandlungen vorgebrachten Wunsch auf Abtretung des Spiesshofes nicht stattgegeben werden. Ein Vertrag, der diese Lösung vorgesehen hatte, wäre im Kanton Schaff hausen wiederum auf Opposition gestossen. Da deutscherseits beim Aufrechterhalten der derzeitigen Zugehörigkeit des Spiesshofes zur Schweiz Schwierigkeiten vor allem zolltechnischer Natur befürchtet werden, drohten die Verhandlungen an diesem für die Bundesrepublik wichtigen Punkt zu scheitern. Um einen solchen Ausgang, der nicht nur den sonst überaus befriedigenden Grenzbereinigungsvertrag,
sondern auch den Vertrag über Büsingen in Frage gestellt hätte, zu vermeiden, wurde hinsichtlich des «Spiesshofes» anlässlich der Unterzeichnung des Grenzbereinigungsvertrages zwischen dem schweizerischen und dem deutschen Delegationschef ein Notenwechsel vorgenommen. Danach wird schweizerischerseits festgestellt: «dass die beiden Vertragsstaaten bereit sind, die Verhandlungen über den Austausch der in der Gemeinde Ramsen, Kanton Schaffhausen, zwischen den Grenzsteinen 173 bis 178 gelegenen Grundstücke (Spiesshof) gegen flächengleiche deutsche Gebietsteile wieder aufzunehmen, sobald sich an der schweizerisch-deutschen Grenze beim Spiesshof Unzuträslichkeiten ergeben oder wenn der Spiesshof in das Eigentum oder den Besitz einer Person oder mehrerer Personen gelangt, die nicht Schweizerbürger sind. » Deutscherseits hat man sich mit diesem Vorgehen einverstanden erklärt; im übrigen wurde festgehalten ;

1133 «dass die Bundesrepublik Deutschland bei der Grenzüberwachung ihre Hoheitsrechte in vollem Umfang aufrechterhält und sich insbesondere vorbehält, die für den Grenzübergang am Spiesshof gewährten Erleichterungen jederzeit rückgängig zu machen.»

Somit konnte auch in diesem heiklen Punkt eine befriedigende Lösung getroffen werden.

D. Aufbau des Vertrages

Artikel l, Kernstück des Vertrages, regelt den von beiden Vertragsstaaten vorzunehmenden Gebietsaustausch. Er bedarf hier keiner weiteren Erläuterung.

Integrierender Bestandteil des Vertrages bilden die in neun Anlagen beigehefteten Pläne.

Artikel 2 setzt eine gemischte technische Grenzkommission ein, deren Stellung und Aufgaben mit denjenigen der in den übrigen von der Schweiz abgeschlossenen Grenzbereinigungsverträgen vorgesehenen Kommissionen übereinstimmen, Artikel 3 und 4 betreffen die der Gemeinde Wiechs im Austausch zum Verenahof zu Eigentum zu übertragenden Gebiete und sehen dabei in Artikel 3, Absatz 2 vor, dass die Bundesrepublik Deutschland der Schweizerischen Eidgenossenschaft einen Beitrag von 200000 Franken für den Ankauf dieser Flächen zahlen werde. Dieser Betrag wird vom Land Baden-Württemberg dem Kanton Schaffhausen überwiesen werden.

Artikel 5 regelt Fragen der Verkehrsverbindungen. Es mussten vor allem die Verbindungen der Gemeinde Wiechs zar Schweiz sichergestellt werden.

Artikel 6 wahrt die an der Wutach bestehenden Rechte einer Zwirnerei.

Artikel 7 enthält wie die meisten seit Kriegsende zwischen der Schweiz und der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossenen Vereinbarungen die übliche Berlinklausel. Sie hat zwar für den vorliegenden Vertrag keine praktische Bedeutung. Es handelt sich aber um eine Bestimmung, auf die von der Bundesrepublik grössten Wert gelegt wird, so dass die schweizerische Delegation schliesslich dem Wunsch auf Aufnahme der Klausel entsprach.

Artikel 8 legt Ratifikation und Inkrafttreten des Vertrages fest. Eine Kündigung desselben ist entsprechend der Natur der Grenzbereinigungsverträge nicht möglich.

Im Schlussprotokoll, das gemäss § 5 integrierender Bestandteil des Vertrages bildet, werden einige Einzelfragen geregelt, die keiner weiteren Kommentierung bedürfen. Von Bedeutung erscheint vor allem § l, wonach für die Bewirtschaftung von jenseits der Grenze gelegenen land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken, die jeweils zwischen den Vertragsstaaten geltenden Vergünstigungen im Grenzverkehr Anwendung finden und Kontrollen auf das für die Grenzaufsicht notwendige Mass beschränkt und im allgemeinen nur stichprobeweise ausgeübt werden. Diese Bestimmung ist geeignet, die nachbarschaftlichen Beziehungen zu erleichtern und Behinderungen auf ein Minimum zu beschränken.

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H. Vertrag über die Enklave Büsingen A. Ausgangslage1)

Die deutsche Gemeinde Büsingen am Hochrhein ist territorial von der Bundesrepublik Deutschland vollständig abgetrennt und ganz von schweizerischem Gebiet umgeben. Während im Süden die Mittellinie des Rheins auf einer Länge von 4,3 km die Grenze gegen den Kanton Thurgau und auf 0,5 km gegen den Kanton Zürich bildet, ist Büsingen im übrigen vom Kanton Schaff hausen umschlossen. Die Enklave Büsingen umfasst eine Fläche von 762,64 ha und zählte am 3I.Dezember 1962 904 Einwohner.

a. Politische Entwicklung Die Gemeinde Büsingen, deren Entwicklung seit jeher mit derjenigen der Stadt Schaff hausen eng verbunden war, hat eine bewegte Geschichte hinter sich.

Büsingen, vermutlich eine alemannische Gründung, wird erstmals urkundlich 1090 - als «Bosinga» - erwähnt, nämlich als Graf Burkart von Ncllenburg seinen Grundbesitz in Büsingen dem Kloster Allerheiligen schenkte. Biisingen war dann zusammen mit der Stadt Schaffhausen bis 1120 zu der Kirche St. Michael in Kirchberg - das im Gebiet der heutigen Gemeinde Büsingen liegt - kirchgcnössig.

Es gehörte zu der Grafschaft Nellenburg-Stockach und ging 1422 auf die Familie von Thengen, eine Seitenlinie der Nellenburg, über, die es ihrerseits zusammen mit der übrigen Landgrafschaft Hegau im Jahre 1465 an das Haus Habsburg, also an Österreich, verkaufte. Dadurch erhielt Österreich die hohe Gerichtsbarkeit, während die Nellenburger infolge Belehnung Vögte über Büsingen blieben. Diese Vogteirechte gelangten im Verlaufe des 16. Jahrhunderts an die Schaff hauscr Familie Im Thurm, die sie bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts zu bewahren wusste.

Im Jahre 1651 verpfändete Österreich die hohe Gerichtsbarkeit, unter anderem auch über Büsingen, an die Stadt Schaffhausen. Büsingen nahm während der Reformation mit den übrigen Schaffhauser Dörfern den neuen Glauben an, und die Büsinger machten unter der Schaffhauser Fahne die Kriege mit.

Gegen Ende des 17. Jahrhunderts kam es indessen zwischen Schaff hausen und Österreich infolge der Reformation zu Spannungen. Diese führten dazu, dass Schaff hausen 1693 den damaligen Vogt von Büsingen, Eberhard! Im Thurm, !) Vergleiche H.Bolli, Die Enklaven Büsingen und Verenahof, Schaffhausen 1927; Hans Becker, Die Rechtsverhaltnisse an der Schweizergrenze, Dissertation, Zürich 1931 ; Max Bolli, Die Enklave Büsingen, Dissertation, Zürich 1954;
Wilhelm Oberer, Die Staats- und volkerrechtlichen Besonderheiten der deutschen Exklave Büsingen in der Schweiz, Dissertation, Tiihirigen 1955: Ottobert Brintzinger, Untersuchungen über die rechtliche Stellung der deutschen Exklave Busingen irn Kanton Schaffhausen, unter besonderer Berücksichtigung der Verkehrs- und zolltechnischcn Fragen, Dissertation, Basel 1957; Philipp Daum, Die Exklave Büsingen von 1939-1964 (ohne Erscheinungsort) 1964.

1135 wegen dessen Neigung zum Katholizismus in Kerkerhaft setzte. Österreich übernahm den Schutz seines Lehensmannes. Die sich daraus ergebende bedrohliche Lage wurde erst 1699 durch die Freilassung Im Thurms gelöst, nachdem sich auch die Eidgenössische Tagsatzung mit dem Fall befasst hatte. Da Schaffhausen aber zuvor die Freilassung unterlassen hatte, zahlte Österreich Schaff hausen die 1651 erhaltene Pfandsumme zurück und erlangte so wieder die hohe Gerichtsbarkeit auch über Büsingen, Verhandlungen zwischen Österreich und Schaffhausen zur erneuten Abtretung dieser Gerichtshoheit führten 1723 zu einer Einigung betreffend den Reiat; sie brachten aber bezüglich Büsingens keinen Erfolg, da Österreich vermutlich infolge des Im Thurm-Handels die hohe Gerichtsbarkeit nicht mehr aufgeben wollte. Auch späteren Bemühungen Schaff hausens - unter anderem 1805 einer Eingabe an Napoleon I. - wiederum in den Besitz Büsingens zu gelangen, blieb der Erfolg versagt, Büsingen gehörte somit zu Österreich, bis es 1805 durch den Pressburger Frieden an Württemberg gelangte und 1810 dann dem Grossherzogtum Baden zugeteilt wurde. 1815 sollte am Wiener Kongress versucht werden, die Verhältnisse im Kanton Schaff hausen zu regeln; doch wurden die Anliegen Schaff hausens von der schweizerischen Abordnung nicht zur Sprache gebracht. Somit war die Gelegenheit zu einer Eingliederung Büsingens in das schweizerische Hoheitsgebiet verpasst. Die Stadt Schaff hausen hatte also seit 1699 keinerlei staatliche Hoheitsrechte mehr über Büsingen. Hingegen verblieb die Pfarrei Büsingen bis 1843 im Kirchenverband des Kantons Schaff hausen.

Die bestehenden Grenzverhältnisse im Kanton Schaffhausen führten am 21. Juli 1849 im Zusammenhang mit den Volkserhebungen in Süddeutschland zu einer schweren Verletzung der schweizerischen Neutralität, als hessische Reichstruppen per Schiff von Konstanz aus durch schweizerisches Hoheitsgebiet fuhren, um die Enklave Büsingen zu besetzen und die dorthin geflüchteten deutschen Republikaner zu entwaffnen. Der Bundesrat verfügte sofort eine Teilmobilisation, worauf der entstandene Konflikt, der sogenannte Büsinger Handel, in befriedigender Weise gelöst werden konnte.

Durch die Bildung des Deutschen Reiches im Jahre 1871 kam Büsingen sodann politisch zu Deutschland und ist heute in der Bundesrepublik Deutschland
innerhalb des Landkreises Konstanz eine Gemeinde des Landes Baden-Württemberg. Anschliessend an die beiden Weltkriege kam es in Büsingen zu Bestrebungen nach einer politischen Vereinigung der Gemeinde mit der Schweiz. Die schweizerischen Behörden verhielten sich der Eingabe der Büsinger Bevölkerung an den Regierungsrat des Kantons Schaff hausen vom 28. November 1918 gegenüber wohlwollend und bemühten sich um eine Wiedervereinigung Büsingens mit dem Kanton Schaffhausen, unter Abtretung eines entsprechenden Territoriums an das Deutsche Reich. Die Verhandlungen führten aber zu keinem Ergebnis. Hingegen wurden den 1946 gemachten Vorstössen weiter Kreise Büsingens auf einen politischen Anschluss an die Schweiz weder von den schweizerischen noch von den deutschen Behörden Beachtung geschenkt. Einem solchen Vorgehen standen auf beiden Seiten unüberwindbare Staats- und völkerrechtliche Bedenken entgegen.

1136 b. Die wirtschaftlichen Beziehungen mit der Schweiz Ungeachtet der politischen Verhältnisse war Büsingen wirtschaftlich stets eng mit seinen Nachbargemeinden, insbesondere der Stadt Schaffhausen, verbunden. Die Einwohner lebten hauptsächlich von der Landwirtschaft, wobei der Weinbau bis in die Wirren der Revolutionsjahre (1799-1801) eine besondere Rolle spielte. Noch in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts war der Weinexport nach Deutschland für Büsingen von besonderer Bedeutung. Was die übrige Landwirtschaft, insbesondere den Ackerbau anbelangt, so war Büsingen hier vom 15. bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts in weitem Masse von der Stadt Schaffhausen abhängig. Die Kontrolle über den gesamten Kornhandel lag bei den Behörden der Stadt. Nach dem Übergang an das Grossherzogtum Baden 1810 gehörte Büsingen dem badischen Zollgebiet an. Das führte dazu, dass in Büsingen ein Transitzoll erhoben wurde, der sich als Hemmnis im interkantonalen Verkehr des Kantons Schaffhausen auswirkte. Dies änderte sich wieder, als Baden 1835 dem Deutschen Zollverein beitrat und Büsingen zum deutschen Zollausschlussgebiet erklärt wurde. Daraufhin gelangte Büsingen in den Genuss von deutschen Sonderbestimmungen, die es der Gemeinde ermöglichten, ihre landwirtschaftlichen Erzeugnisse frei nach deutschem Gebiet auszuführen. Im übrigen wurden Büsingen alle Zollbefreiungen und -begünstigungen eingeräumt, die im Verhältnis zwischen der Schweiz und Baden bestanden.

Der Zollausschluss der Enklave wurde deutscherseits vorgenommen, um von einer schwierigen und kostspieligen Grenzkontrolle durch deutsche ZoUorgane absehen zu können. Schweizerischerseits wurde aber die Zollkontrolle aufrechterhalten, und zwar wurden im Verhältnis zu Büsingen die im Verkehr zwischen der Schweiz und Baden geltenden Zolltarifbestimmungen angewandt. Da Büsingen deutsches Zollausschlussgebiet war, erfolgte indessen die Einfuhr schweizerischer Waren nach Büsingen zollfrei. Mit Ausnahme des Weines, dem damaligen Hauptexportprodukt der Enklave, der zollfreien Absatz im deutschen Mutterland fand, wurde auf allen übrigen Erzeugnissen bei ihrer Einfuhr in die Schweiz der schweizerische Zoll erhoben. Da aber seinerzeit schon eine enge wirtschaftliche Verbindung mit dem Kanton Schaff hausen bestand, war dadurch die Landwirtschaft von Büsingen in ihrem
Fortkommen gehindert. Die unbefriedigende Lage verschärfte sich noch zusehends, als einerseits der Export von Wein nach Baden zurückging und anderseits die Schweiz 1886 und 1891 ihre Zollansätze erhöhte. Die Büsinger versuchten deshalb, weitgehende Zollerleichterungen im Verkehr mit Schaff hausen zu erlangen. Zu diesem Zweck verfasste die Gemeinde Büsingen 1886 eine Bittschrift an die grossherzoglichen Behörden, worin ihre Anliegen vorgebracht wurden. Diese Bemühungen führten dann am 21, September 1895 zum Abschluss einer Übereinkunft zwischen der Schweiz und dem Deutschen Reich betreffend die badische Gemeinde Büsingen (vergleiche BS J2, 732). In Artikel l wurden der Gemeinde Büsingen neben den bereits auf Grund des schweizerisch-deutschen Handels- und Zollvertrages vom l O.Oktober 1891 zugestandenen Befreiungen im grenznachbarlichen Verkehr für gewisse in der Enklave produzierte und für die Landwirtschaft von Büsingen bedeutsame

1137 landwirtschaftliche Erzeugnisse, wie Butter, Fleisch, Weintrauben, Gross- und Kleinvieh, erhebliche Zollerleichterungen eingeräumt, während andere Produkte wie Obst, Gemüse, Milch und Kartoffeln ohnehin zollfrei waren. In einem Artikel 2 wurde ferner die Überführung von in Büsingen verhafteten Personen nicht schweizerischer Staatsangehörigkeit nach dem Deutschen Reich geregelt. Diese Bestimmung steht noch heute in Kraft und soll durch den Vertrag, der Gegenstand dieser Botschaft bildet, ersetzt werden.

Die Übereinkunft von 1895 führte dazu, dass sich Büsingen nun wirtschaftlich völlig nach Schaff hausen ausrichtete und die im Verkehr zwischen Büsingen und dem Deutschen Reich bestehende Zollfreiheit für die Einfuhr von Erzeugnissen aus Büsingen weiterhin an Bedeutung verlor, obwohl schweizerischerseits ab 1844 auf die Erhebung eines Durchgangszolles verzichtet wurde. Im Laufe der Zeit schritt deshalb die wirtschaftliche Verflechtung trotz gewissen Unzukömmlichkeiten zwischen Büsingen und Schaff hausen weiterhin fort. Gewisse Probleme ergaben sich in den zwanziger und dreissiger Jahren dieses Jahrhunderts durch autonome schweizerische Zollmassnahmen. Die Büsingen dadurch entstandenen Schwierigkeiten konnten aber meist im Einvernehmen zwischen der Gemeinde und den schweizerischen Zollbehörden in teilweise befriedigender Weise geregelt werden.

Schwierigkeiten aus der besondern Lage Büsingens ergaben sich hingegen während des Zweiten Weltkrieges in bezug auf die Anwendung der Kriegswirtschaft, da in Büsingen gewisse Personen dem schweizerischen, andere dem deutschen Rationierungssystem unterstanden. Die schweizerische Zollkontrolle an der Grenze zwischen Büsingen und der Schweiz hatte damals dafür zu sorgen, dass die in der Schweiz gekauften Waren nicht nach Deutschland ausgeführt wurden.

Nach Abschluss des Zweiten Weltkrieges trachteten die Büsinger danach, ihre Rechtslage weiter zu verbessern. Büsingen, das zur französischen Besatzungszone gehörte und in welchem vom Mai bis November 1945 ein kleines Détachement von französischen Besatzungstruppen (l Offizier, 9 Mann) stationiert war, konnte zunächst nach Verhandlungen zwischen den schweizerischen Behörden und der französischen Besetzungsmacht ab I.November 1945 vollständig in die schweizerische Lebensmittelversorgung einbezogen werden. Eine
Reihe von Vereinbarungen regelte den Grenzverkehr für Personen und Waren zwischen der Schweiz und Büsingen sowie den Durchgangsverkehr für Militär-, Zoll- und Polizeiorgane.

Die im Jahre 1945 getroffenen Massnahmen, insbesondere der Anschluss der Lebensmittelversorgung an diejenige des Kantons Schaff hausen, führten zu einer weiteren Verflechtung Büsingens mit der Schweiz. Die wirtschaftliche Ausrichtung der Enklave auf die Schweiz war nun praktisch vollständig. Die Gemeinde Büsingen verfasste deshalb im März und Mai 1946 eine Eingabe an die Bundesbehörden, in welcher sie um wirtschaftlichen Anschluss an die Schweiz bat. In der Folge hob die Zollkreisdirektion Schaffhausen nach Rücksprache mit den Behörden des Bundes und des Kantons Schaff hausen die Zollkontrolle um Büsingen

1138 mit Wirkung ab I.Januar 1947 auf. Seit diesem Datum besteht somit um die Enklave kein Zollkordon mehr.

Die Aufhebung der Zollgrenze brachte natürlich in erster Linie einen überaus grossen wirtschaftlichen Vorteil für die Enklave. Für die Schweiz fielen dadurch allerdings auch die Bewachung einer rund 17 km langen Grenze und die Aufrechterhaltung von zwei Grenzübergangsstellen dahin. Auf diese Weise konnten zwölf Mann der Grenzwache eingespart werden. Aber auch die Schaffhauser Bevölkerung zog gewisse Vorteile aus der ergriffenen Massnahme, die nun einen freien Durchgangsverkehr zwischen der Stadt Schaffhausen und der Gemeinde Dörfliogen ermöglichte, was angesichts des lebhaften Personen- und Güterverkehrs auf jener Strecke von einiger Bedeutung war.

Der faktische Anschluss an das schweizerische Zollgebiet führte in bezug auf die Rechtslage der Enklave dazu, dass Artikel l der schweizerisch-deutschen Übereinkunft von 1895, die wie erwähnt Büsingen gewisse Zollerleichterungen einräumte, gegenstandslos wurde, Ausserdem fiel die Büsingen 1835 im Anschluss an die Erklärung zum deutschen Zollausschlussgebiet vom Mutterland eingeräumte Zollbefreiung bei der Einfuhr von Büsinger Produkten nach Deutschland dahin. Diese Zollbefreiung hat aber, wie bereits erwähnt wurde, im Laufe der Zeit ihre praktische Bedeutung ohnehin verloren.

Die Auf hebung des Zollkordons und die Angliederung an das schweizerische Zollgebiet ermöglichten Büsingen, sich rasch von den Folgen des Weltkrieges zu erholen. Was die Währungsverhältnisse anbelangt, so war der Schweizerfranken seit der Zwischenkricgszeit eigentliches Zahlungsmittel, Das Gehalt der in Büsingen tätigen deutschen Bediensteten und Lehrer wird in Franken ausbezahlt, und seit Beendigung des Zweiten Weltkrieges erfolgt die Entrichtung der geschuldeten Steuern und anderer Abgaben durch die Büsinger ebenfalls in Schweizer Währung. Nach Kriegsende wurden, während der Dauer des gebundenen Zahlungsverkehrs, die Zahlungen nach Deutschland und dem Ausland durch die Schweizerische Verrechnungsstelle ausgeführt. In Büsingen selbst werden alle Zahlungen in Schweizerfranken vorgenommen.

Was die arbeitsrechtlichen Verhältnisse in Büsingen anbelangt, so betätigten sich die Büsinger zunächst hauptsächlich als Landwirte; seit Beginn dieses Jahrhunderts fanden aber einige
Einwohner ihr wirtschaftliches Auskommen als Arbeitnehmer im umliegenden schweizerischen Gebiet, namentlich in der Stadt Schaffhausen. 1921 wurde die Arbeitsaufnahme von Grenzgängern in der Schweiz einer Bewilligungspflicht unterstellt, wobei aber für Büsingen Sonderbestimmungen galten, in dem Arbeitnehmer, die bereits 1919 in Büsingen wohnhaft waren, keiner Bewilligung bedurften. Da von 1930 bis Kriegsende keine neuen Arbeitsbewilligungen erteilt wurden und eine Anzahl von im Kanton Schaffhausen tätigen Büsingcrn infolge der Wirtschaftskrise in den dreissiger Jahren ihre Arbeitsstellen verlor, nahm die Arbeitslosigkeit in der Enklave zu.

Nach 1945 änderten sich aber die Verhältnisse grundlegend, so dass wiederum eine enge wirtschaftliche Verflechtung zwischen Büsingen und dem Kanton Schaff hausen auch auf dem Arbeitsmarkt entstanden ist. Die grosse Mehrheit aller nicht in der Landwirtschaft tätigen Bewohner Büsingens sind als unselb-

1139 ständig Erwerbende in der Schweiz, vor allem in Schaffhausen, tätig. Das Interesse Büsingcns am schweizerischen Arbeitsmarkt ist um so grösser, als bisher kein Gewerbe nennenswerten Ausmasses innerhalb der Enklave FUSS gefasst hat.

Dementsprechend hat der Handelsverkehr mit gewerblichen Erzeugnissen zwischen Büsingen und der Schweiz stets eine untergeordnete Rolle gespielt.

c. Gegenwärtige Lage

Die auf Grund eines einfachen autonomen Verwaltungsaktes auf den I.Januar 1947 erfolgte Aufhebung des Zollkordons und der dadurch bewirkte faktische Anschluss an das schweizerische Zollgebiet bedingte die Befolgung einer Reihe von schweizerischen Erlassen in Büsingen. Die schweizerische Zollverwaltung behielt sich dabei ausdrücklich vor, den vor 1947 geltenden Zustand wieder herzustellen, wenn sich durch Nichtbeachtung der schweizerischen Gesetzgebung durch die Bewohner von Büsingen oder aus anderen Gründen aus der Aufhebung der Zollkontrolle Unzukömmlichkeiten ergeben sollten.

Seit dem I.Januar 1947 untersteht der gesamte Warenverkehr aus der Bundesrepublik Deutschland und dem Ausland nach Büsingen oder von Büsingen dorthin der schweizerischen Zollgesetzgebung. Der Gemeinderat von Büsingen wurde über die schweizerischen Erlasse unterrichtet, von deren Einhaltung in Büsingen die Aufhebung des Zollkordons abhing. Die betreffende Liste umfasst neben der ganzen Zollgesetzgebung eine Reihe von Erlassen, deren Durchführung im Inland durch Massnahmen an der Zollgrenze gesichert wird.

Zu den dadurch berührten Sachgebieten gehörten unter anderem die Warenumsatzsteuer, die Luxussteuer, Pulverregal, Münzwesen, Getreideversorgung, Zahlungsverkehr. Die Liste enthielt mehr als 30 Erlasse, für deren Anwendung in Büsingen die dortigen Behörden einstehen. Darüber hinaus sind gewisse Vorschriften des schweizerischen Medizinal- und Veterinärwesens zu beachten. Sie betreffen vorwiegend Meldungspflichten und die Tätigkeit von Medizinalpcrsonen in Büsingen.

Was die bei dieser Gelegenheit getroffene fremdenpolizeiliche Regelung betrifft, so benötigen alle Bewohner von Büsingen für den schweizerischen Grenzübertritt eine Grenzkarte, die von der Polizeidirektion des Kantons Schaff hausen visiert sein muss. Die Erteilung von Niederlassungsbewilligungen in Büsingen wird einer Kontrolle der Schaff hauser Polizeidirektion unterstellt.

Hinsichtlich der arbeitsrechtlichen Verhältnisse stehen die Büsinger nicht im Genuss von besonderen für sie geltenden fremdenpolizeilichen Vergünstigungen.

d. Unzukömmlichkeiten des bestehenden Zustandes Wir haben in den vorstehenden Ausführungen gezeigt, in welcher Weise sich die Wirtschaft Büsingens ausgehend von ihren natürlichen Gegebenheiten im Laufe der Zeit in immer stärkerem Masse
nach dem umliegenden schweizerischen Gebiet orientiert hat. Abgesehen von einigen Kleinhandwerks- und Kleingewerbebetrieben ist Büsingen nun fast ausschliesslich auf die Schweiz ausgerichtet. Das führt zu einer weitgehenden wirtschaftlichen Abhängigkeit Büsingens

1140 von der Schweiz. Es ist begreiflich, dass die Einwohner der Enklave seit Jahren gewisse Garantien verlangen, um die sich aus den erwähnten Verhältnissen ergebenden Risiken auszuschalten und ihre wirtschaftliche Zukunft sicherzustellen. Es ist denn auch die Bundesrepublik, die auf Grund dieser Lage und der Begehren Büsingens eine rechtliche Verankerung des bestehenden Zustandes verlangt hat. Während wir die Initiative für die Bereinigung der Grenze ergriffen haben, so lag sie in bezug auf Büsingen auf der deutschen Seite.

Eine klare völkerrechtliche Regelung des Status von Büsingen liegt aber auch im schweizerischen Interesse. Die Gründe hiefür sind offenbar. Durch die Wirksamkeit schweizerischer Gesetze in Büsingen hat sich ein Nebeneinander von schweizerischem und deutschem Recht ergeben, das einer verbindlichen Regelung bedarf. In Anbetracht der lediglich einseitigen Aufhebung des Zollkordons hat zwar schweizerisches Recht in Büsingen Eingang gefunden, ohne dass dadurch aber das auf diesem Sachgebiet bestehende deutsche Recht verbindlich ausser Kraft gesetzt wurde. Das ergibt sich aus dem Umstand, dass 1947 kein Zollanschluss im Rechtssinn, wozu es eines Staatsvertrages bedurft hätte, vorgenommen wurde.

Das führt dazu, dass auf gewissen Sachgebieten eine fortwährende Unklarheit besteht, ob schweizerisches oder deutsches Recht massgebend sein soll. Der Praxis ist es zwar bisher gelungen, schwerwiegende Konflikte zu vermeiden, doch vermag ein derartiger Rechtszustand auf die Dauer nicht zu befriedigen.

Die Situation wird noch dadurch erschwert, dass sich das schweizerische Recht seit 1947 in grossem Umfange geändert und weiterentwickelt hat. So ist gerade das für eine auf Landwirtschaft beruhende Gemeinde eine besondere Bedeutung aufweisende Landwirtschaftsgesetz mit all seinen Nebenerlassen in der Zwischenzeit in Kraft getreten. Aber auch auf ändern Gebieten haben sich weitgehende Änderungen ergeben. Auch das bildet eine Quelle der Ungewissheit über den Umfang des in Büsingen zu berücksichtigenden schweizerischen Rechts.

Dazu kommt, dass der Vollzug der anwendbar erklärten schweizerischen Gesetzgebung nicht klar gewährleistet sein kann, dürfen doch auf dem Gebiet der Enklave durch schweizerische Behörden kerne Amtshandlungen vorgenommen werden. Auch die Ahndung von Verstössen gegen die
schweizerischen Erlasse ist ungenügend sichergestellt.

Es bestehen somit beim gegenwärtigen Zustand verschiedene Fragen, die nicht befriedigend gelöst sind. Allgemeine rechtsstaatliche Erwägungen erfordern deshalb, sofern der eingetretene Zustand aufrechterhalten und weiterentwickelt werden soll, eine umfassende zwischenstaatliche Regelung der die Enklave berührenden Verhältnisse. Dies liegt nicht nur im Interesse der Gemeinde Büsingen und ihrer Einwohner sondern auch der Schweiz.

B. Die Verhandlungen

Der für die Gemeinde Büsingen bestehende unbefriedigende Rechtszustand führte dazu, dass die deutsche Seite schon zu Beginn der fünfziger Jahre ein Interesse an einer vertraglichen Regelung des Status von Büsingen zeigte. An-

1141 lässlich der oben unter I erwähnten schweizerisch-deutschen Verhandlungen zur Bereinigung der Grenze im Abschnitt Konstanz-Neuhausen am Rheinfall verlangte die deutsche Verhandlungsdelegation zuerst als Gegenleistung für die von ihr in den dortigen Verhandlungen erfüllten schweizerischen Begehren von der Schweiz die Abtretung eines Korridors nach Büsingen und damit die Aufhebung des Enklavenzustandes. Auf dieses Begehren konnte schweizerischerseits nicht eingetreten werden. Seine Verwirklichung hätte die Gemeinde Dorf lingen vom Rhein abgeschnitten. Dagegen waren wir zu einer staatsvertraglichen Regelung des bestehenden faktischen Zustandes bereit. Die .deutsche Delegation gab schliesslich ihr grundsätzliches Einverständnis bekannt, verlangte aber in den im Februar 1957 in Schaff hausen abgehaltenen Grenzbereinigungsverhandlungen, dass der Vertrag über die Grenzbereinigungen zusammen mit jenem über die Enklave Büsingen unterzeichnet und ratifiziert werde. Schweizerischerseits wurden gegen dieses Junktim keine Einwendungen erhoben.

Wie sich bereits bei der Vorbereitung der Verhandlungen zeigte, wirft die Durchführung eines rechtlichen Zollanschlusses der Gemeinde Büsingen, die weiterhin Gebiet der Bundesrepublik Deutschland bleibt, eine Reihe von heiklen Fragen auf. Für die Durchführung des Zollanschlusses ist nämlich nicht nur die Einführung der schweizerischen Zollgesetzgebung und jene über die Ein- und Ausfuhr sowie der übrigen direkt oder indirekt damit zusammenhängenden Gesetzgebung erforderlich. Das Fehlen einer Zollgrenze und der entsprechenden Kontrolle bedingt auch eine zumindest teilweise Geltung des schweizerischen Rechts über Verbrauchssteuern, Alkoholwesen, Land- und Forstwirtschaft, Gesundheits- und Veterinärwesen. Dazu kommt die fremdenpolizeiliche und arbeitsmarktliche Regelung der Stellung der Bewohner Büsingens bei ihrer selbständigen oder unselbständigen Tätigkeit in der Schweiz. Zum Zollanschluss gehört wesensmässig auch die Befugnis der zuständigen schweizerischen Behörden zur Ausübung ihrer Amtstätigkeit auf dem angeschlossenen Gebiet. Besonders heikel ist dabei die Regelung der Strafverfolgung beim Vollzug der in Büsingen anwendbaren schweizerischen Gesetzgebung, Ferner ist die Rechtshilfe in Strafsachen zu ordnen, nachdem Artikel 2 der schweizerisch-deutschen Übereinkunft
vom 21, September 1895 noch in Kraft steht. Ebenso sind auch die Durchgangsrechte der Bediensteten beider Vertragsstaaten festzulegen.

Der Bundesrat legte die Instruktionen für die schweizerische Verhandlungsdelegation in den wesentlichsten Punkten fest und ernannte am 15. Februar 1957 als Vorsitzenden der Delegation, der auch Mitglieder des Regierungsrates des Kantons Schaff hausen angehörten, Herrn Minister Prof. Dr. Rudolf Bindschedler, den jetzigen Rechtsberater des Eidgenössischen Politischen Departements.

Die Verhandlungen wurden vom 9. bis 13. September 1957 in Locamo aufgenommen und am 15. Dezember 1962 in Luzern durch die Paraphierung des beiliegenden Staatsvertrages beendigt. In der Zwischenzeit fanden neben einer Zusammenkunft der Gesamtdelegationen vom 3. bis l O.Dezember 1957 in Wiesbaden zahlreiche Expertenbesprechungen in Ausschüssen statt. Gewisse Fragen wurden auf diplomatischem Weg oder in direktem Verkehr zwischen den Bundesblatt, 117. Jahrg. Bd. II.

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1142 interessierten Verwaltungsstellen geklärt. Aus der Zeitspanne von fünf Jahren ergibt sich, wie vielfältig die Probleme waren, die vertraglich und zur beiderseitigen Befriedigung zu lösen waren.

Wie erwähnt, beschlossen die beiden Delegationen bereits in der im September 1957 abgehaltenen ersten Verhandlungsphase, einzelne Problemkreise in Ausschüssen abzuklären. Von den drei seinerzeit eingesetzten Arbeitsgruppen befasste sich die erste, schweizerischerseits unter der Leitung von Herrn Dr. F. Bürki, Chef des Rechtsdienstes der Eidgenössischen Fremdenpolizei, mit den Fremdenpolizei- und Arbeitsfragen; die Arbeitsgruppe 2, mit Herrn Dr.A.Kauter, Vizedirektor der Abteilung für Landwirtschaft des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements, an der Spitze, behandelte die Probleme der Landwirtschaft und die Arbeitsgruppe 3 unter der Führung von Herrn Dr.M.Baumgartner, Chef der Rechtsabteilung der Eidgenössischen Oberzolldirektion, die allgemeinen mit dem Zollanschluss zusammenhängenden Rechtsfragen, insbesondere des Zoll-, Steuer- und Verfahrensrechts. Diese Arbeitsgruppen, die sich ihrerseits auch in Unterausschüssen mit den deutschen Sachverständigen trafen, bereiteten nach Anhörung der interessierten eidgenössischen und kantonalen Behörden zuhanden der Gesamtdelegationen Vorschlage zu den vertraglichen Bestimmungen vor und entlasteten dadurch deren Sitzungen.

Nachdem auf diese Weise die Standpunkte der beiden Vertragsparteien festgelegt und eine abschliessende Verhandlung ins Auge gefasst werden konnte, verfasste, nach einer Zusammenkunft der beiden Delegationschefs mit den Vorsitzenden der Arbeitsgruppen in Bonn im Oktober 1962, ein Redaktionskomitee in Bern anfangs Dezember 1962 einen Vertragsentwurf. Dieser Vertragsentwurf bildete dann die Grundlage zu den Schlussverhandlungcn, die vom 10. bis 15.Dezember 1962 in Luzern stattfanden und am 15. Dezember durch die Paraphierung des vorliegenden Vertrages abgeschlossen wurden.

Die Unterzeichnung des Vertrages erfolgte dann infolge des bereits erwähnten von deutscher Seite gewünschten Junktims für die Unterzeichnung und Ratifizierung der beiden Verträge über die Grenzbereinigung und Büsingen am 23,November 1964 in Freiburg im Breisgau, C. Grundzüge des Vertrages a. Das in Büsingen anwendbare schweizerische Recht Auf Grund des Vertrages wird
Büsingen nunmehr unter weitergeltendem Ausschluss vom deutschen Zollgebiet in das schweizerische Zollgebiet einbezogen, Büsingen wird dadurch schweizerisches Zollanschlussgiebet im Rechtssinn, während es seit 1947 nur faktisch innerhalb der schweizerischen Zollgrenze lag, was allerdings, wie dargelegt, in den Auswirkungen bereits einen zoll an schlüssähnlichen Zustand zur Folge hatte. Der Zollanschluss bedeutet, dass die gesamte schweizerische Zollgesetzgebung in Büsingen Anwendung findet und zwischen der Schweiz und Büsingen jegliche Zollbehandlung des Warenverkehrs und die damit im Zusammenhang stehende Zollkontrolle entfällt. Durch den Einschluss

1143 Büsingens in das schweizerische Zollinland ist aber auch die Einführung anderer Teile des schweizerischen Rechts unumgänglich, da Personen, Tiere und Waren frei und unkontrolliert von Büsingen in die Schweiz und umgekehrt gelangen können.

In erster Linie gelangt somit ausser der Zollgesetzgebung die gesamte -schweizerische Ein-, Aus- und Durchfuhrgesetzgebung für Waren zur Anwendung. Das bedeutet, dass alle in der schweizerischen Gesetzgebung bestehenden Ein-, Aus- und Durchfuhrbestimmungen ohne weiteres auch für Büsingen gelten, und zwar auf allen und nicht nur den in Artikel 2, Absatz l erwähnten Sachgebieten. Die in Artikel 2, Absatz l, Buchstabe b enthaltene Bestimmung ist somit im umfassendsten Sinne zu verstehen.

Zu den auf allen im Vertrag erwähnten Sachgebieten in Büsingen anzuwendenden Erlassen gehören selbstverständlich nicht nur die innerstaatliche Gesetzgebung, sondern auch alle von der Schweiz mit Drittstaaten eingegangenen Vereinbarungen. Das hat also zum Beispiel zur Folge, dass Büsingen, obwohl es politisch der Bundesrepublik Deutschland angehört, wirtschaftlich dem Anwendungsgebiet des EFTA-Uberemkommens eingegliedert ist.

Der Wegfall einer Zollkontrolle und der dadurch ermöglichte ungehinderte Verkehr zwischen Büsingen und der Schweiz machte, wie erwähnt, auch eine teilweise Anwendung des im Gebiet des Gesundheitswesens geltenden schweizerischen Rechts unumgänglich (Art. 2, Abs. l, Buchst, d). Es galt hier zu vermeiden, dass innerhalb des schweizerischen Wirtschaftsgebietes eine vom schweizerischen Recht abweichende Regelung Geltung erlangen könnte mit der Folge, dass die in der Schweiz bestehenden Bestimmungen über Büsingen umgangen würden.

Ergänzende Bestimmungen enthalten die Artikel 9 und 10 des Vertrages sowie Ziffer 7 des Schlussprotokolls. Was das Veterinärwesen anbelangt, so musste hier lediglich die Gesetzgebung über Tierseuchenbekämpfung übernommen werden.

Die in der Schweiz bestehenden indirekten Steuern (Warenumsatzsteuer, fiskalische Belastung des Tabaks, Steuern auf Bier und sonstigen Getränken) ·werden ebenfalls in Büsingen erhoben werden. Dazu kommt Artikel 11 des Vertrages, der Sonderbestimmungen für die Herstellung von Branntwein enthält.

Gemäss Schlussprotokoll (Ziff. 9) sind ferner für die Stempelabgaben die Vertragsstaaten ein «pactum de contrahendo»
eingegangen für den Fall, dass in einem der beiden Vertragsstaaten die steuerliche Belastung durch gesetzliche Massnahmen so geändert wird, dass hierdurch im Verhältnis zwischen Büsingen und der Schweiz eine Verzerrung der Wettbewerbsverhältnisse mit erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen für das eine oder andere dieser beiden Gebiete entsteht, sowie für den Fall, dass der Status von Büsingen zu Steuerumgehungen missbraucht werden sollte. Die Einführung der Frankenwährung als gesetzliches Zahlungsmittel erweist sich hingegen als nicht erforderlich.

Die Schweiz wird für die Einnahmen, die sich aus den im Zusammenhang mit dem vorliegenden Vertrag erhobenen Zöllen, Gebühren und ändern Abgaben ergeben, keinen Anteil an die Bundesrepublik Deutschland zu entrichten haben.

Die für Büsingen als landwirtschaftliche Gemeinde besonders wichtige schweizerische Landwirtschaftsgesetzgebung findet in grossen Teilen auch auf die

1144 Enklave Anwendung. Die Landwirte Büsingens werden somit in der Lage sein, ihre Produkte zu denselben Bedingungen und Voraussetzungen wie schweizerische Bauern auf Schweizer Gebiet abzusetzen, wodurch ein besonderes Anliegen der Büsinger Bevölkerung erfüllt werden konnte. Im Ausmass der Anwendung der schweizerischen Landwirtschaftsgesetzgebung untersteht Büsingen seinerseits deren Zielsetzung und hat sich den entsprechenden Massnahmen zu unterziehen.

Die in Artikel 2, Absatz l, Buchstabe c getroffene Einführung schweizerischen Rechts, aus deren Aufzählung zu entnehmen ist, dass weite Teile des Landwirtschaftsgesetzcs und seiner Nebenerlasse auf Büsingen Anwendung finden, hat abschliessenden Charakter. Ausser der unmittelbaren Anwendung des schweizerischen Rechts enthalten die Artikel 6 bis 8 des Vertrages sowie Ziffer 10 des Schlussprotokolls noch zusätzliche, auf Büsingen abgestimmte Regelungen.

In Anbetracht der nunmehr rechtlichen Verbindung der Wirtschaft Büsingens mit jener der Schweiz und der sich daraus ergebenden Abhängigkeit Büsingens von der schweizerischen Versorgung ist im übrigen die Übernahme der schweizerischen Gesetzgebung über die wirtschaftliche Kriegsvorsorge und Kriegswirtschaft ebenfalls notwendig. Zu den übrigen von schweizerischem Recht geregelten Sachgebieten, die in der Praxis aber von untergeordneter Bedeutung sind, gehören ferner die technische Kontrolle von Erzeugnissen der TJhrenindustrie, gebrannte Wasser, Kontrolle des Verkehrs mit Edelmetallwaren und Edelmetallen, Statistik des grenzüberschreitenden Warenverkehrs, staatsgefährliches Propagandamaterial sowie die Herstellung von Münzen.

Gewisse Sonderbestimmungen in Berücksichtigung des betreffenden schweizerischen Rechts enthalten ferner Artikel 12 (Waffenerwerbsschein), Artikel 13 (Herstellung von Pulver und Sprengstoffen), deren Aufnahme sich als erforderlich erwies, um eine missbräuchliche Ausnützung der Sonderstellung Büsingens auszuschliessen. Dies war auch der Grund, dass, wie erwähnt, die technische Kontrolle \ on Erzeugnissen der Uhrenindustrie nach schweizerischem Recht vorbehalten werden musste, um so zu verhindern, dass die schweizerische Gesetzgebung durch eine Standortsveränderung eines Unternehmens nach Büsingen umgangen werden kann. Hierzu gehört auch die Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland,
für den Betrieb einer Spielbank in Büsingen keine Konzession zu erteilen (Ziff. 11 des Schlussprotokolls).

Soweit durch Artikel 2 schweizerisches Recht anwendbar wird, finden die diese Sachgebiete ordnenden deutschen Rechts- und Verwaltungsvorschriften keine Anwendung mehr. Die Ausscheidung des anwendbaren Rechts erfolgt nach Materien, so dass in der Praxis keine Konflikte zwischen schweizerischem und deutschem Recht entstehen werden. Alle Rechtsgebiete, die nicht gemäss Vertrag von schweizerischem Recht beherrscht sind, werden weiterhin der deutschen Staatshoheit unterstehen.

Das zur Einführung gelangende schweizerische Recht wird, soweit im Vertrag nichts anderes vorgesehen ist, durch schweizerische Behörden vollzogen.

Der Gemeinde Büsingen kommt bei der Anwendung schweizerischen Rechts dieselbe Rechtsstellung zu wie einer Gemeinde des Kantons Schaffhausen. Es

1145 stehen ihr die gleichen Rechte und Pflichten zu wie einer schweizerischen Gemeinde. Das bedeutet insbesondere, dass Aufgaben, soweit sie durch die in Büsingen anwendbare schweizerische Gesetzgebung dem Kanton zufallen, vom Kanton Schaff hausen vollzogen werden müssen (Art. 2, Abs. 2). Den Bewohnern Büsingens stehen bei der Durchführung schweizerischer Rechts- und Verwaltungsvorschriften in gleicher Weise wie Schweizerbürgern die im schweizerischen Recht bestehenden Rechtsbehelfe und Rechtsschutzinstanzen offen (Art. 2, Abs. 4). Die Verwaltungsrechtspflege richtet sich somit ausschliesslich nach den in Kraft stehenden eidgenössischen und kantonalen Bestimmungen.

Für die Geltung der gemäss Artikel 2, Absatz l in Büsingen anwendbaren schweizerischen Erlasse ist deren Veröffentlichung in der Sammlung der eidgenössischen Gesetze und in der Gesetzessammlung für den Kanton Schaffhausen massgebend. Dabei gilt diese Veröffentlichung als Verkündung im Sinne des deutschen Rechts (vergleiche Art. 40). Es erwies sich in den Verhandlungen, dass nur diese Lösung praktisch vertretbar ist, da eine dem Zollanschlussvertrag mit dem Fürstentum Liechtenstein analoge Regelung, wonach die bei Inkrafttreten des Vertrages anwendbaren schweizerischen Erlasse in einer Anlage zum Vertrag aufgeführt und spätere Ergänzungen und Änderungen der deutschen Seite offiziell mitzuteilen wären, zu erheblichen Schwierigkeiten geführt hätte. Dadurch wäre auch die durch den Vertrag erstrebte Rechtssicherheit hinsichtlich der Abgrenzung zwischen schweizerischem und deutschem Recht in Frage gestellt worden. Statt dessen wird bei Inkrafttreten des Vertrages der deutschen Seite eine Liste aller nach dem Vertrag in Büsingen anzuwendenden Rechtsvorschriften übergeben, die dann durch laufende Mitteilungen über später in Kraft tretende Bestimmungen ergänzt werden wird. Zur aufälligen Abklärung, ob ein schweizerischer Erlass in Büsingen anwendbar ist, kann sich ausserdem die Gemeinde Büsingen jederzeit an das Eidgenössische Politische Departement wenden, welches ihr nach Überprüfung mit den zuständigen schweizerischen Stellen Auskunft erteilen wird, b. Strafverfolgung bei Verletzung von in Büsingen anwendbarem schweizerischem Recht Die Einführung schweizerischen Rechts in den in Artikel 2 des Vertrages enthaltenen Sachgebieten erfolgt
vollumfänglich. Das bedeutet, dass bei einer Verletzung der darin enthaltenen Vorschriften schweizerische Straf bestimmungen zur Anwendung gelangen. Somit übt der schweizerische Richter bei Widerhandlungen in Büsingen gegen schweizerische Erlasse die Straf hoheit gegebenenfalls auch über deutsche Staatsangehörige aus. Von deutscher Seite wurde diese Regelung zunächst wegen verfassungsrechtlicher Bedenken abgelehnt; es erschien ihr insbesondere fraglich, die Strafverfolgungskompetenzen gegenüber deutschen Staatsangehörigen, die in Büsingen gegen das dort geltende schweizerische Recht verstossen, schweizerischen Behörden TU überlassen. Dieser Standpunkt, der in ausgedehnten Besprechungen zwischen den Verhandlungsdelegationen und insbesondere in Zusammenkünften von Sachverständigen eingehend behandelt wurde, trägt aber dem Wesen eines Zollanschlussvertrages nicht

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Rechnung. Durch die Ausübung strafrechtlicher Befugnisse durch den deutschen Richter, wie sie von der deutschen Seite vorgeschlagen wurde, wäre zudem die Sicherung des Vollzuges des schweizerischen Rechts und die Einheit der Rechtsanwendung in Frage gestellt worden. Die von der deutschen Seite unterbreiteten Gegenvorschläge konnten deshalb nicht in Erwägung gezogen werden. Schweizerischerseits musste mit allem Nachdruck am Erfordernis der Strafhoheit des schweizerischen Richters festgehalten werden. Da die Verhandlungen an dieser für unser Land bedeutsamen Frage zu scheitern drohten, erklärte sich schh'esslich die deutsche Delegation in der letzten Phase der Verhandlungen mit einer Lösung gemäss schweizerischem Vorschlag einverstanden. Demgegenüber war man schweizerischerseits zu der von deutscher Seite im Hinblick auf die im Grundgesetz garantierten Grundrechte und auf die von der Bundesrepublik Deutschland ratifizierte Menschenrechtskonvention gewünschten staatsvertraglichen Verankerung von bestimmten Garantien bei Zwangsmassnahmen im Strafverfahren bereit (Art. 15). Diese Zusicherungen entsprechen teils dem geltenden Strafrecht des Bundes und des Kantons Schaffhausen, teils den für die Neuordnung des Verwaltungsstrafverfahrens im Bund vorgesehenen Regeln und legen im weitern fest, inwieweit in einem solchen Verfahren die deutschen Behörden darüber zu benachrichtigen beziehungsweise beizuziehen sind, wenn Massnahmen in Busingen selbst getroffen werden müssen. Sie betreffen vor allem den Erlass eines Haftbefehls und dessen Durchführung, die Durchsuchung einer Wohnung in Büsingen sowie das gesetzliche Nachschaurecht. Im übrigen richtet sich, soweit der Vertrag nicht etwas besonderes vorsieht, das Strafverfahren nach dem massgebenden Recht des Bundes und des Kantons Schaffhausen.

c. Fremdenpolizeiliche und arbeitsrechtliche Verhältnisse Mit dem Dahinfallen einer Grenzkontrolle um Büsingen erfolgt keine Grenzabfertigung mehr. Damit wird der seit 1947 bestehende Zustand vertraglich verankert. Klar geregelt wurde dabei, dass der Grenzübertritt von Drittausländern und sodann auch persönliche Einreiseverbote gegen Staatsangehörige der beiden Vertragsstaaten (einschliesslich administrative und gerichtliche Ausweisungen) vorbehalten sind (Art. 39). Eine grundlegende Bedeutung haben im Vertrag ferner eine
Reihe von fremdenpolizeilichen, arbeits- und gewerberechtlichen Vergünstigungen. Diese Vergünstigungen beschränken sich auf das umhegende schweizerische Gebiet, nämlich den ganzen Kanton Schaff hausen, im Kanton Zürich alle Gemeinden nördlich der Thur und die vier angrenzenden Gemeinden des Kantons Thurgau (Anlage zum Vertrag). Was den Kreis der begünstigten Personen betrifft, so umfasst er jene deutschen Staatsangehörigen, die am I.Januar 1963 in Büsingen Wohnsitz oder Aufenthalt hatten. Deutsche, die nach diesem Datum in Büsingen Wohnsitz oder Aufenthalt nehmen, erwerben einen Anspruch nach einem ununterbrochenen Aufenthalt in Büsingen von zehn Jahren. Drittausländer sind hingegen von diesen Vergünstigungen ausgeschlossen. Umgekehrt erhalten Schweizerbürger, die in jenem umliegenden schweizerischen Gebiet wohnen, in Büsingen dieselben Vergünstigungen, welche zwar

1147 infolge der einseitigen wirtschaftlichen Ausrichtung Büsingens auf die Schweiz praktisch kaum eine grosse Bedeutung erlangen werden.

In den Verhandlungen wurde deutscherseits der Frage, inwieweit Büsinger im benachbarten schweizerischen Gebiet eine selbständige oder unselbständige Tätigkeit aufnehmen können, besondere Wichtigkeit beigemessen, da die Büsinger, die nicht als Landwirte ift Büsingen tätig sind, fast alle in der Schweiz, und zwar beinahe ausschliesslich im Kanton Schaffhausen, als Arbeitnehmer ihr Auskommen finden. Das deutsche Anliegen ging dahin, dass die rechtliche Eingliederung Büsingens in das schweizerische Wirtschaftsgebiet auch unter sozialen Gesichtspunkten eine Freizügigkeit für deutsche Arbeitskräfte in Büsingen auf dem Arbeitsmarkt im benachbarten schweizerischen Gebiet, also eine möglichst weitgehende Gleichstellung mit Schweizerbürgern, zur Folge haben müsse.

Obwohl diesem Gesichtspunkt schweizerischerseits grosses Verständnis entgegengebracht wurde, erforderte eine beide Seiten befriedigende Regelung die Lösung verschiedener heikler Fragen. Die den deutschen Wünschen weitgehend entgegenkommende Lösung lässt sich um so mehr vertreten, als die Ende der fünfziger Jahre im Kanton Schaff hausen tätigen Büsinger nicht einmal l Prozent aller kontrollpflichtigen, nicht niedergelassenen ausländischen Arbeitskräfte erreichten. Die Einräumung von Vergünstigungen an die die Voraussetzungen des Vertrages erfüllenden Büsinger kann deshalb zu keiner schwerwiegenden Belastung der Schaff hauser Wirtschaft führen.

Die dank dem Verständnis der Schaffhauser Behörden getroffene Lösung sieht vor, dass die auf Grund des Vertrages begünstigten Büsinger im darin bezeichneten Gebiet den Anspruch auf eine fremdenpolizeiliche Bewilligung erlangen, um sich als Arbeitnehmer unter den gleichen Voraussetzungen wie Schweizerbürger zu betätigen (Art. 20). Dieser Anspruch umfasst auch die Bewilligung zum Stellenwechsel. Sie kann nicht aus im schweizerischen Arbeitsmarkt liegenden Gründen entzogen werden. Diesem Punkt kam bis zu den Schlussverhandlungen eine ganz erhebliche Bedeutung zu, da man sich schweizerischerseits den Entzug einer Bewilligung bei tiefgreifender Änderung der Wirtschaft, verbunden mit erheblicher Arbeitslosigkeit, vorbehalten wollte. Eine solche Lösung hätte aber den überaus
engen wirtschaftlichen Beziehungen mit Büsingen, die sich nach Inkrafttreten des Vertrages zweifellos noch verstärken werden, nicht voll Rechnung getragen. Eine Einigung konnte in der Weise erfolgen, indem man schweizerischerseits auf eine solche Notstandsklausel verzichtete, jedoch entgegen der bis zuletzt deutscherseits für die Einräumung von arbeits- und fremdenpolizeilichen Vergünstigungen verlangten fünfjährigen Wartcfrist für Zuzüger nach Büsingen eine zehnjährige Aufenthaltsdauer in der Enklave vereinbarte.

In der Schweiz erwerbstätige Arbeitnehmer werden hinsichtlich der Familienzulagen den in der Schweiz wohnenden Arbeitnehmern gleichgestellt werden.

Auch hier besteht Gegenseitigkeit für in Büsingen tätige Schweizer (Art. 21).

Was die Tätigkeit von in Büsingen Selbständigerwerbenden auf schweizerischem Gebiet anbelangt, so wird eine fremdenpolizeiliche Bewilligung - unter denselben Voraussetzungen wie Arbeitnehmern - ohne Begründung einer

1148 gewerblichen Niederlassung erteilt (Art 22). Die Bewilligung zur Erwerbstätigkeit kann indessen verweigert oder widerrufen werden, wenn die Sonderstellung von Büsingern missbräuchlich ausgenützt wird. Auf diese Weise werden Wettbewerbsverzerrungen ausgeschlossen. Eine entsprechende Bestimmung regelt den gewerbsmässigen Personen- und Güterverkehr nach der Schweiz von Motorfahrzeugen mit Standort in Büsingen (Art. 23, Abs. 2). Eine Besonderheit liegt insofern vor, als die erteilte Bewilligung zum Verkehr in der ganzen Schweiz berechtigt. Im übrigen erhalten alle Motorfahrzeuge mit Standort in Büsingen deutsche Kennzeichen (Schilder) mit einem besondern, den Standort Büsingen anzeigenden Merkmal (Art. 23, Abs. 1).

d. Verfolgung wegen Zuwiderhandlungen auf den nicht in Artikel 2 aufgeführten Sachgebieten; Rechtshilfe Die Geltung des schweizerischen Rechts sowie die Zuständigkeit schweizerischer Behörden und Gerichte für die Beurteilung von Rechtsverletzungen, die auf Büsinger Gebiet begangen werden, ist nach Artikel 2 des Vertrages beschränkt auf die dort erwähnten Sachgebiete, Im übrigen gilt in Büsingen das deutsche Recht, sind deutsche Gerichte zuständig. Die völlige Umschliessung des Gebiets der Gemeinde durch schweizerisches Hoheitsgebiet in Verbindung mit der in beiden Staaten gleicherweise gesetzlich verbotenen Auslieferung und Durchlieferung eigener Staatsangehöriger und dem Fehlen deutscher Gerichte und Strafanstalten auf dem Gebiet der Gemeinde Büsingen hat aber zur Folge, dass die deutschen Behörden nicht in der Lage sind, einen in Büsingen allenfalls festgenommenen schweizerischen Urheber von Verstössen gegen deutsche Vorschriften zur Verfolgung und Bestrafung über das schweizerische Hoheitsgebiet nach dem Orte zu überführen, wo die dafür zuständigen deutschen Behörden ihren Amtssitz haben. Andererseits ist es weder den deutschen Behörden möglich, in Büsingen befindliche Deutsche wegen einer in der Schweiz begangenen strafbaren Handlung an die Schweiz auszuliefern, noch können Schweizerbürger wegen einer in Büsingen begangenen Straftat an die deutschen Behörden ausgeliefert werden. Zudem ist die Auslieferung fremder Staatsangehöriger nicht in allen Fällen zulässig. Ebenso oder noch weit mehr beschränkt sind die Möglichkeiten der Übernahme der Strafverfolgung durch die Behörden des
Heimatbeziehungsweise Wohnsitzstaats des Verdächtigten. Die Verfolgung von Zuwiderhandlungen, die nicht vom Zollanschluss berührt werden, bedarf daher ebenfalls einer Regelung im Zollanschlussvertrag, soll nicht ein Zustand bestehen, der eine wirksame Erfassung der Täter in vielen Fällen illusorisch macht.

Es ist durch geeignete Bestimmungen insbesondere dafür zu sorgen, - dass Schweizerbürger, die in Büsingen wohnen und sich dort aufhalten, sofern sie wegen einer in der Schweiz oder in der Bundesrepublik Deutschland mit Einschluss Büsingens begangenen strafbaren Handlung irgendwelcher Art ausgenommen solche militärischen, fiskalischen oder vorwiegend politischen Charakters - verfolgt sind, nicht dem tatsächlichen Zugriff sowohl der deutschen wie auch der schweizerischen Behörden entzogen bleiben;

1149 - dass die gleiche Rechtslage auch für Personen besteht, die in der Schweiz wohnen und sich hier aufhalten, sofern sie wegen einer in Büsingen begangenen Straftat verfolgt werden, derentwegen sie nach geltendem Recht weder ausgeliefert noch in der Schweiz verfolgt und bestraft werden könnten.

Das ist erreichbar durch entsprechende Erweiterung der Möglichkeiten der Übernahme der Strafverfolgung oder der Auslieferung. Da vor allem eine Auslieferung eigener Staatsangehöriger jedoch nicht in Erwägung gezogen werden konnte, wurde die Lösung durch Ausdehnung der Übernahme der Strafverfolgung gefunden, die auch wegen Handlungen möglich sein muss, die nicht nach Artikel 5 oder 6 des Strafgesetzbuches der schweizerischen Gerichtsbarkeit unterliegen. Es bedarf dafür - abgesehen von der Regelung der Voraussetzungen, unter denen die Pflicht zur Übernahme der Verfolgung besteht, und des dabei einzuschlagenden Verfahrens - der Ausdehnung der Geltung des Strafrechts beider Staaten unter genauer Festlegung der besonderen persönlichen und sachlichen Geltungsbereiche der einzelnen Bestimmungen (Art. 24). In diesem Zusammenhang muss ferner die Vorführung von Zeugen, die in Büsingen wohnen, vor eine schweizerische Behörde und die ihnen zu gewährende Immunität geregelt werden (Art. 26), sowie das Verfahren, das bei der Verhaftung in Büsingen sich aufhaltender Personen durch schweizerische Behörden einzuschlagen ist (Art. 27) und endlich auch der Ausschluss der doppelten Bestrafung (Art. 28). Andererseits ist das Recht der deutschen Behörden zur Überführung verhafteter Personen von Büsingen nach der übrigen Bundesrepublik oder umgekehrt zu präzisieren (Art. 29).

Die in diesem Abschnitt vorgesehene Regelung beruht auf dem bereits in der zwischen der Schweiz und dem Deutschen Reich am 21. September 1895 abgeschlossenen, nunmehr aufzuhebenden Übereinkunft über die badische Gemeinde Büsingen festgehaltenen Grundsatz, wonach die Überführung von Schweizerbürgern durch die deutschen Behörden von Büsingen nach dem übrigen deutschen Hoheitsgebiet nicht zulässig war. Besonderes Gewicht wurde bei der Regelung aller Fragen auf die weitgehende Vereinfachung des zwischenstaatlichen Verkehrs gelegt, der teilweise sogar überhaupt ausgeschaltet werden konnte dank dem von den deutschen Behörden bewiesenen Entgegenkommen in der
Einräumung der Befugnis zur selbständigen Vornahme von Amtshandlungen auf Büsinger Gebiet an die schweizerischen Behörden.

e, Stellung der Beamten beider Vertragsstaaten in Büsingen Der Vertrag legt im weiteren die Rechte und Pflichten der schweizerischen und deutschen Beamten, die sich zur Verrichtung dienstlicher Obliegenheiten nach Büsingen zu begeben haben, fest. Was die schweizerischen Beamten betrifft, so geht es hier vor allem um Aufgaben, die bei der Durchführung dieses Vertrages, insbesondere beim Vollzug des inBüsingcn anwendbaren schweizerischen ReclUs, zu erfüllen sind. Die Befugnis zur Vornahme von Amtshandlungen ergibt sich ferner auch aus anderen Bestimmungen des Vertrages, sofern darin hoheitsrechtliche Befugnisse der Schweiz in Büsingen begründet werden. Schweizerische

1150 Beamte können in Büsingen ihre Dienstkleidung tragen und ihre Dienstausrüstung mit sich führen. Die Zahl der gleichzeitig in Büsingen anwesenden uniformierten und bewaffneten Beamten darf 10 nicht übersteigen.

Was die Durchgangsrechtc der schweizerischen und deutschen uniformierten und bewaffneten Beamten öffentlicher Verwaltungen sowie von Militärpersonen auf den zwischen der Schweiz und der Bundesrepublik Deutschland über Büsingeu führenden Durchgangsstrecken im allgemeinen betrifft, so bleibt auch im Verhältnis zu Büsingen, soweit der vorliegende Vertrag keine besondern Bestimmungen enthält, das schweizerisch-deutsche Abkommen vom 5. Februar 1958 über Durchgangsrechte (AS I960,1610) in Kraft.

Bezüglich der Durchgangsrechte deutscher Beamter sieht Artikel 32 vor, dass solchen, sofern sie in Büsingen Dienstobliegenheiten zu erfüllen haben, gestattet ist, jederzeit einzeln oder in Gruppen von höchstens zehn Mann die Strecken Büsingen-Neudörf lingen-Randegg sowie Büsingen-Dörf lingen/LoogGailingen zu benützen, um sich nach Büsingen zu begeben. Sie dürfen, soweit dies zur Erfüllung ihrer Obliegenheiten erforderlich ist, Dienstkleidung tragen und ihre Dienstausrüstung mit sich führen. Der Aufenthalt in der Schweiz hat sich auf die für den Durchgang nötige Zeit zu beschränken, und zwar dürfen sich auf einer Durchgangsstrecke gleichzeitig höchstens 10 deutsche uniformierte und bewaffnete Bedienstete befinden. Was die Zahl der gleichzeitig in Büsingen anwesenden uniformierten deutschen Exekutivorgane betrifft, so darf sie nicht mehr als drei pro hundert Einwohner, das heisst entsprechend dem heutigen Bevölkerungsstand 27, betragen.

Der Vertrag regelt im übrigen den Verkehr zwischen den beidseitigen Behörden und enthält Vorschriften über eine gegenseitige Beistandspflicht bei der Ausübung von Befugnissen, die Verantwortlichkeit für Amtshandlungen sowie die Geheimhaltungspflicht.

/. übrige Bestimmungen Zur Abklärung von der bei Durchführung des Vertrages entstehenden Fragen wird eine Gemischte schweizerisch-deutsche Kommission errichtet, die auch die Aufgabe hat, den beiden Regierungen Empfehlungen, auch über etwaige Abänderungen dieses Vertrages, zu unterbreiten, sowie zur Beseitigung von Schwierigkeiten den zuständigen Behörden geeignete Massnahmen vorzuschlagen (Art. 41). Die Kommission besitzt
keine Entscheidungsbefugnisse.

Was die Vertragsdauer betrifft, so gilt er zunächst für 12 Jahre. Nach Ablauf dieser Frist kann der Vertrag mit einer Frist von zwei Jahren gekündigt werden (Art.44, Abs. 3). Deutscherseits wurde grosses Gewicht darauf gelegt, dass der Vertrag für eine längere Zeitspanne gilt. Es besteht aber ein beidseitiges berechtigtes Interesse an einer längeren Aufrechterhaltung der neuen Regelung, die ja der Natur der Sache nach auf Dauer angelegt sein muss und nur so sinnvoll ist, Die zweijährige Kündigungsfrist würde es sodann gestatten, dass in der Zwischenzeit die Rechtslage Büsingens neu geregelt werden und die Gemeinde sich auf einen neuen Status vorbereiten könnte.

1151 D. Aufbau des Vertrages Der Vertrag gliedert sich in fünf Teile nebst einem Schlussprotokoll sowie einer Anlage.

Der I.Teil, der zwei Abschnitte umfasst, betrifft den Zollanschluss und die Anwendung schweizerischen Rechts in, Büsingen, Im ersten Abschnitt (Allgemeine Regelung, Art. l bis 3) wird in Artikel l der Grundsatz verankert, wonach die Gemeinde Büsingen unbeschadet ihrer politischen Zugehörigkeit zur Bundesrepublik Deutschland dem schweizerischen Zollgebiet angeschlossen wird.

Artikel 2 bestimmt die Materien, auf die infolge des Zollanschlusses in der Enklave schweizerisches Recht zur Anwendung zu gelangen hat. Wir haben die Grundsätze der Einführung schweizerischen Rechts bereits umrissen, so dass der Artikel 2 in diesem Zusammenhang keiner weiteren Erläuterung bedarf. Zu erwähnen ist hier, dass der Grundsatz, wonach das deutsche Recht auf den in Artikel 2, Absatz l aufgeführten Sachgebieten ausser Kraft tritt, beim staatsgefährlichen Propagandamaterial insoweit eine Ausnahme erfährt, als dadurch die Anwendung der deutschen Staatsschutzvorschriften durch die deutschen Behörden nicht ausgeschlossen wird (Schlussprotokoll Ziff. 2).

Artikel 3 regelt das Verfahren, in welchem Forderungen von schweizerischen Behörden auf Grund des eingeführten schweizerischen Rechts gegen Einwohner von Büsingen geltend gemacht werden und sieht hiefür grundsätzlich die Anwendung des deutschen Vollstreckungsrechts vor. Immerhin bleibt, sofern ein Einwohner Büsingens Vermögenswerte in der Schweiz hat, die Betreibung in der Schweiz nach schweizerischem Recht ausdrücklich vorbehalten.

Im 2. Abschnitt (Art. 4 bis 15) werden für die Anwendung schweizerischen Rechts gewisse Sonderregelungen vereinbart.

Artikel 4 betrifft die Mitwirkung der deutschen Behörden bei der Beschlagnahme (Besitzergreifung) eines Zollpfandcs durch schweizerische Beamte.

Artikel 5 sieht Vergünstigungen bei der Ein- und Ausfuhr deutscher Waren, die zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben in Büsingen benötigt werden, vor.

Die Artikel 6 bis 8 enthalten im Zusammenhang mit der Einführung weiter Teile der schweizerischen Landwirtschaftsgesetzgebung Sonderbestimmungen für die Milchverkaufsbcwilligung (Art. 6), Errichtung von Geflügelhöfen und -farmen (Art. 7) sowie die Beschränkung der Übernahme bei der Kartoffelüberschussverwertung
(Art. 8).

Die Artikel 9 und 10 betreffen das Gesundheitswesen, nämlich die Herstellung und den Handel mit Arzneimitteln (Art. 9) und die Betäubungsmittelgesetzgebung (Art. 10). Besondere Bestimmungen über die Meldepflicht deutscher Ärzte über Krankheiten und den Zuzug nach Büsingen von Heilpraktikern nach Inkrafttreten des Vertrages enthält im weitern das Schlussprotokoll (Ziff. 7).

Artikel 11 stellt besondere Vorschriften über die Besteuerung von Branntwein auf und überträgt die Funktionen der örtlichen Brennereiaufsichtsstellen der zuständigen Behörde der Stadt Schaff hausen.

1152 Artikel 12 bestimmt, dass der Erwerb von Waffen in Büsingen durch Personen mit Wohnsitz in der Schweiz ausgeschlossen ist. Somit ist also eine Umgehung des Konkordates vom 20. Juli 1944 über den Handel mit Waffen und Munition (BS 5, 683), dem nun alle Kantone angehören, ausgeschlossen, Artikel 13 verpflichtet die Bundesrepublik Deutschland, die Erlaubnis für die Herstellung von Pulver und Sprengstoffen in Büsingen oder den Vertrieb dieser Erzeugnisse nur für den dortigen Eigenbedarf zu erteilen. Auch auf diesem Sachgebiet kann infolgedessen kein Missbrauch der Sonderstellung Büsingens erfolgen. Aussserdera wird deutscherseits für die Herstellung von Pulver und Sprengstoffen, die unter das deutsche Kriegswaffenkontrollgesetz fallen, keine Genehmigung erteilt (Schlussprotokoll Ziff. 8).

Ausgehend von der auf Artikel 2, Absatz l beruhenden Regelung, wonach sich die Strafverfolgung bei Verletzung des in Büsingen anwendbaren schweizerischen Rechts nach den schweizerischen Straf bestimmungen richtet, hält Artikel 14in Absatz l fest, dass eine solche Zuwiderhandlung einzig nach schweizerischem Strafrecht beurteilt wird. Absatz 2 betrifft die Gesamtstrafenbildung und regelt ferner die Vollstreckung von schweizerischen und deutschen Strafurteilen.

Artikel 15 enthält die schweizerischerseits zugesicherten Garantien bei der Strafverfolgung von Einwohnern von Büsingen.

Der II. Teil befasst sich mit dem Grenzübertritt, den fremdenpolizeilichen, arbeitsrechtlichen und gewerberechtlichen Regelungen.

Artikel 16 bestimmt, dass zwischen Büsingen und der Schweiz keine Grenzabfertigung stattfindet. Was den in Absatz 2 enthaltenen Vorbehalt der Durchführung polizeilicher Kontrollen anbelangt, so fällt in erster Linie die Kontrolle der auf Grund von Artikel 39 des Vertrages vorbehaltenen persönlichen Einreiseverbote sowie der Grenzübertritt von Drittausländern darunter.

Artikel 17 behandelt die grenzsanitarische Überwachung und bedarf keiner weiteren Bemerkung.

Ebensowenig erfordert Artikel 18, der den Aufenthalt von Drittausländern in Büsingen regelt, einer Erläuterung.

In den Artikeln 19 bis 22 werden die fremdenpolizeilichen, arbeitsrechtlichen und gewerblichen Vergünstigungen umschrieben. Da die Grundsätze dieser Regelung bereits dargelegt wurden, können wir uns im nachfolgenden auf wenige Angaben
beschränken und im übrigen auf die in diesen Artikeln enthaltenen eingehenden Bestimmungen verweisen.

Artikel 19 regelt die Voraussetzungen (Stichdatum, Berechnung der zehnjährigen Aufenthaltsdauer), unter denen Deutschen mit Wohnsitz in Büsingen im umliegenden Schweizer Gebiet, beziehungsweise Schweizern in Büsingen, die in diesem Abschnitt aufgezählten Vergünstigungen zustehen. Das schweizerische Gebiet, für welches diese Vergünstigungen gelten, wird in der Anlage zum Vertrag bezeichnet.

Artikel 20 betrifft die fremdenpolizeiliche Bewilligung für die unselbständige Erwerbstätigkeit. Die Bewilligung wird für fünf Jahre erteilt und wird jeweils auf

1153 Antrag um die gleiche Dauer verlängert. Sie kann aus in der Person des Gesuchstellers liegenden Gründen verweigert oder widerrufen werden.

Artikel 21 enthält die Bestimmungen über die Familienzulagen.

Artikel 22 regelt die fremdenpolizeiliche Bewilligung für Personen, die eine selbständige Erwerbstätigkeit ausüben, sowie die Voraussetzungen, unter welchen ihre Arbeitnehmer eine Arbeitserlaubnis erhalten. Auch juristische Personen, Handelsgesellschaften, Genossenschaften usw. erhalten eine Bewilligung, sofern an ihnen gemäss Vertrag begünstigte Personen ein überwiegendes wirtschaftliches Interesse haben. Eine Auslegungsregelfür die Abklärung eines «überwiegenden wirtschaftlichen Interesses» ist im Schlussprotokoll Ziffer 5 enthalten. Durch das Abstellen auf das wirtschaftliche Interesse soll vermieden werden, dass die Sonderstellung Büsingens durch die Begründung fiktiver Gesellschaftssitze missbraucht wird. Gemäss Artikel 22 wird die Bewilligung für fünf Jahre erteilt, wobei sie für die gleiche Dauer verlängert werden kann. Sie kann verweigert oder widerrufen werden, wenn die Vergünstigungen missbräuchlich ausgenutzt werden.

Artikel 23 betrifft Motorfahrzeuge und Anhänger mit Standort in Büsingen.

Der III. Teil betrifft die Verfolgung wegen Zuwiderhandlungen auf den nicht in Artikel 2 aufgeführten Sachgebieten und die Rechtshilfe.

Artikel 24 : Es wurde, da in Büsingen begangene Verstösse gegen Vorschriften über die in Artikel 2 erwähnten Rechtsgebiete ungeachtet der Staatsangehörigkeit des Täters der schweizerischen Gerichtsbarkeit unterliegen, für zweckmässig gehalten, in Absatz l den Grundsatz ausdrücklich festzuhalten, dass - im übrigen - die Strafhoheit der Vertragsstaaten unberührt bleibt.

Die Absätze 2 und 3 enthalten die erforderliche Ausdehnung der Geltung des Rechts beider Vertragsstaaten, die die Verfolgung und Bestrafung aller Einwohner der Schweiz, die in Büsingen, beziehungsweise aller Einwohner von Büsingen, die in der Schweiz eine mit einer Sanktion bedrohte Handlung begangen haben, ermöglichen soll, soweit die geltenden Vorschriften dies nicht ohnehin bereits zulassen. Sachlich werden damit auch die nicht als Verbrechen oder Vergehen qualifizierten Handlungen erfasst und - für das schweizerische Recht - die Voraussetzung der Zulässigkeit der Auslieferung ausgeschlossen. Andererseits
wird in dem durch den Vertragszweck gegebenen Ausmass auch der persönliche Geltungsbereich erweitert, so dass jeder Vertragsstaat die Gerichtsbarkeit auch hinsichtlich eines in seinem Hoheitsgebiet wohnenden Ausländers ausüben kann.

Dies gilt für die Schweiz hinsichtlich der in Büsingen begangenen und nach den dort anwendbaren deutschen Vorschriften mit einer Sanktion bedrohten Handlungen, für die Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der von einem Einwohner von Büsingen in der Schweiz begangenen strafbaren Handlungen.

Die Absätze 4 und 5 sind erforderlich zur Regelung der von den Absätzen l und 2 nicht erfassten besonderen Fälle, in denen das Fehlen einer Sonderregelung zu dem stossenden Ergebnis führen müsste, dass ein in Büsingen in der Gewalt der deutschen Behörden befindlicher Schweizerbürger wegen einer im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland ausserhalb Büsingens begangenen Handlung nicht vor Gericht gestellt werden könnte.

1154

Nach Absatz 6 gilt die in den Absätzen 2 bis 5 vorgesehene Regelung nicht für Handlungen militärischen, fiskalischen oder vorwiegend politischen Charakters.

Die Absätze l bis 3 von Artikel 25 umschreiben, in welchem Umfang die beiden Vertragsstaaten zur Ü bernahme der Verfolgung von Zuwiderhandlungen verpflichtet sind, deren Urheber sich dauernd in ihrem Hoheitsgebiet aufhalten.

Diese Pflicht hat subsidiären Charakter in zweierlei Hinsicht: Sie setzt voraus, dass der Verdächtigte sich der Strafgewalt des Tatortstaates nicht unterzieht.

Eine Unterziehung im Sinne des Absatzes l liegt nicht vor, solange sich der Verurteilte der Vollstreckung der gegen ihn verhängten Sanktion entzieht. Liegt ihm eine Handlung zur Last, die zur Auslieferung Anlass geben kann, so besteht die Verpflichtung nach Absatz l nur, wenn der Täter nicht ausgeliefert wird. Die allgemeine Vorschrift des Absatzes l bedarf jedoch der Ergänzung hinsichtlich der Schweizerbürger, die nicht auch die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen und sich in Büsingen aufhalten beziehungsweise dort festgenommen werden.

Schweizerbürger, die Einwohner von Büsingen sind, gehören an sich zu den Personen, die sich dauernd in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. In diesem Falle wäre es aber sinnlos, die Bundesrepublik zu verpflichten, nach Absatz l die Verfolgung wegen einer in der Schweiz begangenen Handlung zu übernehmen, weil die deutschen Behörden den Täter nicht vor ein deutsches Gericht stellen können, solange er sich nicht freiwillig stellt. Aus dem gleichen Grunde sind sie auch nicht in der Lage, einen in Büsingen sich aufhaltenden oder dort festgenommenen Schweizerbürger wegen einer in der Bundesrepublik Deutschland begangenen Handlung strafrechtlich zur Rechenschaft zu ziehen.

Deshalb muss einerseits hinsichtlich der zuerst genannten Fälle die Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland zur Übernahme der Verfolgung nach Absatz l ausgeschlossen und andererseits diejenige der Schweiz für die an zweiter Stelle erwähnten Fälle von der Voraussetzung des Aufenthalts im ersuchten Staat unabhängig gemacht werden (Abs. 2 und 3).

Die übrigen Absätze regeln das bei der Beantragung der Übernahme der Verfolgung einzuschlagende Verfahren sowie den Verzicht auf die Erstattung der Kosten solcher Verfahren.

Artikel 26 sieht zur Sicherstellung des
Erscheinens eines in Büsingen wohnenden Zeugen zuhanden eines im Rahmen des III. Teils von den schweizerischen Behörden durchgef ührten Verfahrens vor, dass diese Behörden beim zuständigen deutschen Amtsgericht die Anordnung der nach der deutschen Strafprozessordnung in Betracht kommenden Massnahmen verlangen können (Abs. 1). Die Absätze 2 und 3 sichern den Zeugen, die vor einem Schweizer Gericht erscheinen, die übliche Immunität zu und legen deren Wirkungsdauer fest.

Artikel 27 enthält die bereits in der Übereinkunft von 1895 vorgesehene Regelung, wonach Schweizerbürger, die wegen einer in Büsingen oder im weitern deutschen Hoheitsgebiet begangenen strafbaren Handlung von deutschen Beamten festgenommen werden, ohne besonderes Verfahren den schweizerischen Behörden zu übergeben sind (Abs. 1), Nach Absatz 2 wird der Polizei des Kantons

1155 Schaffhausen das Recht eingeräumt, gleich wie dies bereits hinsichtlich der Urheber von Verstössen gegen Vorschriften über die in Artikel 2 erwähnten Sachgebiete vorgesehen ist, in Büsingen auch Personen zu verhaften und auf schweizerisches Gebiet zu verbringen, die wegen einer in der Schweiz begangenen strafbaren Handlung verfolgt werden. Eine Ausnahme musste in beiden Fällen selbstverständlich gemacht werden hinsichtlich der deutschen Staatsangehörigen, zu denen auch die schweizerisch-deutschen Doppelbiirger gehören.

Artikel 28 : Angesichts der Verschiedenheit der im Recht der beiden Vertragsstaaten vorgesehenen Grundsätze über die Berücksichtigung einer fremden strafrechtlichen Entscheidung hinsichtlich des Ausschlusses der doppelten Bestrafung war es notwendig, darüber einheitliche Regeln im Vertrag aufzustellen, um eine rechtsungleiche Behandlung der im einen und der im ändern Vertragsstaate auf Grund der im Vertrag getroffenen Vereinbarungen bestraften Personen zu verhindern. Die getroffene Regelung beruht auf dem sogenannten Erledigungsprinzip. Sie berücksichtigt jede strafrechtliche Entscheidung, die eine materielle Beurteilung der Tat beinhaltet, also auch die Einstellung des Verfahrens, sofern sie aus materiellrechtlichen Gründen erfolgt.

Artikel 29 übernimmt die Bestimmung von Artikel 2, Absatz l der Übereinkunft von 1895 über das Recht der deutschen Behörden, in Büsingen festgenommene Personen, die nicht Schweizcrbürger sind, ohne besonderes Verfahren durch das zwischen Büsingen und dem weiteren deutschen Hoheitsgebiet liegende schweizerische Gebiet durchzuführen. Die Vereinbarung wurde dabei dahin präzisiert, dass sie auch gilt für die Vorführung von Personen, gegen die ein Vorführungsbefehl erlassen wurde, weil sie einer Vorladung vor eine deutsche Behörde keine Folge geleistet haben. Da schweizerisch-deutsche Doppelbürger, die sich in Büsingen aufhalten, von den deutschen Behörden wie deutsche Staatsangehörige zu behandeln sind, wurde festgelegt, dass sie nicht Schweizerbürger im Sinne dieser Bestimmung sind.

Artikel 30 erweitert die Verpflichtung zur Leistung von Rechtshilfe in Strafsachen gegenüber den anderweitigen dafür massgebenden vertraglichen Bestimmungen. Soweit sie in Verfahren zu leisten ist, die auf Grund des Artikels 25 durchgeführt werden, hegen die üblichen
Beschränkungen nicht im Interesse des Staates, der die Übernahme der Strafverfolgung verlangt hat und der in diesem Falle auch der um Rechtshilfe ersuchte Staat ist. Er hat deshalb den Rechtshilfeersuchen im gleichen Umfang zu entsprechen wie im innerstaatlichen Rechtshilfeverkehr.

Im IV. Teil (Art. 31 bis 38) werden die besondern Rechte und Pflichten der Behörden und Beamten niedergelegt, und zwar in Artikel 31 jene der schweizerischen Beamten in Büsingen und in Artikel 32 jene der deutschen Beamten auf den schweizerischen Durchgangsstrecken nach Büsingen.

Artikel 33 stellt eine gegenseitige Bcistandspflicht der Behörden auf.

Artikel 34 befasst sich mit den anwendbaren Straf bestimmungen, soweit in einem im Rahmen des Vertrages durchgeführten Strafverfahren auch Handlungen gegen die öffentliche Gewalt erfolgt sind.

1156

Artikel 35 regelt die Verantwortlichkeitsansprüche.

Artikel 36 und 37 ordnen die Postzustellung schweizerischer Schriftstücke in Büsingen sowie den Verkehr zwischen den schweizerischen und deutschen Behörden im Falle der Mitwirkung an einem mit dem Vertrag zusammenhängenden Verfahren, Artikel 38 stellt eine Geheimhaltungspflicht auf.

Im V.Teil, den Schlussbestimmungen (Art. 39 bis 44), wird durch Artikel 39 das Recht der beiden Staaten zum Erlass von persönlichen Einreise- und Aufenthaltsverboten vorbehalten.

Artikel 40 betrifft zusammen mit Ziffer 6 des Schlussprotokolls die Veröffentlichung der in Büsingen gemäss Artikel 2, Absatz l anwendbaren schweizerischen Erlasse. Wir haben darauf bereits hingewiesen.

Artikel 41 setzt die bereits erwähnte Gemischte schweizerisch-deutsche Kommission ein.

Artikel 42 hebt die schweizerisch-deutsche Übereinkunft vom 21. September 1895 auf.

Artikel 43 enthält wie die meisten seit Kriegsende zwischen der Schweiz und der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossenen Vereinbarungen die übliche Berlinklausel.

Artikel 44 legt Ratifikation und Inkrafttreten des Vertrages sowie dessen Kündigung fest.

Auf die Bestimmungen des Schlussprotokolls, das aus elf Ziffern besteht und integrierender Bestandteil des Vertrages bildet, ist bereits in den vorstehenden Ausführungen eingetreten worden. In diesem Zusammenhang ist noch auf Ziffer l hinzuweisen, die die im Vertrag verwendeten Begriffe «Behörden» und «Beamte» bestimmt, auf Ziffer 9, die unter gewissen Voraussetzungen die Aufnahme von Verhandlungen in Steuerfragen, die sich im Zusammenhang mit dem Status Büsingen ergeben, vorsieht, sowie auf Ziffer 11, wonach keine Konzession für den Betrieb einer Spielbank in Büsingen erteilt werden wird.

Die Anlage zum Vertrag umfasst ein Verzeichnis jener schweizerischen Gemeinden, auf die sich die im Vertrag enthaltenen fremdenpolizeilichen, arbeitsrechtlichen und gewerblichen Vergünstigungen beziehen, III. Würdigung des Vertragswerkes Die beiden Ihnen unterbreiteten Verträge stehen untereinander in enger Beziehung, indem sie die Grenzverhältnisse im Kanton Schaffhausen ordnen.

Derjenige über die Grcnzbereinigung nimmt den umfassendsten Gebietsaustausch seit Bestehen des Bundesstaates vor. Der Verlauf der Grenze wird vereinfacht und den natürlichen Verhältnissen angepasst. Von
besonderer Bedeutung ist, dass durch den Vertrag der Verenahof als Enklave zu bestehen aufhört und mit einem Teil vom «Schlauch» bei Bargen auf schweizerisches Gebiet zu liegen kommt. Damit sind zwei Postulate erfüllt, für die sich unser Land seit über 150 Jahren immer wieder eingesetzt hat.

1157

Der Vertrag über Büsingen nimmt in weitem Masse eine staatsvertragliche Kodifizierung der bereits gehandhabten Praxis vor. Er bringt aber den Einwohnern von Büsingen darüber hinaus eine wesentliche Verbesserung ihres Status, indem er ihnen auf jenen Gebieten, die für sie wirtschaftlich am bedeutendsten sind, nämlich der Landwirtschaft und der unselbständigen Erwerbstätigkeit weitgehend die gleiche Stellung wie Schweizern einräumt. Er gewährt ihnen die erstrebte rechtliche Garantie für die Zukunft. Damit wird den jahrhundertealten engen Beziehungen der Gemeinde Büsingen zur Schweiz Rechnung getragen. Wie wir aber darauf hingewiesen haben, bringt der Vertrag auch unserem Land Vorteile, insbesondere zoll- und verkehrstechnischer Natur.

Die von der Schweiz im Zusammenhang mit dem Vertrag über Büsingen eingegangenen Verpflichtungen sind überblickbar, um so mehr als zwischen der Schweiz und dem Fürstentum Liechtenstein seit über 40 Jahren ähnliche staatsvertragliche Vereinbarungen bestehen. Im Vertrag mit der Bundesrepublik Deutschland konnten deshalb auch die gestützt auf den Zollanschlussvertrag vom 29. März 1923 gemachten Erfahrungen berücksichtigt werden. Die in dem Vertrag aufgenommenen Missbrauchsklauseln bieten zudem Sicherheit, dass nur Bewohner Büsingens in den Genuss der darin enthaltenen Vergünstigungen gelangen werden; eine missbräuchliche Ausnützung der Sonderstellung der Enklave ist ausgeschlossen.

Bringt zwar der Grenzbereinigungsvertrag primär der Schweiz, jener über Büsingen vor allem der Bundesrepublik Deutschland Vorteile, so stellen die beiden Verträge gesamthaft eine ausgewogene Regelung der beidseitigen Interessen dar. Sie haben auch in den betroffenen Bevölkerungskreisen Zustimmung gefunden. Eine Opposition gegen den Grenzbereinigungsvertrag ist im Kanton Schaff hausen nicht mehr vorhanden, und auch der Vertrag über Büsingen stiess weder im Kanton Schaffhausen noch in dem umliegenden Gebiet der Kantone Zürich und Thurgau auf Widerstand. Beide Verträge wurden deshalb auch gleichzeitig unterzeichnet; sie werden auch miteinander ratifiziert werden und anschliessend auch zum gleichen Zeitpunkt in Kraft treten.

Abschliessend darf festgestellt werden, dass es gelungen ist, eine allseits befriedigende Regelung des Grenzverlaufs und der sich aus dem Bestehen der Enklave Büsingen ergebenden
komplizierten Rechtsverhältnisse staatsvertraglich festzulegen. Dazu bedurfte es jahrelanger Bemühungen, um die sich schweizerischerseits vor allem auch die zuständigen Stellen des Kantons Schaffhausen verdient gemacht haben.

Gestützt auf vorstehende Ausführungen empfehlen wir Ihnen die Genehmigung dieser beiden Verträge. Die verfassungsmässige Grundlage bildet Artikel 8 der Bundesverfassung, gemäss welchem dem Bund das Recht zusteht, Staatsverträge mit dem Ausland abzuschliessen. Die Zuständigkeit der Bundesversammlung beruht auf Artikel 85, Ziffer 5 der Bundesverfassung. Der Vertrag über die Grenzbereinigung ist unbefristet und untersteht somit dem fakultativen Referendum gemäss Artikel 89, Absatz 4 der Bundesverfassung. Der Vertrag über Büsingen ist demgegenüber kündbar, so dass das fakultative Referendum hier keine Anwendung findet. Wir legen Ihnen deshalb je einen Entwurf zu Bundesblati. 117. Jahrg. Bd. II.

77

1158 einem Bundesbeschhiss über die Genehmigung des Vertrages über die Bereinigung der Grenze im Abschnitt Konstanz-Neuhausen am Rheinfall und zu einem solchen über die Genehmigung des Vertrages über die Einbeziehung der Gemeinde Büsingen am Hochrhein in das schweizerische Zollgebiet vor und empfehlen Ihnen deren Annahme.

Wir versichern Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer ausgezeichneten Hochachtung.

Bern, den lO.August 1965.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates : Der Bundespräsident : Tschudi Der Vizekanzler : F. Weber

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(Entwurf)

Bundesbeschluss über die Genehmigung des zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossenen Vertrages Über die Bereinigung der Grenze im Abschnitt Konstanz-Neuhausen am Rheinfall

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 8 und 85, Ziffer 5 der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 10. August 1965, beschliesst:

Art. l Der am 23.November 1964 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland unterzeichnete Vertrag über die Bereinigung der Grenze im Abschnitt Konstanz-Neuhausen am Rheinfall wird genehmigt.

Der Bundesrat wird ermächtigt, ihn zu ratifizieren.

Art. 2 Dieser Beschluss untersteht den Bestimmungen von Artikel 89, Absatz 4 der Bundesverfassung betreffend die Unterstellung der Staatsverträge unter das Referendum.

1160

(Entwurf)

Bundesbeschluss über die Genehmigung des zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossenen Vertrages über die Einbeziehung der Gemeinde Büsingen am Hochrhein in das schweizerische Zollgebiet

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 8 und 85, Ziffer 5 der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 10. August 1965, beschliesst: Einziger Artikel Der am 23. November 1964 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland unterzeichnete Vertrag über die Einbeziehung der Gemeinde Büsingen am Hochrhein in das schweizerische Zollgebiet wird genehmigt.

Der Bundesrat wird ermächtigt, ihn zu ratifizieren.

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Originaltext

Vertrag zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland über die Bereinigung der Grenze im Abschnitt Konstanz-Neuhausen am Rheinfall

Der Schweizerische Bundesrat und der Präsident der Bundesrepublik Deutschland,

von dem Wunsche geleitet, den Verlauf der Grenze im Abschnitt KonstanzNeuhausen am Rheinfall durch Austausch flächengleicher Gebietsteile zu vereinfachen und den natürlichen Verhältnissen sowie den beiderseitigen Interessen besser anzupassen, sind übereingekommen, einen Vertrag zu schliessen.

Sie haben zu diesem Zweck zu ihren Bevollmächtigten ernannt: Der Schweizerische Bundesrat : Herrn Minister Prof. Dr. Rudolf L. Bindschedler Der Präsident der Bundesrepublik Deutschland: Herrn Ministerialdirektor a.D. Gerrit von Haeften, die nach Austausch ihrer in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten folgendes vereinbart haben: Artikel l (1) Die Schweizerische Eidgenossenschaft tritt an die Bundesrepublik Deutschland ab : a. In der Gemeinde Kreuzungen, Kanton Thurgau, eine Fläche von 43 ma zwischen den Grenzsteinen 15 bis 17 (Plan Nr. 1); b. in der Gemeinde Hemishofen, Kanton Schaffhausen, eine Fläche von 10489 m2 zwischen den Grenzsteinen 308 bis 323 (Plan Nr. 3); c. m den Gemeinden Büttenhardt und Opfertshofen, Kanton Schaffhausen, eine Fläche von 128732 ma zwischen den Grenzsteinen 700 bis 709 (Plan Nr. 5); d. in der Gemeinde Merishausen, Kanton Schaffhausen, eine Fläche von 300000 m1 zwischen den Grenzsteinen 667 bis 682 (Plan Nr. 5); e. in der Gemeinde Merishausen, Kanton Schaffhausen, eine Fläche von 19000 m2 zwischen den Grenzsteinen 653 bis 656 (Plan Nr.6);

1162 /. in der Gemeinde Bargen, Kanton Schaffhausen, eine Fläche von 31000 m2 zwischen den Grenzsteinen 632 bis 637 und eine Fläche von 2000 ma zwischen den Grenzsteinen 645 bis 646 (Plan Nr. 6) ; g. in der Gemeinde Neuhausen am Rheinfall, Kanton Schaffhausen, eine Fläche von 398 m2 zwischen den Grenzsteinen 13 bis 15 (Plan Nr. 7); h, in der Gemeinde Schleitheim, Kanton Schaffhausen, eine Fläche von 38250 m2 zwischen den Grenzsteinen 427 bis 478 (Pläne Nrn. 8 und 9).

(2) Die Bundesrepublik Deutschland tritt an die Schweizerische Eidgenossenschaft ab : a. In der Gemeinde Konstanz, Kreis Konstanz, eine Fläche von 43 m2 zwischen den Grenzsteinen 15 bis 17 (Plan Nr. 1); b. in der Gemeinde Oehningen, Kreis Konstanz, eine Fläche von 5390 ma zwischen den Grenzsteinen 415 bis 418 a (Plan Nr. 2); c. in der Gemeinde Oehningen, Kreis Konstanz, eine Fläche von 99 m2 zwischen den Grenzsteinen 321 bis 322 (Plan Nr. 3); d. in der Gemeinde Rielasingen, Kreis Konstanz, eine Fläche von 5000 m2 zwischen den Grenzsteinen 222 bis 225 (Plan Nr. 4); e. in der Gemeinde Wiechs am Randen, Kreis Konstanz, eine Fläche von 428732 m2 innerhalb der Grenzsteine l bis 47 (Plan Nr. 5); /. in der Gemeinde Wiechs am Randen, Kreis Konstanz, eine Fläche von 52000 m2 zwischen den Grenzsteinen 646 bis 653 (Plan Nr. 6); g. in der Gemeinde AUenburg, Kreis Waldshut, eine Fläche von 398 m2 zwischen den Grenzsteinen 13 bis 15 (Plan Nr. 7); h. in den Gemeinden Stüblingen, Weizen und Grimmelshofen, Kreis Waldshut, eine Fläche von 38250 m 3 zwischen den Grenzsteinen 444 bis 474 (Pläne Nrn. 8 und 9).

(3) Die Grenzbereinigungen sind in den Plänen, die diesem Vertrag als Anlagen Nrn. l bis 9 beigefügt sind und dessen integrierenden Bestandteil bilden, im einzelnen dargestellt. Geringfügige Änderungen, die sich bei der Absteckung, Vermarkung und Vermessung der bereinigten Grenze ergeben, bleiben vorbehalten.

Artikel 2 (1) Der genaue Verlauf der in Artikel l festgelegten Grenze wird an Ort und Stelle durch eine gemischte technische Grenzkommission bestimmt, die aus je zwei Mitgliedern besteht.

(2) Die Grenzkommission hat folgende Aufgaben: a. Absteckung, Vermarkung und Vermessung der Grenze; b. Erstellung der Pläne und Grenzvermessungstabellen.

(3) Nach Beendigung ihrer Arbeiten erstellt die Grenzkommission ein Protokoll mit den Plänen und Grenzvermessungstabellen, das den Vollzug dieses Vertrages bestätigt.

1163 (4) Die Kosten für die in Absatz 2 genannten Aufgaben werden von den Vertragsstaaten je zur Hälfte getragen.

Artikel 3 (1) Die-Schweizerische Eidgenossenschaft wird die in Artikel l, Absatz l, Buchstaben c und d bezeichneten Flächen, soweit sie sich im Eigentum des Kantons Schaffhausen befinden, innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten dieses Vertrages, im übrigen innerhalb von weiteren zwei Jahren, der Gemeinde Wiechs am Randen lasten- und kostenfrei übereignen.

(2) Die Bundesrepublik Deutschland zahlt an die Schweizerische Eidgenossenschaft innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten dieses Vertrages einen Beitrag zum Ankauf der in Absatz l bezeichneten Flächen in Höhe von insgesamt 200000 Schweizerfranken.

Artikel 4 Die Grundbücher und Akten der Vermessungsämter, die sich auf die Grundstücke in den in Artikel l, Absätze l und 2 bezeichneten Austauschflächen beziehen, werden mit den dazu gehörenden Unterlagen, Urkunden und Plänen im Original oder, wenn dies nicht möglich ist, in beglaubigter Abschrift von den Gerichten und Behörden-des einen Staates an die zuständigen Gerichte und Behörden des anderen Staates kostenfrei übergehen.

Artikel 5 (1) Die Schweizerische Eidgenossenschaft baut innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten dieses Vertrages die Strasse Altdorf-Wiechs am Randen bis zur Grenze aus.

(2) Die Schweizerische Eidgenossenschaft gewährleistet den Anschluss der Verbindungsstrasse zwischen Wiechs am Randen und der fCantonsstrasse Merishausen-Bargen.

(3) Die Schweizerische Eidgenossenschaft erstellt auf ihre Kosten nördlich der Grenze beim Zollamt Ramsen zwischen den neuen Grenzpunkten 222 und 223 einen Feldweg und einen schienengleichen Bahnübergang zu den deutschen Grundstücken.

Artikel 6 (1) Die Wasserrechte der Zwirnerei an der Wutach (Gemeinde Stühlingen) bleiben ungeachtet der Verlegung der Grenze unverändert bestehen.

(2) Zur Instandhaltung des Wehres auf der Schweizer Seite erhält die Zwirnerei das Recht, Materialien und Geräte ungehindert und abgabenfrei auf Schweizer Gebiet zu verbringen.

Artikel 7 Dieser Vertrag gilt auch für das Land Berlin, sofern nicht die Regierung der Bundesrepublik Deutschland gegenüber dem Schweizerischen Bundesrat inner-

1164 halb von drei Monaten nach Inkrafttreten dieses Vertrages eine gegenteilige Erklärung abgibt.

Artikel 8 (1) Dieser Vertrag bedarf der Ratifikation. Die Ratifikationsurkunden sollen sobald wie möglich in Bern ausgetauscht werden, (2) Dieser Vertrag tritt einen Monat nach Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft.

Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten diesen Vertrag unterzeichnet und mit ihren Siegeln versehen.

Geschehen zu Freiburg in Breisgau am 23.November 1964 in zwei Urschriften in deutscher Sprache.

Für die Schweizerische Eidgenossenschaft: (gez.) Bindschedler

Für die Bundesrepublik Deutschland: (gez.) G. v. Haeften

1165

Schlussprotokoll zum Vertrag vom 23. November 1964 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland über die Bereinigung der Grenze

im Abschnitt Konstanz-Neuhausen am Rheinfall

Für die Bewirtschaftung von land-und forstwirtschaftlichen Grundstücken, die durch die Grenzbereinigung in das Gebiet des anderen Staates übergehen, finden die jeweils zwischen den Vertragsstaaten geltenden Vergünstigungen im land- und forstwirtschaftlichen Grenzbewirtschaftungsverkehr Anwendung.

Kontrollen werden auf das für die Grenzaufsicht notwendige Mass beschränkt und im allgemeinen nur stichprobeweise ausgeübt.

§2 Bei der Verlegung der Grenze in die Flussmitte der Wutach gehen die Vertragsstaaten davon aus, dass das Land Baden-Württemberg das Recht hat, zur Instandsetzung des deutschen Ufers der Wutach Materialien und Geräte ungehindert und ohne förmliche Grenzabfertigung durch Schweizer Gebiet an das deutsche Ufer zu verbringen. Das gleiche gilt für die auf Schweizer Gebiet verbrachten Geräte, die zur Instandhaltung des Wehres der Zwirnerei an der Wutach in Stühlingen vorübergehend verwendet werden.

§3

Soweit die Schweizerische Eidgenossenschaft auf dem Brückenkopf Oberwiesen die für eine nebeneinanderliegende Grenzabfertigung erforderlichen Anlagen nicht erstellt, erhält die Bundesrepublik Deutschland das Recht, die erforderlichen Gebäude und Anlagen selbst zu errichten. Von diesem Recht kann sie Gebrauch machen, sobald sich für die deutschen Behörden die Notwendigkeit ergibt, die Grenzabfertigung auf Schweizer Gebiet zu verlegen. Die Schweizerische Eidgenossenschaft erklärt sich bereit, die dabei notwendig werdenden Bauvorhaben in jeder Hinsicht, insbesondere bei der Bereitstellung des Baugrundes, 7U fördern.

Im Falle der Verlegung der deutschen Grenzabfertigung auf Schweizer Gebiet sind die deutschen Bediensteten berechtigt, im Gebiet des Brückenkopfes Oberwiesen alle die Grenzabfertigung betreffenden Tätigkeiten wie im eigenen

1166 Staatsgebiet durchzuführen, insbesondere auch alle einschlägigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften, mit deren Vollzug sie betraut sind, anzuwenden.

Gebäude und Anlagen, die auf dem Brückenkopf Oberwiesen für die deutsche Grenzabfertigung erstellt werden, sind von schweizerischen Steuern und Abgaben befreit.

§4

Der Vertrag über die Bereinigung der Grenze im Abschnitt KonstanzNeuhausen am Rheinfall soll gleichzeitig mit dem Vertrag zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland über die Einbeziehung der Gemeinde Büsingen am Hochrhein in das schweizerische Zollgebiet ratifiziert werden.

§5

Dieses Schlussprotokoll bildet einen integrierenden Bestandteil des Vertrages über die Bereinigung der Grenze im Abschnitt Konstanz-Neuhausen am Rheinfall.

Geschehen zu Freiburg im Breisgau am 23. November 1964 in zwei Urschriften in deutscher Sprache.

Für die Schweizerische Eidgenossenschaft:

Für die Bundesrepublik Deutschland :

(gez.) Bindschedler

(gez.) G. v. Haeften

1167 Plan Nr.1 Kreuzlinger Zoll

Deutschland Baden- Württemberg Stadt Konstanz

Schweiz Kanton Thurgau Stadt Kreuzlingen

Legende: wegfallende Grenze neue und unveranderte Grenze an die Schweiz iibergehende Flache an Deutschland ubergehende Fiache

Deutschland Baden-Wiirttemberg Gemeinde Oehningen

Schweiz Kanton Schaffhausen Gemeinde Stein am Rhein Legende: wegfallende Grenze

neue und urweranderte Gfenze an die Schweiz ubergehende Flache

89U

Plan Nr.2 Bleichehof

Schweiz Kanton SchafFhausen Gemeinde Hemishofen

Plan Nr.3 Litzelshausen undRledern

Deutschland

69TI

Legende1 wegfallende Grenze neue und unveranderte Grenze an die Schweiz ubergehende Flache an Deutschland ubergehende Flache

Baden-Wurttemberg Gemeinde Oehningen

1170

Deutschland Baden- Wiirttemberg Gemeinde Rielasingen

Schweiz Kanton Schaffhausen Gemeinde Ramsen

Legende: wegfallende Grenze neue und unveränderte Grenze an die Schweiz Qbergehende Flache

Plan Nr.4 Ramsen Grenze

Legende: wegfallende Grenze neue und unveranderte Grenze an die Schweiz ubergehende Flache an Deutschlard ubergehende Flache

Deutschland Baden- Wurttemberg Gemeinde Wiechs am Randen

Baden-Wiirttemberg Gemeinde Wiechs am Randen

Plan Nr.6 Schlauch

ZLll

Deutschland

653

·' GDE.

MERISHAUSEN

Schweiz Legende: wegfallende Grenze neue und unveranderte Grenze an die Schweiz Gbergshende Flache an Deutschland Qbergehende Flache

Karvton Schaffhausen Gemeinde Bargen

1173 Plan Nr.7 Strasse Neuhausen am Rheinfall-Jestetten

Schweiz Kanton Schaffhausen Gemeinde Neuhausen am Rheinfall

Deutschland Baden-Württemberg Gemeinde Altenburg

Legende: wegfallende Grenze neue und unveranderte Grenze an die Schweiz ubergehende FlSche an Deutschland ubergehende Flache Bundesblatt. 117. Jahrg. Bd. n.

78

frill Pian Nr.8 Wutach Briickenkopf Oberwiesen

Deutschland Bade n-Wiirttem berg Gemeinde Stuhlingen

Legende: wegfallende Grenze neue und unveranderte Grenze an die Sehwsiz ubercjehende Flache an Deutschland ubergehende Flache

Schweiz Kanton Schaffhausen Gemeinde Schleilheim

Plan Nr.9 Wutach

Deutschland Baden-Wurtlemberg

Schweiz

SLll

Legende: wegfallende Grenze neue und unveranderte Grenze an die Schwelz iibergehende Frache an Deutschland iibergehende Flache

Kanton SchafFhausen Gemeinde Schleitheim

1176

Vertrag zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland über die Einbeziehung der Gemeinde Büsingen am Hochrhein in das schweizerische Zollgebiet

Der Schweizerische Bundesrat und der Präsident der Bundesrepublik Deutschland, von dem Wunsche geleitet, die sich aus der besonderen geographischen Lage der Gemeinde Büsingen am Hochrhein ergebenden Beziehungen zur Schweizerischen Eidgenossenschaft den beiderseitigen Interessen anzupassen, sind übereingekommen, einen Vertrag über die Einbeziehung der Gemeinde Büsingen am Hochrhein in das schweizerische Zollgebiet zu schliessen.

Sie haben zu diesem Zweck zu ihren Bevollmächtigten ernannt: Der Schweizerische Bundesrat : Herrn Minister Prof. Dr. Rudolf L. Bindschedler Der Präsident der Bundesrepublik Deutschland: Herrn Ministerialdirektor a.D. Gerrit von Haeften die nach Austausch ihrer in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten folgendes vereinbart haben : LTeil ZoHanschluss und Anwendung schweizerischen Rechts 1. Abschnitt Allgemeine Regelung Artikel l Das von der Schweiz umgebene Gebiet der Gemeinde Büsingen am Hochrhein, im folgenden «Büsingen» genannt, das vom deutschen Zollgebiet ausgeschlossen bleibt, wird unbeschadet der politischen Zugehörigkeit zur Bundesrepublik Deutschland dem schweizerischen Zollgebiet angeschlossen.

1177 Artikel 2 (1) In Büsingen finden, soweit im folgenden nicht Sonderregelungen vorgesehen sind, die schweizerischen (eidgenössischen und kantonalen) Rechts- und Verwaltungsvorschriften Anwendung, die sich auf folgende Gegenstände beziehen : a. Zölle; b. Ein-, Aus- und Durchfuhr von Waren; c. aus dem Bereich der Landwirtschaft : 1. Brotgetreidewirtschaft ; 2. Erhaltung des Ackerbaus und Anpassung der landwirtschaftlichen Produktion an die Absatzmöglichkeiten, ausgenommen Pflanzenzüchtung, Saatgutproduktion und Zuckerrüben; 3. Tierzucht; 4. Verwertung, Abnahme und Preise landwirtschaftlicher Erzeugnisse sowie sonstige Vergünstigungen; 5. Milch und Milchprodukte; 6. Geflügelhaltung und Eierwirtschaft; 7. Dünge- und Futtermittel, Sämereien, Pflanzenschutz- und Unkrautvertilgungsmittel sowie sonstige landwirtschaftliche Hilfsstoffe; 8. landwirtschaftlicher Pflanzenschutz, ausgenommen staatliche Kostenbeteiligung im Zusammenhang mit Hagel- und anderen Elementarschäden ; 9. forstliches Saatgut und Forstpflanzen; 10. Kartoffelverwertung; 11. Tierseuchenbekämpfung; 12. Treibstoffvergünstigung für die Landwirtschaft; d. aus dem Bereich des Gesundheitswesens: 1. Grenzsanitätsdienst ; 2. Leichentransporte, ausgenommen solche innerhalb einer Gemeinde; 3. Arzneimittelwesen und Heilmittelverkehr; 4. Sera und Impfstoffe; 5. Arsenderivate; 6. Verkehr mit Giften; 7. Betäubungsmittelwesen; 8. Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände; 9. Absinth und anisierte Getränke; 10. Kunstwein und Kunstmost; e. wirtschaftliche Kriegsvorsorge und Kriegswirtschaft (Versorgung der Zivilbevölkerung im Notstandsfall) ; /. technische Kontrolle von Erzeugnissen der Uhrenindustrie; g. Warenumsatzsteuer; h, fiskalische Belastung des Tabaks; /. Steuern auf Bier und sonstige Getränke soweit in beiden Vertragsstaaten der Bund für die Gesetzgebung zuständig ist;

1178 k, /.

m.

n.

o.

gebrannte Wasser (Branntwein) ; Kontrolle des Verkehrs mit Edelmetallen und Edelmetallwaren; Statistik des grenzüberschreitenden Warenverkehrs ; staatsgefährliches Propagandamateria) ; Herstellung von Münzen (einschliesslich Goldmünzen), die den schweizerischen Münzen in Gepräge, Gewicht oder Grosse gleich oder ähnlich sind.

Die für diese Gegenstände in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Rechts- und Ver wall ungsvorschriften finden in Büsingen keine Anwendung.

(2) Soweit nach Absatz l schweizerisches Recht Anwendung findet und im folgenden nichts anderes bestimmt ist, steht Büsingen Schaffhauser Gebiet gleich und kommt der Gemeinde Büsingen am Hochrhein die gleiche Rechtsstellung wie einer Gemeinde des Kantons Schaffhausen zu.

(3) Soweit nach den in Absatz l für anwendbar erklärten schweizerischen Rechts- und Verwaltungsvorschriften die Anwendung dieser Vorschriften oder die Erteilung von Bewilligungen an das Vorliegen von rechtlichen Voraussetzungen gebunden ist, die die Einwohner von Büsingen nicht erfüllen können, gelten diese Voraussetzungen als erfüllt, wenn sie nach den deutschen Rechtsvorschriften vorliegen oder nicht erforderlich sind.

(4) Soweit nach Absatz l schweizerisches Recht Anwendung findet und im folgenden nichts anderes bestimmt ist, wird es von schweizerischen Behörden vollzogen. Personen, die von den in Büsingen anzuwendenden schweizerischen Rechts- und Verwaltungsvorschriften oder durch den Vollzug solcher Vorschriften betroffen werden, stehen in bezug auf Rechtsbehelfe und Rechtsschutzinstanzen den schweizerischen Einwohnern des übrigen schweizerischen Zollgebietes gleich.

Artikel 3 (1) Forderungen, die von schweizerischen Behörden auf Grund der in Artikel 2, Absatz l genannten Vorschriften gegen Einwohner von Büsingen erhoben werden, werden auf Ersuchen der zuständigen schweizerischen Behörde von dem für Büsingen zuständigen deutschen Finanzamt nach den für die Beitreibung von Abgabenforderungen massgebenden deutschen Vorschriften beigetrieben.

(2) Grundlage für die Beitreibung in Gegenstände, an denen ein Zollpfandrecht nicht besteht, bildet die rechtskräftige und vollstreckbare Entscheidung der zuständigen schweizerischen Behörde. Auf der Entscheidung müssen die Zuständigkeit der entscheidenden Behörde, die Rechtskraft und die Vollstreckbarkeit von der gemäss
Schlussprotokoll zu bezeichnenden schweizerischen Behörde bescheinigt sein.

(3) Die schweizerische Entscheidung unterliegt nicht der sachlichen Nachprüfung durch die deutschen Behörden. Stellen diese jedoch fest, dass die Entscheidung offensichtlich Unrichtigkeiten enthält, so können sie die Entscheidung der schweizerischen Behörde zurückgeben. Diese entscheidet endgültig und verbindlich über die Berichtigung.

(4) Einwendungen des Vollstreckungsschuldners gegen den Anspruch, dessen Erfüllung erzwungen werden soll, sind ausserhalb des Zwangsverfahrens

1179 vor der zuständigen schweizerischen Behörde zu verfolgen. Die Zwangsvollstreckung wird dadurch nicht aufgehalten, solange nicht die schweizerische Behörde um die Einstellung ersucht.

(5) Die in Absatz l genannten Ansprüche schweizerischer Behörden stehen bei der Zwangsvollstreckung und im Konkurs entsprechenden Ansprüchen deutscher Behörden gleich.

(6) Besitzt ein Einwohner von Büsingen Vermögenswerte in der Schweiz, so kann die schweizerische Behörde gegen ihn wegen Forderungen gemäss Absatz l die Beitreibung (Betreibung) auch in der Schweiz nach schweizerischem Recht vornehmen. Hierbei gilt die Stadt Schaffhausen als Betreibungsort.

2. Abschnitt Sonderregelungen

Artikel 4 Soll ein Gegenstand, an dem das schweizerische Zollpfandrecht besteht, dem Inhaber ohne seine Einwilligung weggenommen werden, so hat der ausführende schweizerische Zollbeamte einen deutschen Zollbeamten hinzuzuziehen, der darüber zu wachen hat, dass sich die Massnahme nicht von ihrem Zweck entfernt.

Artikel 5 (1) Folgende aus dem deutschen Zollgebiet nach Büsingen verbrachten und von Büsingen in das deutsche Zollgebiet zurückgebrachten Waren, die aus dem freien deutschen Verkehr stammen, sind von schweizerischen Ein- und Ausgangsabgaben einschliesslich Warenumsatzsteuer sowie von wirtschaftlichen Ein- und Ausfuhrverboten und -beschränkungen befreit : 1. Waren, die deutsche Bundes-, Landes- und Kreisbehörden zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben in Büsingen benötigen, ausgenommen Lebensmittel, Genussniittel, Getränke und Futtermittel; 2. amtliche Vordrucke (Formulare), Gesetzesblätter und Literatur, die die Gemeinde Büsingen am Hochrhein zur Erfüllung ihrer Öffentlichen Aufgaben benötigt ; 3. Lehr- und Lernmittel für öffentliche Schulen, soweit ihre besondere Art von den deutschen Schulbehörden vorgeschrieben ist; 4. andere Waren, welche die Gemeinde Büsingen am Hochrhein zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben benötigt, sofern sie für diese Waren von einer deutschen öffentlich-rechtlichen Körperschaft ausserhalb von Büsingen einen Zuschuss erhält oder diese Waren auf Weisung ihrer zuständigen Aufsichtsbehörde im deutschen Zollgebiet beschaffen muss.

(2) Von schweizerischen Eingangsabgaben und wirtschaftlichen Einfuhrverboten und -beschränkungen sind befreit Waren, die zum Pfandverkauf von deutschen Behörden oder Gerichtsvollziehern aus Büsingen in das deutsche Zollgebiet verbracht worden sind und unverkauft nach Büsingen zurückgebracht

1180

werden. Entrichtete schweizerische Ausgangsabgaben werden zurückerstattet.

Die Erfüllung der Voraussetzungen ist durch amtliche Bescheinigung nachzuweisen.

Artikel 6 Die zuständige schweizerische Behörde erteilt für Büsingen die Milchverkaufsbewilligung ohne Berücksichtigung der Bedürfnisfrage, Artikel 7 Die Errichtung neuer Geflügelhöfe und Geflügelfarmen mit 150 oder mehr ausgewachsenen Tieren oder die Erweiterung solcher Geflügelhöfe und Geflügelfarmen bedarf einer Bewilligung durch die zuständige schweizerische Behörde.

Die Bewilligung kann nur aus Gründen des allgemeinen Wohls, insbesondere wenn die Errichtung oder Erweiterung den schweizerischen Markt gefährden würde, verweigert oder mit Auflagen verbunden werden.

Artikels Die geroäss den Bestimmungen der schweizerischen Alkoholgesetzgebung betreffend die Kartoffelverwertung für die Übernahme in Betracht kommende Menge wird in dem Sinne begrenzt, dass nicht mehr Kartoffeln aus Büsingen in die Überschussverwertung einzubeziehen sind, als dies der Ablieferung aus Gemeinden des Kantons Schaffhausen mit ähnlichen Produktionsverhältnissen entspricht. Die zuständigen schweizerischen Behörden sind berechtigt, eine dementsprechende Höchstmenge festzusetzen.

Artikel 9 Die Erteilung der Erlaubnis zur Herstellung von Arzneimitteln, eingeschlossen Sera und Impfstoffe, ausserhalb der Apotheken richtet sich nur nach deutschem Recht, In bezug auf den Einzelhandel mit Arzneimitteln ausserhalb der Apotheken findet das deutsche Recht Anwendung, soweit es strengere Bestimmungen enthält.

Artikel 10 Die nach deutschem Recht in Büsingen zur Berufsausübung zugelassenen Personen stehen hinsichtlich der Anwendung der schweizerischen Betäubungsmittel gesetzgebung den nach schweizerischem Recht zugelassenen Personen gleich.

Artikel!!

(1) Den bei einem in der Schweiz konzessionierten Lohnbrenner im Brennauftrag hergestellten Branntwein erhalten Einwohner von Büsingen, die Stoffbesitzer sind, zu ihrer Verfügung, nachdem sie die durch die schweizerische Alkoholverwaltung festzusetzende Steuer entrichtet haben.

1181 (2) Dem Produzenten, der als Landwirt einen Landwirtschaftsbetrieb führt und ausschliesslich Eigengewächs oder selbstgesammeltes Wildgewächs brennen lässt, wird für den Haushalt und den Landwirtschaftsbetrieb ein steuerfreier Eigenbedarf von zehn Litern (grössere Betriebe zwanzig Liter) Branntwein pauschal zugebilligt und bei der Steuerfestsetzung in Abzug gebracht.

(3) In Büsingen werden die Funktionen der örtlichen Brennereiaufsichtsstellen durch die Brennereiaufsichtsstelle der Stadt Schaffhausen ausgeübt.

Artikeln Personen, die ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, sind in Büsingen zum Erwerb von Waffen, für die ein Waffenerwerbsschein erforderlich ist, nicht berechtigt, auch wenn sie einen Waffenerwerbsschein besitzen. Solche Waffen dürfen an sie nicht abgegeben werden.

Artikel 13 Eine Erlaubnis für die Herstellung von Pulver und Sprengstoffen, die nicht unter das Kriegswaffenkontrollgesetz fallen, berechtigt in Büsingen nur zur Herstellung dieser Erzeugnisse für den dortigen Bedarf. Eine Erlaubnis für den Vertrieb dieser Erzeugnisse berechtigt nur zur Abgabe für die Verwendung in Büsingen.

Artikel 14 (1) Eine Zuwiderhandlung auf den in Artikel 2, Absatz l genannten Sachgebieten wird auch dann nach schweizerischem Recht beurteilt, wenn der massgebende Straftatbestand dem schweizerischen Strafgesetzbuch zu entnehmen ist; sie ist nur nach schweizerischem Recht strafbar, auch soweit sie zugleich eine strafbare Handlung nach dem deutschen Strafgesetzbuch darstellt.

(2) Für die Gesamtstrafenbildung stehen schweizerische und deutsche Entscheidungen einander gleich. Die schweizerischen Behörden vollstrecken die von schweizerischen, die deutschen Behörden die von deutschen Gerichten verhängten Strafen. Jedoch darf in dem Staat, in dem zuletzt die Vollstreckung durchgeführt wird, nur der sich aus der Gesamtstrafenentscheidung ergebende Strafrest vollstreckt werden; eine bedingt erlassene oder bedingt ausgesetzte Strafe steht insoweit einer vollstreckten Strafe gleich.

Artikel 15 (1) Für in Büsingen von schweizerischen Behörden vorzunehmende Strafverfolgungshandlungen gelten die folgenden Besonderheiten : a. Der wegen des Verdachts einer strafbaren Handlung Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem zum Erlass von Haftbefehlen zuständigen Richter von Schaffhausen vorzuführen,
der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben und der hierauf unverzüglich einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen hat. Gegen die Verhaftung oder die Verweigerung der Haftent-

1182 lassung ist gemäss der Strafprozessordnung für den Kanton Schaffhausen die Beschwerde an das Obergericht gegeben.

Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Haft ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

Die Verhaftung eines Deutschen ist dem Landratsamt Konstanz innerhalb 24 Stunden mitzuteilen.

b. Die Durchsuchung einer Wohnung darf nur durch den nach Schaffhauser Recht zuständigen Richter angeordnet werden; ist Gefahr im Verzug, so darf eine Wohnung von den zuständigen Beamten auch ohne richterlichen Befehl durchsucht werden.

Zu jeder Durchsuchung einer Wohnung ist ein deutscher Beamter beizuziehen, der darüber wacht, dass sich die Massnahme nicht von ihrem Zweck entfernt.

c. Obliegt die Untersuchung nicht einer richterlichen Behörde, so darf der untersuchende Beamte Papiere und Handelsbücher nur einsehen, wenn und soweit ihm ein besonderes gesetzliches Nachschaurecht zusteht oder wenn es der Inhaber genehmigt. Auf Verlangen des Inhabers hat der Beamte die Papiere und Handelsbücher, deren Durchsicht er für geboten hält, in Gegenwart des Inhabers oder seines Vertreters mit dem Amtssiegel in einem Umschlag zu verschliessen und dem nach Schaffhauser Recht zuständigen Richter abzuliefern. Dieser hat Papiere und Handelsbücher, die für die Untersuchung Bedeutung haben, der untersuchenden Behörde auszuhändigen oder mitzuteilen, soweit nicht gesetzliche Hinderungsgründe bestehen.

d. Will der zuständige schweizerische Beamte einen. Gegenstand, der beschlagnahmt werden soll oder beschlagnahmt worden ist, dem Inhaber ohne seine Einwilligung wegnehmen, so hat der Beamte einen deutschen Beamten beizuziehen, der darüber wacht, dass sich die Massnahme nicht von ihrem Zweck entfernt.

(2) Ist der nach Absatz l, Buchstabe b oder ^ beizuziehende deutsche Beamte der Auffassung, dass eine nach diesen Absätzen getroffene Massnahme des untersuchenden schweizerischen Beamten sich von ihrem Zweck entfernt, so entscheidet der Verhörrichter in Schaff hausen im Einvernehmen mit dem Landrat in Konstanz. Sichergestellte Gegenstände sind bis zu dieser Entscheidung auf dem Bürgermeisteramt in Büsingen zu hinterlegen.

(3) Kann nach dem schweizerischen Recht eine Strafverfügung der Verwaltung nur mit Verwaltungsbeschwerdc
angefochten werden, so hat der Betroffene, wenn er Einwohner von Büsingen ist und die Zuwiderhandlung in Büsingen begangen hat, das Recht, gegen die Strafverfügung des zuständigen Departements gemäss Artikel 300 ff. des Bundesgesetzes über die Bundesstrafrechtspflege die gerichtliche Beurteilung anzurufen; der Gerichtsstand ist bei den für Schaffhausen zuständigen Gerichten begründet.

(4) Hinsichtlich der Wiedergutmachung von zu Unrecht erlittenen Nachteilen finden die Bestimmungen des schweizerischen Rechts in gleicher Weise Anwendung wie in der Schweiz,

1183

H. TeÜ Grenzübertritt; fremdenpolizeiliche, arbeitsrechtliche und gewerberechtliche Regelungen Artikel 16 '(1) Im Verkehr zwischen Büsmgen und der Schweiz ist für Deutsche und Schweizerbürger ein Grenzübertrittspapier nicht erforderlich. Eine Grenzabfertigung findet nicht statt, (2) Das Recht auf die Durchführung polizeilicher Kontrollen bleibt unberührt.

Artikel 17 (1) Deutsche, die die Voraussetzungen von Artikel 19, Absatz l erfüllen, sind bei Arbeitsaufnahme in dem in Artikel 19 bezeichneten schweizerischen Gebiet der schweizerischen grenzsanitarischen Überwachung nicht unterworfen.

Desgleichen sind Deutsche, die sich aus dem übrigen Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zur Arbeit nach Büsingen begeben, deswegen keiner schweizerischen grenzsanitarischen Überwachung unterworfen.

(2) Deutsche mit Wohnsitz in Büsingen sind hinsichtlich der grenzsanitarischen Überwachung an der schweizerisch-deutschen Zollgrenze Schweizerbürgern mit Wohnsitz in der Schweiz gleichgestellt.

Artikel 18 Drittausländer, die für ihren Aufenthalt im Bundesgebiet eine Aufenthaltserlaubnis benötigen, bedürfen einer zusätzlichen Aufenthaltserlaubnis für den Aufenthalt in Büsingen, die das Landratsamt Konstanz nach Anhörung der zuständigen schweizerischen Behörden erteilt.

Artikel 19 (1) Die in diesem Vertrag vorgesehenen fremdenpolizeilichen, arbeitsrechtlichen und gewerblichen Vergünstigungen stehen Deutschen, die die nachfolgenden Voraussetzungen erfüllen, im Kanton Schaffhausen sowie in den in der Anlage zu diesem Vertrag bezeichneten Gebieten der Kantone Thurgau und Zürich zu.

a. Die Vergünstigungen werden allen Deutschen gewährt, die am I.Januar 1963 in Büsingen Wohnsitz und Aufenthalt hatten und seither ununterbrochen beibehalten haben.

b. Deutsche, die nach dem I.Januar 1963 in Büsingen Wohnsitz und Aufenthalt genommen haben oder nehmen, erwerben den Anspruch auf die Ver-

1184 günstigungen nach einem ununterbrochenen Aufenthalt in Büsingen von 10 Jahren. Beim unmittelbaren Zuzug eines Deutschen aus dem in Satz l bezeichneten schweizerischen Gebiet nach Büsingen wird die Zeit seines ununterbrochenen Aufenthaltes in diesem Gebiet auf die Wartefrist angerechnet, sofern er nicht fremdenpolizeilich aus der Schweiz weggewiesen worden ist oder die Voraussetzungen für eine solche Massnahme bei seinem Wegzug aus der Schweiz vorgelegen haben.

c. Der Aufenthalt wird nicht als unterbrochen angesehen, wenn Busingen zu einem seiner Natur nach vorübergehenden Zweck (z.B. Studium, Ausbildung, Wehrdienst) verlassen wird.

d. Deutsche und deren Ehegatten sowie die im gemeinsamen Haushalt lebenden minderjährigen Kinder (einschliesslich Pflege- und Adoptivkinder) erlangen die Vergünstigungen ohne Wartezeit, wenn sie in Büsingen Wohnsitz und Aufenthalt nehmen, um 1. die eheliche Gemeinschaft mit einem in Büsingen wohnhaften Deutschen aufzunehmen ; 2. auf einem durch Erbgang zufallenden Grundstück zu wohnen; 3. einen Erwerbsbetrieb weiterzuführen, den sie von in Büsingen wohnhaften Verwandten übernommen haben oder der ihnen durch Erbgang zugefallen ist ; 4. den Erwerbsbetrieb eines nach Buchstaben, a und b begünstigten Deutschen zu übernehmen und weiterzuführen, der diesen aus persönlichen Gründen nicht weiter betreiben kann, es sei denn, dass der bisherige Inhaber ein gleichwertiges Angebot eines begünstigten Deutschen ausgeschlagen hat.

Bei Zuzug aus anderen als den in den Ziffern l bis 3 erwähnten familiären Gründen wird die Zuerkennung der Vergünstigungen ohne Wartezeit oder vor deren Ablauf wohlwollend geprüft.

(2) Schweizerbürger erhalten in Büsingen diese Vergünstigungen, wenn sie in dem in Absatz l bezeichneten schweizerischen Gebiet Wohnsitz und Aufenthalt haben. Absatz l, Buchstaben a bis d gelten entsprechend, wobei anstelle des Gebietes von Büsingen das in Absatz l bezeichnete schweizerische Gebiet tritt.

Artikel 20 (1) a. Deutsche, die die Voraussetzungen des Artikels 19, Absatz l erfüllen, erhalten auf Gesuch hin die fremdenpolizeiliche Bewilligung, in dem in Artikel 19 bezeichneten schweizerischen Gebiet unter den gleichen Voraussetzungen wie Schweizerbürger als Arbeitnehmer tätig zu sein. Berufe, die von Gesetzes wegen Schweizerbürgern vorbehalten sind, bleiben
ausgenommen, b. Sie werden in gleicher Weise wie Schweizerbürger zu Lehrstellen in jedem Beruf, soweit er nicht von Gesetzes wegen Schweizerbürgern vorbehalten ist, zugelassen und erhalten die erforderliche fremdenpolizeiliche Bewilligung.

1185 e. Die öffentliche Stellenvermittlung steht ihnen im Rahmen ihrer Sonderstellung in gleicher Weise wie Schweizerbürgern offen. Die Möglichkeit, sich selbst eine Arbeitsstelle zu suchen, wird hierdurch nicht berührt.

(2) Schweizerbürger, die die Voraussetzungen des Artikels 19, Absatz 2 erfüllen, erhalten für die Ausübung einer unselbständigen Tätigkeit in Büsingen die gleichen Vergünstigungen, die Deutschen mit Wohnsitz und Aufenthalt in Büsingen unter den Voraussetzungen des Artikels 19, Absatz l für eine entsprechende Tätigkeit in der Schweiz eingeräumt werden. Berufe, die von Gesetzes wegen Deutschen vorbehalten sind, bleiben ausgenommen, (3) a. Die Bewilligung wird für fünf Jahre erteilt. Nach Ablauf der Geltungsdauer wird sie auf Antrag jeweils um die gleiche Dauer verlängert.

b. Die Erteilung oder Verlängerung der Arbeitsbewilligung kann verweigert, eine erteilte Bewilligung kann widerrufen werden, wenn 1. nach schweizerischem Recht oder für schweizerische Grenzgänger in Büsingen nach deutschem Recht die Voraussetzungen für den Erlass einer Ausweisungsverfügung oder einer Einreisesperre erfüllt sind; 2. die Bewilligung durch falsche Angaben über für die Bewilligung massgebliche Tatsachen erschlichen wurde.

Artikel 21 (1) In Büsingen wohnende, in der Schweiz erwerbstätige Arbeitnehmer sind in bezug auf die nach den eidgenössischen und kantonalen Gesetzgebungen gewährten Familienzulagen den in der Schweiz wohnenden Arbeitnehmern gleichgestellt.

(2) In der Schweiz wohnende, in Büsingen erwerbstätige Arbeitnehmer sind in bezug auf die nach der deutschen Kindergeldgesetzgebung zu gewährenden Leistungen den in Büsingen wohnenden Arbeitnehmern gleichgestellt. Artikel 22 (1) a. Deutsche, die in Büsingen eine selbständige Erwerbstätigkeit befugt ausüben und die Voraussetzungen des Artikels 19, Absatz l erfüllen, erhalten auf Gesuch hin die fremdenpolizeiliche Bewilligung, in dem in Artikel 19 bezeichneten schweizerischen Gebiet ihre Erwerbstätigkeit ohne Begründung einer gewerblichen Niederlassung unter den für Schweizerbürger geltenden Voraussetzungen auszuüben. Erwerbstätigkeiten, die von Gesetzes wegen Schweizerbürgern vorbehalten sind, bleiben ausgenommen.

b. Die Bewilligung erhalten auch ihre Arbeitnehmer und die im Unternehmen mitarbeitenden Familienangehörigen, sofern sie die
Voraussetzungen des Artikels 19, Absatz l erfüllen. Auch wenn diese Voraussetzungen nicht vorliegen, wird die Bewilligung erteilt, sofern nicht schwerwiegende Gründe entgegenstehen.

1186 c. Der Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit gemäss Buchstabe a ist gleichgestellt die Tätigkeit für juristische Personen, Handelsgesellschaften sowie für alle anderen Gesellschaften, für Genossenschaften und sonstige Vereinigungen mit Sitz in Büsingen, an denen Personen, die die Voraussetzungen des Artikels 19, Absatz l erfüllen, ein überwiegendes wirtschaftliches Interesse haben.

d. Die Bewilligung gemäss den Buchstaben a bis c wird für fünf Jahre erteilt. Nach Ablauf der Geltungsdauer wird sie auf Gesuch hin jeweils um die gleiche Dauer verlängert.

e. Die Bewilligung gemäss den Buchstaben a bis c kann verweigert oder widerrufen werden, wenn die Sonderstellung von Büsingen missbrauchlich ausgenutzt wird.

(2) a, Schweizerbürger, die in dem in Artikel 19 bezeichneten Gebiet eine selbständige Erwerbstätigkeit befugt ausüben und die Voraussetzungen des Artikels 19, Absatz 2 erfüllen, werden zur Ausübung ihrer Erwerbstätigkeit in Büsingen ohne Begründung einer gewerblichen Niederlassung unter den für Deutsche geltenden Voraussetzungen zugelassen. Der Beginn einer Erwerbstätigkeit ist dem Bürgermeisteramt in Büsingen anzuzeigen. Erwerbstätigkeiten, die Deutschen von Gesetzes wegen vorbehalten sind, bleiben ausgenommen.

b. Die Arbeitserlaubnis erhalten auch ihre Arbeitnehmer und die im Unternehmen mitarbeitenden Familienangehörigen, sofern sie die Voraussetzungen des Artikels 19, Absatz 2 erfüllen. Auch wenn diese Voraussetzungen nicht vorliegen, wird die Arbeitserlaubnis erteilt, sofern nicht schwerwiegende Gründe entgegenstehen.

c. Der Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkcit gemäss Buchstabe a ist gleichgestellt die Tätigkeit juristischer Personen, Handelsgesellschaften sowie aller anderen Gesellschaften, Genossenschaften und sonstiger Vereinigungen mit Sitz in dem in Artikel 19 bezeichneten schweizerischen Gebiet, an denen solche Personen ein überwiegendes wirtschaf tliches Interesse haben, die die Voraussetzungen des Artikels 19, Absatz 2 erfüllen.

d. Die Anzeige gemäss Buchstabe a berechtigt ohne besondere gewerberechtliche Erlaubnis zur Ausübung der gewerblichen Tätigkeit in Büsingen für die Dauer von fünf Jahren nach Erstattung der Anzeige.

Die Anzeige ist nach Ablauf dieses Zeitraumes zu wiederholen, wenn die Tätigkeit in Büsingen fortgesetzt werden soll.

e. Die Ausübung
einer selbständigen Erwerbstätigkeit kann untersagt werden, wenn die Vergünstigungen missbräuchlich ausgenutzt werden.

Artikel 23 (1) Motorfahrzeuge und Anhänger mil Slandoit in Büsingen erhalten deutsche Kennzeichen mit einem besonderen, den Standort Büsingen anzeigenden Merkmal. Die zuständige deutsche Zulassungsstelle unterrichtet die Zollkreisdirektion Schaffhausen über jede Zulassung eines solchen Fahrzeuges.

1187 (2) Motorfahrzeuge und Anhänger mit Standort in Büsingen sind für den Verkehr nach, von und in der Schweiz den schweizerischen Fahrzeugen gleichgestellt, Motorfahrzeuge und Anhänger des gewerbsmässigen Personen- und Güterverkehrs mit Standort in Büsingen, die Personen gehören, welche die Voraussetzungen des Artikels 19, Absatz l erfüllen, erhalten durch die zuständigen Behörden des Kantons Schaffhausen die Bewilligung zum Verkehr in der Schweiz. Diese Bewilligung kann verweigert werden, wenn der Bestand an solchen Fahrzeugen in Büsingen sich unverhältnismässig erhöhen oder wenn die Sonderstellung von Büsingen tnissbräuchlich ausgenutzt würde, (3) Bestehende und zukünftige schweizerisch-deutsche Vereinbarungen über den grenzüberschreitenden Personen- und Güterverkehr gelten, mit Ausnahme von Bestimmungen über den Linienverkehr - einschliesslich Ferienziel-Reiseverkehr (Pendelverkehr) -, soweit nichts anderes bestimmt ist, nicht für Beförderungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Büsingen auf den Strassen Büsingen-Neudörflingen-Randcgg und Büsingen-Dörflingen/LoogGailingen sowie auf dein Rhein.

IH. Teil Verfolgung wegen Zuwiderhandlungen auf den nicht in Artikel 2 aufgeführten Sachgebieten: Rechtshilfe Artikel 24 (1) Die Straf hoheit der Vertragsstaaten, insbesondere hinsichtlich der auf ihrem Gebiet begangenen strafbaren Handlungen, bleibt grundsätzlich unberührt.

(2) Für Handlungen eines Einwohners der Schweiz, die in Büsingen begangen werden und nach den dort anwendbaren deutschen Vorschriften geahndet werden können, gilt bei einer Verfolgung in der Schweiz stellvertretend das schweizerische Strafrecht, sofern es nicht ohnehin anwendbar ist.

(3) Für Handlungen eines Einwohners von Büsingen, die in der Schweiz begangen werden und nach schweizerischen Vorschriften geahndet werden können, gilt bei einer Verfolgung in der Bundesrepublik Deutschland stellvertretend das deutsche Strafrecht, sofern es nicht ohnehin anwendbar ist.

(4) Für Handlungen eines Einwohners von Büsingen schweizerischer Staatsangehörigkeit, die in der Bundesrepublik Deutschland begangen werden und nach den deutschen Vorschriften geahndet werden können, gilt bei einer Verfolgung in der Schweiz stellvertretend das schweizerische Strafrecht, sofern es nicht ohnehin anwendbar ist.

(5) Für Handlungen eines Schweizerbürgers, die in der Bundesrepublik Deutschland begangen werden und nach den deutschen Vorschriften geahndet

1188 werden können, gilt, wenn der Beschuldigte, ohne Einwohner von Büsingen zu sein, dort festgenommen wird, bei einer Verfolgung in der Schweiz stellvertretend das schweizerische Strafrecht, sofern es nicht ohnehin anwendbar ist.

(6) Ausgenommen von den Bestimmungen der Absätze 2 bis 5 sind Handlungen militärischen, fiskalischen oder vorwiegend politischen Charakters.

Artikel 25 (1) Jeder Vertragsstaat ist verpflichtet, soweit nach Artikel 24 stellvertretend sein Strafrecht gilt, auf Ersuchen des anderen Vertragsstaates die auf dessen Gebiet begangenen Zuwiderhandlungen nach Massgabe seiner Gesetze zu verfolgen, wenn der Täter zur Zeit der Stellung des Ersuchens sich im Gebiet des ersuchten Staates dauernd aufhält, sich der Strafgewalt des ersuchenden Staates nicht unterzieht und nicht ausgeliefert wird.

(2) Soweit nach Artikel 24 stellvertretend schweizerisches Strafrecht gilt, besteht für die Schweiz die Verpflichtung zur Übernahme der Strafverfolgung von Schweizerbürgern, die nicht zugleich Deutsche sind, auch dann, wenn der Beschuldigte sich in Büsingen aufhält. Eines förmlichen Übemahmeersuchens bedarf es in diesem Fall nicht.

(3) Ist der Beschuldigte ein Einwohner von Büsingen, der Schweizerbürger ist, ohne Deutscher zu sein, und ist für die Tat nicht allein Geldstrafe oder Geldbusse angedroht, so ist die Bundesrepublik Deutschland nicht verpflichtet, die Strafverfolgung nach Absatz l zu übernehmen.

(4) Dem Ersuchen werden die Akten in Urschrift oder beglaubigter Abschrift, etwaige Beweisgegenstände und eine Darstellung des Sachverhalts beigefügt, ferner eine Abschrift der Bestimmungen, die nach dem Recht des ersuchenden Staates auf die Tat anzuwenden wären.

(5) Das Ersuchen kann unmittelbar von der Strafverfolgungsbehörde des einen Vertragsstaates an die Strafverfolgungsbehörde des anderen Vertragsstaates gerichtet werden. Ist die ersuchte Behörde nicht zuständig, so leitet sie das Ersuchen an die zuständige Stelle weiter und verständigt hiervon die ersuchende Behörde.

(6) Die ersuchte Strafverfolgungsbehörde teilt der ersuchenden Behörde sobald wie möglich das von ihr Veranlasste mit und übermittelt ihr zu gegebener Zeit eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift der abschliessenden Entscheidung. Die überlassenen Gegenstände werden nach Abschluss des Verfahrens der ersuchenden
Behörde zurückgegeben, sofern nicht darauf verzichtet wird.

(7) Die nach Artikel 24, Absätze 2 bis 5 stellvertretend ergehenden Entscheidungen des einen Vertragsstaates stehen den Entscheidungen des anderen Vertragsstaates gleich. Artikel 14, Absatz 2 ist entsprechend anwendbar.

(8) Kosten, die in einem auf Grund der Bestimmungen dieses Artikels durchgeführten Verfahren entstehen, werden nicht erstattet.

1189 Artikel 26 (1) Leistet ein Zeuge, der sich in Büsingen aufhält, in einem im Rahmen dieses Teiles durchgeführten Verfahren einer ordnungsgemässen Vorladung der schweizerischen Behörde keine Folge, so kann diese Behörde das für Büsingen zuständige Amtsgericht ersuchen, die nach der deutschen Strafprozessordnung in Betracht kommenden Massnahmen anzuordnen. Ordnet das Amtsgericht die Vorführung des Zeugen an, so veranlasst es dessen Überstellung an die schweizerische Behörde.

(2) Kein Zeuge oder Sachverständiger, gleich welcher Staatsangehörigkeit, der in einem im Rahmen dieses Teiles durchgeführten Verfahren nach Vorladung vor der schweizerischen Behörde erscheint, darf von den schweizerischen Behörden wegen Handlungen oder Verurteilungen oder aus anderen, vor seiner Ausreise aus dem deutschen Hoheitsgebiet eingetretenen Gründen verfolgt, in Haft gehalten oder einer sonstigen Beschränkung seiner persönlichen Freiheit unterworfen werden.

(3) Der Schutz nach Absatz 2 endet drei Tage nach der Entlassung durch die schweizerische Behörde, sofern der Zeuge oder Sachverständige die Möglichkeit gehabt hat, das schweizerische Hoheitsgebiet zu verlassen.

Artikel 27 (1) Schweizerbürger, die nicht zugleich Deutsche sind und die wegen einer nach deutschem Recht strafbaren, nicht politischen Handlung in Büsingen von deutschen Beamten festgenommen worden sind, werden unter schriftlicher Mitteilung des die Festnahme begründenden Sachverhalts den schweizerischen Behörden übergeben.

(2) Personen, die nicht Deutsche sind, können auf Grund eines Haftbefehls der zuständigen schweizerischen Behörden wegen einer nicht politischen, auch nach deutschem Recht strafbaren Handlung von der Polizei des Kantons Schaffhausen in Büsingen verhaftet und auf schweizerisches Gebiet gebracht werden.

Die schweizerische Polizei hat in diesem Fall einen deutschen Beamten beizuziehen, der darüber wacht, dass die vertraglichen Voraussetzungen beachtet werden.

Artikel 28 (1) Ist wegen einer der in Artikel 24, Absätze 2 bis 5 erwähnten Handlungen von den zuständigen Behörden eines Vertragsstaates eine Verfolgung durchgeführt worden, so sehen die Behörden des anderen Vertragsstaates von weiteren Verfolgungs- oder Vollstreckungsmassnahmen wegen derselben Handlung gegen denselben Täter ab, a. wenn aus materiell-rechtlichen Gründen das
Verfahren rechtskräftig eingestellt oder die Eröffnung des Hauptverfahrens rechtskräftig abgelehnt worden ist; b, wenn er rechtskräftig freigesprochen worden ist; Eundtsblati. 117, Jahrg. Ba, Jl.

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c. wenn die gegen ihn verhängte Sanktion vollstreckt, erlassen oder verjährt ist; d. solange der Vollzug der Sanktion aufgeschoben (die Vollstreckung der Sanktion zur Bewährung ausgesetzt) oder der Täter bedingt entlassen ist.

(2) Wird der Täter, der im Gebiet des einen Vertragsstaates rechtskräftig verurteilt worden ist, jedoch nicht die ganze Strafe verbüsst oder bezahlt hat, wegen derselben Handlung im Gebiet des anderen Vertragsstaates erneut bestraft, so ist die auf Grund des ersten Urteils vollstreckte Strafe auf die zu erkennende Strafe anzurechnen. Entsprechendes gilt sinngemäss für Sanktionen anderer Art.

Artikel 29 Personen, die nicht Schweizerbürger sind und von deutschen Behörden wegen einer nach deutschem Recht strafbaren Handlung oder auf Grund eines deutschen Vorführungsbefehls oder eines deutschen Haftbefehls festgenommen worden sind, dürfen von deutschen Beamten ohne weiteres auf der Strasse zwischen Büsingen und Gailingen durch das schweizerische Gebiet durchgeführt werden. Personen, die neben der deutschen auch die schweizerische Staatsangehörigkeit besitzen, sind nicht Schweizerbürger im Sinne dieser Bestimmung.

Artikel 30 Rechts- oder Amtshilfeersuchen der zuständigen Behörden eines Vertragsstaates in Verfahren, die auf Grund des Artikels 25 durchgef ührtwerden, sind von den Behörden des anderen Vertragsstaates so zu erledigen, wie wenn sie von den entsprechenden eigenen Behörden gestellt worden wären.

IV. Teü Besondere Rechte und Pflichten der Behörden und ihrer Angehörigen Artikel 31 (1) Schweizerische Beamte, die in Anwendung dieses Vertrages in Büsingen tätig werden, dürfen dabei ihre Dienstkleidung tragen und ihre Dienstausrüstung (Dienstwaffen, Munition, Dienstfahrzeuge, Nachrichtengeräte und Diensthunde) mit sich führen, sofern dies aus Gründen des Dienstbetriebes erforderlich ist.

(2) Der Aufenthalt in Büsingen hat sich auf die für die dienstliche Verrichtung notwendige Zeit zu beschränken.

(3) Als Ausweis für den Grenzübertritt und das Tätigwerden in Büsingen gilt der Dienstausweis.

(4) Die Zahl der gleichzeitig in Büsingen anwesenden schweizerischen uniformierten und bewaffneten Beamten darf zehn nicht übersteigen.

1191

Artikel 32 (1) Deutschen Beamten, die in Büsingen Dienstobliegenheiten zu erfüllen haben, ist gestattet, jederzeit einzeln oder in Gruppen von höchstens zehn Mann die Strecken Büsingen-NeudÖrflingen-Randegg sowie Büsingen-Dörflingen/ Loog-Gailingen zu benützen, um sich nach Büsingen zu begeben, (2) Sie dürfen dabei ihre Dienstkleidung tragen und ihre Dienstausrüstung (Dienstwaffen, Munition, Dienstfahrzeuge, Nachrichtengeräte und Diensthunde) mit sich führen, sofern dies aus Gründen des Dienstbetriebes erforderlich ist.

(3) Sie haben sich auf schweizerischem Gebiet jeder Amtshandlung zu enthalten. Unberührt bleibt Artikel 29.

(4) Der Aufenthalt auf schweizerischem Gebiet hat sich auf die für den Durchgang nötige Zeit zu beschränken.

(5) Als Ausweis für den Grenzübertritt gilt der Dienstausweis.

(6) Auf einer der bestimmten Durchgangsstrecken dürfen sich gleichzeitig höchstens zehn deutsche uniformierte und bewaffnete Bedienstete befinden.

(7) Die Zahl der gleichzeitig in Büsingen anwesenden deutschen uniformierten Exekutivorgane darf nicht mehr als 3 pro 100 Einwohner betragen.

Artikel 33 Die Behörden jedes Vertragsstaates gewähren den Beamten des anderen Staates bei der Ausübung ihrer Befugnisse auf ihrem Gebiet im Rahmen dieses Vertrages den gleichen Schutz und Beistand wie den entsprechenden eigenen Beamten.

Artikel 34 In einem im Rahmen dieses Vertrages durchgeführten Strafverfahren gelten die Straf bestimmungen des einen Vertragsstaates auchfür Handlungen, die gegen entsprechende Einrichtungen oder Massnahmen der öffentlichen Gewalt oder der Rechtspflege des anderen Staates oder gegenüber dessen Beamten begangen werden, soweit diese in Ausübung ihrer Befugnisse nach diesem Vertrag gehandelt haben. Artikel 28 ist entsprechend anwendbar.

Artikel 35 (1) Hinsichtlich der Ansprüche wegen Schaden, die sich aus Amtshandlungen im Zusammenhang mit der Durchführung dieses Vertrages ergeben, sowie bei ihrer Geltendmachung stehen die Angehörigen des einen Vertragsstaates denen des anderen Vertragsstaates gleich.

(2) Die Haftung für einen Schaden, den ein Beamter des einen Vertragsstaates in Ausübung seines Dienstes im Gebiet des anderen Vertragsstaates verursacht, bestimmt sich in gleicher Weise wie wenn die schädigende Handlung oder Unterlassung am Dienstort dieses Beamten begangen worden wäre.

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Artikel 36 Die schweizerischen Behörden können, soweit sie auf Grund dieses Vertrages ein Verwaltungs- oder ein Strafverfahren durchführen, die in diesem Verfahren ausgehenden Schriftstücke mit jedem nach schweizerischem Recht zulässigen Inhalt auch durch die Deutsche Bundespost in Büsingen rechtswirksam zustellen.

Artikels?

Der schriftliche Verkehr zwischen den schweizerischen und deutschen Behörden kann unmittelbar und ohne Inanspruchnahme des diplomatischen Weges erfolgen, sofern er die Anwendung des vorliegenden Vertrages betrifft und nicht politische oder grundsätzliche Fragen berührt.

Artikel 38 Wer in amtlicher oder beruflicher Eigenschaft in einem auf Grund dieses Vertrages durchgeführten Verfahren mitwirkt oder mitgewirkt hat, hat Schriftstücke, Tatsachen und Vorgänge, die ihm bei oder gelegentlich dieses Verfahrens bekanntwerden oder bekanntgeworden sind, nach dem Recht seines Heimatstaates geheimzuhalten.

V. Teil Schlussbestimmungen Artikel 39 Das Recht der Vertragsstaaten, den Grenzübertritt und den Aufenthalt nach Massgabe der geltenden Gesetze durch persönliche Einreise- und Aufenthaltsverbote zu versagen, bleibt unberührt.

Artikel 40 Für die Geltung der nach Artikel 2, Absatz l anwendbaren schweizerischen Rechtsvorschriften in Büsingen ist deren Veröffentlichung in der Sammlung der eidgenössischen Gesetze und in der Gesetzessammlung für den Kanton Schaffhausen massgebend. Diese Veröffentlichung gilt als Verkündung im Sinne des deutschen Rechts. Die in Satz l genannten Gesetzessammlungen werden der Gemeinde Büsingen am Hochrhein durch die Schweizerische Bundeskanzlei und die Staatskanzlei des Kantons Schaffhausen in gleicher Weise wie den eigenen Behörden zugestellt.

Artikel 41 (1) Die Vertragsstaaten errichten hiermit eine Gemischte schweizerischdeutsche Kommission mit der Aufgabe, a. Fragen zu erörtern, die sich im Zusammenhang mit der Durchführung dieses Vertrages ergeben ;

1193 b. den beiden Regierungen Empfehlungen, auch über etwaige Abänderungen dieses Vertrages, zu unterbreiten; c. zur Beseitigung von Schwierigkeiten den zuständigen Behörden geeignete Massnahmen zu empfehlen.

(2) Die Kommission besteht aus fünf schweizerischen und fünf deutschen Mitgliedern, die sich von Sachverständigen begleiten lassen können. Die Regierung jedes Vertragsstaates bestellt ein Mitglied ihrer Delegation zu deren Vorsitzenden. Jeder Delegationsvorsitzende kann die Kommission durch Ersuchen an den Vorsitzenden der anderen Delegation zu einer Sitzung einberufen, die auf seinen Wunsch spätestens innerhalb eines Monats nach Zugang dieses Ersuchens stattfinden muss.

(3) Die Kommission kann sich eine Verfahrensordnung geben.

Artikel 42 Mit dem Inkrafttreten dieses Vertrages tritt die Übereinkunft vom 21.September 1895 zwischen der Schweiz und dem Deutschen Reich betreffend die Gemeinde Büsingen ausser Kraft.

Artikel 43 Dieser Vertrag gilt auch für das Land Berlin, sofern nicht die Regierung der Bundesrepublik Deutschland gegenüber dem Schweizerischen Bundesrat innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Vertrages eine gegenteilige Erklärung abgibt.

Artikel 44 (1) Dieser Vertrag bedarf der Ratifikation; die Ratifikationsurkunden sollen sobald wie möglich in Bern ausgetauscht werden.

(2) Dieser Vertrag tritt einen Monat nach Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft.

(3) Dieser Vertrag gilt zunächst für zwölf Jahre. Nach Ablauf dieser Frist gilt er für unbestimmte Zeit weiter; jeder Vertragsstaat hat jedoch das Recht, ihn mit einer Frist von zwei Jahren zu kündigen.

Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten diesen Vertrag unterzeichnet und mit ihren Siegeln versehen.

Geschehen zu Freiburg im Breisgau am 23. November 1964 in zwei Urschriften in deutscher Sprache.

Für die Schweizerische Eidgenossenschaft : (gez.) Bindschedler

Für die Bundesrepublik Deutschland : (gez.) G.v.Haeften

1194

Schlussprotokoll Bei der Unterzeichnung des heute zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossenen Vertrages über die Einbeziehung der Gemeinde Büsingen am Hoehrhein in das schweizerische Zollgebiet haben die unterzeichneten Bevollmächtigten folgende übereinstimmenden Erklärungen abgegeben, welche einen integrierenden Bestandteil des Vertrages bilden : 1. Begriffsbestimmung Es besteht Einverständnis darüber, dass im Rahmen dieses Vertrages sinngemäss zu verstehen ist unter : a. «Behörden»: Behörden und Stellen der öffentlichen Verwaltung und der Rechtspflege sowie ausserhalb der öffentlichen Verwaltung stehende Organisationen, soweit sie mit Öffentlich-rechtlichen Aufgaben betraut sind; b. «Beamte »: Personen, soweit ihnen die Ausübung eines öffentlichen Amtes der Verwaltung oder der Rechtspflege übertragen ist; c. Behörden oder Beamte «eines Vertragsstaates »: die Behörden oder Beamten sowohl des Bundes als auch der Länder oder Kantone, Bezirke, Kreise und Gemeinden sowie die unter Buchstabe a erwähnten Organisationen mit Sitz in einem Vertragsstaat und deren Angehörige.

2. Zu Artikel 2, Absatz l, Buchstabe n Diese Bestimmung schliesst die deutschen Staatsschutzvorschriften und ihre Anwendung durch die deutschen Behörden nicht aus. Richtet sich das Propagandamaterial ausschliesslich gegen die Schweizerische Eidgenossenschaft, so werden nur die schweizerischen Behörden tätig.

3. Zu Artikel 3, Absatz 2 Bezüglich der Beitreibung in Gegenstände, an denen ein Zollpfandrecht nicht besteht, wird bei Inkrafttreten dieses Vertrages ein Verzeichnis der bescheinigenden schweizerischen Behörden übergeben.

4. Zu Artikel 19, Absatz l, Buchstabe d, Ziffer 4 Der Veräusserung aus persönlichen Gründen ist gleichgestellt die Verwertung im Wege der Zwangsvollstreckung oder des Konkurses.

5. Zu Artikel 22 a. Ein überwiegendes wirtschaftliches Interesse im Sinne der Buchstaben c der Absätze l und 2 ist insbesondere anzunehmen, wenn

1195 aa. bei Personengesellschaften oder Genossenschaften Angehörige des begünstigten Personenkreises gemäss Artikel 19 die Mehrzahl der Mitglieder stellen; bb. bei Kapitalgesellschaften die Mehrheit der Kapitalanteile den Angehörigen des begünstigten Personenkreises gemäss Artikel 19 gehört.

Indessen kann ein überwiegendes wirtschaftliches Interesse nicht angenommen werden, wenn auf eine unter die Buchstaben aa oder bb fallende Vereinigung ein beherrschender Einfluss von Personen ausgeübt wird, die nicht zu dem begünstigten Personenkreis gemäss Artikel 19 gehören.

b. Es besteht Einverständnis darüber, dass die Worte: «... unter den für Schweizerbürger geltenden Voraussetzungen ...» (Absatz l, Buchstabe d) und die Worte «... unter den für Deutsche geltenden Voraussetzungen ...» (Absatz 2, Buchstabe a) sich nicht auf Vorschriften über die Zulassung, sondern nur auf Vorschriften über die Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit beziehen.

6. Zu Artikel 40 a. Das Eidgenössische Politische Departement wird bei Inkrafttreten dieses Vertrages dem Auswärtigen Amt zum Zweck der Unterrichtung eine Liste der nach diesem Vertrag in Büsingen anzuwendenden Rechtsvorschriften übermitteln, die vom Inkrafttreten dieses Vertrages an in Büsingen Anwendung finden werden. Entsprechende Mitteilungen über später in Kraft tretende schweizerische Rechtsvorschriften werden in gleicher Weise gemacht werden.

b. Das Eidgenössische Politische Departement wird der Gemeinde Büsingen am Hochrhein auf Anfrage hin jederzeit Auskunft darüber erteilen, ob ein bestimmter eidgenössischer oder kantonaler Erlass in Büsingen Anwendung findet.

7. Gesundheitswesen a, Seuchenbekämpfung: Die nach den deutschen Vorschriften zu erstattenden Meldungen sind von den zur Meldung verpflichteten Personen auch den zuständigen Behörden in Schaffhausen zu übermitteln. Schweizerische Ärzte, die in Büsingen behandeln, haben ein Doppcl ihrer Meldungen dem Staatlichen Gesundheitsamt in Konstanz zu übersenden.

b. Heilberufe: Heilpraktiker, die nach dem Inkrafttreten dieses Vertrages eine Berufstätigkeit in Büsingen aufnehmen, sind nicht befugt, Personen zu behandeln, die ihren Wohnsitz in der Schweiz haben.

8. Gewerbliche Wirtschaft a. Vorbehaltlich der in Artikel 2, Absatz l aufgeführten Gegenstände finden in Büsingen die in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Rechtsvorschriften über die Kontrolle von Kriegswaffen Anwendung.

1196 b. Es wird nicht genehmigt werden, dass Pulver und Sprengstoffe, die unter das Kriegswaffenkontrollgesetz fallen, in Büsingen hergestellt werden, es sei denn, das Eidgenössische Politische Departement erkläre, dass gegen die Erteilung der Genehmigung keine Bedenken bestehen.

9. Stempelabgaben Für den Fall, dass in einem der beiden Vertragsstaaten die steuerliche Belastung durch gesetzliche Massnahmen so geändert wird, dass hierdurch im Verhältnis zwischen Büsingen und der Schweiz eine Verzerrung der Wettbewerbsverhältnisse mit erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen für das eine oder andere dieser beiden Gebiete entsteht, sowie für den Fall, dass der Status von Büsingen zu Steuerumgehungen missbraucht werden sollte, erklären sich die Regierungen der Vertragsstaaten bereit, Verhandlungen darüber aufzunehmen, wie diese Nachteile oder die Möglichkeit solcher Steuerumgehungen beseitigt werden können. Dies gilt nicht für Steuern, die in Artikel 2 dieses Vertrages oder in dem jeweils zwischen den Vertragsstaaten geltenden Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung genannt sind.

10. Forstwirtschaftlicher Pflanzenschutz a. Werden Massnahmen auf dem Gebiet des forstwirtschaftlichen Pflanzenschutzes notwendig, so haben sich die zuständigen schweizerischen und deutschen Behörden unverzüglich und unmittelbar über die zu ergreifenden Massnahmen in Verbindung zu setzen und diese abzustimmen.

b. Ist sofortiges Handeln zur Abwendung einer unmittelbaren Gefahr vmerlässlich, so können die zuständigen schweizerischen Behörden die notwendigen Bekämpfungsmassnahmen nach Unterrichtung der zuständigen deutschen Behörden auch für Büsingen anordnen.

l I.Spielbank Eine Konzession für den Betrieb einer Spielbank in Büsingen wird nicht erteilt werden.

Geschehen zu Freiburg im Breisgau am 23. November 1964 in zwei Urschriften in deutscher Sprache.

Für die Schweizerische Eidgenossenschaft: (gez.) Bindschedler

Für die Bundesrepublik Deutschland: (gez.) G.v.Haeften

1197

Anlage

zu Artikel 19

Schweizerische Gemeinden, in denen Deutsche, die in Büsingen Wohnsitz und Aufenthalt haben, gemäss diesem Vertrag fremdenpolizeiliche, arbeitsrechtliche und gewerbliche Vergünstigungen erhalten: Kanton Schaffhausen: alle Gemeinden Kanton Zürich: alle Gemeinden nördlich der Thur, nämlich : - Benken - Dachsen - Feuerthalen - Flurüngen - Kleinandelfingen - Laufen-Uhwiesen - Marthalen - Oberstammheim - Ossingen - Rheinau - TrülHkon - Truttikon - Unterstammheim - Waltalingen sowie die Gemeinde Grossandelfingen Kanton Thurgau: Bezirk Diessenhofen mit den Munizipalgemeinden: - Basadingen - Diessenhofen aus dem Bezirk Steckborn die Munizipalgemeinden: - Wagenhausen - Eschenz 8435

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Genehmigung zweier zwischen der Schweiz und der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossener Verträge über die Bereinigung der Grenze im Abschnitt Konstanz-Neuhausen am Rheinfall sowie ü...

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Jahr

1965

Année Anno Band

2

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38

Cahier Numero Geschäftsnummer

9292

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

23.09.1965

Date Data Seite

1125-1197

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