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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über den Ausbau der Eidgenössischen Turnund Sportschule in Magglingen (Vom 4. Juni 1965)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen hiermit Botschaft und Entwurf zu einem Beschluss über den Ausbau der Eidgenössischen Turn- und Sportschule in Magglingen (ETS) zu unterbreiten.

L Vorgeschichte und Entwicklung der Eidgenössischen Turn- und Sportschule 1. Vorgeschichte

Die Geschichte der Eidgenössischen Turn- und Sportschule reicht zurück bis in das Jahr 1858, als in der «Schweizerischen Turnzeitung» die Schaffung einer zentralen Ausbildungsstätte des Bundes für Turnen und Sport angeregt wurde. 1876 griff die damalige Eidgenössische Turnkomniission, die eine beratende Kommission des Eidgenössischen Müitärdepartements war, das Thema auf und betonte die Notwendigkeit einer zentralen Turnlehrer-Bildungsanstalt.

1910 machte sich der Schweizerische Turnlehrer verein zum Befürworter der Idee.

Mit der Einführung von Ausbildungslehrgängen für die Erwerbung des eidgenössischen Turnlehrerdiploms I an der Universität Basel im Jahre 1922-rund zwanzig Jahre später folgten die Universitäten Lausanne, Genf sowie die Eidgenössische Technische Hochschule (ETH) Zürich - wurde das Schwergewicht der Turnlehrerausbildung auf die kantonale Ebene gelegt. Trotz Wegfall dieses wichtigen Teilgebiets aus dem ursprünglich vorgesehenen Aufgabenkreis verstummte der Ruf nach einem schweizerischen Ausbildungszentrum nicht.

Im Jahr 1941 lud die Eidgenössische Turn- und Sportkommission (ETSK) Vertreter des Schweizerischen Landesverbandes für Leibesübungen (SLL) und der Turn- und Sportverbände zu einer Konferenz ein, welche in einer Eingabe an das Eidgenössische Militärdepartement die Schaffung einer zentralen Ausbildungsstätte für dringlich erklärte. Mit einem Bundesratsbeschluss vom 12. Februar 1942 wurde vorerst die Eidgenössische Zentralstelle für Vorunterricht-,

1598 Turn-, Sport- und Schiesswesen mit Sitz in Bern ins Leben gerufen. Im Mai 1943 gelangte dann der SLL mit einer Eingabe an das Eidgenössische Militärdepartement, mit welcher die Schaffung einer zentralen Ausbildungsstätte für Turnen und Sport gefordert wurde. Im Juni des gleichen Jahres wurde das Postulat Müller-Aarberg vom 16. Dezember 1942 vom Nationalrat angenommen. Diese verschiedenen Vorstössef ührten zum Bundesratsbeschluss vom 3. März 1944, der das Eidgenössische Militärdepartement ermächtigte, die Errichtung einer Eidgenössischen Turn- und Sportschule (ETS) mit Sitz in Magglingen in die Wege zu leiten.

2. Erste Bauetappe, ausgeführt durch die Einwohnergemeinde Biel In einem Vertrag vom 16. April 1944 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Einwohnergemeinde Biel über die Errichtung einer Eidgenössischen Turn- und Sportschule in Magglingen wurde unter anderem festgelegt, dass a. ein Ideenwettbewerb ausgeschrieben, b, die ETS etappenweise erstellt, c. die erste Etappe mit einem Kostenvoranschlag von 2,25 Millionen Franken sofort in Angriff genommen werde, und d, die Einwohnergemcinde Biel das notwendige Land erwerbe sowie das ehemalige Grand-Hotel Magglingen zur Ermöglichung des Betriebes der ETS zur Verfügung stelle.

In diesem Vertrag verpflichtet sich der Bund, der Einwohnergemeinde Biel einen jährlichen Mietzins von 3,5 Prozent der zinspflichtigen Bau- und Einrichtungssumme sowie eine jährliche Amortisationsquote von l Prozent zu bezahlen.

Der Vertrag wurde auf 20 Jahre befristet, mit Laufzeit vom Tag der Kollaudation der ersten Bauetappe hinweg. Die Kollaudation erfolgte am 12. Oktober 1949, so dass der Vertrag noch bis zum 11. Oktober 1969 in Kraft steht.

Es darf besonders hervorgehoben werden, dass die Einwohnergemeinde Biel die unter Buchstabe d genannte Vertragsbestimmung in außerordentlich grosszügiger Weise erfüllte, indem sie durch umfassende Landkäufe nicht nur den Betrieb der ETS sicherstellte, sondern auch dafür sorgte, dass das gesamte Gebiet von Obermagglingen und Hohmatt in seinem ursprünglichen Zustand erhalten blieb und nicht der Uberbauung anheimfiel. Weil das Landschafts- und damit das Heimaterlebnis immer als wichtiger Bestandteil der Tätigkeit der ETS hochgehalten wurde, erhält die Voraussicht der Bieler Behörden ständig zunehmende Bedeutung.
Im März 1945 wurde das Wettbewerbsprojekt des Bieler Architekten Werner Schindler mit dem ersten Preis bedacht und von der eingesetzen Jury zur Ausf ührung empfohlen. Es zeichnete sich aus durch Schonung der Landschaft, durch weitgehende Auflockerung der Bauten und Anlagen sowie durch die Freihaltung besonders reizvoller Geländepartien. Dieses Projekt enthielt unter anderem auch die zum Betrieb einer nationalen Turn- und Sportschule nötigen Schul- und Theo-

1599 rieräume, einen grossen HÖrsaal, einen grossen Versammlungssaal (Aula), einen kleinen Hörsaal sowie einen kleinen Saal.

In den Jahren 1945-1947 wurde die erste Bauetappe mit einem Kostenaufwand von rund 2,9 Millionen Franken durch die Einwohnergemeinde Biel ausgeführt. Sie umfasste -

eine grosso Sporthalle, eine Turnhalle, einen gedeckten Übungsplatz für Leichtathletik, ein Freiluft-Schwimmbad.

Wie im Vertrag vom 16. April 1944 vereinbart wurde, erwarb die Einwohnergemeinde Biel im April 1944 zur Unterbringung der Kursteilnehmer, der Verwaltung und der übrigen, der ETS angegliederten Dienststellen des Bundes auf dem Gebiet von Turnen und Sport, das ehemalige Grand-Hotel Magglingen zum Preis von 395000 Franken (Liegenschaft 252500.-- und Mobiliar 142500 Franken). In einem vom I.Juni 1945 datierten Benützungsvertrag für diese Liegenschaft, der rückwirkend auf 1. April 1944 in Kraft trat, wurde eine Verzinsung von 4 Prozent und eine jährliche Amortisation von l Prozent festgelegt; dagegen wurde auf einen Beitrag à fonds perdu der Gemeinde verzichtet. Dieser Vertrag lief bis zum 31. Dezember 1964; er kann unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von zwei Jahren jeweils auf ein Jahresende gekündigt werden. Eine Kündigung ist bis jetzt nicht erfolgt. Der Vertrag räumt dem Bund ein Kaufsrecht ein ; als Kaufpreis gilt der im Zeitpunkt der Kündigung verbleibende zinspflichtige Anlagewert.

Die Verwendung dieses Hotels als Hauptgebäude der ETS war von Anfang an als Notlösung gedacht, die ermöglichte, den Kursbetrieb sofort aufzunehmen, bis das im Wettbewerbsprojekt Schindler enthaltene Schul- und Wohnzentrum östlich der Liegenschaft «Bcl-Air » errichtet sein sollte. Die ETS hatte sich mit dem Fehlen der Schul- und Theorieräume vorläufig abzufinden und sich mit provisorischen Lösungen zu behelfen. Diese wurden wohl mit der Zeit verbessert, behielten aber bis heute ihren provisorischen Charakter, dem verschiedene Unzulänglichkeiten anhafteten.

Im Jahre 1949 baute die Gemeinde Biel die Liegenschaft «Bel-Air » als Direktorenwohnung aus und stellte diese ebenfalls der ETS zur Verfügung.

Zwei Jahre später wurde das Unterkunftsgebäude «Bärnerhus » eingeweiht, das heute 60 Schlafplätze aufweist. Für die Verwirklichung dieses Gebäudes wurde von der Bernischen Arbeitsgemeinschaft für Turnen und Sport (BATS) die «Turn- und Sportheim-Genossenschaft Bärnerhus » gegründet. Das Haus ist in erster Linie für die Unterbringung von Kursen der bernischen Turn- und Sportverbände reserviert, steht im übrigen aber der ETS zur freien Benützung zur Verfügung. Das «Bärnerhus »ist Eigentum der Bernischen Arbeitsgemeinschaft für Turnen und Sport.

1600 3. Zweite Bauetappe, ausgeführt und finanziert durch den Schweizerischen Landesverband für Leibesübungen (SLL)

Die ETS entwickelte sich in der Folge in erfreulicher Weise. Schon bald stellte sich das Bedürfnis nach einer Erweiterung der Hallen, Plätze und Unterkünfte ein. Das bewog den SLL, mit Sport-Toto-Mitteln eine zweite Ausbauetappe der ETS in Angriff zu nehmen, um in erster Linie den ihmangeschlossenen Turn- und Sportverbänden zu ermöglichen, einen grösseren Teil ihrer Ausbildungskurse und Trainingslager in Magglingen durchzuführen und gleichzeitig die weitere Entwicklung des begonnenen Werkes sicherzustellen. Diese Zusammenarbeit zwischen dem Bund, der Gemeinde Biel und dem SLL, der Dachorganisation der autonomen schweizerischen Turn- und Sportorganisationen sowie der Arbeitsgemeinschaft für Turnen und Sport hat sich in der Folge als fruchtbar erwiesen.

Mit einem Kostenaufwand von rund 2,8 Millionen Franken entstanden in den Jahren 1952-1954: - drei Unterkunftshäuser - zwei Kleinhallen (Pavillons) - eine 400-m-Wettkampfbahn mit Fussballfeld und Leichtathletikanlagen nach international festgesetzten Ausmassen und Normen.

Der SLL stellte diese Bauten und Anlagen mit ihrem Inventar der ETS zum Betrieb und zur Verwaltung zur Verfügung, behielt jedoch das Eigentum. Die Einzelheiten über Verwendung und Unterhalt sind in einem besonderen Vertrag geregelt.

II. Heutige Lage 1. Allgemeines Die umschriebenen baulichen Erweiterungen haben wesentlich dazu beigetragen, dass die Tätigkeit und die Bedeutung der ETS innerhalb weniger Jahre einen sehr raschen Aufschwung erlebten. Folgende Zahlen aus den Geschäftsberichten zeigen die ausserordentlich rasche Entwicklung: 1946 27 Vorunterrichts-Leiterkurse mit 1341 Teilnehmern 14 Verbandskurse mit 600 Teilnehmern Total 1941 Teilnehmer 1963 46 Vorunterrichts-Leiterkurse mit 1849 Teilnehmern 150 Verbandskurse mit 5796 Teilnehmern Studienlehrgang für Sportlehrer Wiederholungskurs für Sportlehrer Einführungskurs für Kandidaten für das Turnlehrerdiplom I der Hochschulen 130 Teilnehmer 6 Kurse für Turnen und Sport in der Armee .. mit 235 Teilnehmern Total 8010 Teilnehmer

1601 Von besonderer Bedeutung ist dabei die Tatsache, dass sich in der ETS eine Entwicklung vom blossen Kurszentrum zu einer Schule vollzogen hat, was sich unter anderem durch ein vermehrtes Bedürfnis an Theorie-, Schul- und Hörräumen auswirkt. Trotzdem hat man sich bisher notgedrungen mit den bestehenden baulichen Provisorien behelfen müssen.

Nicht nur fehlen der ETS heute genügende Theorie-, Schul- und--Hörräume und eine Aula; auch vermag die ETS seit einer Reihe von Jahren mit den in Magglingen verfügbaren Unterkünften den bestehenden Logierbedürfnissen nicht mehr zu genügen. So niussten beispielsweise bei der Erstellung des Sommerkursplans 1963 insgesamt 57 Kursanmeldungen, bei der Erstellung der Winterkursplanes 1963/64 gesamthaft 35 Anmeldungen für Kurse der Turn- und Sportverbände wegen Platzmangels zurückgewiesen werden. Die ETS verfügt gegenwärtig bei voller Belegung uur über 150Betten; dies ist bedeutend weniger als noch vor sechs Jahren, weilfür die behelfsmässige Beschaffung von Schulräumen, von Auf- enthaltsräumen für Teilnehmer langfristiger Kurse, für die Unterbringung der stets anwachsenden Bibliothek, ferner für Räumlichkeiten für die Sektion Forschung usw. Schlafräume des bestehenden Hauptgebäudes belegt werden mussten.

Die Bibliothek der ETS darf als weitaus umfassendste unseres Landes auf dem Gebiet von Körpererziehung, Turnen und Sport und als eine der grössten im deutschen Sprachgebiet angesprochen werden. Sie ist von 1065 Bänden im Jahr 1946 auf 18300 Bände angewachsen. Die belegten Räume im Westflügel des 3. Stockes sind jedoch baulich dem Gewicht dieser Bände nicht gewachsen, so dass wegen drohender Einsturzgefahr ein Teil der Bücher in Räumen anderer Stockwerke untergebracht werden musstc. Unter solchen Bedingungen ist ein rationeller Bibliothekbetrieb nicht möglich. Diese Tatsache zeigt deutlich, dass das seinerzeit notgedrungen übernommene Provisorium den heutigen Anforderungen nicht mehr genügen kann.

Auch in bezug auf die Abwasserklärung herrschen unbefriedigende Verhältnisse. Im Jahre 1960 erstellte die Gemeinde Leubringen einen KanalisationsHauptstrang vom ETS-Hauptgebäude bis Westseite des Dorfes Leubringen, der erlaubt, das Abwasser des Hauptgebäudes sowie der SLL-Unterkunftshäuser abzuführen. Hingegen konnte der Komplex der bestehenden Hallen bauten, d.h.
eine Sporthalle, eine Turnhalle, eine Leichtathletikhalle, ein Kampfsportpavillon und ein Gymnastikpavillon mit einer Hallenfläche von 2150 m2, drei grösseren WC- und Duschanlagen mit einem Wasserverbrauch von 30300 m3 (1963) bis heute keinem Kanalisationssystem angeschlossen werden; diese Abwasser werden in eine Klärgrube geleitet und von dort in Sickerleitungen in den Wald geführt. Diese Einrichtung vermag auf die Dauer nicht zu genügen. Durch das ständige Anwachsen der Zahlen der Kursteilnehmer einerseits und die zunehmende Verschlammung der Anlage anderseits bestehen schon heute sehr unerfreuliche Zustände. Eine Lösung dieses Problems lässt sich nicht mehr aufschieben. Im Zusammenhang mit der Erstellung des Neubaues und der Umbauten am Hauptgebäude muss deshalb auch die Kanalisationsfrage gelöst werden durch Bundesblatt. llT.Jahrg. Bd.I.

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1602 den Bau eines Leitungsstranges von den Hallenbauten zur Hauptleitung, die vor dem bestehenden Hauptgebäude beginnt.

2. Beurteilung in bezug auf das weitere Vorgehen

Bei der Beurteilung der Frage des weiteren Vorgehens müssen zwei Besonderheiten hervorgehoben werden : a. Bereits im Jahr 1952 wurde anlässlich der Projektierung der zweiten, durch den SLL finanzierten Bauetappe, nach gründlichem Studium, an dem Mitglieder der Wettbewerbs-Jury von 1946 mitwirkten, beschlossen, das ehemalige Grand-Hotel als Hauptgebäude beizubehalten und auf die Verlegung des Schul- und Wohnzentrums auf den im Wettbewerbsprojekt Schindler vorgesehenen Platz östlich des Hauses «Bei-Air» zu verzichten. Massgebend für diesen Entscheid waren einmal die Schwierigkeiten im Erwerb des nötigen Baugrundes ; dazu kamen die hohen Kosten für Neubauten und schliesslich das Bestreben, durch Konzentration der Bauten reizvolle Landschaftsräume freizuhalten.

b. Im Vertrag zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Einwohnergemeinde Biel für die Errichtung einer Eidgenössischen Turn- und Sportschule in Magglingen vom 16. April 1944 ist dem Bund ein Kaufrecht für die von der Gemeinde Biel für den Betrieb der ETS erworbenen Liegenschaften und die errichteten Anlagen und Gebäulichkeiten eingeräumt auf der Grundlage des Ankaufspreises zusätzlich der inzwischen erfolgten Investitionen für Ergänzungsbauten und Verbesserungen, abzüglich der Beiträge à fonds perdu der Gemeinde Biel und der durch den Bund bezahlten Amortisationsquoten. Die im Vertrag von 1944 enthaltene Bestimmung, wonach der Unterhalt durch den Bund, Umbauten hingegen durch die Gemeinde Biel zu tragen sind, kann zu Unklarheiten und Komplikationen führen. Im Interesse einer einfacheren und klareren Rechtslage wäre es von Vorteil, wenn die Liegenschaften - ehemaliges Grand-Hotel und «Bei-Air »vom Bund übernommen würden. Ausserdem sind heute am bisherigen Hauptgebäude verschiedene Renovationen und bauliche Änderungen notwendig, so dass der Erwerb des bisherigen Hauptgebäudes durch den Bund wünschbar ist. Im Bestreben, in dieser Hinsicht eindeutige Verhältnisse zu schaffen und die günstigen Kaufsbedingungen auszunützen, hat das Eidgenössische Militärdepartement mit den Behörden der Stadt Biel die Frage geklärt, Ob ein Kauf der in den Jahren 1945-1947 errichteten ersten Bauetappe in Erwägung gezogen werden könne. Die Vertreter des Gemeinderates von Biel haben sich bereit erklärt, zu einem Verkauf an den Bund Hand zu bieten.

3. Aufgaben des Bundes für die Erhaltung der Volksgesundheit und Hebung der physischen Widerstandskraft

Es können keine Zweifel darüber bestehen, dass die zunehmende Automation und Mechanisierung des täglichen Lebens und die daraus erwachsende Bewegungsarmut breiter Volksschichten immer schwierigere Probleme stellt. Wenn

1603 auch heute die Folgen der modernen Lebensweise noch nicht in ihrer ganzen Tragweite in Erscheinung treten, muss es doch zu denken geben, dass im Jahr 1963 rund 43 Prozent aller Sterbefälle auf die Erkrankung der Kreislauf organe entfielen, gegenüber 32 Prozent im Jahr 1940. Alarmierend wirkt im weiteren der in Schulen aller Stufen feststellbare Haltungszerfall bei den Jugendlichen. Es ist bekannt, dass sich auch andere Länder mit hohem Lebensstandard mit ähnlichen Fragen zu befassen haben, so dass der Ruf nach Gegenmassnahmen, an denen sich der Staat zu beteiligen hat, allgemein deutlich hörbar ist.

Die Forderung nach Erhaltung und Förderung der physischen Widerstandskraft der heranwachsenden Jugend ist auch ein militärisches Postulat. In unserem System der allgemeinen Wehrpflicht ist die Armee auf eine gesunde und leistungsf ähige Jugend angewiesen. Auch machen es die kurzen Dienstzeiten der Miliz zur Voraussetzung, dass die körperliche Ertüchtigung und die Erhaltung der physischen Leistungsfähigkeit der Wehnnänner schon im zivilen Leben sichergestellt wird.

Turnen und Sport gehören zu den tauglichen Mitteln im Kampf gegen die zunehmende Verweichlichung unseres Volkes. Wir verweisen in diesem Zusammenhang auf die in beiden Räten erheblich erklärte Motion Kurzmeyer vom 16. Dezember 1960, welche mit aller Deutlichkeit die Probleme darlegt, vor denen wir heute stehen. Darin wird neben anderen Massnahmen der weitere Ausbau der ETS ausdrücklich gefordert. Im weiteren seien hier die verschiedenen Stimmen und Aktionen zur Förderung des schweizerischen Spitzensportes erwähnt, so beispielsweise der Vorschlag eines westschweizerischen Initiativkomitees, Abgesehen davon, dass die physische Bereitschaft der breiten Massen und die Leistungen einiger Spitzenathleten verschiedene Dinge sind, lassen sich zwischen den beiden doch gewisse Zusammenhänge erkennen. Aus der ungewöhnlich lebhaften und zum Teil scharfen Öffentlichen Kritik der Leistungen unserer Vertreter an den Olympischen Spielen 1964 hat sich eindeutig die Auffassung herausgebildet, dass unser Land bei solchen Manifestationen nicht eine untergeordnete Rolle spielen sollte. Diese Erkenntnis war auch massgebend für die Reaktionen in den eidgenössischen Räten ; wir verweisen auf das Postulat Meyer-Luzern vom 18. Februar 1964 und auf die Kleinen
Anfragen Germanier und Weisskopf vom 17. Februar 1964 sowie auf die zahlreichen Eingaben an den Bundesrat und das Eidgenössische Militärdepartement. Dieses Echo veranlasste den SLL, eine Studienkommission einzusetzen, welche das Problem des Spitzensportes prüfen und hierfür Vorschläge unterbreiten wird. Dass sich alle Anstrengungen zur körperlichen Ertüchtigung der Jugend und der breiten Masse im Hinblick auf die Volksgesundheit und die Wehrkraft lohnen, braucht wohl nicht besonders begründet zu werden.

Die Militärorganisation von 1907 schreibt vor: Artikel 102: «Die Kantone haben dafür zu sorgen, dass die männliche Jugend im schulpflichtigen Alter Turnunterricht erhält » ; Artikel 103 : «Der Bund unterstützt Vereine und Bestrebungen, die sich die körperliche Ausbildung und Vorbildung der Jünglinge für den Wehrdienst nach dem Austritt aus der Schule zur Aufgabe machen » ;

1604 Artikel 126: «Der Bund unterstützt auch anderweitige der militärischen Ausbildung dienende Tätigkeit nach Massgabe ihrer Bedeutung, sofern sie organisiert ist und sich der Kontrolle des Bundes und den aufgestellten Vorschriften unterzieht»; Die Erfahrung zeigt immer wieder, dass es schwer ist, diese Forderungen durchzusetzen. Die kantonale Schulhoheit, die Freiwilligkeit des turnerischsportlichen Vorunterrichtes und die Abhängigkeit der körperlichen Ertüchtigung vom freien Willen des Wehrmannes verlangen ein beispielhaftes Vorangehen des Bundes sowohl im Hinblick auf die Bereitstellung von Anlagen und Einrichtungen als auch von übrigen Leistungen auf praktischem Gebiet.

4. Die Leistungen der ETS Die ETS, als Schule, Kurszentrum und Fachstelle des Bundes auf dem Gebiet von Turnen und Sport, kann den Kampf gegen die Verweichlichung wirksam unterstützen. Die Ausbildung von jährlich 7000 bis 8000 jungen Schweizern in kurzfristigen Kursen an der ETS als Leiter der freiwilligen turnerisch-sportlichen Vorunterrichts und für die Leiterkader der Turn- und Sportvereine darf als wertvoller Beitrag betrachtet werden, der sowohl für die Förderung der körperlichen Bereitschaft der Ausgebildeten selbst, als besonders in ihrem späteren Einsatz als Kurslciter im Vorunterricht und in den Verbänden Früchte tragen wird. Der Erfolg der in zweijährigen Studienlehrgängen an der ETS ausgebildeten Sportlehrer, die Armeesportkurse, der Invalidensport, die Forschungstätigkeit, insbesondere auf sportmedizinischem Gebiet, die Turn- und Sportplatzberatung und auch die propagandistische Tätigkeit der Schule erhöhen noch den Beitrag der ETS.

5. Die Notwendigkeit des Weiterausbaus der ETS Aus den bisherigen Darlegungen ist ersichtlich, dass die ETS gezwungen ist, einen Teil der angemeldeten Verbandskurse zurückzuweisen und dass der Durchführung ihrer schuleigenen Kurse Schwierigkeiten im Wege stehen, weil - die verfügbare Bettenzahl nicht ausreicht, - Schul- und Theoricräume nur in ungenügender Zahl und mit behelfsmässigen Einrichtungen zur Verfügung stehen, - die Bibliothek wegen Einsturzgefahr dezentralisiert werden musste, was unrationelle Arbeitsverhältnisse zur Folge hatte.

Es ist vorauszusehen, dass die körperliche Ertüchtigung und die Förderung des Wettkampfsportes als Gegenmassnahme gegen die Folgen der heutigen
Lebensweise schon in nächster Zukunft weiter intensiviert werden müssen. Dabei zeichnen sich heute schon neue Aufgaben ab. Wir denken etwa an die körperliche Grundausbildung der weiblichen Jugend im nachschulpflichtigen Alter, die auch in der Motion Kurzmeyer angedeutet wird. Die ETS ist in ihrem heutigen Ausbaustadium ausserstande, neue Aufgaben zu übernehmen. Sie kann schon die bisherigen nur ungenügend erfüllen. Ein Ausbau der ETS entspricht daher einem

1605 dringenden Bedürfnis, Wir verweisen in diesem Zusammenhang auf die erwähnten parlamentarischen Vorstösse und möchten auch daran erinnern, dass der geplante Ausbau dem Raumprogramm des ursprünglichen Projektes entspricht und somit gegenüber den Plänen von 1945, deren Realisierung etappenweise angestrebt wurde, keine Erweiterung bedeutet. Es ist im Gegenteil eine Entlastung des Bundes dadurch cingetretenj dass sich der Schweizerische Landesverband für Leibesübungen mit sehr beträchtlichen Mitteln am Aufbau beteiligt hat.

IQ. Projekt für den Ausbau der ETS (Schulgebäude) 1. Allgemeines Der Ausbau der ETS folgt der Grundidee, dass - für die Sicherstellung und Erweiterung der Lehr- und Kurstätigkeit der ETS die Errichtung eines Neubaues mit den nötigen Schul- und Gemeinschaftsräumen im Sinne des Gesamtprojektes notwendig ist, - der Ankauf der Altbauten, d. h. des bestehenden Hauptgebäudes (ehemaliges Grand-Hotel) sowie der Liegenschaft «Bel-Air » Voraussetzung für die Inangriffnahme eines Weiterausbaues bildet, - eine käufliche Ü bernahme der Bauten und Anlagen der ersten Bauetappe durch den Bund wünschbar und gestützt auf den Vertrag mit der Stadt Biel zu günstigen Bedingungen möglich wäre, - der Anschluss au die Kanalisation für alle Gebäude der ETS aus Gründen der Hygiene unaufschiebbar ist.

Am 25. März 1960 wurde ein Kredit von 58000 Franken für die Projektierung eines Neubaues der ETS bewilligt. Das Eidgenössische Militärdepartement ernannte durch Verfügung vom I.November 1960 einen Bauausschuss, der ein Raumprogramm ausarbeitete als Grundlage für ein Bauprojekt, mit dessen Ausarbeitung Architekt Max Schlup, Biel, beauftragt wurde. Dieser Projektierungskredit wurde durch Beschlüsse vom S.November 1962 und 27. August 1964 auf 161000 Franken erhöht, nachdem es sich während der Planung gezeigt hatte, dass die Bauaufgabe infolge beträchtlicher Umbau-, Rénovations- und Anpassungsarbeiten im bestehenden Hauptgebäude wesentlich umfangreicher war, als ursprünglich angenommen wurde und weil die Studien zu einer anderen Grundkonzeptionfür den Neubauführten.

2. Projekt Schon die Vorstudien zeigten, dass es aus ästhetischen Gründen schwierig ist, neben dem bestehenden Hauptgebäude, einem um die Jahrhundertwende er stellten grossen Hotel, das durch seine dominierende Lage bis weit ins Land hin aus als Blickfang wirkt, einen zweiten Baukörper von grossem Volumen zu erstellen. Die Lösung wurde in einer modernen Beton- und Glaskonstruktion ge-

1606 Funden, die vom Seeland aus kaum sichtbar sein wird. Sie ist an die Ostfront des \ltbaues angelehnt und soll in den Abhang hineingebaut werden. Das Dach des Hauptbaukörpers liegt auf dem Niveau der Zufahrtsstrasse zum bisherigen Hauptgebäude und ist als Aussichtsterrasse gedacht. Aufgebaut wird ein kleinerer Kubus, welcher die Aula und die Bibliothek mit Leseräumen beherbergen wird.

Die vier Untergeschosse enthalten : Foyer Organisationsraum Konferenzzimmer Hörsäle Lehrer- und Dozentenzimmer Büros Lehrschwimmbecken mit Garderoben, mit Berücksichtigung der Bedürfnisse des Invalidensportes - Film- und Photolabor - Sauna - Einstellräume, Depots usw.

- Luftschutzräume - Materialmagazine - Werkstätten.

Nicht nur in ästhetischer Hinsicht, sondern auch im Hinblick auf den Betrieb der ETS, darf das Projekt als erfreuliche Lösung bezeichnet werden. Es garantiert eine organisatorisch klare Konzeption, mit Schule und Verwaltung im Neubau, Essen und Wohnen im Altbau. Der Besucher erreicht zuerst den Neubau.

Das dahinter liegende Wohnzentrum für die Kursteilnehmer ist auf diese Weise abgeschirmt und ruhig.

Die bisher behelfsmässig als Schulräume sowie als Büros und die für andere Zwecke belegten Räume des Altbaues können wieder als Schlafzimmer verwende,! werden, was einen Zuwachs von rund 50 Betten bewirken wird. Diese Rück'ührung macht Umbau- und Renovationsarbeiten notwendig, ausserdem eine Ergänzung der sanitären Einrichtungen sowie die Erstellung einer leistungsahigen Verbindung vom heutigen Hauptgebäude (Altbau) zum Neubau.

-

3. Bauausführung Bei Inangriffnahme und Durchführung der notwendigen Bauten ist auf die Kapazität des Baugewerbes und die dannzumalige Konjunkturlage Rücksicht zu lehmen. Auf jeden Fall wird durch den Ausbau der ETS das Bauvolumen das im lahmen der Konjunkturdämpfungsmassnahmen für militärische Vorhaben festgesetzt ist, nicht überschritten werden dürfen. Der Bundesrat behält sich deshalb /or, unter Berücksichtigung der erwähnten Kriterien über den Zeitpunkt des Baujeginns zu entscheiden.

1607 IV. Kosten A. Erwerb Franken

1. Hauptgebaude ETS (ehemalige Grand-Hotel Magglingen) ..

757 609.80 2. Zugehor (Mobiliar) 188 313.88 3. Liegenschaft «Bel-Air» 146 179.20 4. Bauten und Anlagen der ersten Bauetappe 2 985 099.76 Nettoanlagewert 4077202.64 Amortisationszahlungen durch den Bund 663 853.64 Beitrage der Gemeinde Biel a fonds perdu 622 653.80 1286507.44 Kostenfur den Erwerb 2790695.20 B. Renovationen

1 070 000.-

C. Neubauten 1. Neubau Schulgebaude, Gebaudekosten total Inneneinrichtungen gemass Kostenvoranschlag 2. Fahrzeugraume gemäss Kostenvoranschlag 3. Erschliessungund Umgebung

8 540 000.-- 302 000. -- 277 000.-- 596 000.-- 9715000.--

D. Bewegliches Mobiliar und Einrichtungen E. Kanalisation Kostenzusammenstellung A. Kostenfur Erwerb B. Kosten fur Renovationen C. Kosten fur Neubauten D. Kosten des beweglichen Mobiliars und der Einrichtungen....

E. Kosten fiir Kanalisation

673 000.-- 47 000.-- 2790 700.

1 070 000.

9715000.

673 000.

47 000.

14295700.

Zuschlagfiir Erhohung des Baukosten-Indexes Per Kostenvoranschlag beruht auf der Indexzahl 284,1.

Index vom Oktober 1964: 302,1.

Es ergibt sich daher auf den Positionen B, C und D eine Erhohung urn Nachgesuchter Kredit total Aufgerundet

686 300.

14 982 000.

15 000 000.

Die verfassungsmassige Zustandigkeit der Bundesversammlung ergibt sich aus den Artikeln 20 und 85, Ziffer 10 der Bundesverfassung.

1608 Gestiitzt auf die vorstehenden Darlegungen beehren wir uns, Ihnen den nachfolgenden Entwurf zu einem Bundesbeschluss tiber den Ausbau der Eidgenossischen Turn- und Sportschule in Magglingen zur Annahrne zu empfehlen.

Genehmigen Sie, Herr Prasident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vorztiglichen Hochachtung.

Bern, den 4. Juni 1965.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundesprasident: Tschudi Der Bundeskanzler: Ch.Oser (Entwurf)

Bundesbeschluss ttber den Ausbau der Eidgenbssischen Turnund Sportschule (ETS) in Magglingen Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 4. Juni 1965, beschliesst: Art.l Fiir den Liegenschaftserwerb und den Ausbau der Eidgenossischen Turnund Sportschule in Magglingen wird ein Gesamtkredit von 15 Millionen Franken bewilligt, namlich: Fr.

a. ein Objektkredit fiir den Liegenschaftserwerb von 2790700.-- b. ein Objektkredit fur den Ausbau von 12209300.--

Art. 2 Der jährliche Zahlungsbedarf ist in den Voranschlag einzustellen.

Art. 3 Bei Inangriffnahrne und Durchfuhrung der notwendigen Bauten ist auf die Kapazitat des Baugewerbes und die dannzumalige Konjunkturlage Riicksicht zu nehmen. Der Bundesrat entscheidet iiber den Baubeginn.

Art.4 Dieser Beschluss ist nicht allgemein verbindlich und tritt sofort in Kraft, 2 Der Bundesrat ist mit dem Vollzug beauftragt.

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