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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über eine Teilrevision des Schweizerischen Strafgesetzbuches (Vom I.März 1965)

Herr Präsident !

Hochgeehrte Herren !

Wir beehren uns, Ihnen mit dieser Botschaft den Entwurf eines Gesetzes über die Teilrevisioii des Schweizerischen Strafgesetzbuches zu unterbreiten.

I. Die Entwicklung der Revisionsbestrebungen

Das am I.Januar 1942 in Kraft getretene Schweizerische Strafgesetzbuch vom 21.Dezember 1937 (BS 3/203) musste durch Bundesgesetz vom S.Oktober 1950 bereits einmal einer Teilrevision unterzogen werden. Der Hauptzweck jener Teilrevisiori war die dringlich gewordene Verschärfung der strafrechtlichen Bestimmungen über den Staatsschutz (vgl. Botschaft vom 20. Juni 1949; BB1 1949 I 1249). Heute ist eine zweite Teilrevision deswegen notwendig geworden, weil in der Praxis ein gesetzeskonformer Strafvollzug wegen der neuen Erkenntnisse und Entwicklungen auf diesem Gebiet nicht mehr durchgefühlt weiden kann. Nach Artikel 393 StGB sollten die vom Gesetz geforderten Anstaltsreformen innert 20 Jahren, d.h. bis zum I.Januar 1962 verwirklicht sein. Diese Frist wurde durch Bundesbeschluss vom 29. September 1961 über die Verlängerung der Frist zur Durchführung-der Anstaltsreformen nach dem Strafgesetzbuch (AS 1962,24) bis zum Inkrafttreten der im Gang befindlichen Revision, spätestens aber bis zum 3I.Dezember 1966 verlängert. Die nötigen Anpassungen des Gesetzes an die Entwicklung haben deshalb innert dieser Zeit zu erfolgen.

In zwei Kreisschreiben (vom 27. Dezember 1938, BB1 1939, I, 7 und vom 14. November 1941, BB11941, 989) erfolgten bereits vor Inkrafttreten des Strafgesetzbuches Ausführungen über den Strafvollzug, insbesondere über die vom Gesetz geforderte Trennung der verschiedenen Kategorien von Strafen und Massnahmen. Bei den Beratungen der damals einberufenen Expertenkommission und an den Konferenzen der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren erwies sich schon zu jener Zeit, dass die Trennung der Anstaltstypen kaum in der

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vom Gesetz vorgesehenen maximalen Art durchgeführt werden kann. Vielmehr musste überall von der Möglichkeit der Zusammenlegung der verschiedenen Strafen und Massnahmen in den Anstalten Gebrauch gemacht werden. Die praktische Durchführung des Strafvollzugs nach dem Inkrafttreten des Strafgesetzbuches zeigte dasselbe Bild. Wohl verzeichnete der durch die Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren ins Leben gerufene Ausschuss für Strafvollzug und Anstaltswesen (Planungskommission) vorerst einen gewissen Erfolg in der Aufteilung der bestehenden Anstalten auf die einzelnen Kategorien. In einigen Regionen stand man sogar vor dem Abschluss einer Konvention, Doch machte sich im Laufe der folgenden Jahre eine rückläufige Bewegung bemerkbar, deren Grund vor allem darin zu suchen war, dass sich in der Praxis eine neue Trennung als wichtiger erwies, nämlich diejenige nach erzieherischen Grundsätzen, wie sie in Artikel 37 StGB verankert sind. Die bereits früher im Kanton Bern entwickelte Trennung der erstmals in eine Strafanstalt Eingewiesenen von den mehrfach Eingewiesenen wie auch die Trennung der kurzfristigen von den langfristigen Freiheitsstrafen wurde als zweckmässig anerkannt und verbreitete sich immer mehr. Eine Aufteilung und Trennung der Verurteilten nach beiden Methoden zugleich erschien aber wegen der Zahl der dadurch nötig werdenden Anstalten von vornherein als unmöglich, so dass die interkantonale Planung zum Stillstand kam und eine Revision des Strafgesetzbuches verlangt wurde.

Am 3I.Mai 1953 gelangte das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement mit einer Rundfrage an die Kantone. Aus den Antworten ging hervor, dass in keinem Kanton ein gesetzeskonformer Strafvollzug durchgeführt wird und dass 15 Kantone die Notwendigkeit einer Revision bejahen. Insbesondere wird die Anpassung der Artikel 14/15, 35ff. und 42 StGB an die Bedürfnisse der Praxis gewünscht. Auch das vom Nationalrat am 17. September 1952 angenommene, im Jahre 1961 abgeschriebene Postulat Pini, das eine Erhöhung der Minimalzeit für die bedingte Entlassung bei lebenslänglicher Verurteilung verlangte, zielte auf eine Abänderung des Gesetzes ab. Schliesslich wurde im Jahre 1955 die Motion Glasson von beiden Räten gutgeheissen, womit der Bundesral den Auftrag erhielt, die Revision des Strafgesetzbuches bezüglich der
Vollzugsbestimmungen in die Wege zu leiten.

In der Folge ist vom Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement eine Expertenkommission bestellt worden, die am I.Juli 1954 erstmals zusammentrat. Sie wurde von Herrn Bundesrat Feldmann präsidiert und setzte sich zusammen aus Vertretern der kantonalen Regierungen, der Strafrechtswissenschaft, der Anklage, Verteidigung und Rechtsprechung, des Strafvollzuges, der Fürsorge und der Psychiatrie, wobei sowohl Angehörige der eidgenössischen als auch der kantonalen Behörden und Verwaltungen, des Erwachsenen- als auch des Jugendstrafrechts, der protestantischen und römisch-katholischen Konfession und der drei Amtssprachen berücksichtigt waren. Des Umfangs der in der Folge eingereichten Revisionswünsche wegen musste die Expertenkommission in drei selbständige Gruppen aufgeteilt werden, wobei jede derselben durch weitere Fachleute ergänzt wurde. Die Gruppe A befasste sich mit den Fragen des

563 Strafvollzuges an Erwachsenen, die Gruppe B mit dem Jugendstrafrecht und die Gruppe C mit den übrigen Fragen des allgemeinen sowie denjenigen des speziellen Teils (Deliktstatbeständen).

Die Gruppe A bat in 10 meist zweitägigen Sitzungen die Artikel 10 und 11, 14 bis 17 und 35 bis 81 sowie die damit im Zusammenhang stehenden Artikel des Dritten Buches (Einführung und Anwendung des Gesetzes), insbesondere die Artikel 350, 375 bis 379bls und 382 bis 392 behandelt, die Gruppe B in 6 Sitzungen die Artikel 82 bis 100 und die zugehörigen Artikel 361 und 369 bis 373 des Dritten Buches! Die Gruppe C befasste sich in 4 Sitzungen mit den Artikeln 6, 19, 20, 26, 26blB, 67, 104*18 und 106 des Ersten Buches (Allgemeine Bestimmungen) sowie mit zirka 70 Artikeln des Zweiten Buches (Besondere Bestimmungen). Um die Revisionsvorlage nicht zu überlasten, vor allem um die Erneuerung der Bestimmungen über den Strafvollzug, die den Ausgangspunkt und eigentlichen Inhalt der gegenwärtigen Revision darstellen, innert der vom Strafgesetzbuch vorgeschriebenen Übergangszeit durchführen zu können, wurde vorab beschlossen, die Artikel des Zweiten Buches abzutrennen und in einem anschliessenden besondern Revisionsverfahren zu behandeln. Später sind auch die übrigen Artikel der Gruppe C aus dem Ersten Buch auf die spätere Revision zurückgestellt worden, so dasssich die heutige Vorlage auf die ursprünglich gestellte Aufgabe der Anpassung des Strafvollzuges an den heutigen Stand der Entwicklung einschliesslich des Jugend Strafrechts beschränkt.

In der Expertenkommission wurden die Leitgedanken der Revision dahingehend festgelegt, dass an den Grundlagen des heutigen Strafgesetzbuches nichts geändert werden soll. Vor allem wurde die Einheitsstrafe, d.h. die Zusammenfassung der Zuchthaus- und der Gefängnisstrafe zu einer einzigen Freiheitsstrafe abgelehnt ; dagegen soll der Vollzug der beiden Strafen einander stark angenähert werden. Ebenfalls abgelehnt wurde grundsätzlich das monistische System, bei welchem der Dualismus Strafe - Massnahrae aufgehoben worden wäre und in jedem Beurteilungsfalle nur noch entweder eine Strafe oder eine sichernde Massnahme ausgesprochen worden wäre (auf die von der Expertenkommission beschlossene Ausnahme bei der Verwahrung der Gewohnheitsverbrecher wird bei Artikel 42 zurückzukommen sein). Auch
auf die noch weitergehenden Tendenzen der Aufhebung der Schuldstrafe zugunsten eines reinen Massnahmenrechts im Sinne der als Défense sociale bekannten wissenschaftlichen Richtung wurde nicht eingetreten1).

Die Beschlüsse der drei Gruppen der Expertenkommission wurden durch eine aus deren Mitte zusammengestellten Redaktionskommission bereinigt und sodann allen Mitgliedern der Expertenkommission zugestellt. Aus Gründen des Zeitgewinns sind diese eingeladen worden, ihre allfälligen Bemerkungen schriftlich anzubringen. Die Antworten wurden soweit tunlich in einem neuen Entwurf verarbeitet, der alsdann den eidgenössischen Räten hätte vorgelegt werden !) Es sei auch auf die Publikation Germann: Zur Revision des Schweizerischen Strafgesetzbuches, in der Schweizerischen Zeitschrift für Strafrecht 1959, S. 338ff. und die weiteren dort angegebenen Veröffentlichungen verwiesen.

564 sollen. Von kantonaler Seite wurde jedoch der Wunsch geäussert, dass der Entwurf vorerst noch den Kantonen zur Vernehmlassung unterbreitet werden solle, was mit Kreisschreiben vom 3. Mai 1960 geschehen ist. Die Bemerkungen und Anträge der Kantone gingen zwischen dem 19. Mai und 5. Oktober 1960 ein und waren zum Teil sehr ausführlich und einschneidend. Auf dem Gebiete des Jugendrechts reichten die westschweizerischen Kantone sogar einen formulierten Gegenentwurf ein. Es zeigte sich, dass die Verarbeitung der Eingaben längere Zeit beanspruchen werde und die Frist bis zum 31. Dezember 1961 für die Beratung in den eidgenössischen Räten nicht mehr eingehalten werden konnte. Mit dem bereits erwähnten Bundesbeschluss vom 29. September 1961 wurde deshalb die Frist um höchstens fünf Jahre verlängert. Die Gelegenheit wurde wahrgenommen, noch einige neu aufgeworfene Fragen, wie insbesondere jene nach einem Sonderstatutfür die kriminellen jungen Erwachsenen im Alter von 18 bis 22 oder 25 Jahren, besonders zu studieren und in der Vorlage zu verarbeiten.

u. Die vorgeschlagenen Änderungen des Ersten Buches a. Strafen und Massnahmen Materiell umfasst die Revision 72 Artikel, wovon drei (Artikel 72, 83, 90) ausschliesslich die französische Fassung betreffen. Eingeschlossen sind dabei fünf Streichungen und fünf neue Artikel. Zu den einzelnen Bestimmungen ist folgendes zu bemerken: Artikel 10 bis 17 : Die Artikel 14 bis 17, die von der Verwahrung, Versorgung und Behandlung der Unzurechnungsfähigen und vermindert Zurechnungsfähigen handeln, sollen aufgehoben werden. Einerseits haben sie in der heutigen Fassung der Praxis besondere Schwierigkeiten bereitet, weil die Abgrenzung zwischen Artikel 14 und 15 unklar geblieben ist. In beiden Fällen wird nämlich die Einweisung in eine Heil- oder Pflegeanstalt vorgeschrieben. Liegt trotz Unzurechnungsfähigkeit oder verminderter Zurechnungsfähigkeit aber keine Heil- oder Pflegebedürftigkeit vor, wohl aber das Bedürfnis nach Verwahrung in irgendeiner geeigneten Anstalt, so ist eine solche Internienmg nach dem Wortlaut des geltenden Gesetzes nicht möglich, jedenfalls nicht in einer der im Gesetz genannten Anstalten. Zudem wurde als Mangel empfunden, dass die Anordnung dieser Massnahme mit dem Begriff der Zurechnungsfähigkeit verbunden ist. Diese besitzt lediglich einen Einfluss
auf die Schuld und die Strafzumessung und nicht auf die Anordnung medizinischer oder sichernder Massnahmen. An sich wäre es möglich, dass trotz Vorliegens einer geistigen Abnormität volle Zurechnungsfähigkeit für eine bestimmte Tat gegeben ist; die Anordnung einer Heil- oder Pflegemassnahme oder einer Verwahrung ist in diesem Falle nach heutigem Recht ausgeschlossen. Die Artikel 14, 15 und 17 sollen deshalb durch einen neuen Artikel 43 ersetzt und damit die Massnahmen gegenüber geistig abnormen Tätern den übrigen sichernden Massnahmen gleichgestellt werden. Artikel 16 ist ganz zu streichen, weil sich den Ausländern gegenüber eine grundsätzlich andere Behandlung, d.h. Abschiebung in einen ändern Staat heute nicht mehr rechtfertigt.

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Werden die Artikel 14 bis 17 gestrichen, so wird bei Artikel 10 ein Hinweis auf den neuen Artikel 43 nötig, damit bei einem Freispruch oder einer Einstellung des Verfahrens der Richter eine der dort vorgesehenen Massnahmen anordnen kann. Bei Artikel 11 würde sich ein Hinweis erübrigen, weil der Richter ohnehin bei jeder Verurteilung befugt ist, eine der sichernden Massnahmen anzuordnen, wenn deren Voraussetzungen erfüllt sind. Aus Gründen der Klarheit rechtfertigt sich aber auch hier, auf die Artikel 42 bis 44 zu verweisen.

Artikel 12 StGB (actio libera in causa) bleibt unverändert.

Artikel 13 bleibt ebenfalls unverändert. Es entsteht dadurch allerdings eine gewisse Doppelspurigkeit zu Artikel 43, Ziffer l,. Absatz 4, weil in beiden Artikeln eine psychiatrische Begutachtung über die Internierungsbedürftigkeit verlangt wird. Doch wird damit erreicht, dass wenn der Richter ein Gutachten nach Artikel 13 einholt, gleichzeitig auch die Hauptfrage dès nach Artikel 43 geforderten Gutachtens beantwortet ist und sich dieses sodann in den meisten Fällen erübrigt.

Artikel 35 bis 37 : Der Hauptpunkt der Revision betrifft den Vollzug der Zuchthaus- und der Gefängnisstrafe. Während heute das Gesetz eine Trennung dieser beiden Strafen nach Anstalten oder mindestens Anstaltsabteilungen vorschreibt, die ausschliesslich diesem Zwecke dienen, und auch während der Arbeit grundsätzlich eine Trennung durchgeführt werden muss (Art. 37, Abs. 4, StGB), soll nach dem Entwurf der gemeinsame Vollzug gestattet werden (Art. 37, Ziff. l, Abs. 1). Wie bereits einleitend ausgef L'ihrt, ging die Entwicklung im Strafvollzug bezüglich der Trennung der Anstalten nach einer ändern als der im Gesetz vorgesehenen Richtung. In der Praxis stellte sich das dringende Bedürfnis, die Verurteilten nach kriminologischen Gesichtspunkten erfassen zu können, um bessere Resultate bei der erzieherischen Einwirkung zu erzielen. Man gelangte deshalb zu einer Einteilung, die einerseits die weniger verdorbenen Täter und die noch besser zu beeinflussenden Erstmaligen zusammenfasst und von den Rückfälligen trennt und anderseits die zu längeren und damit erzieherisch wirksameren Strafen Verurteilten einem aktiveren Regime unterwirft als die zu kurzfristigen Strafen Verurteilten. Diese aus einem Bedürfnis der Praxis herausgewachsenen Kategorien müssen aber,
sollen sie ihren Zweck erfüllen können, zu einer vollständigen räumlichen Trennung führen. Aus dieser Forderung entstand für die Revision ein nicht leicht zu lösendes Problem. Die neue, horizontale Einteilung konnte nicht mit der bisherigen vertikalen Einteilung nach den Strafarten kombiniert werden. Andernfalls wäre für die Kantone, die die Anstalten zu errichten und zu betreiben haben, eine untragbare Vielheit von Anstaltstypen entstanden und die Unterscheidungen wären zu schematisch geworden. Eine Trennung der einen oder ändern Kategorie nach blossen Abteilungen in ein und derselben Anstalt, insbesondere während der Arbeitszeit, ist ebenso undurchführbar, weil dies ein mehrfaches Regime und die mehrfache Führung gleicher Werkstätten in einer Anstalt bedingen würde. Die vertikale Einteilung nach Strafarten musste deshalb gegenüber der kriminologisch wichtigeren horizontalen in den Hintergrund treten, d. h. das gesetzliche Erfordernis der Trennung der Strafarten musste wegfallen. Damit wurde gleichzeitig die Frage der Einheitsstrafe (Ver-

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Schmelzung der Zuchthaus- und Gefängnisstrafe zu einer einzigen Strafart) aufgeworfen. Die Expertenkommission hat diese Verschmelzung jedoch entschieden abgelehnt. Die Zuchthausstrafe soll nach wie vor neben der Gefängnisstrafe bestehen und die für die Verbrechen vorgesehene schwerste Strafart bleiben (Art. 35). Abgesehen von der Dauer der Strafe (l bis 20 Jahre oder lebenslänglich) zeigt sich ihr besonderer Charakter darin, dass die vorgeschriebene Einzelhaft länger ist als bei der Gefängnisstrafe (drei Monate, Art. 37, Ziff. 2, Abs. 2), dass der bedingte Strafvollzug ausgeschlossen ist (Art. 41), die Einstellung in der bürgerlichen Ehrenfähigkeit für zwei bis zehn Jahre obligatorisch verhängt wird (Art. 52 StGB) sowie die Verjährungsfristen (Art. 73 StGB) und die Löschungsfristen (Art. 80 Entwurf) länger sind. Nur der Vollzug der beiden Strafen wird insoweit zusammengelegt, als er in derselben Anstalt ohne Unterschied des Regimes und irgendwelcher Trennungen und Kennzeichnungen durchgeführt werden kann. Insbesondere soll weder in der Anstaltskleidung noch im Empfang von Besuchen und im Briefverkehr eine verschiedene Behandlung eintreten. Die beiden Artikel 35 und 36 der Vorlage umfassen deshalb nur noch je die erste Ziffer der bisherigen Artikel. Die Ziffern 2 wurden ersetzt durch Artikel 37, Ziffer 3, Absatz 2 und Ziffer 5, Absatz 2 sowie Artikel 46, Ziffer 3.

Die Trennung der erstmals Eingewiesenen von den Rückfälligen wird in Artikel 37, Ziffer l, Absatz 2 geregelt. Die Anstalt für Erstmalige kann ein leichteres Regime aufweisen, insbesondere eine offene Anstalt sein. Erstmals Eingewiesene, die gemeingefährlich oder fluchtgefährlich sind oder bei denen eine besondere Gefahr besteht, dass sie Mitinsassen zu strafbaren Handlungen verleiten, können in die strenger geführte Anstalt für Rückfällige eingeliefert werden, Desgleichen kann dorthin versetzt werden, wer die gute Ordnung und Disziplin in der Anstalt ernsthaft stört. Umgekehrt soll es auch möglich sein, wo es der körperliche, geistige oder erzieherische Zustand eines Gefangenen erfordert, diesen trotz Rückfälligkeit in das leichtere Regime der Anstalt für Erstmalige zu versetzen. Damit wird der Forderung nach einer kriminologischen Aufteilung der Gefangenen weitgehend entsprochen. Zwar wird die Trennung nach Erstmaligen und Rückfälligen
zum Teil bereits wieder als überholt kritisiert, indem dieses Merkmal als ein bloss äusserliches bezeichnet wird, das nicht die kriminologisch zusammengehörenden Gruppen erfasst. Auch unter den Erstmaligen seien Verbrechernaturen zu finden, die den Rückfälligen gleichzustellen sind, wie sich anderseits unter letzteren solche finden, die von Anfang an oder nach erfolgreicher Beeinflussung den offenen Methoden zugänglich seien. Solche Verschiebungen lassen sich nach der vorgesehenen Regelung in einem gewissen Umfang durchführen; doch erscheint die primäre Unterscheidung nach Erstmaligen und Rückfälligen für die Praxis als einfache und brauchbare Methode der vorläufigen Einweisung. Es erübrigt sich damit eine besondere Beobachtungsund Aussonderungsanstalt (Centre de triage), wie sie in ändern Ländern besteht.

Die westschweizerischen Kantone regen in ihren gemeinsamen Bemerkungen zum Vorentwurf vom S.Mai 1960 an, zum vornherein auch jene Verurteilten von der Einweisung in die Anstalt für Erstmalige auszuschliessen, die bisher zwar keine Einzelstrafe über sechs Monate verbüsst haben, gesamthaft aber doch

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für kleinere Delikte mehr als sechs Monate Freiheitsstrafe erlitten. Die Grenze kann tatsächlich so oder anders gezogen werden, doch liegt in diesem Vorschlag ein gewisses pönales Element, das dem Grundgedanken des Artikel 37 zuwiderläuft. Mehrere kurzfristige Freiheitsstrafen erbringen noch keinen Beweis, dass die erste Stufe des Besserungsstrafvollzuges versagt habe, während dies bei einer anhaltenden Zuchthausstrafe oder einer Gefängnisstrafe von über sechs Monaten angenommen werden kann. Die letztgenannten Strafen müssen aus dem gleichen Grunde auch verbüsst sein. Dies geschieht normalerweise gerade in einer Anstalt für Erstmalige, während Freiheitsstrafen unter drei Monaten nach Ziffer 5 des vorliegenden Artikels in einer Haftanstalt vollzogen werden können, in welcher keine aktive erzieherische Beeinflussung gefordert wird. Die Konkordatskantone der nordwest- und innerschweizerischen Region haben sich zum gemeinsamen Vollzug der Strafen denn auch ausdrücklich gegen den genannten Vorschlag ausgesprochen.

Die Grundsätze des Erziehungsstrafvollzuges, wie sie schon in Artikel 37 des geltenden Rechts niedergelegt sind, bleiben unverändert (Art. 37, Ziff. 2 und 3 des Entwurfs). Es finden lediglich einige Präzisierungen bezüglich der Arbeitspflicht und der Ruhezeit statt : Der Verurteilte soll nicht mehr bloss zur Arbeit angehalten werden, sondern dazu verpflichtet sein, und die Einzelhaft wird nur noch für die Nachtruhe vorgeschrieben, wo nicht aus besondern Gründen eine Ausnahme gemacht werden muss. Dagegen fällt die Trennung der Zuchthausund Gefängnisgefangenen während der Arbeitszeit (Art. 37, Abs. 4 des bisherigen Rechts) entsprechend dem neuen Grundsatz des gemeinsamen Vollzuges der beiden Strafen weg. Die Auslassung der Vorschrift bezüglich der stufenweisen Erleichterungen im bisherigen Absatz l bedeutet keine Änderung der grundsätzlichen Einstellung. Die Bestimmung, die gemäss Beschluss der Expertenkommission dahingehend präzisiert werden sollte, dass die Anstaltsordnungen die für die Erziehung notwendigen Stufen des Vollzuges regehl und deren Ziele sowie die Voraussetzungen und den Urnfang der Erleichterungen, die dem Gefangenen gewährt werden können, umschreiben, wurden lediglich zur Entlastung des Gesetzes weggelassen. Eine entsprechende Bestimmung kann in der vum Bundesrat zu erlassenden
Strafvollzugsverordnung (Art. 397blB) aufgenommen werden.

In einer Ziffer 4 des neuen Artikel 37 wird die sich in der Praxis bewährte Entlassungsanwärterstation gesetzlich verankert. Verurteilte, die vor der Entlassung stehen, können in freier geführte Anstalten oder Abteilungen versetzt werden, um den Übergang in die Freiheit vorzubereiten. Dabei sollen auch kleinere gemeinsame Schlafräume nicht ausgeschlossen sein.

Der Erziehungsstrafvollzug, wie er in den Ziffern 2 bis 4 des Artikel 37 geregelt wird, ist nur bei längeren Strafen möglich. In einer Ziffer 5 wird deshalb bestimmt, dass sie auf Strafen, die im Vollzug, d.h. nach Abzug der Untersuchungshaft, drei Monate nicht übersteigen, keine Anwendung finden. Solche Strafen können zwar in denselben Anstalten vollzogen werden ; es ist aber auch möglich, diese Verurteilten in die Anstalten zum Vollzug der Haftstrafen (Distriktsgefängnisse) einzuweisen. Je nach dem dort herrschenden Regime kann der Gebrauch

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der eigenen Kleidung (wie bei der Haftstrafe) gestaltet werden. Die Selbstverköstigung wie auch die Selbstbeschaffung von Arbeit soll dagegen ausgeschlossen bleiben, weil es sich immerhin um eine Gefängnisstrafe handelt. Für die kurzfristigen Strafen wird somit keine eigene Anstalt gefordert, trotzdem aber eine Entlastung der auf aktivere Erziehung eingestellten Strafanstalten von diesen Fällen ermöglicht.

Artikel 38: Bei der bedingten Entlassung sind folgende Neuerungen vorgesehen : Entsprechend dem bereits erwähnten Postulat Pini wird in Ziffer l, Absatz 2 die Minimalfrist für die bedingte Entlassung bei lebenslänglicher Zuchthausstrafe von 15 auf 20 Jahre erhöht. Die Zweckmässigkeit dieser Erhöhung ist umstritten. Je länger die Frist angesetzt wird, desto mehr besteht die Gefahr, dass die Begnadigung Platz greift, für die sodann keine Mindestgrenze besteht. Die Schweiz befindet sich heute mit 15 Jahren Mindestdauer im Rahmen der europäischen Länder, soweit diese die bedingte Entlassung überhaupt zulassen und nicht von vornherein auf die Begnadigung verweisen.

Eine wichtige Präzisierung erfährt das Prüfungsverfahren (Ziff. l, Abs.3).

Im Erziehungsstrafvollzug stellt die bedingte Entlassung die dritte Vollzugsstufe dar. Die Prüfung, ob eine Versetzung in diese erfolgen könne, soll deshalb jederzeit von Amtes wegen durchgeführt werden. Dabei besteht die Meinung, dass in der Regel die Anstaltsleitung, wenn sie den Zeitpunkt der bedingten Entlassung als gekommen erachtet, der zuständigen Behörde Bericht erstatten soll. Dieser Bericht ist auch dann einzuholen, wenn die Entlassungsbehörde die Prüfung eines Falles von sich au s oder auf Antrag einer besondern Kommission vornimmt.

Ein Gesuch des Verurteilten ist nicht notwendig, doch steht es auch ihm frei, ein solches zu stellen. In diesem Fall ist ihm, auch ohne dass eine Bestimmung dieser Art ins Gesetz aufgenommen zu werden braucht, ein begründeter Beschluss auszuhändigen. Dies ist aus psychologischen, vor allem aber aus rechtsstaatlichen Gründen notwendig, damit der Verurteilte von seinem Recht auf Weiterziehung des Entscheides an die Oberbehörde Gebrauch machen kann. Damit soll die Oefahr einer übermässigen Ausdehnung des Anstaltsaufenthaltes oder auch nur das Gefühl einer solchen verhindert werden. Bei missbräuchlichen Gesuchen steht es der
zuständigen Behörde immer frei, eine angemessene Sperrfrist, z, B, bis zu einem Jahr, zu verfügen.

In der Expertenkommission wurde beschlossen, die im Gesetz genannten Beispiele von Weisungen auszudehnen und zu erwähnen, dass sie sich insbesondere auch darauf beziehen können, einen Beruf auszuüben oder nicht auszuüben, sich an einem bestimmten Ort aufzuhalten oder nicht aufzuhalten, eine bestimmte Anstalt oder einen Arbeitgeber nicht zu verlassen und an einem bestimmten Ort nicht zu wohnen. In der Redaktionskommission wurde auch die ärztliche Betreuung genannt. Um die Liste nicht zu lang werden zu lassen und um der Gefahr vorzubeugen, dass aus einer zu spezifizierten Aufzählung der Schluss gezogen werden könnte, andere Weisungen seien nicht möglich, wurde in Ziffer 3 deshalb eine allgemeine Fassung aufgenommen, die lediglich erwähnt, dass sich die Weisungen insbesondere auf die Berufsausübung, den Aufenthalt, die ärztliche Be-

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treuung und den Verzicht auf geistige Getränke erstrecken könne. Auf kantonalen Wunsch hin wurde auch die Schadensdeckung aufgenommen, die übrigens bereits in der Ziffer l als Voraussetzung für die bedingte Entlassung genannt wird. Weitere Weisungen bleiben offen. Sie können zudem jederzeit abgeändert und ergänzt werden. Eine entsprechende Bestimmung ist hier, im Gegensatz zu Artikel 41 nicht nötig, weil Administrativverfügungen nicht wie gerichtliche Urteile unabänderlich sind.

In Ziffer 4 wird die NichtbeWährung während der Probezeit geregelt, wobei vier verschiedene Fälle unterschieden werden: erstens die Begehung einer schweren strafbaren Handlung (vorsätzliches Verbrechen oder Vergehen mit einer unbedingten Freiheitsstrafe von über drei Monaten) mit obligatorischer Rückversetzung in die Anstalt, zweitens die Begehung einer leichteren strafbaren Handlung (fahrlässige Handlung oder vorsätzliche mit einer bedingten oder einer Freiheitsstrafe unter drei Monaten oder Busse, wobei es sich auch um eine Übertretung handeln kann) mit fakultativer Rück Versetzung, drittens die Widerhandlungen gegen behördliche Anordnungen und Verletzung des Vertrauens ganz allgemein, bei denen in schweren Fällen ebenfalls obligatorisch eine Rückversetzung zu erfolgen hat, in leichten Fällen (viertens) davon aber Umgang genommen werden kann. Wird von der Rückversetzung Umgang genommen, und zwar sowohl nach Absatz 2 als auch nach Absatz 3, können immerhin gewisse Sanktionen ergriffen werden. Im Gegensatz zu Artikel 41 werden hier die verschiedenen Fälle eingehender geregelt, weil im allgemeinen eine administrative Behörde die Rückversetzung zu verfügen hat, während beim Artikel 41 der Richter entscheidet.

Im letzten Absatz der Ziffer 4 wird eine Kollisionsnorm für den Fall des Zusammentreffens der Rückversetzung mit einer neu angeordneten Massnalime der Artikel 42 bis 44 aufgenommen, wie sie im heutigen Recht bei Artikel 41 bereits besteht. Die Kollisionsfälle, die beim Zusammentreffen mit neuen Freiheitsstrafen entstehen, sollen durch den Bundesrat auf dem Verordnungswege (Art. 397Ws) oder wie bisher auf dem Wege der Einzelentscheidungen (Praxis) gelöst werden.

Artikel 38bls. In der Expertenkommission wurde bei Artikel 38 vorgeschlagen, die bedingte Entlassung trotz Nichterfüllung der Voraussetzungen der Ziffer l nach
Ablauf von fünf Sechsteln der Strafe einzuführen. Der Zweck einer solchen Bestimmung liegt darin, dass einerseits derjenige, bei dem die grössten Schwierigkeiten bezüglich der Wiedereingliederung in die freie Gemeinschaft zu erwarten sind und der schon in der Anstalt nicht das notwendige gute Betragen aufweist, nach der Entlassung einer weiteren Lenkung unterstellt werden kann.

Auch wird es nicht als richtig empfunden, dass der durchtriebene Verurteilte durch schlechte Führung in der Anstalt nach Ablauf der Strafe vollständig frei ist, während derjenige, der sich gut hält und bedingt entlassen werden kann, noch auf einige Jahre hinaus den Beschränkungen der Schutzaufsicht unterworfen bleibt. Der Text der vorgeschlagenen Bestimmung lautete wie folgt : Hat ein zu Zuchthaus oder Gefängnis von mindestens einem Jahr Verurteilter fünf Sechstel der Strafe verbüsst, so kann ihn, selbst ohne sein Einverständnis, die zuständige

570 Behörde bedingt entlassen, wenn anzunehmen ist, er bedürfe noch der Fürsorge, um ihn in der Freiheit von weiteren Verbrechen oder Vergehen abzuhalten.

Die zuständige Behörde bestimmt die Probezeit nach Ziffer 2 und stellt ihn unter Schutzaufsicht. Sie kann ihm Weisungen über sein Verhalten erteilen.

Diese Bestimmung trägt einen gewissen Widersprach in sich, indem bei WohlverhaUen nach vier Sechsteln, bei schlechtem Verhalten aber gleicherweise nach fünf Sechsteln der Strafdauer die bedingte Entlassung angeordnet werden kann. Überdies ist die Reststrafe von einem Sechstel in den meisten Fällen sehr kurz und bildet oft keinen genügenden Anreiz, um die mannigfachen Einschränkungen auf sich zu nehmen. Wir schlagen deshalb vor, das in Artikel 38Ms vorgesehene System zu wählen, nämlich dass die Schutzaufsicht auch angeordnet werden kann, wenn die Strafe vollständig verbüsst ist.

Diese Lösung hat den Vorteil, klarer und konsequenter zu sein, zieht aber eine allgemeine Verschärfung der Freiheitsstrafe nach sich. Praktisch wird, obschon dies nicht obligatorisch vorgeschrieben ist und damit Sonderfällen Rechnung getragen werden kann, die Probezeit zum Inhalt einer jeden Freiheitsstrafe von über drei Monaten. Wer sich gut führt, geniesst die Vergünstigung der früheren Entlassung, wer sich schlecht führt, ist in keiner Weise mehr begünstigt.

Diese Verschärfung der Strafe erscheint bei der heute meist herrschenden milderen Gerichtspraxis bezüglich der Strafzumessung nicht untragbar. Zudem würde dem Wiedereingliederungszweck der Strafe, wie er als Grundsatz im Artikel 37 enthalten ist, auch in jenen Fällen Gewicht verliehen, in denen heute der böswillige Verurteilte alle Resozialisierungsversuche sabotiert. Vor allem aber könnte dort besser geholfen werden, wo der Verurteilte noch keinen genügenden Halt besitzt.

Artikel 39. Analog der Artikel 35 und 36 wird eingangs des Artikels festgestellt, dass die Haftstrafe die leichteste Freiheitsstrafe sei. In einem zweiten Absatz der Ziffer l wird eine für die Praxis wichtige Ergänzung vorgenommen, nämlich dass in jenen Fällen, in denen das Gesetz wahlweise Gefängnisstrafe und Busse androht, der Richter statt auf Gefängnis auch auf Haft erkennen kann.

In der Praxis wirkt es unbefriedigend, dass der Richter statt der Gefängnisstrafe wohl eine Busse, nicht aber eine mildere Haftstrafe (z.B. Haft von einem Tag) aussprechen kann. Im übrigen hat der Artikel, abgesehen von kleinen redaktionellen Verbesserungen, keine Änderungen erfahren.

Bei Artikel 40, der von der Unterbrechung des Vollzuges handelt, bleibt der Text ebenfalls unverändert. Das Marginale wird aber
verdeutlicht, so dass es den Inhalt des Artikels angibt. Damit wird gleichzeitig die wiederholte Verwendung der Bezeichnung «Gemeinsame Bestimmungen» vermieden.

Artikel 41 : Die Möglichkeit der Anordnung des bedingten Strafvollzuges erfährt eine Änderung in den Voraussetzungen, so dass nicht mehr wie bisher jede wegen eines vorsätzlich begangenen Verbrechens oder Vergehens verbüsste Freiheitsstrafe zum Ausschluss des bedingten Strafvollzuges führt, sondern nur noch, wenn die verbüsste Strafe Zuchthaus oder Gefängnis von über drei Monaten war. In leichteren Fällen kann der Richter den bedingten Strafvollzug doch gewähren. Damit werden Härtefälle, wie sie sich heute in der Praxis ergeben,

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vermieden werden können. Die Kantone der westschweizerischen Region bemerken in ihrer Vernehmlassung zum Vorentwurf vom S.Mai 1960, dass das Wort «kann» entgegen der bisherigen Bundesgerichtspraxis darauf schliessen lasse, dass der unbedingte Vollzug der Strafe die Regel und der Aufschub die Ausnahme sei. Dem ist aber nicht so. Bundesgericht, Militärkassationsgericht und Bundesrat sind in der Interpretation der gleichlautenden Bestimmungen der Artikel 38 und 41 einig, dass die Gewährung des bedingten Strafvollzuges bzw. der bedingten Entlassung obligatorisch ist, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind. Das Wort «kann» sagt nicht, dass der Richter in der Anwendung der Bestimmung frei sei (könne, wenn er wolle), sondern dass er bei der Prüfung der Gewährung des bedingten Strafvollzuges über die im Gesetz genannten Voraussetzungen hinaus ein gewisses Ermessen gemesse (soll, wenn er kann), d.h. er soll, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, die er nach pflichtgemässem Ermessen ergänzen kann, regelmässig den bedingten Strafvollzug anordnen. Eine andere Handhabungsweise käme verbotener Willkür gleich.

Ziffer 2 Absatz l betreffend die zu erteilenden Weisungen erfährt die gleiche redaktionelle Änderung wie Artikel 38, Ziffer 3. Der erste Satz von Absatz 2 entspricht dem geltenden Recht, wonach die Umstände, die den bedingten Strafvollzug rechtfertigen und die Weisungen im Urteil festzustellen sind. Dagegen wurde der zweite Satz betreffend spätere Abänderung der Weisungen auf Anregung verschiedener Kantone beigefügt. Tatsächlich wird es in vielen Fällen notwendig sein, die Weisungen im Verlaufe der Probezeit abzuändern oder zu ergänzen, was aber, weil die richterlichen Urteile in formelle Rechtskraft erwachsen, ohne ausdrückliche Gesetzesbestimmung nicht mehr möglich ist.

In Ziffer 3 wird die Nichtbewährung geregelt. Nach bisherigem Recht muss der Richter, sofern es sich nicht um einen besonders leichten Fall handelt, die aufgeschobene Strafe vollziehen lassen, wenn der Verurteilte während der Probezeit vorsätzlich ein neues Verbrechen oder Vergehen begeht oder sich den ändern Vorschriften widersetzt. Dieser Lösung wurde von seilen der Praxis vorgeworfen, dass sie zu starr sei und vor allem dann zu Schwierigkeiten führe, wenn im neuen Urteil nochmals der bedingte Strafvollzug gewährt werde, die frühere
Strafe aber vollzogen werden müsse. Nach dem neuen Gesetzesvorschlag soll der Richter in Würdigung der gesamten Umstände vom Widerruf des bedingten Strafvollzuges absehen können, wenn ein neues Delikt begangen wurde. Auch in den übrigen Fällen von Widersetzlichkeiten soll darauf verzichtet werden können, wenn es sich um leichte Fälle handelt. Man hat bei diesem Artikel von einer spezifizierten Aufzählung der vier Fälle abgesehen, wie sie Artikel 38, Ziffer 4 aufweist, weil hier eine richterliche Instanz zu entscheiden hat. Weitgehend werden aber die gleichen Unterscheidungen massgebend sein. Nimmt der Richter vom Vollzug der Strafe gemäss Absatz l oder 2 Umgang, so kann er trotzdem gewisse Sanktionen verfügen, wie dies bereits nach geltendem Recht möglich ist (Abs. 3).

Auch Absatz 4 ist, mit einigen redaktionellen Verbesserungen, geltendes Recht.

Im letzten Absatz dieser Ziffer wird bestimmt, dass die aufgeschobene Strafe nicht mehr vollzogen werden kann, wenn zwar während der Probezeit ein Delikt oder eine andere Widersetzlichkeit erfolgte, dies aber erst fünf Jahre nach Ablauf

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der Probezeit entdeckt wurde. Bei Artikel 38 ist eine analoge Bestimmung von der Expertenkommission abgelehnt worden; es fragt sich, ob nicht in beiden Artikeln die gleiche Lösung getroffen werden soll.

Zur Entlastung des Richters wird in Ziffer 4 vorgesehen, dass die Löschung des Urteils im Strafregister nach Ablauf der Probezeit durch die zuständige Behörde des Vollzugskantons verfügt wird.

Ziffer 5 bleibt unverändert.

Eine dritte Gruppe von Bestimmungen, die wichtige Veränderungen aufweist, betrifft die sichernden Massnahmen. Der inneren Ausgestaltung nach sind die sichernden Massnahmen einander angeglichen worden, so dass die Bestimmungen über die bedingte und probeweise Entlassung und den nachträglichen Vollzug der Strafe in einem gemeinsamen Artikel 45 zusammengefasst werden konnten, wie dies analog für die Strafen in Artikel 38 der Fall ist. Von den bisher in den Artikeln 42 bis 45 StGB geregelten vier sichernden Massnahmen wurde die Arbeitserziehungsmassnahme des Artikel 43 als Massnahme für die jungen Erwachsenen ausgestaltet und als Artikel 100Ms in den fünften Titel versetzt.

Dagegen sind besondere Massnahmen gegenüber geistig Abnormen als Artikel 43 neu hinzugefügt worden. Sie ersetzen die bisher in den Artikeln 14 bis 17 enthaltenen Bestimmungen.

Artikel 42 Verwahrung von Gewohnheitsverbrechern: Die Handhabung dieses Artikels hat in der Praxis in verschiedener Hinsicht zu Schwierigkeiten geführt, weshalb auch eine ganze Anzahl von Revisionswünschen eingereicht worden ist, die allerdings einander zum Teil entgegengesetzt sind. Vor allem besteht eine Unsicherheit in bezug auf die Einweisung der Gewohnheitsverbrecher, weil das Gesetz einerseits die Verbüssung zahlreicher Freiheitsstrafen verlangt, die Praxis aber schon drei Freiheitsstrafen als genügend ansieht, und anderseits keine Rücksicht auf die Zahl der Straftaten nimmt, die eigentlich die Gewohnheit dokumentieren. Der Entwurf verlangt nunmehr eine Mehrzahl von Verbrechen oder Vergehen, wobei es aber genügt, wenn zwei Zuchthaus- oder Gefängnisstrafen verbüsst wurden. Der Verbüssung von Freiheitsstrafen werden die vollzogenen sichernden Massnahmen und die jugendstratrechüichen Versorgungen der schweren Fälle in einer Jugenderziehungsanstalt nach Artikel 91, Ziffer 2 gleichgestellt. Nicht mitgezählt werden sollen dagegen die
vollzugsrechtlichen Versetzungen in die Anstalt für besonders Schwierige, weil mit dieser bloss administrativen Vorkehr (mit eventueller späterer Zurückversetzung in die gewöhnliche Jugenderziehungsanstalt) keinerlei strafrechtlich erschwerende Folgen verbunden werden dürfen. In vermehrtem Masse wird sodann das Hauptgewicht bei der Beurteilung des Gewohnheitsverbrechertums auf den Hang zu Verbrechen oder Vergehen gelegt. Dieser muss sich insbesondere auch aus der Begehung des letzten Deliktes ergeben. Keinen solchen Hang beweisen die Übertretungen, weshalb die Haftstrafen nicht mitgezählt werden dürfen.

In den Eingaben zur Revision des Strafgesetzbuches wurde auch vorgeschlagen, ein Mindestalter von 25 Jahren vorzusehen, vor welchem eine Verwahrung in keinem Falle angeordnet werden dürfe. Obschon normalerweise die Verwahrung nicht zu früh erfolgen soll und in der Praxis Zurückhaltung erwartet

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wird, kann doch eine solche Grenze nicht ins Gesetz aufgenommen werden.

Der lückenlose Übergang vom Jugendrecht zum Erwachsenenrecht für die besonders gefährlichen Täter würde sonst fehlen.

Es wurde auch die Frage geprüft, ob beim Artikel 42 nicht das monistische System eingeführt werden könnte, wonach vom Richter neben der Verwahrung keine Freiheitsstrafe mehr ausgesprochen werden müsste. Dieses System hätte zwar den Vorteil, dass die Verwahrten den Vergleich zwischen der mindestens dreijährigen Verwahrung und der meist kürzeren Freiheitsstrafe nicht mehr so augenfällig machen könnten und gewisse Reaktionen ausbleiben würden. Abgesehen davon, dass aber das Gefühl beim Betroffenen, schlechter wegzukommen, keineswegs wegfallen würde, brächte dieses System viele praktische Schwierigkeiten, weil es sich inmitten des grundsätzlich dualistischen Systems des Strafgesetzbuches als Fremdkörper auswirken müsste. So könnte der Richter bei der Verwahrung als einziger Massnahme die Schuldseite nicht mehr bewerten, obschon es sich beim Gewohnheitsverbrecher nicht um einen unzurechnungsfähigen Täter handelt. In allen späteren Kollisionsfällen mit Freiheitsstrafen - und diese treten gerade bei der Verwahrung häufig ein - würde die gemeinsame Berechnungsbasis fehlen und nachträglich, oft erst nach Ablauf mehrerer Jahre, die Strafe für den Verwahrungsfa.il doch noch ausgesprochen werden müssen.

Das brächte auch eine unhaltbare prozessuale Situation mit sich, weil das Strafverfahren in wesentlichen Punkten (mitsamt der Möglichkeit einer Appellation) nochmals durchgeführt werden müsste. Solche Kollisionsfälle treten vor allem dann auf, wenn während der Probezeit oder in der Strafanstalt oder auf der Flucht neue Delikte begangen werden, für die von einem ändern Richter (insbesondere in einem ändern Kanton) lediglich eine Freiheitsstrafe ausgesprochen wird oder wenn es sich bloss um eine Übertretung mit einer Haftstrafe handelt.

Auch bei Kollisionen mit ändern Massnahmen, vor allem der Verwahrung geistig Abnormer nach Artikel 43, müsste nachträglich die Strafe aasgesprochen werden, weil bei der letzteren Massnahme das monistische System von vornherein nicht in Frage kommt. Schwierigkeiten könnten weiterhin auftreten, wenn z.B. wegen einer Auslieferung die effektive Schuldstrafe ermittelt werden muss.

Ganz allgemein
müsste auch die Auslegung und Handhabung des Strafgesetzbuches darunter leiden, weil keine eindeutigen Grundlagen mehr bestehen würden und der Durchbruch insbesondere bei einer Massnahme mit ausgesprochenem Strafcharakter erfolgt. Auch Fragen der Begnadigung und anders würden strittig. Trotz eines entsprechenden Beschlusses der Expertenkommission, der allerdings nicht ohne Vorbehalte und Einwände gefasst wurde, soll deshalb davon abgesehen werden, bei der gegenwärtigen Revision diesen Einbrach in das dualistische System des Strafgesetzbuches zu machen. Entsprechend dem bisherigen Recht tritt deshalb auch nach dem Entwurf die Verwahrung an Stelle der ausgesprochenen Freiheitsstrafe.

Der Richter muss in jedem Falle, wenn er eine Verwahrung anordnen will, den geistigen Zustand .des Täters untersuchen lassen, Diese Bestimmung soll verhüten, dass allzu leicht Verwahrungen angeordnet werden, insbesondere auch, dass nicht die vielleicht dringendere Massnahme nach Artikel 43 gegenüber Bundesblatt. 117-Jahrg. Bd.I.

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geistig Abnormen (die sich häufig unter den Gewohnheitsverbrechern finden) unberücksichtigt bleibt, weil dort die psychiatrische Begutachtung unumgänglich ist. Von einer neuen Begutachtung wird immerhin Umgang genommen werden können, wenn sich ein brauchbares Gutachten bereits bei den Akten befindet.

Die heutige Bestimmung am Schlüsse der Ziffer l betreffend Landesverweisung der Ausländer kann als überflüssig wegfallen. Es steht dem Richter frei, gegenüber einem Ausländer statt auf Verwahrung auf Zuchthaus oder Gefängnis zu erkennen und die NebeusUafe der Landesverweisung nach Artikel 55 zu verhängen.

Während bisher die Verwahrung in einer besondern Anstalt oder mindestens einer getrennten Abteilung einer Anstalt zu vollziehen war - eine Bestimmung, die sich wie diejenige der Trennung der Zuchthausstrafe von der Gefängnisstrafe nicht bewährte -, soll nunmehr nach Ziffer 2 des Artikels 42 die Verwahrung ebenfalls in einer Strafanstalt für Rückfällige durchgeführt werden können.

Auch andere Anstalten, offener oder geschlossener Art, mit Ausnahme der Strafanstalten für Erstmalige, Haftanstalten, Arbeitserziehungsanstalten und Trinkerheilanstalten, sind zulässig, um den verschiedenen Typen von Gewohnheitsverbrechern Rechnung tragen zu können. Vor allem wurde aus der Praxis darauf verwiesen, dass zwei Arten von Gewohnheitsverbrechern zu unterscheiden seien, die gefährlichen, die in strenge Sicherungsverwahrung genommen werden müssen, und die eher gefährdeten, bei denen eine Versorgung in einer offenen Anstalt genügt.

Weil die Verwahrten von den übrigen Gefangenen einer Anstalt nicht mehr getrennt zu werden brauchen, müssen sie auch keine «besondere» Anstaltskleidung tragen, wie dies nach geltendem Recht gefordert wird. Sie sind auch, wie die Strafgefangenen, « verpflichtet » die Arbeit zu verrichten, die ihnen zugewiesen wird (Ziff. 3). Die bisherige Bestimmung, nach welcher sie bloss zur Arbeit «angehalten» werden, hat in der Praxis zu Schwierigkeiten geführt.

Die Ziffer 4 betreffend Nachtruhe bleibt unangetastet ; dagegen erfährt die Ziffer 5 eine Abänderung, indem nicht mehr wie bisher die der Verwahrung zugrundeliegende Strafzeit vollständig abgesessen zu werden braucht. Ist die Strafzeit länger als drei Jahre und braucht der Verwahrte nach Ablauf der minimalen Verwahrungszeit nicht mehr aus
Sicherheitsgründen interniert zu bleiben, so ist tatsächlich nicht einzusehen, warum er nicht wie andere Strafgefangene nach zwei Drittem der Strafzeit bedingt entlassen werden kann. Der Tatsache, dass der Verwahrte sühnemässig schärfer zu behandeln sei, hat bereits der Richter bei der Zumessung der Rückfallstrafe Rechnung tragen müssen. Besonders in Kollisionsfällen, wenn mehrere Strafen aufeinandertreffen, ist es unverständlich, dass bei der selbständig ausgesprochenen Strafe ein Drittel erlassen werden kann, nicht aber bei der Freiheitsstrafe, die durch die Verwahrung ersetzt wurde. Ist die Verwahrung nach Ablauf von zwei Dritteln der Strafzeit weiterhin noch nötig, braucht ohnehin eine probeweise Entlassung nicht gewährt zu werden. Desgleichen soll nach dem Entwurf die auf die Strafe angerechnete Untersuchungshaft bei der Berechnung der Minimaldauer der Verwahrung mitberücksichtigt werden können. Es haben sich in der Praxis immer wieder Schwierig-

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keilen und Unbilligkeiten ergeben. So liegt in vielen Fällen eine lange Untersuchungshaft vor, während welcher die durch die Verwahrung geforderte Sicherung ebenfalls gewährleistet ist. In einigen Kantonen kann ein vorzeitiger Strafoder Verwahrungsantritt angeordnet werden, in ändern dagegen nicht, weil diese Kantone keine Verwahrungsanstalt besitzen oder wegen der Entfernung zum Gerichtsort eine Einweisung in eine solche (insbesondere ausserkantonale) nicht in Frage kommt. Im ersteren Fall ist eine Anrechnung von vornherein vorzunehmen, im letzteren Fall ist dies nur möglich, wenn die Untersuchungshaft als solche anrechenbar erklärt wird. In ändern Fällen wieder ergeben sich nach dem Urteil gewisse Wartezeiten, bis die prozessualen Fristen abgelaufen sind oder bis die Einweisung in die passende Verwahrungsanstalt vollzogen werden kann. Eine verschiedene Behandlung dieser Fälle ist nicht gerechtfertigt. Es muss als stossend empfunden werden, wenn solche Zufälligkeiten zu verschieden langen Verwahrungen führen. Eine durchgehende Anrechnung ist deshalb am Platz, um so mehr als auch hier die Entlassung bei Ablauf der Minimaldauer nicht zu erfolgen braucht, wenn sie noch nicht verantwortet werden kann. Die Anrechnung hat auf die Verwahrung automatisch zu erfolgen, aber nur in jenen Fällen, in denen der Richter selbst die Untersuchungshaft auf die der Verwahrung zugrundeliegende Strafe angerechnet hat. In diesem Falle wird die Freiheitsstrafe mitsamt der auf sie angerechneten Untersuchungshaft durch die Verwahrungsmassnahme ersetzt.

Absatz 2 der Ziffer 5 enthält den zweiten Satz der bisherigen Ziffer 5 (bedingte Entlassung) sowie den ersten Satz der Ziffer 6 (Schutzaufsicht) und bringt materiell keine Änderung. Die Vorschriften über das Anhören der Anstaltsleitung vor der bedingten Entlassung sowie über die Weisungen, die erteilt werden können, sind in die gemeinsamen Bestimmungen für die sichernden Massnahmen (Art. 45) verwiesen worden. Auch die Bestimmungen über die Bewährung und die Nichtbewährung während der Probezeit finden ihre Regelung im Artikel 45.

Ziffer 5, Absatz 3 setzt die Dauer der Verwahrung bei Rückversetzung analog dem heutigen Recht fest. Diese Regelung hat sich bewährt und ist beweglicher als die von der Expertenkommission vorgeschlagene starre Rückversetzung auf drei Jahre, Auch
die Ziffer 6 bringt eine gewisse beweglichere Gestaltung. Tatsächlich hat sich in der Praxis in ausserordentlichen Fällen gezeigt, dass die Verwahrung schon vor Ablauf der Mindestdauer sollte aufgehoben werden können, nämlich wenn jeglicher Grund dafür weggefallen ist. Solche Fälle ergeben sich, wenn im Gefolge von Unfällen, Operationen und dergleichen die Deliktsfähigkeit verloren geht. Sinn und Zweck der Verwahrung fallen dahin; diese selbst kann, sofern mindestens zwei Drittel der zugrundeliegenden Strafzeit verbüsst sind, aufgehoben werden.

Die Quasiverjährung, wie sie die heutige Ziffer 7 enthält, ist ebenfalls in den Artikel 45 versetzt worden.

Artikel 43, der die Massnahmen an geistig Abnormen regelt, ersetzt die bisherigen Artikel 14, 15 und 17 (Verwahrung und Versorgung Unzurechnungsfähiger und vermindert Zurechnungsfähiger). Während sich die geltenden Mass-

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nahmen nur auf Täter beziehen, deren Schuldfäbigkeit herabgesetzt ist, soll der neue Artikel alle jene Täter erfassen, die einer besondern Massnahme bedürfen.

Der abnorme Geisteszustand muss zwar nach wie vor bereits zur Zeit der Tat bestanden haben, indem diese selbst im Zusammenhang mit dem Geisteszustand stehen muss (Ziff. l, Abs. 1), Eine später eintretende Geisteskrankheit führt nicht zu einer Sondermassnahme; hier ist die Strafe auszusprechen und zu vollziehen, soweit Straferstehungsfähigkeit besteht. Das Strafgesetzbuch enthält keine Normen über den Strafvollzug au kranken Personen (mit Ausnahme des Art. 40, wenn die Krankheit im Vollzug ausgebrochen ist). Dagegen soll der Bundesrat in Artikel 397 ^ ermächtigt werden, Bestimmungen über den Vollzug von Strafen und Massnahmen an kranken Personen aufzustellen.

Wie die Artikel 14 und 15 des Strafgesetzbuches unterscheidet auch Artikel 43 des Entwurfs zwei Fälle für die Anordnung einer Massnahme, nämlich wenn der Täter wegen seines Geisteszustandes die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährdet und wenn sein Geisteszustand eine ärztliche Behandlung oder besondere Pflege erfordert (Ziff. l, Abs.2 und 3). Die Auslegung und Handhabung der Artikel 14/15 bereitete in der Praxis Schwierigkeiten, weil beide Artikel dem Wortlaut nach Einweisung in eine Heil- oder Pflegeanstalt verlangen, obschon die Voraussetzungen des Artikels 14 dies nicht erfordern würden und in der Praxis das Bedürfnis besteht, die gefährlichen Geisteskranken auch in anderen Anstalten verwahren zu können. Das Bundesgericht erklärte in Abänderung seiner früheren Auffassung, dass Artikel 14 des Strafgesetzbuches keine Heiloder Pflegebedürftigkeit erfordere, worauf der Bundesrat auch seinerseits die Praxis erweiterte und andere, nicht ärztlich geleitete Anstalten zuliess. Immerhin durften es nicht Anstalten des Strafgesetzbuches, vor allem nicht Verwahrungsanstalten nach Artikel 42 des Strafgesetzbuches sein. Da jedoch ein praktisches Bedürfnis gerade hiefür besteht, wurde de lege ferenda eine Lockerung der Bestimmungen verlangt. Artikel 43, Zifferl, Absatz 2 erlaubt nunmehr, die Verwahrung in irgendeiner geeigneten Anstalt durchzuführen, wogegen die Heiloder Pflegeanstalt nur noch verlangt wird, wenn nach Absatz 3 eine ärztliche Behandlung oder besondere Pflege nötig erscheint. Möglich
ist auch eine ambulante Behandlung.

Der Richter hat in jedem Falle ein medizinisches Gutachten einzuholen, das mit jenem des Artikels 13 verbunden werden kann.

Wird eine Anstaltsmassnahme angeordnet, so ist der Vollzug der gleichzeitig ausgesprochenen Freiheitsstrafe aufzuschieben, im Falle einer ambulanten Behandlung nur, wenn der Täter nicht gefährlich ist. Bei ambulanter Behandlung können eine Schutzaufsicht und besondere Weisungen angeordnet werden.

Die Massnahme weist weder eine Mindest- noch eine Höchstgrenze auf.

Sie ist nach Ziffer 4 aufzuheben, wenn ihr Grund weggefallen ist. Ist er nicht vollständig weggefallen, so ist eine probeweise Entlassung möglich, wobei auch hier für die: Probezeit keinerlei Begrenzungen aufgestellt werden. Auch sie ist aufzuheben, wenn sie nicht mehr nötig erscheint.

Der Richter, hat vor der endgültigen oder probeweisen Entlassung aus der Anstalt über den nachträglichen Vollzug der Strafe zu entscheiden. Er kann

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dabei nicht nur dann, wenn unter Berücksichtigung der Dauer der Massnahrne die Strafe als getilgt betrachtet werden kann, vom Vollzug derselben absehen, sondern auch dann, wenn durch den Vollzug der Erfolg der Massnahme erheblich gefährdet würde (Ziff.5).

Artikel 44 betreffend die Behandlung von Trunk- und Rauschgiftsüchtigen erfährt in der Ziffer l eine Anpassung an die übrigen sichernden Massnahmen in bezug auf den inneren Aufbau. Auch diese Massnahme soll, was bereits heute weitgehend Praxis ist, vor dem Vollzug der Freiheitsstrafe durchgeführt werden.

Der Richter hat später zu entscheiden, ob und wieweit die aufgeschobene Strafe noch zu vollziehen ist (Ziff. 3 und 4). Desgleichen wird, wie bei den ändern Massnahmen, ausdrücklich gesagt, dass die Einweisung auf unbestimmte Zeit erfolgt (unter Vorbehalt der Ziff. 3 und des Art. 45, Ziff. 3, Abs. 5 betreffend Höchstdauer der Massnahme). Der Forderung nach besserer Umschreibung der zu erfassenden Personen und der Anstalten, in denen die Massnahme vollzogen werden soll, wurde in der Weise entsprochen, dass die bisherigen Bezeichnungen «Gewohnheitstrinker» und «Trinkerheilanstalt» durch «Trunksüchtige» und «andere Heilanstalt» ersetzt bzw. ergänzt wurden. Auch bei dieser Massnahme soll vorgängig ihrer Anordnung ein Gutachten über den körperlichen und geistigen Zustand des Täters sowie über die Zweckmässigkeit der Behandlung eingeholt werden (Abs. 2). Eine ambulante Behandlung ist im Rahmen des bedingten Strafvollzuges (Art. 41) mit einer entsprechenden Weisung möglich und braucht deshalb in Artikel 44 nicht besonders erwähnt zu werden.

Gemäss Ziffer 2 ist auch die Trinkerheilanstalt von den übrigen Anstalten des Strafgesetzbuches zu trennen, nachdem sich die bisher zugelassene Verbindung mit der Arbeitserziehungsanstalt als unzweckmässig erwiesen hat.

In den Ziffern 3 und 4 werden die Fälle der Beendigung der Massnahme geregelt, und zwar in Ziffer 3 bei Versagen der Massnahme und in Ziffer 4, wenn ein Erfolg eingetreten ist. Da sich in der Praxis erwiesen hat, dass in relativ häufigen Fällen ein Erfolg erst im dritten Jahr zu verzeichnen ist, wurde die Höchstdauer der Massnahme statt wie bisher auf zwei, auf drei Jahre festgesetzt.

Kann der Eingewiesene in dieser Zeit nicht geheilt werden, entscheidet der Richter über den Vollzug der aufgeschobenen
Strafe, wobei die Dauer der Massnahme ordentlicherweise anzurechnen ist. Der Richter kann nötigenfalls auch eine andere Massnahme anordnen. Hält die zuständige Behörde den Eingewiesenen für geheilt, so hat sie ihn zu entlassen, wobei auch die bedingte Entlassung mit Schutzaufsicht und Weisungen möglich ist. Die Probezeit wird, worüber sich das geltende Gesetz ausschweigt, auf ein bis drei Jahre festgesetzt. Der Beschluss auf bedingte oder unbedingte Entlassung ist vor seiner Durchführung dem Richter mitzuteilen, damit er sich über den allfälligen Vollzug der Strafe aussprechen und der Vollzug auch angeordnet werden kann, bevor der Entlassene in der Freiheit neu FUSS gefasst hat.

Damit die Artikel über die Maßnahmen gegenüber geistig Abnormen und die gemeinsamen Bestimmungen für die sichernden Massnahmen ohne Einschaltartikel untergebracht werden können, ist der bisherige Artikel 45 betreffend Behandlung der Rauschgiftkranken, der ohnehin den Artikel 44 analog

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anwendbar erklärt, in einer Ziffer 5 dem Artikel 44 angegliedert worden. Statt durch den Richter soll die für die Behandlung geeignete Anstalt in Zukunft durch die zuständige Vollzugsbehörde bestimmt werden, weil der Richter den Überblick über die möglichen Anstalten nicht besitzt und es auch nicht seine Aufgabe ist, die Anstalten oder die freien Plätze in denselben zu suchen. Zudem sollte die Anstalt in gegebenen Fällen gewechselt werden können, was kaum mehr möglich ist, wenn sie. der Richter im Urteil bestimmt.

In Artikel 45 werden die für die sichernden Massnahmen gemeinsam geltenden Bestimmungen über die bedingte und probeweise Entlassung und den nachträglichen Vollzug der Strafe zusammengefasst, wie in Artikel 38 für die Strafen, In Ziffer l wird wiederum der Grundsatz aufgestellt, dass die zuständige Behörde von Amtes wegen zu prüfen hat, ob und wann die bedingte Entlassung möglich ist. In der Regel wird die Anstaltsleitung, die fortlaufend die Entwicklung der Insassen zu überwachen hat und für die Versetzung in höhere oder niederere Vollzugsklassen verantwortlich ist, auch über die Versetzung in die letzte Vollzugsstufe, die bedingte Entlassung, Antrag stellen. Die Anstaltsleitung ist in jedem Falle anzuhören. Um gegenüber den unbestimmten Massnahmen eine gewisse Sicherheit zu schaffen und einem möglichen ungerechten Festhalten in der Anstalt vorzubeugen, wird vorgesehen, dass bei den Anstaltsmassnahmcn der Artikel 42 und 43 jährlich einmal Beschluss über die Gewährung oder Nichtgewährung der bedingten oder probeweisen Entlassung zu fassen sei. Es handelt sich hier, im Gegensatz zur laufenden Prüfung durch die Anstaltsorgane, um einen formellen Beschluss, der von der für die Entlassung zuständigen Behörde auszugehen hat. Ein Gesuch um bedingte Entlassung braucht der Verurteilte nicht zu stellen ; es steht ihm aber frei, dies zu tun, in welchem Falle ihm ein motivierter Beschluss auszuhändigen ist. Eine entsprechende Bestimmung wurde von der Expertenkommission in den Entwurf aufgenommen, doch kann sie als überflüssig weggelassen werden, weil die Kantone verpflichtet sind, eine rechtsgenügliche Begründung zu geben, ansonst die bundesrechtlich gewährleisteten Rechtsmittel nicht ergriffen werden können.

Die Bestimmung über die Erteilung von Weisungen für die Probezeit ist in Ziffer 2 gleich
wie bei Artikel 38 gefasst worden.

Das .gleiche gilt für Ziffer 3 bezüglich der Nichtbewährung während der Probezeit, wobei allerdings nicht nur, wie bei Artikel 38, die Rückversetzung in Frage kommt. Vielmehr kann hier die zuständige Behörde dem Richter auch den Vollzug der aufgeschobenen Strafe beantragen. Eine besondere Rückversetzungsmöglichkeit schafft Absatz 4 bei Rückfall in den Zustand (z.B. Geisteskrankheit), der die Massnahme bedingt hat. Eine Sondervorschrift muss sodann für die Massnahme des Artikels 44 aufgenommen werden, weil sie eine Höchstdauer aufweist. Die Rückversetzungsdauer beträgt maximal zwei Jahre. Da eine bedingte Entlassung und Rückversetzung auch mehrmals hintereinander möglich ist, muss eine absolute Höchstdauer festgelegt werden; sie beträgt sechs Jahre. Schliesslich muss noch eine Sondervorschrift für die ambulante Behandlung aufgenommen werden, wenn die Strafe aufgeschoben wurde. Die Bestimmungen der vorliegenden Ziffer gelten hier analog.

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Ziffer 4 regelt den Fall der Bewährung und Ziffer 5 die Unterbrechung des Vollzuges einer Massnahme, Artikel 40 ist analog anwendbar, doch darf eine Massnahme nur unterbrochen werden, wenn der Zweck der Massnahme dies zulässt. Nicht unterbrochen werden darf sie, wenn die Sicherheit der Gesellschaft diese erfordert; in diesem Falle ist die Verwahrung z.B. in einem Krankenhaus fortzusetzen und es sind die nötigen Sicherheitsvorkehren zu treffen.

Ziffer 6 regelt das Vorgehen, wenn eine Massnahme während längerer Zeit night durchgeführt weiden konnte. Das heutige Recht kennt bei jeder sichernden Massnahme nach Ablauf einer gewissen Zeit eine Quasiverjährung; die Massnahme fällt in der Regel dahin und es ist nur noch die Strafe zu vollziehen, sofern nicht auch sie verjährt ist. Diese Methode hat sich dann als unbefriedigend erwiesen, wenn der Grund der Massnahme unverändert fortbesteht. Ziffer 6 des Entwurfes sieht deshalb gemeinsam für alle sichernden Massnahmen vor, dass der Richter vorab zu prüfen hat, ob die Massnahme noch nötig ist. Erst im verneinenden Fall hat er zu entscheiden, ob und wieweit die Strafe noch zu vollziehen sei.

Bei Artikel 46 gelangen wir wieder in die Reihenfolge der Artikel des heutigen Rechts: gemeinsame Bestimmungen für Freiheitsstrafen und sichernde Massnahmen. Das Marginale wird verdeutlicht ; sodann weisen die Ziffern l und 2 die unveränderten Bestimmungen des heutigen Artikels auf, mit der Ausnahme, dass neben dem Gottesdienst, der Seelsorge und der Bibliothek auch der ärztliche Dienst erwähnt wird. Dieser umfasst auch den psychiatrischen Dienst, der bei den vielen Psychopathen in den Anstalten und den Schwierigkeiten, diese Delinquenten in Heil- oder Pflegeanstalten unterzubringen, grössere Bedeutung gewinnt.

Neu wurde bei den gemeinsamen Bestimmungen in einer Ziffer 3 die Regelung der Besuche und des Briefverkehrs aufgenommen. Diese Bestimmungen fanden sich bisher in den einzelnen Artikeln über die Strafen und Massnahmen (Art. 35, 36, 39 und 42 StGB) und dienten zum Teil auch als Differenzierungsmittel für'die verschiedenen Strafarten. Die grössten Einschränkungen wies die Zuchthausstrafe als schwerste Strafart auf. Indessen hat sich in der Praxis erwiesen, dass aus Gründen der Erziehung und späteren Wiedereingliederung in das normale Leben gerade bei den langfristigen
Strafen der Kontakt mit den Angehörigen eher gefördert als verhindert werden sollte. Eine entsprechende Bestimmung ist nun im Absatz 2 der vorliegenden Ziffer aufgenommen worden.

Als allgemeine Vorschrift betreffend Empfang von Besuchen und den Briefverkehr wurde im Absatz l die bisherige Regelung bei der Gefängnisstrafe aus dem Artikel 37 StGB übernommen. Danach soll eine Beschränkung nur soweit vorgenommen werden, als es die Ordnung in der Anstalt gebietet. Immerhin können wenn nötig im Einzelfall weitere Einschränkungen durch die Anstaltsleitung verfügt werden. Besuche und Bricfverkehr sind im allgemeinen nur unter Kontrolle gestattet (Abs. 3) ; ausnahmsweise kann jedoch bei vertrauenswürdigen Personen (worunter sowohl der Insasse wie der Besucher oder Schreibpartner zu verstehen ist) auf die Überwachung verzichtet werden. Der freie Verkehr mit dem Gefangenen kann vor allem Geistlichen, Ärzten, Rechtsanwälten usw.

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gestattet werden. Es handelt sich hier um Personen, die nicht im Anstaltsdienst stehen, aber gewisse soziale, öffentliche oder gesetzlich vorgesehene Tätigkeiten ausüben. Dem Rechtsbeistand in einem gerichtlichen oder administrativen Verfahren ist der freie Verkehr immer zu gestatten, wenn nicht eidgenössische oder kantonale Verfahrensgesetze entgegenstehen oder Missbrauch oder drin· gender Missbrauchsverdacht vorliegt. Auch der Briefverkehr mit den Aufsichtsbehörden ist in jedem Fall gewährleistet (Abs. 4-6).

Obschon die Ausgestaltung der Schutzaufsicht keinen grundlegenden Änderungen unterworfen wird, weisen doch die Artikel 47 und 379 wichtige praktische Verbesserungen auf. So wird in Artikel 47 vor allem der Fürsorgecharakter deutlich hervorgehoben. Damit wird das Wesen der Schutzaufsicht besser umschrieben als nach dem heutigen Wortlaut, und die Kantone können die notwendigen Einrichtungen zweckmässiger gestalten. Insbesondere wird neben der Beschaffung von Unterkunft und Arbeit vor allem auf die geeignete Unterbringung und Betreuung der besonders gefährdeten Schützlinge hingewiesen. Nicht mehr im Gesetzestext erscheint die Vorschrift, dass die Beaufsichtigung in unauffälliger, das Fortkommen des Schützlings nicht erschwerender Weise zu erfolgen habe. Dieser Grundsatz besitzt zwar nach wie vor Gültigkeit und ist selbstverständlich; doch hat seine ausdrückliche Erwähnung im Gesetz oft zu praktischen Schwierigkeiten geführt. Tätsächlich kommen die Organe der Schutzaufsicht häufig in die Lage, beim Arbeit- oder Logisgeber vorzusprechen und diesen unter Umständen über die Person des Schützlings zu orientieren oder auszufragen, was aber sofort zum Vorwurf von Seiten des Schutzbefohlenen führt, dessen Fortkommen sei erschwert worden. Das trifft besonders zu, wenn vorher bereits gewisse Schwierigkeiten aufgetreten sind, für die die Schuld nun auf das Schutzaufsichtsamt abgewälzt werden soll. Die Folge davon sind unnütze Beschwerden und Erschwerungen der Fürsorgetätigkeit.

Auch Artikel 379, der gewisse Ausführungsbestimmungen betreffend die Schutzaufsicht enthält, hat einige Ergänzungen und Präzisierungen erfahren.

In Ziffer l wird im Absatz 2 das Wort «Polizeiorgane» durch «Polizei» ersetzt, in der Meinung, dass die Schutzaufsicht als solche nicht auf die Polizei übertragen werden darf, dass aber
nichts im Wege steht, einen Polizeibeamten oder eine Polizeiassistentin als Schutzpatron zu bestellen, insbesondere dort, wo es der Schützling selbst wünscht. Es gibt im Einzelfall immer wieder Polizeiorgane, die fürsorgerisch gut sind und ein grosses Vertrauen gemessen.

In einem dritten Absatz derselben Ziffer wird sodann allgemein vorgesehen, dass für jeden Schützling ein Schutzaufseher zu bestellen sei. Soll die Schutzaufsicht den ihr zugedachten Zweck erfüllen können, muss sich in jedem Fall eine Person speziell des Schützlings annehmen, womöglich am Ort, wo sich dieser aufhält. Das kann natürlich auch der Schutzaufsichtsbeamte selbst sein, soweit er für die persönliche Betreuung Zeit besitzt.

In einer neuen Ziffer 2 werden einige Bestimmungen für die Durchführung der Schutzaufsicht vorgesehen. In der Praxis treten immer wieder Schwierigkeiten auf, wenn mehrere Kantone dafür in Frage kommen. Es wird deshalb der Grundsatz aufgestellt, dass die Schutzaufsicht von jenem Kanton auszuüben

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ist, der sie verfügt hat, gleichgültig ob der Schützling dort Heimatrecht oder Wohnsitz hat. Allerdings steht es dem Urteilskanton frei, den ganzen Strafvollzug einem ändern Kanton abzutreten, wenn sich dieser verpflichtet, die Strafe oder Massnahme zu vollziehen. In diesem Falle wird auch die Pflicht zur Anordnung und Durchführung der Schutzaufsicht mit übertragen. Besondere Regeln werden sodann vorbehalten, wenn Strafen oder Massnahmen aus verschiedenen Kantonen zusammentreffen. Hier sollen die vom Bundesrat gemäss Artikel 397Ms aufzustellenden Kollisionsnormen gelten. Die Schutzaufsicht ist vom Kanton, der sie verfügt hat, auch dann weiterzuführen, wenn der Schützling in einen ändern Kanton übersiedelt oder ihm von der Schutzaufsichtsbehörde dort Unterkunft und Arbeit verschafft wird. Der Schützimg darf nicht einfach dem Schutzaufsichtsamt des neuen Kantons überlassen werden. Doch kann dieses wenn nötig um Mitwirkung bei den Bestellung eines Schutzaufsehers angegangen werden. Am meisten Schwierigkeiten traten ein, wenn der zum Vollzug verpflichtete Kanton bei Anordnung der bedingten Entlassung gleichzeitig die Kantonsverweisung nach Artikel 45 der Bundesverfassung aussprach. In diesen Fällen erklärte der Bundesrat in seinen Beschwerdeentscheiden schon bisher, dass die Kantonsverweisung für die Zeit der bedingten Entlassung rechtsunwirksam bleibe und der persönliche Kontakt mit der Schutzaufsichtsbehörde nicht verunmöglicht werden dürfe. Diese Praxis hat sich bewährt und ist in den Absatz 3 in dem Sinne übernommen worden, dass die Ausweisung für die Dauer der Schutzaufsicht aufgeschoben erklärt wird.

Die Ziffer 3 entspricht dem bisherigen Recht.

Artikel 48, 49 und 106: Im Jahre 1961 hat die Begnadigungskommission den eidgenössischen Räten unter Hinweis auf die Geldentwertung den Wunsch geäussert, den Umwandlungssatz von Bussen in Haft (Art.49) und die Bussenmaxima in Artikel 48 und 106 StGB heraufzusetzen. Nachdem seit Erlass des Strafgesetzbuches der Lebenskostenindex von 100 Punkten im Jahre 1939 (Beginn der Lebenskostenberechnungen) auf 209,3 im Oktober 1964 gestiegen ist und damit eine Entwertung des Frankens auf weniger als 50 Rappen eingetreten ist, rechtfertigt sich eine Heraufsetzung der Bussen auf das Doppelte (Maximair höhe im Art. 48 vierzigtausend und im Art. 106 viertausend Franken)
und des Umwandlungssatzes in Artikel 49 auf zwanzig Franken (Betrag, der einem Tag Haft gleichgesetzt wird). Es ist darauf hinzuweisen, dass im gleichen Sinne auch im Bundesgesetz vom 19, Juni 1959 betreffend Änderung des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege und des Bundesgesetzes über die Bundesstrafrechtspflege die Streitwertgrenzen im allgemeinen auf das Doppelte erhöht wurden (AS 1959, 902).

Artikel 49 erfährt zudem in der Ziffer 4 bezüglich der Löschung des Bussen urteils nach Ablauf der Bewährungsfrist eine Änderung. Diese Bestimmung ist in der Revision vom S.Oktober 1950 dem Artikel einverleibt worden. Danach muss sich der Verurteilte während der Probezeit «bewährt» haben, damit die Löschung verfügt werden kann. Das setzt aber voraus, dass der Richter alle Umstände, die für die Bewährung von Belang sind, prüft, insbesondere auch, ob das Verhalten des Verurteilten die Löschung rechtfertigt. Diese Regelung hat

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in der Praxis zu einer übermässigen Belastung der Gerichte mit Bagatellf allen geführt, so dass der Ruf nach einem vereinfachten Löschungsverfahren laut wurde.

In einem neuen Absatz 2 der Ziffer 4 wird deshalb vorgesehen, die Löschung von der zuständigen Behörde des Urteilskantons von Amtes wegen durchführen zu lassen. Gedacht wird an die Strafregisterbehörde selbst, die nach Ablauf der Probefrist die Löschung vornimmt. Da dieser Instanz jedoch eine materielle Prüfung der Bewährung mit den entsprechenden Ermessensentscheiden nicht zugewiesen werden kann, soll sich die Prüfung nur noch auf solche Tatsachen erstrecken, die vom Strafregisterführer leicht festzustellen sind. Sie beschränkt sich deshalb darauf, ob der Verurteilte nicht erneut wegen einer während der Probezeit begangenen straf baren Handlung verurteilt worden ist sowie ob die . Busse bezahlt, abverdient oder erlassen wurde.

Zu den Artikel 51 ff. betreffend die Nebenstrafen wurden verschiedene Abänderungsvorschläge eingereicht. Eine allgemeine Entwicklung im Strafrecht geht dahin, die Nebenstrafen, die in ihren Wirkungen im Einzelfall ausserordentlich ungleich und deshalb auch ungerecht sein können, fallen zu lassen und nur noch als Massnahmen im Sinne der Artikel 57 ff. des Strafgesetzbuches beizubehalten. Der Richter hätte sie ausschliesslich dann anzuordnen, wenn sie sich im F.inzelfall sachlich als zweckmässig erweisen und aus den Umständen rechtfertigen (Amtsentsetzung, Entziehung der elterlichen Gewalt usw.). Die Expertenkommission hat einen solchen Systemwechsel aber als eine zu weitgehende Änderung abgelehnt. Sie hat einzig bei den Artikeln 51 und 52 eine Revision vorgeschlagen.

Beim Artikel 51, der Amtsentsetzung, ist im Absatz l ein neuer Satz beschlossen worden, der folgendermassen lautet : «Hat ein Beamter mehrere Ämter inné, so kann, wenn besondere Gründe vorliegen, die Anitsentsetzung auf ein einziges Amt beschränkt werden». Hierin kommt ebenfalls zum Ausdruck, dass es sich bei der Amtsentsetzung eher um eine Massnahme als um eine Nebenstrafe handelt und der Täter bloss das Amt, in dem er sich vergangen hat, nicht mehr ausüben soll. Es wurde vor allem an die kleinen Gemeinden gedacht, wo z.B.

der Lehrer zugleich Gemcindeschrcibcr ist und sich nur als solcher vergangen hat, als Lehrer aber weiterhin amtieren könnte. Das
ist aber heute schon auf administrativem Wege erreichbar. Auch Artikel 51 StGB würde dies, obschon das kaum die Meinung des Gesetzgebers war, nach der heutigen Fassung zulassen. Die Revision ist deshalb nicht dringlich und kann vor allem wegfallen, wenn nicht auch Artikel 52 revidiert werden soll.

Beim Artikel 52, Einstellung in der bürgerlichen Ehrenfähigkeit, wurde gerügt, dass er zu starr sei und oft den Richter veranlasse, von einer Zuchthausstrafe abzusehen, damit nicht die Einstellung in der bürgerlichen Ehrenfähigkeit eintrete. Es wurde vorgesehen, auch im Falle der Zuchthausstrafe die Ehrenminderung nur dann eintreten zu lassen, wenn sie der Richter ausdrücklich ausspricht, d.h. bei ehrloser Gesinnung des Täters. Auch gegenüber dem Gewohnheitsverbrecher wurde eine grössere richterliche Bewegungsfreiheit vorgeschlagen, indem der Richter die Ehrenminderung zwar obligatorisch, aber nach seinem Ermessen für eine Dauer von zwei bis zehn Jahren sollte aussprechen können.

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Der vorgesehene Text lautete wie folgt : Art. 52, Ziff. l 1. Der zu Zuchthaus Verurteilte kann Jfür ein bis zehn Jahre, der zu Gefängnis Verurteilte für ein bis fünf Jahre in der bürgerlichen Ehrenfähigkeit eingestellt werden, wenn seine Tat eine ehrlose Gesinnung bekundet.

Wer als Gewohnheitsverbrecher verwahrt wird, ist für zwei .bis zehn Jahre in der bürgerlichen Ehrenfähifikeit einzustellen.

Diese Revision wurde aus zwei Gründen fallen gelassen, nämlich erstens, weil sie von einigen Kantonen in ihren Vernehmlassungen beanstandet wurde, und zweitens, weil Absatz 2 unlogisch ist. Zwar trifft das auch für die heutige Regelung zu, doch deckt sie sich mit dem Volksempfinden, Die Expertenkommission hat jedoch den Widerspruch nicht beseitigt. Die Verwahrung ist eine Sicherungsmassnahme, die mit der Nebenstrafe des Ehrverlustes nicht parallel geht.

Es ist möglich, dass ihr bloss strafbare Handlungen zugrundeliegen, die mit Gefängnisstrafen geahndet wurden und keine ehrlose Gesinnung bekunden.

Doch wird im Volksempfinden der Gewohnheitsverbrecher noch in einem altrechtlichen Sinne als ehrlos betrachtet. Nach dem Vorschlag der Expertenkommission weiterzugehen und eine Zumessung der Nebenstrafe nach den Grundsätzen des Artikels 63 des Strafgesetzbuches vorzuschreiben, würde den Richter oft in einen unlösbaren inneren Konflikt bringen. Die Frage der Revision des Artikels 52 wird deshalb offen gelassen. Zur Diskussion steht, ob eine Änderung im vorgeschlagenen Sinne oder eine radikale und konsequente Revision vorgenommen oder die Bestimmung im heutigen Wortlaut beibehalten werden soll.

In diesem Zusammenhang hatte die Expertenkommission auch beschlossen, die Artikel 171 und 284 des Strafgesetzbuches zu streichen, von der Überlegung ausgehend, dass auch hier die Ehrenstrafe nur noch verhängt werden soll, wenn eine ehrlose Gesinnung vorliegt. Die beiden Bestimmungen sind ebenfalls ein Überbleibsel einer alten, weit zurückzuverfolgenden Idee, wonach der Konkursit und Her Ausgepfändete als ehrlos galten und deshalb auch ihre bürgerlichen Ehrenrechte verloren. Wird Artikel 52 geändert, sollten auch die Artikel 171 und 284 aufgehoben werden, andernfalls könnte die Problematik dieser beiden Artikel anlässlich der Revision des speziellen Teils näher untersucht werden.

Die Revision im Artikel 72, der das Ruhen und die Unterbrechung der Verfolgungsverjährung regelt, betrifft nur den französischen Text. In der Ziffer 2 sind die Worte «par la signification de» vor «mandats d'arrêt» gestrichen worden, um die Übereinstimmung mit dem geltenden deutschen Text herzustellen, der auch nicht die Eröffnung, sondern den Erlass des Haftbefehls als für die Unterbrechung massgeblich bezeichnet. Dieser Zeitpunkt ist
tatsächlich der zweckmässigere.

Bei Artikel 74 betreffend den Beginn der Vollstreckungsverjährung wurde eine Ergänzung vorgenommen. Die Verjährung soll nicht nur in den Fällen des Aufschubes bei bedingtem Strafvollzug später zu laufen beginnen, sondern auch dann, wenn die Durchführung einer sichernden Massnahme den Aufschub er-

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.

fordert. Dies betrifft vor allem die Massnahmen der Artikel 43 und 44. Im Falle des Artikels 42 wird die Strafe durch die Verwahrung ersetzt und diese hat mindestens solange als die Strafe zu dauern. Das gilt grundsätzlich auch bei der vorzeitigen Aufhebung getnäss Artikel 42, Ziffer 6. Wird aus besondern Gründen die Verwahrung jedoch vorher aufgehoben, hätte allerdings auch hier der Richter zu entscheiden ob und wieweit die Strafe noch zu vollziehen ist. In diesem Falle müsste die Verjährung ebenfalls mit der Anordnung des Strafvollzuges beginnen.

Im Artikel 75, der von der Unterbrechung der Verjährung handelt, fehlt eine Bestimmung über das Ruhen. Nach dem heutigen Wortlaut kann es vorkommen, dass die absolute Verjährung mitten im laufenden. Strafvollzug eintritt.

Auch bei der lebenslänglichen Zuchthausstrafe würde nach Ablauf von 45 Jahren die Verjährung während des Vollzuges eintreten. Allerdings ist dies eine lange Zeitspanne, doch stimmt die obligatorische Aufhebung des Strafvollzuges während dessen Dauer grundsätzlich nicht mit dem Sinn und Zweck der Lebenslänglichkeit überein.

Artikel 80: Die Regelung der Löschung des Eintrages im Strafregister bietet deshalb besondere Schwierigkeiten, weil verschiedene gegensätzliche Interessen aufeinandertreffen. Die langen Fristen, die verstreichen müssen bis die Löschung verfügt werden kann, erschweren einerseits die Wiedereingliederung des Entlassenen. Wenn dieser aber wieder eine gewisse gesellschaftliche Stellung erlangt hat, scheut er sich meist, nach Jahr und Tag zum Zwecke der Löschung die alten Verurteilungen neu ans Tageslicht zu bringen. Die Eintragungen bleiben bestehen, bis irgendwann ein Strafregisterauszug benötigt wird und ein blankes Register erforderlich wäre. Vielfach genügt die Zeit in diesem Falle nicht mehr um das Löschungsverfahren noch durchzuführen. Es werden deshalb aus der Praxis Erleichterungen gefordert. Auf der ändern Seite besteht jedoch ein Interesse daran, dass das Strafregister klaren und vollständigen Aufschluss über das Vorleben einer Person gibt, wobei der zu erfassende Zeitraum bei verschiedenen Interessenten verschieden lang sein kann. Überdies gehen die Auffassungen bezüglich der zur Einholung von Auszügen berechtigten Instanzen auseinander.

Schliesslich werden auch Erleichterungen von den Gerichten gefordert,
die die Löschungen durchzuführen haben. Die einlässlichen Prüfungen bringen oft eine kaum tragbare Belastung mit sich.

Bereits anlässlich der ersten Revision im Jahre 1950 wurden zwei Erleichterungen geschaffen in der Form der Verkürzung der Löschungsfrist für Haft- und Bussenurteile und der Übertragung der Kompetenz an den Bundesrat, einschränken de Bestimmungen für Registerauszüge zu Sonderzwecken zu erlassen (Art. 49, Ziff. 4, 80 und 363 StGB). Den heute gestellten Begehren soll bis zu einem gewissen Grade dadurch entsprochen werden, dass, neben der bestehenden Löschung auf Gesuch und richterliche Prüfung hin, eine amtliche Löschung durch die Straf regi sterbehörd e selbst vorgesehen wird, nach Ablauf einer längeren Zeit und ohne Rücksicht auf Bewährung oder Nichtbewährung (Ziff. 1). Der Richter soll mit diesem Verfahren nicht belastet werden. Von einer nicht richterlichen Instanz, vor allem dem Strafregisterführer selbst, kann aber nicht verlangt wer-

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den, dass sie Erhebungen und Berechnungen anstellt, die sich nicht aus dem Strafregister selbst eindeutig ergeben. Es ist für die amtliche Löschung deshalb nur noch darauf abzustellen, dass über das Urteilsdatum hinaus die vom Richter festgesetzte Strafzeit zuzüglich'der gesetzlich vorgeschriebenen Eintragungsdauer abgelaufen ist. Bei einer Zuchthausstrafe von fünf Jahren wird die Löschung nach 25 (5 + 20) Jahren seit dem Urteilsdatum vorgenommen, bei einer Gefängnisstrafe von zwei Jahren nach 17 (2 4- 15) Jahren. Ist die zweijährige Gefängnisstrafe in Verwahrung umgewandelt worden, beträgt die Frist 22 (2 + 20) Jahre. Bei lebenslänglicher Zuchthausstrafe findet keine Löschung von Amtes wegen statt. Bei Bussen wird, um auch den längeren Zahlungsfristen bei hohen Geldstrafen Rechnung zu tragen, die Löschung nach zehn Jahren seit dem Urteil vorgenommen, sofern nicht der Richter gemäss Artikel 49, Ziffer 4 selbst eine kürzere Probezeit von ein bis zwei Jahren festgesetzt hat. Auch in diesen Fällen wird, wie bei Artikel 49, Ziffer 4 ausgeführt, nur noch geprüft, ob während der Probezeit ein neues Delikt begangen wurde ; daneben muss allerdings zusätzlich festgestellt werden, dass die Busse bezahlt, abverdient oder erlassen worden ist. Als zuständige kantonale Löschungsbehörde wird hier deshalb eine Behörde des Urteilskantons vorgeschrieben, während in den Fällen der Löschung nach Artikel 80, Ziffer l jeder Strafregisterführer selbst die Löschung vornimmt. Eintragungen, für die die Fristen abgelaufen sind, werden einfach nicht mehr gemeldet, resp. nur noch jenen Stellen mitgeteilt, die berechtigt sind, über gelöschte Vorstrafen informiert zu werden.

Die Einführung dieser amtlichen Löschung nach Ablauf längerer Fristen gemäss Artikel 80, Ziffer l ermöglicht, dass bei der Löschung auf Gesuch und emlässliche Prüfung durch den Richter hin gemäss Ziffer 2, die Fristen etwas verkürzt werden können. Die Voraussetzungen für diese Löschungsart sind im übrigen die gleichen geblieben wie heute. Die Expertenkommission hatte vorgesehen, dass diese frühzeitigere Löschung durch die spätere Bewährung gerechtfertigt werden müsse, d.h."dass die Löschung automatisch durch den Strafregisterführer wieder aufzuheben ist, wenn vor der endgültigen Löschung gemäss Ziffer l eine neue Verurteilung erfolgt. Es war dies eine Art
bedingte Löschung, die einerseits den Entscheid des Richters auf frühzeitige Löschung erleichtert, anderseits aber auch Ungleichheiten gegenüber jenen Eingetragenen verhütet hätte, deren Gesuch als noch nicht genügend gerechtfertigt abgelehnt wurde.

Wegen Opposition gegen die «bedingte Löschung» wurde die Bestimmung weggelassen; die Frage bleibt jedoch für die Diskussion offen.

Analog der heutigen Bestimmung in Absatz 3 des Artikels 80 des Strafgesetzbuches wird im letzten Absatz der Ziffer 2 ebenfalls eine vorzeitige Löschung vorgesehen, wenn ein besonders verdienstliches Verhalten des Verurteilten sie rechtfertigt. Entgegen dem heutigen Wortlaut wird nicht mehr bloss eine besonders verdienstliche Tat als Voraussetzung genommen, weil diese meist etwas Zufälliges und Einmaliges an sich trägt. Einem besonders verdienstlichen Verhalten dagegen liegen oft lange Bemühungen zugrunde.

Eine letzte Neuerung bringt die Ziffer 3 des Artikels 80, die bestimmt, dass der für das zuletzt eingetragene Urteil zuständige Löschungsrichter befugt ist,

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auch alle früheren Eintragungen zu löschen, wenn die Voraussetzungen dazu erfüllt sind. Dieser Richter hat die Bewährung bezüglich der ändern Eintragungen zwecks Beurteilung des die Löschung rechtfertigenden Verhaltens des Verurteilten ohnehin zu prüfen. Damit werden nicht nur mehrfache Gesuche, sondern vor allem die von mehreren Richtern gleichzeitig über die gleiche Person einzuholenden Erhebungen vermieden.

Bei Artikel 81 werden neben redaktionellen Bereinigungen zwei Lücken ausgefüllt. In Absatz l wird der Verbüssung der Strafe neben dem Erlass durch Begnadigung auch der Ausschluss der Umwandlung der Busse gleichgestellt und in Absatz 2 ausser einigen redaktionellen Bereinigungen klar festgehalten, dass die Fristen im Falle einer bedingten Entlassung nicht nur für das Löschungsgesuch, sondern für alle Rehabilitierungsgesuche der Artikel 76 bis 80 vom Tage der bedingten Entlassung an zu berechnen sind.

b, Behandlung der Minderjährigen

Im Vierten Titel über die Behandlung der Minderjährigen hat das geltende Strafgesetzbuch ein eigenes System geschaffen, welches sich in der Praxis zur Bekämpfung des jugendlichen Verbrechertums gut bewährt hat. Bei der Behandlung der Probleme des Tueendstrafrechts ist nicht ausser acht zu lassen, dass überwiegend kleinere oder mittelschwere Delikte begangen werden und dass die Mehrheit der Straffälligen nicht kriminelle, sondern schwache Menschen sind.

Es besteht die Tendenz, in jedem minderjährigen Delinquenten ein Opfer seines Milieus oder einen anormalen oder sozial unangepassten Menschen zu sehen, für den nur Erziehungs-, Schutz- und Pflegemassnahmen vorgesehen werden dürfen. Die Wirklichkeit ist aber anders. Die überwiegende Mehrheit der jungen Straffälligen sind Gelegenheitsdelinquenten, die aus Unwissenheit, Sorglosigkeit, Gewissenlosigkeit, Ausgelassenheit oder Spiel Fehltritte begehen. Die heutige Jugend ist körperlich frühreif, bleibt aber zum Teil geistig noch lange rückständig. Für diese wichtige Kategorie der jungen Rechtsbrecher sieht unser Strafgesetzbuch mit Recht Strafen sui generis vor (Art. 87, 88, 95, 96 StGB).

Anderseits ist es aber auch richtig, Scliutzmassnahmcn, Massnahmen der Erziehung oder Erziehungshilfe und der Pflege gegenüber solchen Minderjährigen vorzusehen, die sittlich verwahrlost oder schwererziehbar sind sowie charakterliche, körperliche oder geistige Fehler aufweisen (Art. 84, 85, 91, 92 StGB).

Der Richter muss somit vorerst eine Diagnose stellen und zu diesem Zwecke die strafrechtliche Untersuchung im engeren Sinne durch eine bio-psychosoziologische Untersuchung des Minderjährigen und seines Milieus ergänzen, wenn nötig auch eine Beobachtung in offener oder geschlossener Umgebung anordnen (Art, 83 und 90 StGB). Ist es trotzdem nicht möglich, den Minderjährigen zu klassieren, so kann der Richter sein Urteil aufschieben (Art. 97 StGB).

Das ist in grossen Zügen das System unseres gegenwärtigen Strafgesetzbuches. Obschon es die Probe in der Praxis mit Erfolg bestanden hat, haben sich doch gewisse Fehler in den Einzelheiten gezeigt, die mit Vorteil in der gegenwärtigen Revision korrigiert werden.

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Das geltende System hat sich vor allem als zu starr und zu wenig abgestuft erwiesen, um der grossen Verschiedenheit der Fälle zu genügen. Der Gesetzgeber von 1937 wollte erreichen, dass das Strafrecht gegenüber Minderjährigen ausschliesslich erziehend wirke. Die Erziehung verlangt aber Individualisierung.

Dies ist denn auch das Hauptziel der Abänderungen, die im Vierten Titel vorgeschlagen werden. Daneben hat man sich auch bemüht, die Bestimmungen systematischer und klarer zu fassen, woraus sich die grosse Zahl der abgeänderten Artikel erklärt.

Die vorgeschlagene Revision führt keine grundsätzlichen Neuerungen ein.

Sie zielt daraufhin, das jetzige System zu verbessern und seine Anwendung durch die nicht spezialisierten Jugendrichter, die in der Schweiz überwiegen, zu erleichtern. Wie bezüglich der erwachsenen Straffälligen, sind auch hier die Bestimmungen über den Vollzug der Strafen und Massnahmen erneuert worden. Die Wirksamkeit einer Strafe oder Massnahme hängt wesentlich von deren Durchführung ab.

Der pädagogische Grundsatz der Individualisierung erfordert eine grosse Anpassungsfähigkeit der erzieherischen Mittel. Zweifellos kann man grosses Vertrauen zu den Richtern und den mit der Ausführung beauftragten Beamten haben. Auf der einen Seite muss man aber der Willkür steuern, indem man dem Angeklagten eine gewisse Sicherheit gibt, und auf der ändern Seite den Richtern und nicht spezialisierten Beamten die zahlreichen Möglichkeiten darlegen, über die sie verfügen, um in jedem Fall eine angepasste Behandlung anordnen zu können.

Artikel 82 und 89, Allgemeine Bestimmungen: Die Altersgrenze für die Kinder und Jugendlichen wird vom sechsten auf das siebente und vom vierzehnten auf das fünfzehnte Altersjahr hinaufgesetzt, das Höchstälter auf das neunzehnte Altersjahr. Zur Zeit der Beratungen des Gesetzes endigte in den meisten Kantonen die obligatorische Schulpflicht mit dem vierzehnten Altersjahr. Heute dagegen kommen fast in allen Kantonen die Kinder mit dem fünfzehnten oder sechzehnten Altersjahr aus der Schule. Auch das Mindesteintrittsalter in die Fabriken und Gewerbebetriebe wurde durch das Bundesgesetz vom 24. Juni 1938 über das Mindestalter der Arbeitnehmer und durch das Arbeitsgesetz vom 13.

März 1964 (Art. 30) auf fünfzehn Jahre angesetzt. Damit sind die Motive, die den Gesetzgeber
bewogen, die Altersgrenze zwischen Kindern und Jugendlichen auf das vierzehnte Altersjahr festzulegen, weggefallen. Desgleichen ist das Eintrittsalter für die Schule in der Regel das siebente Altersjahr. Es rechtfertigt sich, diese Altersgrenzen auch für das Strafrecht gleich festzulegen, weil auch hier die geistige Reife der Zöglinge und vor allem die Einweisung der Kinder und Jugendlichen in Heime mit Schulbetrieb oder mit Lehrwerkstätten im Vordergrund steht. Auch mit der Heraufsetzurig des Höchstalters der Jugendlichen auf das neunzehnte Altersjahr soll den heutigen Entwicklungen Rechnung getragen werden. Neben der allgemeinen Erscheinung der Retardierung in der geistigen Reife muss wiederum eine Anpassung an das neue Arbeitsgesetz vom 13. März 1964 vorgenommen werden, das in Artikel 29 ebenfalls diese Altersgrenze aufgenommen hat. Viele Berufslehren werden erst in diesem Alter beendigt, eine

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Tatsache, die auch für die Jugenderziehungsanstalten mit ihren Berufslehren Berücksichtigung finden muss. Sodann beginnt sich nach dem neunzehnten Altersjahr die Entwicklung meist zu festigen. Insbesondere lässt die Rekrutenschule den jungen Mann reifen; er ist nachher Soldat und nicht mehr Jugendlicher und tritt in eine neue Alterskategorie ein, die strafrechtlich in Artikel 100 als junge Erwachsene von neunzehn bis fünfundzwanzig Jahren zusammengefasst werden soll.

, Die Expertenkommission liai te ferner vorgeschlagen, in den Artikeln 82 und 89 ausdrücklich zu erwähnen, dass die Tat rechtswidrig begangen sein müsse, d.h. dass die Artikel l, 18, .19, 20 und 32 bis 34 des Strafgesetzbuches auf die Minderjährigen anwendbar seien. Indessen besteht hierüber kein Zweifel, wie auch darüber nicht, dass nötigenfalls der Strafantrag (Art. 28) gestellt sein muss ; ein Hinweis erscheint deshalb überflüssig.

Bei Artikel 83 (und analog auch bei Art. 90) über die Untersuchung gegenüber Minderjährigen ist eine kleine Unstimmigkeit zwischen dem französischen und deutschen Text beseitigt worden. Der zweite Satz soll französisch positiver gefasst werden und lauten: «En tant que cela est nécessaire pour la décision à prendre, elle (l'autorité compétente) recueillera des informations sur la conduite, l'éducation et la situation de l'enfant et requerra des rapports ou des consultations d'experts sur son état physique et mental.» Die Redaktion des Artikels 84 über die Erziehungsmassnahmen wurde verbessert. Das Kriterium des erzieherischen Bedürfnisses des Minderjährigen ist in den Vordergrund gesetzt worden. Der zu wenig klare und im Hinblick auf ein Kind schwerwiegende Ausdruck «sittlich verdorben» - welcher mit Recht bei vielen Eltern Anstoss erregte -, wurde durch schwererziehbar ersetzt. Sodann sind die Erziehungsmassnahmen besser umschrieben und in der Reihenfolge ihrer Schwere aufgeführt worden. Es betrifft dies die Erziehungshilfe (welche in den französischen und belgischen Gesetzen «liberté surveillée» und in den angelsächsischen Gesetzen «probation» heisst), die Unterbringung in einer geeigneten Familie und die Einweisung in ein Erziehungsheim.

Der Gesetzgeber von 1937 verkannte die grosse Zahl der geringfügigen jugendlichen Straftaten und sah als normale Erziehungsmassnahme die Einweisung des Kindes in
eine Familie oder in ein Heim vor. In Wirklichkeit handelt es sich hier um schwere Massnahmen, die nur nach reiflicher Überlegung angeordnet werden dürfen. Wie in der Medizin ist die ambulante Behandlung die Regel und die Hospitalisierung die Ausnahme.

Die Erziehungshilfe wurde im geltenden Gesetz nicht als eigentliche Massnahme betrachtet, sondern nur als eine Möglichkeit des Vorgehens in besondern Fällen (Art. 84, Abs. 2 : «Das Kind kann auch der eigenen Familie zur Erziehung überlassen werden»). Aber es handelt sich hier um die meist gebrauchte Massnahme, die sehr gute Ergebnisse zeitigt. Man kann sagen, dass. sie zum Angelpunkt in der Behandlung der jungen Straffälligen geworden ist.

In einem Absatz 2 des Artikels 84 wird die Aufgabe der ErziehungshüTe näher umschrieben. Sie soll, wie es der Name sagt, Hilfe sein und nicht die elterliche Gewalt übernehmen.

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Angesichts der Heraufsetzung der Altersgrenze auf fünfzehn Jahre und der Tatsache, dass heute viele Kinder von dreizehn und vierzehn Jahren bereits über ein ansehnliches Taschengeld verfügen, kann die Frage aufgeworfen werden, ob nicht auch für die Kinder die Möglichkeit der Bestrafung mit einer Busse geschaffen werden sollte.

Artikel 85. Besondere Behandlung. Der Text wurde in dem Sinne verbessert, dass die krankhaften Charakterstörungen wie z.B. die Neurosen eingeschlossen werden. Ferner wird ausdrücklich die Verbindung dieser Massnahme mit derjenigen des Artikels 84 vorgesehen, die das Gesetz bisher nur stillschweigend erlaubte. Selbstverständlich ist auch eine ambulante Behandlung möglich.

Artikel 86. Vollzug, Änderung und Beendigung der Massnahmen. Diese Bestimmung, welche den Grundsatz der res judicata aufhebt, ist im Jugendstrafrecht unentbehrlich. Sowohl das Kind, als auch der Jugendliche entwickeln sich fortwährend. Um eine wirksame Erziehung gewährleisten zu können, muss die Erziehungsmassnahme dem Zustand des Kindes angepasst werden können. Der Artikel wird vervollständigt durch die Verpflichtung der behördlichen Überwachung aller Massnahmen und durch die Möglichkeit der Einweisung in eine Beobachtungsanstalt, wenn sich eine Massnahmenänderung aufdrängt. Die Massnahmen können nach Überschreiten des fünfzehnten Altersjahres nach den Bestimmungen für die Jugendlichen weitergeführt werden; sie sind spätetens mit dem zwanzigsten Altersjahr aufzuheben. Einige dieser Bestimmungen sind aus Artikel 84 des bisherigen Rechts hierher versetzt worden.

Artikel 87 und 88. Disziplinarstrafen und Absehen von Massnahmen und Disziplinarstrafen. Diese Bestimmungen geben der zuständigen Behörde zwei Möglichkeiten gegenüber fehlbaren Kindern, die nicht der Erziehungshilfe bedürfen, nämlich eine angemessene Bestrafung oder den Verzicht darauf. Heute sind diese zwei Möglichkeiten in den beiden Artikeln vermengt. Der neue Text schafft Ordnung und Klarheit. Redaktionell wird Artikel 87 an die Neufassung von Artikel 84 angepasst und die Dauer der Arreststrafe präzisiert, die wegen des auf fünfzehn Jahre erhöhten Alters nicht mehr in allen Fällen Schularrest sein kann. Artikel 88 gestattet zusätzlich zum heutigen Recht, von einer Massnahme oder Disziplinarstrafe auch dann abzusehen, wenn eine geeignete Massnahme
von einer ändern Person als dem Inhaber der elterlichen Gewalt oder einer Amtsstelle getroffen wurde. Ausserdem führt er als pädagogisches Mittel die Wiedergutmachung des Schadens ein. Eine sogar nur teilweise oder symbolische Wiedergutmachung kann eine gute erzieherische Sanktion sein, wenn sie dem Kinde nicht seinen Eltern - auferlegt wird. Es handelt sich hier nicht um den im Obligationenrecht vorgesehenen zivilrechtlichen Schadenersatz, sondern um eine fakultative Erziehunsmassnahme. Dabei spielt natürlich die innere Einstellung dazu (aufrichtige Reue) eine erhebliche Rolle.

Im Zweiten Abschnitt über die Jugendlichen (Art. 89 ff.) sind die Bestimmungen ausführlicher gehalten als diejenigen für die Kinder. Das Strafrecht für Kinder ist ein Ersatz der elterlichen Erziehung. Im übrigen sind die von Kindern begangenen strafbaren Handlungen fast immer geringfügig. Im Gegensatz dazu ist die Behandlung der jugendlichen Rechtsbrecher schwieriger und ihre strafBundesblatt. HT.Jahrg. Bd.T.

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baren Handlungen sind meist schwerwiegender. Auch sind die jugendlichen Delinquenten im Verhältnis zahlreicher, als die straffälligen Kinder. Um wirksamzu sein, müssen die Massnahmen und Strafen mit Sorgfalt, Feinfühligkeit, Aufmerksamkeit und Beharrlichkeit angewendet werden. Der Vollzug der Massnahmen und Strafen ist der wichtigste Teil der Behandlung. Die Dauer einer Massnahme erstreckt sich auf mehrere Jahre. Es ist notwendig, der zuständigen Behörde die ineinandergreifenden Möglichkeiten, über die sie verfügt und deren Wirksamkeit von der zweckmässigen Anwendung abhängt, klar darzustellen. Deshalb werden die verschiedenen Arten der Erziehung in den Einzelheiten festgesetzt.

Für die Artikel 89 und 90 vgl. die Bemerkungen zu den Artikeln 82 und 83.

Bei Artikel 91, der von den Erziehungsmassnahmen handelt, wurde der Text von Artikel 84, Absatz l übernommen. Als Grundlage aller Erziehungsmassnahmen und ihrer Auswahl erscheinen auch hier die erzieherischen Bedürfnisse des Jugendlichen.

Neben der Erziehungsanstalt (wie die Erziehungsheime für die Jugendlichen nach dem Gesetz genannt werden) wird auch das «geeignete Heim» erwähnt, das hier einen Übergang zwischen Familie und Anstalt (kleines Heim mit familiärem Charakter) darstellt. Im zweiten Absatz wird die zuständige Behörde ermächtigt, im Rahmen der vorgesehenen Erziehungsmassnahme (also nicht erst für die Probezeit bei der Entlassung) dem Minderjährigen Verhaltensvorschriften zu erteilen. Die Aufzählung ist nicht abschliessend. Absatz 3 umschreibt wiederum die Aufgaben der Erziehungshilfe. Wie schon bei Artikel 84 erwähnt, ist die Erziehungshilfe, die in den jetzigen Artikeln 84 und 91 kaum gestreift wird, in der Praxis die meist angewandte Massnahme. Die schlechten Eltern sind die Ausnahme; viele von ihnen sind jedoch schwach. Zahlreiche Jugendliche werden nur von der Mutter oder den Grosseltern erzogen. Diese Jugendlichen haben die Tendenz, sich frühzeitig frei zu machen; es fehlt ihnen eine Autorität. In allen Fällen, in denen der Minderjährige nicht zu schwierig ist, wird die Erziehungshilfe angeordnet. Deshalb empfiehlt sich, diese Massnahme im Gesetz besser auszubauen. Eine einfache Aufsicht wäre meistens unwirksam. Wie bei Artikel 84 erwähnt, berührt die Erziehungshilfe die elterliche Gewalt nicht und stellt keine Vormundschaft dar.
Die Expertenkommission beschloss, an Stelle der bisherigen Ziffer 3 des Artikels 91 eine Sondermassnahme zu stellen, nämlich die Einweisung in eine Erziehungsanstalt für besonders Schwierige. Der Jugendrichter hätte in diese Anstalt jene Jugendlichen einweisen sollen, die aussergewöhnlich schwer erziehbar, besonders verdorben oder in hohem Masse gefährlich sind und wo im Hinblick auf ihre Persönlichkeit die übrigen Massnahmen von vornherein als zwecklos erscheinen. Diese in einem Artikel 91bls vorgesehene Massnahme hätte einen eigenen, schwerern Charakter aufgewiesen mit höherer Mindestdauer, höherer Probezeit bei der Entlassung, höherem Entlassungsalter und höherer Löschungsfrist. Diese Lösung vermochte nicht zu befriedigen, weil die Praxis vor allem das Bedürfnis empfindet, jene Zöglinge in die Anstalt für besonders Schwierige zu versetzen, die sich während des Vollzuges der Erziehungsmassnahmen als besonders schwierig (unbeeinflussbar oder renitent) erweisen. Für diese musste

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deshalb eine zweite Art der Versetzung in die Anstalt für besonders Schwierige vorgesehen werden, nämlich als blosse vollzugsrechtliche Versetzung ohne richterliche Änderung der Massnahme, mit der Möglichkeit der jederzeitigen Rückversetzung. Diese zweite Art der Massnahme durfte aber, weil nicht vom Richter angeordnet, keinen schwereren Charakter bezüglich der Dauer und der ändern Folgeerscheinungen tragen. Diese Lösung mit einem doppelten Charakter ein und derselben Anstaltsmassnahme hätte zu gewissen Schwierigkeiten geführt, um so mehr als an der Existenzfähigkeit einer solchen Anstalt mit den vier oder fünf verschiedenen Gruppen von Schwersterziehbaren berechtigterweise gezweifelt wurde. Besprechungen über die praktische Durchführbarkeit der Idee einer Sonderanstalt für besonders Schwierige führten später dazu, die in Frage kommenden Zöglinge in drei getrennte Gruppen aufzugliedern, nämlich erstens ih die Gruppe jener besonders schwierigen Zöglinge, die einer intensiven erzieherischen Betreuung mit psychiatrischer Mithilfe bedürfen (Fälle von Neurosen, Psychopathie usw.), zweitens jener Zöglinge, die vor allem disziplinarische Schwierigkeiten machen und nur durch strenge Massnahmen beeinflusst werden können und drittens jener, bei denen das Medizinisch-Psychiatrische im Vordergrund steht und mit erzieherischen Massnahmen wenig zu erreichen ist. Für diese drei Kategorien von Zöglingen werden drei Versorgungsmöglichkeiten vorgesehen: die Anstalt für besonders Schwierige (Art.93Ms, Abs. 1), die Disziplinierungs- und Trainingsanstalt (Art.93bls, Abs. 2) und die unter den Artikel 92 fallenden jugendpsychiatrischen Kliniken. Die beiden erstgenannten Anstalten sind als differenzierte Anstalten des Vollzuges gedacht, d.h. es hat nicht der Jugendrichter in sie einzuweisen, sondern die zuständige Vollzugsbehörde je nach dem Bedürfnis und dem Wohl des Zöglings. Diese Regelung hat nun aber zur Folge, dass dem Richter wieder die Möglichkeit gegeben werden muss, bei gewissen jugendlichen Tätern eine strengere Massnahme anordnen zu können.

Die von der Expertenkommission gestrichene bisherige Ziffer 3 des Artikels 91 muss deshalb bestehen bleiben. Der Richter soll danach eine schwerere Massnahme mit einer erhöhten Mindestdauer und erhöhten Löschungsfristen usw.

aussprechen können, er bezeichnet aber nicht
die Anstalt, in welcher der Zögling unterzubringen ist. Diese wird einzig durch das Bedürfnis des Vollzugs bestimmt : ' Erziehungsanstalt offeneren oder geschlosseneren Charakters, Anstalt für besonders Schwierige, Disziplinierungs- und Trainingsanstalt. Auf dieser Grundlage wird es möglich sein, die berechtigte Forderung nach einer Anstalt für Schwersterziehbare zu erfüllen.

In Ausführung dieser Gedanken ist im Artikel 91 die Ziffer 2 hinzugefügt worden, die der bisherigen Ziffer 3 nachgebildet worden ist. Sie wurde einerseits ergänzt durch den weiteren Einweisungsgrund der Schwererziehbarkeit, anderseits aber die Mindestdauer auf zwei Jahre herabgesetzt.

Artikel 92, der die besondere Behandlung betrifft, erfährt nur eine kleine Ergänzung, indem nicht nur das Zurückbleiben in der geistigen und sittlichen Entwicklung, sondern auch andere Störungen zur Anordnung der notwendigen Behandlung führen können. Kumulation mit den Massnahmen des Artikels 91 ist möglich.

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Artikel 93 über den Vollzug, die Änderung der Massnahmen und die Versetzung entspricht dem Artikel 86 bei den Kindern. Die Überwachung der Massnahmen in Absatz l ist als allgemeinere Bestimmung vom heutigen Artikel 91, Ziffer 4 des Strafgesetzbuches herübergenommen worden. Die Änderung der Massnahmen, die schon heute in Artikel 93 vorgesehen ist, wurde dahingehend ergänzt, dass zur Abklärung der zu ergreifenden Massnahme eine vorgängige Versetzung in eine Beobachtungsanstalt angeordnet werden kann. Die Möglichkeit, eine Massnahme an die Weiterentwicklung des Minderjährigen anzupassen, ist eine der charakteristischen Züge aller Jugendstrafgesetze. Sie allein verleiht den Masnahmen einen tatsächlichen pädagogischen Wert. Das gilt auch für den Übertritt von einer Altersklasse in die nächsthöhere. Absatz 3 sieht aus diesem Grunde vor, dass die Anstaltsmassnahmen für Jugendliche nach Vollendung des neunzehnten Altersjahres in einer Arbeitserziehungsanstalt weitergeführt werden können, wenn die Entwicklung des Zöglings dies verlangt. Die Massnahme wird durch diese administrative Versetzung nicht zu einer Arbeitserziehungsmassnahme des Artikels 100Ws; insbesondere gelten weiterhin die Entlassungsvorschriften des Jugendrechts (Art. 94).

In einem besondern Artikel 93Ms wird die Versetzung in eine Erziehungsanstalt für besonders Schwierige oder in eine Strafantalt oder Disziplinarabteilung einer Erziehungsanstalt geregelt. Es handelt sich um eine vollzugsrechtliche Massnahme, die nicht durch den Richter verfügt wird und keine Änderung der Massnahme im rechtlichen Sinne darstellt. Im Absatz l wird die Versetzung in die Erziehungsanstalt für besonders Schwierige geregelt, in die die aussergewöhnlich schwer erziehbaren Zöglinge gebracht werden können. Es soll im Gesetz darauf verzichtet werden, diese Zöglinge näher zu bezeichnen. Gedacht wird an schwer psychisch-gestörte Fehlentwickelte (Neurotiker, infantile Grenzfälle von Geisteskrankheit, Hirngeschädigte, gewisse Psychopathen und gewisse SchwerDelinquenten), die neben intensiver heilpädagogischer Betreuung auch der psychiatrischen Untersuchung und Behandlung bedürfen. Nicht in diese Anstalt gehören die geisteskranken Jugendlichen, die klinisch behandelt werden müssen sowie nicht beeinflussbare, eventuell gemeingefährliche Psychopathen (Sexualdelinquenten),
die gesichert werden müssen und in die psychiatrische Klinik einzuweisen sind. Ebenfalls nicht in die Anstalt für besonders Schwierige gehören die geistesschwachen Jugendlichen (Debile bis Imbezille), die in die besondern Heime für Geistesschwache versetzt werden. Die Abklärung, ob ein Zögling in die Spezialanstalt für besonders Schwierige eingewiesen werden soll, muss durch ein Gutachten, in der Regel von einer Beobachtungsstation, belegt werden, damit nicht unbesehen alle Jugendlichen dorthin gelangen, die in den Erziehungsanstalten grössere Schwierigkeiten bereiten. Auf diese Weise wird sich auch am ehesten eine Praxis entwickeln können, und werden diejenigen Zöglinge in die Spezialanstalt versetzt werden, die ihrer tatsächlich bedürfen und denen sie helfen kann.

In die Anstalt für besonders Schwierige sollen nur über Fünfzehnjährige verbracht werden, unter diesen aber auch jene, die schon vorher in Erziehungsanstalten für Kinder eingewiesen wurden.

.593 Im Absatz 2 des Artikels 93bls wird die zweite der genannten Anstalten für schwierigste Zöglinge vorgesehen, die Disziplrnierungs- und Trainingsanstalt, die allerdings im Gesetz nicht speziell als solche bezeichnet werden soll. In diese gehören die psychisch und organisch nicht als krank zu bezeichnenden schwer Verwahrlosten, eher primitiv strukturierten, oft verweichlichten Jugendlichen; unter diesen besonders die chronischen Ausweicher, Renitenten und die schweren Delinquenten. Diese Jugendlichen sind durch eine differenzierte heilpädagogische Betreuung und durch eine psychiatrische Behandlung kaum zu erfassen und haben zuerst eine Sicherung und Disziplinierung nötig in einer geschlossenen Anstalt. Schon das heutige Recht sieht in Artikel 93, Absatz 2 die Versetzung dieser Zöglinge in eine Strafanstalt vor. In leichteren Fällen genügt auch die Disziplinarabteilung einer Erziehungsanstalt, insbesondere wenn es sich um kurzfristigere Disziplinierungen handelt oder der Kontakt mit den Erwachsenen unerwünscht ist. Eine Trennung der jugendlichen von den mündigen Gefangenen, wie sie heute in Artikel 93 vorgeschrieben ist, wurde von der Expertenkommission gestrichen, weil es sich hier um zahlenmässig geringe Ausnahmefälle handelt und die in eine Strafanstalt einzuweisenden Zöglinge so verdorben sind, dass sie nicht besonders geschont zu werden brauchen. Wo sich aus erzieherischen oder ändern Gründen innerhalb der Strafanstalt eine Trennung als nötig oder zweckmässig erweist, ist dies Sache des Vollzuges in der Anstalt. Nach heutigem Recht muss der Zögling das achtzehnte Altersjahr zurückgelegt haben, um in eine Strafanstalt versetzt werden zu können. Damit jedoch auch bei jüngeren Zöglingen eine allfällig nötige Disziplinierung durchgeführt werden kann, muss das Alter auf 16 Jahre herabgesetzt werden. Das Bedürfnis nach früherer Einweisung hat sich schon unter dem heutigen Recht gezeigt, weshalb ab und zu ungesetzliche, aber eben notwendige Versetzungen von Jugendlichen unter achtzehn Jahren vorgenommen wurden.

In Artikel 94 werden die gemeinsamen Bestimmungen über die Entlassung aus der Erziehungsanstalt und die Beendigung der übrigen Massnahmen zusammengefasst. Es sind auseinanderzuhalten die Erziehungsanstalt nach Artikel 91, Ziffer l und Ziffer 2, die Strafanstalt und die übrigen Massnahmen.
Ziffer l regelt die bedingte Entlassung..Im geltenden Recht ist sie dem Erwachsenenrecht nachgebildet worden, wo die Strafe die Hauptrolle spielt. Für die Jugendlichen stellt die Unterbringung in einer Anstalt jedoch nur eine Phase ihrer Behandlung dar. Dem Anstaltsaufenthalt folgt normalerweise die Erziehungshilfe, Der neue Text legt das Hauptgewicht auf diese Wiedereingliederungsphase, weshalb an Stelle der Schutzaufsicht der Begriff der Erziehungshilfe gesetzt wurde, der das Pädagogische besser betont. Die bedingte Entlassung ist bei der Einweisung in eine Erziehungsanstalt gemäss Artikel 91, Ziffer l nach einem, bei der Einweisung gemäss Ziffer 2 nach zwei Jahren Mindestaufenthalt möglich ; die Probezeit beträgt bei der ersteren Massnahme maximal drei Jahre, bei der letzteren fünf Jahre, Eine Minimaldauer wurde weggelassen, weil die Massnahmen nach oben absolut beschränkt sind (Abs. 4) und eine Minimaldauer in denjenigen Fällen nicht eingehalten werden könnte, in denen die Entlassung erst kurz vor Eintritt der absoluten Grenze erfolgt. Die Fristen bei der Einweisung

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in eine Anstalt für besonders Schwierige oder in eine Strafanstalt richten sich nach der von der jugendgerichtlichen Instanz angeordneten Massnahme, weil die Versetzung keine eigene Massnahme, sondern nur die Fortsetzung der Massnahme in einer ändern Anstalt darstellt.

Ziffer 2 regelt die Nichtbewährung während der Probezeit. Obschon im Jugendrecht die Rückversetzung nie in starrer Weise erfolgen darf, wurde die Regelung den Bestimmungen, wie sie bei den Erwachsenen aufgestellt wurden, mehr angepasst : eine förmliche Mahnung wird verlangt und die Verwarnung als Sanktion aufgenommen. Auch kann, wenn nötig, eine neue Massnahme angeordnet werden. Eine Verlängerung der Probezeit bis zur gesetzlichen Höchstdauer gemäss Ziffer l und dem gesetzlichen Höchstalter gemäss Ziffer 4 ist ebenfalls möglich.

Bewährt sich der Entlassene bis zum Ablauf der Probezeit, so ist nach Ziffer 3 der Eintrag im Strafregister zu löschen. Diese Löschung rechtfertigt sich bei den Jugendlichen, weil nach Möglichkeit verhindert werden soll, dass der junge und erfolgreich Wiedereingegliederte weiterhin Strafwirkungen unterworfen bleibt und unnützen Schwierigkeiten in seinem weiteren Fortkommen, vor allein der Stellenbewerbung, begegnet.

Die Ziffer 4 ist neu und füllt eine Lücke aus. Das geltende Recht enthält nur ungenügende Angaben über die Beendigung der Massnahmen. Der vorgeschlagene Text setzt die absolute Altersgrenze für alle jugendrechtlichen Massnahmen grundsätzlich auf das dreiundzwanzigste Altersjahr fest. In der Praxis endigen die Massnahmen meist mit dem zwanzigsten Altersjahr, was mit dem Abschluss der Lehrzeit in Verbindung steht. Ein Spielraum bis zum dreiundzwanzigsten Altersjahr ist jedoch nötig, um der oft zurückgebliebenen Entwicklung der eingewiesenen Jugendlichen Rechnung zu tragen und die mit viel Aufwand während Jahren durchgeführte Erziehung nicht wegen vorzeitigen Abbruchs wieder zu gefährden. Auch sollen die während des neunzehnten Altersjahres eingewiesenen Zöglinge mindestens noch vier Jahre betreut werden können. Eine Ausnahme in bczug auf die Altersgrenze wird für die Einweisung in eine Erziehungsanstalt nach Artikel 91, Ziffer 2 aufgestellt : die Massnahme kann bis zum f ünfundzwanzigsten Altersjahr dauern. Es handelt sich hier oft um Jugendliche, die sich auf dem Weg zum Gewohnheitsverbrechertum
befinden, oder um Psychopathen, für welche sich eine lange Behandlung als notwendig erweist. Nach dem jetzigen Artikel 91, Ziffer 3 kann die Internierung der besonders Verdorbenen oder Gefährlichen zehn Jahre dauern, wodurch die äusserste Altersgrenze bei dreissig Jahren liegt. Diese Grenze erscheint übertrieben ; eine solche von fünfundzwanzig Jahren ist ausreichend.

In einem letzten Absatz der gleichen Ziffer werden die Bestimmungen der Ziffer l bis 3 analog auf die probeweise Entlassung aus der besondern Behandlung des Artikels 92 anwendbar erklärt. Bei der Entlassung aus medizinischen Massnahmen spricht man, wie schon bei Artikel 43, nicht von einer bedingten, sondern probeweisen Entlassung, weil die Voraussetzungen zum Teil andere (medizinische) sind. Aus dem gleichen Grunde muss hier auch eine Rückyerset-

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zungsmöglichkeit geschaffen werden, wenn sich der Gesundheitszustand des Zöglings wiederum verschlechtert und eine erneute Einweisung erfordert.

Artikel 95 regelt die Bestrafung des Jugendlichen mit Einschliessung, Busse oder Verweis, wenn eine Erziehungsmassnahme nicht nötig erscheint. Die EinSchliessung des heutigen Artikels 95 stellt eine repressive Strafe ohne besondern erzieherischen Charakter dar. Deshalb wird sie in der jugendgerichtlichen Praxis fast immer aufgeschoben; ein Widerruf des Aufschubes ist selten. MUSS die EinSchliessung dennoch vollzogen werden, so bereitet dies, besonders bei längerer Dauer, heute erhebliche Schwierigkeiten. Der Entwurf ändert die Einschliessungsstrafe nicht grundsätzlich, weil sie einem praktischen Bedürfnis entspricht, was um so mehr zutreffen wird, als auch die Neunzehnjährigen ins Jugendrecht einbezogen werden. Der neue Text betont dagegen den erzieherischen Charakter dieser Strafe. Obschon sie nur dann ausgesprochen werden soll, wenn keine besonderen Erziehungsmassnahmen nötig erscheinen, soll der Jugendliche während der Einschliessung doch erzieherisch betreut werden. Die Strafe ist deshalb bei längerer Dauer in einer Erziehungsanstalt oder Arbeitserziehungsanstalt zu vollziehen; mit der kurzfristigen Einschliessung (wie übrigens auch mit der Busse) kann zudem Erziehungshilfe verbunden werden. Damit lassen sich nicht nur allzu kategorische Verschiedenheiten zwischen den Massnahmcn und Strafen vermeiden, wodurch auch bei den vielen Zweifels- und Übergangsfällen in der Praxis der Entscheid des Richters erleichtert wird; auch die Strafe selbst fällt nicht mehr aus dem Gesamtrahmen der Jugenderziehung, die nicht erlaubt, den Jugendlichen während längerer Zeit ohne erzieherische Betreuung abzusondern.

Abgesehen von der erwähnten Ausnahme (Einschliessung oder Busse mit Erziehungshilfe) wird im übrigen eine Kombination von Massnahmen und Strafen abgelehnt. Dagegen ist eine Kumulation dann möglich, wenn der Zögling während einer Erziehungsmassnahme neue Delikte begeht. Die Erziehungsanstalten haben mit Recht ihre Arrestzellen zum grossen Teil aufgehoben ; doch ist die Straflösigkeit kein erzieherisches Mittel. Genügt daher die Weiterführung der Massnahme oder ihre Änderung nicht, kann eine gleichzeitige Strafe verfügt werden. Eine Bestrafung mit Einschliessung
ist auch möglich, wenn sich der Zögling hartnäckig einer Massnahme widersetzt.

Als wesentliche Neuerung wird in Ziffer 4 die bedingte Entlassung gegenüber der Einschliessungsstrafe eingeführt. Ihr Fehlen wirkte bisher stossend, und es besteht in der Tat kein Grund, sie gegenüber den Jugendlichen nicht anzuwenden. Bei Bewährung wird, wie bei der bedingten Entlassung aus den Massnahmen (Art. 94, Ziff. 3), die Löschung im Strafregister vorgesehen.

Verweis und Busse erfahren gegenüber dem heutigen Recht keine Veränderungen. Zur Klarstellung wird lediglich beigefügt, dass eine umgewandelte Busse als Einschliessung und nicht als Haft zu vollziehen ist.

In Artikel 96, der den bedingten Strafvollzug regelt, ist, abgesehen von einigen redaktionellen Vereinfachungen und Klarstellungen, in der Ziffer l die Minimaldauer der Probezeit analog den Artikeln 94 und 95 weggelassen worden.

In einem neuen Absatz zu Ziffer 3 ist ebenfalls die Möglichkeit geschaffen worden, dass in leichten Fällen von Widerhandlungen gegen Weisungen oder von

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Vertrauensbruch an Stelle der Anordnung des Vollzuges der aufgeschobenen Strafe eine Verwarnung, die Erteilung weiterer Weisungen oder eine Verlängerung der Probezeit treten kann.

Der Aufschub des Entscheides gemäss Artikel 97 wurde anlässlich der parlamentarischen Beratungen in das Gesetz von 1937 eingefügt. In diesem Artikel wurden zwei Möglichkeiten vermischt. Die eine erlaubt dem Richter, der nicht weiss, in welche Kategorie der Angeklagte eingereiht werden soll, eine abwartende Massnahme (Beobachtung in der Freiheit) anzuordnen; die andere versucht, die angelsächsische Institution der Probation und das bedingte Urteil einzuführen. Die Redaktion dieses doppelsinnigen Artikels wurde im Jahre 1950 verbessert. Nachdem der Revisionsentwurf als erste erzieherische Massnahme die Erziehungshilfe einführt, wurde von der Expertenkommission die Ansicht vertreten, dass der Aufschub des Entscheides eine Doppelspurigkeit darstelle und dass Artikel 97 gestrichen werden könne. Diese Lösung begegnete der Opposition von seilen der Schweizerischen Vereinigung für Jugendstrafrechtspflege. In der Tat besitzt der Aufschub des Entscheides, wenn er auch durch die Einführung der Erziehungshilfe in vielen Fällen überflüssig werden kann, dort noch seine Bedeutung, wo gerade die Anordnung der Erziehungshilfe als Massnahme fraglich und unnötig erscheint. Die Erziehungshilfe ist eine der erzieherischen Massnahmen des Artikels 91. Nach dem System des heutigen Jugendstrafrechts wie auch in noch ausgesprochenerem Masse des vorliegenden Entwurfs, stehen sich drei Möglichkeiten gegenüber: die Ergreifung von Erziehungs- und Behandlungsmassnahmen (Art. 91 bis 94), die Strafen (Ait. 95 und 96) und das Absehen von Massnahmen und Strafen (Art. 98). Der Richter hat grundsätzlich zwischen diesen Möglichkeiten zu wählen. Kann er aber im Augenblick der Beurteilung noch nicht mit Sicherheit feststellen, welche der drei Möglichkeiten zu ergreifen ist, so sollte er nicht von Gesetzes wegen zu einer Erziehungsmassnahme (Erziehungshilfe) gezwungen werden, die ihm die spätere Anordnung der zweckmässigsten Erledigung (Strafe oder Absehen von Massnahmen und Strafen) verunmöglicht ; denn eine spätere Änderung einer Massnahme in eine Strafe oder ein Absehen davon ist gesetzlich nicht vorgesehen.

Soll der Aufschub des Entscheides jedoch seinen
richtigen Sinn erhalten, ist er systematisch als echter Aufschub in das Gesetz aufzunehmen und nicht als eine Massnahme sui generis, wie dies heute zutrifft. Der Entscheid ist auszusetzen und im Strafregister ist, abgesehen von einer provisorischen Vormerkung, nichts einzutragen. Am Schlüsse der Probezeit hat sodann der Richter endgültig über die Art der Erledigung zu entscheiden, wobei im Falle der Bewährung (also wenn weder eine Massnahme noch eine Strafe nötig erscheint) formell zu beschliessen ist, dass von jeder Massnahme oder Strafe abgesehen wird. In diesem Falle erfolgt kein Eintrag im Strafregister (Art. 361) und ein airfälliger provisorischer Vermerk ist zu entfernen.

Der geltende Artikel 9R, Absehen von Massnahmen und Strafen, sieht eine Art Freisprechung vor, wenn seit der Tat die Hälfte der Verjährungsfrist abgelaufen ist. Diese besondere Verjährung verlangt immerhin ein Minimum von zweieinhalb Jahren für die leichtesten Delikte. Diese ziemlich lange Frist lässt

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die Massnahme des Artikels 98 nur ausnahmsweise zur Anwendung kommen.

Und doch besitzt das Absehen von jeder Sanktion in gewissen Fällen einen erzieherischen Wert. Wenn ein Jugendlicher den Chemiker spielt und durch eine Mischung eine Explosion verursacht, die ihn neben der Sachbeschädigung verstümmelt, kann das Absehen von einer Sanktion die einzig richtige Massnahme sein. Der Richter sollte auch auf eine Sanktion verzichten können, wenn der gesetzliche Vertreter des Jugendlichen alle nötigen Massnahmen getroffen hat oder auch wenn der Minderjährige den Schaden durch eigene Leistung wieder gutgemacht hat. Man darf nicht vergessen, dass auch Jugendliche über fünfzehn Jahren durch Unbesonnenheit oder Aufreizung verbrecherische Handlungen begehen. Heute nimmt der Richter, der von einer Bestrafung in solchen Fällen absehen möchte, zu den prozessualen Möglichkeiten Zuflucht. Es ist aber besser, ihm ein offenes strafrechtliches Mittel zu geben.

Artikel 99 verbessert die bisherige Regelung der Löschung des Strafregistereintrags. Zu den beiden Löschungsarten, wie sie in Artikel 80 für das Erwachsenenrecht vorgeschlagen wurden, tritt noch eine dritte, so dass neben der amtlichen Löschung nach Ablauf von fünf bzw. zehn Jahren und der Löschung auf Gesuch hin nach Ablauf von zwei Jahren hoch eine sofortige Löschung im Sinne einer ausnahmsweisen Vergünstigung möglich ist, wenn es die Umstände rechtfertigen und es sich insbesondere nicht um ein schweres Delikt handelt. Die sofortige Löschung hat der Richter im Urteil zu verfügen. Die Löschungsfristen können im übrigen, wie dies schon nach heutigem Recht möglich ist, verkürzt werden, wenn der Täter bei Beendigung der Erziehungsmassnahme das zwanzigste Altersjahr überschritten hat. Mit all diesen Vergünstigungen wird versucht, die Bedürfnisse der Bekämpfung der Kriminalität mit déni Bestreben 201 verbinden, die Zukunft der Jugendlichen nicht wegen einer Jugendsünde zu sehr zu gefährden.

c. Behandlung der jungen Erwachsenen

In einem neuen Fünften Titel befassen sich die Artikel 100 und 100blB mit der Behandlung der Neunzehn- bis Fünfundzwanzigjährigen, den sogenannten jungen Erwachsenen. Heute steht der Artikel 100 im Vierten Titel (Behandlung der Minderjährigen) in einem eigenen dritten Abschnitt und umfasst die Minderjährigen zwischen achtzehn und zwanzig Jahren. In der Expertenkommission wurde vorgeschlagen, diese Altersgruppe einem «vikariierenden System» zu unterwerfen, d.h. grundsätzlich dem Jugendrecht zuzuweisen, dann aber dem Erwachsenenrecht und dem Erwachsenenrichter zu unterstellen, wenn die jugendgerichtliche Instanz im Einzelfall findet, der Täter sei schon zu reif für das Jugendstrafrecht. Dieser Vorschlag befriedigte jedoch nicht, weil er eine Unsicherheit bezüglich der zuständigen Behörde und die Möglichkeit von negativen Kompetenzkonflikten mit sich gebracht hätte. In den meisten Kantonen wäre zudem eine untragbare Belastung der jugendgerichtlichen Instanzen eingetreten, was eine Reorganisation des Jugendgerichtswesens erfordert hätte.

Dazu kommt, das« es psychologisch kaum angängig erscheint, Minderjährige, die sich selbst weitgehend schon als erwachsen betrachten und oft die Rekrutenschule bereits hinter sich haben, zu Jugendlichen zu «degradieren».

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Auf der ändern Seite ist die Frage der Behandlung der jungen Erwachsenen bis zu fünfundzwanzig Jahren an schweizerischen und internationalen Tagungen zur Diskussion gestellt worden und hat in einigen umliegenden Ländern bereits zu konkreten gesetzgeberischen Lösungen oder Vorschlägen geführt. In Zusammenarbeit mit Sonderexperten wurde deshalb die Frage geprüft, ob nicht auch im schweizerischen Recht ein Sonderstatut für ein erweitertes Ubergangsalter zu schaffen sei. Eine Lösung in dieser Richtung drängte sich auch auf, weil für das obere Alter der Jugendlichen das neunzehnte Altersjahr in Aussicht genommen wurde (vgl. die Ausführungen zu Art. 82 und 89). Nach dem System des bisherigen Rechts wäre bloss noch eine einzige Altersklasse für das Übergangsalter des Artikels 100 übriggeblieben. Gestützt auf die Besprechungen mit den Sonderexperten wird nun eine Lösung ins Auge gefasst, nach welcher die Neunzehn- bis Fünfundzwanzigjährigen als Gruppe zusammengefasst und grundsätzlich dem Erwachsenenstrafrecht unterstellt werden. Für sie soll speziell die Arbeitserziehungsanstalt vorgesehen werden, wenn nicht eine gemilderte oder ungemilderte Strafe am Platze ist.

Die im Artikel 100 des Entwurfes vorgeschlagene Lösung weist folgende Neuerungen auf: Die untere Altersgrenze wurde entsprechend der neu festgesetzten oberen Altersgrenze bei den Jugendlichen (Art. 89) auf das neunzehnte Altersjahr festgelegt, die obere Altersgrenze auf das fünfundzwanzigste Altersjahr. Es standen auch das zweiundzwahzigste, achtundzwanzigste und dreissigste Altersjahr zur Diskussion. In Fachkreisen wurde hauptsächlich ein Höchstalter von fünfundzwanzig Jahren vertreten, weil das tatsächlich eine Grenze zu sein scheint, bis zu welcher noch mit Erfolg Erziehungsmassnahmen an jungen Erwachsenen begonnen werden können. Anderseits sind die Fünfundzwanzigjährigen, vor allem aber die Achtundzwanzig- und Dreissigjährigen oft so erwachsen, dass sich das Volksempflnden gegen eine mildere Behandlung dieser Altersklassen richtet. Das gilt insbesondere gegenüber einer milderen Bestrafung, denn die unbestimmte Massnahme der Arbeitserziehung wird meist als harte Sanktion empfunden. Immerhin trägt der Artikel 100 in Ziffer 3 auch diesem Umstand Rechnung, indem die Strafmilderung kein Obligatorium darstellt: der Richter kann die Strafe mildern
und soll es nur tun, wenn der junge Erwachsene seiner ganzen Entwicklung und seinem Charakter nach noch milder bestraft zu werden verdient.

Weitere Sonderbestimmungen für die jungen Erwachsenen finden sich in den Ziffern 5 bis 7. Danach sind die Trunksüchtigen, soweit sie nicht in einer Arbeitserziehungsanstalt'untergebracht werden können, in eine Heil- oder Pflegeanstalt zu verbringen, weil die Atmosphäre in den Trinkerheilanstalten für Erwachsene in erzieherischer Hinsicht oft schlecht ist. Die Artikel 42 und 43 dagegen sind anwendbar. Ziffer 7 sieht, wie bereits der heutige Artikel 100, die Möglichkeit des Absehens von Strafe oder Massnahme vor, wenn die Verjährungsfrist um die Hälfte abgelaufen ist. Es handelt sich um eine Kannvorschrift, die je nach den Umständen des Falles anzuwenden ist.

Artikel 100blB befasst sich mit der Einweisung der jungen Erwachsenen in die Arbeitserziehungsanstalt, die als Sondermassnahme für diese Altersgruppe vor-

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behalten werden soll. Die Expertenkommission hat den entsprechenden Artikel 43 des heutigen Rechts bereits in dieser Weise beschränken wollen, wenn auch die Altersgrenzen etwas höher festgesetzt wurden. Die Begrenzung des Alters der jungen Erwachsenen im Artikel 100 auf neunzehn und fünfundzwanzig Jahre legt es nahe, zwischen diesem Artikel und dem bisherigen Artikel 43 Übereinstimmung herzustellen und den letzteren als Artikel 100bla in den Fünften Titel zu versetzen. Dadurch erst wird auch seine besondere Ausgestaltung nach dem monistischen System ermöglicht, nach welchem der Richter neben der Anordnung der Arbeitserziehungsmassnahme keine aufzuschiebende Grundstrafe mehr auszusprechen hat. Umgekehrt als bei Artikel 42 kann hier dieses System verwirklicht werden, weil es sich bei den jungen Erwachsenen um eine Übergangsstufe handelt, die zwischen dem schon heute monistisch ausgestalteten Jugendstrafrecht und dem dualistischen Erwachsenenstrafrecht steht. Die bei Artikel 42 zu erwartenden Schwierigkeiten bezüglich der Kollisionen mit Strafen und ändern Massnahmen bilden hier kein Hindernis. Auch kann bei einer normalerweise zwei bis drei Jahre dauernden Massnahme auf die Festsetzung der Strafe eher verzichtet werden, um so mehr diese in den meisten Fällen im Rahmen des Artikels 100 gemildert werden wird. In den Fällen, wo eine ausgesprochene Sühne am Platze erscheint, steht es dem Richter ohnehin frei, eine ungemilderte und strenge Freiheitsstrafe auszusprechen.

Zu den einzelnen Bestimmungen des Artikels lOO*18 sind folgende Bemerkungen anzubringen: Ziffer l, Absatz l stellt die Verbindung mit dem Jugendstrafrecht besser her als die bisherige Fassung des Artikels 43, indem nicht nur die eher dem Erwachsenenstrafrecht zugehörende Liederlichkeit und Arbeitsscheu als Einweisungsgrund genannt werden, sondern auch die erhebliche Gefährdung' der charakterlichen Entwicklung, die Verwahrlosung und die Schwererziehbarkeit.

Tatsächlich spielen diese aus dem Jugendstrafrecht stammenden Kriterien (vgl.

Art. 91) schon heute in der Arbeitserziehungsanstalt eine hervorstechende Rolle.

Das Hauptgewicht soll jedoch, wie die Bezeichnung Arbeitserziehungsanstalt es andeutet, nach wie vor auf der Arbeitserziehung liegen.

Wie bisher hat der Richter gemäss Ziffer l, Absatz 2 genaue Berichte über Erziehung und
Leben sowie ein Gutachten über den körperlichen und geistigen Zustand des Täters einzuholen. Anstelle der Arbeitsfähigkeit hat sich jedoch das Gutachten über die Erziehbarkeit zur Arbeit zu äussern; diese ist in positiver Art ausschlaggebend für den Erfolg der Massnahme.

Die. Verbindung der Arbeitscrziehungsanstalt mit einer Trinkerheilanstalt, wie sie nach heutigem Recht möglich ist, hat sich in der Praxis nicht bewährt.

Die neue Ziffer 2 schreibt deshalb vor, dass diese Anstalt von den übrigen Anstalten des Gesetzes getrennt zu führen sei. Dies um so mehr, als die Anstalt nur noch jüngere Erwachsene beherbergen soll.

Bei der Umschreibung von Ziel und Zweck der Arheitser/iehungsmassnahme wird in Ziffer 3 das Hauptgewicht auf die Arbeitserziehung selbst und nicht auf eine bestimmte Arbeitsverrichtung gelegt. Immerhin soll auf die persönlichen Fähigkeiten und die späteren Verdienstmöglichkeiten Rücksicht genommen

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werden; desgleichen sind die beruflichen Kenntnisse nach Möglichkeit zu fördern. Dem Eingewiesenen kann auch eine Lehre oder Anlehre oder auch bloss Arbeit ausserhalb der Anstalt verschafft werden. Diese Form hat sich bei vielen Eingewiesenen gut bewährt und erlaubt auch Berufe zu berücksichtigen, die in der Anstalt nicht geführt werden können. Neben der Arbeit ist aber auch auf die allgemeine charakterliche Festigung hinzuwirken, so dass diese Massnahme eine Art Fortsetzung der Jugenderziehungsmassnahme darstellt. Die Nachtruhe ist, wie bisher, in der Regel in Einzelhaft zuzubringen.

Eine wichtige Neuerung bringt Ziffer 4 bezüglich des Vorgehens bei Widersetzlichkeiten in der Arbeitserziehungsanstalt. Während bisher der Richter den Vollzug der Strafe oder eines Teils derselben verfügen musste, - so dass es der Eingewiesene in der Hand hatte, sich durch schlechte Führung der Massnahme zu entziehen und die kürzere Strafe abzusitzen -, ist nach dem Entwurf vorgesehen, dass die Massnahme als solche in der Strafanstalt vollzogen werden kann. Es handelt sich hier um eine administrative Versetzung und nicht um eine richterliche Änderung oder Verschärfung der Massnahme. Der Eingewiesene kann deshalb auch jederzeit wieder zurückversetzt werden, Ziffer 5 betreffend die bedingte Entlassung erfährt vorab in Absatz l eine redaktionelle Umgestaltung, indem die wesentliche Voraussetzung für die bedingte Entlassung (Tüchtigkeit und Willigkeit zur Arbeit) an den Anfang gestellt wird. In der Praxis hat sich der Umstand, dass die zeitliche Voraussetzung zuerst erwähnt wird, störend ausgewirkt. Bei den Eingewiesenen kam die Meinung auf, dass die bedingte Entlassung grundsätzlich nach Ablauf der Mindestzeit zu erfolgen habe. Diese Mindestzeit ist aber nur Vorbedingung, indem vor deren Ablauf eine Prüfung der materiellen Voraussetzungen gar nicht zu erfolgen braucht. Insbesondere ist es die Minimaldauer von einem Jahr, die zu dieser Meinung Anlass gab. Da sich in der Praxis die Auffassung allgemein durchgesetzt hat, dass eine erfolgreiche Arbeitserziehung jedenfalls länger als ein Jahr zu dauern hat, kann sogar auf die Festsetzung einer Mindestdauer verzichtet werden. Das Gewicht wird damit noch entschiedener auf die materielle Voraussetzung verschoben. Die Absätze 2 bis 5 regeln das Vorgehen bei Nichtbcwährung.
Bei Begehung eines neuen Delikts ist erneut eine Arbeitserziehungsmassnahme anzuordnen, wenn nicht eine Bestrafung oder eine andere sichernde Massnahme am Platze ist. Die Rückversetzung soll höchstens zwei Jahre dauern. Da eine wiederholte bedingte Entlassung und Rückversetzung an sich möglich ist, muss eine absolute Höchstdauer der Massnahme (ursprüngliche Massnahme und RückVersetzung zusammen) von sechs Jahren festgelegt werden. Die Massnahme soll aber nie über das dreissigste Altersjahr hinaus dauern, mit Ausnahme der Probezeit, die noch für ein bis drei Jahre angeordnet werden kann. Dabei soll, wenn eine Rückversetzung nicht mehr möglich ist, Artikel 38blB analog anwendbar sein (Ziff. 7).

Auch die Höchstdauer der Massnahme in Ziffer 6 erfährt eine Änderung.

Die Massnahme soll nicht mehr obligatorisch nach drei Jahren aufgehoben werden müssen. In vielen Fällen hat sich diese Dauer als zu kurz erwiesen. Der Richter muss deshalb nach Ablauf von drei Jahren prüfen, ob die Massnahme

601 noch fortzusetzen ist oder nicht. Wenn die Massnahme fortgesetzt werden soll, kann sie der Richter um ein Jahr verlängern. Die gleiche Verlängerung kann noch ein zweites Mal erfolgen, so dass die Gesamtdauer der Massnahme maximal fünf Jahre beträgt. Mit dieser richterlichen Prüfung soll verhütet werden, dass ein Eingewiesener kurzerhand fünf Jahre in der Arbeitserziehungsanstalt zurückbehalten werden kann und das Gefühl erhält, versenkt worden zu sein. Auch bei Aufhebung der Massnahme nach diesem Absatz ist die Möglichkeit der Anordnung einer Probezeit und Schutzaufsicht im Sinne des Artikels 38 »ls wünschenswert (Ziff. 7).

In Ziffer 8 ist eine Bestimmung aufzunehmen, die für die übrigen sichernden Massnahmen der Artikel 42 bis 44 in Artikel 45 geregelt ist. Kann die Arbeitserziehungsmassnahme aus äussern Gründen nicht rechtzeitig durchgeführt werden, so hat der Richter zu entscheiden, ob die Massnahme noch einen Sinn hat. Wenn nicht, soll er unter Umständen nachträglich eine Strafe aussprechen können. Das gleiche gilt, wenn die Massnahme aus irgendwelchem Grunde relativ früh wieder aufgehoben werden muss (Zwecklosigkeit).

Im übrigen können die Ziffern 1,2, 4 und 5 des Artikels 45 auch auf den Artikel 100blB Anwendung finden (Ziff. 9).

d. Übertretungen Bei Artikel 106, der die Busse bei Übertretungen betrifft, muss analog Artikel 48 das Bussenmaximum ebenfalls auf das Doppelte heraufgesetzt werden. Sodann ist in einem neuen Absatz 3 eine Ergänzung dahingehend aufgenommen worden, dass die Probezeit bei Anwendung des Artikels 49, Ziffer 4 analog dem Artikel 105 auf ein Jahr festgesetzt wird.

ffl. Die vorgeschlagenen Änderungen des Dritten Buches Im Zusammenhang mit der Revision der vorstehend erläuterten Artikel des Ersten Buches müssen auch einige Bestimmungen des Dritten Buches über die Einführung und Anwendung des Gesetzes abgeändert werden; sie betreffen folgende Artikel : a. Strafregister und Verfahren Artikel 361 befasst sich mit den ins Strafregister einzutragenden Massnahmen und Strafen an Jugendlichen. Nach dem heutigen Recht werden gegenüber den Jugendlichen, die wegen eines Verbrechens oder Vergehens verhängten «Massnahmen und Strafen» eingetragen, nicht also etwa die «Verurteilungen», was zur Folge hat, dass bei einem Absehen von Massnahmen und Strafen trotz Begehung eines Deliktes
keine Eintragung erfolgt. Ebenso werden keine Massnahmen und Strafen wegen Übertretungen ins Register aufgenommen. Die Expertenkommission beschloss, auch den Verweis und die Busse allgemein von der Eintragung auszuschliessen, damit den Jugendlichen das Fortkommen nicht wegen leichten strafbaren Handlungen unnötig erschwert werde.

Die gelöschten Strafregistereintragungen dürfen gemäss Artikel 363, Absatz 4 heutenur Untersuchungsämtern und Strafgerichten mitgeteilt werden, wenn

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die Person, über die Auskunft verlangt wird, in einem Strafverfahren Beschuldigter ist. Es wurde als ein ausgesprochener Mangel bezeichnet, dass nicht auch jene Behörden von gelöschten Eintragungen Kenntnis erhalten dürfen, die den Strafvollzug durchzuführen haben und über den Verurteilten möglichst genauen Bescheid haben sollten sowie die für die Behandlung von Rehabilitationsgesuchen und Löschungsgesuchen zuständigen Richter. Die Berechtigung dieser Instanzen steht ausser Zweifel. Von seilen der Interkantonalen Kommission für den Strassenverkehr ist zudem eine Eingabe eiiigelaugt, die dasselbe Recht auch für die Verwaltungsbehörden beansprucht, die mit der Erteilung und dem Entzug von Führerausweisen betraut sind. Tatsächlich ist es auch hier von Wichtigkeit, über den Betreffenden genaue Auskünfte zu erhalten, insbesondere wenn die innerkantonalen Auskunftsmittel versagen, weil erst vor kurzem eine Übersiedlung in einen ändern Kanton erfolgt ist. Auch diesen Behörden gegenüber sollte deshalb das erweiterte Auskunftsrecht eingeräumt werden.

Der neue Artikel 366bls regelt für die neugeschaffene Gruppe der jungen Erwachsenen (Art. 100) die sachliche und die örtliche Zuständigkeit. Sachlich zuständig soll, wie bereits bei Artikel 100 ausgeführt wurde, der ordentliche Richter des Erwachsenenrechts sein. Damit soll nicht nur eine untragbare Verschiebung der vielen Fälle auf die jugendgerichtliclien Instan/en vermieden werden, sondern vor allem auch die psychologisch ungünstige Reaktion dieser Täter. Dagegen soll bezüglich der örtlichen Zuständigkeit die Regelung des Jugendrechts gelten, d.h. es soll der Richter am Wohnsitz und nicht am Begehungsort die Strafverfolgung durchführen. Dafür spricht vor allem der Grund, dass der Täter bezüglich seiner persönlichen Verhältnisse dort besser bekannt ist, um die im Vordergrund stehende Arbeitserziehungsmassnahme anzuordnen.

Artikel 368, der die Kostentragung bei Verwahrung, Behandlung oder Versorgung Unzurechnungsfähiger oder vermindert Zurechnungsfähiger regelt, soll im Sinne der heute bereits bestehenden Praxis auf alle Strafen und sichernden Massnahmen ausgedehnt werden. Die Meinung geht allerdings nicht dahin, dass die Vollzugskösten ganz allgemein von den Verurteilten getragen werden müssen.

Wenn dies der Fall sein sollte, müsste auch das Entlöhnungssystem
(Art. 376 StGB) entsprechend geändert werden. Doch sollen die Kosten des Strafvollzuges von vermöglichen Verurteilten zurückgefordert werden können.

Bei Artikel 370, der von der Mitwirkung freiwilliger Vereinigungen handelt, wurde eine Anpassung an die revidierten Bestimmungen des Jugendrechts vorgenommen. Gleichzeitig soll die heutige irreführende Fassung vermieden werden, die dahin verstanden werden könnte, die Mitwirkung der Vereine lasse sich rechtlich erzwingen.

Artikel 371, Absatz 2 enthält heute eine KoUisionsbestimmung. Da alle diese Bestimmungen gemeinsam durch den Bundesrat in einer Verordnung erlassen werden sollen (Art. 397Wfi, Abs. 5), ist Absatz 2 hier zu streichen.

Zwei wichtige Neuerungen bringt Artikel 372, bezüglich der örtlichen Zuständigkeit der Behörden im Verfahren gegen Kinder und Jugendliche. Während

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bisher ausschliesslich die Behörden des Wohnsitzes oder des Aufenthaltsortes zuständig waren, soll dies in Zukunft nur noch als Regel gelten. Bei sich rechtfertigenden Ausnahmen kann auch eine andere Behörde örtlich zuständig sein (z.B. bei Sachbeschädigung an Grundeigentum). Sodann sollen vor allem die Übertretungen ausgenommen und am Begehungsort beurteilt werden, wenn nicht besondere.Umstände vorliegen, z.B. Übertretungen mit Vergehen oder Verbrechen zusammentreffen.

In einer Ziffer 2 wird sodann eine Sonderregelung für solche Minderjährige geschaffen, die sich nicht dauernd in der Schweiz aufhalten. Wenn der Staat, in welchem sich der Täter dauernd aufhält, eine Verfolgung garantiert, so soll die schweizerische Behörde von einer solchen absehen und den Täter der ausländischen Behörde überantworten können. Die Expertenkommission wollte auch eine Bestimmung betreffend Übernahme der Verfolgung durch die schweizerischen Behörden beifügen, für die Fälle, wo umgekehrt ein Minderjähriger im Ausland delinquierte, aber in der Schweiz Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt hat. Diese Bestimmung wurde, weil ein gewisser Zusammenhang mit Artikel 6 StGB besteht, mit diesem auf die nächste Revision zurückgestellt.

Indessen steht sie ebensosehr mit der vorliegenden Ziffer 2 in Zusammenhang und würde in der Praxis zweifellos gute Dienste leisten. Sie soll deshalb mindestens zur Diskussion gestellt werden. Der Text dieses zweiten Absatzes würde lauten : Die nach Ziffer l zuständige schweizerische Behörde kann auf Ersuchen der ausländischen Behörde auch die Beurteilung von Minderjährigen übernehmen, die eine strafbare Handlung im Ausland begangen haben, sofern sie Schweizer sind oder in der Schweiz Wohnsitz haben oder sich dauernd in der Schweiz aufhalten. Die schweizerische Behörde wendet ausschliesslich schweizerisches Recht an.

Artikel 373 über die Kostentragung wird wie Artikel 368 ebenfalls auf alle Massnahmen und Strafen ausgedehnt.

b. Strafvollzug und Schutzaufsicht Artikel 375 beteffend Anrechnung der Sicherheitshaft hat in der Praxis zum unliebsamen Ergebnis geführt, dass der einsichtige Angeklagte, der vorerst ein Rechtsmittel ergriffen hat, dieses nicht zurückzuziehen wagt, weil bei einem Rückzug die oft lange Sicherheitshaft nicht auf die Strafe angerechnet werden kann.

Aber auch umgekehrt kann sich
die Bestimmung hemmend auswirken, indem aus Angst vor der Nichtanrechnung auf eine durchaus berechtigte Appellation verzichtet wird. Das soll jedoch nicht der Zweck dieser Bestimmung sein. Nur die trölerische Ergreifung von Rechtsmitteln darf durch Nichtanrechnung der Sicherheitshaft bestraft werden, in diesem Falle aber auch, wenn das eingelegte Rechtsmittel nicht zurückgezogen wird. Im übrigen wurde der unklare Begriff der «Zwischenzeit» ersetzt durch die «Dauer der dadurch verlängerten Sicherheitshaft».

Artikel 376 betreffend den Verdienstanteil wurde auf alle Anstalten des Strafgesetzbuches ausgedehnt. Es ist in der Tat nicht einzusehen, warum die in der Trinkerheilanstalt oder in der Heil- oder Pflegeanstalt geleistete Arbeit nicht

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auch als Ansporn und zur Bereitstellung eines Geldbetrages für die Entlassung entschädigt werden soll. Dagegen wurde eine weitergehende Revision im Sinne der Einführung der ordentlichen Entlöhnung für die geleistete Arbeit in der Expertenkommission abgelehnt.

Artikel 377 erfährt nur eine redaktionelle Anpassung im Marginale. Man kann nicht mehr von «Strafvollzug» allein, sondern muss allgemein von «Freiheitsentzug» sprechen, wenn dieser Artikel auch für die Anstalten zum Vollzug der Massnahmen gelten soll.

Artikel 379 (Ausführungsbestimmungen betreffend die Schutzaufsicht) wurde bereits in Zusammenhang mit Artikel 47 behandelt.

e. Anstalten Anpassungen sind auch im Neunten Titel über die Anstalten notwendig geworden. Während Artikel 382 betreffend die Pflicht der Kantone zur Errichtung der Anstalten heute die einzelnen Anstaltsarten namentlich aufzählt, soll, um diesen Katalog nicht zu kompliziert werden zu lassen, lediglich festgestellt werden, dass die den Vorschriften dieses Gesetzes entsprechenden Anstalten zur Verfügung stehen müssen.

Im Artikel 384 wird die Zulassung von Privatanstalten erweitert, so insbesondere für Heilanstalten, Pflegeanstalten, Heime für die zeitweilige Unterbringung bedingt Entlassener oder Entlassungsanwärter, Beobachtungsanstalten und Jugenderziehungsanstalten für besonders Schwierige. Auch für die Arbeitserziehungsanstalten für Frauen müssen mangels einer genügenden Zahl von eingewiesenen Frauen private Anstalten zugelassen werden. Die meisten dieser Anstalten bestehen heute bereits, doch werden sie in Zukunft ausdrücklich im Strafgesetzbuch genannt und im Strafvollzug vermehrt herangezogen, weshalb sie im vorliegenden Titel nicht übergangen werden dürfen.

Entsprechend den Bestimmungen in Artikel 95, Ziffer 3 werden in Artikel 385 neben den Räumen auch die Anstalten für den Vollzug der EinSchliessung Jugendlicher im Marginale und im Text erwähnt.

Bei den Artikeln 386 ff. über die Bundesbeiträge schlug die Expertenkommission verschiedene Erhöhungen und Erweiterungen vor. Andererseits wurde von den eidgenössischen Räten im Zusammenhang mit dem Voranschlag 1965 eine Motion erheblich erklärt, die den Bundesrat beauftragt, der Bundesversammlung spätestens mit dem Voranschlag 1966 eine Übersicht über sämtliche Bundessubventionen mit Vorschlägen über die Einstellung
oder Kürzung von Beitragsleistungen zu unterbreiten. Die Subventionen an die Anstalten für den Straf- und Massnahmenvollzug können zudem nicht isoliert für sich betrachtet werden. Sie sind vielmehr im Rahmen des gesamten Subventionswesens des Bundes sowie unter dem Gesichtspunkte der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen zu würdigen, wobei festzustellen ist, dass Beitragsansätze von 50 und 70 Prozent Höchstleistungen darstellen. Einer Erweiterung der Bundeshilfe waren deshalb Grenzen gesetzt.

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Artikel 386 ist dahingehend geändert worden, dass an Stelle der Verwahrungsanstalten in Zukunft die Jugenderziehungsanstalten für besonders Schwierige bis zu 70 Prozent subventioniert werden können. Der Vollzug der Verwahrungsmassnahme erfordert nach der Vorlage keine besondere Anstalt mehr, weil dafür die Strafanstalt für Rückfällige verwendet werden kann. Die Anstalten für besonders Schwierige aber werden nicht nur sehr teure Anstalten sein, sondern auch überkantonalen Charakter tragen, indem es für die ganze Schweiz nur einiger weniger solcher Anstalten bedarf, die nicht von einem Kanton oder einer kleinen Gruppe von Kantonen gebaut und betrieben werden können.

Die Berechnung des Bundesbeitrages erfolgt nach Ziffer 2 entsprechend den nach dem Strafgesetzbuch eingewiesenen Insassen. Für kantonalrechtlich Internierte bezahlt der Bund keine Beiträge. Bei den Anstalten für Kinder und Jugendliche dagegen ist diese Berechnungsweise nicht gerechtfertigt. Bei den Minderjährigen steht ohnehin weniger das Strafmoment im Vordergrund, und viele Straf fälle werden auf zivilrechtlichem oder administrativrechtlichem Wege erledigt und demzufolge nicht miterfasst. Aus diesem Grunde wurde schon bisher ein Viertel der nichtstrafrechtlich eingewiesenen Zöglinge für die Subventionsberechnung hinzugezählt. Aber auch diese Grenze ist nicht zuverv lässig. Bei den minderjährigen Schwererziehbaren, ob sie zufällig schon strafbar geworden sind oder nicht, erscheint die Nacherziehung als eine ausgesprochen kriminalprophylaktische Massnahme. In diesem Alter besteht auch noch die grösste Aussicht auf guten Erfolg. Diese Anstalten verdienen deshalb von Bundes wegen die grösstmögliche Unterstützung und Förderung. Es wird deshalb vorgesehen, sie ohne Rücksicht auf die Straffälligkeit der eingewiesenen Zöglinge zu subventionieren, wodurch sich die Beitragsleistungen des Bundes gegenüber bisher erhöhen werden. Selbstverständlich werden durch den Bundesrat gemäss Ziffer 3 die Anforderungen aufgestellt werden müssen, denen die Anstalten zu genügen haben, damit sie Anspruch auf einen Bundesbeitrag besitzen.

Aus der bisherigen Ziffer 3, die in die Ziffer 2 der Vorlage herübergenommcn wird, wurde lediglich der Passus gestrichen, dass die Aufnahme von Eingewiesenen aus ändern Kantonen «gegen Ersatz der Selbstkosten» zu erfolgen
habe. Dies entspricht in keiner Weise der Praxis, indem die Selbstkosten in allen Anstalten bedeutend höber sind als die Pensionspreise. Wollte man auf die Selbstkosten abstellen, würde das heutige Versorgungssystem berührt, weil die ärmeren Gegenden wie auch die Privaten, die die Kosten zu tragen haben, diese nicht übernehmen könnten. Vielfach würde gerade dann von einer Einweisung abgesehen, wenn sie am dringendsten ist, nämlich in hartnäckigen und langwierigen Fällen. Aber auch ganz allgemein würde wohl der hohen Kosten wegen mit der Einweisung vorerst noch zugewartet, wobei wertvolle Zeit verlorenginge.

In einer Ziffer 3 muss sodann dem Bundesrat die Kompetenz eingeräumt . werden, für die Kollisionen mit ändern Bundesbeiträgen Bestimmungen aufzustellen. Es handelt sich vor allem um die Kollision mit der Invalidenversicherung. In vielen Anstalten werden gleichzeitig invalide und schwererziehbare Bundesblatt. 117./ahrg,Bd.I.

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Zöglinge untergebracht, weshalb sowohl über die Invalidenversicherung wie über das Strafrecht anteilsmässig Bundesbeiträge geleistet werden. Es kann aber nicht die Meinung bestehen, dass in Zukunft wegen der Subsidiarität der Beiträge aus der Invalidenversicherung (Art. 75, Abs. 2 IVG) nur noch über das Strafgesetzbuch subventioniert werde, Die bisherige Ziffer 2 bezüglich der Bundesbeiträge für Um- und Neubauten, die vor dem Inkrafttreten des Strafgesetzbuches ausgeführt wurden, kann heute fallengelassen werden. Eine neue Übergangsbestimmung wird unter II. am Schlüsse des vorgelegten Entwurfes aufzunehmen sein.

Artikel 387 betrifft die privaten Anstalten. Der Artikel ist vor allem redaktionell geändert und die heute überflüssig gewordene Bestimmung betreffend der rückbezüglichen Subventionen weggelassen worden. In Übereinstimmung mit der Erweiterung der Anstaltskategorien in Artikel 384 können sich allerdings Mehrleistungen ergeben.

Artikel 388 ist materiell nur insoweit geändert worden, als für die Verwahrungsanstalten entsprechend der neuen Konzeption dieser Massnahme keine Betriebs beitrage mehr vorgesehen werden.

Artikel 389 wird aufgehoben, weil die Heil- und Pflegeanstalten nach der Vorlage zu Anstalten zum Vollzug sichernder Massnahmen werden und über die Artikel 386 und 387 subventioniert werden können.

Artikel 390, der sich bisher mit der Heran- und Fortbildung der Anstaltsbeamten befasste, ist dahingehend erweitert worden, dass in Zukunft auch andere im Straf- und Massnahmenvollzug tätige Personen aus- und weitergebildet werden können, so insbesondere Schutzaufsichtsbeamte.

Artikel 391 über die Aufsicht der Kantone bringt lediglich eine Anpassung: an die neuen Begriffe der Artikel 84 und 91.

Im Artikel 393 sind die Absätze l und 3 in die neue Übergangsbestimmung II am Schlüsse des Entwurfes verlegt worden. Der bisherige Absatz 2 bleibt unverändert als alleiniger Absatz bestehen.

d. Ergänzende und Schlussbestimmungen

Im Elften Titel unter der neuen Überschrift Ergänzende und Schlussbestimmungen wird in einem neuen Artikel 397bis vorgesehen, dem Bundesrat gewisse Befugnisse zum Erlass von ergänzenden Bestimmungen zu gewähren. Es handelt sich um Gebiete, die mehr technischer Art sind oder Detailfragen betreffen,, mit denen ein Gesetz nicht belastet werden darf, um so mehr als sie oft der fortschreitenden Entwicklung angepasst werden müssen. Vielfach sind es Fragen, über die der Bundesrat schon bisher kraft seines Oberaufsichtsrechts gemäss Artikel 392 Strafgesetzbuch entscheiden musste. Es betrifft dies vorab Kollisionsfragen, wie sie sich beim Zusammentreffen von Sanktionen im Vollzug ergeben, insbesondere bei Gesamt- und Zusatzstrafen, mehreren gleichzeitig vollziehbaren Einzelstrafen und Reststrafen infolge Widerrufs der bedingten Entlassung: (Buchstabe a). Es wurde seinerzeit versucht, ein Konkordat unter den Kantonen

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abzuschliessen. Die Materie hat sich jedoch dafür als zu kompliziert erwiesen, so dass sie auf dem Wege der bundesrätlichen Entscheidungspraxis von Fall zu Fall bearbeitet werden musste. Es hat sich eine Praxis herausgebildet, die sich bewährt hat und gegebenenfalls in einer Verordnung niedergelegt werden sollte. Auch bei der Übernahme des Vollzuges von Strafen und Massnahmen durch einen ändern Kanton (Buchstabe 6) ergeben sich Kollisionen, die grundsätzlich gelöst werden müssen. Die Frage der Kostentragung des Vollzuges, wenn mehrere Kantone beteiligt sind (Buchstabe c), ist in einem Konkordat (Vollzugskostenkonkordat vom 23. Juni 1944, BS 3,383, ASJ948,192) geregelt worden. Dem Konkordat sind 18 Kantone beigetreten, so dass für die übrigen in Streitfällen der Bundesrat zu entscheiden hat. Es würde sich rechtfertigen, die im Konkordat niedergelegten Grundsätze allgemein als verbindlich zu erklären. Weitere Kollisionsfragen ergeben sich, wenn ein Täter zwischen der Begehung der Tat und der Beurteilung oder während des laufenden Vollzuges von einer Altersstufe in eine andere übertritt (Buchstabe d). Zweckroässigerweise werden auch Fragen wie der tageweise Vollzug von Haftstrafen (Buchstabe e) in einer Verordnung geregelt. Die Wochenendstrafe wurde von der Expertenkommission beraten und in beschränktem Rahmen gutgeheissen, die Regelung jedoch in eine Verordnung verwiesen. Eher in einer Verordnung als im Gesetz sind auch die Bestimmungen über den Vollzug von Strafen und Massnahmen an kranken Personen (Buchstabe/) zu erlassen.

In einem zweiten Absatz wird zudem vorgesehen, dass der Bundesrat in gewissen Ausnahmefällen Abweichungen von den Vorschriften des Gesetzes gestatten darf, nämlich bezüglich der Anstalten im Kanton Tessin, weil dieser Kanton für sich selbst eine Region bilden muss und die gesetzliche Trennung aller Anstalten kaum durchführen kann, sowie für die Frauenanstalten, wo oft zu wenig Frauen einer Kategorie vereinigt werden können, um eine getrennte Anstalt zu führen.

Unter einer Ziffer II folgen zum Schluss noch einige Übergangsbestimmungen, so vor allem die Vorschrift, dass die im Gesetz geforderten Anstaltsreformen innert zehn Jahren durchzuführen sind. Schüessh'ch können in bezug auf das Verhältnis der neuen zu den bisherigen Bestimmungen die Regeln der Artikel 336, Buchstabe e, 337, 338 und 398 des geltenden Gesetzes wiederum anwendbar erklärt werden.

IV. Verfassungsgnindlage

Die verfassungsmässige Zuständigkeit für die Gesetzesrevision beruht, wie diejenige für das geltende Gesetz selbst, auf Artikel 64bls der Bundesverfassung.

Ausführungen dazu wurden bereits in der Botschaft zum Entwurf eines schweizerischen Strafgesetzbuches vom 23. Juli 1918 (BEI 1918 IV 6) gemacht. Wie dort ausgeführt, ist die Abgrenzung zwischen dem auf den Bund übertragenen Recht zur Gesetzgebung auf dem Gebiet des Strafrechts und dem den Kantonen verbliebenen Recht, den Straf Vollzug .zu regeln, nicht immer leicht zu ziehen. Inhalt der Strafen, ihre Rechtswirkungen und Rechtsfolgen gehören ohne Zweifel zum materiellen Strafrecht, obschon daraus Vorschriften für den Strafvollzug resultieren. Nachdem die Artikel 386 ff. (Subventionierung von Anstalten) insoweit

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über das Strafrecht hinausgehen, als bei den Kindern und Jugendlichen nicht mehr nur die Straffälligen massgebend sind, sondern alle eingewiesenen Schwererziehbaren, ist hierfür die Verfassungsmässigkeit gesondert zu prüfen. Sie ergibt sich jedoch ebenfalls aus Artikel 64bls der Bundesverfassung, indem im Absatz 3 der Bund allgemein als befugt erklärt wird, sich an Einrichtungen zum Schütze verwahrloster Rinder zu beteiligen, und die Erziehung der strafrechtlich gefährdeten Jugend eine ausgesprochen kriminalprophylaktische Massnahme ist, die in die durch das Jugendstrafrecht zu regelnde Materie fällt, insbesondere was die finanzielle Mithilfe durch den Bund betrifft. Auch bezüglich des Artikels 390, Absatz 2 ist festzustellen, dass er im Rahmen der Verfassung bleibt, indem es zu den Aufgaben der Strafgesetzgebung gehört, Einrichtungen zu unterstützen, die die Ursachen der Kriminalität bekämpfen.

Es bleibt noch zu untersuchen, ob auch die auf den Bundesrat zu übertragenden Befugnisse (Art. 397WS) durch die Verfassung gedeckt sind. In den vier erstgenannten Gebieten (Buchstaben a-d) handelt es sich zwar um Verordnungsgegenstände, die den Strafvollzug angehen, aber ausnahmslos Kollisionsfäue zwischen mehreren Kantonen oder zwischen mehreren Strafen oder Massnahmen sowie verschiedenen Altersstufen betreffen. Die Regelung von Kollisionen bei der Durchführung des Strafrechts gehürl aber in den Kompetenzbereich des Bundes. Diese .Kompetenz kann dem Bundesrat abgetreten werden. Auch die Aufstellung von Vorschriften zum tageweisen Vollzug von Haftstrafen (Buchstabe e) könnte ohne weiteres im Gesetz selbst erfolgen; das Recht dazu kann deshalb auch an den Bundesrat delegiert, werden. Der Vollzug von Strafen und Massnahmen an kranken Personen (Buchstabe/) betrifft wiederum die Durchführung des Gesetzes in einem Ausnahmefall. Die Kompetenz dazu ist wie für den Regelfall gegeben.

Wir.beehren uns, Ihnen die Annahme des beiliegenden Gesetzesentwurfes zu empfehlen, und beantragen Ihnen die Abschreibung der Motion Nr. 6622 (Glasson) vom 25. März 1954, welcher mit dieser Botschaft Folge gegeben wurde.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 1. März 1965.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident: Tschudi Der Bundeskanzler: Çh, Oser

609 (Entwurf)

Bundesgesetz betreifend Anderung des Schweizerischen Strafgesetzbuches Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates, ,

beschliesst:

Das Schweizerische Strafgesetzbuch vom 21.Dezember 19371 wird nach Massgabe der folgenden Bestimmungen geandert und erganzt: Art. 10 Wer wegen Geisteskrankheit, Schwachsinn oder schwerer Stoning des Bewusstseins zur Zeit der Tat nicht f ahig war, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder gemass seiner Einsicht in das Unrecht der Tat zu handeln, ist nicht straf bar. Vorbehalten sind Massnahmen nach Artikel 43.

Art. 11 War der Tater zur Zcit der Tat in seiner gcistigeu Gesundheit oder in seinem Bewusstsein beeintrachtigt oder geistig mangelhaft entwickelt, so dass die Fahigkeit, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder gemass seiner Einsicht in das Unrecht der Tat zu handeln, herabgesetzt war, so kann der Richter die Strafe nach freiera Ermessen mildern (Art. 66). Vorbehalten sind Massnahmen nach Artikel 42 bis 44 und 100Wa.

Art. 14 bis 17, aufgehoben.

Art. 35 Die Zuchthausstrafe ist die schwerste Freiheitsstrafe. Hire Idirzeste Daucr ist cin Jahr, die langste Dauer /.wanzig Jahre. Wo das Gesetz es besonders bestimmt, ist sie lebenslanglich.

1

BS3, 203;AS1951, 1.

2. Zurechnungsfahlgkelt Unzurechnungsfahigkelt

Verminderte ZurechnungsfahJgkeit

l.Frelheiustrafen Zuchthausstrafe

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Art. 36 Gefängnisstrafe

Die kürzeste Dauer der Gefängnisstrafe ist drei Tage. Wo das Gesetz nicht ausdrücklich anders bestimmt, ist die längste Dauer drei Jahre.

Art. 37 Vollzug da Zuchthausund Gefängnisstrafe

1. Zuchthaus- und Gefängnisstrafen können in der gleichen Anstalt vollzogen werden. Diese ist, soweit nicht Sonderbestimmungen bestehen, von den ändern im Gesetz genannten Anstalten zu trennen.

Verurteilte, die innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Tat weder eine Zuchthaus- oder Gefängnisstrafe über sechs Monate verbüsst haben, noch in eine Anstalt gemäss Artikel 42 oder 91, Ziffer 2 eingewiesen waren, sind in besondern Anstalten unterzubringen, wenn nicht Gemeingefährlichkeit, dringende Fluchtgefahr oder besondere Gefahr der Verleitung anderer zu strafbaren Handlungen vorliegt. Sofern es ihr Zustand erfordert, können in diese Anstalt auch andere Gefangene verbracht werden. Verurteilte, die die gute Ordnung und Disziplin ernsthaft stören, können in eine andere Anstalt versetzt werden.

2. Der Vollzug der Zuchthaus- und der Gefängnisstrafen soll erziehend auf den Gefangenen einwirken und ihn auf den Wiedereintritt in das bürgerliche Leben vorbereiten.

In der Regel wird der Zuchthausgefangene während der ersten drei Monate, der zu Gefängnis Verurteilte während des ersten Monats in Einzelhaft gehalten. Die Anstaltsleitung kann die Einzelhaft verkürzen oder verlängern oder den Gefangenen in die Einzelhaft zurückversetzen, wenn es sein geistiger oder körperlicher Zustand oder der Zweck der Strafe erfordert.

3. Der Gefangene ist zur Arbeit verpflichtet. Er soll womöglich mit Arbeiten beschäftigt werden, die seinen Fähigkeiten entsprechen und die ihn in den Stand setzen, in der Freiheit seinen Unterhalt zu erwerben. Die Arbeit ist in der Regel in Gemeinschaft zu verrichten. Die Nachtruhe bringt der Gefangene in der Regel in Einzelhaft zu.

Der Gefangene trägt Anstaltskleidung und erhält Anstaltskost.

4. Gefangene, die mindestens die Hälfte der Strafzeit, bei lebenslänglicher Zuchthausstrafe mindestens zehn Jahre verbüsst und sich in der Anstalt bewährt haben, können in freier geführte Anstalten oder besondere Abteilungen eingewiesen werden. Diese Erleichterungen können ausnahmsweise auch ändern Gefangenen gewährt werden, sofern es ihr Zustand erfordert.

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5. Auf Gefängnisstrafen die im Vollzug drei Monate nicht iibersteigen, sind die Ziflern 2 bis 4 nicht anwendbar. Solche Strafen konnen in Anstalten zum Vollzug von Haftstrafen verbiisst werden.

Der Gefangene tragt Anstaltskleidung und erhalt Anstaltskost. Der Gebrauch der eigenen Kleidung kann ihm innerhalb der Grenzen des Anstaltsreglements gestattet werden.

Der Gefangene ist zur Arbeit verpflichtet, die ihm zugewiesen wird. Die Nachtruhe bringt er in der Regel in Einzelhaft zu.

Art. 38 1. Hat der zu Zuchthaus oder Gefangnis Verurteilte zwei Drittel der Strafe verbiisst, bei Gefangnis mindestens drei Monate, so kann ihn die zuständige Behorde bedingt entlassen: wenn er sich in der Anstalt wohl verhalten hat, wenn anzunehmen ist, er werde sich auch in der Freiheit wohl verhalten, und wenn er den gerichtlich oder durch Vergleich festgestellten Schaden, soweit es ihm zuzumuten war, ersetzt hat.

Hat ein zu lebenslanglicher Zuchthausstrafe Verurteilter zwanzig Jahre erstanden, so kann ihn die zustandige Behorde bedingt entlassen.

Die zustandige Behorde pruft von Amtes wegen, ob und wann der Verurteilte bedingt zu entlassen ist. Sie hort dariiber die Anstaltsleitung an.

2. Die zustandige Behorde bestimmt dem bedingt Entlassenen eine Probezeit, wahrend der er unter Schutzaufsicht gestellt werden kann. Diese Probezeit kommt in der Regel dem Rest der Strafzeit gleich.betragt aber mindestens zwei und hochstens fiinf Jahre. Wird ein zu lebenslanglicher Zuchthausstrafe Verurteilter bedingt entlassen, so betragt die Probezeit ftinf Jahre.

3. Die zustandige Behorde kann dem bedingt Entlassenen Weisungen iiber sein Verhalten während der Probezeit erteilen, insbesondere iiber Berufsausiibung, Aufenthalt, arztliche Betreuung, Verzicht auf alkoholische Getranke und Schadensdeckung.

4. Begeht der Entlassene während der Probezeit vorsatzlich ein Verbrechen oder Vergehen, fiir das er zu einer drei Monate iibersteigenden und unbedingt zu vollziehenden Freiheitsstrafe verurteilt wird, so ordnet die zuständige Behorde die Ruckversetzung an. Begeht der Entlassene während der Probezeit fahrlassig eine solche straf bare Hahdlung, oder begeht er sie vorsatzlich und wird er dafiir nur zu einer Haftstrafe oder Gef angnisstrafe von hochstens drei Monaten oder zu einer Busse oder zu einer bedingt zu vollziehenden Strafe verurteilt, so kann die zustandige Behorde die Ruckversetzung anordnen.

Bedingte Entlassung

Handelt der Entlassene trotz formlicher Mahnung der zustandigen Behorde einer ihm erteilten Weisung zuwider, entzieht er sich beharrlich der Schutzaufsicht oder tauscht er in anderer Weise das auf ihn gesetzte Vertrauen, so ordnet die zustandige Behorde die Riickversetzung an. In leichten Fallen kann sie von einer Riickversetzung Umgang nehmen.

Wird von einer Riickversetzung Umgang genommen, so kann die zustandige Behorde den Entlassenen verwarnen, ihm weilere Weisungen erteilen oder die Probezeit hochstens urn die Halfte der ursprunglich festgesetzten Dauer verlangern.

TrifFt eine durch ein neues Urteil angeordnete Massnahme der Artikel 42 bis 44 mit einer Riickversetzung zusammen, so ist diese in gleicher Weise zu vollziehen, aufzuschieben oder zu ersetzen wie die neue Strafe.

5. Bewahrt sich der Entlassene bis zum Ablauf der Probezeit, so ist er endgiiltig entlassen.

Schutzaufsicljt obne bedingte Emlassung

Art. 38"ls 1 Sjnd die Voraussetzungen fiir die bedingte Entlassung gemS.ss Artikel 38 nicht erfullt, so kann die zustandige Behorde den Verurteilten auf den Zeitpunkt des Ablaufs der richterlich festgesetzten Strafe fiir zwei bis fiinf Jahre unter Schutzaufsicht stelleh und ihm Weisungen gemass Artikel 38 erteilen.

2 Begeht der Entlassene wahrend der Zeit der Schutzaufsicht ein neues Delikt, so erhoht der Richter die Dauer der neuen Strafe im Rahmen des Artikels 67.

3 Handelt der Entlassene, ungeachtet formlicher Malmung der zustandigen Behorde, einer ihm erteilten Weisung zuwider, entzieht er sich beharrlich der Schutzaufsicht oder tauscht er in anderer Weise das auf ihn gesetzte Vertrauen, so kann er auf Antrag der Behorde mit Haft oder Busse bestraft werden. Die zustandige Behorde kann ihm auch weitere Weisungen erteilen oder die Schutzaufsicht bis auf hochstens fiinf Jahre verlangern.

Art. 39, Ziff.lund2 1. Die Haftstrafe ist die leichteste Freiheitsstrafe. Ihre kurzeste Dauer ist ein Tag, die langste Dauer drei Monate.

Ist im Gesetz neben der Gefangnisstrafe wahlweise Busse angedroht, so kann der Richter statt auf Gefangnis auf Haft erkennen.

2. Die Haftstrafe wird in einer besondern Anstalt vollzogen, jedenfalls aber in Raumen, die nicht zum Vollzug anderer Freiheitsstrafen dienen.

Der Haftgefangene tragt eigene Kleidung. Er erhalt Anstaltskost, Selbstbekostigung karm ihm innerhalb der Grenzen des Anstaltsreglements gestattet werden.

Art. 40 (nur Raudtitel)

Art. 41 1. Der Richter kann den Vollzug einer GefSngnisstrafe von nicht mehr als einem Jahr, einer Haftstrafe oder einer Nebenstrafe aufschieben: wenn Vorleben und Charakter des Verurteilten erwarten lassen, er werde durch diese Massnahme von weitern Verbrechen oder Vergehen abgehalten, wenn der Verurteilte iiberdies innerhalb der letzten f iinf Jahre vor der Tat weder in der Schweiz noch im Ausland wegen eines vorsatzlich begangenen Verbrechens oder Vergehens eine Zuchthausstrafe oder eine Gefangnisstrafe von mehr als drei Monaten verbiisst hat, und wenn er den gerichtlich oder durch Vergleich festgestellten Schaden, soweit es ihm zuzumuten war, ersetzt hat.

Schiebt der Richter den Strafvollzug auf, so bestimmt er dem Verurteilten eine Probezeit von zwei bis zu f iinf Jahren.

2. Der Richter kann den Verurteilten unter Schutzaufsicht stellen. Er kann ihm fur sein Verhalten wahrend der Probezeit bestimmte Weisungen erteilen, insbesondere iiber Berufsausiibung, Aufenthalt, arztliche Betreuung, Verzicht auf alkoholische Getranke und Schadensdeckung.

Die Umstande, die den bedingten Strafvollzug rechtfertigen, und die Weisungen des Richters sind im Urteil festzustellen; er kann die Weisungen nachtraglich auf Vorschlag der zustiindigcn Bchorde andern.

3. Begeht der Verurteilte wahrend der Probezeit ein Verbrechen oder Vergehen, so entscheidet der Richter, der die neue Tat zu beurteilen hat, in Wiirdigung der gesamten Umstande, ob die bedingt aufgeschobene Strafe zu vollziehen oder weiterhin aufzuschiebensei.

Handelt der Verurteilte trotz formlicher Mahnung des Richters einer ihm erteilten Weisung zuwider, entzieht er sich beharrlich der Schutzaufsicht oder tauscht er in anderer Weise das auf inn gesetzte Vertrauen, so lasst der Richter die Strafe vollziehen. In leichten Fallen kann er davon Umgang nehmen.

Wird vom Vollzug der Strafe Umgang genommen oder dieser weiterhin aufgeschoben, so kann der Richter den Verurteilten verwarnen, ihm weitere Weisungen erteilen oder die Probezeit hoch-

Unterbrechung des Vollzugcs

Bedingt cr Strafvollzug

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stens um die Hälfte der ursprünglich festgesetzten Dauer verlängern.

.

Trifft eine gemäss Absatz l zu vollziehende Strafe mit einer durch das neue Urteil angeordneten Massnahme der Artikel 42 bis 44 zusammen, so ist die nachträglich vollziehbar erklärte Strafe in gleicher Weise zu vollziehen, aufzuschieben oder zu er-.

setzen wie die neue Strafe.

Der Vollzug der aufgeschobenen Strafe kann nicht mehr angeordnet werden, wenn seit Ablauf der Probezeit fünf Jahre verstrichen sind.

4. Bewährt sich der Verurteilte bis zum Ablauf der Probezeit und sind die Bussen und die unbedingt ausgesprochenen Nebenstrafen vollzogen, so verfügt die zuständige Behörde des Vollzugskantons die Löschung des Urteils im Strafregister.

5. Beim Zusammentreffen mehrerer Strafen kann der Richter den bedingten Vollzug auf einzelne derselben beschränken.

2. Sichernde Massnahmen Verwahrung von Gewohnhoiisverbrecbern

Art. 42 1. Wer wegen zahlreicher Verbrechen oder Vergehen mindestens zwei Zuchthaus- oder Gefängnisstrafen verbüsst hat oder statt ihres Vollzuges Massnahmen in einer Anstalt nach Artikel 42 bis 44 unterzogen worden ist oder bereits als Jugendlicher in einer Anstalt nach Artikel 91, Ziffer 2 versorgt war und wieder ein Verbrechen oder Vergehen verübt, das seinen Hang zu Verbrechen oder Vergehen, zu Liederlichkeit oder Arbeitsscheu bekundet, kann vom Richter auf unbestimmte Zeit verwahrt werden. Die Verwahrung tritt in diesem Fall an Stelle der ausgesprochenen Freiheitsstrafe.

Der Richter lässt den geistigen Zustand des Täters untersuchen.

2. Die Verwahrung ist in einer geschlossenen oder offenen Anstalt zu vollziehen, jedoch in keinem Falle in einer Anstalt nach Absatz 2 des Artikels 37, Ziffer l, in einer Haftanstalt, in einer Arbeitserziehungsanstalt oder in einer Trinkerheilanstalt.

3. Der Verwahrte ist zur Arbeit verpflichtet, die ihm zugewiesen wird. Er trägt Anstaltskleidung und erhält Anstaltskost.

4. Der Verwahrte wird während der Zeit der Nachtruhe in der Regel in Einzelhaft gehalten.

5. Der Verwahrte bleibt mindestens bis zum Ablauf von zwei Drittern der Strafdauer und wenigstens drei Jahre in der Anstalt.

Die vom Richter nach Artikel 69 auf die Strafe angerechnete Untersuchungshaft ist dabei zu berücksichtigen.

Nach Ablauf der Mindestdauer kann die zuständige Behörde den Verwahrten für drei Jahre bedingt entlassen, wenn sie annimmt,

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die Verwahrung sei nicht mehr notwendig. Die zustiindige Behorde stellt den Entlassenen unter Schutzaufsicht.

Im Falle der Ruckversetzung betragt die Mindestdauer der neuen Verwahrung in der Regel fiinf Jahre.

6. Die Verwahrung kann auf Antrag der zustandigen Behorde vom Richter ausnahmsweise schon vor Ablauf der Mindestdauer von drei Jahren aufgehoben werden, wenn keinerlei Grund zur Verwahrung mehr besteht.

Art. 43 1. Auf einen geistig abnormen Tater, der eine vom Gesetz mit Zuchthaus oder GefSngnis bedrohteTat begangen hat, welche mit seinem Geisteszustand im Zusammenhang steht, sind folgende Massnahmen anwendbar: Gefahrdet der Tater infolge seines Geisteszustandes die oifentliche Sicherheit oder Ordnung, so kann ihn der Richter auf unbestimmte Zeit verwahren. Die Verwahrung wird in einer geeigneten Anstalt vollzogen.

Erfordert der Geisteszustand des Taters eine arztliche Behandlung oder besondere Pflege, so ordnet der Richter Einweisung in eine Heil- oder Pflegeanstalt an. Der Richter kann auch ambulante Behandlung anordnen, Der Richter holt ein Gutachten iiber den korperlichen und geistigen Zustand und iiber die Verwahrungs-, Behandlungs- oder Pflegebedurftigkeit ein.

2. Im Fall einer Freiheitsstrafe scniebt der Richter deren Vollzug auf, wenn er Verwahrung, Behandlung oder Pflege in einer Anstalt anordnet.

Zwecks ambulanter Behandlung kann der Richter den Vollzug aufschieben, sofern der Tater fur andere nicht gefahrlich erscheint.

Er kann in diesem Falle entsprechend Artikel 41, Ziifer 2 Weisungen erteilen und wenn notig eine Schutzaufsicht anordnen.

3. Wird die Behandlung in der Anstalt als erfolglos eingestellt, so entscheidet der Richter, ob und wieweit die Strafe noch vollstreckt werden soil.

Erweist sich die ambulante Behandlung als unzweckmassig oder fiir andere gefahrlich, erfordert jedoch der Geisteszustand des Täters eine arztliche Behandlung oder besondere Pflege, so ordnet der Richter die Einweisung in eine Heil- oder Pflegeanstalt an. 1st Behandlung in einer solchen Anstalt unnotig, so entscheidet der Richter, ob und wieweit die aufgeschobene Strafe noch vollstreckt werden soil.

Massnahmen an geiatig Abnormen

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An Stelle des Strafvollzugs kann der Richter eine andere sichernde Massnahme anordnen, wenn deren Voraussetzungen erfüllt sind.

4. Die zuständige Behörde beschliesst die Aufhebung der Massnahme, wenn ihr Grund weggefallen ist.

Ist der Grund der Massnahme nicht vollständig weggefallen, so kann die zuständige Behörde eine probeweise Entlassung aus der Anstalt oder der Behandlung anordnen. Sie kann den Entlassenen unter Schutzaufsicht stellen. Probezeit und Schutzaufsicht werden von ihr aufgehoben, wenn sie nicht mehr nötig sind. Die zuständige Behörde hat ihren Beschluss dem Richter vor der Entlassung mitzuteilen.

5. Der Richter entscheidet, ob und wieweit die Strafe im Zeitpunkt der Entlassung aus der Anstalt oder der Behandlung noch vollstreckt werden soll. Er kann insbesondere vom Vollzug absehen, wenn zu befürchten ist, dass dieser den Erfolg der Massnahme erheblich gef ährdert ; darüber ist der Arzt anzuhören.

Die zuständige Behörde äussert sich bei der Mitteilung über ihren Beschluss zur Frage, ob sie den Vollzug der Strafe für nachteilig hält.

Art. 44 Behandlung von Trunk- und Rauschgiftsüchtigen

1. Ist ein wegen eines Verbrechens oder Vergehens zu Gefängnis oder Haft Verurteilter trunksüchtig und steht die strafbare Handlung damit im Zusammenhang, so kann der Richter den Verurteilten unter Aufschub des Strafvollzuges auf bestimmte Zeit in eine Trinkerheilanstalt oder, wenn nötig, eine andere Heilanstalt einweisen.

Der Richter holt ein Gutachten über den körperlichen und geistigen Zustand des Täters sowie über die Zweckmässigkcit.dcr Behandlung ein.

2. Die Trinkerheilanstalt ist von den übrigen Anstalten dieses Gesetzes getrennt zu führen.

3. Zeigt sich, dass der Eingewiesene nicht geheilt werden kann oder sind die Voraussetzungen der bedingten Entlassung nach drei Jahren Aufenthalt in der Anstalt noch nicht eingetreten, so entscheidet der Richter, ob und wieweit die Strafe noch vollstreckt werden soll. Darüber ist die Anstaltsleitung anzuhören. Die Dauer der bereits vollzogenen Massnahme ist zu berücksichtigen, soweit der Eingewiesene sie nicht böswillig erschwert hat.

An Stelle des Strafvollzuges kann der Richter eine andere sichernde Massnahme anordnen, wenn deren Voraussetzungen erfüllt sind.

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4, Hält die zuständige Behörde den Eingewiesenen für geheilt, so beschliesst sie dessen Entlassung aus der Anstalt. Die zuständige Behörde kann ihn für ein bis drei Jahre bedingt entlassen und ihn für diese Zeit unter Schutzaufsicht stellen. Ihr Beschluss ist dem Richter vor der Entlassung mitzuteilen, Der Richter entscheidet, ob und wieweit die Strafe im Zeitpunkt der Entlassung aus der Anstalt noch vollstreckt werden soll.

Die zuständige Behörde äussert sich hierzu bei der Mitteilung über ihren Beschluss.

5. Die Bestimmungen dieses Artikels sind sinngemäss auf Rauschgiftsüchtige anwendbar.

Die zuständige Behörde bestimmt die für die Behandlung geeignete Anstalt.

Art. 45 1. Die zuständige Behörde prüft von Amtes wegen, ob und wann der in die Anstalt Eingewiesene oder einer ambulanten Behandlung Unterworfene bedingt oder probeweise zu entlassen ist.

Bei den Massnahnien nach Art.42 und 43, mil Ausnahme der ambulanten Behandlung, hat sie hierüber mindestens einmal jährlich Beschluss zu fassen, bei der Verwahrung nach Artikel 42 erstmals auf den Zeitpunkt des Ablaufs der gesetzlichen Mindestdauer. Die zuständige Behörde hört in allen Fällen vorher die Anstaltsleitung an.

2. Die zuständige Behörde kann dem Entlassenen Weisungen über sein Verhalten während der Probezeit erteilen, insbesondere über Berufsausübung, Aufenthalt, ärztliche Betreuung, Verzicht auf alkoholische Getränke und Schadensdeckung.

3. Begeht der Entlassene während der Probezeit vorsätzlich ein Verbrechen oder Vergehen, für das er zu einer drei Monate übersteigenden und unbedingt zu vollziehenden Freiheitsstrafe verurteilt wird, so beantragt die zuständige Behörde dem Richter den Vollzug der aufgeschobenen Strafe oder ordnet die Rückversetzung an. Begeht der Entlassene während der Probezeit fahrlässig eine solche strafbare Handlung oder begeht er sie vorsätzlich und wird er dafür nur zu einer Haftstrafe oder einer Gefängnisstrafe von höchstens drei Monaten oder zu einer Busse oder zu einer bedingt zu vollziehenden Strafe verurteilt, so kann die zuständige Behörde dem Richter den Vollzug der aufgeschobenen Strafe beantragen oder die Rückversetzung anordnen.

Handelt der Entlassene trotz förmlicher Mahnung der zuständigen Behörde einer ihm erteilten Weisung zuwider, entzieht er sich beharrlich der Schutzaufsicht oder täuscht er in anderer Weise das auf ihn gesetzte Vertrauen, so beantragt die zuständige

Bedingte und probeweise Entlassung bei sichernden Massnaftmen, nachträglicher Vollzug der Strafe

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Behorde dem Richter den Vollzug der aufgeschobenen Strafe oder ordnet die Riickversetzung an. In leichten Fallen kann sic von einer Riickversetzung Umgang nehmen.

Wird vom Vollzug der Strafe und von der Rüchversetzung Umgang genommen, so kann die zustandige Behorde statt dessen den Entlassenen verwarnen, ihm weitere Weisungen erteilen oder die Probezeit hochstens um die Halfte der urspriinglich festgesetzten Dauer verlangern.

Die zustandige Behorde kann die Riickversetzung auch anordnen, wenn es sich herausstellt, dass der Zustand des Taters dies erfordert.

Bei Riickversetzung in die Massnahme des Artikels 44 betrSgt die neue Hochstdauer zwei Jahre. Die Gesamtdauer der Massnahme bei mehrfacher Ruckversetzung darf jedoch sechs Jahre nicht iiberschreiten.

Die Bestimmungen der Ziffer 3 gelten analog, wenn eine ambulante Behandlung unter Aufschub der Strafe geroass Artikel 43 angeordnet wurde.

4. Bewahrt sich der Entlassen bis zum Ablauf der Probezeit, so ist er endgiiltig entlassen.

5. Artikel 40 iiber Unterbrechung des Vollzugs ist anwendbar, soweit der Zweck der Massnahme dies zulasst.

6. Sind seit der Verurteilung, dem Ruckversetzungsbeschluss oder der Unterbrechung der Massnahme mehr als f iinf Jahre verflossen, ohne dass deren Vollzug begonnen oder fortgesetzt werden konnte, so entscheidet der Richter, ob und wieweit die Strafe boch vollstreckt werden soil, wenn die Massnahme nicht mehr notig ist.

Im Falle der Verwahrung ist die Frist zehn Jahre. Ist die Strafe bereits verjahrt, so ist die Verwahrung nicht mehr zu vollziehen.

Art. 46 Gemeinsame Begtlmmungen der Freiheiisstrafen and sichemden Massnahmen

1. In alien Anstalten werden Manner und Frauen vollstandig getrennt.

2. Gottesdienst, Seelsorge, arztlicher Dienst und Bibliothek sind fur jede Anstalt einzurichten.

3. Der Empfang von Besuchen und der Briefverkehr sind nur soweit beschrankt, als es die Ordnung in der Anstalt gebietet. Die Anstaltsleitung kann wenn notig im Einzelfall weitere Einschrankungen verfiigen.

Soweit tunlich, ist dem Eingewiesenen der Verkehr mit den Angehorigen zu erleichtern.

Besuche und Briefverkehr sind nur unter Kontrolle gestattet.

Die Anstaltsleitung kann ausnahmsweise auf die Uberwachung von

619

Besuchen und Briefverkehr verzichten, wenn sie davon überzeugt ist, dass ihr Vertrauen nicht missbraucht wird.

Die Anstaltsleitung kann Geistlichen, Ärzten, Rechtsanwälten, Verteidigern, Notaren, Vormündern und Personen mit ähnlichen Aufgaben innerhalb der allgemeinen Anstaltsordnung den freien Verkehr mit dem Eingewiesenen gestatten.

Dem Rechtsbeistand in einem gerichtlichen oder administrativen Verfahren steht innerhalb der allgemeinen Anstaltsordnung das Recht zum freien Verkehr mit dem Eingewiesenen zu, soweit nicht eidgenössische oder kantonale Verfahrensgesetze entgegenstehen. Bei Missbrauch oder dringendem Verdacht des Missbrauchs kann die Anstaltsleitung mit Zustimmung der zuständigen Behörde den freien Verkehr untersagen.

Der Briefverkehr mit Aufsichtsbehörden ist gewährleistet.

Art. 47 Der Schutzaufsicht obliegt die Fürsorge für die ihr Unter- Schutzaufsicht stellten, namentlich durch Beschaffung von Unterkunft und Arbeit, um ihnen zu einem ehrlichen Fortkommen zu verhelfen. Sie hat darauf zu achten, dass trunksüchtige oder wegen ihres geistigen oder körperlichen Zustandes zu Rückfällen neigende Schützlinge in einer geeigneten Umgebung untergebracht und, wenn nötig, ärztlich betreut werden, Art. 48 Ziff. l Abs. l l. Bestimmt es das Gesetz nicht ausdrücklich anders, so ist der Höchstbetrag der Busse vierzigtausend Franken, Art. 49 ZifT, 3 und Ziff. 4 Im Falle der Umwandlung werden zwanzig Franken Busse einem Tag Haft gleichgesetzt, doch . . .

4. Sind die Voraussetzungen der Ziffer l des Artikels 41 gegeben, so kann der Richter im Urteil anordnen, dass der Eintrag der Verurteilung zu einer Busse im Strafregister zu löschen sei, wenn der Verurteilte bis zum Ablauf einer vom Richter anzusetzenden Probezeit von einem bis zu zwei Jahren nicht wegen einer während dieser Zeit begangenen strafbaren Handlung verurteilt wird und wenn die Busse bezahlt, abverdient oder erlassen ist.

Artikel 41, Ziffern 2 und 3 sind simigemäss anwendbar.

Die Löschung ist von der zuständigen Behörde des Urteilskantons von Amtes wegen vorzunehmen.

620

Art. 72 (Die Änderung betrifft nur den französischen Text)

Beginn

Ruhen und Unterbrechung

Löschung des Eintrags im Strafregistcr

Art. 74 Die Verjährung beginnt mit der Rechtskraft des Urteils. In Fällen bedingten Strafvollzugs oder des Vollzugs einer sichernden Massnalime beginnt sie mit der Anordnung des Strafvollzugs durch den Richter.

Art. 75 1. Die Verjährung einer Freiheitsstrafe ruht während des ununterbrochenen Vollzuges dieser oder einer ändern Freiheitsstrafe oder sichernden Massnahme, die gleichzeitig vollzogen wird, und während der Probezeit bei bedingter Entlassung.

2. Die Verjährung wird unterbrochen durch den Vollzug und durch jede auf Vollstreckung der Strafe gerichtete Handlung der Behörde, der die Vollstreckung obliegt.

Mit jeder Unterbrechung beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen. Jedoch ist die Strafe in jedem Falle verjährt, wenn die ordentliche Verjährungsfrist um die Hälfte überschritten ist.

Art. 80 1. Der Strafregisterführer löscht den Eintrag von Amtes wegen, wenn seit dem Urteil über die richterlich zugemessene Dauer der Freiheitsstrafe bei Zuchthaus oder Verwahrung nach Artikel 42 zwanzig Jahre, bei Gefängnis und den übrigen sichernden Massnahmen fünfzehn Jahre, bei Haft zehn Jahre verflossen sind. Bei Busse als Hauptstrafe wird der Eintrag zehn Jahre nach dem Urteil gelöscht.

2. Der Richter kann auf Gesuch des Verurteilten die Löschung verfügen, wenn das Verhalten des Verurteilten dies rechtfertigt und der Verurteilte den gerichtlich oder durch Vergleich festgestellten Schaden, soweit es ihm zuzumuten war, ersetzt hat, die Busse bezahlt oder abverdient und das Urteil bezüglich der Nebenstrafen vollzogen ist.

In diesen Fällen betragen die Fristen für die Löschung seit Vollzug des Urteils : bei Zuchthaus oder Verwahrung zehn Jahre; bei Gefängnis und den übrigen sichernden Massnahmen einschliesslich der Massnahme nach Artikel 100blB fünf Jahre; bei Haft oder Busse als Hauptstrafe zwei Jahre.

Die Löschung kann schon früher verfügt werden, wenn ein besonders verdienstliches Verhalten des Verurteilten dies rechtfertigt,

621

3. Der für die Löschung des zuletzt eingetragenen Urteils zuständige Richter ist befugt, auch die gleichzeitige Löschung der ändern Eintragungen zu verfügen, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind.

Art. 81 Abs. l und 2 1

Der Verbüssung der Strafe wird der Erlass durch Begnadigung gleichgestellt, bei der Busse auch der Ausschluss ihrer Umwandlung.

* Wenn sich ein bedingt Entlassener bewährt hat, so laufen die Fristen zur Stellung des Rehabilitationsgesuches vom Tag der bedingten Entlassung an. War der Verurteilte nach Artikel 42 verwahrt, so ist eine Rehabilitation nicht früher als fünf Jahre nach seiner endgültigen Entlassung zulässig.

Art. 82 1

Kinder, die das siebente Altersjahr noch nicht zurückgelegt Allgemeine haben, fallen nicht unter dieses Gesetz.

Bestimmungen a Begeht ein Kind, welches das siebente, aber nicht das fünfzehnte Altersjahr zurückgelegt hat, eine vom Gesetz mit Strafe bedrohte Tat, so gelten die nachstehenden Bestimmungen.

Art. 83 (Die Änderung betrifft nur den französischen Text) Art. 84 Bedarf das Kind einer besondern erzieherischen Betreuung, Eracnungsnamentlich wenn es erheblich gefährdet, verwahrlost oder schwer- nTMTManmcn erziehbar ist, so wird von der zuständigen Behörde eine der folgenden Massnahmen angeordnet: Erziehungshilfe, Unterbringung in einer geeigneten Familie oder in einem geeigneten Heim.

2 Durch Erziehungshilfe ist dafür zu sorgen, dass das Kind angemessen gepflegt, erzogen und unterrichtet wird.

1

Art. 85 Erfordert der Zustand des Kindes eine besondere Behand- Besondere lung, namentlich wenn das Kind geisteskrank, schwachsinnig, Behandlun« blind, taubstumm, epileptisch oder in seiner geistigen oder sittlichen Entwicklung ungewöhnlich zurückgeblieben oder gestört ist, so ordnet die zuständige Behörde die notwendige Behandlung an.

2 Diese Behandlung kann jederzeit auch neben den Massnahmen des Artikels 84 angeordnet werden.

1

Bundesblatt. 117.Jahrg, Bd.I.

45

622

Art. 86 Vollzug, Änderung und Beendigung der Maßnahmen

Disziplinarstrafen

Absehen von Maas nahmen und Disziplinarstrafen

Allgemeine Bestimmungen

1

Die zuständige Behörde überwacht in allen Fällen die Erziehung und die besondere Behandlung des Kindes.

2 Die zuständige Behörde kann jederzeit die getroffene Massnähme durch eine andere Massnahme ersetzen. Sie kann vorgängig die Beobachtung des" Kindes während einer gewissen Zeit anordnen.

3 Wenn das Kind das fünfzehnte Altersjahr zurückgelegt hat, können auf Anordnung der zuständigen Behörde die Massnahmen nach den Artikeln 91 bis 94 vollzogen werden.

* Die zuständige Behörde hebt die getroffenen Massnahmen auf, wenn sie ihren Zweck erreicht haben, spätestens jedoch mit dem zurückgelegten zwanzigsten Altersjahr. Bei Heimversorgung ist die Heinileitung anzuhören.

Art. 87 Bedarf das Kind weder einer Erziehungsmassnahme noch besonderer Behandlung, so erteilt ihm die zuständige Behörde, falls sie das Kind fehlbar findet, einen Verweis oder verhängt Arrest von einem bis zu sechs Halbtagen.

Art. 88 Die zuständige Behörde kann von jeder Massnahme oder Disziplinarstrafe absehen, wenn bereits eine geeignete Massnahme getroffen oder das Kind bestraft worden ist, wenn das Kind aufrichtige Reue betätigt, insbesondere den Schaden soweit möglich wieder gutgemacht hat, oder wenn seit der Tat drei Monate verstrichen sind.

Art. 89 Begeht ein Jugendlicher, der das fünfzehnte, aber nicht das neunzehnte Altersjahr zurückgelegt hat, eine vom Gesetz mit Strafe bedrohte Tat, so gelten die nachstehenden Bestimmungen.

Art. 90 (Die Änderung betrifft nur den französischen Text)

Erzichungsmaâsnahmen

Art. 91 1. Bedarf der Jugendliche einer besondern erzieherischen Betreuung, namentlich wenn er erheblich gefährdet, verwahrlost oder schwererziehbar ist, so wird von der zuständigen Behörde eine der folgenden Massnahmen angeordnet: Erziehungshilfe, Unterbrin-

623 gung in einer geeigneten Familie oder in einem geeigneten Heim oder Einweisung in eine Erziehungsanstalt.

Dem Jugendlichen können jederzeit bestimmte Weisungen erteilt werden, insbesondere über Erlernung eines Berufes, Aufenthalt, Verzicht auf alkoholische Getränke und Ersatz des Schadens innert bestimmter Frist.

Durch Erziehungshilfe ist dafür zu sorgen, dass der Jugendliche angemessen gepflegt, erzogen, unterrichtet und beruflich ausgebildet wird, dass er regelmässig arbeitet und seine Freizeit und seinen Verdienst angemessen verwendet.

2. Ist der Jugendliche besonders verdorben oder hat er ein Verbrechen oder ein schweres Vergehen begangen, das einen hohen Grad der Gefährlichkeit oder Schwererziehbarkeit offenbart, so ist er für mindestens zwei Jahre in eine Erziehungsanstalt einzuweisen.

Art. 92 1 Erfordert der Zustand des Jugendlichen eine besondere Behandlung, namentlich wenn der Jugendliche geisteskrank, schwachsinnig, blind, taubstumm, epileptisch, trunksüchtig oder in seiner geistigen oder sittlichen Entwicklung ungewöhnlich zurückgeblieben oder gestört ist, so ordnet die zuständige Behörde die notwendige Behandlung an.

2 Diese Behandlung kann jederzeit auch neben den Massnahmen des Artikels 91 angeordnet werden.

Art. 93 Die zuständige Behörde überwacht in allen Fällen die Erziehung und die besondere Behandlung des Jugendlichen.

2 Die zuständige Behörde kann jederzeit die getroffene Massnahme durch eine andere Maßnahme ersetzen. Sie kann vorgängig die Beobach ung des Jugendlichen während einer gewissen Zeit anordnen.

3 Ist ein Jugendlicher in eine Erziehungsanstalt oder in eine Anstalt zur Durchführung einer besondern Behandlung eingewiesen worden, so kann die zuständige Behörde die Massnahme in einer Arbeitserziehungsanstalt weiterführen lassen, wenn er das neunzehnte Altersjahr zurückgelegt hat.

1

Art. 93*" Erweist sich der nach Artikel 91 in eine Erziehungsanstalt oder nach Artikel 93 in eine Arbeitserziehungsanstalt Eingewiesene im Vollzug als ausserordentlich schwer erziehbar, so kann ihn die zuständige Behörde nach Einholung eines Gutachtens in eine Erziehungsanstalt für besonders Schwierige versetzen. Gleicherweise

Besondere Behandlung

Vollzug.

Änderung der Massnahmcn und Versetzung

Versetzung in eine Erzlenungsanstalt für besonders Schwierige oder in eine Strafanstalt

624

kann auch ein nach Artikel 84 in ein Erziehungsheim Eingewiesener, der das fünfzehnte Altersjahr zurückgelegt hat, in diese Anstalt versetzt werden.

Erweist sich der Minderjährige nach zurückgelegtem sechzehnten Altersjahr in der Erziehungsanstalt als untragbar und gehört er nicht in die Anstalt für besonders Schwierige, so kann ihn die zuständige Behörde in eine Strafanstalt versetzen. Eine vorübergehende Versetzung kann auch aus disziplinarischen Gründen erfolgen, sofern keine dafür geeignete Erziehungsanstalt oder Abteilung einer solchen zur Verfügung steht.

Art, 94 Entlassung aus der Erziehungsanstalt und Beendigung ' der ändern Maßnahmen

1. Hat der Jugendliche mindestens ein Jahr in der Erziehungsanstalt zugebracht, im Falle der Einweisung nach Artikel 91 Ziffer 2 mindestens zwei Jahre, und ist der Zweck der Massnahme erreicht, so kann ihn die zuständige Behörde nach Anhörung der Anstaltsleitung bedingt entlassen. Sie bestimmt eine Probezeit bis zu drei Jahren, im Falle der Einweisung gemäss Artikel 91 7,iffer 2 bis zu fünf Jahren. Sie stellt den Entlassenen unter Erziehungshilfe oder ordnet seine Unterbringung in einer Familie oder in einem geeigneten Heim an. Damit können Weisungen nach Artikel 91 Ziffer l Absatz 2 verbunden werden.

Bei Versetzung des Jugendlichen in eine Anstalt für besonders Schwierige oder in eine Strafanstalt nach Artikel 93biB richten sich Mindestdauer und Probezeit danach, ob der Jugendliche durch die urteilende Behörde nach Artikel 91 Ziffer l oder Ziffer 2 in eine Erziehungsanstalt eingewiesen wurde. Der Aufenthalt in der Erziehungsanstalt ist anzurechnen.

2. Handelt der Entlassene innerhalb der Probezeit trotz förmlicher Mahnung der zuständigen Behörde den ihm erteilten Weisungen zuwider oder missbraucht er in anderer Weise die Freiheit, so kann ihn die zuständige Behörde verwarnen, ihm bestimmte Weisungen erteilen, ihn in eine Anstalt zurückversetzen oder eine neue Massnahme anordnen.

Nötigenfalls kann die zuständige Behörde die Probezeit höchstens bis auf drei Jahre, aber nicht über das dreiundzwanzigste Altersjahr hinaus verlängern. Wurde der bedingt zu Entlassende nach Artikel 91 Ziffer 2 in eine Erziehungsanstalt eingewiesen, kann die Probezeit bis auf fünf Jahre verlängert werden, aber nicht über das fünfundzwanzigste Altersjahr hinaus.

3. Bewährt sich der Entlassene bis zum Ablauf der Probezeit, so ist er endgültig entlassen. Die zuständige Behörde verfügt die Löschung des Eintrags im Strafregister.

625

4. Die Einweisung in eine Erziehungsanstalt nach Artikel 91 Ziffer l ist spätestens mit dem zurückgelegten dreiundzwanzigsten Altersjahr aufzuheben, die Einweisung nach Artikel 91 Ziffer 2 mit dem f ünfundzwanzigsten Altersjahr,.

Die zuständige Behörde hebt die übrigen Massnahmen auf, wenn sie ihren Zweck erreicht haben, spätestens aber mit dem zurückgelegten dreiundzwanzigsten Altersjahr Bei der probeweisen Entlassung aus einer Anstalt nach Artikel 92 sind die Bestimmungen der Ziffern l bis 3 hiervor entsprechend anwendbar. Die zuständige Behörde kann die Rückversetzung auch anordnen, wenn es sich herausstellt, dass der Zustand des Zöglings dies erfordert.

Art. 95 1. Bedarf der Jugendliche weder einer Erziehungsmassnahme strirTM noch besonderer Behandlung, so erteilt ihm die zuständige Behörde, falls sie den Jugendlichen fehlbar findet, einen Verweis oder bestraft ihn mit Busse oder mit Einschliessung von einem Tag bis zu einem Jahr. Einschliessung und Busse können verbunden werden.

Mit der Einschliessung bis zu einem Monat oder Busse kann Erziehungshilfe verbunden werden.

Begeht ein Jugendlicher, für den schon eine Massnahme angeordnet ist, eine neue strafbare Tat und genügt die Weiterführung der Massnahme oder ihre Änderung allein nicht, so kann er mit Busse oder mit Einschliessung bestraft werden: Ist er in einer Anstalt versorgt, so ist deren Leiter anzuhören.

Entzieht sich der Jugendliche böswillig und beharrlich einer Massnahme, so kann ihn die zuständige Behörde mit EinSchliessung bestrafen.

2. Wenn die zuständige Behörde den Jugendlichen mit Busse bestraft, so sind die Artikel 48 bis 50 dieses Gesetzes anzuwenden.

Doch tritt im Falle der Umwandlung an Stelle der Haft die Einschliessung.

3. Die Einschliessung wird in einem für Jugendliche geeigneten Raum vollzogen, auf keinen Fall in einer Straf- oder Verwahrungsanstalt. Einschliessung von mehr als einem Monat ist in einer Erziehungsanstalt zu vollziehen. Nach vollendetem neunzehnten Altersjahr kann die Einschliessung in einem Haftlokal vollzogen werden, bei Einschliessung von mehr als einem Monat in einer Arbeitserziehungsanstalt.

Der Jugendliche wird angemessen beschäftigt und erzieherisch betreut.

Wird die Einschliessung binnen drei Jahren nicht vollzogen, so fällt sie dahin.

626

4. Sind zwei Drittel der Einschliessung verbüsst worden, mindestens aber ein Monat, so kann die zuständige Behörde von sich aus oder auf Antrag, nach Anhören des Anstaltsleiters, die bedingte Entlassung gewähren. Die zuständige Behörde bestimmt eine Probezeit bis zu drei Jahren; sie stellt den Entlassenen unter Schutzaufsicht und kann ihm Weisungen nach Artikel 91, Ziffer l, Absatz 2, erteilen.

Handelt der Entlassene während der Probezeit trotz förmlicher Mahnung der zuständigen Behörde den ihm erteilten Weisungen zuwider, oder täuscht er in anderer Weise das auf ihn gesetzte Vertrauen, so verfügt die zuständige Behörde die Rückversetzung. In leichten Fällen kann sie statt dessen den Jugendlichen verwarnen, ihm weitere Weisungen erteilen oder die Probezeit höchstens um die Hälfte der festgesetzten Dauer verlängern. Vorbehalten bleibt die Anordnung einer Massnahme, wenn deren Voraussetzungen erfüllt sind.

Bewährt sich der Entlassene bis zum Ablauf der Probezeit, so ist er endgültig entlassen. Die zuständige Behörde verfügt die Löschung des Eintrags im Strafregister.

Art. 96 Bedingter Strafvollzug

1. Die zuständige Behörde kann die Einschliessung und den Vollzug der Busse aufschieben und eine Probezeit bis zu drei Jahren bestimmen, wenn nach Aufführung und Charakter des Jugendlichen zu erwarten ist, dass er keine weiteren strafbaren Handlungen begehen werde, insbesondere wenn er vorher noch keine oder nur geringfügige strafbare Handlungen begangen hat.

2. Der Jugendliche wird unter Schutzaufsicht gestellt, wenn nicht besondere Umtände eine Ausnahme begründen. Dem Jugendlichen können Weisungen gemäss Artikel 91, Ziffer l, Absatz 2, erteilt werden.

3. Handelt der Jugendliche während der Probezeit trotz förmlicher Mahnung der zuständigen Behörde den ihm erteilten Weisungen zuwider, oder täuscht er in anderer Weise das auf ihn gesetzte Vertrauen, so verfügt die Behörde den Vollzug der Strafe.

Statt den Strafvollzug anzuordnen, kann die zuständige Behörde in leichten Fällen den Jugendlichen verwarnen, ihm weitere Weisungen erteilen oder die Probezeit höchstens um die Hälfte der festgesetzten Dauer verlängern.

Vorbehalten bleibt die Anordnung einer Massnahme, wenn deren Voraussetzungen erfüllt sind.

4. Bewährt sich der Jugendliche bis zum Ablauf der Probezeit, so verfügt die Behörde die Löschung des Eintrags im Strafregister.

627

Art. 97 1

Kann nicht mit Sicherheit beurteilt worden, ob der Jugend- Aufschub des liehe einer der vorgesehenen Massnahmen bedarf oder ob er zu Q^Maï8 bestrafen ist, so kann die zuständige Behörde den Entscheid hier- nahmen oder über aufschieben. Sie setzt eine Probezeit bis zu drei Jahren fest trafen und kann ihm Weisungen nach Artikel 91, Ziffer l, Abstz 2, erteilen.

Die weitere Entwicklung des Jugendlichen wird überwacht.

2 Bewährt sich der Jugendliche während der Probezeit nicht, so verhängt die Behörde Einschliessung oder Busse oder eine der vorgesehenen Massnahmen.

3 Bewährt sich der Jugendliche bis zum Ablauf der Probezeit, so beschliesst die zuständige Behörde von jeder Massnahme oder Strafe abzusehen.

Art. 98 Ist weder eine Massnahme noch eine Strafe notwendig, so kann die zuständige Behörde davon absehen, namentlich wenn bereits eine geeignete Massnahme getroffen oder der Jugendliche bestraft worden ist, wenn der Jugendliche den Schaden durch eigene Leistung soweit möglich wiedergutgemacht hat, oder wenn seit der Tat ein Jahr verstrichen ist.

Absehen von Massnahmeu und Strafen

Art. 99

1. Der Strafregisterführer löscht den Eintrag von Amtes wegen, wenn seit dem Urteil fünf Jahre, bei Einweisung in eine Anstalt nach Artikel 91, Ziffer 2 zehn Jahre verflossen sind.

2. Die zuständige Behörde kann auf Gesuch die Löschung schon nach zwei Jahren seit Vollzug des Urteils verfügen, wenn das Verhalten des Täters dies rechtfertigt und wenn er den behördlich oder durch Vergleich festgestellten Schaden, soweit es ihm zuzumuten war, ersetzt hat.

Hat der Täter bei Beendigung der Erziehungsmassnahme das zwanzigste Altersjahr überschritten, so kann die zuständige Behörde die Löschungsfrist verkürzen.

3. Die zuständige Behörde kann im Urteil gleichzeitig die Löschung verfügen, wenn besondere Umstände es rechtfertigen, insbesondere wenn der Täter nur eine leichte strafbare Handlung begangen hat.

Löschung des Eintrags im Slrafregistcr

628

Fünfter Titel Behandlung der Neunzehn- bis Fünfundzwanzigjährigen

Allgemeine Bestimmungen

Einweisung indie Arboiia-

erziehungsanstali

Art. 100 1. Hat der Täter zur Zeit der Tat das neunzehnte, aber nicht das fünfundzwanzigste Altersjahr zurückgelegt, so gelten die allgemeinen Bestimmungen des Gesetzes mit folgenden Ausnahmen.

2. Der Richter macht die nötigen Erhebungen über das Verhalten des Täters, seine Erziehung und seine Lebensverhältnisse; er zieht Berichte und Gutachten über dessen körperlichen und geistigen Zustand ein.

3. Der Richter kann die Strafe nach den Bestimmungen des Artikels 65 mildern. Ist für die Tat lebenslängliche Zuchthausstrafe angedroht, so beträgt die Mindestdauer fünf Jahre Zuchthaus.

4. Trunksüchtige sind, soweit eine Arbeitserziehungsanstalt nicht in Frage kommt, vom Richter in eine Heil- oder Pflegeanstalt einzuweisen.

5. Artikel 42 über die Verwahrung von Gewohnheitsverbrechern und Artikel 43 über Massnahmen an geistig Abnormen sind anwendbar.

6. Der Richter kann von jeder Strafe oder Massnahme absehen, wenn seit der Tat die Hälfte der Verjährungsfrist abgelaufen ist.

Art. 100»'8 1. Ist der Täter in seiner charakterlichen Entwicklung erheblich gefährdet, ist er verwahrlost, schwererziehbar, liederlich oder arbeitsscheu, so kann ihn der Richter an Stelle der Strafe auf unbestimmte Zeit in eine Arbeitserziehungsanstalt einweisen, wenn er das f ünfundzwanzigste Altersjahr noch nicht zurückgelegt hat und voraussichtlich zur Arbeit erzogen werden kann und wenn er vorher weder eine Zuchthausstrafe verbüsst hat noch einer Massnahme nach Artikel 42 oder nach Artikel 91 Ziffer 2 unterworfen war.

Der Richter zieht über Erziehung und Leben des Täters genaue Berichte ein und lässt dessen körperlichen und geistigen Zustand sowie die Erziehbarkeit zur Arbeit begutachten.

2. Die Arbeitserziehungsanstalt ist von den übrigen Anstalten dieses Gesetzes getrennt zu führen.

3. Der Eingewiesene wird zur Arbeit erzogen. Dabei ist auf seine Fähigkeiten Rücksicht zu nehmen; er soll in Stand gesetzt werden, in der Freiheit seinen Unterhalt zu erwerben. Seine cha-

629

rakterliche Festigung, seine geistige und körperliche Entwicklung sowie seine beruflichen Kenntnisse sind nach Möglichkeit zu fördern. Er bringt in der Regel die Nachtruhe in Einzelhaft zu.

Dem Eingewiesenen kann eine berufliche Ausbildung oder Tätigkeit ausserhalb der Anstalt ermöglicht werden.

4. Widersetzt sich der Eingewiesene beharrlich der Anstaltsdisziplin oder erweist er sich gegenüber den Erziehungsmethoden der Arbeitserziehungsanstalt als unzugänglich, so kann die zuständige Behörde die Massnahme in einer Strafanstalt vollziehen lassen.

Fällt der Grund der Versetzung dahin, so kann die zuständige Behörde den Eingewiesenen in die Arbeitserziehungsanstalt zurückversetzen.

5. Ist anzunehmen, der Eingewiesene sei zur Arbeit tüchtig und willig und werde sich in der Freiheit wohl verhalten, so kann ihn die zuständige Behörde für ein bis drei Jahre bedingt entlassen. Sie stellt den bedingt Entlassenen unter Schutzaufsicht.

Begeht der Entlassene während .der Probezeit eine strafbare Handlung, so ordnet der Richter eine neue Einweisung in eine Arbeitserziehungsanstalt an oder spricht eine Strafe, wenn nötig in Verbindung mit einer sichernden Massnahme aus. Die Rückversetzung in die Arbeitserziehungsanstalt durch die zuständige Behörde gemäss Absatz 3 bleibt vorbehalten.

Handelt der Entlassene während der Probezeit trotz förmlicher Mahnung der zuständigen Behörde einer ihm erteilten Weisung zuwider, entzieht er sich beharrlich der Schutzaufsicht oder täuscht er in anderer Weise das auf ihn gesetzte Vertrauen, so ordnet die zuständige Behörde die Rückversetzung an. In leichten Fällen kann von einer Rückversetzung Umgang genommen werden.

Die Rückversetzung dauert höchstens zwei Jahre. Die Gesamtdauer der Massnahme darf in keinem Fall sechs Jahre überschreiten und ist von der zuständigen Behörde jedenfalls mit dem zurückgelegten dreissigsten Altersjahr des Eingewiesenen aufzuheben.

Wird von der Rückversetzung Umgang genommen, so kann die zuständige Behörde statt dessen den Entlassenen verwarnen, ihm weitere Weisungen erteilen oder die Probezeit höchstens um die Hälfte der ursprünglich festgesetzten Dauer verlängern.

6. Sind die Voraussetzungen der bedingten Entlassung nach drei Jahren Aufenthalt in der Anstalt noch nicht eingetreten, so hat die zuständige Behörde zu entscheiden, ob die Massnahme aufzuheben oder fortzusetzen sei. Falls die Massnahme fortgesetzt werden soll, ist sie jeweils um ein Jahr zu verlängern, höchstens aber zweimal.

630 Spätestens nach Ablauf von fünf Jahren und jedenfalls mit dem zurückgelegten dreissigsten Altersjahr des Eingewiesenen wird die Massnahme von der zuständigen Behörde aufgehoben.

7. In allen Fällen der Aufhebung ist Artikel 38M9 anwendbar.

8. Sind seit der Verurteilung, dem Rückversetzungsbeschluss oder der Unterbrechung der Massnahme mehr als drei Jahre verflossen, ohne dass deren Vollzug begonnen oder fortgesetzt werden konnte, so entscheidet der Richter, ob die Massnahme noch nötig ist. Er kann auch nachträglich eine Strafe aussprechen oder eine andere Massnahme anordnen, wenn deren Voraussetzungen erfüllt sind.

· Im gleichen Sinne entscheidet der Richter, wenn die Arbeitserziehungsmassnahme aus irgendeinem Grunde schon vor Ablauf von drei Jahren aufgehoben werden muss, ohne dass die Voraussetzungen für die bedingte Entlassung erfüllt sind, 9. Die Ziffern 1,2,4 und 5 des Artikels 45 sind anwendbar.

BUSSE

Art. 106 * Bestimmt es das Gesetz nicht ausdrücklich anders, so ist der Höchstbetrag der Busse viertausend Franken.

2 Handelt der Täter aus Gewinnsucht, so ist der Richter an diesen Höchstbetrag nicht gebunden.

3 Ordnet der Richter nach Artikel 49 Ziffer 4 an, dass der Eintrag im Strafregister bei Bewährung zu löschen ist, so beträgt die Probezeit ein Jahr.

Art. 361 Massnahmen In das Strafregister sind auch aufzunehmen die gegenüber TMgemuich"n ° Jugendlichen wegen eines Verbrechens oder Vergehens verhängten Massnahmen und Strafen, mit Ausnahme des Verweises und der Busse.

Art. 363. Abs. 4 4 Ein gelöschter Eintrag darf nur Untersuchungsämtern, Strafgerichten, Strafvollzugsbehörden und den für die Rehabilitation und die Löschung zuständigen Gerichten mitgeteilt werden, unter Hinweis auf die Löschung, und nur wenn die Person, über die Auskunft verlangt wird, in dem Strafverfahren Beschuldigter oder dem Strafvollzug Unterworfener ist oder wenn ein Verfahren zur Rehabilitation oder Löschung hängig ist. Ferner sind hiezu auch die für die Erteilung oder den Entzug von Führerausweisen gemäss Artikel 14 und 16 des Strassenverkehrsgesetzes vom 19. Dezember 1958 zuständigen Verwaltungsbehörden befugt.

631

Art. 366tl3 1

Zustandig fiir die Beurteilung der Neunzehn- bis Funfundzwanzigjahrigen ist der ordentliche Richter.

2 Die ortliche Zustandigkeit richtet sich nach Artikel 372 Ziffer 1.

Zusiandjge Bchijrden und Verfahren l>ei der Beurleilung der Neunzehnbis Funfundzwanzigjahrigen

Art. 368 Die Kantone bestimmen, unter Vorbehalt der Unterstutzungspflicht der Verwandten (Zivilgesetzbuch, Artikel 328), wer die Kosten des Vollzuges von Strafen und sichernden Massnahmen zu tragen hat, wenn weder der Betrofiene selbst, noch, falls er unmiindig ist, die Eltern die Kosten bestreiten konnen.

Kosteutragung

Art, 370 Zur Durchf iihrung der Erziehungshilfe und der Schutzaufsicht konnen freiwillige Vereinignngen und geeignete Privatpersonen herangezogen werden.

Mitwirkung frciwilligcr Vereinigungen

Art. 371, Abs. 2, aufgehoben

Art. 372 1. Strafbare Handlungen, die von Kindern und Jugendlichen veriibt werden, sind in der Regel am Wohnsitz oder, wenn das Kind oder der Jugendliche sich dauernd an einem andern Ort aufhalt, am Aufenthaltsort zu verfolgen, Ubertretungen jedoch am Begehungsort, sofern nicht besondere Umstande eine Verfolgung am Orte des Wohnsitzes oder des Aufenthaltes rechtfertigen.

In Ermangelung eines Wohnsitzes oder ernes dauernden Aufenthaltes finden die allgemeinen Bestinimungen iiber den Gerichtsstand Anwendung.

Bestehen zwischen Kantonen Anstande iiber die Zustandigkeit, so entscheidet der Bundesrat.

2. Halt sich der Beschuldigte nicht dauernd in der Schweiz auf, so kann die schweizerische Behorde von einer Strafverfolgung absehen, wenn die zustandige Behorde des Staates, in dem sich der Tater dauernd aufhalt, em Verfahren wegen dieser Tat eingeleitet hat oder einzuleiten sich bereit erklart.

Zustandigkeit der Behorden

Art. 373 Die Kantone bestimmen, unter Vorbehalt der Unterstiitzungs- Kostentragung pflicht der Verwandten, wer die Kosten der gegen Kinder und Jugendliche angeordneten Massnahmen und Strafen zu tragen hat,

632

wenn weder der Versorgte noch die Eltern die Kosten bestreiten können (Zivilgesetzbuch, Artikel 284).

Art. 375 Abs. 2 Hat der Angeklagte in trölerischer Weise ein Rechtsmittel ergriffen, so wird die Dauer der dadurch verlängerten Sicherheitshaft nicht imgereiimcl.

Art. 376 2. Verdienstantcil.

Grundsatz

Nach diesem Gesetz in eine Anstalt eingewiesenen Personen soll für die ihnen zugewiesene Arbeit, welches auch die Art ihrer Beschäftigung ist; bei gutem Verhalten und befriedigender Arbeitsleistung ein Verdienstanteil zukommen, dessen Höhe von den Kantonen bestimmt wird.

Art. 377 (nur Randtitel)

Verwendung während des Freizeitentzugfi 3. Schutzaufsicht

Art. 379 1. Die Kantone haben die Schutzaufsicht für die gesetzlich vorgesehenen Fälle einzurichten.

Die Schutzaufsicht darf nicht der Polizei übertragen werden.

Für jeden Schützling wird ein Schutzaufseher bezeichnet.

2. Die Schutzaufsicht ist von dem Kanton auszuüben, der sie verfügt hat. Dieser Kanton ist auch zuständig, wenn der Schützling dort weder Heimatrecht noch Wohnsitz hat. Vorbehalten bleiben die Möglichkeit der Abtretung des Strafvollzuges an einen ändern Kanton und die Regelung des Vollzuges bei Zusammentreffen mehrerer Strafen und Massnahmen.

Übersiedelt der Schützling in einen ändern Kanton, so hat dessen Schutzaufsichtsamt auf Ersuchen des Kantons, der die Schutzaufsicht verfügt hat, bei der Bestellung des Schutzaufsehers mitzuhelfen.

Ist der Schützling aus dem Vollzugskanton ausgewiesen, so bleibt die Ausweisung für die Dauer der Schutzaufsicht aufgeschoben.

3. Die Kantone können die Schutzaufsicht freiwilligen Vereinigungen übertragen, welche die erforderliche Gewähr bieten.

Art. 382

1. Anstalten.

Pflicht der Kantone zur Errichtung

1

Die Kantone sorgen dafür, dass sie den Vorschriften dieses Gesetzes entsprechenden Anstalten zur Verfügung stehen.

2 Die Kantone können über die gemeinsame Errichtung von Anstalten Vereinbarungen treffen.

633 Art. 384 liber die Einweisung in Trinkerheilanstalten, andere Heilanstalten und Pflegeanstalten, in Heime fur die zeitweilige Unterbringung bedingt Entlassener oder Entlassungsanwarter, in Erziehungsanstalten fur Kinder und f iir Jugendliche, Beobachtungsanstalten, Jugenderziehungsanstalten fur besonders Schwierige sowie Arbeitserziehungsatistalten filr Frauen konnen die Kantone mit Privatanstalten, die den Anforderungen dieses Gesetzes entsprechen, Vereinbarungen treffen.

Art. 385 Die Kantone haben dafiir zu sorgen, dass fiir die Einschliessung Jugendlicher (Artikel 95) geeignete Raume oder Anstalten zur Verfugung stehen.

Art. 386 1. Der Bund leistet Beitrage an die Errichtung und den Ausbau der in diesem Gesetz vorgesehenen offentlichen Anstalten.

Die Beitrage sollcn iiicht iibei stcigen: f iir Strafanstalten 50 Prozent, fur Anstalten zum Vollzug sichernder Massnahmen 50 Prozent, fur Anstalten fiir Kinder und Jugendliche 50 Prozent, f iir Jugenderziehungsanstalten fiir besonders Schwierige 70 Prozent.

2. Die Beitrage werden, mit Ausnahme der Anstalten fiir Kinder und Jugendliche, nach Massgabe der auf Grund dieses Gesetzes erfolgten Einweisungen berechnet. 1m iibrigen stellt der Bundesrat die Bedingungen fest, unter denen die Leistung der Beitrage erfolgt. Er kann namentlich bestimmen, dass auch Eingewiesene aus andern Kantonen in solche Anstalten aufgenommen werden.

3. Fiir die Kollisionen mit Beitragen auf Grund anderer Bundesgesetze kann der Bundesrat Bestimmungen erlassen.

Art. 387 Der Bund kann Beiträge leisten an die Errichtung und den Ausbau von privaten Anstalten, die den Anforderungen dieses Gesetzes entsprechen.

Art. 388 Der Bund kann Beitrage leisten an den Betrieb der in diesem Gesetz vorgesehenen Arbeitserziehungs- und Trinkerheilanstalten sowie Anstalten f iir Kinder und Jugendliche.

2. Raume und Anstalten fur die Einschliessung Jugendlicher

3. Beitragc an den Bau von ofTentlichen Anstalten

Beitrage an den Bau von privaten Anstalten

Beitrage an den Betrieb von Anstalten

634 Art 389, aufgehoben

Art. 390 Förderung der Ausbild ung

5, Aufsicht des Kantons

Ansialtsreformen

Der Bund fördert und unterstützt die Heranbildung und Fortbildung der im Straf- und Massnahmenvollzug tätigen Personen.

Art. 391 Die Kantone haben die für den Vollzug von erzieherischen und sichernden Massnahmen bestimmten Privatanstalten, sowie die Erziehungshilfe und die Unterbringung in einer Familie (Artikel 84 und 91) einer sachgemässen, insbesondere auch ärztlichen Aufsicht zu unterstellen.

Art. 393 Nach Anhörung der Kantone bestimmt der Bundesrat, welche Anstaltsreforrnen der einzelne Kanton durchzuführen und auf welchen Zeitpunkt er ihre Durchführung zu beenden hat. Diese Anordnungen des Bundesrates können von der Kantuusregieniug innert sechzig Tagen nach ihrer Mitteilung an die Bundesversammlung weitergezogen werden.

Elfter Titel Ergänzende und Schlussbestimmungen

Befugnis des Bundesraies zum ErläSS von ergänzenden Bestimmungen

Art. 397blB 1 Der Bundesrat ist befugt, ergänzende Bestimmungen aufzustellen, insbesondere Über a. den Vollzug von Gesamtstrafen, Zusatzstrafen und mehreren gleichzeitig vollziehbaren Einzelstrafen und Massnahmen, b. die Übernahme des Vollzuges von Strafen und Massnahmen durch einen ändern Kanton, c. die Beteiligung des Heimat- und Wohnkantons des Verurteilten an den Kosten des Vollzuges von Strafen und Massnahmen, d. das Vorgehen, wenn ein Täter zwischen der Begehung der Tat und der Beurteilung oder während des Vollzuges einer Strafe oder Massnahme von einer Altersstufe in eine andere übertritt, sowie wenn die strafbaren Handlungen in verschiedenen Altersstufen verübt wurden,

635 e. den tageweisen Vollzug von Haftstrafen und Einschliessungsstrafen von nicht mehr als zwei Wochen, sowie den Vollzug von Einschliessungsstrafen in besondern Lagern und ähnlichen Einrichtungen, f. und den Vollzug von Strafen und Massnahmen an kranken Personen.

2 Der Bundesrat kann für den Vollzug der Strafen in Frauenanstalten und in Anstalten des Kantons Tessin auf Antrag der zuständigen kantonalen Behörde Abweichungen von den Bestimmungen des Gesetzes gestatten.

n.

1

Die nach diesem Gesetz erforderlichen Anstaltsreformen sind von den Kantonen so bald als möglich, spätestens jedoch innert zehn Jahren nach Inkrafttreten der revidierten Bestimmungen durchzuführen. Der Bundesrat trifft für die Zwischenzeit die nötigen Anordnungen.

2 Im übrigen bestimmt sich das Verhältnis der neuen Bestimmungen zum bisherigen Recht nach den Regeln der Artikel 336, Buchstabe e, 337 und 338.

m.

Dieses Gesetz tritt am in Kraft. Die Frist des Artikels 393, Absatz l des Schweizerischen Strafgesetzbuches vom 21. Dezember 19371) wird bis zu diesem Zeitpunkt verlängert.

. ^BS 3, 203; AS 1962, 24.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über eine Teilrevision des Schweizerischen Strafgesetzbuches (Vom 1. März 1965)

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Jahr

1965

Année Anno Band

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Volume Volume Heft

11

Cahier Numero Geschäftsnummer

9183

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

18.03.1965

Date Data Seite

561-635

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