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Bundesblatt

Bern, den 9. Dezember 1965 117. Jahrgang

Band III

Nr. 49 Erscheint wöchentlich. Preis Fr. 33.- im Jahr, Fr. 18.- im Halbjahr, zuzuglich Nachnahme- und Postzustellungsgebuhr

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreifend die Genehmigung der von der Schweiz mit Costa Rica, der Elfenbeinküste, Grossbritannien, Israel, Kamerun, Liberia, Madagaskar und Niger abgeschlossenen Vergleichs-, Gerichts- und Schiedsverträge # S T #

(Vom 23. November 1965) Herr Präsident, Hochgeehrte Herren, Wir haben die Ehre, Ihnen die acht ersten Vergleichs-, Gerichts- und Schiedsverträge zur Genehmigung zu unterbreiten, die im Rahmen der jüngsten schweizerischen Initiative auf dem Gebiet der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit abgeschlossen worden sind.

I l. Seit dem Bundesbrief von 1291 spielt die schiedsrichterliche Beilegung von Streitigkeiten in der Geschichte der Schweiz eine hervorragende Rolle. Zahlreich sind die Konflikte, die im Verlaufe eines halben Jahrtausends von den Mitgliedern der alten Eidgenossenschaft auf diesem Wege geregelt worden sind. Aus dieser Tradition heraus und auf Grund der auf diesem Gebiete gemachten Erfahrungen, hat sich die Schweiz aktiv an den zwei Haager Friedenskonferenzen von 1899 und 1907 beteiligt, die den ersten Versuch einer weltweiten Anwendung der Verfahren zur Beilegung zwischenstaatlicher Streitigkeiten mit friedlichen Mitteln darstellen. Sie hat die aus den Konferenzen hervorgegangenen Übereinkommen, von denen eines den Ständigen Haager Schiedshof geschaffen hat, mitunterzeichnet. Seither hat unser Land bei allen Anstrengungen mitgemacht, welche die Förderung einer internationalen Gerichtsordnung zum Ziele hatten. Als einer der ersten Staaten trat es dem Statut des Ständigen Internationalen Gerichtshofes bei, an dessen Ausarbeitung es massgeblich beteiligt war, und anerkannte die obligatorische Gerichtsbarkeit dieses Gerichtshofes. Die Schweiz ist auch der am 26. September 1928 in Genf im Rahmen des Völkerbundes abgeschlossenen Generalakte zur friedlichen Beilegung völkerrechtlicher Streitigkeiten beigetreten. Als im Jahre 1946 der Ständige Internationale Gerichtshof durch den Internationalen Gerichtshof abgelöst wurde, war die Schweiz das erste Nichtmitglied Bundesblatt. HT.Jahrg. Bd.ln.

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der Vereinten Nationen, das Vertragsstaat des Statuts des neuen Gerichtshofes wurde; sie hat auch dessen obligatorische Gerichtsbarkeit vorbehaltslos anerkannt. Schliesslich wird unser Land demnächst das Europäische Übereinkommen zur friedlichen Beilegung von Streitigkeiten ratifizieren, das am 29. April 1957 im Rahmen des Europarates abgeschlossen wurde.

In ihren bilateralen Beziehungen hat sich die Schweiz ebenfalls bemüht, den Gedanken der Schiedsgerichtsbarkeit zu fördern. Der Völkerbund, dem unser Land seit 1920 angehörte, hatte seinen Mitgliedern die Verpflichtung auferlegt, die Streitigkeiten, die zu einem Bruch zuführen drohten, einem Schiedsverfahren zu unterwerfen oder dem Völkerbuodsrat zu unterbreiten. Da dieser Rat vor allem ein politisches Organ war, hat sich die Schweiz bemüht, mit der grösstmöglichen Anzahl von Staaten Schiedsverträge abzuschliessen, damit allfällige Streitigkeiten durch ein richterliches oder schiedsgerichtliches Organ beigelegt werden, dessen Entscheide auf Rechtsnormen beruhen. Sie schloss bis zum Ausbruch des zweiten Weltkrieges dreiundzwanzig Schiedsverträge ab, von denen der grösste Teil auch heute noch gültig ist. Hauptmerkmal der meisten dieser Verträge ist der obligatorische Charakter der von ihnen vorgesehenen Verfahren zur friedlichen Beilegung von Streitigkeiten, der bewirkt, dass jede Partei eine solche von sich aus einem Vergleichs-, Schieds- oder Gerichtsverfahren unterstellen kann, ohne dass hierzu eine neue Vereinbarung notwendig wäre.

2. Mit Beschluss vom 20. Februar 1959 haben wir die Ausdehnung und Vervollständigung des Netzes der bestehenden Schiedsverträge an die Hand genommen. Wir haben das Politische Departement beauftragt, die nötigen Massnahmen für den Abschluss neuer Vergleichs-, Gerichts- und Schiedsverträge zu treffen.

Überlegungen verschiedener Art liegen diesem Beschluss zugrunde.

Obwohl der Gedanke der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit heute nicht mehr so hoch im Kurse steht wie in den Jahren nach dem ersten Weltkrieg und die in ihn gesetzten Hoffnungen, er könnte ein Mittel der allgemeinen Beilegung der Streitigkeiten zwischen Staaten bilden, insbesondere was die grossen politischen Probleme betrifft, enttäuscht worden sind, behält das Schiedsverfahren dennoch seine Zweckmässigkeit für die Lösung von Konflikten geringerer
Bedeutung, die doch einen gewissen Einfluss auf die internationalen Beziehungen ausüben. Die Schiedsgerichtsbarkeit stellt insbesondere ein Hilfsmittel für die Kleinstaaten dar, die an seiner Weiterentwicklung grossies Interesse haben. In dieser Hinsicht sind die im Bericht des Bundesrates vom l I.Dezember 1919 an die Bundesversammlung über die grossen Linien seiner Politik auf dem Gebiet der Schiedsgerichtsbarkeit enthaltenen Überlegungen von Professor Max Huber auch heute noch gültig, wie aus folgendem kurzen Auszug hervorgeht : «Mögen auch die erwähnten Mängel und Nachteile zutreffen, so werden - alles in allem genommen - gerade Staaten ohne grosse politische Macht mit Schiedsgerichten sich besser stellen, als wenn sie ganz auf diplomatische Verhandlungen oder auf ihre eigenen Massnahmen gestellt, ihre Rechte geltend machen, oder unberechtigte Ansprüche abwehren müssen. Der kleine Staat hat seme grösste Stärke in seinem guten Recht.

Dieses findet trotz aller Mängel, die den Schiedsverträgen anhaften können, in diesen Abkommen doch im allgemeinen einen stärkern Rückhalt und eine grössere Sicherheit als in irgend einer ändern Politik.»

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Es ist auch zu berücksichtigen, dass ihre Eigenschaft als Vertragsstaat der Generalakte von 1928 und des Europäischen Übereinkommens von 1957 sowie die Anerkennung der obligatorischen Gerichtsbarkeit des Internationalen Gerichtshofes die Schweiz gegenüber den ändern Mitgliedern der Volkergemeinschaft nur sehr unvollkommen bindet. Dies gilt sowohl hinsichtlich der Zahl der so verpflichteten Staaten wie der Wirksamkeit der eingegangenen Verpflichtung.

Die Generalakte sollte in erster Linie ein Vorbild für die Abfassung bilateraler Schiedsverträge sein und gestattet den beitretenden Staaten, das Schiedsverfahren oder das Schieds- und das Gerichtsverfahren, also eines oder zwei der drei vorgesehenen Mittel der friedlichen Beilegung (Vergleichs-, Schieds- und Gerichtsverfahren) von ihrer Zustimmung auszuschliessen. Nur zwanzig Staaten sind der Generalakte beigetreten. Mehr als die Hälfte von ihnen hat dabei Vorbehalte gemacht. Aus diesem Grunde ist die Generalakte ohne grosse Wirkung geblieben. Sie wurde 1949 \ on der Generalversammlung der Vereinten Nationen revidiert, doch sind bis heute nur sechs Staaten, die übrigens bereits Vertragsstaaten der Akte von 1928 sind, dem revidierten Text beigetreten.

Die Anerkennung der obligatorischen Gerichtsbarkeit des Internationalen Gerichtshofes hat zweifellos grössere Bedeutung. Durch die Unterzeichnung der in Artikel 36, Absatz 2 dieses Statuts vorgesehenen sogenannten Fakultativklausel anerkennen die Vertragsstaaten des Statuts die Gerichtsbarkeit des Gerichtshofes gegenüber allen Staaten, welche die gleiche Verpflichtung eingehen als von Rechts wegen und ohne besondere Vereinbarung obligatorisch für Streitigkeiten rechtlicher Natur. Von den hundertsiebzehn Staaten, die gegenwärtig Vertragsstaaten des Statuts sind (darunter 114 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen, welche automatisch auch Vertragsstaaten des Statuts sind) haben nur etwas über ein Drittel, nämlich vierzig, die Fakultativklausel unterzeichnet. Mehrere dieser Staaten haben überdies ihre Anerkennung unter verschiedenen Vorbehalten ausgesprochen, von denen einer der häufigsten die Anerkennung der Gerichtsbarkeit praktisch unwirksam macht, da er davon sämtliche Streitigkeiten über Fragen ausschliesst, welche in die vom Unterzeichnerstaat einseitig festgelegte nationale Zuständigkeit fallen.
Das Europaische Übereinkommen zur friedlichen Beilegung von Streitigkeiten schliesshch steht nur Mitgliedstaaten des Europarates zum Beitritt offen.

Von den gegenwartig 19 Mitgliedstaaten haben 17 das Übereinkommen unterzeichnet. Nur zehn von ihnen haben es ratifiziert. Das Übereinkommen siebt überdies die Möglichkeit vor, dass ein Staat erklären kann, Kapitel III über das Schiedsverfahren oder Kapitel II und III betreffend das Vergleichs- und Schiedsverfahren seien ihm gegenüber nicht anwendbar. Desgleichen kann ein Staat einzelne Streitfälle oder bestimmte Gegenstände von der Anwendung der Bestimmungen des Übereinkommens ausnehmen und auf dieses diejenigen Vorbehalte anwendbar erklären, die er anlässlich der Anerkennung der obligatorischen Gerichtsbarkeit des Internationalen Gerichtshofes gemacht hat.

Die gegenüber der obligatorischen Gerichtsbarkeit geübte Zurückhaltung der Staaten lässt, entgegen allem Anschein, die Ausdehnung der Schiedsgerichtsbarkeit auf bilateraler Ebene als wichtig erscheinen. Die Lage ist nämlich ver-

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schieden, je nachdem ob die Unterstellung unter ein internationales Schieds- oder Gerichtsverfahren auf zweiseitigen Staatsverträgen oder multilateralen Übereinkünften beruht. Man kann begreifen, dass ein Staat davor zurückschreckt, sich auf diesem Gebiet im allgemeinen, insbesondere durch Unterzeichnung der Fakultativklausel, zu binden, da er vermeiden möchte, dass er von irgend einem ändern Unterzeichnerstaat wegen einer beliebigen Streitigkeit vor den Gerichtshof zitiert werden kann. Dagegen ist die Lage ganz anders, wenn es darum geht, mit einem neutralen Kleinstaat wie der Schweiz einen bilateralen Vertrag abzuschliessen, da allfällige Streitigkeiten aller Voraussicht nach selten auftreten und keine lebenswichtigen Fragen berühren dürften.

Unter Berücksichtigung der zweiseitigen Schiedsverträge, des Europäischen Übereinkommens von 1957, der Generalakte von 1928 und der Fakultativklausel des Statuts des Internationalen Gerichtshofes ist die Schweiz gegenüber dreiundf ünfzig Staaten verpflichtet, Streitigkeiten einem Gerichts- oder Schiedsverfahren zu unterstellen. Hiervon sind einundzwanzig, also beinahe die Hälfte, europäische Staaten ; zwölf weitere sind lateinamerikanische Staaten und fünf liegen zwar ausserhalb Europas, gehören aber der westlichen Zivilisation an (Australien, Kanada, Neuseeland, Südafrika, Vereinigte Staaten). Asien ist auf dieser Liste nur mit acht Staaten vertreten und Afrika mit sechs (abgesehen von Südafrika).

Dieses Missverhältnis wird noch deutlicher, wenn man nur die zweiseitigen Verträge berücksichtigt (Schiedsverträge und Freundschafts-, Niederlassungsund Handelsverträge mit einer allgemeinen Klausel über die friedliche Beilegung von Streitigkeiten). Durch solche Verträge ist die Schweiz mit achtzehn europäischen Staaten, einem der westlichen Zivilisation zugehörigen aussereuropäischen Staat (Vereinigte Staaten), drei lateinamerikanischen und drei asiatischen Staaten verbunden, während Afrika auf dieser Liste fehlt.

Diese geographische Zusammensetzung entspricht weitgehend der Lage nach 1918. Die Entstehung neuer Staaten in Afrika und Asien nach dem zweiten Weltkriege hat die Zusammensetzung der Staatengemeinschaft grundlegend verändert. Diese Veränderung ist eine politische Tatsache, die auch auf dem Gebiet der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit berücksichtigt
werden muss.

Eine schweizerische Initiative mit dem Zweck, das Netz der zweiseitigen Schiedsverträge auf Afrika und Asien auszudehnen, wird durch zwei Gesichtspunkte gerechtfertigt.

In erster Linie wird der Abschluss zweiseitiger Schiedsverträge mit jungen afrikanischen und asiatischen Staaten zürn Schütze der schweizerischen Interessen beitragen, deren Umfang mit der Entwicklung der besonders auf wirtschaftlichem Gebiet mit diesen Ländern angeknüpften Beziehungen eher zunehmen dürfte. Die Bereitstellung erprobter Verfahren der friedlichen Beilegung wird es erlauben zu verhindern, dass unter Umständen Schwierigkeiten, die auf diplomatischem Wege nicht behoben werden können, ohne Lösung bleiben und in Konflikte ausarten.

Darüber hinaus wird aber der Einbezug kürzlich unabhängig gewordener Staaten in das schweizerische Schiedsgerichtssystem eine allgemeine politische Bedeutung haben. Die Vergleichs-, Gerichts- und Schiedsverträge werden einen

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angemessenen rechtlichen Rahmen für die Zusammenarbeit darstellen, welche die Schweiz mit diesen Ländern aufzubauen beabsichtigt und bestätigt die absolute Gleichberechtigung, auf der die von uns mit ihnen aufgenommenen Beziehungen beruhen. Man darf erwarten, dass solche Verträge zur Schaffung eines Klimas gegenseitigen Vertrauens beitragen, dessen Auswirkungen auch auf anderen Gebieten fühlbar sein werden. Sie haben überdies den Vorteil, die jungen Staaten mit den Einrichtungen bekannt zu machen, die für die Aufrechterhaltung des Friedens und den Schutz des Rechts geschaffen worden sind, was seinerseits erlaubt, diese Staaten enger an die dem Völkerrecht unterstehende Staatengemeinschaft zu binden.

Anderseits waren wir der Ansicht, das Netz schweizerischer Schiedsverträge sei nicht nur auf die neuen Staaten auszudehnen, sondern es müsse auch durch den Versuch ergänzt werden, gewisse Lücken zu schliessen. So hat, um nur ein Beispiel zu erwähnen, eine europäische Grossmacht, das Vereinigte Königreich, bis jetzt nicht geglaubt den Vorschlag zum Abschluss eines wirklich obligatorischen Schiedsvertrages annehmen zu können, was seinerseits nicht ohne Einfluss auf die Staaten des Commonwealth geblieben ist, welche die Anregung, sich auf diesem Gebiet unserem Lande gegenüber zu binden, ebenfalls abgelehnt haben.

Obwohl es von Anfang an zweifelhaft erschien, ob unsere Initiative überall von Erfolg gekrönt sein würde, waren wir der Ansicht, es sei angebracht, an alle Staaten ohne Unterschied zu gelangen und jegliche Diskriminierung zu vermeiden.

3. Was den Inhalt der neuen Verträge angeht, so behalten die im Bericht an die Bundesversammlung vom l I.Dezember 1919 betreffend internationale Schiedsverträge enthaltenen Überlegungen ihr volles Gewicht. Zwei Fragen sind von besonderer Wichtigkeit und verdienen Beachtung : das Vergleichsverfahren und der obligatorische Charakter des Gerichts- und Schiedsverfahrens.

Hinsichtlich des ersten Punktes hat die Erfahrung gezeigt, dass die Wahrscheinlichkeit einer befriedigenden Lösung von Streitigkeiten grösser ist, wenn nach dem Misslingen der diplomatischen Verhandlungen ein Zwischenorgan für die Regelung des Konfliktes eingeschaltet werden kann, bevor ein eigentliches Schieds- oder Gerichtsverfahren eingeleitet wird. Es ist bemerkenswert, dass dieses Vergleichsverfahren
schon zwischen den Ständen der alten Eidgenossenschaft Anwendung fand, indem die Schiedsrichter vorerst danach trachteten, den Streitfall «nach Minne», also auf gütlichem Wege zu regeln. Nur wenn dies nicht zum Ziele führte, hatten sie die Angelegenheit auf Grund des Rechts zu beurteilen. Dieses Verfahren beweist eine gründliche Kenntnis der besonderen Wesenszüge der zwischenstaatlichen Streitigkeiten. Ähnliche Erwägungen haben den Bundesrat veranlasst, in seinem Bericht vom 11.Dezember 1919 die Notwendigkeit zu betonen, in den Schiedsverträgen ein vorheriges Vergleichsverfahren vorzusehen. Diese Überlegungen haben auch heute noch ihre Aktualität bewahrt : Unseres Erachtens kommt diesen unparteischen Untersuchungs- und Vergleichskommissionen eine vielleicht noch grossere Bedeutung als den Schiedsgerichten selbst

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Einundzwanzig von dreiundzwanzig nach dem ersten Weltkrieg von der Schweiz abgeschlossenen Schiedsverträgen enthalten Bestimmungen über ein Vergleichsverfahren. In einigen Fällen werden nebeneinander Schieds- und Vergleichsverfahren vorgesehen, indem Rechtsstreitigkeiten im Prinzip einem Schiedsverfahren und nicht rechtliche Konflikte dem Vergleichsverfahren unterworfen werden. In den meisten dieser Verträge bilden jedoch das Vergleichsverfahren und das Schieds- oder Gerichtsverfahren aufeinanderfolgende Etappen, wobei die erste notwendigerweise den beiden ändern vorausgeht. Dieses System entspricht am besten den von der Schweiz seit 1919 auf dem Gebiet der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit vertretenen Ansichten.

Im übrigen muss ein Vergleichs-, Gerichts- und Schiedsvertrag obligatorisch sein, damit er einen Sinn hat und seinen Zweck in jedem Fall erfüllen kann. Wie bereits erwähnt, erfüllen die meisten schweizerischen Schiedsverträge diese Bedingung. Auch die neuen Verträge werden diesem Grundsatz treu bleiben müssen, falls sie nicht jeglicher Wirksamkeit und somit jedes praktischen Nutzens verlustig gehen wollen.

Wir haben gesehen, dass die meisten von der Schweiz nach dem ersten Weltkrieg abgeschlossenen Verträge neben dem Vergleichsverfahren auch ein solches der gerichtlichen oder schiedsrichterlichen Beilegung vorsehen. Die Anwendung dieser Verfahren ist nicht einheitlich geregelt ; einige Verträge sehen nur das eine vor, während andere den Parteien die Wahl zwischen beiden freistellen und noch andere schliesslich eine Verbindung beider gestatten.
Es stellte sich somit die Frage, welche Lösung den neuen Verträgen zugrunde gelegt werden sollte.

Das Schiedsverfahren hat grosse Vorteile, indem das Gericht von Fall zu Fall von den Parteien bestellt wird, so dass diese Personen zu Schiedsrichtern ernennen können, die ihnen die durch die Natur des Streitfalles bedingten Kenntnisse und Eigenschaften zu besitzen scheinen. Theoretisch sind somit alle Voraussetzungen gegeben, die für eine möglichst grosse Objektivität des Schiedsspruches Gewähr bieten. Die Lage ist anders im Falle der gerichtlichen Beilegung.

Bei der Wahl dieses Verfahrens treten die Parteien vor ein ständiges Gericht, den Internationalen Gerichtshof, auf dessen Zusammensetzung sie nur einen sehr beschränkten Einfluss hatten, soweit sie diesen überhaupt anlässlich der periodischen Erneuerung seiner Mitglieder durch Sicherheitsrat und Generalversammlung der Vereinten Nationen geltend machen konnten.

Es muss auch festgestellt werden, dass der Internationale Gerichtshof von der seit einigen Jahren bestehenden Krise des Völkerrechts nicht verschont wor-

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den ist. Die durch die negative Haltung der meisten Staaten der obligatorischen Gerichtsbarkeit auferlegte enge Begrenzung ist ein deutliches Zeichen des Misstrauens, das besonders die neuen Staaten zahlreichen Institutionen des klassischen Völkerrechts entgegenbringen.

Dies hindert nicht, dass zur Zeit der Internationale Gerichtshof das am besten qualifizierte Organ für die Beurteilung zwischenstaatlicher Streitigkeiten ist, besonders wenn diese rechtlicher Natur sind. Auch bildet die Kontinuität seiner Rechtssprechungfür die Parteien eine beachtliche Garantie, was bei einem Schiedsgericht, das speziell für die Beilegung eines bestimmten Streitfalles i eingesetzt wird, nicht der Fall ist. Diese Kontinuität ermöglicht dem Gerichtshof eine einheitliche Auslegung und Anwendung der völkerrechtlichen Normen, was wiederum eine Gewähr für die Einheit des Völkerrechts bedeutet. Die Rechtssprechung des Gerichtshofes bildet somit einen Faktor der Stabilität und Sicherheit des Rechts. Jede zweiseitige oder multilaterale Verpflichtung zur Anerkennung der obligatorischen Zuständigkeit des Gerichtshofes kann dessen Autorität nur stärken und darüber hinaus zur harmonischen Entwicklung des Völkerrechts beitragen. Dies entspricht schliesslich auch dem wohlverstandenen Interesse der Schweiz.

In Anbetracht der Vorteile, die sowohl das Gerichts- wie das Schiedsverfahren aufweisen, schien es angezeigt, in den kommenden Verträgen beide vorzusehen, wobei der Internationale Gerichtshof normalerweise für Streitigkeiten rechtlicher Natur und das Schiedsgericht für nicht rechtliche Konflikte zuständig sein sollte.

Rechtlicher Natur sind solche Streitigkeiten, in denen die Parteien das Bestehen eines Rechtes in Abrede stellen oder über dessen Umfang nicht einig sind.

Naturgemäss erheischen solche Streitigkeiten eine rechtliche Lösung, die auf bestehenden internationalen Normen des vertraglichen oder Gewohnheitsrechts beruht. Nichtrechtlicher Natur sind dagegen solche Streitigkeiten, die sich auf die Begründung, Abänderung oder Aufhebung eines Rechts beziehen.

Eine rein rechtliche Lösung würde nicht erlauben, solche Streitigkeiten in befriedigender Weise beizulegen. Im ersten Fall handelt es sich um die Regelung eines Zustandes, der keiner bestehenden Norm unterstellt ist, während es in den beiden anderen Fällen darum
geht, ein Rechtsverhältnis abzuändern oder aufzulösen, da es angesichts der tatsächlichen Entwicklung überholt ist. Indem die Lösung nicht mehr von der Anwendung des genauen Rechts ausgehen kann, muss sich das zur Entscheidung berufene Organ auf ausserrechtliche Elemente wie Billigkeitserwägungen oder die Berücksichtigung der Parteiinteressen stützen können.

Der vom Politischen Departement als Verhandlungsbasis für neue Verträge ausgearbeitete Musterentwurf eines Vergleichs-, Gerichts- und Schiedst ertrages ordnet nicht starr die Anwendung dieser drei Verfahren an, sondern er hat diese in einer Weise geregelt, dass ihre Durchführung in jedem Fall die sehr verschiedenartigen Umstände berücksichtigen kann, unter denen Streitigkeiten entstehen.

Insbesondere schien es angebracht, den Parteien die freie Wahl des Verfahrens zu überlassen, das im Einzelfall die grösste Aussicht auf die Beilegung einer

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Streitigkeit zwischen ihnen zu haben scheint. Das im Mustervertrag vorgesehene System werden wir weiter unten im einzelnen darlegen.

II

Der Vorschlag zum Abschluss eines Vergleichs-, Gerichts- und Schiedsvertrages erging im Sommer 1960 an alle Staaten, denen gegenüber unser Land nicht schon durch zweiseitige oder multilaterale Verträge zur obligatorischen Beilegung von Streitigkeiten (Vergleichs-, Gerichts- oder Schiedsverträge, Fakultativklausel des Statuts des Internationalen Gerichtshofes) gebunden ist.

Das Angebot erging auch nicht an Staaten, mit denen die Schweiz weder diplomatische noch konsularische Beziehungen unterhält. Neununddreissig auf fünf Kontinente verteilte Staaten waren damals Gegenstand dieser Initiative. Im Herbst 1961 wurde unser Vorschlag ebenfalls neun afrikanischen und asiatischen Staaten und einem europäischen Staat (Zypern) unterbreitet, die inzwischen unabhängig geworden waren. Demnächst werden wir unser Angebot an jene Staaten richten, die seither in die Völkergemeinschaft eingetreten sind.

Die ersten Reaktionen waren in der Regel günstig. Nur sieben Staaten, nämlich Argentinien, Bulgarien, die Volksrepublik China, Guatemala, Indonesien, Mexiko und die Vereinigte Arabische Republik haben unseren Vorschlag zum Abschluss eines Vergleichs-, Gerichts- und Schiedsvertrages zurückgewiesen. Dreizehn Staaten haben ihr Interesse daran bekundet und mit elf sind Besprechungen auf Grund des schweizerischen Musterentwurfes aufgenommen worden. Aus diesen Besprechungen sind die acht Verträge hervorgegangen, die Gegenstand dieser Botschaft sind.

Besonders günstig war die Reaktion der afrikanischen Staaten auf unser Angebot. Mit vier solchen Staaten sind die ersten Verträge abgeschlossen worden, nämlich mit der Elfenbeinküste am 22. November 1962 in Abidjan, mit Kamerun am 22. Januar 1963 in Yaounde, mit Liberia am 23. Juli 1963 in Monrovia und mit Niger am 2. August 1963 in Niamey. Der fünfte Vertrag wurde mit einem lateinamerikanischen Staat abgeschlossen, nämlich mit Costa Rica, am 15. Januar 1965, in San José, während der sechste Vertrag, der am l I.Mai 1965 in Tananarivo mit Madagaskar unterzeichnet wurde, uns wieder in den Kreis der afrikanischen Staaten zurückführt.

Israel hat als einer der ersten Staaten positiv auf den schweizerischen Vorschlag reagiert. Seine Regierung hat zwar im Prinzip dem Abschluss eines Vertrages auf Grund des vorgelegten Musterentwurfes zugestimmt, doch hat sie dazu einige Abänderungen
vorgeschlagen, die meist unbedeutende Punkte betreffen.

Die Verhandlungen fanden hauptsächlich in Bern statt und fielen mit dem Aufenthalt des Rechtsberaters des israelischen Aussenministeriums in der Schweiz zusammen, der an den Arbeiten der alljährlich im Frühling in Genf tagenden Kommission für Völkerrecht der Vereinten Nationen teilnahm. Der Vergleichs-, Gerichts- und Schiedsvertrag mit Israel ist am 2. August 1965 in Jerusalem unterzeichnet worden.

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Wie bereits gesagt, hatte Grossbritannien bisher das Angebot, mit der Schweiz einen zweiseitigen Schiedsvertrag abzuschliessen, abgelehnt. Diese Ablehnung betraf übrigens nicht nur unser Land, sondern beruhte auf einer traditionellen Haltung der britischen Regierung. Im Anschluss an unsere Initiative vom Sommer 1960 hat jedoch die britische Regierung der Schweizerischen Botschaft in London am 3. Mai 1962 offiziell mitgeteilt, dass sie bereit sei, Verhandlungen über den Abschluss eines Vergleichs-, Gerichts- und Schiedsvertrages aufzunehmen, vorausgesetzt, dass das Schiedsverfahren nicht auf Streitigkeiten nichtrechtlicher Natur anwendbar sei und gleich wie das Gerichtsverfahren auf Rechtsstreitigkeiten beschränkt bleibe. Obwohl er den grundsätzlichen Aufbau unseres Entwurfes berührte, schien es uns angezeigt, auf diesen Vorbehalt einzugehen und dem Angebot der britischen Regierung zur Eröffnung von Verhandlungen Folge zu leisten.

Auch diese Einschränkung ist Ausdruck einer traditionellen Haltung der britischen Regierung. So hat sie gegenüber dem Europäischen Übereinkommen zur friedlichen Beilegung von Streitigkeiten vom 29. April 1957 einen entsprechenden Vorbehalt gemacht. Der Wunsch, Streitigkeiten, die nicht rein rechtlicher Natur sind, vom Schiedsverfahren auszuschliessen, lässt sich aus der wichtigen Stellung erklären, die Grossbritannien in der Völkergemeinschaft einnimmt und aus den politischen Interessen, die es infolgedessen auf der ganzen Welt zu verteidigen hat.

Die im Herbst 1962 in London begonnenen Verhandlungen haben im Frühling 1965 zur Fertigstellung eines Vertragsentwurfes geführt, der nach gründlicher Prüfung in den beiden Hauptstädten von den Regierungen beider Länder genehmigt worden ist. Der Vertrag ist am 7. Juh 1965 in London unterzeichnet worden.

III Die mit der Elfenbeinküste, Kamerun und Niger unterzeichneten Verträge entsprechen wörtlich dem Musterentwurf. Diejenigen mit Costa Rica, Grossbritannien, Israel, Liberia und Madagaskar weichen davon in verschiedenem Ausmasse ab. Der vom Musterentwurf am meisten entfernte Vertrag ist derjenige mit Grossbritannien. In der Folge besprechen wir zuerst den Musterentwurf, um hiernach die davon abweichenden Bestimmungen der Verträge mit Costa Rica, Grossbritannien, Israel, Liberia und Madagaskar zu behandeln.

l. Der schweizerische
Musterentwurf, der sämtlichen unterzeichneten Verträgen zugrunde liegt, besteht aus fünfunddreissig Artikeln, die sich auf fünf Kapitel verteilen.

Das erste Kapitel stellt den Grundsatz der friedlichen Beilegung von Streitigkeiten auf (Art. 1) ; die Kapitel II bis IV enthalten die Bestimmungen über das Vergleichsverfahren (Art. 2-13), das Gerichtsverfahren (Art. 14) und das Schiedsverfahren (Art. 15-24), während Kapitel V die allgemeinen Bestimmungen (Art.25-35) enthält.

Artikel l sieht die Verpflichtung der Vertragsparteien vor, alle Streitigkeiten, die zwischen ihnen entstehen sollten und die nicht auf diplomatischem Wege

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beigelegt werden können, einem Vergleichsverfahren zu unterwerfen (Abs. 1).

Führt dieses nicht zum Ziele, so sind die Streitigkeiten einem Gerichts- oder Schiedsverfahren zu unterwerfen (Abs. 2). Die Parteien können jedoch vereinbaren, dass sie auf das Vergleichsverfahren verzichten, in welchem Falle die Streitigkeiten unmittelbar beim Internationalen Gerichtshof oder einem Schiedsgericht anhängig gemacht werden (Abs. 3).

Die Artikel über das Vergleichsverfahren übernehmen im grossen ganzen die Bestimmungen, welche erstmals im Rahmen einer erschöpfenden Regelung der verschiedenen Mittel zur friedlichen Beilegung von Streitigkeiten durch das Haager Übereinkommen zur friedlichen Beilegung internationaler Streitfälle vom 29. Juli 1899, ergänzt und erweitert durch das Haager Übereinkommen vom 18. Oktober 1907, aufgestellt wurden. Diese in einer mehr als fünfzigjährigen Praxis erprobten Bestimmungen sind in den meisten von Mitgliedstaaten des Völkerbundes abgeschlossenen Schiedsverträgen übernommen worden. Man findet sie namentlich auch in den zu jener Zeit von der Schweiz unterzeichneten Verträgen.

Mit der Durchführung des Vergleichsverfahrens ist ein permanentes Organ, die «Ständige Vergleichskommission »betraut, die aus fünf Mitgliedern besteht (Art. 2). Obwohl einige aus der Zeit vor dem zweiten Weltkrieg stammende schweizerische Schiedsverträge die Aufstellung einer Vergleichskommission für jede einzelne zwischen den Vertragsparteien auftretende Streitigkeit vorsehen, hat es sich erwiesen, dass das Vorhandensein eines sofort einsatzbereiten Organs die Chancen für eine rasche Erledigung der Konflikte erhöht.

Artikel 2 bis 5 betreffen die Bestellung der Ständigen Vergleichskommission.

Jede Partei ernennt ein Mitglied, das ihr Staatsangehöriger sein kann. Die ändern drei Mitglieder der Kommission werden von den Parteien im gemeinsamen Einvernehmen unter Angehörigen von Drittstaaten bezeichnet; sie müssen verschiedener Nationalität sein. Als Vorsitzender der Kommission wird von den Parteien eines der gemeinsam bezeichneten Mitglieder ernannt (Art. 2, Abs. 2 und 3).

Sämtliche Mitglieder sind auf drei Jahre ernannt. Werden sie nach Ablauf dieser Zeitspanne nicht ersetzt, so gelten sie von Mal zu Mal für drei weitere Jahre gewählt (Art. 3). Anfällige Vakanzen in der Kommission werden nach dem für
die Ernennungen vorgesehenen Verfahren ergänzt. Wenn die Kommission tagt und eines ihrer Mitglieder an der Teilnahme an den Arbeiten verhindert ist, wird ein Stellvertreter bezeichnet (Art. 3, Abs. 2 und 3).

Artikel 4 gewährt jeder Partei die Möglichkeit, im Moment, in dem der Vergleichskommission ein Streitfall unterbreitet wird, das von ihr bezeichnete Mitglied durch einen Sachverständigen zu ersetzen, der nach ihrer Ansicht auf dem Gebiet, das Gegenstand der Streitigkeit ist, besondere Kenntnisse besitzt.

Artikel 5 bestimmt, dass die Vergleichskommission innert sechs Monaten nach Inkrafttreten des Vertrages zu bestellen ist. Falls innerhalb dieser Frist die Parteien sich nicht auf die gemeinsam zu bezeichnenden Mitglieder einigen können oder ihre eigenen Mitglieder nicht ernennen, werden diese Ernennungen auf Antrag der einen oder anderen Partei vom Präsidenten des Internationalen Gerichtshofes, beziehungsweise dem Vizepräsidenten oder dem amtsältesten

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Mitglied des Gerichtshofes vorgenommen. Das gleiche trifft zu, wenn innert drei Monaten nach dem Freiwerden eines Sitzes das betreffende Kommissionsmitglied nicht ersetzt wird. Dasselbe Verfahren gelangt auch zui Anwendung, falls die Parteien nach Ernennung der fünf Kommissionsmitglieder den Vorsitzenden der Kommission nicht innert zwei Monaten bezeichnen. Artikel 5 soll vermeiden, dass eine der beiden Parteien die Durchführung des Vergleichsverfahrens verhindern kann, indem sie sich weigert oder es unterlàsst, die ihr obliegenden Ernennungen vorzunehmen.

Die Artikel 6 bis 12 behandeln die Einzelheiten des Vergleichsverfahrens.

Die Vergleichskommission wird auf dem Wege eines Begehrens angerufen, das eine der Parteien an ihren Präsidenten richtet und das der anderen Partei un\ erzüglich zu notifizieren ist (Art. 6). Diese Bestimmung schliesst die Möglichkeit eines gemeinsamen Antrages beider Parteien an die Kommission nicht aus.

Dies ist im Gegenteil durchaus möglich. In der Regel wird ein Staat, der beabsichtigt, eine Streitigkeit dem Vergleichsverfahren zu unterwerfen, die andere Partei aus Höflichkeit davon benachrichtigen und mit ihr zusammen die Möglichkeit einer gemeinsamen Anrufung der Kommission prüfen. Sollte hierüber keine Einigung zustande kommen, wird die Kommission einseitig angerufen.

Die Parteien können im gemeinsamen Einvernehmen das \ on der Kommission zu befolgende Verfahren festlegen (Art. 8). Machen sie von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch, so beschliesst die Kommission hierüber selbst. In jedem Falle muss jedoch das Verfahren kontradiktorisch sein, damit die Gleichberechtigung der Parteien vor der Kommission in jeder Phase des Verfahrens gewährleistet ist. In bezug auf das Untersuchungsverfahren wendet die Kommission, falls sie nicht einstimmig etwas anderes beschliesst, die einschlägigen Bestimmungen des Haager Übereinkommens vom 18. Oktober 1907 zur friedlichen Beilegung internationaler Streitfälle an. Diese in Titel III betreffend internationale Untersuchungskommissionen enthaltenen Bestimmungen regeln die ganze Materie bis ins einzelne.

Artikel 9 sieht vor, dass die Parteien vor der Kommission durch einen Agenten vertreten sind und dass sie Berater und Experten beiziehen können. Sie können auch die Anhörung jeder Person \ erlangen, deren Aussage ihnen zweckmässig
scheint. Die Kommission hat dasselbe Recht, doch muss sie für die Vorladung von Zeugen die Zustimmung der Parteien einholen.

Artikel 10 behält das Recht der Parteien vor, selbst das Abstimmungsverfahren in der Kommission zu regem. Falls sie in dieser Hinsicht nichts vorsehen, müssen die Entscheide der Kommission von der Mehrheit ihrer Mitglieder gefasst werden. Dagegen genügt für Entscheide in Verfahrensfragen die Mehrheit der anwesenden Mitglieder.

Nach Artikel 11 sollen die Parteien die Arbeit der Kommission erleichtern, indem sie ihr ihren Beistand gewähren. Für die Vorladung und Einvernahme von Zeugen sowie für die Vornahme von Augenscheinen auf dem Gebiet einer Partei muss sich jedoch die Kommission an die dort geltenden Rechtsvorschriften halten.

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Der Zweck des Vergleichsverfahrens unterscheidet sich grundlegend von demjenigen des Gerichts- und Schiedsverfahrens. Während letztere einen Streitfall entscheiden müssen, soll das Vergleichsverfahren lediglich dazu führen, dass den Parteien eine Lösung zur Annahme vorgeschlagen wird. So sieht Artikel 13 in seinem ersten Absatz vor, dass die Kommission zur Aufgabe hat, sich alle zweckmässigen Informationen zu beschaffen, um auf diesem Wege die Fragen abzuklären, die Gegenstand der Streitigkeit sind, und zu versuchen, zwischen den Parteien einen Vergleich herbeizuführen. Während der Internationale Gerichtshof ein Urteil und das Schiedsgericht einen Schiedsspruch fällt, arbeitet die Vergleichskommission einen Bericht aus, der, falls die Umstände und insbesondere die Natur der Streitigkeit es erlauben, den Entwurf einer Regelung enthalten soll. Grundsätzlich muss die Kommission ihren Bericht innert sechs Monaten, nachdem sie mit der Schlichtung der Streitigkeiten betraut wurde, erstellen. Die Parteien können jedoch diese Frist verlängern (Abs. 2). Nach Empfang des Berichts müssen sich die Parteien zu den darin enthaltenen Vorschlagen innerhalb der von der Kommission gesetzten Frist, höchstens aber innert drei Monaten, äussern (Abs. 3 und 4).

Nehmen die Parteien die von der Kommission vorgeschlagene Lösung an, so ist die zwischen ihnen entstandene Streitigkeit beigelegt. Andernfalls können sie auf die anderen im Vertrage vorgesehenen Verfahren der Beilegung zurückgreifen.

Sofern die Parteien nichts anderes vereinbaren, werden weder der Bericht noch die Gesamtheit der Arbeiten der Kommission veröffentlicht (Art. 12). Die Erfahrung hat gezeigt, dass der vertrauliche Charakter dieses Verfahrens eine Voraussetzung für seinen Erfolg ist.

Artikel 14 behandelt das Gerichtsverfahren. Die Streitigkeit wird dem Internationalen Gerichtshof unterbreitet, wenn ein Vergleich nicht zustandegekommen ist oder wenn die Parteien vereinbart haben, auf ein vorheriges Vergleichsverfahren zu verzichten. Der Gerichtshof wird auf Grund einer Vereinbarung zwischen den Parteien angerufen, oder, falls eine solche nicht zustande kommt, durch einseitige Klage einer der Parteien. Hieraus ergibt sich der obligatorische Charakter des Gerichtsverfahrens (Abs. 1).

Der Gerichtshof ist grundsätzlich für rechtliche Streitigkeiten zuständig.
Was hierunter zu verstehen ist, sagt Artikel 14, indem er die in Artikel 36 Absatz 2 des Statuts des Internationalen Gerichtshofes enthaltene Aufzählung wiedergibt, laut welcher rechtliche Streitigkeiten zum Gegenstand haben : a. die Auslegung eines Vertrages; b. irgendwelche Fragen des Völkerrechts; c. das Bestehen einer Tatsache, die, wenn sie bewiesen wäre, die Verletzung einer internationalen Verpflichtung bedeuten würde; d. die Art oder den Umfang einer wegen Verletzung einer internationalen Verpflichtung geschuldeten Wiedergutmachung.

Diese schon in Artikel 13 des Völkerbundspaktes enthaltene Liste ist abschliessend. Aus dem Text von Artikel 36 Absatz 2 des Statuts und seiner ein-

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helligen Auslegung durch Rechtsprechung und Doktrin geht hervor, dass es ausser den darin aufgezählten keine weiteren Kategorien von Rechtsstreitigkeiten gibt.

Entsteht zwischen den Parteien eine Meinungsverschiedenheit über die Natur des Streitfalles und bestreitet eine von ihnen die Zuständigkeit des Gerichtshofes, indem sie behauptet, die Streitigkeit falle unter keine der in Artikel 14 Absatz l aufgeführten Kategorien, so entscheidet hierüber der Gerichtshof selbst (Abs. 2).

Die Parteien können im gemeinsamen Einvernehmen dem Gerichtshof auch nichtrechtliche Streitigkeiten unterbreiten. In solchen Fällen entscheidet der Gerichtshof ex aequo et bono, sofern die Parteien damit einverstanden sind (Abs. 3). Auf Grund von Artikel 38 Absatz 2 seines Statuts hat der Gerichtshof das Recht, mit Zustimmung der Parteien nach Billigkeit zu urteilen. Er ist aber auch dann nicht dazu verpflichtet, wenn die Parteien es ihm vorschreiben.

Artikel 15 betrifft die Anwendung des Schiedsverfahrens. Bei Misslingen des Vergleichsverfahrens können nichtrechtliche Streitigkeiten einem von Fall zu Fall bestellten Schiedsgericht unterbreitet werden (Abs. 1). Obwohl diese Bestimmung ausdrücklich nur den Fall erwähnt, in dem ein Vergleich nicht zustande kommt, ist es klar, dass die Parteien, wie in Artikel l Absatz 3 vorgesehen, auch direkt zum Schiedsverfahren Zuflucht nehmen und auf ein Vergleichsverfahren verzichten können. Das Schiedsgericht ist normalerweise für nichtrechtliche Streitigkeiten zuständig; doch können die Parteien ihm im gemeinsamen Einvernehmen auch Rechtsstreitigkeiten unterbreiten (Abs. 2).

Diese Bestimmung bildet das Gegenstück zu Artikel 14 Absatz 3, der vorsieht, dass die Parteien eine nichtrechtliche Streitigkeit dem Gerichtsverfahren unterstellen können. Artikel 14 und 15 geben in Veibindung mit Artikel l dem Zusammenspiel der drei Verfahren zur friedlichen Beilegung von Streitigkeiten die nötige Beweglichkeit, damit die Parteien in jedem Falle den tatsächlichen Gegebenheiten Rechnung tragen können.

Artikel 16 und 17 betreffen die Bestellung des Schiedsgerichts. Diese Vorschriften sind nicht verbindlich, sondern es steht den Parteien frei, die Zusammensetzung des Schiedsgerichts und die Modalitäten der Ernennung seiner Mitglieder auf andere Weise zu regeln (Art. 15 Abs. 1).

Sofern die
Parteien nichts anderes vereinbaren, besteht das Schiedsgericht aus fünf Mitgliedern. Jede Partei ernennt einen Richter, während die drei ändern im gemeinsamen Einvernehmen der Parteien unter den Angehörigen dritter Staaten bezeichnet werden. Wie die gemeinsam bezeichneten Mitglieder der Vergleichskommission dürfen diese Schiedsrichter nicht gleicher Nationalität sein, ihren gewöhnlichen Wohnsitz nicht auf dem Gebiet einer der Parteien haben und nicht in deren Dienst stehen (Art. 16 Abs.l). Der Präsident des Schiedsgerichts wird von den Parteien aus der Mitte der gemeinsam ernannten Schiedsrichter gewählt (Art. 16 Abs.2).

Artikel 17 entspricht Artikel 5. Er regelt die Ernennung der Schiedsrichter für den Fall, dass die Parteien nichts unternehmen. Wie die Mitglieder der Vergleichskommission werden die von jeder Partei einzeln zu ernennenden und die

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gemeinsam zu bezeichnenden Schiedsrichter in diesem Falle vom Präsidenten des Internationalen Gerichtshofes oder, wenn dieser verhindert oder Staatsangehöriger einer Partei ist, durch den Vizepräsidenten beziehungsweise das amtsälteste Mitglied des Gerichtshofes ernannt. Jede Partei kann zu diesem Verfahren Zuflucht nehmen, wenn die andere Partei innert drei Monaten, nachdem ihr von der ersten das Begehren auf Bestellung des Schiedsgerichts zugestellt worden ist, ihren eigenen Schiedsrichter nicht ernannt oder durch Verweigerung ihrer Mitarbeit die Beziehung der gemeinsam zu ernennenden Schiedsrichter verhindert hat (Abs. l und 2). Dieses Verfahren gelangt auch zur Anwendung, wenn die Parteien zwei Monate nach der Bestellung des Schiedsgerichts dessen Präsidenten noch nicht bezeichnet haben (Abs. 3).

Gemäss Artikel 18 bleibt die Zusammensetzung des Schiedsgerichts vom Moment seiner Bestellung bis zur Eröffnung des Schiedsspruches unverändert.

Die Parteien können jedoch ihren eigenen Schiedsrichter ersetzen, solange das Verfahren noch nicht begonnen hat. Das Verfahren gilt als eröffnet, sobald das Schiedsgericht seine erste Verfügung erlässt. Von da an kann ein Schiedsrichter nur noch im gemeinsamen Einvernehmen beider Parteien ersetzt werden.

Artikel 19 sieht die Ersetzung der Schiedsrichter im Falle einer Vakanz oder vorübergehenden Verhinderung vor (Abs. l und 2). Diese Bestimmungen entsprechen denjenigen von. Artikel 3 Absätze 2 und 3 über die Mitglieder der Vergleichskommission.

Grundsätzlich wird das Schiedsgericht auf Grund einer von den Parteien eingegangenen Vereinbarung, dem Schiedsvertrag, angerufen (Art.20). Dieser muss alle Angaben enthalten, die dem Schiedsgericht einen Entscheid in voller Kenntnis der Sachlage ermöglichen; insbesondere legt er den Streitgegenstand fest, umschreibt er die Zuständigkeit des Gerichts und bestimmt er das zu befolgende Verfahren. Das Gericht ist für die Auslegung des Schiedsvertrages zuständig (Art. 21). Falls die Parteien diese Fragen nicht gesamthaft oder nur unvollständig regeln, wendet das Schiedsgericht die Bestimmungen des dritten Kapitels (Verfahren) des Statuts des Internationalen Gerichtshofes und des zweiten Titels (Verfahren in streitigen Angelegenheiten) des Reglements des Gerichtshofes analog an (Art. 22).

Einigen sich die Parteien nicht
innert drei Monaten nach Bestellung des Schiedsgerichts auf einen Schiedsvertrag, so kann jede von ihnen den Streitfall von sich aus dem Schiedsgericht unterbreiten (Art. 23). Diese Bestimmung gewährleistet den obligatorischen Charakter des Schiedsverfahrens.

Artikel 24 betrifft die wichtige Frage der vom Schiedsgericht für die Beilegung der Streitigkeiten anzuwendenden Regeln. Diese sind verschieden, je nach der Art der Streitigkeit, die Gegenstand des Schiedsverfahrens ist. Im Falle nichtrechtlicher Streitigkeiten (Abs. 1) urteilt das Schiedsgericht nach Billigkeit, da derartige Streitigkeiten naturgemäss nicht nach rechtlichen Gesichtspunkten beigelegt werden können. Die Handlungsfreiheit des Schiedsgerichts ist jedoch dadurch eingeschränkt, dass es die allgemeinen Rechtsgrundsätze und die berechtigten Parteiinteressen zu berücksichtigen hat.

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Für rechtliche Streitigkeiten sieht Absatz 2 vor, dass das Schiedsgericht in der in Artikel 38, Absatz l des Statuts des Internationalen Gerichtshofes vorgesehenen Reihenfolge auf folgende Quellen des Völkerrechts abstellen soll : Die internationalen Übereinkünfte allgemeiner oder besonderer Natur, in denen von den Streitparteien ausdrücklich anerkannte Normen aufgestellt worden sind; das internationale Gewohnheitsrecht als Ausdruck einer i allgemeinen, als Recht anerkannten Übung; die allgemeinen, von den Kulturstaaten anerkannten Rechtsgrundsätze; die internationale Rechtsprechung und Doktrin als zusätzliches Hilfsmittel für die Bestimmung der Rechtsnormen.

Artikel 25 begrenzt den Anwendungsbereich des Vertrages, in dem er die vor dessen Inkrafttreten entstandenen Streitigkeiten ausschliesst, sowie diejenigen, deren Gegenstand nach Völkerrecht in die ausschliessliche Zuständigkeit der Staaten fällt. Diese Bestimmung ist mehr formeller Natur. Der Ausschluss der vor Inkrafttreten des Vertrages entstandenen Streitigkeiten geht schon aus dem Grundsatz der Nicht-Rückwirkung hervor, während die zweite Kategorie die Zustimmung derjenigen Staaten finden dürfte, die erst kurzlich ihre volle Souveränität erlangt haben und infolgedessen ganz besonders auf deren vonumfänglichen Respektierung bestehen. Ist eine Partei der Ansicht, eine bestimmte Streitigkeit falle unter Artikel 25 während die andere Partei einen gegenteiligen Standpunkt vertritt, so wird diese Differenz durch das mit der Streitigkeit befasste Organ (Vergleichskommission, Internationaler Gerichtshof, Schiedsgericht) beigelegt.

Artikel 26 bekräftigt den völkerrechtlichen Grundsatz der Erschöpfung des internen Instanzenzuges. Falls eine Streitigkeit eine Frage betrifft, die nach dem internen Recht der einen Streitpartei in die Zuständigkeit ihrer Gerichte oder Verwaltungsbehörden fällt, können die im Vertrage vorgesehenen Verfahren erst zur Anwendung gelangen, nachdem das in dieser Frage zuständige Gericht oder die kompetente Verwaltungsbehörde einen endgültigen Entscheid gefällt hat (Abs. 1). Dieser Entscheid muss innert einer vernünftigen Frist erfolgen. Es handelt sich hierbei um einen dehnbaren Begriff, bei dessen Anwendung die jeweils gegebenen Umstände zu berücksichtigen sind, was besonders für den Staat gilt, in welchem das gerichtliche
oder Verwaltungsverfahren läuft. Die Regel der Erschöpfung des internen Instanzenzuges gewährt dem Staate, dem ein unerlaubtes Verhalten vorgeworfen wird und der hierfür verantwortlich gemacht werden soll, die Möglichkeit, die betreffende Massnahme oder den betreffenden Entscheid durch ein internes gerichtliches oder Verwaltungsorgan korrigieren zu lassen. Ist dessen Entscheid gefällt, so kann die Streitigkeit innert fünf Jahren nach diesem Zeitpunkt einem Vergleichs-, Gerichts- oder Schiedsverfahren unterworfen werden (Abs. 2). Die Festlegung dieser Frist ist notwendig um zu vermeiden, dass die zwischenstaatlichen Verfahren noch zu einem Zeitpunkt angerufen werden, in dem angenommen werden konnte, dass die durch die innerstaatliche Rechtsordnung getroffene Lösung des Streitfalles von beiden Parteien angenommen worden sei.

Artikel 27 betrifft vorsorgliche Massnahmen. Unterliegt die Streitigkeit einem Gerichts- oder Schiedsverfahren, so hat der Internationale Gerichtshof

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oder das Schiedsgericht so rasch als möglich die Massnahmen bekanntzugeben, die ihm notwendig scheinen um zu verhindern, dass die im Moment seiner Anrufung zwischen den Parteien bestehende Lage verändert werden kann. Diese Massnahmen sind verbindlich und die Parteien sind verpflichtet, sich daran zu halten (Abs. 1). Ist dagegen die Streitigkeit Gegenstand eines Vergleichsverfahrens, so kann die Kommission den Parteien lediglich die ihr zweckmässig erscheinenden vorsorglichen Massnahmen empfehlen (Abs. 2).

Die Parteien selbst haben sich gemäss Artikel 28 während der Dauer des Verfahrens jeglicher Handlung zu enthalten, welche den zwischen ihnen bestehenden Konflikt verschärfen könnte. Sie sollen auch keine Massnahmen ergreifen, welche die spätere Durchführung des Gerichtsurteils oder Schiedsspruches oder die von der Vergleichskommission vorgebrachten Vorschläge beeinflussen könnte.

Artikel 29 betrifft den Vollzug des Urteils des Internationalen Gerichtshofes oder des Schiedsspruches. Falls der Gerichtshof oder das Schiedsgericht hierfür keine Frist gewährt, sind Gerichtsurteil oder Schiedsspruch von den Parteien sofort zu vollziehen. Neben den unter Umständen im Urteil oder im Schiedsspruch angeordneten haben die Parteien auch alle sonstigen Massnahmen zu treffen, die nötig sind, um diesem Urteil oder Schiedsspruch volle Wirksamkeit zu verleihen.

Artikel 30 behandelt den Fall, in dem ein Urteil des Internationalen Gerichtshofes oder der Spruch eines Schiedsgerichts zu einer im Rahmen der innerstaatlichen Rechtsordnung getroffenen Massnahme oder Entscheidung im Widerspruch steht. Wenn das Prinzip der Gewaltentrennung eine Änderung oderAufhebung der innerstaatlichen Massnahme oder Entscheidung nicht gestattet, kann ein solches Urteil oder ein solcher Schiedsspruch nicht vollzogen werden. Das interne Recht dieser Partei könnte allerdings die Mittel vorsehen, mit denen eine solche Unvereinbarkeit vermieden würde; gestattet dieses Recht jedoch keine oder nur eine unvollständige Wiedergutmachung der Folgen einer solchen Unvereinbarkeit, so bestimmt der Gerichtshof oder das Schiedsgericht Art und Umfang der an die geschädigte Partei zu entrichtenden Wiedergutmachung.

Artikel 31 sieht vor, dass allfällige Meinungsverschiedenheiten über Sinn und Tragweite des Urteils oder Schiedsspruches auf Begehren
einer der Parteien durch den Internationalen Gerichtshof, beziehungsweise durch das Schiedsgericht geregelt werden. Das Begehren muss innert drei Monaten nach Eröffnung des Urteils oder Schiedsspruches eingereicht werden.

Artikel 32 betrifft das Interventionsrecht. Gemäss Abschnitt l bleibt der Vertrag grundsätzlich auch dann zwischen den Vertragsstaaten anwendbar, wenn ein Drittstaat an der Streitigkeit ein Interesse hat. Die einem solchen Staat gewährte Möglichkeit, im Verfahren zu intervenieren, ist je nach Art desselben verschieden geregelt. Im Falle eines Gerichts- oder Schiedsverfahrens kann ein Drittstaat, der der Ansicht ist, die Streitigkeit zwischen den Vertragsparteien berühre seine rechtlichen Interessen, beim Internationalen Gerichtshof oder beim Schiedsgericht ein Interventionsbegehren einreichen. Der Gerichtshof, bzw. das Schiedsgericht entscheidet über das Schicksal dieses Begehrens (Abs. 3 und 4).

Dagegen bleibt es in einem Vergleichsverfahren den Parteien vorbehalten,

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gegebenenfalls einen Drittstaat im gemeinsamen Einvernehmen zur Intervention einzuladen. In einem solchen Falle kann das geltend gemachte Interesse auch nichtrechtlicher Natur sein (Abs.2).

Artikel 33 regelt die Kosten des Vergleichs- und Schiedsverfahrens. Ist eine Streitigkeit Gegenstand eines dieser Verfahren gewesen, so trägt jede Partei in erster Linie ihre eigenen Kosten (insbesondere Entschädigung des von ihr ernannten Kommissionsmitgliedes oder Schiedsrichters, sowie ihrer Agenten, Berater und Experten). Jede Partei trägt überdies die Hälfte der den gemeinsam ernannten Mitgliedern der Vergleichskommission oder Schiedsrichtern während der tatsächlichen Verfahrensdauer ausgerichteten Entschädigung, deren Betrag von den Parteien selbst festgesetzt wird. Die Parteien tragen auch je zur Hälfte die der Kommission oder dem Schiedsgericht erwachsenen Unkosten.

Die Durchführung eines Gerichtsverfahrens verursacht den Parteien keine anderen Kosten als den Betrag ihrer üblichen Beiträge an das Budget des Internationalen Gerichtshofes.

Artikel 34 bezieht sich auf die möglichen Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung und Anwendung der Bestimmungen des Vertrages. Jede Partei kann solche Meinungsverschiedenheiten dem Internationalen Gerichtshof unterbreiten. Diese Anrufung hat aufschiebende Wirkung. Der Entscheid ist für die Parteien verbindlich und muss von ihnen sofort und gutgläubig vollzogen werden.

Artikel 35 betrifft die Ratifizierung und bestimmt, dass der Vertrag mit dem Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft tritt. Der Vertrag ist auf fünf Jahre abgeschlossen und gilt, falls er nicht sechs Monate 's or Ablauf dieser Frist gekündigt wird, für jeweils eine neue Periode v on fünf Jahren erneuert. Läuft der Vertrag ab während ein Vergleichs-, Gerichts- oder Schiedsverfahren hängig ist, so wird dieses auf Grund seiner Bestimmungen oder derjenigen jeder anderen von den Parteien an seiner Stelle vereinbarten Übereinkunft zu Ende gefuhrt.

2. Wie bereits gesagt, weichen die Bestimmungen der Verträge mit Costa Rica, Grossbritannien, Israel, Liberia und Madagaskar in einzelnen Punkten vom eben besprochenen Musterentwurf ab.

a. Der Vergleichs-, Gerichts- und Schiedsvertrag mit Costa Rica enthält lediglich im Kapitel über die allgemeinen Bestimmungen einige Abweichungen vom Musterentwurf. Die
Regierung \ on Costa Rica hat den Wunsch geäussert, der Vertrag solle gewisse Bestimmungen aus dem als « Pakt von Bogota » bekannten interamerikanischen Übereinkommen zur friedlichen Beilegung von Streitigkeiten von 1948 übernehmen. Soweit diese nicht mit dem allgemeinen Volkerrecht unvereinbar sind, haben wir diesem Wunsche entsprochen. Daraus hat sich die Aufnahme von zwei neuen Artikeln in den Vertrag gegeben.

Im Gegensatz zum Musterentwurf sieht Artikel 25 in Absatz 2 vor, dass nur der Internationale Gerichtshof darüber befinden kann, ob eine Streitigkeit unter eine der in Absatz l erwähnten Kategorien fällt (vor Inkrafttreten des Vertrages entstandene Streitigkeiten oder solche, deren Gegenstand nach Völkerrecht der ausschliesslichen Zuständigkeit der Staaten unterliegt).

Bundesblatt. 117.Jahrg.Bd.in.

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Artikel 26 ist neu und gibt die Bestimmung des Paktes von Bogota wieder, dass bereits durch eine Vereinbarung zwischen den Parteien, einen Schiedsspruch oder ein Urteil eines internationalen Gerichts geregelte Streitigkeiten nicht mehr Gegenstand eines der im Vertrage vorgesehenen Verfahren sein können, es sei denn, es handle sich darum, über die Auslegung oder Anwendung einer solchen Vereinbarung, eines solchen Schiedsspruches oder eines solchen Urteils zu befinden.

Artikel 27 ist ebenfalls neu und bestätigt, dass solange bezüglich einer Streitigkeit auf Grund einer Vereinbarung der Parteien oder des vorliegenden Vertrages ein Verfahren hängig ist, bis zu dessen Abschluss kein anderes Verfahren eingeleitet werden darf.

Artikel 28 entspricht Artikel 26 des Musterentwurfes und enthält gegenüber diesem einen Zusatz zu Absatz l, der besagt, dass auch bei Erschöpfung des internen Instanzenzuges im Falle einer Streitigkeit, deren Gegenstand nach dem internen Recht einer Vertragspartei in die Zuständigkeit ihrer gerichtlichen oder Verwaltungsbehörden fällt, diese Streitigkeit nur dann einem der im Vertrage vorgesehenen Verfahren unterworfen werden kann, wenn eine Rechtsverweigerung oder eine Verletzung der Regeln oder Grundsätze des Völkerrechts vorliegt.

b. Der Vergleichs-, Gerichts- und Schiedsvertrag mit Grossbritannien enthält gegenüber dem Musterentwurf die weitreichendsten Abweichungen.

Auf Wunsch der britischen Behörden wurde der obligatorische Charakter des Schiedsverfahrens aufgehoben und dieses überdies in seinem Anwendungsbereich auf rechtliche Streitigkeiten beschränkt. Dies hat zur Folge, dass für nichtrechtliche Streitigkeiten nur noch ein obligatorisches Verfahren in Frage kommt, nämlich das Vergleichsverfahren. Führt dieses nicht zum Ziele, so besteht lediglich noch die Möglichkeit, den Fall im gemeinsamen Einvernehmen dem Internationalen Gerichtshof gemäss Artikel 14, Absatz 3 des Vertrages zu unterbreiten.

Ebenfalls auf Wunsch der britischen Behörden kann das Gerichtsverfahren nicht angerufen werden, wenn eine Streitigkeit ihre Ursache in einem Kriege, einem Kriegszustand oder einer kriegerischen oder militärischen Besetzung hat oder damit zusammenhängt, an denen eine Vertragspartei beteiligt ist oder sein wird. Diese Regelung, die in einem dem Vertrag beigefügten Briefwechsel
enthalten ist, entspricht einem von Grossbritannien anlässlich seiner Anerkennung der obligatorischen Gerichtsbarkeit des Internationalen Gerichtshofes gemachten Vorbehalt.

Schliesslich wurde vom britischen Verhandlungspartner angeregt, dem eigentlichen Vertragstext eine Reihe von Verfahrensvorschriften für das Vergleichs- und Gerichtsverfahren beizufügen. Diese Verfahrensregeln bilden die Anlagen I und II zum Vertrag und gelangen zur Anwendung, wenn die Parteien im Einzelfalle nichts anderes vorschreiben. Inhaltlich entsprechen sie den in solchen Fällen allgemein üblichen Vorschriften. Hinsichtlich des Schiedsverfahrens sind überdies einige Verfahrensregeln in den Vertragstext selbst aufgenommen worden.

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Im einzelnen möchten wir auf folgende Artikel des Vertrages mit Grossbritannien näher eingehen.

Artikel l beschränkt die Anwendung des Schiedsverfahrens auf rechtliche Streitigkeiten (Abs. 3). Artikel 3 betreffend das bei der Ernennung der Mitglieder der Ständigen Vergleichskommission zu befolgende Verfahren, Artikel 4 über die Ersetzung der von jeder Partei ernannten Kommissionsmitglieder durch Sachverständige auf dem Gebiet, das Gegenstand einer bestimmten Streitigkeit ist, und Artikel 5 betreffend die Modalitäten der Bestellung der Kommission in den Fällen, in denen eine Partei ihren Verpflichtungen nicht nachkommt, enthalten einige ergänzende Angaben gegenüber dem Musterentwurf. Artikel 7 bestimmt unter anderem, dass die in Anlage I enthaltenen Verfahrensregeln zur Anwendung gelangen, falls die Kommission nicht im Einvernehmen mit den Parteien etwas anderes beschliesst. Artikel 10 enthält einen neuen Absatz 2, der vorsieht, dass in dringenden Fällen der Vorsitzende der Kommission in einer Verfahrensfrage entscheiden kann. Artikel 13 schliesslich ist ein neuer Absatz 5 beigefügt worden, der auf einer Resolution des Instituts für Internationales Recht aus dem Jahre 1961 beruht, die auf Wunsch Grossbritanniens übernommen wurde. Die neue Bestimmung sieht vor, dass bei Misslingen des Vergleichsverfahrens die Parteien weder an ihre eigenen in seinem Verlauf gemachten Vorschläge gebunden sind, noch an diejenigen der Kommission und dass bei einem Erfolg des Verfahrens eine Partei dadurch, dass sie die Schlussfolgerungen der Kommission annimmt, die rechtlichen und tatsächlichen Erwägungen nicht übernimmt, auf denen diese beruhen.

Tiefgreifende Abweichungen gegenüber dem Mustervertrag enthält insbesondere das Kapitel über das Schiedsverfahren. Artikel 15 sieht vor, dass die Parteien im gemeinsamen Einvernehmen eine rechtliche Streitigkeit dem Schiedsverfahren unterwerfen können. Die Artikel 17, 18 und 19 (Ernennung der Schiedsrichter, Ersetzung der nationalen Schiedsrichter und Füllung vorübergehender oder endgültiger Vakanzen) enthalten Ergänzungen, die denjenigen in den Artikeln 3, 4 und 5 betreffend die Vergleichskommission entsprechen. In Artikel 20 fehlt der im Musterentwurf vorgesehene Absatz 2 über die Möglichkeit der einseitigen Anrufung des Schiedsgerichts. Artikel 22 sieht vor, dass die in
Anlage II enthaltenen Verfahrensregeln zur Anwendung gelangen, wenn der zwischen den Parteien abgeschlossene Vertrag über die Anrufung des Schiedsgerichts keine Vorschriften für das Verfahren aufstellt. Artikel 23 ist das Gegenstück zu Artikel 9 betreffend das Vergleiche erfahren, Artikel 24 entspricht dem Artikel 10 und Artikel 25 dem Artikel 12. Alle drei sind gegenüber dem Musterentwurfneu und waren ursprünglich in der Anlage II enthalten, aus der sie dann in den eigentlichen Vertragstext übernommen wurden. Auch Artikel 27 ist neu.

Er bestimmt, dass der Schiedsspruch eine Begründung enthalten muss und dass jeder Partei eine Abschrift davon zuzustellen ist. In Artikel 26 fehlt der im entsprechenden Artikel 24 des Musterentwurfes enthaltene Absatz l über die bei der Beurteilung nicht rechtlicher Streitigkeiten zu befolgenden Regeln.

Das Kapitel über die allgemeinen Bestimmungen entspricht im grossen ganzen demjenigen des Musterentwurfes. Es sind ihm lediglich zwei zusätzliche

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Artikel beigefügt worden. Artikel 35 sieht die Möglichkeit eines Revisionsverfahrens für den Fall vor, dass nachträglich neue Tatsachen bekannt werden, welche einen bestimmenden Einfluss auf das Urteil des Internationalen Gerichtshofes oder den Schiedsspruch des Schiedsgerichtes ausgeübt hätten. Die Revision muss innert 6 Monaten nach Bekanntwerden der neuen Tatsache verlangt werden und ist nur während 10 Jahren nach Eröffnung des Urteils oder Schiedsspruches möglich. Für das Vergleichsverfahren ist, entsprechend der besonderen Wesensart desselben, eine Revision nicht möglich.

Artikel 39 schliesslich behandelt das Verhältnis des Vertrages zu den überseeischen Gebieten, für deren auswärtige Beziehungen Grossbritannien verantwortlich ist. Es besteht die Möglichkeit, den Vertrag durch Notenwechsel zwischen den Vertragsparteien als auf solche Gebiete anwendbar zu erklären.

c. Auch der Vergleichs-, Gerichts- und Schiedsvertrag mit Israel enthält gewisse Abweichungen vom Musterentwurf. Diese beruhen meist auf dem von der israelischen Regierung geäusserten Wunsche, den Wortlaut nach Möglichkeit demjenigen des Statuts und des Reglements des Internationalen Gerichtshofes anzupassen. Wir können uns daher auf die drei folgenden Punkte beschränken : Artikel 3 enthält einen neuen Absatz 3, in dem festgehalten wird, dass ein Mitglied der Vergleichskommission, das anstelle eines infolge Todesfalles, Rücktritts oder aus einem anderen Grunde ausgeschiedenen Mitgliedes ernannt wird, den Platz seines Vorgängers nur für den Rest der noch nicht abgelaufenen Amtsdauer einnimmt.

Artikel 24 über das vom Schiedsgericht anzuwendende Recht enthält in Absatz l nur einen Hinweis auf Artikel 38, Absatz l des Statuts des Internationalen Gerichtshofes und erwähnt die einzelnen dort angegebenen Quellen des Völkerrechts nicht. Was die nichtrechtlichen Streitigkeiten betrifft (Absatz 2), so hat das Schiedsgericht wohl die Möglichkeit, nicht aber die Pflicht nach Billigkeit zu urteilen und in seinen Entscheiden auf die allgemeinen Rechtsgrundsätze abzustellen. Im Gegensatz zum Musterentwurf, in dem das Schiedsgericht nach Billigkeit entscheiden muss, kann dieses im Falle des Vertrages mit Israel seinen Spruch auf Grund bestehenden Rechts fällen. Die mögliche Härte einer solchen rein rechtlichen Entscheidung wird allerdings dadurch
gemildert, dass das Schiedsgericht die Interessen der Streitparteien in angemessener Weise berücksichtigen muss. Im vorliegenden Falle kommt daher ein Schiedsspruch in einer nichtrechtlichen Streitigkeit hinsichtlich seiner Substanz und Begründung einem Gerichtsurteil sehr nahe, wenn er sich auch von diesem in seiner Wesensart unterscheidet.

Artikel 31 enthält mehr Einzelheiten als der Musterentwurf über Begehren auf Auslegung eines Urteils des Internationalen Gerichtshofes oder eines Spruches des Schiedsgerichts. Insbesondere erhält das Schiedsgericht die ausdrückliche Befugnis, die Vorschriften des Reglements des Internationalen Gerichtshofes über die Auslegung seiner Urteile analog auf Schiedssprüche anzuwenden.

d. Der Vergleichs-, Gerichts- und Schiedsvertrag mit Liberia weicht vom Musterentwurf nur in einem Punkte ab : die Vergleichskommission ist kein per-

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manentes Organ sondern wird, wie das Schiedsgericht, \ on Fall zu Fall bestellt.

Trotz der weiter oben erwähnten Vorteile eines ständigen Organs, dem die Parteien ohne Verzug eine Streitigkeit unterbreiten können, glaubten wir der von der liberischen Regierung vorgeschlagenen Umwandlung der Kommission in ein ad-hoc-Organ zustimmen zu können, da das unserem Musterentwurf zugrundeliegende System wie auch der obligatorische Charakter der Verfahren zur friedlichen Beilegung ohne sonstige Änderungen beibehalten worden sind. Überdies sehen auch einige von der Schweiz nach dem ersten Weltkrieg abgeschlossene Schiedsverträge nichtständige Vergleichskommissionen vor.

Infolge dieser Spezialregelung weichen folgende Artikel des Vertrages mit Liberia vom Musterentwurf ab : Artikel 2 bestimmt, dass die Parteien von Fall zu Fall eine Vergleichskommission bestellen (Abs. 1), die sich, wie im Musterentwurf, aus fünf Mitgliedern zusammensetzt. Zwei davon werden von den Parteien ernannt, während die drei ändern im gemeinsamen Einvernehmen unter Angehörigen dritter Staaten bezeichnet werden (Abs. 2) und einer von ihnen durch die Parteien gemeinsam zum Vorsitzenden ernannt wird (Abs. 3).

Da die Kommission nicht ständig ist, nimmt das Mandat ihrer Mitglieder mit dem Abschluss des Verfahrens ein Ende (Art. 3) und wird nicht nach einiger Zeit stillschweigend erneuert.

Anderseits hat die den Parteien gewährte Möglichkeit, ihr Kommissionsmitglied durch einen Sachverständigen auf dem Gebiet des Streitgegenstandes zu ersetzen, keinen Sinn mehr, so dass Artikel 4 des Musterentwurfes weggefallen ist.

Endlich läuft die Frist für die Bestellung der Kommission nicht vom Zeitpunkt des Inkrafttretens des Vertrages, sondern vom Tage an, an dem eine Partei der ändern ihre Absicht, ein Vergleichsverfahren einzuleiten, notifiziert hat. Diese Frist beträgt drei Monate (Art. 4, Abs. 1). Das Ernennungsverfahren für den Fall, dass die Parteien nichts unternehmen, ist das gleiche wie für die ständigen Kommissionen, wobei lediglich der Fall der Ersetzung der Mitglieder bei Ablauf ihres Mandates keine Berücksichtigung mehr findet (Art. 4, Abs. 3 und 4).

Im übrigen ist dieser Vertrag, der vierunddreissig Artikel enthält, mit dem Musterentwurf identisch.

e. Der Vergleichs-, Schieds- und Gerichtsvertrag mit Madagaskar enthält nur 28
Artikel. Diese gekürzte Fassung trägt dem Wunsche der madagassischen Behörden Rechnung, die Regelung der Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten möglichst knapp zu halten. Die Kürzungen erstrecken sich denn auch nur auf die betreffenden Kapitel, während dasjenige über die allgemeinen Bestimmungen, abgesehen von einer Änderung, dem Musterentwurf entspricht.

Die madagassischen Behörden hatten vorerst den Wunsch geäussert, die Ständige Vergleichskommission sollte sich nur aus drei Mitgliedern zusammensetzen. Dies hätte jedoch dem Grundgedanken, dass innerhalb einer solchen Kommission das neutrale Element überwiegen sollte, widersprochen. Schliess-

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lieh konnten wir in diesem Punkte mit unserer Auffassung durchdringen. Das Kapitel II enthält somit die im Musterentwurf vorgesehene Regelung, deren Darlegung jedoch kürzer gefasst wurde und nur noch 7 Artikel umfasst.

Bezüglich des Gerichtsverfahrens machten die madagassischen Behörden geltend, dessen Durchführung sei für ein geographisch abgelegenes Land wie Madagaskar mit grossen Umtrieben und Kosten verbunden. Sie schlugen daher die Streichung des dritten Kapitels des Musterentwurfes vor. Aus den bereits weiter oben dargelegten Gründen konnten wir einen so weitgehenden Einbruch in das System unseres Musterentwurfes nicht zulassen. Schliesslich konnte eine Einigung in dem Sinne erzielt werden, dass auf den obligatorischen Charakter des Gerichtsverfahrens verzichtet wurde und sämtliche Streitigkeiten, seien sie rechtlicher oder nichtrechtlicher Natur, in erster Linie einem Schiedsverfahren unterworfen werden (Art. 11, Abs. 1), das in beiden Fällen auch durch einseitige Klage eingeleitet werden kann (Art. 11, Abs. 3). Dagegen kann ein Verfahren vor dem Internationalen Gerichtshof nur im gemeinsamen Einvernehmen der Parteien durchgeführt werden (Art. 11, Abs. 4). Diese Lösung hat zur Folge, dass im Titel des Vertrages das Schiedsverfahren den Vorrang vor dem Gerichtsverfahren erhält und dass die beiden Kapitel über das Gerichts- und Schiedsverfahren zu einem einzigen verschmolzen wurden. Auch hier wurden die im Musterentwurf enthaltenen Regeln in gekürzter Form wiedergegeben, so dass das neue Kapitel ebenfalls nur 7 Artikel enthält.

Im Kapitel über die allgemeinen Bestimmungen sieht Artikel 27 im Gegensatz zu Artikel 34 des Musterentwurfes vor, dass Meinungsverschiedenheiten über die Anwendung und Auslegung des Vertrages grundsätzlich nicht dem Internationalen Gerichtshof sondern dem Schiedsgericht zu unterbreiten sind.

Der Internationale Gerichtshof kann auch in solchen Fällen nur im gemeinsamen Einvernehmen der Parteien angerufen werden.

IV Auf Grund der eben besprochenen acht Verträge lässt sich eine erste Bilanz unserer Initiative aus dem Jahre 1959 ziehen. Wie gesagt, verfolgte diese hauptsächlich zwei Ziele, nämlich die Ausdehnung des Systems der bilateralen Schiedsverträge auf aussereuropäische Gebiete und insbesondere auf die neuen Staaten Asiens und Afrikas und die Schliessung gewisser
noch vorhandener Lükken im Netz der bestehenden Verträge mit europäischen Staaten. Diese beiden Ziele konnten bereits bis zu einem gewissen Grade erreicht werden. Einerseits haben fünf afrikanische, ein lateinamerikanischer und ein mittelöstlicher Staat einen Schiedsvertrag mit der Schweiz abgeschlossen, andererseits konnte mit einem wichtigen europäischen Staat, der sich bisher weigerte, uns gegenüber auf diesem Gebiet eine Bindung einzugehen, ebenfalls ein solcher Vertrag unterzeichnet werden. Relativ gering war das Echo auf unsere Vorschläge bisher nur in Asien. Es ist jedoch zu hoffen, dass im Anschluss an die bisher abgeschlossenen Verträge auch einige asiatische Staaten mehr Interesse für den Abschluss eines Schiedsvertrages zeigen werden.

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Vergleichen wir die vorliegenden acht Verträge mit denjenigen, die vor dem zweiten Weltkrieg abgeschlossen wurden, so zeigt es sich, dass es sich lohnte, den Verhandlungen einen einheitlichen Musterentwurf zugrunde zu legen. Zwar mussten in gewissen Fällen nicht unbedeutende Abweichungen von diesem Text in Kauf genommen werden, doch wurde erreicht, dass alle acht Verträge sich durchaus im Rahmen der zu Beginn dieser Ausführungen dargelegten grundsätzlichen Richtlinien halten. Es konnte somit eine Einheitlichkeit der Konzeption erzielt werden, die bei den früheren Verträgen fehlt. Dieses Resultat ist angesichts der Tatsache, dass die Vertragspartner aus sehr verschiedenartigen Kulturkreisen stammen, besonders erfreulich.

Gestützt auf diese Erwägungen beehren wir uns, Ihnen die Genehmigung der Vergleichs-, Gerichts- und Schiedsverträge mit Costa Rica, Elfenbeinküste, Grossbritannien, Israel, Kamerun, Liberia, Madagaskar und Niger durch Annahme des beiliegenden Bundesbeschlussentwurfes zu beantragen.

Die Verfassungsmässigkeit der Vorlage ergibt sich aus Artikel 8 der Bundesverfassung, durch den der Bund zum Abschluss von Staatsverträgen mit fremden Staaten ermächtigt wird. Die Zuständigkeit der Bundesversammlung beruht auf Artikel 85, Ziffer 5 der Bundesverfassung. Da die Ihrer Genehmigung unterbreiteten Verträge nach Ablauf von 5 Jahren gekündigt werden können, fällt der beantragte Bundesbeschluss nicht unter die Bestimmung von Artikel 89, Absatz 4 der Bundesverfassung über das fakultative Staatsvertragsreferendum.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 23. November 1965.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident : Tschudi Der Bundeskanzler : Ch. Oser

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(Entwurf)

Bundesbeschluss betreffend Genehmigung der Vergleichs-, Gerichtsund Schiedsverträge mit Costa Rica, Elfenbeinküste, Grossbritannien, Israel, Kamerun, Liberia, Madagaskar und Niger

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf die Artikel 8 und 85, Ziffer 5 der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 23. November 1965, beschliesst: Einziger Artikel 1

-

Es werden genehmigt : der Vergleichs-, Gerichts- und Schiedsvertrag mit Costa-Rica, vom 15. Januar 1965; der Vergleichs-, Gerichts- und Schiedsvertrag mit der Elfenbeinküste, vom 22. Oktober 1962; der Vergleichs-, Gerichts- und Schiedsvertrag mit Grossbritannien, vom 7. Juli 1965; der Vergleichs-, Gerichts- und Schiedsvertrag mit Israel, vom 2. August 1965; der Vergleichs-, Gerichts- und Schiedsvertrag mit Kamerun, vom 22. Januar 1963; der Vergleichs-, Gerichts- und Schiedsvertrag mit Liberia, vom 23. Juli 1963; der Vergleichs-, Schieds- und Gerichtsvertrag mit Madagaskar, vom l I.Mai 1965; der Vergleichs-, Gerichts- und Schiedsvertrag mit Niger, vom 2. August 1963.

2

8537

Der Bundesrat wird ermächtigt, diese Verträge zu ratifizieren.

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Vergleichs-, Gerichts- und Schiedsvertrag zwischen der Schweiz und Costa Rica

Der Schweizerische Bundesrat und die Regierung von Costa Rica, vom Wunsche geleitet, die zwischen der Schweiz und Costa Rica bestehenden Bande der Freundschaft zu festigen und im Dienste des Friedensgedankens die Verfahren zur friedlichen Beilegung internationaler Streitigkeiten zu fördern, haben beschlossen, zu diesem Zweck einen Vertrag abzuschliessen, und haben zu ihren Bevollmächtigten ernannt : Der Schweizerische Bundesrat: Herrn Jean Humbert, Schweizerischer Botschafter in Costa Rica; Der Präsident der Republik Costa Rica Herr Francisco J. Orlich : Herrn Mario Gomez Calvo, Aussenminister; die, nachdem sie sich ihre Vollmachten mitgeteilt und in gehöriger Form befunden haben, folgende Bestimmungen vereinbart haben : Kapitel I Grundsatz der friedlichen Beilegung von Streitigkeiten Artikel l 1. Die Hohen Vertragsparteien verpflichten sich, alle zwischen ihnen entstehenden Streitigkeiten irgendwelcher Art, die nicht binnen angemessener Frist auf diplomatischem Wege beigelegt werden können, einem Vergleichsverfahren zu unterwerfen.

2. Kommt ein Vergleich nicht zustande, so werden die Streitigkeiten gemäss den Bestimmungen dieses Vertrages einem Gerichts- oder einem Schiedsverfahren unterworfen.

3. Es steht jedoch den Hohen Vertragsparteien jederzeit frei zu vereinbaren, dass eine bestimmte Streitigkeit unmittelbar durch den Internationalen Gerichtshof oder durch ein Schiedsgericht beizulegen ist, ohne dass zuvor das oben vorgesehene Vergleichsverfahren durchgeführt wird.

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Kapitel II Vergleichsverfahren Artikel 2 1. Die Hohen Vertragsparteien setzen eine aus fünf Mitgliedern bestehende Ständige Vergleichskommission (nachstehend Kommission genannt) ein.

2. Jede von ihnen ernennt ein Mitglied, das sie unter ihren Staatsangehörigen auswählen kann. Die drei ändern Mitglieder werden von den Vertragsparteien im gegenseitigen Einvernehmen unter den Angehörigen von Drittstaaten bezeichnet; sie müssen Angehörige verschiedener Staaten sein und dürfen weder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien haben noch in deren Dienst stehen.

3. Der Vorsitzende der Kommission wird von den Vertragsparteien aus der Mitte der gemeinsam bezeichneten Mitglieder ernannt.

Artikel 3 1. Die Mitglieder der Kommission werden für drei Jahre ernannt. Sie bleiben im Amt bis sie ersetzt werden und in jedem Fall bis sie die im Zeitpunkt des Erlöschens ihres Mandates noch hängigen Arbeiten abgeschlossen haben. Sind sie bei Ablauf der Frist von drei Jahren nicht ersetzt worden, so gelten sie als für eine weitere Periode von drei Jahren ernannt, und so fort.

2. Sitze, die durch Todesfall, Rücktritt oder sonstige Verhinderung frei werden, sind innert kürzester Frist nach dem für die Ernennung vorgesehenen Verfahren wieder zu besetzen.

3. Falls eines der Mitglieder der Vergleichskommission infolge Krankheit oder aus irgendeinem ändern Grund verhindert sein sollte, an den Arbeiten der Kommission teilzunehmen, bezeichnen die Vertragspartei oder die Vertragsparteien, die das betreffende Mitglied ernannt haben, einen Stellvertreter, der vorübergehend seinen Platz einnimmt.

Artikel 4 1. Innert 15 Tagen nachdem ein Vergleichsbegehren der Kommission notifiziert worden ist, kann jede der Hohen Vertragsparteien das von ihr bezeichnete Mitglied durch eine Person ersetzen, die hinsichtlich des Gegenstandes der Streitigkeit besondere Sachkenntnisse besitzt.

2. Die Vertragspartei, die von diesem Recht Gebrauch zu machen wünscht, hat unverzüglich die Gegenpartei davon zu benachrichtigen ; in diesem Fall kann diese letztere innert fünfzehn Tagen nach Erhalt der Notifikation vom gleichen Recht Gebrauch machen.

Artikel 5 1. Die Kommission ist innert sechs Monaten nach Austausch der Ratifikationsurkunden zum vorliegenden Vertrag zu bestellen.

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2. Erfolgt die Ernennung der gemeinsam zu bezeichnenden Kommissionsmitglieder nicht innert dieser Frist, oder im Falle einer Ersetzung innert drei Monaten nach Freiwerden des Sitzes, so wird auf Begehren der einen oder ändern Vertragspartei der Präsident des Internationalen Gerichtshofes mit der Vornahme der notwendigen Ernennungen betraut. Ist der Präsident des Gerichtshofes verhindert oder ist er Staatsangehöriger einer Vertragspartei, so wird der Vizepräsident des Gerichtshofes mit dieser Aufgabe betraut; ist dieser letztere verhindert oder ist er Staatsangehöriger einer Vertragspartei, so wird das amtsälteste Mitglied des Gerichtshofes, das nicht Staatsangehöriger einer Vertragspartei ist, diese Ernennungen vornehmen.

3. Erfolgt die Ernennung der von jeder Vertragspartei zu bezeichnenden Kommissionsmitglieder nicht innert der in Absatz l vorgesehenen Frist oder, im Falle der Ersetzung, innert drei Monaten nach Freiwerden des Sitzes, so werden die Kommissionsmitglieder gemäss dem in Absatz 2 dieses Artikels vorgesehenen Verfahren ernannt.

4. Wird der Vorsitzende der Kommission von den Vertragsparteien nicht innert zwei Monaten nach Bestellung der Kommission bezeichnet, so wird er gemäss dem in Absatz 2 dieses Artikels vorgesehenen Verfahren ernannt.

Artikel 6 1. Streitigkeiten werden der Kommission durch ein an den Vorsitzenden gerichtetes Begehren der einen Vertragspartei unterbreitet. Das Begehren wird von dieser Partei unverzüglich der anderen Vertragspartei notifiziert.

2. Das Begehren enthält nach einer summarischen Darlegung des Streitgegenstandes das Ersuchen an die Kommission alle Massnahmen zu treffen, die zu einem Vergleich führen können.

Artikel 7 Sofern die Hohen Vertragsparteien nichts anderes vereinbaren, tritt die Kommission an dem von ihrem Vorsitzenden bezeichneten Ort zusammen.

Artikel 8 Sofern nichts anderes vereinbart ist, regelt die Kommission ihr Verfahren selbst, das auf alle Fälle kontradiktorisch sein muss. Für die Untersuchung hält sich die Kommission, sofern sie nicht einstimmig etwas anderes beschliesst, an die Bestimmungen des dritten Titels des Haager Abkommens vom 18. Oktober 1907 zur friedlichen Erledigung internationaler Streitfälle.

Artikel 9 l. Die Hohen Vertragsparteien sind bei der Kommission durch Agenten vertreten, denen es obliegt, als Mittelspersonen
zwischen ihnen und der Kommission zu wirken; die Vertragsparteien können ausserdem Rechtsbeistände und Sachverständige beiziehen, die sie zu diesem Zweck ernennen, und sie können die Anhörung aller Personen verlangen, deren Aussage ihnen nützlich erscheint.

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2. Die Kommission hat ihrerseits die Möglichkeit, von den Agenten, Rechtsbeiständen und Sachverständigen der beiden Vertragsparteien, sowie von allen Personen, die mit Zustimmung ihrer Regierung vorzuladen sie als zweckmässig erachtet, mündliche Auskünfte zu verlangen.

Artikel 10 Sofern die Hohen Vertragsparteien nichts anderes beschliessen, werden die Entscheide der Kommission mit Stimmenmehrheit getroffen; ausser in Verfahrensfragen ist die Kommission nur dann beschlussfähig, wenn alle ihre Mitglieder anwesend sind.

Artikel!!

Die Hohen Vertragsparteien erleichtern die Arbeiten der Kommission und lassen ihr insbesondere in möglichst weitgehendem Ausmass alle sachdienlichen Dokumente und Auskünfte zukommen. Sie setzen die ihnen zu Gebote stehenden Mittel ein, um ihr zu ermöglichen, auf ihrem Hoheitsgebiet und gemäss ihren Rechtsvorschriften Zeugen und Sachverständige vorzuladen und einzuvernehmen sowie Augenscheine vorzunehmen.

Artikel 12 Die Arbeiten der Kommission werden nur veröffentlicht, wenn es die Kommission mit Zustimmung der Hohen Vertragsparteien beschliesst.

Artikel 13 1. Die Kommission hat zur Aufgabe die streitigen Fragen zu klären, zu diesem Zwecke mittels einer Untersuchung oder auf andere Weise alle sachdienlichen Auskünfte beizubringen und sich zu bemühen, einen Vergleich zwischen den Vertragsparteien herbeizuführen.

2. Die Kommission erstattet ihren Bericht innert sechs Monaten nach dem Tage, an dem ihr eine Streitigkeit unterbreitet worden ist, es sei denn, die Hohen Vertragsparteien beschliessen im gemeinsamen Einvernehmen eine Verlängerung dieser Frist. Wenn immer die Umstände es gestatten, enthält der Bericht einen Vorschlag für die Beilegung der Streitigkeit.

3. Jeder Vertragspartei wird eine Ausfertigung des Berichts übergeben.

4. Die Kommission bestimmt eine Frist, innerhalb welcher die Vertragsparteien sich zu ihren Vorschlägen zu äussern haben. Diese Frist hat drei Monate nicht zu überschreiten.

Kapitel III Gerichtsverfahren Artikel 14 l. Hat das Vergleichsverfahren nicht zum Ziel geführt oder haben die Hohen Vertragsparteien vereinbart, auf ein vorgängiges Vergleichsverfahren zu verzichten, so können sie sich im gemeinsamen Einvernehmen oder durch einseitige

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Klage gemäss den Bestimmungen seines Statuts an den Internationalen Gerichtshof wenden, sofern die Streitigkeit rechtlicher Natur ist und zum Gegenstand hat: a. die Auslegung eines Vertrages ; b. irgendwelche Fragen des Völkerrechts ; c. das Bestehen einer Tatsache, die, wenn sie bewiesen wäre, die Verletzung einer internationalen Verpflichtung bedeuten würde; d. die Art oder den Umfang einer, wegen Verletzung einer internationalen Verpflichtung geschuldeten Wiedergutmachung.

2, Im Falle einer Meinungsverschiedenheit über die Zuständigkeit des Gerichtshofes entscheidet der Gerichtshof.

3. Die Parteien können vereinbaren, dem Gerichtshof auch solche Streitigkeiten zu unterbreiten, die unter keine der in Absatz l erwähnten Kategorien fallen. Durch diese Bestimmung wird die Fähigkeit des Gerichtshofes, mit Zustimmung der Parteien ex aequo et bono zu entscheiden, nicht beeinträchtigt.

Kapitel IV Schiedsverfahren Artikel 15 1. Alle nicht unter Artikel 14 fallenden Streitigkeiten, bezüglich welcher die Parteien sich innert drei Monaten nach Abschluss der Arbeiten der im Kapitel II vorgesehenen Vergleichskommission nicht verständigt haben, können vor ein Schiedsgericht gebracht werden, das in jedem einzelnen Fall und sofern die Vertragsparteien nicht etwas anderes v ereinbaren, in nachstehend angegebener Weise bestellt wird.

2. Die Hohen Vertragsparteien können vereinbaren, eine Streitigkeit rechtlicher Natur dem in diesem Kapitel vorgesehenen Schiedsverfahren zu unterstellen.

Artikel 16 1. Das Schiedsgericht besteht aus fünf Mitgliedern. Jede Vertragspartei ernennt ein Mitglied, das sie unter ihren Staatsangehörigen auswählen kann. Die drei anderen Schiedsrichter werden von den Vertragsparteien im gemeinsamen Einvernehmen unter den Angehörigen von Drittstaaten bezeichnet; sie müssen Angehörige verschiedener Staaten sein und dürfen weder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien haben noch in deren Diensten stehen.

2. Der Präsident des Schiedsgerichts wird von den Vertragsparteien aus der Mitte der gemeinsam bezeichneten Schiedsrichter ernannt.

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Artikel 17 1. Erfolgt die Ernennung der gemeinsam zu bezeichnenden Mitglieder des Schiedsgerichts nicht innert drei Monaten, nachdem die eine Vertragspartei die andere um Bestellung eines Schiedsgerichts ersucht hat, so wird der Präsident des Internationalen Gerichtshofes auf Begehren der einen oder anderen Vertragspartei mit der Vornahme der notwendigen Ernennungen betraut. Ist der Präsident des Gerichtshofes verhindert oder besitzt er die Staatsangehörigkeit einer Vertragspartei, so wird diese Aufgabe dem Vizepräsidenten des Gerichtshofes übertragen; ist dieser verhindert oder Staatsangehöriger einer Vertragspartei, so nimmt das amtsälteste Mitglied des Gerichtshofes, das nicht Staatsangehöriger einer Vertragspartei ist, diese Ernennungen vor.

2. Erfolgt die Ernennung der von jeder Vertragspartei zu bezeichnenden Mitglieder des Schiedsgerichts nicht innert drei Monaten nachdem die eine Vertragspartei die andere um Bestellung eines Schiedsgerichts ersucht hat, so werden sie nach dem im vorangehenden Absatz vorgesehenen Verfahren bezeichnet.

3. Wird der Präsident des Schiedsgerichts von den Vertragsparteien nicht innert zwei Monaten nach der Bestellung des Gerichtes bezeichnet, so wird er nach dem in Absatz l dieses Artikels vorgesehenen Verfahren ernannt.

Artikel 18 1. Ist das Schiedsgericht einmal bestellt, so bleibt seine Zusammensetzung bis und mit der Urteilseröffnung die gleiche.

2. Jede Vertragspartei hat jedoch die Möglichkeit, den von ihr ernannten Schiedsrichter zu ersetzen, solange das Verfahren vor dem Schiedsgericht nicht eröffnet ist. Ist das Verfahren einmal eröffnet, so kann ein Schiedsrichter nur im gemeinsamen Einvernehmen der Vertragsparteien ersetzt werden.

3. Das Verfahren gilt als eröffnet, wenn der Präsident des Schiedsgerichts seine erste'Verfügung erlassen hat.

Artikel 19 1. Sitze, die durch Todesfall, Rücktritt oder sonstige Verhinderung frei werden, sind innert kürzester Frist nach dem für die Ernennung vorgesehenen Verfahren wieder zu besetzen.

2. Jede Vertragspartei behält sich vor, sofort einen Stellvertreter zu ernennen, um den von ihr bezeichneten Schiedsrichter vorübergehend zu ersetzen, der infolge Krankheit oder aus irgendeinem anderen Grunde vorübergehend verhindert ist, an den Sitzungen teilzunehmen. Die Vertragspartei, die von diesem Recht Gebrauch zu
machen wünscht, setzt unverzüglich die Gegenpartei in Kenntnis.

Artikel 20 1. Die Hohen Vertragsparteien schliessen in jedem einzelnen Fall einen Schiedsvertrag ab, in dem der Streitgegenstand, die Befugnisse des Schieds-

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gerichts, das zu befolgende Verfahren sowie alle ändern von ihnen festgesetzten Bedingungen niedergelegt sind.

2. Der Schiedsvertrag wird durch Notenwechsel zwischen den Regierungen der Vertragsparteien abgeschlossen.

Artikel 21 Das Schiedsgericht besitzt die erforderliche Zuständigkeit zur Auslegung des Schiedsvertrages.

Artikel 22 Fehlen im Schiedsvertrag genügende Hinweise und Angaben bezüglich der in Artikel 20 bezeichneten Punkte, so wird das Verfahren durch das dritte Kapitel des Statuts des Internationalen Gerichtshofes (Artikel 39 bis 64) und Titel II des Réglementes des Internationalen Gerichtshofes (Artikel 31 bis 81) geregelt.

Artikel 23 Wird innert drei Monaten nach Bestellung des Schiedsgerichts kein Schiedsvertrag abgeschlossen, so wird dieses durch Klage der einen ändern Vertragspartei angerufen. Es hat die Streitigkeit zu untersuchen und einen Entscheid zu fällen.

Artikel 24 1. Ist die ihm unterbreitete Streitigkeit nicht rechtlicher Natur, so entscheidet das Schiedsgericht ex aequo et bono, wobei es sich von den allgemeinen Rechtsgrundsätzen leiten lässt und die berechtigten Interessen beider Vertragsparteien in angemessener Weise berücksichtigt.

2. Ist die Streitigkeit rechtlicher Natur, so wendet das Schiedsgericht an : a. die internationalen Übereinkünfte allgemeiner oder besonderer Natur, in denen die von den Streitparteien ausdrücklich anerkannten Normen aufgestellt worden sind; b. das internationale Gewohnheitsrecht als Ausdruck einer allgemein als Recht anerkannten Übung; c. die allgemeinen, von den Kulturstaaten anerkannten Rechtsgrundsätze; d. die gerichtlichen Entscheide und die Lehren der anerkanntesten Autoren der verschiedenen Nationen als Hilfsmittel zur Feststellung der Rechtsnormen.

Kapitel V Allgemeine Bestimmungen Artikel 25 1. Die Bestimmung dieses Vertrages finden keine Anwendung: a. auf Streitigkeiten, die vor dem Inkrafttreten dieses Vertrages zwischen den Streitparteien entstanden sind:

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b. auf Streitigkeiten über Fragen, die das Völkerrecht der ausschliesslichen Zuständigkeit der Staaten überlässt.

2. Falls Meinungsverschiedenheiten darüber bestehen, ob eine Streitigkeit sich auf eine dieser Fragen bezieht, entscheidet der Internationale Gerichtshof auf Begehren der einen oder anderen Partei.

Artikel 26 1. Die Bestimmungen dieses Vertrages sind auch nicht anwendbar auf Streitigkeiten, die bereits durch eine Abmachung der Vertragsparteien, einen Schiedsspruch oder ein Urteil eines internationalen Gerichts beigelegt worden sind.

2. Absatz l dieses Artikels gelangt nicht zur Anwendung im Falle von Streitigkeiten, die hinsichtlich der Auslegung oder der Anwendung solcher Abmachungen, Schiedssprüche oder Urteile internationaler Gerichte entstehen.

Artikel 27 Ist auf Grund einer Vereinbarung zwischen den Parteien oder in Anwendung dieses Vertrages oder eines früheren Abkommens ein Verfahren zur friedlichen Beilegung hängig, so kann vor dessen Abschluss kein anderes Verfahren eingeleitet werden.

Artikel 28 1. Handelt es sich um eine Streitigkeit, deren Gegenstand nach dem innerstaatlichen Recht einer Hohen Vertragspartei in die Zuständigkeit der Gerichtsoder Verwaltungsbehörden dieser Vertragspartei fällt, so wird die Streitigkeit dem Vergleichs-, Gerichts- oder Schiedsverfahren gemäss dem vorliegenden Vertrage erst unterbreitet, nachdem innert angemessener Frist von der zuständigen staatlichen Gerichts- oder Verwaltungsbehörde ein endgültiger Entscheid gefällt worden ist. Die Vertragsparteien verpflichten sich zu diesen Verfahren nur dann Zuflucht zu nehmen, wenn eine Rechtsverweigerung oder die Verletzung der Normen und Prinzipien des Völkerrechts geltend gemacht werden kann.

2. Ist ein Entscheid im innerstaatlichen Rechtsbereich erfolgt, so kann nach Ablauf einer Frist von fünf Jahren nach diesem Entscheid nicht mehr eines der in diesem Vertrage vorgesehenen Verfahren angerufen werden.

Artikel 29 1. In allen Fällen, in denen die Streitigkeit Gegenstand eines Gerichts- oder Schiedsverfahrens ist, namentlich wenn die zwischen den Hohen Vertragsparteien streitige Frage aus bereits erfolgten oder unmittelbar bevorstehenden Handlungen herrührt, ordnet der Internationale Gerichtshof gemäss Artikel 41 seines Statuts oder das Schiedsgericht möglichst bald an, welche vorläufigen Massnahmen
zu treffen sind. Die Streitparteien sind verpflichtet, sich daran zu halten.

2. Ist die Vergleichskommission mit der Streitigkeit befasst, so kann sie den Vertragsparteien die ihr zweckdienlich erscheinenden vorläufigen Massnahmen empfehlen.

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Artikel 30 Die Vertragsparteien enthalten sich jeglicher Massnahme, die sich auf die Durchführung des Gerichtsentscheides oder Schiedsspruches oder auf die von der Vergleichskommission vorgeschlagene Regelung nachteilig auswirken könnte, und unterlassen ganz allgemein jede Handlung, welcher Art sie auch sei, die geeignet wäre, die Streitigkeit zu verschärfen oder auszuweiten.

Artikel 31 Die Hohen Vertragsparteien leisten dem Urteil des Internationalen Gerichtshofes oder dem Spruch des Schiedsgerichts Folge. Das Urteil oder der Schiedsspruch ist sofort nach Treu und Glauben durchzuführen, sofern der Gerichtshof oder das Schiedsgericht nicht für diesen Entscheid oder für einen Teil desselben eine Frist festgesetzt hat.

Artikel 32 Steht die Durchführung eines Gerichtsurteils oder Schiedsspruches im Widerspruch zu einem Entscheid oder einer Massnahme einer gerichtlichen oder anderen Behörde einer Streitpartei und können nach dem innerstaatlichen Recht dieser Partei die Folgen dieses Entscheides oder dieser Massnahme nicht oder nur unvollkommen beseitigt werden, so bestimmt der Gerichtshof oder das Schiedsgericht Art und Umfang des der geschädigten Vertragspartei zu gewährenden Schadenersatzes.

Artikel 33 Die Schwierigkeiten, zu denen die Auslegung eines Urteils des Internationalen Gerichtshofes oder eines Schiedsspruches des Schiedsgerichts Anlass geben könnte, werden auf Begehren einer Vertragspartei innert drei Monaten, nach Eröffnung des Urteils oder Schiedsspruches dem Internationalen Gerichtshof oder dem Schiedsgericht unterbreitet, von dem dieses Urteil oder dieser Schiedsspruch gefällt wurde.

Artikel 34 1. Dieser Vertrag bleibt zwischen den Hohen Vertragsparteien auch dann anwendbar, wenn ein dritter Staat an der Streitigkeit ein Interesse hat.

2. Im Vergleichsverfahren können die Vertragsparteien im gegenseitigen Einvernehmen einen dritten Staat zur Teilnahme einladen.

3. Ist beim Gerichts- oder Schiedsverfahren ein dritter Staat der Ansicht, dass in einer Streitigkeit für ihn ein Interesse rechtlicher Natur auf dem Spiele sei, so kann er beim Internationalen Gerichtshof oder beim Schiedsgericht ein Begehren auf Beteiligung am Verfahren einreichen.

4. Der Gerichtshof oder das Schiedsgericht entscheidet.

Artikel 35 1. Während der tatsächlichen Dauer des Vergleichs- oder Schiedsverfahrens erhalten die gemeinsam bezeichneten Mitglieder der Ständigen VergleichskomBundesblatt.117.Jahrg.Bd.in.

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mission und des Schiedsgerichts eine Vergütung, deren Betrag von den Hohen Vertragsparteien festgesetzt und zu gleichen Teilen übernommen wird.

2. Jede Vertragspartei trägt ihre eigenen Kosten und einen gleichen Teil der Kosten der Ständigen Vergleichskommission und des Schiedsgerichts.

Artikel 36 1. Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung oder Durchführung dieses Vertrages werden durch einfaches Begehren dem Internationalen Gerichtshof unterbreitet.

2. Die vorstehend vorgesehene Anrufung des Internationalen Gerichtshofes bewirkt die einstweilige Einstellung des betreffenden Schieds- oder Vergleichsverfahrens, bis der verlangte Entscheid vorliegt.

3. Die Bestimmung des vorstehenden Artikels 31 findet auf den Entscheid des Gerichtshofes Anwendung.

Artikel 37 1. Dieser Vertrag bedarf der Ratifizierung. Die Ratifikationsurkunden sollen so bald wie möglich in San José ausgetauscht werden.

2. Der Vertrag tritt mit dem Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft.

Er ist auf fünf Jahre, von seinem Inkrafttreten an, abgeschlossen. Wird er nicht sechs Monate vor Ablauf dieser Frist gekündigt, so gilt er als für weitere fünf Jahre erneuert, und so fort.

3. Ist bei Beendigung dieses Vertrages ein Vergleichs-, Gerichts- oder Schiedsverfahren hängig, so nimmt es seinen Fortgang gemäss den Bestimmungen dieses Vertrages oder jedes anderen Abkommens, das von den Hohen Vertragsparteien an seiner Stelle vereinbart wird.

Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten den vorliegenden Vertrag unterzeichnet.

Geschehen in San José am 15. Januar 1965 in zwei Urschriften in französischer und spanischer Sprache, wobei beide Texte gleichermassen verbindlich sind.

Für den Schweizerischen Für die Regierung von Bundesrat : Costa Rica : (gez.) Jean Humbert (gez.) Mario Calvo

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Vergleichs-, Gerichts- und Schiedsvertrag zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Liberia

Der Schweizerische Bundesrat und die Regierung der Republik Liberia, vom Wunsche geleitet, die zwischen der Schweiz und Liberia bestehenden Bande der Freundschaft zu festigen und im Dienste des Friedensgedankens die Verfahren zur friedlichen Beilegung internationaler Streitigkeiten zu fordern, haben beschlossen, zu diesem Zweck einen Vertrag abzuschhessen, und haben zu ihren Bevollmächtigten ernannt : Für die Schweizerische Eidgenossenschaft : Herrn Guy de Keller, Schweizerischer Botschafter in Liberia; Für die Republik Liberia : Herrn Wilmot A.David, Staatssekretär a.i. der Republik Liberia; die, nachdem sie sich ihre Vollmachten mitgeteilt und in gehöriger Form befunden haben, folgende Bestimmungen vereinbart haben :

Kapitel I Grundsatz der friedlichen Beilegung von Streitigkeiten Artikel l 1. Die Hohen Vertragsparteien verpflichten sich, alle zwischen ihnen entstehenden Streitigkeiten irgendwelcher Art, die nicht binnen angemessener Frist auf diplomatischem Wege beigelegt werden können, einem Vergleichsverfahren zu unterwerfen.

2. Kommt ein Vergleich nicht zustande, so werden die Streitigkeiten gemass den Bestimmungen dieses Vertrages emem Gerichts- oder einem Schieds verfahl en unterworfen.

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3. Es steht jedoch den Hohen Vertragsparteien jederzeit frei zu vereinbaren, dass eine bestimmte Streitigkeit unmittelbar durch den Internationalen Gerichtshof oder durch ein Schiedsgericht beizulegen ist, ohne dass zuvor das oben vorgesehene Vergleichsverfahren durchgeführt wird.

Kapitel II Vergleichsverfahren Artikel 2 1. Die Hohen Vertragsparteien bestellen in jedem einzelnen Falle eine aus fünf Mitgliedern bestehende Vergleichskommission (nachstehend Kommission genannt).

2. Jede von ihnen ernennt ein Mitglied, das sie unter ihren Staatsangehörigen auswählen kann. Die drei ändern Mitglieder werden von den Vertragsparteien im gegenseitigen Einvernehmen unter den Angehörigen von Dritt staaten bezeichnet ; sie müssen Angehörige verschiedener Staaten sein und dürfen weder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien haben noch in deren Dienst stehen.

3. Der Vorsitzende der Kommission wird von den Vertragsparteien aus der Mitte der gemeinsam bezeichneten Mitglieder ernannt.

Artikel 3 1. Sitze, die durch Todesfall, Rücktritt oder sonstige Verhinderung frei werden, sind innert kürzester Frist nach dem für die Ernennung vorgesehenen Verfahren wieder zu besetzen.

2. Falls eines der Mitglieder der Vergleichskommission infolge Krankheit oder aus irgendeinem ändern Grund verhindert sein sollte, an den Arbeiten der Kommission teilzunehmen, bezeichnet die Vertragspartei oder die Vertragsparteien, die das betreffende Mitglied ernannt haben, einen Stellvertreter, der vorübergehend seinen Platz einnimmt.

Artikel 4 1. Die Kommission ist innert drei Monaten nach dem Tage zu bestellen, an dem die eine Vertragspartei der ändern ihre Absicht mitteilt, ein Vergleichsverfahren einzuleiten.

2. Erfolgt die Ernennung der gemeinsam zu bezeichnenden Kommissionsmitglieder nicht innert dieser Frist, so wird auf Begehren der einen oder ändern Vertragspartei der Präsident des Internationalen Gerichtshofes mit der Vornahme der notwendigen Ernennungen betraut. Ist der Präsident des Gerichtshofes verhindert oder ist er Staatsangehöriger einer Vertragspartei, so wird der Vizepräsident des Gerichtshofes mit dieser Aufgabe betraut; ist dieser letztere verhindert

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oder ist er Staatsangehöriger einer Vertragspartei, so wird das amtsälteste Mitglied des Gerichtshofes, das nicht Staatsangehöriger einer Vertragspartei ist, diese Ernennung vornehmen.

3. Erfolgt die Ernennung der von jeder Vertragspartei zu bezeichnenden Kommissionsmitglieder nicht innert der in Absatz l vorgesehenen Frist, so werden die Kommissionsmitglieder gemäss dem in Absatz 2 dieses Artikels vorgesehenen Verfahren emannt.

4. Wird der Vorsitzende der Kommission von den Vertragsparteien nicht innert zwei Monaten nach Bestellung der Kommission bezeichnet, so wird er gemäss dem in Absatz 2 dieses Artikels vorgesehenen Verfahren ernannt.

Artikel 5 1. Streitigkeiten werden der Kommission durch ein an den Vorsitzenden gerichtetes Begehren der einen Vertragspartei unterbreitet. Das Begehren wird von dieser Partei unverzüglich der anderen Vertragspartei notifiziert.

2. Das Begehren enthält nach einer summarischen Darlegung des Streitgegenstandes das Ersuchen an die Kommission alle Massnahmen zu treffen, die zu einem Vergleich führen können.

Artikel 6 Sofern die Hohen Vertragsparteien nichts anderes vereinbaren, tritt die Kommission an dem von ihrem Vorsitzenden bezeichneten Ort zusammen.

Artikel 7 Sofern nichts anderes vereinbart ist, regelt die Kommission ihr Verfahren selbst, das auf alle Fälle kontradiktorisch sein muss. Für die Untersuchung hält sich die Kommission, sofern sie nicht einstimmig etwas anderes beschliesst, an die Bestimmungen des dritten Titels des Haager Abkommens vom 18. Oktober 1907 zur friedlichen Erledigung internationaler Streitfälle.

Artikel 8 1. Die Hohen Vertragsparteien sind bei der Kommission durch Agenten vertreten, denen es obliegt, als Mittelspersonen zwischen ihnen und der Kommission zu wirken; die Vertragsparteien können ausserdern Rechtsbeistände und Sachverständige beiziehen, die sie zu diesem Zweck ernennen, und sie können die Anhörung aller Personen verlangen, deren Aussage ihnen nützlich erscheint.

2. Die Kommission hat ihrerseits die Möglichkeit, von den Agenten, Rechtsbeiständen und Sachverständigen der beiden Vertragsparteien sowie von allen Personen, die mit Zustimmung ihrer Regierung vorzuladen sie als zweckmässig erachtet, mündliche Auskünfte zu verlangen.

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Artikel 9 Sofern die Hohen Vertragsparteien nichts anderes beschliessen, werden die Entscheide der Kommission mit Stimmenmehrheit getroffen ; ausser in Verfahrensfragen ist die Kommission nur dann beschlussfähig, wenn alle ihre Mitglieder anwesend sind.

Artikel 10 Die Hohen Vertragsparteien erleichtern die Arbeiten der Kommission und lassen ihr insbesondere in möglichst weitgehendem Ausmass alle sachdienlichen Dokumente und Auskünfte zukommen. Sie setzen die ihnen zu Gebote stehenden Mittel ein, um ihr zu ermöglichen, auf ihrem Hoheitsgebiet und gemäss ihren Rechtsvorschriften Zeugen und Sachverstandige vorzuladen undeinzuvernehmen sowie Augenscheine vorzunehmen.

Artikeln Die Arbeiten der Kommission werden nur veröffentlicht, wenn es die Kommission mit Zustimmung der Hohen Vertragsparteien beschliesst.

Artikel 12 1. Die Kommission hat zur Aufgabe die streitigen Fragen zu klären, zu diesem Zwecke mittels einer Untersuchung oder auf andere Weise alle sachdienlichen Auskünfte beizubringen und sich zu bemühen, einen Vergleich zwischen den Vertragsparteien herbeizuführen.

2. Die Kommission erstattet ihren Bericht innert sechs Monaten nach dem Tage, an dem ihr eine Streitigkeit unterbreitet worden ist, es sei denn, die Hohen Vertragsparteien beschliessen im gemeinsamen Einvernehmen eine Verlängerung dieser Frist. Wenn immer die Umstände es gestatten, enthält der Bericht einen Vorschlag für die Beilegung der Streitigkeit.

3. Jeder Vertragspartei wird eine Ausfertigung des Berichts übergeben.

4. Die Kommission bestimmt eine Frist, innerhalb welcher die Vertragsparteien sich zu ihren Vorschlägen zu äussern haben. Diese Frist hat drei Monate nicht zu überschreiten.

Kapitel III Gerichtsverfahren Artikel 13 l. Hat das Vergleichsverfahren nicht zum Ziel geführt oder haben die Hohen Vertragsparteien vereinbart, auf ein vorgängiges Vergleichsverfahren zu verzichten, so können sie sich im gemeinsamen Einvernehmen oder durch einseitige Klage gemäss den Bestimmungen seines Statuts an den Internationalen Gerichtshofwenden, sofern die Streitigkeit rechtlicher Natur ist und zum Gegenstand hat :

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a) die Auslegung eines Vertrages ; b) irgendwelche Fragen des Völkerrechts ; c) das Bestehen einer Tatsache, die, wenn sie bewiesen wäre, die Verletzung einer internationalen Verpflichtung bedeuten würde; d) die Art oder den Umfang einer, wegen Verletzung einer internationalen Verpflichtung geschuldeten Wiedergutmachung.

2. Im Falle einer Meinungsverschiedenheit über die Zuständigkeit des Gerichtshofes entscheidet der Gerichtshof.

3. Die Parteien können vereinbaren, dem Gerichtshof auch solche Streitigkeiten zu unterbreiten, die unter keine der in Absatz l erwähnten Kategorien fallen. Durch diese Bestimmung wird die Fähigkeit des Gerichtshofes, mit Zustimmung der Parteien ex aequo et bono zu entscheiden, nicht beeinträchtigt.

Kapitel IV Schiedsverfahren Artikel 14 1. Alle nicht unter Artikel 14 fallenden Streitigkeiten, bezüglich welcher die Parteien sich innert drei Monaten nach Abschluss der Arbeiten der im Kapitel II vorgesehenen Vergleichskommission nicht verständigt haben, können vor ein Schiedsgericht gebracht werden, das in jedem einzelnen Fall und sofern die Vertragsparteien nicht etwas anderes vereinbaren, in nachstehend angegebener Weise bestellt wird.

2. Die Hohen Vertragsparteien können vereinbaren, eine Streitigkeit rechtlicher Natur dem in diesem Kapitel vorgesehenen Schiedsverfahren zu unterstellen.

Artikel 15 1. Das Schiedsgericht besteht aus fünf Mitgliedern. Jede Vertragspartei ernennt ein Mitglied, das sie unter ihren Staatsangehörigen auswählen kann. Die drei anderen Schiedsrichter werden von den Vertragsparteien im gemeinsamen Einvernehmen unter den Angehörigen von Drittstaaten bezeichnet; sie müssen Angehörige verschiedener Staaten sein und dürfen weder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien haben noch in deren Diensten stehen.

2. Der Präsident des Schiedsgerichts wird von den Vertragsparteien aus der Mitte der gemeinsam bezeichneten Schiedsrichter ernannt.

Artikel 16 l. Erfolgt die Ernennung der gemeinsam zu bezeichnenden Mitglieder des Schiedsgerichts nicht innert drei Monaten, nachdem die eine Vertragspartei die andere um Bestellung eines Schiedsgerichts ersucht hat, so wird der Präsident

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des Internationalen Gerichtshofes auf Begehren der einen oder ändern Vertragspartei mit der Vornahme der notwendigen Ernennungen betraut. Ist der Präsident des Gerichtshofes verhindert oder besitzt er die Staatsangehörigkeit einer Vertragspartei, so wird diese Aufgabe dem Vizepräsidenten des Gerichtshofes übertragen; ist dieser verhindert oder Staatsangehöriger einer Vertragspartei, so nimmt das amtsälteste Mitglied des Gerichtshofes, das nicht Staatsangehöriger einer Vertragspartei ist, diese Ernennungen vor.

2. Erfolgt die Ernennung der von jeder Vertragspartei zu bezeichnenden Mitglieder des Schiedsgerichts nicht innert drei Monaten nachdem die eine Vertragspartei die andere um Bestellung eines Schiedsgerichts ersucht hat, so werden sie nach dem im vorangehenden Absatz vorgesehenen Verfahren bezeichnet.

3. Wird der Präsident des Schiedsgerichts von den Vertragsparteien nicht innert zwei Monaten nach der Bestellung des Gerichts bezeichnet, so wird er nach dem in Absatz l dieses Artikels vorgesehenen Verfahren ernannt.

Artikel 17 1. Ist das Schiedsgericht einmal bestellt, so bleibt seine Zusammensetzung bis und mit der Urteilseröffnung die gleiche.

2. Jede Vertragspartei hat jedoch die Möglichkeit, den von ihr ernannten Schiedsrichter zu ersetzen, solange das Verfahren vor dem Schiedsgericht nicht eröffnet ist. Ist das Verfahren einmal eröffnet, so kann ein Schiedsrichter nur im gemeinsamen Einvernehmen der Vertragsparteien ersetzt werden.

3. Das Verfahren gilt als eröffnet, wenn der Präsident des Schiedsgerichts seine erste Verfügung erlassen hat.

Artikel 18 1. Sitze, die durch Todesfall, Rücktritt oder sonstige Verhinderung frei werden, sind innert kürzester Frist nach dem für die Ernennung vorgesehenen Verfahren wieder zu besetzen.

2. Jede Vertragspartei behält sich vor, sofort einen Stellvertreter zu ernennen, um den von ihr bezeichneten Schiedsrichter vorübergehend zu ersetzen, der infolge Krankheit oder aus irgendeinem anderen Grunde vorübergehend verhindert ist, an den Sitzungen teilzunehmen. Die Vertragspartei, die von diesem Recht Gebrauch zu machen wünscht, setzt unverzüglich die Gegenpartei in Kenntnis.

Artikel 19 1. Die Hohen Vertragsparteien schliessen in jedem einzelnen Fall einen Schiedsvertrag ab, in dem der Streitgegenstand, die Befugnisse des Schiedsgerichts, das zu
befolgende Verfahren sowie alle ändern von ihnen festgesetzten Bedingungen niedergelegt sind.

2. Der Schiedsvertrag wird durch Notenwechsel zwischen den Regierungen der Vertragsparteien abgeschlossen.

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Artikel 20 Das Schiedsgericht besitzt die erforderliche Zuständigkeit zur Auslegung des Schiedsvertrages.

Artikel 21 ' Fehlen im Schiedsvertrag genügende Hinweise und Angaben bezüglich der in Artikel 20 bezeichneten Punkte, so wird das Verfahren durch das dritte Kapitel des Statuts des Internationalen Gerichtshofes (Artikel 39 bis 64) und Titel II des Réglementes des Internationalen Gerichtshofes (Artikel 31 bis 81) geregelt.

Artikel 22 Wird innert drei Monaten nach Bestellung des Schiedsgerichts kein Schiedsvertrag abgeschlossen, so wird dieses durch Klage der einen oder ändern Vertragspartei angerufen. Es hat die Streitigkeit zu untersuchen und einen Entscheid zu fällen.

Artikel 23 1. Ist die ihm unterbreitete Streitigkeit nicht rechtlicher Natur, so entscheidet das Schiedsgericht ex aequo et bono, wobei es sich von den allgemeinen Rechtsgrundsätzen leiten làsst und die berechtigten Interessen beider Vertragsparteien in angemessener Weise berücksichtigt.

2. Ist die Streitigkeit rechtlicher Natur, so wendet das Schiedsgericht an : a) die internationalen Übereinkünfte allgemeiner oder besonderer Natur, in denen die von den Streitparteien ausdrücklich anerkannten Normen aufgestellt worden sind; b) das internationale Gewohnheitsrecht als Ausdruck einer allgemein als Recht anerkannten Übung; c) die allgemeinen, von den Kulturstaaten anerkannten Rechtsgrundsätze ; d) die gerichtlichen Entscheide und die Lehren der anerkanntesten Autoren der verschiedenen Nationen als Hilfsmittel zur Feststellung der Rechtsnormen.

Kapitel V Allgemeine Bestimmungen ,

Artikel 24 Die Bestimmungen dieses Vertrages finden keine Anwendung : a) auf Streitigkeiten, die vor dem Inkrafttreten dieses Vertrages zwischen den Streitparteien entstanden sind; b) auf Streitigkeiten über Fragen, die das Völkerrecht der ausschliesslichen Zuständigkeit der Staaten überlässt. Falls Meinungsverschiedenheiten darüber bestehen, ob eine Streitigkeit sich auf eine dieser Fragen bezieht, entscheidet die

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Ständige Vergleichskommission, der Internationale Gerichtshof oder das Schiedsgericht.

Artikel 25 1. Handelt es sich um eine Streitigkeit, deren Gegenstand nach dem innerstaatlichen Recht einer Hohen Vertragspartei in die Zuständigkeit der Gerichtsoder Verwaltungsbehörden dieser Vertragspartei fällt, so wird die Streitigkeit dem Vergleichs-, Gerichts- oder Schiedsverfahren gemäss dem vorliegenden Vertrage erst unterbreitet, nachdem innert angemessener Frist von der zuständigen staatlichen Gerichts- oder Verwaltungsbehörde ein endgültiger Entscheid gefällt worden ist.

2. Ist ein Entscheid im innerstaatlichen Rechtsbereich erfolgt, so kann nach Ablauf einer Frist von fünf Jahren nach diesem Entscheid nicht mehr eines der in diesem Vertrage vorgesehenen Verfahren angerufen werden.

Artikel 26 1. In allen Fällen, in denen die Streitigkeit Gegenstand eines Gerichts- oder Schiedsverfahrens ist, namentlich wenn die zwischen den Hohen Vertragsparteien streitige Frage aus bereits erfolgten oder unmittelbar bevorstehenden Handlungen herrührt, ordnet der Internationale Gerichtshof gemäss Artikel 41 seines Statuts oder das Schiedsgericht möglichst bald an, welche vorläufigen Massnahmen zu treffen sind. Die Streitparteien sind verpflichtet, sich daran zu halten.

2. Ist die Vergleichskommission mit der Streitigkeit befasst, so kann sie den Vertragsparteien die ihr zweckdienlich erscheinenden vorläufigen Massnahmen empfehlen.

Artikel 27 Die Vertragsparteien enthalten sich jeglicher Massnahme, die sich auf die Durchführung des Gerichtsentscheides oder Schiedsspruches oder auf die von der Vergleichskommission vorgeschlagene Regelung nachteilig auswirken könnte, und unterlassen ganz allgemein jede Handlung, welcher Art sie auch sei, die geeignet wäre, die Streitigkeit zu verschärfen oder auszuweiten.

Artikel 28 Die Hohen Vertragsparteien leisten dem Urteil des Internationalen Gerichtshofes oder dem Spruch des Schiedsgerichtes Folge. Das Urteil oder der Schiedsspruch ist sofort nach Treu und Glauben durchzuführen, sofern der Gerichtshof oder das Schiedsgericht nicht für diesen Entscheid oder für einen Teil desselben eine Frist festgesetzt hat.

Artikel 29 Steht die Durchführung eines Gerichtsurteils oder Schiedsspruches im Widerspruch zu einem Entscheid oder einer Massnahme einer gerichtlichen oder anderen Behörde einer Streitpartei und können nach dem innerstaatlichen Recht

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dieser Partei die Folgen dieses Entscheides oder dieser Massnahme nicht oder nur unvollkommen beseitigt werden, so bestimmt der Gerichtshof oder das Schiedsgericht Art und Umfang des der geschädigten Vertragspartei zu gewährenden Schadenersatzes.

Artikel 30 Die Schwierigkeiten, zu denen die Auslegung eines Urteils des Internationalen Gerichtshofes oder eines Schiedsspruches des Schiedsgerichtes Anlass geben könnte, werden auf Begehren einer Vertragspartei innert drei Monaten, nach Eröffnung des Urteils oder Schiedsspruches dem Internationalen Gerichtshof oder dem Schiedsgericht unterbreitet, von dem dieses Urteil oder dieser Schiedsspruch gefällt wurde.

Artikel 31 1. Dieser Vertrag bleibt zwischen den Hohen Vertragsparteien auch dann anwendbar, wenn ein dritter Staat an der Streitigkeit ein Interesse hat.

2. Im Vergleichsverfahren können die Vertragsparteien im gegenseitigen Einvernehmen einen dritten Staat zur Teilnahme einladen.

3. Ist beim Gerichts- oder Schiedsverfahren ein dritter Staat der Ansicht, dass in einer Streitigkeit für ihn ein Interesse rechtlicher Natur auf dem Spiele sei, so kann er beim Internationalen Gerichtshof oder beim Schiedsgericht ein Begehren auf Beteiligung am Verfahren einreichen.

4. Der Gerichtshof oder das Schiedsgericht entscheidet.

Artikel 32 1. Während der tatsächlichen Dauer des Vergleichs- oder Schiedsverfahrens erhalten die gemeinsam bezeichneten Mitglieder der Ständigen Vergleichskommission und des Schiedsgerichts eine Vergütung, deren Betrag von den Hohen Vertragsparteien festgesetzt und zu gleichen Teilen übernommen wird.

2. Jede Vertragspartei trägt ihre eigenen Kosten und einen gleichen Teil der Kosten der Ständigen Vergleichskommission und des Schiedsgerichts.

Artikel 33 1. Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung oder Durchführung dieses Vertrages werden durch einf aches Begehren dem Internationalen Gerichtshof unterbreitet.

2. Die vorstehend vorgesehene Anrufung des Internationalen Gerichtshofes bewirkt die einstweilige Einstellung des betreffenden Schieds- oder Vergleichsverfahrens, bis der verlangte Entscheid vorliegt.

3. Die Bestimmung des vorstehenden Artikels 29 findet auf den Entscheid des Gerichtshofes Anwendung.

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Artikel 34 1. Dieser Vertrag bedarf der Ratifizierung. Die Ratifikationsurkunden sollen so bald wie möglich in Monrovia ausgetauscht werden.

2. Dieser Vertrag tritt mit dem Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft. Er ist auf fünf Jahre, von seinem Inkrafttreten an, abgeschlossen. Wird er nicht sechs Monate vor Ablauf dieser Frist gekündigt, so gilt er als für weitere fünf Jahre erneuert, und so fort.

3. Ist bei Beendigung dieses Vertrages ein Vergleichs-, Gerichts- oder Schiedsverfahren hängig, so nimmt es seinen Fortgang gemäss den Bestimmungen dieses Vertrages oder jedes anderen Abkommens, das von den Hohen Vertragsparteien an seiner Stelle vereinbart wird.

Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten den vorliegenden Vertrag unterzeichnet.

Geschehen in zwei Urschriften in französischer und englischer Sprache, wobei beide Texte gleichermassen verbindlich sind, in Monrovia am 23. Juli 1963.

Für die Schweizerische Eidgenossenschaft :

Für die Republik Liberia :

(gez.) G. de Keller

(gez.) Wilmot David

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Vergleichs-, Schieds- und Gerichtsvertrag zwischen der Schweiz und Madagaskar

Der Schweizerische Bundesrat und die Regierung der Madagassischen Republik, vom Wunsche geleitet, die zwischen der Schweiz und Madagaskar bestehenden Bande der Freundschaft zu festigen und im Dienste des Friedensgedankens die Verfahren zur friedlichen Beilegung internationaler Streitigkeiten zu fördern, haben beschlossen, zu diesem Zweck einen Vertrag abzuschliessen, und haben zu ihren Bevollmächtigten ernannt : Herrn Eugen Klöti, Schweizerischer Geschäftsträger ad intérim in Madagaskar ; Herrn Calvin Tsiebo, Vizepräsident der Regierung der Madagassischen Republik, Aussenminister ad intérim; die, nachdem sie sich ihre Vollmachten mitgeteilt und in gehöriger Form befunden haben, folgende Bestimmungen vereinbart haben :

Kapitel I Grundsatz der friedlichen Beilegung von Streitigkeiten Artikel l 1. Die Hohen Vertragsparteien verpflichten sich, alle zwischen ihnen entstehenden Streitigkeiten irgendwelcher Art, die nicht binnen angemessener Frist auf diplomatischem Wege beigelegt werden können, einem Vergleichsverfahren zu unterwerfen.

2. Kommt ein Vergleich nicht zustande, so werden die Streitigkeiten gemäss den Bestimmungen dieses Vertrages einem Schieds- oder einem Gerichtsverfahren unterworfen.

3. Es steht jedoch den Hohen Vertragsparteien jederzeit frei zu vereinbaren, dass eine bestimmte Streitigkeit unmittelbar durch ein Schiedsgericht oder durch den Internationalen Gerichtshof beizulegen ist, ohne dass zuvor das oben vorgesehene Vergleichsverfahren durchgeführt wird.

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Kapitel II Vergleichsverfahren Artikel 2 1. Die Hohen Vertragsparteien setzen eine aus fünf Mitgliedern bestehende Ständige Vergleichskommission (nachstehend Kommission genannt) ein.

2. Jede von ihnen ernennt ein Mitglied, das sie unter ihren Staatsangehörigen auswählen kann. Die drei ändern Mitglieder werden von den Vertragsparteien im gegenseitigen Einvernehmen unter den Angehörigen von Drittstaaten bezeichnet; sie müssen Angehörige verschiedener Staaten sein und dürfen weder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien haben noch in deren Dienst stehen.

3. Der Vorsitzende der Kommission wird von den Vertragsparteien aus der Mitte der gemeinsam bezeichneten Mitglieder ernannt.

Artikel 3 1. Die Mitglieder der Kommission werden für drei Jahre ernannt. Sie bleiben im Amt bis sie ersetzt werden und in jedem Fall bis sie die im Zeitpunkt des Erlöschens ihres Mandates noch hängigen Arbeiten abgeschlossen haben. Sind sie bei Ablauf der Frist von drei Jahren nicht ersetzt worden, so gelten sie als für eine weitere Periode von drei Jahren ernannt, und so fort.

2. Sitze, die durch Todesfall, Rücktritt oder sonstige Verhinderung frei werden, sind innert kürzester Frist nach dem für die Ernennung vorgesehenen Verfahren wieder zu besetzen.

3. Falls eines der Mitglieder der Vergleichskommission infolge Krankheit oder aus irgendeinem ändern Grund verhindert sein sollte, an den Arbeiten der Kommission teilzunehmen, bezeichnen die Vertragspartei oder die Vertragsparteien, die das betreffende Mitglied ernannt haben, einen Stellvertreter, der vorübergehend seinen Platz einnimmt.

Artikel 4 1. Die Kommission ist innert sechs Monaten nach Austausch der Ratifikationsurkunden zum vorliegenden Vertrag zu bestellen.

2. Erfolgt die Ernennung der gemeinsam zu bezeichnenden Kommissionsmitglieder nicht innert dieser Frist, oder im Falle einer Ersetzung innert drei Monaten nach Freiwerden des Sitzes, so wird auf Begehren der einen oder ändern Vertragspartei der Präsident des Internationalen Gerichtshofes mit der Vornahme der notwendigen Ernennungen betraut. Ist der Präsident des Gerichtshofes verhindert oder ist er Staatsangehöriger einer Vertragspartei, so wird der Vizepräsident des Gerichtshofes mit dieser Aufgabe betraut; ist dieser letztere verhindert oder ist er Staatsangehöriger einer Vertragspartei, so wird das amts-

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älteste Mitglied des Gerichtshofes, das nicht Staatsangehöriger einer Vertragspartei ist, diese Ernennungen vornehmen.

3. Erfolgt die Ernennung der von jeder Vertragspartei zu bezeichnenden Kommissionsmitglieder nicht innert der in Absatz l vorgesehenen Frist oder, im Falle der Ersetzung, innert drei Monaten nach Freiwerden des Sitzes, so werden die Kommissionsmitglieder gemäss dem in Absatz 2 dieses Artikels vorgesehenen Verfahren ernannt.

4. Wird der Vorsitzende der Kommission von den Vertragsparteien nicht innert zwei Monaten nach Bestellung der Kommission bezeichnet, so wird er gemäss dem in Absatz 2 dieses Artikels vorgesehenen Verfahren ernannt.

Artikel 5 1. Streitigkeiten werden der Kommission durch ein an den Vorsitzenden gerichtetes Begehren der einen Vertragspartei unterbreitet. Das Begehren wird von dieser Partei unverzüglich der anderen Vertragspartei notifiziert.

2. Das Begehren enthält nach einer summarischen Darlegung des Streitgegenstandes das Ersuchen an die Kommission, alle Massnahmen zu treffen, die zu einem Vergleich führen können.

Artikel 6 Sofern die Hohen Vertragsparteien nichts anderes vereinbaren, tritt die Kommission an dem von ihrem Vorsitzenden bezeichneten Ort zusammen.

Artikel 7 Die Kommission hat zur Aufgabe, nach allen Mitteln zu forschen, welche zu einem Vergleich zwischen den Parteien führen können. Zu diesem Zwecke kann sie jede beliebige Untersuchung oder Einvernahme von Personen vornehmen, die ihr zweckmässig erscheint, sowie alle Auskünfte einziehen. Sie regelt ihr Verfahren, das auf jeden Fall kontradiktorisch sein muss, selbst.

Artikel 8 Die Hohen Vertragsparteien können sich bei der Kommission durch Agenten vertreten lassen, denen es obliegt, als Mittelspersonen zwischen ihnen und der Kommission zu wirken; die Vertragsparteien können ausserdem Rechtsbeistände und Sachverständige beiziehen, die sie zu diesem Zweck ernennen, und sie können die Anhörung aller Personen verlangen, deren Aussage ihnen nützlich erscheint.

Artikel 9 Sofern die Hohen Vertragsparteien nichts anderes beschliessen, werden die Entscheide der Kommission mit Stimmenmehrheit getroffen.

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Artikel 10 Innert sechs Monaten nach ihrer Befassung mit der Streitigkeit unterbreitet die Kommission den Parteien ihre Empfehlungen. Sie bestimmt eine Frist, innerhalb welcher die Parteien zu diesen Empfehlungen Stellung nehmen müssen.

Diese Frist darf drei Monate nicht überschreiten.

Kapitel III Schieds- und Gerichtsverfahren Artikeln 1. Alle Streitigkeiten, bezüglich welchen die Parteien sich innert drei Monaten nach Abschluss der Arbeiten der in Kapitel II vorgesehenen Vergleichskommission nicht verständigt haben oder hinsichtlich welcher die Parteien vereinbart haben, kein vorgängiges Vergleichsverfahren durchzuführen, können einem Schiedsgericht unterbreitet werden.

2. Das Schiedsgericht wird in jedem Fall und vorausgesetzt, dass die Parteien nichts anderes vereinbaren, in nachstehender Weise bestellt.

· 3. Das Schiedsgericht wird auf dem Wege eines Schiedsvertrages angerufen oder, falls ein solcher nicht zustande kommt, durch einseitiges Begehren.

4. Die Hohen Vertragsparteien können jedoch im gemeinsamen Einvernehmen die Streitigkeit dem Internationalen Gerichtshof unterbreiten, insbesondere wenn dieselbe rechtlicher Natur ist und zum Gegenstand hat: a) die Auslegung eines Vertrages; b) irgendwelche Fragen des Völkerrechts ; c) das Bestehen einer Tatsache, die, wenn sie bewiesen wäre, die Verletzung einer internationalen Verpflichtung bedeuten würde ; d) die Art oder den Umfang einer wegen Verletzung einer internationalen Verpflichtung geschuldeten Wiedergutmachung.

Artikel 12 1. Das Schiedsgericht besteht aus fünf Mitgliedern. Jede Vertragspartei ernennt ein Mitglied, das sie unter ihren Staatsangehörigen auswählen kann. Die drei anderen Schiedsrichter werden von den Vertragsparteien im gemeinsamen Einvernehmen unter den Angehörigen von Drittstaaten bezeichnet; sie müssen Angehörige verschiedener Staaten sein und dürfen weder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien haben noch in deren Diensten stehen.

2. Der Präsident des Schiedsgerichts wird von den Vertragsparteien aus der Mitte der gemeinsam bezeichneten Schiedsrichter ernannt.

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Artikel 13 1. Erfolgt die Ernennung der gemeinsam zu bezeichnenden Mitglieder des Schiedsgerichts nicht innert drei Monaten, nachdem die eine Vertragspartei die andere um Bestellung eines Schiedsgerichts ersucht hat, so wird der Präsident des Internationalen Gerichtshofes auf Begehren der einen oder ändern Vertragspartei mit der Vornahme der notwendigen Ernennungen betraut. Ist der Präsident des Gerichtshofes verhindert oder besitzt er die Staatsangehörigkeit einer Vertragspartei, so wird diese Aufgabe dem Vizepräsidenten des Gerichtshofes übertragen; ist dieser verhindert oder Staatsangehöriger einer Vertragspartei, so nimmt das amtsälteste Mitglied des Gerichtshofes, das nicht Staatsangehöriger einer Vertragspartei ist, diese Ernennungen vor.

2. Erfolgt die Ernennung der von jeder Vertragspartei zu bezeichnenden Mitglieder des Schiedsgerichts nicht innert drei Monaten nachdem die eine Vertragspartei die andere um Bestellung eines Schiedsgerichts ersucht hat, so werden sie nach dem im vorangehenden Absatz vorgesehenen Verfahren bezeichnet.

Artikel 14 1. Ist das Schiedsgericht einmal bestellt, so bleibt seine Zusammensetzung bis und mit der Urteilseröffnung die gleiche.

2. Jede Vertragspartei hat jedoch die Möglichkeit, den von ihr ernannten Schiedsrichter zu ersetzen, solange das Verfahren vor dem Schiedsgericht nicht eröffnet ist. Ist das Verfahren einmal eröffnet, so kann ein Schiedsrichter nur im gemeinsamen Einvernehmen der Vertragsparteien ersetzt werden.

3. Im Sinne dieses Vertrages gilt das Verfahren als eröffnet, wenn der Präsident des Schiedsgerichts seine erste Verfügung erlassen hat.

Artikel 15 1. Sitze, die durch Todesfall, Rücktritt oder sonstige Verhinderung frei werden, sind innert kürzester Frist nach dem für die Ernennung vorgesehenen Verfahren wieder zu besetzen.

2. Jede Vertragspartei behält sich vor, sofort einen Stellvertreter zu ernennen, um den von ihr bezeichneten Schiedsrichter vorübergehend zu ersetzen, der infolge Krankheit oder aus irgendeinem anderen Grunde vorübergehend verhindert ist, an den Sitzungen teilzunehmen. Die Vertragspartei, die von diesem Recht Gebrauch zu machen wünscht, setzt unverzüglich die andere Partei in Kenntnis.

Artikel 16 1. Die Hohen Vertragsparteien schliessen in jedem einzelnen Fall einen Schiedsvertrag ab. Dieser umschreibt den Gegenstand
der Streitigkeit, die Zuständigkeit des Gerichts und das zu befolgende Verfahren.

Das Schiedsgericht ist für die Auslegung des Schiedsvertrages zuständig.

Bundesblatt. llV.Jahrg. Bd.m.

H

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2. Kommt innert zwei Monaten nach Bestellung des Schiedsgerichts kein Schiedsvertrag zustande, so kann das Schiedsgericht durch Begehren der einen oder anderen Vertragspartei angerufen werden. Es bestimmt selbst seine Zuständigkeit und das zu befolgende Verfahren.

Artikel 17 1. Ist die ihm unterbreitete Streitigkeit nicht rechtlicher Natur, so entscheidet das Schiedsgericht ex aequo et bono, wobei es sich von den allgemeinen Rechtsgrundsätzen leiten lässt und die berechtigten Interessen beider Vertragsparteien in angemessener Weise berücksichtigt.

2. Ist die Streitigkeit rechtlicher Natur, so wendet das Schiedsgericht an : a. die internationalen Übereinkünfte allgemeiner oder besonderer Natur, in denen die von den Streitparteien ausdrücklich anerkannten Normen aufgestellt worden sind; b. das internationale Gewohnheitsrecht als Ausdruck einer allgemein als Recht anerkannten Übung; c. die allgemeinen Rechtsgrundsätze; d. die gerichtlichen Entscheide und die Lehren der anerkanntesten Autoren der verschiedenen Nationen als Hilfsmittel zur Feststellung der Rechtsnormen.

Kapitel IV Allgemeine Bestimmungen Artikel 18 Die Bestimmungen dieses Vertrages finden keine Anwendung : a. auf Streitigkeiten, die vor dem Inkrafttreten dieses Vertrages zwischen den Parteien entstanden sind; b. auf Streitigkeiten über Fragen, die das Völkerrecht der ausschliesslichen Zuständigkeit der Staaten überlässt. Falls Meinungsverschiedenheiten darüber bestehen, ob eine Streitigkeit sich auf eine dieser Fragen bezieht, entscheidet die Ständige Vergleichskommission, das Schiedsgericht oder der Internationale Gerichtshof.

Artikel 19 l. Handelt es sich um eine Streitigkeit, deren Gegenstand nach dem innerstaatlichen Recht einer Hohen Vertragspartei in die Zuständigkeit der Gerichtsoder Verwaltungsbehörden dieser Vertragspartei fällt, so wird die Streitigkeit dem Vergleichs-, Schieds- oder Gerichtsverfahren gemäss dem vorliegenden Vertrage erst unterbreitet, nachdem innert angemessener Frist von der zuständigen staatlichen Gerichts- oder Verwaltungsbehörde ein endgültiger Entscheid gefällt worden ist.

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2. Ist ein Entscheid im innerstaatlichen Rechtsbereich erfolgt, so kann nach Ablauf einer Frist von fünf Jahren nach diesem Entscheid nicht mehr eines der in diesem Vertrage vorgesehenen Verfahren angerufen werden.

Artikel 20 1. In allen Fällen, in denen die Streitigkeit Gegenstand eines Gerichts- oder Schiedsverfahren ist, namentlich \venn die zwischen den Hohen Vertragsparteien streitige Frage aus bereits erfolgten oder unmittelbar bevorstehenden Handlungen herrührt, ordnet das Schiedsgericht oder der Internationale Gerichtshof gemäss Artikel 41 seines Statuts möglichst bald an, welche vorläufigen Massnahmen zutreffen sind. Die Streitparteien sind verpflichtet, sich daranzuhalten.

2. Ist die Vergleichskommission mit der Streitigkeit befasst, so kann sie den Vertragsparteien die ihr zweckdienlich erscheinenden vorläufigen Massnahmen empfehlen.

Artikel 21 Die Vertragsparteien enthalten sich jeglicher Massnahrne, die sich auf die Durchführung des Schiedsspruches oder des Gerichtsentscheides oder auf die von der Vergleichskommission vorgeschlagene Regelung nachteilig auswirken könnte, und unterlassen ganz allgemein jede Handlung, welcher Art sie auch sei, die geeignet wäre, die Streitigkeit zu verschärfen oder auszuweiten.

Artikel 22 Die Hohen Vertragsparteien leisten dem Spruch des Schiedsgerichts oder dem Urteil des Internationalen Gerichtshofes Folge. Der Schiedsspruch oder das Urteil ist sofort nach Treu und Glauben durchzuführen, sofern das Schiedsgericht oder der Gerichtshof nicht für diesen Entscheid oder für einen Teil desselben eine Frist festgesetzt hat.

Artikel 23 Steht die Durchführung eines Schiedsspruches oder eines Urteils des Internationalen Gerichtshofes im Widerspruch zu einem Entscheid oder einer Massnahme einer gerichtlichen oder anderen Behörde einer Streitpartei und können nach dem innerstaatlichen Recht dieser Partei die Folgen dieses Entscheides oder dieser Massnahrne nicht oder nur unvollkommen beseitigt werden, so bestimmt das Schiedsgericht oder der Gerichtshof Art und Umfang des der geschädigten Vertragspartei zu gewährenden Schadenersatzes.

Artikel 24 Die Schwierigkeiten, zu denen die Auslegung des Schiedsspruches des Schiedsgerichts oder des Urteils des Internationalen Gerichtshofes Anlass geben könnte, werden auf Begehren einer Vertragspartei innert drei Monaten
nach Eröffnung des Schiedsspruches oder des Urteils dem Schiedsgericht unterbreitet, falls es sich um einen Schiedsspruch handelt und dem Internationalen Gerichtshof, falls es sich um ein Urteil handelt.

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Artikel 25 1. Dieser Vertrag bleibt zwischen den Hohen Vertragsparteien auch dann anwendbar, wenn ein dritter Staat an der Streitigkeit ein Interesse hat.

2. Im Vergleichsverfahren können die Vertragsparteien im gegenseitigen Einvernehmen einen dritten Staat zur Teilnahme einladen.

3. Ist beim Schieds- oder Gerichtsverfahren ein dritter Staat der Ansicht, dass in einer Streitigkeit für ihn ein Interesse rechtlicher Natur auf dem Spiele sei, so kann er beim Schiedsgericht oder beim Internationalen Gerichtshof ein Begehren auf Beteiligung am Verfahren einreichen.

4. Das Schiedsgericht oder der Gerichtshof entscheidet.

Artikel 26 1. Während der tatsächlichen Dauer des Vergleichs- oder Schiedsverfahrens erhalten die gemeinsam bezeichneten Mitglieder der Ständigen Vergleichskommission und des Schiedsgerichts eine Vergütung, deren Betrag von den Hohen Vertragsparteien festgesetzt und zu gleichen Teilen übernommen wird.

2. Jede Vertragspartei trägt ihre eigenen Kosten und einen gleichen Teil der Kosten der Ständigen Vergleichskommission und des Schiedsgerichts.

3. Die Ständige Vergleichskommission kann jedoch empfehlen und das Schiedsgericht kann beschliessen, dass die Verfahrenskosten nach Billigkeit aufzuteilen sind.

Artikel 27 1. Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung oder Durchführung dieses Vertrages werden im gemeinsamen Einvernehmen oder durch einfaches Begehren dem Schiedsgericht oder im gemeinsamen Einvernehmen dem Internationalen Gerichtshof unterbreitet.

2. Die vorstehend vorgesehene Anrufung des Schiedsgerichts oder gegebenenfalls des Internationalen Gerichtshofes bewirkt die einstweilige Einstellung des betreffenden Vergleichs-, Schieds- oder Gerichtsverfahrens, bis der verlangte Entscheid vorliegt.

3. Die Bestimmung des vorstehenden Artikels 22 findet auf den Entscheid des Gerichtshofes Anwendung.

Artikel 28 1. Dieser Vertrag bedarf der Ratifizierung. Die Ratifikationsurkunden sollen sobald wie möglich in Tananarivo ausgetauscht werden.

2. Der Vertrag tritt mit dem Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft.

Er ist auf fünf Jahre, von seinem Inkrafttreten an, abgeschlossen. Wird er nicht sechs Monate vor Ablauf dieser Frist gekündigt, so gilt er als für weitere fünf Jahre erneuert, und so fort.

3. Ist bei Beendigung dieses Vertrages ein Vergleichs-, Schieds- oder Gerichtsverfahren hängig, so nimmt es seinen Fortgang gemäss den Bestimmungen

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dieses Vertrages oder jedes anderen Abkommens, das von den Hohen Vertragsparteien an seiner Stelle vereinbart wird.

Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten den vorliegenden Vertrag unterzeichnet.

Geschehen in zwei Urschriften in Tananarivo am elften Mai neunzehnhundertf ünfundsechzig.

Für den Schweizerischen Für die Regierung der Bundesrat: Republik Madagaskar : (gez.) E.KIöti (gez.) Tsiebo

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Vergleichs-, Gerichts- und Schiedsvertrag zwischen der Schweiz und Israel

Der Schweizerische Bundesrat und die Regierung von Israel vom Wunsche geleitet, die zwischen der Schweiz und Israel bestehenden Bande der Freundschaft zu festigen und im Dienste des Friedensgedankens die Verfahren zur friedlichen Beilegung internationaler Streitigkeiten zu fördern, haben beschlossen, zu diesem Zweck einen Vertrag abzuschliessen, und haben zu ihren Bevollmächtigten ernannt : Für den Schweizerischen Bundesrat : Herrn Jean de Stoutz, ausserordentlicher und bevollmächtigter Schweizerischer Botschafter in Israel; Für die Regierung von Israel: Herrn Levi Eshkol, Präsident des Rates ; die, nachdem sie sich ihre Vollmachten mitgeteilt und in gehöriger Form befunden haben, folgende Bestimmungen vereinbart haben : Kapitel I Grundsatz der friedlichen Beilegung von Streitigkeiten Artikel l 1. Die Hohen Vertragsparteien verpflichten sich, alle zwischen ihnen entstehenden Streitigkeiten irgendwelcher Art, die nicht binnen angemessener Frist auf diplomatischem Wege beigelegt werden können, einem Vergleichsverfahren zu unterwerfen.

2. Kommt ein Vergleich nicht zustande, so werden die Streitigkeiten gemäss den Bestimmungen dieses Vertrages einem Gerichts- oder einem Schiedsverfahren unterworfen.

3. Es steht jedoch den Hohen Vertragsparteien jederzeit frei zu vereinbaren, dass eine bestimmte Streitigkeit unmittelbar durch den Internationalen Gerichtshof oder durch ein Schiedsgericht beizulegen ist, ohne dass zuvor das oben vorgesehene Vergleichsverfahren durchgeführt wird.

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Kapitel II Vergleichsverfahren Artikel 2 1. Die Hohen Vertragsparteien setzen eine aus fünf Mitgliedern bestehende Ständige Vergleichskommission (nachstehend Kommission genannt) ein.

2. Jede von ihnen ernennt ein Mitglied, das sie unter ihren Staatsangehörigen auswählen kann. Die drei ändern Mitglieder werden von den Vertragsparteien im gemeinsamen Einvernehmen unter den Angehörigen von Drittstaaten bezeichnet; sie müssen Angehörige verschiedener Staaten sein und dürfen weder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien haben noch in deren Dienst stehen.

3. Der Vorsitzende der Kommission wird von den Vertragsparteien aus der Mitte der gemeinsam bezeichneten Mitglieder ernannt.

Artikel 3 1. Die Mitglieder der Kommission werden für drei Jahre ernannt. Sie bleiben im Amt bis sie ersetzt werden und in jedem Fall bis sie die im Zeitpunkt des Erlöschens ihres Mandates noch hängigen Arbeiten abgeschlossen haben. Sind sie bei Ablauf der Frist von drei Jahren nicht ersetzt worden, so gelten sie als für eine weitere Periode von drei Jahren ernannt, und so fort.

2. Sitze, die durch Todesfall, Rücktritt oder sonstige Verhinderung frei werden, sind innert kürzester Frist nach dem für die Ernennung vorgesehenen Verfahren wieder zu besetzen.

3. Ein Kommissionsmitglied, das als Ersatz für ein Mitglied ernannt wird, dessen Amtsdauer noch nicht abgelaufen ist, gilt als für die restliche Amtsdauer seines Vorgängers ernannt.

4. Falls eines der Mitglieder der Vergleichskommission infolge Krankheit oder aus irgendeinem ändern Grund verhindert sein sollte, an den Arbeiten der Kommission teilzunehmen, bezeichnen die Vertragspartei oder die Vertragsparteien, die das betreffende Mitglied ernannt haben, einen Stellvertreter, der vorübergehend seinen Platz einnimmt.

Artikel 4 1. Innert 15 Tagen nachdem ein Vergleichsbegehren der Kommission notifiziert worden ist, kann jede der Hohen Vertragsparteien das von ihr bezeichnete Mitglied durch eine Person ersetzen, die nach ihrer Ansicht hinsichtlich des Gegenstandes der Streitigkeit besondere Sachkenntnisse besitzt.

2. Die Vertragspartei, die von diesem Recht Gebrauch zu machen wünscht, benachrichtigt unverzüglich die Gegenpartei, welche innert fünfzehn Tagen nach Empfang dieser Mitteilung vom gleichen Recht Gebrauch machen kann.

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Artikel 5 1. Die Kommission ist innert sechs Monaten nach Austausch der Ratifikationsurkunden zum vorliegenden Vertrag zu bestellen.

2. Erfolgt die Ernennung der gemeinsam zu bezeichnenden Kommissionsmitglieder nicht innert dieser Frist, oder im Falle einer Ersetzung innert drei Monaten nach Freiwerden des Sitzes, so wird auf Begehren der einen oder ändern Vertragspartei der Präsident des Internationalen Gerichtshofes mit der Vornahme der notwendigen Ernennungen betraut. Ist der Präsident des Gerichtshofes verhindert oder ist er Staatsangehöriger einer Vertragspartei, so wird der Vizepräsident des Gerichtshofes mit dieser Aufgabe betraut; ist dieser letztere verhindert oder ist er Staatsangehöriger einer Vertragspartei, so wird das amtsälteste Mitglied des Gerichtshofes, das nicht Staatsangehöriger einer Vertragspartei ist, diese Ernennungen vornehmen.

3. Erfolgt die Ernennung der von jeder Vertragspartei zu bezeichnenden Kommissionsmitglieder nicht innert der in Absatz l vorgesehenen Frist oder, im Falle der Ersetzung, innert drei Monaten nach Freiwerden des Sitzes, so werden die Kommissionsmitglieder gemäss dem in Absatz 2 dieses Artikels vorgesehenen Verfahren ernannt.

4. Wird der Vorsitzende der Kommission von den Vertragsparteien nicht innert zwei Monaten nach Bestellung der Kommission bezeichnet, so wird er gemäss dem in Absatz 2 dieses Artikels vorgesehenen Verfahren ernannt.

Artikel 6 1. Streitigkeiten werden der Kommission durch ein an den Vorsitzenden gerichtetes Begehren der einen Vertragspartei unterbreitet. Das Begehren wird von dieser Partei unverzüglich der ändern Vertragspartei notifiziert.

2. Das Begehren enthält nach einer summarischen Darlegung des Streitgegenstandes das Ersuchen an die Kommission alle Massnahmen zu treffen, die zu einem Vergleich führen können.

Artikel 7 Sofern die Hohen Vertragsparteien nichts anderes vereinbaren, tritt die Kommission an dem von ihrem Vorsitzenden bezeichneten Ort zusammen.

Artikel 8 Sofern nichts anderes vereinbart ist, regelt die Kommission ihr Verfahren selbst, das auf alle Fälle kontradiktorisch sein muss. Für die Untersuchung hält sich die Kommission, sofern sie nicht einstimmig etwas anderes beschliesst, an die Bestimmungen des dritten Titels des Haager Abkommens vom 18. Oktober 1907 zur friedlichen Erledigung internationaler Streitfälle.

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Artikel 9 1. Die Hohen Vertragsparteien sind bei der Kommission durch Agenten vertreten, denen es obliegt, als Mittelspersonen zwischen ihnen und der Kommision zu wirken; die Vertragsparteien können ausserdem Rechtsbeistände und Sachverständige beiziehen, die sie zu diesem Zweck ernennen, und sie können die Anhörung aller Personen verlangen, deren Aussage ihnen nützlich erscheint.

2. Die Kommission hat ihrerseits die Möglichkeit, von den Agenten, Rechtsbeiständen und Sachverständigen der beiden Vertragsparteien sowie von allen Personen, die mit Zustimmung ihrer Regierung vorzuladen sie als zweckmässig erachtet, mündliche Auskünfte zu verlangen.

Artikel 10 Sofern die Hohen Vertragsparteien nichts anderes beschliessen, werden die Entscheide der Kommission mit Stimmenmehrheit getroffen; ausser in Verfahrensfragen ist die Kommission nur dann beschlussfähig, wenn alle ihre Mitglieder anwesend sind.

Artikeln Die Hohen Vertragsparteien erleichtern die Arbeiten der Kommission und lassen ihr insbesondere in möglichst weitgehendem Ausmass alle sachdienlichen Dokumente und Auskünfte zukommen. Sie setzen die ihnen zu Gebote stehenden Mittel ein, um ihr zu ermöglichen, auf ihrem Hoheitsgebiet und gemäss ihren Rechtsvorschriften Zeugen und Sachverständige vorzuladen und einzuvernehmen sowie Augenscheine vorzunehmen.

Artikel 12 Die Arbeiten der Kommission werden nur veröffentlicht, wenn es die Kommission mit Zustimmung der Hohen Vertragsparteien beschliesst.

Artikel 13 1. Die Kommission hat zur Aufgabe die streitigen Fragen zu klären, zu diesem Zwecke mittels einer Untersuchung oder auf andere Weise alle sachdienlichen Auskünfte beizubringen und sich zu bemühen, einen Vergleich zwischen den Vertragsparteien herbeizuführen.

2. Die Kommission erstattet ihren Bericht innert sechs Monaten nach dem Tage, an dem ihr eine Streitigkeit unterbreitet worden ist, es sei denn, die Hohen Vertragsparteien beschliessen im gemeinsamen Einvernehmen eine Verlängerung dieser Frist. Wenn immer die Umstände es gestatten, enthält der Bericht einen Vorschlag für die Beilegung der Streitigkeit.

3. Jeder Vertragspartei wird eine Ausfertigung des Berichts übergeben.

4. Die Kommission bestimmt eine Frist, innerhalb welcher die Vertragsparteien sich zu ihren Vorschlägen zu äussern haben. Diese Frist hat drei Monate nicht zu überschreiten.

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Kapitel III Gerichtsverfahren Artikel 14 1. Hat das Vergleichsverfahren nicht zum Ziel geführt oder haben die Hohen Vertragsparteien vereinbart, auf ein vorgängiges Vergleichsverfahren zu verzichten, so können sie sich im gemeinsamen Einvernehmen oder durch einseitige Klage gemäss den Bestimmungen seines Statuts an den Internationalen Gerichtshof wenden, sofern die Streitigkeit rechtlicher Natur ist und zum Gegenstand hat : a. die Auslegung eines Vertrages; b. irgendwelche Fragen des Völkerrechts ; c. das Bestehen einer Tatsache, die, wenn sie bewiesen wäre, die Verletzung einer internationalen Verpflichtung bedeuten würde; d. die Art oder den Umfang einer, wegen Verletzung einer internationalen Verpflichtung geschuldeten Wiedergutmachung.

2. Im Falle einer Meinungsverschiedenheit über die Zuständigkeit des Gerichtshofes entscheidet der Gerichtshof.

3. Die Parteien können vereinbaren, dem Gerichtshof auch solche Streitigkeiten zu unterbreiten, die unter keine der in Absatz l erwähnten Kategorien fallen. Durch diese Bestimmung wird die Fähigkeit des Gerichtshofes, mit Zustimmung der Parteien ex aequo et bono zu entscheiden, nicht beeinträchtigt.

Kapitel IV Schiedsverfahren Artikel 15 1. Alle nicht unter Artikel 14 fallenden Streitigkeiten, bezüglich welcher die Parteien sich innert drei Monaten nach Abschluss der Arbeiten der im Kapitel II vorgesehenen Vergleichskommission nicht verständigt haben, können vor ein Schiedsgericht gebracht werden, das in jedem einzelnen Fall und sofern die Vertragsparteien nicht etwas anderes vereinbaren, in nachstehend angegebener Weise bestellt wird.

2. Die Hohen Vertragsparteien können vereinbaren, eine Streitigkeit rechtlicher Natur dem in diesem Kapitel vorgesehenen Schiedsverfahren zu unterstellen.

Artikel 16 1. Das Schiedsgericht besteht aus fünf Mitgliedern. Jede Vertragspartei ernennt ein Mitglied, das sie unter ihren Staatsangehörigen auswählen kann. Die drei anderen Schiedsrichter werden von den Vertragsparteien im gemeinsamen

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Einvernehmen unter den Angehörigen von Drittstaaten bezeichnet; sie müssen Angehörige verschiedener Staaten sein und dürfen weder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien haben noch in deren Diensten stehen.

2. Der Präsident des Schiedsgerichts wird von den Vertragsparteien aus der Mitte der gemeinsam bezeichneten Schiedsrichter ernannt.

Artikel 17 1. Erfolgt die Ernennung der gemeinsam zu bezeichnenden Mitglieder des Schiedsgerichts nicht innert drei Monaten nachdem die eine Vertragspartei die andere um Bestellung eines Schiedsgerichts ersucht hat, so wird der Präsident des Internationalen Gerichtshofes auf Begehren der einen oder ändern Vertragspartei mit der Vornahme der notwendigen Ernennungen betraut. Ist der Präsident des Gerichtshofes verhindert oder besitzt er die Staatsangehörigkeit einer Vertragspartei, so wird diese Aufgabe dem Vizepräsidenten des Gerichtshofes übertragen ; ist dieser verhindert oder Staatsangehöriger einer Vertragspartei, so nimmt das amtsalteste Mitglied des Gerichtshofes, das nicht Staatsangehöriger einer Vertragspartei ist, diese Ernennungen vor.

2. Erfolgt die Ernennung der von jeder Vertragspartei zu bezeichnenden Mitglieder des Schiedsgerichts nicht innert drei Monaten nachdem die eine Vertragspartei die andere um Bestellung eines Schiedsgerichts ersucht hat. so werden sie nach dem im vorangehenden Absatz vorgesehenen Verfahren bezeichnet.

3. Wird der Präsident des Schiedsgerichts von den Vertragsparteien nicht innert zwei Monaten nach der Bestellung des Gerichtes bezeichnet, so wird er nach dem in Absatz l dieses Artikels vorgesehenen Verfahren ernannt.

Artikel 18 1. Ist das Schiedsgericht einmal bestellt, so bleibt seine Zusammensetzung bis und mit der Urteilseröffnung die gleiche.

2. Jede Vertragspartei hat jedoch die Möglichkeit, den von ihr ernannten Schiedsrichter zu ersetzen, solange das Verfahren vor dem Schiedsgericht nicht eröffnet ist. Ist das Verfahren einmal eröffnet, so kann ein Schiedsrichter nur im gemeinsamen Einvernehmen der Vertragsparteien ersetzt werden.

3. Das Verfahren gilt als eröffnet, wenn der Präsident des Schiedsgerichts seine erste Verfügung erlassen hat.

ArtikeU9 1. Sitze, die durch Todesfall, Rücktritt oder sonstige Verhinderung frei werden, sind innert kürzester Frist nach dem für die Ernennung
vorgesehenen Verfahren wieder zu besetzen.

2. Jede Vertragspartei behält sich vor, sofort einen Stellvertreter zu ernennen, um den von ihr bezeichneten Schiedsrichter vorübergehend za ersetzen, der

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infolge Krankheit oder aus irgend einem anderen Grunde vorübergehend verhindert ist, an den Sitzungen teilzunehmen. Die Vertragspartei, die von diesem Recht Gebrauch zu machen wünscht, setzt unverzüglich die Gegenpartei in Kenntnis.

Artikel 20 1. Die Hohen Vertragsparteien schliessen in jedem einzelnen Fall einen Schiedsvertrag, in dem der Streitgegenstand, die Befugnisse des Schiedsgerichts, das zu befolgende Verfahren sowie alle ändern von ihnen festgesetzten Bedingungen niedergelegt sind.

2. Der Schiedsvertrag wird durch Notenwechsel zwischen den Regierungen der Vertragsparteien abgeschlossen.

Artikel 21 Das Schiedsgericht besitzt die erforderliche Zuständigkeit zur Auslegung des SchiedsVertrages.

Artikel 22 Fehlen im Schiedsvertrag genügende Hinweise und Angaben bezüglich der in Artikel 20 bezeichneten Punkte, so wird das Verfahren durch das dritte Kapitel des Statuts des Internationalen Gerichtshofes (Artikel 39 bis 64) und Titel II des Reglements des Internationalen Gerichtshofes (Artikel 31 bis 81) geregelt.

Artikel 23 Wird innert drei Monaten nach Bestellung des Schiedsgerichts kein Schiedsvertrag abgeschlossen, so wird dieses durch Klage der einen oder ändern Vertragspartei angerufen. Es hat die Streitigkeit zu untersuchen und einen Entscheid zu fällen.

Artikel 24 1. Wird das Schiedsgericht zur Beilegung einer Rechtsstreitigkeit angerufen, so entscheidet es gemäss Artikel 38, Absatz l des Statuts des Internationalen Gerichtshofes.

2. In allen ändern Fällen kann das Schiedsgericht ex aequo et bono entscheiden, unter Berücksichtigung der Rechte und Interessen jeder Partei.

Kapitel V Allgemeine Bestimmungen Artikel 25 1. Die Bestimmungen dieses Vertrages sind nicht anwendbar auf: a. Streitigkeiten über Fragen, die das Völkerrecht der ausschliesslichen Zuständigkeit der Staaten überlässt ;

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b. Streitigkeiten, die vor Inkrafttreten dieses Vertrages entstanden sind.

2. Entsteht eine Meinungsverschiedenheit darüber ob eine Streitigkeit unter die Bestimmungen dieses Artikels fällt, entscheidet hierüber die Ständige Vergleichskommission, der Internationale Gerichtshof oder das Schiedsgericht, je nach dem Falle.

Artikel 26 1. Handelt es sich um eine Streitigkeit, deren Gegenstand nach dem innerstaatlichen Recht einer Hohen Vertragspartei in die Zuständigkeit der Gerichtsoder Verwaltungsbehörden dieser Vertragspartei fällt, so wird die Streitigkeit dem Vergleichs-, Gerichts- oder Schiedsverfahren gemäss dem vorliegenden Vertrage erst unterbreitet, nachdem innert angemessener Frist von der zuständigen staatlichen Gerichts- oder Verwaltungsbehörde ein endgültiger Entscheid gefällt worden ist.

2. Ist ein Entscheid un innerstaatlichen Rechtsbereich erfolgt, so kann nach Ablauf einer Frist von fünf Jahren nach diesem Entscheid nicht mehr eines der in diesem Vertrage vorgesehenen Verfahren angerufen werden.

Artikel 27 1. In allen Fällen, in denen die Streitigkeit Gegenstand eines Gerichts- oder Schiedsverfahrens ist, namentlich wenn die zwischen den Hohen Vertragsparteien streitige Frage aus bereits erfolgten oder unmittelbar bevorstehenden Handlungen herrührt, ordnet der Internationale Gerichtshof gemäss Artikel 41 seines Statuts oder das Schiedsgericht möglichst bald an, welche vorläufigen Massnahmen zu treffen sind. Die Streitparteien sind verpflichtet, sich daran zu halten.

2. Ist die Vergleichskommission mit der Streitigkeit befasst, so kann sie den Vertragsparteien die ihr zweckdienlich erscheinenden vorläufigen Massnahmen empfehlen.

Artikel 28 Die Vertragsparteien enthalten sich jeglicher Massnahme, die sich auf die Durchführung des Gerichtsentscheides oder Schiedsspruches oder auf die von der Vergleichskommission vorgeschlagene Regelung nachteilig auswirken könnte, und unterlassen ganz allgemein jede Handlung, welcher Art sie auch sei, die geeignet wäre, die Streitigkeit zu verschärfen oder auszuweiten.

Artikel 29 Die Hohen Vertragsparteien leisten dem Urteil des Internationalen Gerichtshofes oder dem Spruch des Schiedsgerichts Folge. Das Urteil oder der Schiedsspruch ist sofort nach Treu und Glauben durchzuführen, sofern der Gerichtshof oder das Schiedsgericht nicht für diesen
Entscheid oder für einen Teil desselben eine Frist festgesetzt hat.

Artikel 30 Steht die Durchführung eines Gerichtsurteils oder Schiedsspruches im Widerspruch zu einem Entscheid oder einer Massnahme einer gerichtlichen oder

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anderen Behörde einer Streitpartei und können nach dem innerstaatlichen Recht dieser Partei die Folgen dieses Entscheides oder dieser Massnahme nicht oder nur unvollkommen beseitigt werden, so bestimmt der Gerichtshof oder das Schiedsgericht Art und Umfang des der geschädigten Vertragspartei zu gewahrenden Schadenersatzes.

Artikel 31 1. Im Falle einer Meinungsverschiedenheit über Sinn und Tragweite eines Urteils des Internationalen Gerichtshofes, kann dieser auf Begehren der einen oder anderen Vertragspartei sein Urteil auslegen.

2. Im Falle einer Meinungsverschiedenheit über Sinn und Tragweite eines Schiedsspruches des Schiedsgerichts kann dieses auf Begehren der einen oder anderen Vertragspartei seinen Schiedsspruch auslegen. Hierbei kann das Schiedsgericht die Bestimmungen der Artikel 79 bis 81 des Reglements des Internationalen Gerichtshofes analog anwenden.

3. Begehren um Auslegung eines Urteils des Internationalen Gerichtshofes oder eines Schiedsspruches des Schiedsgerichts sind dem Gerichtshof oder dem Schiedsgericht innert drei Monaten nach Verkündigung des Urteils oder Schiedsspruches zu unterbreiten.

Artikel 32 1. Dieser Vertrag bleibt zwischen den Hohen Vertragsparteien auch dann anwendbar, wenn ein dritter Staat an der Streitigkeit ein Interesse hat.

2. Im Vergleichsverfahren können die Vertragsparteien im gegenseitigen Einvernehmen einen dritten Staat zur Teilnahme einladen.

3. Ist beim Gerichts- oder Schiedsverfahren ein dritter Staat der Ansicht, dass in einer Streitigkeit für ihn ein Interesse rechtlicher Natur auf dem Spiele sei, so kann er beim Internationalen Gerichtshof oder beim Schiedsgericht ein Begehren auf Beteiligung am Verfahren einreichen.

4. Der Gerichtshof oder das Schiedsgericht entscheidet.

Artikel 33 1. Während der tatsächlichen Dauer des Vergleichs- oder Schiedsverfahrens erhalten die gemeinsam bezeichneten Mitglieder der Standigen Vergleichskommission und des Schiedsgerichts eine Vergütung, deren Betrag von den Hohen Vertragsparteien festgesetzt und zu gleichen Teilen übernommen wird.

2. Jede Vertragspartei trägt ihre eigenen Kosten und einen gleichen Teil der Kosten der Ständigen Vergleichskommission und des Schiedsgerichts.

Artikel 34 1. Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung oder Durchführung dieses Vertrages werden durch einfaches Begehren dem Internationalen Gerichtshof unterbreitet.

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2. Die vorstehend vorgesehene Anrufung des Internationalen Gerichtshofes bewirkt die einstweilige Einstellung des betreffenden Schieds- oder Vergleichsverfahren, bis der verlangte Entscheid vorliegt.

3. Die Bestimmung des vorstehenden Artikels 29 findet auf den Entscheid des Gerichtshofes Anwendung.

Artikel 35 1. Dieser Vertrag bedarf der Ratifizierung. Die Ratifizierungsurkunden sollen so bald wie möglich in Bern ausgetauscht werden.

2. Der Vertrag tritt mit dem Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft.

Er ist auf fünf Jahre, von seinem Inkrafttreten an, abgeschlossen. Wird er nicht sechs Monate vor Ablauf dieser Frist gekündigt, so gilt er als für weitere fünf Jahre erneuert, und so fort.

3. Ist bei Beendigung dieses Vertrages ein Vergleichs-, Gerichts- oder Schiedsverfahren hängig, so nimmt es seinen Fortgang gemäss den Bestimmungen dieses Vertrages oder jedes anderen Abkommens, das von den Hohen Vertragsparteien an seiner Stelle vereinbart wird.

Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten den vorliegenden Vertrag unterzeichnet.

Geschehen in zwei Urschriften in französischer und hebräischer Sprache, wobei beide Texte gleichermassen verbindlich sind, in Jerusalem, am zweiten Tage des Monats August 1965, das entspricht dem vierten Tag des Monats AV 5725.

Für den Schweizerischen Für die Regierung Bundesrat : von Is rael : (gez.) J. de Stoutz (gez.) Levi Eshkol Jean de Stoutz, Levi Eshkol, ausserordentlicher und bevollmächtigter Präsident des Rates schweizerischer Botschafter in Israel

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Vergleichs-, Gerichts- und Schiedsvertrag zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Vereinigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland

Der Schweizerische Bundesrat und die Regierung des Vereinigten Königreichs von Grossbritannien und Nordirland, vom Wunsche geleitet, die zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland bestehenden Bande der Freundschaft zu festigen und im Dienste des Friedensgedankens die Verfahren zur friedlichen Beilegung internationaler Streitigkeiten zu fördern, haben folgendes vereinbart :

Kapitel I Grundsatz der friedlichen Beilegung von Streitigkeiten Artikel l 1. Die Vertragsparteien verpflichten sich, alle zwischen ihnen entstehenden Streitigkeiten irgendwelcher Art, die nicht binnen angemessener Frist auf diplomatischem Wege beigelegt werden können, einem Vergleichsverfahren zu unterwerfen.

2. Ist ein Vergleich nicht zustande gekommen, so werden die Streitigkeiten gemäss den Bestimmungen dieses Vertrages einem Gerichts- oder einem Schiedsverfahren unterworfen.

3. Die Vertragsparteien können jedoch jederzeit vereinbaren, dass eine bestimmte Streitigkeit unmittelbar einem Gerichtsverfahren zu unterwerfen ist oder, falls es sich um eine Rechtsstreitigkeit handelt, einem Schiedsverfahren, ohne dass zuvor ein Vergleichsverfahren durchgeführt wird.

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Kapitel II Vergleichsverfahren Artikel 2 1. Die Vertragsparteien setzen eine aus fünf Mitgliedern bestehende Ständige Vergleichskommission (nachstehend Kommission genannt) ein.

2. Jede Vertragspartei ernennt ein Mitglied, das sie unter ihren Staatsangehörigen auswählen kann. Die drei ändern Mitglieder werden von den Vertragsparteien im gemeinsamen Einvernehmen unter den Angehörigen von Drittstaaten bezeichnet. Diese drei Mitglieder müssen Angehörige verschiedener Staaten sein. Sie dürfen weder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien haben noch in deren Dienst stehen.

3. Der Vorsitzende der Kommission wird von den Vertragsparteien im gemeinsamen Einvernehmen aus der Mitte der gemeinsam bezeichneten Mitglieder ernannt.

Artikel 3 1. Die Mitglieder der Kommission werden für drei Jahre ernannt. Sie bleiben im Amt bis sie ersetzt werden und in jedem Fall bis sie die im Zeitpunkt des Erlöschens ihres Mandates noch hängigen Arbeiten abgeschlossen haben. Ist die Ersetzung eines Kommissionsmitgliedes nach Ablauf einer Dreijahresperiode vorgesehen, so ist dieses Mitglied hiervon mindestens sechs Monate zum voraus zu benachrichtigen. Hat ein Kommissionsmitglied keine solche Mitteilung erhalten, so gilt es als für eine weitere Periode von drei Jahren ernannt, und so fort.

2. Sitze, die durch Todesfall, Rücktritt oder sonstige Verhinderung frei werden, sind innert kürzester Frist nach dem für die ursprüngliche Ernennung vorgesehenen Verfahren wieder zu besetzen.

3. Falls eines der Mitglieder der Vergleichskommission infolge Krankheit oder aus irgend einem ändern Grund verhindert sein sollte, an den Arbeiten der Kommission teilzunehmen, bezeichnen die Vertragspartei oder die Vertragsparteien, die das betreffende Mitglied ernannt haben, einen Stellvertreter, der vorübergehend seinen Platz einnimmt.

Artikel 4 Jede der Vertragsparteien kann das von ihr bezeichnete Kommissionsmitglied durch eine Person ersetzen, die hinsichtlich des Gegenstandes der Streitigkeit besondere Sachkenntnis besitzt. Beabsichtigt eine Vertragspartei dies zu tun, so teilt sie dies der anderen Vertragspartei im Zeitpunkt der Unterbreitung des Vergleichsbegehrens mit oder, gegebenenfalls, spätestens fünfzehn Tage nachdem sie die Notifizierung eines solchen Begehrens erhalten hat. Jede Vertragspartei kann in diesem Falle innert sechs Wochen ihr eigenes Kommissionsmitglied ersetzen, falls sie dies wünscht.

Bundesblatt. 117.Jakrg.Bd.III.

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Artikel 5 1. Die Kommission ist innert sechs Monaten nach Austausch der Ratifikationsurkunden zu diesem Vertrag zu bestellen.

2. Erfolgt die Ernennung der gemeinsam zu bezeichnenden Kommissionsmitglieder nicht innert der in Absatz l dieses Artikels vorgesehenen Frist, oder im Falle einer Ersetzung gemäss Artikel 3, Absatz 2, innert drei Monaten nach Freiwerden des Sitzes, so kann auf Begehren der einen oder ändern Vertragspartei der Präsident des Internationalen Gerichtshofes mit der Vornahme der notwendigen Ernennungen betraut werden. Ist der Präsident des Gerichtshofes verhindert oder ist er Staatsangehöriger einer Vertragspartei, so wird der Vizepräsident des Gerichtshofes mit dieser Aufgabe betraut ; ist dieser letztere verhindert oder ist er Staatsangehöriger einer Vertragspartei, so wird das amtsàlteste Mitglied des Gerichtshofes, das nicht Staatsangehöriger einer Vertragspartei ist, diese Ernennungen vornehmen.

3. Erfolgt die Ernennung der von jeder Vertragspartei zu bezeichnenden Kommissionsmitglieder nicht innert der in Absatz l dieses Artikels vorgesehenen Frist oder, im Falle der Ersetzung gemäss Artikel 3, Absatz 2, innert drei Monaten nach Freiwerden des Sitzes, so werden die Kommissionsmitglieder nach dem in Absatz 2 dieses Artikels vorgesehenen Verfahren ernannt.

4. Wird der Vorsitzende der Kommission von den Vertragsparteien nicht innert zwei Monaten nach Bestellung der Kommission oder im Falle einer Vakanz nach der Ergänzung der Kommission bezeichnet, so wird er gemäss dem in Absatz 2 dieses Artikels vorgesehenen Verfahren ernannt.

Artikel 6 1. Streitigkeiten werden der Kommission durch ein an den Vorsitzenden gerichtetes Begehren der einen Vertragspartei unterbreitet. Das Begehren wird von dieser Partei unverzüglicn der anderen Vertragspartei notifiziert.

2. Das Begehren enthalt nach einer summarischen Darlegung des Streitgegenstandes das Ersuchen an die Kommission alle Massnahmen zu treffen, die zu einem Vergleich führen können.

Artikel 7 Nach Anhörung der Agenten der Vertragsparteien erlasst die Kommission die in jedem Einzelfall zu befolgenden Verfahrensregeln. Diese Verfahrensregeln müssen den Bestimmungen dieses Vertrages entsprechen und den Vertragsparteien in jedem Stadium des Verfahrens gleichwertige Möglichkeiten gewahren, ihren Standpunkt darzulegen. Im übrigen
gelangen die in Anlage I zu diesem Vertrage enthaltenen Verfahrensregeln zur Anwendung, sofern die Kommission im Einvernehmen mit den Vertragsparteien nicht etwas anderes beschliesst.

Artikel 8 Sofern die Vertragsparteien nicht etwas anderes vereinbaren, tritt die Kommission an dem von ihrem Vorsitzenden bezeichneten Ort zusammen.

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Artikel 9 1. Die Vertragsparteien sind bei der Kommission durch Agenten vertreten, denen es obliegt, als Mittelspersonen zwischen ihnen und der Kommission zu wirken. Die Agenten können ausserdem Rechtsbeistände und Sachverständige beiziehen, die sie zu diesem Zweck ernennen, und sie können die Anhörung aller Personen verlangen, deren Aussage ihnen nützlich erscheint.

2. Die Kommission hat ihrerseits die Möglichkeit, von den Agenten, Rechtsbeiständen und Sachverständigen der beiden Vertragsparteien sowie von allen Personen, die mit Zustimmung ihrer Regierung vorzuladen sie als zweckmässig erachtet, mündliche Auskünfte zu verlangen.

Artikel 10 1. Sofern die Vertragsparteien nichts anderes beschliessen, werden die Entscheide der Kommission durch die Mehrheit der Stimmen ihrer Mitglieder getroffen ; ausser in Verfahrensfragen ist die Kommission nur dann beschlussfähig, wenn alle ihre Mitglieder anwesend sind.

2. Eine Verfahrensfrage kann, falls die Kommission nicht tagt und die Frage dringlicher Natur ist, durch den Vorsitzenden entschieden werden.

Artikeln Die Vertragsparteien erleichtern die Arbeiten der Kommission und lassen ihr insbesondere in möglichst weitgehendem Ausmass alle sachdienlichen Dokumente und Auskünfte zukommen. Sie setzen die ihnen zu Gebote stehenden Mittel ein, um ihr zu ermöglichen, auf ihrem Hoheitsgebiet und gemäss ihren Rechtsvorschriften Zeugen und Sachverständige vorzuladen und eihzuvernehmen sowie Augenscheine vorzunehmen.

Artikel 12 Die Arbeiten der Kommission werden nur veröffentlicht, wenn es die Kommission mit Zustimmung der Vertragsparteien beschliesst.

Artikel 13 1. Die Kommission hat zur Aufgabe die streitigen Fragen zu klären, zu diesem Zwecke mittels einer Untersuchung oder auf andere Weise alle sachdienlichen Auskünfte beizubringen und sich zu bemühen, einen Vergleich zwischen den Vertragsparteien herbeizuführen.

2. Die Kommission erstattet ihren Bericht innert sechs Monaten nach dem Tage, an dem ihr eine Streitigkeit unterbreitet worden ist, es sei denn, die Vertragsparteien beschliessen im gemeinsamen Einvernehmen eine Verlängerung

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dieser Frist. Wenn immer die Umstände es gestatten, enthält der Bericht einen Vorschlag für die Beilegung der Streitigkeit.

3. Jeder Vertragspartei wird eine Ausfertigung des Berichts übergeben. Der Bericht hat keineswegs den Charakter eines Schiedsspruches. Er lässt den Parteien volle Freiheit bezüglich der von ihnen gegenüber seinen Schlussfolgerungen und Empfehlungen einzunehmenden Haltung.

4. Erlässt die Kommission Empfehlungen, so setzt sie wenn immer möglich eine Frist fest, innerhalb welcher jede Vertragspartei der ändern mitzuteilen hat, ob sie den Empfehlungen nachzukommen gedenkt.

5. Kein Zugeständnis und kein Vorschlag, den eine der Vertragsparteien oder die Kommission während des Vergleichsverfahrens gemacht hat, kann im Falle des Misslingens dieses Verfahrens in irgendeiner Weise die Rechte und sonstigen Ansprüche der einen oder anderen Vertragspartei präjudizieren oder berühren. Desgleichen bedeutet die Tatsache, dass eine Vertragspartei eine Schlussfolgerung einer Empfehlung oder einen Vergleichsvorschlag der Kommission annimmt in keiner Weise, dass sie die rechtlichen und sachlichen Erwägungen anerkennt, auf denen diese Schlussfolgerung, diese Empfehlung oder dieser Vergleichsvorschlag beruht.

Kapitel III Gerichtsverfahren Artikel 14 1. Hat das Vergleichsverfahren nicht zum Ziel geführt oder haben die Vertragsparteien vereinbart, auf ein vorgängiges Vergleichsverfahren zu verzichten, so können sie sich auf Grund einer Vereinbarung oder durch einseitige Klage gemäss den Bestimmungen seines Statuts an den Internationalen Gerichtshof wenden, sofern die Streitigkeit rechtlicher Natur ist und zum Gegenstand hat : a. die Auslegung eines Vertrages ; b. irgendwelche Fragen des Völkerrechts; c. das Bestehen einer Tatsache, die, wenn sie bewiesen wäre, die Verletzung einer internationalen Verpflichtung bedeuten würde; d. die Art oder den Umfang einer, wegen Verletzung einer internationalen Verpflichtung geschuldeten Wiedergutmachung.

2. Im Falle einer Meinungsverschiedenheit über die Zuständigkeit des Gerichtshofes entscheidet der Gerichtshof.

3. Die Parteien können auf Grund einer Vereinbarung dem Gerichtshof auch solche Streitigkeiten unterbreiten, die unter keine der in Absatz l dieses Artikels erwähnten Kategorien fallen. Durch diese Bestimmung wird die Fähigkeit des Gerichtshofes, mit Zustimmung der Parteien ex aequo et bono zu entscheiden, nicht beeinträchtigt.

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Kapitel IV Schiedsverfahren Artikel 15 Hat das Vergleichsverfahren nicht zum Ziele geführt oder haben die Vertragsparteien vereinbart, kein vorgängiges Vergleichsverfahren durchzuführen, so können die Vertragsparteien auf Grand einer Vereinbarung eine Rechtsstreitigkeit dem in diesem Kapitel vorgesehenen Schiedsverfahren unterwerfen.

Das Schiedsgericht wird in jedem Einzelfall und sofern die Vertragsparteien nichts anderes vereinbaren gemäss den Bestimmungen der Artikel 16 bis 19 bestellt.

Artikel 16 1. Das Schiedsgericht besteht aus fünf Mitgliedern. Jede Vertragspartei ernennt ein Mitglied, das sie unter ihren Staatsangehörigen auswählen kann.

Die drei anderen Schiedsrichter werden von den Vertragsparteien im gemeinsamen Einvernehmen unter den Angehörigen von Drittstaaten bezeichnet. Diese drei Schiedsrichter müssen Angehörige verschiedener Staaten sein. Sie dürfen weder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien haben noch in deren Diensten stehen.

2. Der Präsident des Schiedsgerichts wird von den Vertragsparteien im gemeinsamen Einvernehmen aus der Mitte der gemeinsam bezeichneten Schiedsrichter ernannt.

Artikel 17 1. Erfolgt die Ernennung der gemeinsam zu bezeichnenden Mitglieder des Schiedsgerichts nicht innert drei Monaten nach Abschluss der Vereinbarung gemäss Artikel 15 oder, im Falle einer Ersetzung gemäss Artikel 19, Absatz l, innert drei Monaten nach Freiwerden des Sitzes, so kann der Präsident des Internationalen Gerichtshofes auf Begehren der einen oder ändern Vertragspartei mit der Vornahme der notwendigen Ernennungen betraut werden. Ist der Präsident des Gerichtshofes verhindert oder besitzt er die Staatsangehörigkeit einer Vertragspartei, so wird diese Aufgabe dem Vizepräsidenten des Gerichtshofes übertragen; ist dieser verhindert oder Staatsangehöriger einer Vertragspartei, so nimmt das amtsälteste Mitglied des Gerichtshofes, das nicht Staatsangehöriger einer Vertragspartei ist, diese Ernennungen vor.

2. Erfolgt die Ernennung der von jeder Vertragspartei zu bezeichnenden Mitglieder des Schiedsgerichts nicht innert drei Monaten nach Abschluss der Vereinbarung gemäss Artikel 15 oder, im Falle einer Ersetzung gemäss Artikel 19, Absatz l, innert drei Monaten nach Freiwerden des Sitzes, so werden sie nach dem in Absatz l dieses Artikels vorgesehenen
Verfahren bezeichnet.

3. Wird der Präsident des Schiedsgerichts von den Vertragsparteien nicht innert zwei Monaten nach der Bestellung des Gerichtes oder (im Falle einer

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Vakanz) der Ergänzung des Schiedsgerichts bezeichnet, so wird er nach dem in Absatz l dieses Artikels vorgesehenen Verfahren ernannt.

Artikel 18 1. Ist das Schiedsgericht einmal bestellt, so bleibt seine Zusammensetzung vorbehaltlich der Bestimmungen dieses Artikels und des Artikels 19 bis und mit der Urteilseröffnung die gleiche.

2. Jede Vertragspartei hat jedoch die Möglichkeit, den von ihr ernannten Schiedsrichter zu ersetzen, solange das Verfahren vor dem Schiedsgericht nicht eröffnet ist. Ist das Verfahren einmal eröffnet, so kann ein Schiedsrichter nur im gemeinsamen Einvernehmen der Vertragsparteien ersetzt werden.

3. Das Verfahren gilt als eröffnet, wenn der Präsident des Schiedsgerichts seine erste Verfügung in Verfahrensangelegenheiten erlassen hat.

Artikel 19 1. Sitze, die durch Todesfall oder Rücktritt frei werden, sind innert kürzester Frist nach dem für die ursprüngliche Ernennung vorgesehenen Verfahren wieder zu besetzen.

2. Jede Vertragspartei hat das Recht, sofort einen Stellvertreter zu ernennen, um den von ihr bezeichneten Schiedsrichter vorübergehend zu ersetzen, der infolge Krankheit oder aus irgend einem anderen Grunde verhindert ist, an den Sitzungen teilzunehmen. Die Vertragspartei, die von diesem Recht Gebrauch zu machen wünscht, setzt unverzüglich die andere Vertragspartei davon in Kenntnis.

Artikel 20 Die gemäss Artikel 15 abgeschlossene Vereinbarung umschreibt den Streitgegenstand, die Befugnisse des Schiedsgerichts, das zu befolgende Verfahren sowie alle ändern von den Vertragsparteien festgesetzten Bedingungen.

Artikel 21 Das Schiedsgericht ist für die Auslegung der Vereinbarung zuständig.

Artikel 22 Die in der Vereinbarung enthaltenen Verfahrensregeln müssen den Bestimmungen dieses Vertrages entsprechen. Finden sich in der Vereinbarung keine besonderen Regeln, so gelangen die in Anlage II zu diesem Vertrage enthaltenen Verfahrensregeln zur Anwendung.

Artikel 23 1. Die Vertragsparteien sind vor dem Schiedsgericht durch Agenten vertreten, denen es obliegt, als Mittelspersonen zwischen ihnen und dem Schieds-

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gericht zu wirken. Die Agenten können ausserdem Rechtsbeistände und Sachverständige beiziehen, die sie zu diesem Zwecke ernennen, und sie können die Anhörung aller Personen verlangen, deren Aussage ihnen nützlich erscheint.

2. Das Schiedsgericht hat die Möglichkeit, von den Agenten, Rechtsbeiständen und Sachverständigen der Vertragsparteien, sowie von allen Personen, die mit Zustimmung ihrer Regierung vorzuladen es als zweckmässig erachtet, mündliche Auskünfte zu verlangen.

Artikel 24 1. Alle Entscheide des Schiedsgerichts werden durch die Mehrheit seiner Mitglieder gefällt.

2. Über alle Verfahrensfragen, die nicht durch diesen Vertrag, durch die Vereinbarung zwischen den Vertragsparteien oder durch die in Anlage II zu diesem Vertrage enthaltenen Verfahrensvorschriften geregelt sind, entscheidet das Schiedsgericht oder, wenn dieses nicht tagt und die Frage dringlicher Natur ist, dessen Präsident.

Artikel 25 Das Verfahren und die Beratungen finden gesamthaft unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Die Akten des schriftlichen Verfahrens, die Berichte und die Sitzungsprotokolle, der Schiedsspruch sowie sämtliche übrigen Dokumente werden nicht veröffentlicht, sofern die Vertragsparteien nichts anderes vereinbaren.

Artikel 26 Das Schiedsgericht wendet an : a. die internationalen Übereinkünfte allgemeiner oder besonderer Natur, in denen die von den Streitparteien ausdrücklich anerkannten Normen aufgestellt worden sind; b. das internationale Gewohnheitsrecht als Ausdruck einer allgemein als Recht anerkannten Übung; c. die allgemeinen, von den Kulturstaaten anerkannten Rechtsgrundsätze; d. die gerichtlichen Entscheide und die Lehren der anerkanntesten Autoren der verschiedenen Nationen als Hilfsmittel zur Feststellung der Rechtsnormen.

Artikel 27 Der Schiedsspruch enthält eine Begründung. Jeder Vertragspartei wird eine Abschrift des Schiedsspruches übergeben.

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Kapitel V Allgemeine Bestimmungen Artikel 28 1. Die Bestimmungen dieses Vertrages finden keine Anwendung : a. auf Streitigkeiten, die sich auf Tatsachen oder Situationen beziehen, die vor Inkrafttreten dieses Vertrages entstanden sind; b. auf Streitigkeiten über Fragen, die nach Völkerrecht in die ausschliessliche Zuständigkeit einer der Vertragsparteien fallen; c. auf Streitigkeiten, bezüglich welchen die Vertragsparteien vereinbart haben oder vereinbaren werden, zu einem anderen Mittel der friedlichen Beilegung Zuflucht zu nehmen.

2. Entsteht nach Beginn des Vergleichs-, Gerichts- oder Schiedsverfahrens zwischen den Vertragsparteien eine Meinungsverschiedenheit darüber, ob eine Frage unter die Bestimmungen dieses Artikels fällt, so wird diese Meinungsverschiedenheit durch die Vergleichskommission, den Internationalen Gerichtshof oder das Schiedsgericht beigelegt.

Artikel 29 1. Handelt es sich um eine Streitigkeit, deren Gegenstand nach dem innerstaatlichen Recht einer Vertragspartei in die Zuständigkeit der Gerichts- oder Verwaltungsbehörden dieser Vertragspartei fällt, so wird die Streitigkeit dem Vergleichs-, Gerichts- oder Schiedsverfahren gemäss diesem Vertrage erst unterbreitet, nachdem innert angemessener Frist von der zuständigen staatlichen Gerichts- oder Verwaltungsbehörde ein endgültiger Entscheid gefällt worden ist.

2. Ist ein Entscheid im innerstaatlichen Rechtsbereich erfolgt, so kann nach Ablauf einer Frist von fünf Jahren nach diesem Entscheid nicht mehr eines der in diesem Vertrage vorgesehenen Verfahren angerufen werden.

Artikel 30 1. In allen Fällen, in denen die Streitigkeit Gegenstand eines Gerichts- oder Schiedsverfahrens ist, namentlich wenn die zwischen den Vertragsparteien streitige Frage aus bereits erfolgten oder unmittelbar bevorstehenden Handlungen herrührt, ordnet der Internationale Gerichtshof gemäss Artikel 41 seines Statuts oder das Schiedsgericht möglichst bald an, welche vorläufigen Massnahmen zu treffen sind, um die Rechte jeder Vertragspartei zu wahren. Die Vertragsparteien sind verpflichtet, die vom Gerichtshof oder dem Schiedsgericht angeordneten Massnahmen zu treffen.

2. Ist die Ständige Vergleichskommission mit der Streitigkeit befasst, so kann sie den Vertragsparteien die ihr zweckdienlich erscheinenden vorläufigen Massnahmen empfehlen.

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Artikel 31 Die Vertragsparteien enthalten sich jeglicher Massnahme, die sich auf die Durchführung des Gerichtsentscheides oder Schiedsspruches oder auf die von der Vergleichskommission vorgeschlagene Regelung nachteilig auswirken könnte, und unterlassen ganz allgemein jede Handlung, welcher Art sie auch sei, die geeignet wäre, die Streitigkeit zu verschärfen oder auszuweiten.

Artikel 32 Die Vertragsparteien leisten dem Urteil des Internationalen Gerichtshofes oder dem Spruch des Schiedsgerichtes Folge. Das Urteil oder der Schiedsspruch ist nach Treu und Glauben durchzuführen. Die Durchführung hat sofort zu erfolgen, sofern der Gerichtshof oder das Schiedsgericht nicht für das Urteil oder den Schiedsspruch oder für einen Teil derselben eine Frist festgesetzt hat Artikel 33 Steht die Durchführung eines Gerichtsurteils oder Schiedsspruches im Widerspruch zu einem Entscheid oder einer Massnahme einer gerichtlichen oder anderen Behörde einer Vertragspartei und können nach dem innerstaatlichen Recht dieser Vertragspartei die Folgen dieses Entscheides oder dieser Massnahme nicht oder nur unvollkommen beseitigt werden, so bestimmt der Gerichtshof oder das Schiedsgericht Art und Umfang des der geschädigten Vertragspartei zu gewährenden Schadenersatzes.

Artikel 34 Die Schwierigkeiten, zu denen die Auslegung eines Urteils des Internationalen Gerichtshofes oder eines Schiedsspruches des Schiedsgerichtes Anlass geben könnte, werden auf Begehren einer Vertragspartei innert drei Monaten, nach Eröffnung des Urteils oder Schiedsspruches dem Internationalen Gerichtshof oder dem Schiedsgericht unterbreitet.

Artikel 35 Die Revision eines Gerichtsurteils oder eines Schiedsspruches kann nur auf Grund des Bekanntwerdens einer massgeblichen Tatsache verlangt werden, die im Zeitpunkt, in dem das Urteil oder der Schiedsspruch gefällt wurde, dem Internationalen Gerichtshof oder dem Schiedsgericht, sowie der Vertragspartei, die das Revisionsbegehren stellt, nicht bekannt war, sofern diese Unkenntnis nicht auf Nachlässigkeit zurückzuführen ist. Das Revisionsverfahren wird eröffnet durch einen Entscheid des Internationalen Gerichtshofes oder des Schiedsgerichts, welcher auf die neue Tatsache Bezug nimmt und feststellt, dass diese geeignet ist, eine Revision des Verfahrens zu rechtfertigen und gestützt auf diese Erwägungen
das Begehren gutheisst. Das Revisionsbegehren muss spätestens sechs Monate nach Entdeckung der neuen Tatsache gestellt werden. Nach Ablauf von zehn Jahren seit dem Datum des Urteils oder Schiedsspruches kann kein Revisionsbegehren mehr gestellt werden.

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Artikel 36 1. Dieser Vertrag bleibt zwischen den Vertragsparteien auch dann anwendbar, wenn ein dritter Staat an der Streitigkeit ein Interesse hat.

2. Im Vergleichsverfahren können die Vertragsparteien im gegenseitigen Einvernehmen einen dritten Staat zur Teilnahme einladen.

3. Ist beim Gerichts- oder Schiedsverfahren ein dritter Staat der Ansicht, dass in einer Streitigkeit für ihn ein Interesse rechtlicher Natur auf dem Spiele sei, so kann er beim Internationalen Gerichtshof oder beim Schiedsgericht ein Begehren auf Beteiligung am Verfahren einreichen. Der Gerichtshof oder das Schiedsgericht entscheidet.

Artikel 37 1. Während der tatsächlichen Dauer des Vergleichs- oder Schiedsverfahrens erhalten die gemeinsam bezeichneten Mitglieder der Ständigen Vergleichskommission und des Schiedsgerichts eine Vergütung, deren Betrag von den Vertragsparteien im gemeinsamen Einvernehmen festgesetzt und zu gleichen Teilen übernommen wird.

2. Jede Vertragspartei trägt ihre eigenen Kosten und einen gleichen Teil der Kosten der Ständigen Vergleichskommission und des Schiedsgerichts.

Artikel 38 1. Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung oder Durchführung dieses Vertrages können unter Vorbehalt von Artikel 28, Absatz 2 dieses Vertrages durch einfaches Begehren dem Internationalen Gerichtshof unterbreitet werden.

2. Die in Absatz l dieses Artikels vorgesehene Anrufung des Internationalen Gerichtshofes bewirkt die einstweilige Einstellung des betreffenden Schieds- oder Vergleichsverfahrens, bis der verlangte Entscheid vorliegt.

3. Die Bestimmungen von Artikel 32 dieses Vertrages finden auf den Entscheid des Gerichtshofes Anwendung.

Artikel 39 1. Dieser Vertrag findet keine Anwendung auf Streitigkeiten, die sich auf Handlungen oder Unterlassungen beziehen, welche ihren Ursprung in irgend einem Gebiet (ausserhalb des Vereinigten Königreichs) haben oder dieses betreffen, für dessen internationale Beziehungen das Vereinigte Königreich von Grossbritannien und Nordirland verantwortlich ist, es sei denn, dieser Vertrag sei auf das betreffende Gebiet anwendbar erklärt worden. Eine solche Ausdehnung des Anwendungsbereiches tritt zum Zeitpunkt und zu den Bedingungen (auch bezüglich der Kündigung) in Kraft, die von den Vertragsparteien zu diesem Zweck in einem Notenwechsel festgehalten und vereinbart werden.

2. Die Kündigung dieses Vertrages gemäss Artikel 40, Absatz 2 bewirkt Kündigung der Ausdehnung des Anwendungsbereiches dieses Vertrages auf

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jedes Gebiet, auf das er auf Grund dieses Artikels anwendbar erklärt wurde, vorausgesetzt, dass die Vertragsparteien nicht durch eine ausdrückliche Vereinbarung etwas anderes beschliessen.

Artikel 40 1. Dieser Vertrag bedarf der Ratifizierung. Die Ratifikationsurkunden sollen so bald wie möglich in Bern ausgetauscht werden.

2. Dieser Vertrag tritt mit dem Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft. Er bleibt während fünf Jahren nach diesem Datum in Kraft, und er bleibt hiernach während aufeinanderfolgenden Perioden von Jahren in Kraft, sofern eine Vertragspartei ihn nicht mittels einer schriftlichen Mitteilung kündigt, die der anderen Vertragspartei mindestens sechs Monate vor Ablauf einer Fünfjahresperiode zugestellt werden muss.

3. Ist bei Beendigung dieses Vertrages ein Vergleichs-, Gerichts- oder Schiedsverfahren hängig, so nimmt es seinen Fortgang gemäss den Bestimmungen dieses Vertrages oder jedes anderen Abkommens, das von den Vertragsparteien an seiner Stelle vereinbart wird.

Zu Urkund dessen haben die hierzu durch ihre Regierungen gehörig befugten Unterzeichneten den vorliegenden Vertrag unterschrieben.

Geschehen in zwei Urschriften in London am 7. Juli 1965 in französischer und englischer Sprache, wobei beide Texte gleichennassen verbindlich sind.

Für den Schweizerischen Für die Regierung Bundesrat : des Vereinigten Königreichs (gez.) B. de Fischer von Grossbritannien und Nordirland: (gez.) Michael Stewart

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ANLAGE I Ständige Vergleichskommission Verfahrensregeln

1. Ist der Tagungsort einmal gemäss Artikel 8 des Vertrages festgelegt, so kann er nur noch durch einen im Einvernehmen mit den Vertragsparteien gefassten Beschluss der Kommission verlegt werden.

2. Die offiziellen Sprachen der Kommission sind Französisch und Englisch.

Die Akten des schriftlichen Verfahrens können in französischer oder englischer Sprache vorgelegt werden. Das mündliche Verfahren ist von einer offiziellen Sprache in die andere zu übersetzen, sofern die Kommission im Einvernehmen mit den Agenten nicht beschliesst auf eine Übersetzung für einen Teil oder die Gesamtheit des Verfahrens zu verzichten.

3. Die Kommission kann, falls sie dies als notwendig erachtet, einen Sekretär ernennen, der unter der Aufsicht des Vorsitzenden die notwendigen Vorkehrungen trifft für die Sitzungen der Kommission, die Abfassung der Berichte und die Vorbereitung der Sitzungsprotokolle, und der alle sonstigen für die Unterstützung der Kommission nützlichen Aufgaben erfüllt, die ihm die Kommission überträgt.

4. Die Kommission setzt die Daten fest, an denen jede Vertragspartei der Kommission und der anderen Vertragspartei ihre Darlegung des Sachverhaltes und die Akten, Papiere und Dokumente, die sie als für die Darlegung der wahren Sachlage nützlich betrachtet, vorlegen muss, sowie die Liste der Zeugen und Sachverständigen, deren Einvernahme sie wünscht.

5. Die Kommission kann sich vorübergehend an jeden Ort begeben, falls sie der Ansicht ist, es sei nützlich, dort eine Beweisaufnahme durchzuführen. Soll Beweismaterial auf dem Gebiet eines Drittstaates beigebracht werden, so ist dessen Zustimmung einzuholen.

6. Alle Beweisaufnahmen und Augenscheine sind in Gegegenwart oder nach gehöriger Vorladung der Agenten, Rechtsbeistände und Sachverständigen der Vertragsparteien vorzunehmen.

7. Nach Vorlegung aller Erklärungen und Beweismittel durch die Vertragsparteien und nach Einvernahme sämtlicher Zeugen erklärt der Vorsitzende das Beweisverfahren als abgeschlossen und zieht sich die Kommission zur Beratung und Abfassung ihres Berichtes zurück.

8. Der Bericht muss von sämtlichen Kommissionsmitghedern unterzeichnet sein. Verweigert ein Mitglied seine Unterschrift, wird dies zu Protokoll genommen, ohne dass dadurch die Gültigkeit des Berichtes berührt wird.

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ANLAGE II Schiedsgericht Verfahrensregeln 1. Haben sich die Vertragsparteien über den Sitz des Schiedsgerichts nicht geeinigt, tagt dieses an dem von seinem Präsidenten bezeichneten Orte. Der einmal festgelegte Sitz kann nur durch einen im Einvernehmen mit den Parteien getroffenen Entscheid des Schiedsgerichts verlegt werden.

2. Die offiziellen Sprachen des Schiedsgerichts sind Französisch und Englisch. Die Akten des schriftlichen Verfahrens können in französischer oder englischer Sprache vorgelegt werden. Das mündliche Verfahren ist von einer offiziellen Sprache in die andere zu übersetzen, sofern das Schiedsgericht im Einvernehmen mit den Agenten nicht beschliesst, auf eine Übersetzung für einen Teil oder die Gesamtheit des Verfahrens zu verzichten.

3. Das Schiedsgericht kann, falls es dies als notwendig erachtet, einen Sekretär ernennen, der unter der Aufsicht des Präsidenten die notwendigen Vorkehren trifft für die Sitzungen des Schiedsgerichts, die Abfassung der Berichte und die Vorbereitung der Sitzungsprotokolle, und der alle sonstigen für die Unterstützung des Schiedsgerichts nützlichen Aufgaben erfüllt, die ihm das Schiedsgericht überträgt.

4. Das Verfahren besteht aus einem schriftlichen 'und einem mündlichen Teil. Der schriftliche Teil besteht aus der Übergabe an das Schiedsgericht und die Vertragsparteien von Klageschriften, Klagebeantwortungen und nötigenfalls Repliken sowie aller Papiere und Dokumente, die als Unterlagen dieser Akten dienen. Das mündliche Verfahren besteht aus der Anhörung der Zeugen, Sachverständigen, Agenten und Rechtsbeistände durch das Schiedsgericht.

5. Für jeden dem Schiedsgericht unterbreiteten Fall befragt der Präsident die Parteien über das zu befolgende Verfahren. Zu diesem Zwecke kann er die Agenten sofort nach ihrer Ernennung vorladen. Gestützt auf die erhaltenen Angaben und unter Berücksichtigung aller zwischen den Vertragsparteien getroffenen Abmachungen erlässt der Präsident die notwendigen Verfügungen, die unter anderem die Anzahl und die Reihenfolge der Vorlage der Prozessakten betreffen, sowie die Fristen, innerhalb welchen diese vorzulegen sind. Der Präsident kann jede festgesetzte Frist verlängern.

6. Jede Klageschrift und jede Klagebeantwortung sowie alle übrigen Prozessakten müssen in einer Beilage Kopien aller als Unterlagen dienenden Schriftstücke enthalten, deren Liste im Anschluss an die Schlussfolgerungen aufgeführt wird. Enthält die Beilage infolge des Umfanges eines Dokumentes nur

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Auszüge desselben, so muss das vollständige Dokument oder eine Abschrift davon dem Sekretär zuhanden des Schiedsgerichts oder der anderen Vertragspartei zur Verfügung gestellt werden, sofern das Dokument nicht veröffentlicht oder der Öffentlichkeit zugänglich ist. Alle nicht in französischer oder englischer Sprache abgefassten Dokumente müssen von einer Übersetzung in eine der beiden Sprachen begleitet sein. Im Falle umfangreicher Dokumente können Übersetzungen von Auszügen vorgelegt werden, unter Vorbehalt allfälliger späterer Entscheide des Präsidenten oder des Schiedsgerichts.

7. Jede Vertragspartei vermittelt innerhalb nützlicher Frist vor Beginn des mündlichen Verfahrens dem Präsidenten des Schiedsgerichts nähere Angaben über die Beweismittel, die sie vorzulegen gedenkt oder deren Beschaffung sie dem Schiedsgericht zu beantragen beabsichtigt. Diese Mitteilung enthält die Liste der Namen, Vornamen, Signalemente und Wohnorte der Zeugen und Sachverständigen, deren Einvernahme die Vertragspartei wünscht, sowie eine summarische Angabe der wichtigsten Punkte, die Gegenstand ihrer Aussage sein sollen.

8. Das Schiedsgericht kann sich vorübergehend an jeden Ort begeben, falls es der Ansicht ist, es sei nützlich dort eine Beweisaufnahme durchzuführen. Soll Beweismaterial auf dem Gebiet eines Drittstaates beigebracht werden, so ist dessen Zustimmung einzuholen.

9. Alle Beweisaufnahmen und Augenscheine sind in Gegenwart oder nach gehöriger Vorladung der Agenten, Rechtsbeistände und Sachverständigen der Vertragsparteien vorzunehmen.

10. Nach Vorlegung aller Erklärungen und Beweismittel durch die Vertragsparteien und nach Einvernahme sämtlicher Zeugen, erklart der Präsident das Verfahren als abgeschlossen und zieht sich das Schiedsgericht zur Beratung und Abfassung seines Schiedsspruches zurück.

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SCHWEIZERISCHE BOTSCHAFT LONDON

London, den 7. Juli 1965

Herr Staatssekretär, Ich habe die Ehre, den Empfang Ihres heutigen Schreibens zu bestätigen, das f olgendermassen lautet : «Unter Bezugnahme auf den heute unterzeichneten Vergleichs-, Gerichtsund Schiedsvertrag liegt mir daran, in dieser Form das Einvernehmen unserer beiden Regierungen festzuhalten, dass Kapitel III (Gerichtsverfahren) nicht anwendbar ist auf Streitigkeiten, deren Ursache in Feindseligkeiten, einem Krieg, einem Kriegszustand, einer kriegerischen oder einer militärischen Besetzung liegt, oder die damit zusammenhängen, an denen die Schweiz oder das Vereinigte Königreich beteiligt war oder sein wird.

Ich wäre Ihrer Exzellenz dankbar, wenn Sie mir dieses Einvernehmen im Namen des Schweizerischen Bundesrates bestätigen wollte. » Ich habe die Ehre, Ihrer Exzellenz das Einverständnis des Schweizerischen Bundesrates zu Vorstehendem bekanntzugeben.

Ich versichere Sie, Herr Staatssekretär, meiner ausgezeichneten Hochachtung.

(gez.) B. de Fischer

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Vergleichs-, Gerichts- und ScMedsvertrag zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Kamerun

Der Schweizerische Bundesrat und die Regierung der Bundesrepublik Kamerun, vom Wunsche geleitet, die zwischen der Schweiz und der Bundesrepublik Kamerun bestehenden Bande der Freundschaft zu festigen und im Dienste des Friedensgedankens die Verfahren zur friedlichen Beilegung internationaler Streitigkeiten zu fördern, haben beschlossen, zu diesem Zweck den vorliegenden Vertrag abzuschliessen.

Kapitel I Grundsatz der friedlichen Beilegung von Streitigkeiten Artikel l 1. Die Hohen Vertragsparteien verpflichten sich, alle zwischen ihnen entstehenden Stieitigkeiten irgendwelcher Art, die nicht binnen angemessener Frist auf diplomatischem Wege beigelegt werden können, einem Vergleichsverfahren zu unterwerfen.

2. Kommt ein Vergleich nicht zustande, so werden die Streitigkeiten gemäss den Bestimmungen dieses Vertrages einem Gerichts- oder einem Schiedsverfahren unterworfen.

3. Es steht jedoch den Hohen Vertragsparteien jederzeit frei zu vereinbaren, dass eine bestimmte Streitigkeit unmittelbar durch den Internationalen Gerichtshof oder durch ein Schiedsgericht beizulegen ist, ohne dass zuvor das oben vorgesehene Vergleichsverfahren durchgeführt wird.

Kapitel II Vergleichsverfahren Artikel 2 1. Die Hohen Vertragsparteien setzen eine aus fünf Mitgliedern bestehende Ständige Vergleichskommission (nachstehend Kommission genannt) ein.

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2. Jede von ihnen ernennt ein Mitglied, das sie unter ihren Staatsangehörigen auswählen kann. Die drei ändern Mitglieder werden von den Vertragsparteien im gegenseitigen Einvernehmen unter den Angehörigen von Drittstaaten bezeichnet ; sie müssen Angehörige verschiedener Staaten sein und dürfen weder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien haben noch in deren Dienst stehen.

3. Der Vorsitzende der Kommission wird von den Vertragsparteien aus der Mitte der gemeinsam bezeichneten Mitglieder ernannt.

Artikel 3 1. Die Mitglieder der Kommission werden für drei Jahre ernannt. Sie bleiben im Amt bis sie ersetzt werden und in jedem Fall bis sie die im Zeitpunkt des Erlöschens ihres Mandates noch hängigen Arbeiten abgeschlossen haben. Sind sie bei Ablauf der Frist von drei Jahren nicht ersetzt worden, so gelten sie als für eine weitere Periode von drei Jahren ernannt, und so fort.

2. Sitze, die durch Todesfall, Rücktritt oder sonstige Verhinderungen frei werden, sind innert kürzester Frist nach dem für die Ernennung vorgesehenen Verfahren wieder zu besetzen.

3. Falls eines der Mitglieder der Vergleichskommission infolge Krankheit oder aus irgend einem ändern Grund verhindert sein sollte, an den Arbeiten der Kommission teilzunehmen, bezeichnen die Vertragspartei oder die Vertragsparteien, die das betreffende Mitglied ernannt haben, einen Stellvertreter, der vorübergehend seinen Platz einnimmt.

Artikel 4 1. Innert 15 Tagen nachdem ein Vergleichsbegehren der Kommission notifiziert worden ist, kann jede der Hohen Vertragsparteien das von ihr bezeichnete Mitglied durch eine Person ersetzen, die hinsichtlich des Gegenstandes der Streitigkeit besondere Sachkenntnisse besitzt.

2. Die Vertragspartei, die von diesem Recht Gebrauch zu machen wünscht, hat unverzüglich die Gegenpartei davon zu benachrichtigen ; in diesem Fall kann diese letztere innert fünfzehn Tagen nach Erhalt der Notifikation vom gleichen Recht Gebrauch machen.

Artikel 5 1. Die Kommission ist innert sechs Monaten nach Austausch der Ratifikationsurkunden zum vorliegenden Vertrag zu bestellen.

2. Erfolgt die Ernennung der gemeinsam zu bezeichnenden Kommissionsmitglieder nicht innert dieser Frist, oder im Falle einer Ersetzung innert drei Monaten nach Freiwerden des Sitzes, so wird auf Begehren der einen oder ändern
Vertragspartei der Präsident des Internationalen Gerichtshofes mit der Vornahme der notwendigen Ernennungen betraut. Ist der Präsident des Gerichtshofes verhindert oder ist er Staatsangehöriger einer Vertragspartei, so wird der VizepräsiBundesblatt.117.Jahrg.Bd.nl.

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dent des Gerichtshofes mit dieser Aufgabe betraut ; ist dieser letztere verhindert oder ist er Staatsangehöriger einer Vertragspartei, so wird das amtsälteste Mitglied des Gerichtshofes, das nicht Staatsangehöriger einer Vertragspartei ist, diese Ernennungen vornehmen.

3. Erfolgt die Ernennung der von jeder Vertragspartei zu bezeichnenden Kommissionsmitglieder nicht innert der in Absatz l vorgesehenen Frist oder, im Falle der Ersetzung, innert drei Monaten nach Freiwerden des Sitzes, so werden die Kommissionsmitglieder gemäss dem in Absatz 2 dieses Artikels vorgesehenen Verfahren ernannt.

4. Wird der Vorsitzende der Kommission von den Vertragsparteien nicht innert zwei Monaten nach Bestellung der Kommission bezeichnet, so wird er gemäss dem in Absatz 2 dieses Artikels vorgesehene Verfahren ernannt.

Artikel 6 1. Streitigkeiten werden der der Kommission durch ein an den Vorsitzenden gerichtetes Begehren der einen Vertragspartei unterbreitet. Das Begehren wird von dieser Partei unverzüglich der anderen Vertragspartei notifiziert.

2. Das Begehren enthält nach einer summarischen Darlegung des Streitgegenstandes das Ersuchen an die Kommission alle Massnahmen zu treffen, die zu einem Vergleich führen können.

Artikel 7 Sofern die Hohen Vertragsparteien nichts anderes vereinbaren, tritt die Kommission an dem von ihrem Vorsitzenden bezeichneten Ort zusammen.

Artikel 8 Sofern nichts anderes vereinbart ist, regelt die Kommission ihr Verfahren selbst, das auf alle Fälle kontradiktorisch sein rnuss. Für die Untersuchung hält sich die Kommission, sofern sie nicht einstimmig etwas anderes beschliesst, an die Bestimmungen des dritten Titels des Haager Abkommens vom IS.Oktobr 1907 zur friedlichen Erledigung internationaler Streitfälle.

Artikel 9 1. Die Hohen Vertragsparteien sind bei der Kommission durch Agenten vertreten, denen es obliegt, als Mittelspersonen zwischen ihnen und der Kommission zu wirken; die Vertragsparteien können ausserdem Rechtsbeistände und Sachverständige beiziehen, die sie zu diesem Zweck ernennen, und sie können die Anhörung aller Personen verlangen, deren Aussage ihnen nützlich erscheint.

2. Die Kommission hat ihrerseits die Möglichkeit, von den Agenten, Rechtsbeiständen und Sachverständigen der beiden Vertragsparteien sowie von allen Personen, die mit Zustimmung ihrer Regierung vorzuladen sie als zweckmässig erachtet, mündliche Auskünfte zu verlangen.

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Artikel 10 Sofern die Hohen Vertragsparteien nichts anderes beschliessen, werden die Entscheide der Kommission mit Stimmenmehrheit getroffen ; ausser in Verfahrensfragen ist die Kommission nur dann beschlussfähig, wenn alle ihre Mitglieder anwesend sind.

Artikel!!

Die Hohen Vertragsparteien erleichtern die Arbeiten der Kommission und lassen ihr insbesondere in möglichst weitgehendem Ausmass alle sachdienlichen Dokumente und Auskünfte zukommen. Sie setzen die ihnen zu Gebote stehenden Mittel ein, um ihr zu ermöglichen, auf ihrem Hoheitsgebiet und gemäss ihren Rechtsvorschriften Zeugen und Sachverständige vorzuladen und einzuvernehmen sowie Augenscheine vorzunehmen.

Artikel 12 Die Arbeiten der Kommission werden nur veröffentlicht, wenn es die Kommission mit Zustimmung der Hohen Vertragsparteien beschliesst.

Artikel 13 1. Die Kommission hat zur Aufgabe die streitigen Fragen zu klären, zu diesem Zwecke mittels einer Untersuchung oder auf andere Weise alle sachdienlichen Auskünfte beizubringen und sich zu bemühen, einen Vergleich zwischen den Vertragsparteien herbeizuführen.

2. Die Kommission erstattet ihren Bericht innert sechs Monaten nach dem Tage, an dem ihr eine Streitigkeit unterbreitet worden ist, es sei denn, die Hohen Vertragsparteien beschliessen im gemeinsamen Einvernehmen eine Verlängerung dieser Frist. Wenn immer die Umstände es gestatten, enthält der Bericht einen Vorschlag für die Beilegung der Streitigkeit.

3. Jeder Vertragspartei wird eine Ausfertigung des Berichts übergeben.

4. Die Kommission bestimmt eine Frist, innerhalb welcher die Vertragsparteien sich zu ihren Vorschlägen zu äussern haben. Diese Frist hat drei Monate nicht zu überschreiten.

Kapitel III Gerichtsverfahren Artikel 14 1. Hat das Vergleichsverfahren nicht zum Ziel geführt oder haben die Hohen Vertragsparteien vereinbart, auf ein vorgängiges Vergleichsverfahren zu verzichten, so können sie sich im gemeinsamen Einvernehmen oder durch einseitige Klage gemäss den Bestimmungen seines Statuts an den Internationalen Gerichtshof wenden, sofern die Streitigkeit rechtlicher Natur ist und zum Gegenstand hat :

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a. die Auslegung eines Vertrages; b. irgendwelche Fragen des Völkerrechts; c. das Bestehen einer Tatsache, die, wenn sie bewiesen wäre, die Verletzung einer internationalen Verpflichtung bedeuten würde; d. die Art oder den Umfang einer, wegen Verletzung einer internationalen Verpflichtung geschuldeten Wiedergutmachung.

2. Im Falle einer Meinungsverschiedenheit über die Zuständigkeit des Gerichtshofes entscheidet der Gerichtshof.

3. Die Parteien können vereinbaren, dem Gerichtshof auch solche Streitigkeiten zu unterbreiten, die unter keine der in Absatz l erwähnten Kategorien fallen. Durch diese Bestimmung wird die Fähigkeit des Gerichtshofes, mit Zustimmung der Parteien ex aequo et bono zu entscheiden, nicht beeinträchtigt.

Kapitel IV Schiedsverfahren Artikel 15 1. Alle nicht unter Artikel 14 fallenden Streitigkeiten, bezüglich welcher die Parteien sich innert drei Monaten nach Abschluss der Arbeiten der im Kapitel II vorgesehenen Vergleichskommission nicht verständigt haben, können vor ein Schiedsgericht gebracht werden, das in jedem einzelnen Fall und sofern die Vertragsparteien nicht etwas anderes vereinbaren, in nachstehend angegebener Weise bestellt wird.

2. Die Hohen Vertragsparteien können vereinbaren, eine Streitigkeit rechtlicher Natur dem in diesem Kapitel vorgesehenen Schiedsverfahren zu unterstellen.

Artikel 16 1. Das Schiedsgericht besteht aus fünf Mitgliedern. Jede Vertragspartei ernennt ein Mitglied, das sie unter ihren Staatsangehörigen auswählen kann. Die drei anderen Schiedsrichter werden von den Vertragsparteien im gemeinsamen Einvernehmen unter den Angehörigen von Drittstaaten bezeichnet; sie müssen Angehörige verschiedener Staaten sein und dürfen weder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien haben noch in deren Diensten stehen.

2. Der Präsident des Schiedsgerichts wird von den Vertragsparteien aus der Mitte der gemeinsam bezeichneten Schiedsrichter ernannt.

Artikel 17 1. Erfolgt die Ernennung der gemeinsam zu bezeichnenden Mitglieder des Schiedsgerichts nicht innert drei Monaten, nachdem die eine Vertragspartei die andere um Bestellung eines Schiedsgerichts ersucht hat, so wird der Präsident

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des Internationalen Gerichtshofes auf Begehren der einen oder ändern Vertragspartei mit der Vornahme der notwendigen Ernennungen betraut. Ist der Präsident des Gerichtshofes verhindert oder besitzt er die Staatsangehörigkeit einer Vertragspartei, so wird diese Aufgabe dem Vizepräsidenten des Gerichtshofes übertragen; ist dieser verhindert oder Staatsangehöriger einer Vertragspartei, so nimmt das amtsälteste Mitglied des Gerichtshofes, das nicht Staatsangehöriger einer Vertragspartei ist, diese Ernennungen vor.

2. Erfolgt die Ernennung der von jeder Vertragspartei zu bezeichnenden Mitglieder des Schiedsgerichts nicht innert drei Monaten nachdem die eine Vertragspartei die andere um Bestellung eines Schiedsgerichtes ersucht hat, so werden sie nach dem im vorangehenden Absatz vorgesehenen Verfahren bezeichnet.

3. Wird der Präsident des Schiedsgerichts von den Vertragsparteien nicht innert zwei Monaten nach der Bestellung des Gerichtes bezeichnet, so wird er nach dem in Absatz l dieses Artikels vorgesehenen Verfahren ernannt.

Artikel 18 1. Ist das Schiedsgericht einmal bestellt, so bleibt seine Zusammensetzung bis und mit der Urteilseröffnung die gleiche.

2. Jede Vertragspartei hat jedoch die Möglichkeit, den von ihr ernannten Schiedsrichter zu ersetzen, solange das Verfahren vor dem Schiedsgericht nicht eröffnet ist. Ist das Verfahren einmal eröffnet, so kann ein Schiedsrichter nur im gemeinsamen Einvernehmen der Vertragsparteien eretzt werden.

3. Das Verfahren gilt als eröffnet, wenn der Präsident des Schiedsgerichts seine erste Verfügung erlassen hat.

Artikel 19 1. Sitze, die durch Todesfall, Rücktritt oder sonstige Verhinderung frei werden, sind innert kürzester Frist nach dem für die Ernennung vorgesehenen Verfahren wieder zu besetzen.

2. Jede Vertragspartei behält sich vor, sofort einen Stellvertreter zu ernennen, um den von ihr bezeichneten Schiedsrichter vorübergehend zu ersetzen, der infolge Krankheit oder aus irgend einem anderen Grunde vorübergehend verhindert ist, an den Sitzungen teilzunehmen. Die Vertragspartei, die von diesem Recht Gebrauch zu machen wünscht, setzt unverzüglich die Gegenpartei in Kenntnis.

Artikel 20 1. Die Hohen Vertragsparteien schliessen in jedem einzelnen Fall einen Schiedsvertrag ab, in dem der Streitgegenstand, die Befugnisse des Schiedsgerichts, das zu befolgende Verfahren sowie alle ändern von ihnen festgesetzten Bedingungen niedergelegt sind.

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2. Der Schiedsvertrag wird durch Notenwechsel zwischen den Regierungen der Vertragsparteien abgeschlossen.

Artikel 21 Das Schiedsgericht besitzt die erforderliche Zuständigkeit zur Auslegung des Schiedsvertrages.

Artikel 22 Fehlen im Schiedsvertrag genügende Hinweise und Angaben bezüglich der in Artikel 20 bezeichneten Punkte, so wird das Verfahren durch das dritte Kapitel des Statuts des Internationalen Gerichtshofes (Artikel 39 bis 64) und Titel II des Réglementes des Internationalen Gerichtshofes (Artikel 31 bis 81) geregelt.

Artikel 23 Wird innert drei Monaten nach Bestellung des Schiedsgerichts kein Schiedsvertrag abgeschlossen, so wird dieses durch Klage der einen oder ändernVertragspartei angerufen. Es hat die Streitigkeit zu untersuchen und einen Entscheid zu fällen.

Artikel 24 1. Ist die ihm unterbreitete Streitigkeit nicht rechtlicher Natur, so entscheidet das Schiedsgericht ex aequo et bono, wobei es sich von den allgemeinen Rechtsgrundsätzen leiten lässt und die berechtigten Interessen beider Vertragsparteien in angemessener Weise berücksichtigt.

2. Ist die Streitigkeit rechtlicher Natur, so wendet das Schiedsgericht an : a. die internationalen Übereinkünfte allgemeiner oder besonderer Natur, in denen die von den Streitparteien ausdrücklich anerkannten Normen aufgestellt worden sind; b. das internationale Gewohnheitsrecht als Ausdruck einer allgemein als Recht anerkannten Übung; c. die allgemeinen, von den Kulturstaaten anerkannten Rechtsgrundsätze; d. die gerichtlichen Entscheide und die Lehren der anerkanntesten Autoren der verschiedenen Nationen als Hilfsmittel zur Feststellung der Rechtsnormen.

Kapitel V Allgemeine Bestimmungen Artikel 25 Die Bestimmungen dieses Vertrages finden keine Anwendung : a. auf Streitigkeiten, die vor dem Inkrafttreten dieses Vertrages zwischen den Streitparteien entstanden sind;

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b. auf Streitigkeiten über Fragen, die das Völkerrecht der ausschliesslichen Zuständigkeit der Staaten überlasst. Falls Meinungsverschiedenheiten darüber bestehen, ob eine Streitigkeit sich auf eine dieser Fragen bezieht, entscheidet die Ständige Vergleichskommission, der Internationale Gerichtshof oder das Schiedsgericht.

Artikel 26 1. Handelt es sich um eine Streitigkeit, deren Gegenstand nach dem innerstaatlichen Recht einer Hohen Vertragspartei in die Zuständigkeit der Gerichtsoder Verwaltungsbehörden dieser Vertragspartei fällt, so wird die Streitigkeit dem Vergleichs-, Gerichts- oder Schiedsverfahren gemäss dem vorliegenden Vertrage erst unterbreitet, nachdem innert angemessener Frist von der zuständigen staatlichen Gerichts- oder Verwaltungsbehörde ein endgültiger Entscheid gefallt worden ist.

2. Ist ein Entscheid im innerstaatlichen Rechtsbereich erfolgt, so kann nach Ablauf einer Frist von fünf Jahren nach diesem Entscheid nicht mehr eines der in diesem Vertrage vorgesehenen Verfahren angerufen werden.

Artikel 27 1. In allen Fällen, in denen die Streitigkeit Gegenstand eines Gerichts- oder Schiedsverfahrens ist, namentlich wenn die zwischen den Hohen Vertragsparteien streitige Frage aus bereits erfolgten oder unmittelbar bevorstehenden Handlungen herrührt, ordnet der Internationale Gerichtshof gemäss Artikel 41 seines Statuts oder das Schiedsgericht möglichst bald an, welche vorläufigen Massnahmen zu treffen sind. Die Streitparteien sind verpflichtet, sich daran zu halten.

2. Ist die Vergleichskommission mit der Streitigkeit befasst, so kann sie den Vertragsparteien die ihr zweckdienlich erscheinenden vorläufigen Massnahmen empfehlen.

Artikel 28 Die Vertragsparteien enthalten sich jeglicher Massnahme, die sich auf die Durchführung des Gerichtsentscheides oder Schiedsspruches oder auf die von der Vergleichskommission vorgeschlagene Regelung nachteilig auswirken könnte, und unterlassen ganz allgemein jede Handlung, welcher Art sie auch sei, die geeignet wäre, die Streitigkeit zu verschärfen oder auszuweiten.

Artikel 29 Die Hohen Vertragsparteien leisten dem Urteil des Internationalen Gerichtshofes oder dem Spruch des Schiedsgerichtes Folge. Das Urteil oder der Schiedsspruch ist sofort nach Treu und Glauben durchzuführen, sofern der Gerichtshof oder das Schiedsgericht nicht für diesen Entscheid oder für einen Teil desselben eine Frist festgesetzt hat.

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Artikel 30 Steht die Durchführung eines Gerichtsurteils oder Schiedsspruches im Widerspruch zu einem Entscheid oder einer Massnahme einer gerichtlichen oder anderen Behörde einer Streitpartei und können nach dem innerstaatlichen Recht dieser Partei die Folgen dieses Entscheides oder dieser Massnahme nicht oder nur unvollkommen beseitigt werden, so bestimmt der Gerichtshof oder das Schiedsgericht Art und Umfang des der geschädigten Vertragspartei zu gewährenden Schadenersatzes.

Artikel 31 Die Schwierigkeiten, zu denen die Auslegung eines Urteils des Internationalen Gerichtshofes oder eines Schiedsspruches des Schiedsgerichtes Anlass geben könnte, werden auf Begehren einer Vertragspartei innert drei Monaten, nach Eröffnung des Urteils oder Schiedsspruches dem Internationalen Gerichtshof oder dem Schiedsgericht unterbreitet, von dem dieses Urteil oder dieser Schiedsspruch gefällt wurde.

Artikel 32 1. Dieser Vertrag bleibt zwischen den Hohen Vertragsparteien auch dann anwendbar, wenn ein dritter Staat an der Streitigkeit ein Interesse hat.

2. Im Vergleichsverfahren können die Vertragsparteien im gegenseitigen Einvernehmen einen dritten Staat zur Teilnahme einladen.

3. Ist beim Gerichts- oder Schiedsverfahren ein dritter Staat der Ansicht, dass in einer Streitigkeit für ihn ein Interesse rechtlicher Natur auf dem Spiele sei, so kann er beim Internationalen Gerichtshof oder beim Schiedsgericht ein Begehren auf Beteiligung am Verfahren einreichen.

4. Der Gerichtshof oder das Schiedsgericht entscheidet.

Artikel 33 1. Während der tatsächlichen Dauer des Vergleichs- oder Schiedsverfahrens erhalten die gemeinsam bezeichneten Mitglieder der Ständigen Vergleichskommission und des Schiedsgerichts eine Vergütung, deren Betrag von den Hohen Vertragsparteien festgesetzt und zu gleichen Teilen übernommen wird.

2. Jede Vertragspartei trägt ihre eigenen Kosten und einen gleichen Teil der Kosten der Ständigen Vergleichskommission und des Schiedsgerichts.

Artikel 34 1. Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung oder Durchführung dieses Vertrages werden durch einfaches Begehren dem Internationalen Gerichtshof unterbreitet.

2. Die vorstehend vorgesehene Anrufung des Internationalen Gerichtshofes bewirkt die einstweilige Einstellung des betreffenden Schieds- oder Vergleichsverfahrens, bis der verlangte Entscheid vorliegt.

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3. Die Bestimmung des vorstehenden Artikels 29 findet auf den Entscheid des Gerichtshofes Anwendung.

Artikel 35 1. Dieser Vertrag bedarf der Ratifizierung. Die Ratifikationsurkunden sollen so bald wie möglich in Yaounde ausgetauscht werden.

2. Der Vertrag tritt mit dem Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft.

Er ist auf fünf Jahre, von seinem Inkrafttreten an abgeschlossen. Wird er nicht sechs Monate vor Ablauf dieser Frist gekündigt, so gilt er als für weitere fünf Jahre erneuert, und so fort.

3. Ist bei Beendigung dieses Vertrages ein Vergleichs-, Gerichts- oder Schiedsverfahren hängig, so nimmt es seinen Fortgang gemäss den Bestimmungen dieses Vertrages oder jedes anderen Abkommens, das von den Hohen Vertragsparteien an seiner Stelle vereinbart wird.

Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten den vorliegenden Vertrag unterzeichnet.

Geschehen in zwei Urschriften in Yaounde am 22. Januar 1963.

Für den Schweizerischen Für die Regierung der Bundesrat: Bundesrepublik Kamerun : Der Botschafter : Der Aussenminister : (gez.) G. E. Bucher

(gez.) J.F.Betayene

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Vergleichs-, Gerichts- und ScMedsvertrag zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und Niger

Der Schweizerische Bundesrat und die Regierung der Republik Niger, vom Wunsche geleitet, die zwischen der Schweiz und Niger bestehenden Bande der Freundschaft zu festigen und im Dienste des Friedensgedankens die Verfahren zur friedlichen Beilegung internationaler Streitigkeiten zu fördern, haben beschlossen, zu diesem Zweck einen Vertrag abzuschliessen, und haben zu ihren Bevollmächtigten ernannt : den Schweizerischen Botschafter in Niger; den Aussenminister von Niger; die, nachdem sie sich ihre Vollmachten mitgeteilt und in gehöriger Form befunden haben, folgende Bestimmungen vereinbart haben : Kapitel I Grundsatz der friedlichen Beilegung von Streitigkeiten Artikel l 1. Die Hohen Vertragsparteien verpflichten sich, alle zwischen ihnen entstehenden Streitigkeiten irgendwelcher Art, die nicht binnen angemessener Frist auf diplomatischem Wege beigelegt werden können, einem Vergleichsverfahren zu unterwerfen.

2. Kommt ein Vergleich nicht zustande, so werden die Streitigkeiten gemäss den Bestimmungen dieses Vertrages einem Gerichts- oder einem Schiedsverfahren unterworfen.

3. Es steht jedoch den Hohen Vertragsparteien jederzeit frei zu vereinbaren, dass eine bestimmte Streitigkeit unmittelbar durch den Internationalen Gerichtshof oder durch ein Schiedsgericht beizulegen ist, ohne dass zuvor das oben vorgesehene Vergleichsverfahren durchgeführt wird.

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Kapitel II Vergleichsverfahren Artikel 2 1. Die Hohen Vertragsparteien setzen eine aus fünf Mitgliedern bestehende Ständige Vergleichskomrnission (nachstehend Kommission genannt) ein.

2. Jede von ihnen ernennt ein Mitglied, das sie unter ihren Staatsangehörigen auswählen kann. Die drei ändern Mitglieder werden von den Vertragsparteien im gegenseitigen Einvernehmen unter den Angehörigen von Dritistaaten bezeichnet; sie müssen Angehörige verschiedener Staaten sein und dürfen weder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien haben noch in deren Dienst stehen.

3. Der Vorsitzende der Kommission wird von den Vertragsparteien aus der Mitte der gemeinsam bezeichneten Mitglieder ernannt.

Artikel 3 1. Die Mitglieder der Kommission werden für drei Jahre ernannt. Sie bleiben im Amt bis sie ersetzt werden und in jedem Fall bis sie die im Zeitpunkt des Erlöschens ihres Mandates noch hängigen Arbeiten abgeschlossen haben. Sind sie bei Ablauf der Frist von drei Jahren nicht ersetzt worden, so gelten sie als für eine weitere Periode von drei Jahren ernannt, und so fort.

2. Sitze, die durch Todesfall, Rücktritt oder sonstige Verhinderung frei werden, sind innert kürzester Frist nach dem für die Ernennung vorgesehenen Verfahren wieder zu besetzen.

3. Falls eines der Mitglieder der Vergleichskommission infolge Krankheit oder aus irgend einem ändern Grund verhindert sein sollte, an den Arbeiten der Kommission teilzunehmen, bezeichnen die Vertragspartei oder die Vertragsparteien, die das betreffende Mitglied ernannt haben, einen Stellvertreter, der vorübergehend seinen Platz einnimmt.

Artikel 4 1. Innert 14 Tagen nachdem ein Vergleichsbegehren der Kommission notifiziert worden ist, kann jede der Hohen Vertragsparteien das von ihr bezeichnete Mitglied durch eine Person ersetzen, die hinsichtlich des Gegenstandes der Streitigkeit besondere Sachkenntnisse besitzt.

2. Die Vertragspartei, die von diesem Recht Gebrauch zu machen wünscht, hat unverzüglich die Gegenpartei davon zu benachrichtigen; in diesem Fall kann diese letztere innert vierzehn Tagen nach Erhalt der Notifikation vom gleichen Recht Gebrauch machen.

Artikel 5 l. Die Kommission ist innert sechs Monaten nach Austausch der Ratifikationsurkunden zum vorliegenden Vertrag zu bestellen.

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2. Erfolgt die Ernennung der gemeinsam zu bezeichnenden Kommissionsmitglieder nicht innert dieser Frist, oder im Falle einer Ersetzung innert drei Monaten nach Freiwerden des Sitzes, so wird auf Begehren der einen oder ändern Vertragspartei der Präsident des Internationalen Gerichtshofes mit derVornahme der notwendigen Ernennungen betraut. Ist der Präsident des Gerichtshofes verhindert oder ist er Staatsangehöriger einer Vertragspartei, so wird der Vizepräsident des Gerichtshofes mit dieser Aufgabe betraut; ist dieser letztere verhindert oder ist er Staatsangehöriger einer Vertragspartei, so wird das amtsälteste Mitglied des Gerichtshofes, das nicht Staatsangehöriger einer Vertragspartei ist, diese Ernennungen vornehmen.

3. Erfolgt die Ernennung der von jeder Vertragspartei zu bezeichnenden Kommissionsmitglieder nicht innert der in Absatz l vorgesehenen Frist oder, im Falle der Ersetzung, innert drei Monaten nach Freiwerden des Sitzes, so werden die Kommissionsmitglieder gemäss dem in Absatz 2 dieses Artikels vorgesehenen Verfahren ernannt.

4. Wird der Vorsitzende der Kommission von den Vertragsparteien nicht innert zwei Monaten nach Bestellung der Kommission bezeichnet, so wird er gemäss dem in Absatz 2 dieses Artikels vorgesehenen Verfahren ernannt.

Artikel 6 1. Streitigkeiten werden der Kommission durch ein an den Vorsitzenden gerichtetes Begehren der einen Vertragspartei unterbreitet. Das Begehren wird von dieser Partei unverzüglich der anderen Vertragspartei notifiziert.

2. Das Begehren enthält nach einer summarischen Darlegung des Streitgegenstandes das Ersuchen an die Kommission alle Massnahmen zu treffen, die zu einem Vergleich führen können.

Artikel 7 Sofern die Hohen Vertragsparteien nichts anderes vereinbaren, tritt die Kommission an dem von ihrem Vorsitzenden bezeichneten Ort zusammen.

Artikel 8 Sofern nichts anderes vereinbart ist, regelt die Kommission ihr Verfahren selbst, das auf alle Fälle kontradiktorisch sein muss. Für die Untersuchung hält sich die Kommission, sofern sie nicht einstimmig etwas anderes beschliesst, an die Bestimmungen des dritten Titels des Haager Abkommens vom 18. Oktober 1907 zur friedlichen Erledigung internationaler Streitfälle.

Artikel 9 1. Die Hohen Vertragsparteien sind bei der Kommission durch Agenten vertreten, denen es obliegt, als Mittelspersonen
zwischen ihnen und der Kommission zu wirken; die Vertragsparteien können ausserdem Rechtsbeistände und Sachverständige beiziehen, die sie zu diesem Zweck ernennen, und sie können die Anhörung aller Personen verlangen, deren Aussage ihnen nützlich erscheint.

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2. Die Kommission hat ihrerseits die Möglichkeit, von den Agenten, Rechtsbeiständen und Sachverständigen der beiden Vertragsparteien sowie von allen Personen, die mit Zustimmung ihrer Regierung vorzuladen sie als zweckmässig erachtet, mündliche Auskünfte zu verlangen.

Artikel 10 Sofern die Hohen Vertragsparteien nichts anderes beschliessen, werden die Entscheide der Kommission mit Stimmenmehrheit getroffen; ausser in Verfahrensfragen ist die Kommission nur dann beschlussfähig, wenn alle ihre Mitglieder anwesend sind.

Artikel 11 Die Hohen Vertragsparteien erleichtern die Arbeiten der Kommission und lassen ihr insbesondere in möglichst weitgehendem Ausmass alle sachdienlichen Dokumente und Auskünfte zukommen. Sie setzen die ihnen zu Gebote stehenden Mittel ein, um ihr zu ermöglichen, auf ihrem Hoheitsgebiet und gemäss ihren Rechtsvorschriften Zeugen und Sachverständige vorzuladen und einzuvernehmen sowie Augenscheine vorzunehmen.

Artikel 12 Die Arbeiten der Kommission werden nur veröffentlicht, wenn es die Kommission mit Zustimmung der Hohen Vertragsparteien beschliesst.

Artikel 13 1. Die Kommission hat zur Aufgabe die streitigen Fragen zu klären, zu diesem Zwecke mittels einer Untersuchung oder auf andere Weise alle sachdienlichen Auskünfte beizubringen und sich zu bemühen, einen Vergleich zwischen den Vertragsparteien herbeizuführen.

2. Die Kommission erstattet ihren Bericht innert sechs Monaten nach dem Tage, an dem ihr eine Streitigkeit unterbreitet worden ist, es sei denn, die Hohen Vertragsparteien beschliessen im gemeinsamen Einvernehmen eine Verlängerung dieser Frist. Wenn immer die Umstände es gestatten, enthält der Bericht einen Vorschlag für die Beilegung der Streitigkeit.

3. Jeder Vertragspartei wird eine Ausfertigung des Berichts übergeben.

4. Die Kommission bestimmt eine Frist, innerhalb welcher die Vertragsparteien sich zu ihren Vorschlägen zu äussern haben. Diese Frist hat drei Monate nicht zu überschreiten.

Kapitel III Gerichtsverfahren Artikel 14 l. Hat das Vergleichsverfahren nicht zum Ziel geführt oder haben die Hohen Vertragsparteien vereinbart, auf ein vorgängiges Vergleichsverfahren zu ver-

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ziehten, so können sie sich im gemeinsamen Einvernehmen oder durch einseitige Klage gemäss den Bestimmungen seines Statuts an den Internationalen Gerichtshofwenden, sofern die Streitigkeit rechtlicher Natur ist und zum Gegenstandhat : a. die Auslegung eines Vertrages ; b. irgendwelche Fragen des Völkerrechts ; c. das Bestehen einer Tatsache, die, wenn sie bewiesen wäre, die Verletzung einer internationalen Verpflichtung bedeuten würde; d. die Art oder den Umfang einer, wegen Verletzung einer internationalen Verpflichtung geschuldeten Wiedergutmachung.

2. Im Falle einer Meinungsverschiedenheit über die Zuständigkeit des Gerichtshofes entscheidet der Gerichtshof.

3. Die Parteien können vereinbaren, dem Gerichtshof auch solche Streitigkeiten zu unterbreiten, die unter keine der in Absatz l erwähnten Kategorien fallen. Durch diese Bestimmung wird die Fähigkeit des Gerichtshofes, mit Zustimmung der Parteien ex aequo et bono zu entscheiden, nicht beeinträchtigt.

Kapitel IV Schiedsverfahren Artikel 15 1. Alle nicht unter Artikel 14 fallenden Streitigkeiten, bezüglich welcher die Parteien sich innert drei Monaten nach Abschluss der Arbeiten der im Kapitel II vorgesehenen Vergleichskommission nicht verständigt haben, können vor ein Schiedsgericht gebracht werden, das in jedem einzelnen Fall und sofern die Vertragsparteien nicht etwas anderes vereinbaren, in nachstehend angegebener Weise bestellt wird.

2. Die Hohen Vertragsparteien können vereinbaren, eine Streitigkeit rechtlicher Natur dem in diesem Kapitel vorgesehenen Schiedsverfahren zu unterstellen.

Artikel 16 1. Das Schiedsgericht besteht aus fünf Mitgliedern. Jede Vertragspartei ernennt ein Mitglied, das sie unter ihren Staatsangehörigen auswählen kann. Die drei anderen Schiedsrichter werden von den Vertragsparteien im gemeinsamen Einvernehmen unter den Angehörigen von Drittstaaten bezeichnet ; sie müssen Angehörige verschiedener Staaten sein und dürfen weder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien haben noch in deren Diensten stehen.

2. Der Präsident des Schiedsgerichts wird von den Vertragsparteien aus der Mitte der gemeinsam bezeichneten Schiedsrichter ernannt.

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Artikel 17 1. Erfolgt die Ernennung der gemeinsam zu bezeichnenden Mitglieder des Schiedsgerichts nicht innert drei Monaten, nachdem die eine Vertragspartei die andere um Bestellung eines Schiedsgerichts ersucht hat, so wird der Präsident des Internationalen Gerichtshofes auf Begehren der einen oder ändern Vertragspartei mit der Vornahme der notwendigen Ernennungen betraut. Ist der Präsident des Gerichtshofes verhindert oder besitzt er die Staatsangehörigkeit einer Vertragspartei, so wird diese Aufgabe dem Vizepräsidenten des Gerichtshofes übertragen; ist dieser verhindert oder Staatsangehöriger einer Vertragspartei, so nimmt das amtsälteste Mitglied des Gerichtshofes, das nicht Staatsangehöriger einer Vertragspartei ist, diese Ernennungen vor.

2. Erfolgt die Ernennung der von jeder Vertragspartei zu bezeichnenden Mitglieder des Schiedsgerichts nicht innert drei Monaten nachdem die eine Vertragspartei die andere um Bestellung eines Schiedsgerichtes ersucht hat, so werden sie nach dem im vorangehenden Absatz vorgesehenen Verfahren bezeichnet.

3. Wird der Präsident des Schiedsgerichts von den Vertragsparteien nicht innert zwei Monaten nach der Bestellung des Gerichtes bezeichnet, so wird er nach dem in Absatz l dieses Artikels vorgesehenen Verfahren ernannt.

Artikel 18 1. Ist das Schiedsgericht einmal bestellt, so bleibt seine Zusammensetzung bis und mit der Urteilseröfrhung die gleiche.

2. Jede Vertragspartei hat jedoch die Möglichkeit, den von ihr ernannten Schiedsrichter zu ersetzen, solange das Verfahren vor dem Schiedssgericht nicht eröffnet ist. Ist das Verfahren einmal eröffnet, so kann ein Schiedsrichter nur im gemeinsamen Einvernehmen der Vertragsparteien ersetzt werden.

3. Das Verfahren gilt als eröffnet, wenn der Präsident des Schiedsgerichts seine erste Verfügung erlassen hat.

Artikel 19 1. Sitze, die durch Todesfall, Rücktritt oder sonstige Verhinderung frei werden, sind innert kürzester Frist nach dem für die Ernennung vorgesehenen Verfahren wieder zu besetzen.

2. Jede Vertragspartei behält sich vor, sofort einen Stellvertreter zu ernennen, um den von ihr bezeichneten Schiedsrichter vorübergehend zu ersetzen, der infolge Krankheit odsr aus irgend einem anderen Grunde vorübergehend verhindert ist, an den Sitzungen teilzunehmen. Die Vertragspartei, die von diesem Recht Gebrauch zu
machen wünscht, setzt unverzüglich die Gegenpartei in Kenntnis.

Artikel 20 1. Die Hohen Vertragsparteien schliessen in jedem einzelnen Fall einen Schiedsvertrag ab, in dem der Streitgegenstand, die Befugnisse des Schieds-

220

gerichts, das zu befolgende Verfahren sowie alle ändern von ihnen festgesetzten Bedingungen niedergelegt sind.

2. Der Schiedsvertrag wird durch Notenwechsel zwischen den Regierungen der Vertragsparteien abgeschlossen.

Artikel 21 Das Schiedsgericht besitzt die erforderliche Zuständigkeit zur Auslegung des SchiedsVertrages.

Artikel 22 Fehlen im Schiedsvertrag genügende Hinweise und Angaben bezüglich der in Artikel 20 bezeichneten Punkte, so wird das Verfahren durch das dritte Kapitel des Statuts des Internationalen Gerichtshofes (Artikel 39 bis 64) und Titel II des Réglementes des Internationalen Gerichtshofes (Artikel 31 bis 81) geregelt.

Artikel 23 Wird innert drei Monaten nach Bestellung des Schiedsgerichts kein Schiedsvertrag abgeschlossen, so wird dieses durch Klage der einen oder ändern Vertragspartei angerufen. Es hat die Streitigkeit zu untersuchen und einen Entscheid zu fällen.

Artikel 24 1. Ist die ihm unterbreitete Streitigkeit nicht rechtlicher Natur, so entscheidet das Schiedsgericht ex aequo et bono, wobei es sich von den allgemeinen Rechtsgrundsätzen leiten lässt und die berechtigten Interessen beider Vertragsparteien in angemessener Weise berücksichtigt.

2. Ist die Streitigkeit rechtlicher Natur, so wendet das Schiedsgericht an: a. die internationalen Übereinkünfte allgemeiner oder besonderer Natur, in denen die von den Streitparteien ausdrücklich anerkannten Normen aufgestellt worden sind; b. das internationale Gewohnheitsrecht als Ausdruck einer allgemein als Recht anerkannten Übung; » c. die allgemeinen, von den Kulturstaaten anerkannten Rechtsgrundsätze ; d. die gerichtlichen Entscheide und die Lehren der anerkanntesten Autoren der verschiedenen Nationen als Hilfsmittel zur Feststellung der Rechtsnormen.

Kapitel V Allgemeine Bestimmungen Artikel 25 Die Bestimmungen dieses Vertrages finden keine Anwendung: a. auf Streitigkeiten, die vor dem Inkrafttreten dieses Vertrages zwischen den Streitparteien entstanden sind;

221

b. auf Streitigkeiten über Fragen, die das Völkerrecht der ausschliesslichen Zuständigkeit der Staaten überlässt. Falls Meinungsverschiedenheiten darüber bestehen, ob eine Streitigkeit sich auf eine dieser Fragen bezieht, entscheidet die Ständige Vergleichskommission, der Internationale Gerichtshof oder das Schiedsgericht.

Artikel 26 1. Handelt es sich um eine Streitigkeit, deren Gegenstand nach dem innerstaatlichen Recht einer Hohen Vertragspartei in die Zuständigkeit der Gerichtsoder Verwaltungsbehörden dieser Vertragspartei fällt, so wird die Streitigkeit dem Vergleichs-, Gerichts- oder Schiedsverfahren gemäss dem vorliegenden Vertrage erst unterbreitet, nachdem innert angemessener Frist von der zuständigen staatlichen Gerichts- oder Verwaltungsbehörde ein endgültiger Entscheid gefällt worden ist.

2. Ist ein Entscheid im innerstaatlichen Rechtsbereich erfolgt, so kann nach Ablauf einer Frist von drei Jahren nach diesem Entscheid nicht mehr eines der in diesem Vertrage vorgesehenen Verfahren angerufen werden.

Artikel 27 1. In allen Fällen, in denen die Streitigkeit Gegenstand eines Gerichts- oder Schiedsverfahrens ist, namentlich wenn die zwischen den Hohen Vertragsparteien streitige Frage aus bereits erfolgten oder unmittelbar bevorstehenden Handlungen herrührt, ordnet der Internationale Gerichtshof gemäss Artikel 41 seines Statuts oder das Schiedsgericht möglichst bald an, welche vorläufigen Massnahmen zu treffen sind. Die Streitparteien sind verpflichtet, sich daran zu halten.

2. Ist die Vergleichskommission mit der Streitigkeit befasst, so kann sie den Vertragsparteien die ihr zweckdienlich erscheinenden vorläufigen Massnahmen empfehlen.

Artikel 28 Die Vertragsparteien enthalten sich jeglicher Massnahme, die sich auf die Durchführung des Gerichtsentscheides oder Schiedsspruches oder auf die von der Vergleichskommission vorgeschlagene Regelung nachteilig auswirken könnte und unterlassen ganz allgemein jede Handlung, welcher Art sie auch sei, die geeignet wäre, die Streitigkeit zu verschärfen oder auszuweiten.

Artikel 29 Die Hohen Vertragsparteien leisten dem Urteil des Internationalen Gerichtshofes oder dem Spruch des Schiedsgerichtes Folge. Das Urteil oder der Schiedsspruch ist sofort nach Treu und Glauben durchzuführen, sofern der Gerichtshof oder das Schiedsgericht nicht für diesen
Entscheid oder für einen Teil desselben eine Frist festgesetzt hat.

Artikel 30 Steht die Durchführung eines Gerichtsurteils oder Schiedsspruches im Widerspruch zu einem Entscheid oder einer Massnahme einer gerichtlichen oder Bundesblatt. 117.Jahrg. Bd.IlI.

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anderen Behörde einer Streitpartei und können nach dem innerstaatlichen Recht dieser Partei die Folgen dieses Entscheides oder dieser Massnahme nicht oder nur unvollkommen beseitigt werden, so bestimmt der Gerichtshof oder das Schiedsgericht Art und Umfang des der geschädigten Vertragspartei zu gewährenden Schadenersatzes.

Artikel 31 Die Schwierigkeiten, zu denen die Auslegung eines Urteils des Internationalen Gerichtshofes oder eines Schiedsspruches des Schiedsgerichtes Anlass geben könnte, werden auf Begehren einer Vertragspartei innert drei Monaten, nach Eröffnung des Urteils oder Schiedsspruches dem Internationalen Gerichtshof oder dem Schiedsgericht unterbreitet, von dem dieses Urteil oder dieser Schiedsspruch gefällt wurde.

Artikel 32 1. Dieser Vertrag bleibt zwischen den Hohen Vertragsparteien auch dann anwendbar, wenn ein dritter Staat an der Streitigkeit ein Interesse hat.

2. Im Vergleichsverfahren können die Vertragsparteien im gegenseitigen Einvernehmen einen dritten Staat zur Teilnahme einladen.

3. Ist beim Gerichts- oder Schiedsverfahren ein dritter Staat der Ansicht, dass in einer Streitigkeit für ihn ein Interesse rechtlicher Natur auf dem Spiele sei, so kann er beim Internationalen Gerichtshof oder beim Schiedsgericht ein Begehren auf Beteiligung am Verfahren einreichen.

4. Der Gerichtshof oder das Schiedsgericht entscheidet.

Artikel 33 1. Während der tatsächlichen Dauer des Vergleichs- oder Schiedsverfahrens erhalten die gemeinsam bezeichneten Mitglieder der Ständigen Vergleichskommission und des Schiedsgerichts eine Vergütung, deren Betrag von den Hohen Vertragsparteien festgesetzt und zu gleichen Teilen übernommen wird.

2. Jede Vertragspartei trägt ihre eigenen Kosten und einen gleichen Teil der Kosten der Ständigen Vergleichskommission und des Schiedsgerichts.

Artikel 34 1. Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung oder Durchführung dieses Vertrages werden durch einfaches Begehren dem Internationalen Gerichtshof unterbreitet.

2. Die vorstehend vorgesehene Anrufung des Internationalen Gerichtshofes bewirkt die einstweilige Einstellung des betreffenden Schieds- oder Vergleichsverfahren, bis der verlangte Entscheid vorliegt.

3. Die Bestimmung des vorstehenden Artikels 29 findet auf den Entscheid des Gerichtshofes Anwendung.

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Artikel 35 1. Dieser Vertrag bedarf der Ratifizierung. Die Ratifikationsurkunden sollen so bald wie möglich in Niamey ausgetauscht werden.

2. Der Vertrag tritt mit dem Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft.

Er ist auf fünf Jahre, von seinem Inkrafttreten an, abgeschlossen. Wird er nicht sechs Monate vor Ablauf dieser Frist gekündigt, so gilt er als für weitere fünf Jahre erneuert, und so fort.

3. Ist bei Beendigung dieses Vertrages ein Vergleichs-, Gerichts- oder Schiedsverfahren hängig, so nimmt es seinen Fortgang gemäss den Bestimmungen dieses Vertrages oder jedes ändern Abkommens, das von den Hohen Vertragsparteien an seiner Stelle vereinbart wird.

Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten den vorliegenden Vertrag unterzeichnet.

Geschehen in zwei Urschriften in Niamey am 2. August 1963.

Für den Schweizerischen Für die Republik Niger: Bundesrat: Der Schweizerische Botschafter Der Aussenminister: in Niger : (gez.) J.Stroehlin (gez.) A.Nayaky

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Vergleichs-, Gerichts- und Schiedsvertrag zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Elfenbeinküste

Der Schweizerische Bundesrat und die Regierung der Republik der Elfenbeinküste, vom Wunsche geleitet, die zwischen der Schweiz und der Elfenbeinküste bestehenden Bande der Freundschaft zu festigen und im Dienste des Friedensgedankens die Verfahren zur friedlichen Beilegung internationaler Streitigkeiten zu fördern, haben beschlossen, zu diesem Zweck einen Vertrag abzuschliessen, und haben zu ihren Bevollmächtigten ernannt : den Schweizerischen Botschafter in der Elfenbeinküste; den Siegelbewahrer und Justizminister der Elfenbeinküste; die, nachdem sie sich ihre Vollmachten mitgeteilt und in gehöriger Form befunden haben, folgende Bestimmungen vereinbart haben : Kapitel I Grundsatz der friedlichen Beilegung von Streitigkeiten Artikel l 1. Die Hohen Vertragsparteien verpflichten sich, alle zwischen ihnen entstehenden Streitigkeiten irgendwelcher Art, die nicht binnen angemessener Frist auf diplomatischem Wege beigelegt werden können, einem Vergleichsverfahren zu unterwerfen.

2. Kommt ein Vergleich nicht zustande, so werden die Streitigkeiten gemäss den Bestimmungen dieses Vertrages einem Gerichts- oder einem Schiedsverfahren unterworfen.

3. Es steht jedoch den Hohen Vertragsparteien jederzeit frei zu vereinbaren, dass eine bestimmte Streitigkeit unmittelbar durch den Internationalen Gerichtshof oder durch ein Schiedsgericht beizulegen ist, ohne dass zuvor das oben vorgesehene Vergleichsverfahren durchgeführt wird.

225 Kapitel II Vergleichsverfahren Artikel 2 1. Die Hohen Vertragsparteien setzen eine aus fünf Mitgliedern bestehende Standige Vergleichskommission (nachstehend Kommission genannt) ein.

2. Jede von ihnen ernennt ein Mitglied, das sie unter ihren Staatsangehörigen auswählen kann. Die drei ändern Mitglieder werden von denVertragsparteien im gegenseitigen Einvernehmen unter den Angehörigen von Drittstaaten bezeichnet; sie müssen Angehörige verschiedener Staaten sein und dürfen weder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien haben noch in deren Dienst stehen.

3. Der Vorsitzende der Kommission wird von den Vertragsparteien aus der Mitte der gemeinsam bezeichneten Mitglieder ernannt.

Artikel 3 1. Die Mitglieder der Kommission werden für drei Jahre ernannt. Sie bleiben im Amt bis sie ersetzt werden und in jedem Fall bis sie die im Zeitpunkt des Erlöschens ihres Mandates noch hängigen Arbeiten abgeschlossen haben. Sind sie bei Ablauf der Frist von drei Jahren nicht ersetzt worden, so gelten sie als für eine weitere Periode von drei Jahren ernannt, und so fort.

2. Sitze, die durch Todesfall, Rücktritt oder sonstige Verhinderung frei werden, sind innert kürzester Frist nach dem für die Ernennung vorgesehenen Verfahren wieder zu besetzen.

3. Falls eines der Mitglieder der Vergleichskommission infolge Krankheit oder aus irgend einem ändern Grund verhindert sein sollte, an den Arbeiten der Kommission teilzunehmen, bezeichnen die Vertragspartei oder die Vertragsparteien, die das betreffende Mitglied ernannt haben, einen Stellvertreter, der vorübergehend seinen Platz einnimmt.

Artikel 4 1. Innert 15 Tagen nachdem ein Vergleichsbegehren der Kommission notifiziert worden ist, kann jede der Hohen Vertragsparteien das von ihr bezeichnete Mitglied durch eine Person ersetzen, die hinsichtlich des Gegenstandes der Streitigkeit besondere Sachkenntnisse besitzt.

2. Die Vertragspartei, die von diesem Recht Gebrauch zu machen wünscht, hat unverzüglich die Gegenpartei davon zu benachrichtigen ; in diesem Fall kann diese letztere innert fünfzehn Tagen nach Erhalt der Notifikation vom gleichen Recht Gebrauch machen.

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Artikel 5 1. Die Kommission ist innert sechs Monaten nach Austausch der Ratifikationsurkunden zum vorliegenden Vertrag zu bestellen.

2. Erfolgt die Ernennung der gemeinsam zu bezeichnenden Kommissionsmitglieder nicht innert dieser Frist, oder im Falle einer Ersetzung innert drei Monaten nach Freiwerden des Sitzes, so wird auf Begehren der einen oder ändern Vertragspartei der Präsident des Internationalen Gerichtshofes mit der Vornahme der notwendigen Ernennungen betraut. Ist der Präsident des Gerichtshofes verhindert oder ist er Staatsangehöriger einer Vertragspartei, so wird der Vizepräsident des Gerichtshofes mit dieser Aufgabe betraut; ist dieser letztere verhindert oder ist er Staatsangehöriger einer Vertragspartei, so wird das amtsälteste Mitglied des Gerichtshofes, das nicht Staatsangehöriger einer Vertragspartei ist, diese Ernennungen vornehmen.

3. Erfolgt die Ernennung der von jeder Vertragspartei zu bezeichnenden Kommissionsmitglieder nicht innert der in Absatz l vorgesehenen Frist oder, im Falle der Ersetzung, innert drei Monaten nach Freiwerden des Sitzes, so werden die Kommissionsmitglieder gemäss dem in Absatz 2 dieses Artikels vorgesehenen Verfahren ernannt.

4. Wird der Vorsitzende der Kommission von den Vertragsparteien nicht innert zwei Monaten nach Bestellung der Kommission bezeichnet, so wird er gemäss dem in Absatz 2 dieses Artikels vorgesehenen Verfahren ernannt.

Artikel 6 1. Streitigkeiten werden der Kommission durch ein an den Vorsitzenden gerichtetes Begehren der einen Vertragspartei unterbreitet. Das Begehren wird von dieser Partei unverzüglich der anderen Vertragspartei notifiziert.

2. Das Begehren enthält nach einer summarischen Darlegung des Streitgegenstandes das Ersuchen an die Kommission alle Massnahmen zu treffen, die zu einem Vergleich führen können.

Artikel 7 Sofern die Hohen Vertragsparteien nichts anderes vereinbaren, tritt die Kommission an dem von ihrem Vorsitzenden bezeichneten Ort zusammen.

Artikel 8 Sofern nichts anderes vereinbart ist, regelt die Kommission ihr Verfahren selbst, das auf alle Fälle kontradiktorisch sein muss. Für die Untersuchung hält sich die Kommission, sofern sie nicht einstimmig etwas anderes beschliesst, an die Bestimmungen des dritten Titels des Haager Abkommens vom 18. Oktober 1907 zur friedlichen Erledigung internationaler Streitfälle.

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Artikel 9 1. Die Hohen Vertragsparteien sind bei der Kommission durch Agenten vertreten, denen es obliegt, als Mittelspersonen zwischen ihnen und der Kommission zu wirken ; die Vertragsparteien können ausserdem Rechtsbeistände und Sachverständige beiziehen, die sie zu diesem Zweck ernennen, und sie können die Anhörung aller Personen verlangen, deren Aussage ihnen nützlich erscheint.

2. Die Kommission hat ihrerseits die Möglichkeit, von den Agenten, Rechtsbeiständen und Sachverständigen der beiden Vertragsparteien sowie von allen Personen, die mit Zustimmung ihrer Regierung vorzuladen sie als zweckmässig erachtet, mündliche Auskünfte zu verlangen.

Artikel 10 Sofern die Hohen Vertragsparteien nichts anderes beschliessen, werden die Entscheide der Kommission mit Stimmenmehrheit getroffen ; ausser in Verfahrensfragen ist die Kommission nur dann beschlussfähig, wenn alle ihre Mitglieder anwesend sind.

Artikeln Die Hohen Vertragsparteien erleichtern die Arbeiten der Kommission und lassen ihr insbesondere in möglichst weitgehendem Ausmass alle sachdienlichen Dokumente und Auskünfte zukommen. Sie setzen die ihnen zu Gebote stehenden Mittel ein, um ihr zu ermöglichen, auf ihrem Hoheitsgebiet und gemäss ihren Rechtsvorschriften Zeugen und Sachverständige vorzuladen und einzuvernehmen sowie Augenscheine vorzunehmen.

Artikel 12 Die Arbeiten der Kommission werden nur veröffentlicht, wenn es die Kommission mit Zustimmung der Hohen Vertragsparteien beschliesst.

Artikel 13 1. Die Kommission hat zur Aufgabe die streitigen Fragen zu klären, zu diesem Zwecke mittels einer Untersuchung oder auf andere Weise alle sachdienlichen Auskünfte beizubringen und sich zu bemühen, einen Vergleich zwischen den Vertragsparteien herbeizuführen.

2. Die Kommission erstattet ihren Bericht innert sechs Monaten nach dem Tage, an dem ihr eine Streitigkeit unterbreitet worden ist, es sei denn, die Hohen Vertragsparteien beschliessen im gemeinsamen Einvernehmen eine Verlängerung dieser Frist. Wenn immer die Umstände es gestatten, enthält der Bericht einen Vorschlag für die Beilegung der Streitigkeit.

3. Jeder Vertragspartei wird eine Ausfertigung des Berichts übergeben.

4. Die Kommission bestimmt eine Frist, innerhalb welcher die Vertragsparteien sich zu ihren Vorschlägen zu äussern haben. Diese Frist hat drei Monate nicht zu überschreiten.

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Kapitel III Gerichtsverfahren Artikel 14 1. Hat das Vergleichsverfahren nicht zum Ziel geführt, oder haben die Hohen Vertragsparteien vereinbart, auf ein vorgängiges Vergleichsverfahren zu verzichten, so können sie sich im gemeinsamen Einvernehmen oder durch einseitige Klage gemäss den Bestimmungen seines Statuts an den Internationalen Gerichtshof wenden, sofern die Streitigkeit rechtlicher Natur ist und zum Gegenstand hat : a. die Auslegung eines Vertrages ; b. irgendwelche Fragen des Völkerrechts; c. das Bestehen einer Tatsache, die, wenn sie bewiesen wäre, die Verletzung einer internationalen Verpflichtung bedeuten würde; d. die Art oder den Umfang einer, wegen Verletzung einer internationalen Verpflichtung geschuldeten Wiedergutmachung.

2. Im Falle einer Meinungsverschiedenheit über die Zuständigkeit des Gerichtshofes entscheidet der Gerichtshof.

3. Die Parteien können vereinbaren, dem Gerichtshof auch solche Streitigkeiten zu unterbreiten, die unter keine der in Absatz l erwähnten Kategorien fallen. Durch diese Bestimmung wird die Fähigkeit des Gerichtshofes, mit Zustimmung der Parteien ex aequo et bono zu entscheiden, nicht beeinträchtigt.

Kapitel IV Schiedsverfahren Artikel 15 1. Alle nicht unter Artikel 14 fallenden Streitigkeiten bezüglich welcher die Parteien sich innert drei Monaten nach Abschluss der Arbeiten der im Kapitel II vorgesehenen Vergleichskommission nicht verständigt haben, können vor ein Schiedsgericht gebracht werden, das in jedem einzelnen Fall und sofern die Vertragsparteien nicht etwas anderes vereinbaren, in nachstehend angegebener Weise bestellt wird.

2. Die Hohen Vertragsparteien können vereinbaren, eine Streitigkeit rechtlicher Natur dem in diesem Kapitel vorgesehenen Schiedsverfahren zu unterstellen.

Artikel 16 l. Das Schiedsgericht besteht aus fünf Mitgliedern. Jede Vertragspartei ernennt ein Mitglied, das sie unter ihren Staatsangehörigen auswählen kann. Die drei anderen Schiedsrichter werden von den Vertragsparteien im gemeinsamen

229

Einvernehmen unter den Angehörigen von Drittstaaten bezeichnet; sie müssen Angehörige verschiedener Staaten sein und dürfen weder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien haben noch in deren Diensten stehen.

2. Der Präsident des Schiedsgerichts wird von den Vertragsparteien aus der Mitte der gemeinsam bezeichneten Schiedsrichter ernannt.

Artikel 17 1. Erfolgt die Ernennung der gemeinsam zu bezeichnenden Mitglieder des Schiedsgerichts nicht innert drei Monaten, nachdem die eine Vertragspartei die andere um Bestellung eines Schiedsgerichts ersucht hat, so wird der Präsident des Internationalen Gerichtshofes auf Begehren der einen oder ändern Vertragspartei mit der Vornahme der notwendigen Ernennungen betraut. Ist der Präsident des Gerichtshofes verhindert oder besitzt er die Staatsangehörigkeit einer Vertragspartei, so wird diese Aufgabe dem Vizepräsidenten des Gerichtshofes übertragen; ist dieser verhindert oder Statsangehöriger einer Vertragspartei, so nimmt das amtsälteste Mitglied des Gerichtshofes, das nicht Staatsangehöriger einer Vertragspartei ist, diese Ernennungen vor.

2. Erfolgt die Ernennung der von jeder Vertragspartei zu bezeichnenden Mitglieder des Schiedsgerichts nicht innert drei Monaten nachdem die eine Vertragspartei die andere um Bestellung eines Schiedsgerichts ersucht hat, so werden sie nach dem im vorangehenden Absatz vorgesehenen Verfahren bezeichnet.

3. Wird der Präsident des Schiedsgerichts von den Vertragsparteien nicht innert zwei Monaten nach der Bestellung des Gerichtes bezeichnet, so wird er nach dem in Absatz l dieses Artikels vorgesehenen Verfahren ernannt.

Artikel 18 1. Ist das Schiedsgericht einmal bestellt, so bleibt seine Zusammensetzung bis und mit der Urteilseröffnung die gleiche.

2. Jede Vertragspartei hat jedoch die Möglichkeit, den von ihr ernannten Schiedsrichter zu ersetzen, solange das Verfahren vor dem Schiedsgericht nicht eröffnet ist. Ist das Verfahren einmal eröffnet, so kann ein Schiedsrichter nur im gemeinsamen Einvernehmen der Vertragsparteien ersetzt werden.

3. Das Verfahren gilt als eröffnet, wenn der Präsident des Schiedsgerichts seine erste Verfügung erlassen hat.

Artikel 19 1. Sitze, die durch Todesfall, Rücktritt oder sonstige Verhinderung frei werden, sind innert kürzester Frist nach dem für die Ernennung
vorgesehenen Verfahren wieder zu besetzen.

2. Jede Vertragspartei behält sich vor, sofort einen Stellvertreter zu ernennen, um den von ihr bezeichneten Schiedsrichter vorübergehend zu ersetzen, der infolge Krankheit oder aus irgend einem anderen Grunde vorübergehend ver-

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hindert ist, an den Sitzungen teilzunehmen. Die Vertragspartei, die von diesem Recht Gebrauch zu machen wünscht, setzt unverzüglich die Gegenpartei in Kenntnis.

Artikel 20 1. Die Hohen Vertragsparteien schliessen in jedem einzelnen Fall einen Schiedsvertrag ab, in dem der Streitgegenstand, die Befugnisse des Schiedsgerichts, das zu befolgende Verfahren sowie alle ändern von ihnen festgesetzten Bedingungen niedergelegt sind.

2. Der Schiedsvertrag wird durch Notenwechsel zwischen den Regierungen der Vertragsparteien abgeschlossen.

Artikel 21 Das Schiedsgericht besitzt die erforderliche Zuständigkeit zur Auslegung des Schiedsvertrages.

Artikel 22 Fehlen im Schiedsvertrag genügende Hinweise und Angaben bezüglich der in Artikel 20 bezeichneten Punkte, so wird das Verfahren durch das dritte Kapitel des Statuts des Internationalen Gerichtshofes (Artikel 39 bis 64) und Titel II des Réglementes des Internationalen Gerichtshofes (Artikel 31 bis 81) geregelt.

Artikel 23 Wird innert drei Monaten nach Bestellung des Schiedsgerichts kein Schiedsvertrag abgeschlossen, so wird dieses durch Klage der einen oder ändern Vertragspartei angerufen. Es hat die Streitigkeit zu untersuchen und einen Entscheid zu fällen.

Artikel 24 1. Ist die ihm unterbreitete Streitigkeit nicht rechtlicher Natur, so entscheidet das Schiedsgericht ex aequo et bono, wobei es sich von den allgemeinen Rechtsgrundsätzen leiten lässt und die berechtigten Interessen beider Vertragsparteien in angemessener Weise berücksichtigt.

2. Ist die Streitigkeit rechtlicher Natur, so wendet das Schiedsgericht an: a. die internationalen Übereinkünfte allgemeiner oder besonderer Natur, in denen die von den Streitparteien ausdrücklich anerkannten Normen aufgestellt worden sind; b. das internationale Gewohnheitsrecht als Ausdruck einer allgemein als Recht anerkannten Übung; c. die allgemeinen, von den Kulturstaaten anerkannten Rechtsgrundsätze; d. die gerichtlichen Entscheide und die Lehren der anerkanntesten Autoren der verschiedenen Nationen als Hilfsmittel zur Feststellung der Rechtsnormen.

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Kapitel V Allgemeine Bestimmungen Artikel 25 Die Bestimmungen dieses Vertrages finden keine Anwendung: a. auf Streitigkeiten, die vor dem Inkrafttreten dieses Vertrages zwischen den Streitparteien entstanden sind; b. auf Streitigkeiten über Fragen, die das Völkerrecht der ausschliesslichen Zuständigkeit der Staaten überlässt. Falls Meinungsverschiedenheiten darüber bestehen, ob eine Streitigkeit sich auf eine dieser Fragen bezieht, entscheidet die Ständige Vergleichskommission, der Internationale Gerichtshof oder das Schiedsgericht.

Artikel 26 1. Handelt es sich um eine Streitigkeit, deren Gegenstand nach dem innerstaatlichen Recht einer Hohen Vertragspartei in die Zuständigkeit der Gerichtsoder Verwaltungsbehörden dieser Vertragspartei fällt, so wird die Streitigkeit dem Vergleichs-, Gerichts- oder Schiedsverfahren gemäss dem vorliegenden Vertrage erst unterbreitet, nachdem innert angemessener Frist von der zuständigen staatlichen Gerichts- oder Verwaltungsbehörde ein endgültigerEntscheid gefällt worden ist.

2. Ist ein Entscheid im innerstaatlichen Rechtsbereich erfolgt, so kann nach Ablauf einer Frist von drei Jahren nach diesem Entscheid nicht mehr eines der in diesem Vertrage vorgesehenen Verfahren angerufen werden.

Artikel 27 1. In allen Fällen, in denen die Streitigkeit Gegenstand eines Gerichts- oder Schiedsverfahrens ist, namentlich wenn die zwischen den Hohen Vertragsparteien streitige Frage aus bereits erfolgten oder unmittelbar bevorstehenden Handlungen herrührt, ordnet der Internationale Gerichtshof gemäss Artikel 41 seines Statuts oder das Schiedsgericht möglichst bald an, welche vorläufigen Massnahmen zu treffen sind. Die Streitparteien sind verpflichtet, sich daran zu halten.

2. Ist die Vergleichskommission mit der Streitigkeit befasst, so kann sie den Vertragsparteien die ihr zweckdienlich erscheinenden vorläufigen Massnahmen empfehlen.

Artikel 28 Die Vertragsparteien enthalten sich jeglicher Massnahme, die sich auf die Durchführung des Gerichtsentscheides oder Schiedsspruches oder auf die von der Vergleichskommission vorgeschlagene Regelung nachteilig auswirken könnte, und unterlassen ganz allgemein jede Handlung, welcher Art sie auch sei, die geeignet wäre, die Streitigkeit zu verschärfen oder auszuweiten.

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Artikel 29 Die Hohen Vertragsparteien leisten dem Urteil des Internationalen Gerichtshofes oder dem Spruch des Schiedsgerichtes Folge. Das Urteil oder der Schiedsspruch ist sofort nach Treu und Glauben durchzuführen, sofern der Gerichtshof oder das Schiedsgericht nicht für diesen Entscheid oder für einen Teil desselben eine Frist festgesetzt hat.

Artikel 30 Steht die Durchführung eines Gerichtsurteils oder Schiedsspruches im Widerspruch zu einem Entscheid oder einer Massnahme einer gerichtlichen oder anderen Behörde einer Streitpartei und können nach dem innerstaatlichen Recht dieser Partei die Folgen dieses Entscheides oder dieser Massnahme nicht oder nur unvollkommen beseitigt werden, so bestimmt der Gerichtshof oder das Schiedsgericht Art und Umfang des der geschädigten Vertragspartei zu gewährenden Schadenersatzes.

Artikel 31 Die Schwierigkeiten, zu denen die Auslegung eines Urteils des Internationalen Gerichtshofes oder eines Schiedsspruches des Schiedsgerichtes Anlass geben könnte, werden auf Begehren einer Vertragspartei innert drei Monaten, nach Eröffnung des Urteils oder Schiedsspruches dem Internationalen Gerichtshof oder dem Schiedsgericht unterbreitet, von dem dieses Urteil oder dieser Schiedsspruch gefällt wurde.

Artikel 32 1. Dieser Vertrag bleibt zwischen den Hohen Vertragsparteien auch dann anwendbar, wenn ein dritter Staat an der Streitigkeit ein Interesse hat.

2. Im Vergleichsverfahren können die Vertragsparteien im gegenseitigen Einvernehmen einen dritten Staat zur Teilnahme einladen.

3. Ist beim Gerichts- oder Schiedsverfahren ein dritter Staat der Ansicht, dass in einer Streitigkeit für ihn ein Interesse rechtlicher Natur auf dem Spiele sei, so kann er beim Internationalen Gerichtshof oder beim Schiedsgericht ein Begehren auf Beteiligung am Verfahren einreichen.

4. Der Gerichtshof oder das Schiedsgericht entscheidet.

Artikel 33 1. Während der tatsächlichen Dauer des Vergleichs- oder Schiedsverfahrens erhalten die gemeinsam bezeichneten Mitglieder der Ständigen Vergleichskommission und des Schiedsgerichts eine Vergütung, deren Betrag von den Hohen Vertragsparteien festgesetzt und zu gleichen Teilen übernommen wird.

2. Jede Vertragspartei trägt ihre eigenen Kosten und einen gleichen Teil der Kosten der Ständigen Vergleichskommission und des Schiedsgerichts.

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Artikel 34 1. Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung oder Durchführung dieses Vertrages werden durch einfaches Begehren dem Internationalen Gerichtshof unterbreitet.

2. Die vorstehend vorgesehene Anrufung des Internationalen Gerichtshofes bewirkt die einstweilige Einstellung des betreffenden Schieds- oder Vergleichsverfahrens, bis der verlangte Entscheid vorliegt.

3. Die Bestimmung des vorstehenden Artikels 29 findet auf den Entscheid des Gerichtshofes Anwendung.

Artikel 35 1. Dieser Vertrag bedarf der Ratiflzierung. Die Ratifikationsurkunden sollen so bald wie möglich in Abidjan ausgetauscht werden.

2. Der Vertrag tritt mit dem Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft.

Er ist auf fünf Jahre, von seinem Inkrafttreten an, abgeschlossen. Wird er nicht sechs Monate vor Ablauf dieser Frist gekündigt, so gilt er als für weitere fünf Jahre erneuert, und so fort.

3. Ist bei Beendigung dieses Vertrages ein Vergleichs-, Gerichts- oder Schiedsverfahren hängig, so nimmt es seinen Fortgang gemäss den Bestimmungen dieses Vertrages oder jedes anderen Abkommens, das von den Hohen Vertragsparteien an seiner Stelle vereinbart wird.

Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten den vorliegenden Vertrag unterzeichnet.

Geschehen in zwei Urschriften in Abidjan am 22. Oktober 1962.

Für den Schweizerischen Für die Regierung der Bundesrat: Republik Elfenbeinküste: Der Schweizerische Botschafter Der Siegelbewahrer in der Elfenbeinküste: und Justizminister: (gez.) Strochlin (gez.) Boni 8537

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Genehmigung der von der Schweiz mit Costa Rica, der Elfenbeinküste, Grossbritannien, Israel, Kamerun, Liberia, Madagaskar und Niger abgeschlossenen Vergleichs-, Gerichts- und Schiedsve...

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Jahr

1965

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9359

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

09.12.1965

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125-233

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