Weisungen der Bundeskanzlei über die Sprachdienstleistungen (Sprachweisungen) vom 27. März 2017

Die Bundeskanzlei, gestützt auf die Artikel 8 Absatz 3 und 11 Absatz 3 der Sprachdiensteverordnung vom 14. November 20121 (SpDV) und auf Artikel 2 Absatz 2 zweiter Satz der Sprachenverordnung vom 4. Juni 2010 2 (SpV), erlässt die folgenden Weisungen:

1

Zweck, Gegenstand und Geltungsbereich

1.1

Mit diesen Weisungen soll bei den Sprachdienstleistungen der Bundesverwaltung eine einheitliche Praxis sichergestellt werden.

1.2

Zu diesem Zweck legen diese Weisungen fest: a. die redaktionellen und formalen Standards für die amtlichen Veröffentlichungen und für weitere Texte des Bundes; b. die Prioritäten und die Auswahlkriterien für die Übersetzungs- und die andern Sprachdienstleistungen für diejenigen Texte, die nicht der Sprachen- oder der Publikationsgesetzgebung unterstehen; c. die Regeln für die Vergabe von Aufträgen an Externe.

1.3

Diese Weisungen gelten für die Einheiten der zentralen und der dezentralen Bundesverwaltung nach den Artikeln 7­8 der Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung vom 25. November 19983.

1.4

Sie richten sich namentlich an: a. die Sprachdienste der Bundesverwaltung; b. alle andern Einheiten der Bundesverwaltung, soweit sie Texte des Bundes selber produzieren oder Sprachdienstleistungen in Auftrag geben; c. Externe, die von der Bundesverwaltung mit Sprachdienstleistungen beauftragt werden.

1 2 3

SR 172.081 SR 441.11 SR 172.010.1

2017-0628

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Sprachweisungen

2

BBl 2017

Redaktionelle und formale Qualitätsstandards (Art. 7 Abs. 2 SpDV, Art. 2 Abs. 2 zweiter Satz SpV)

2.1

Die Bundeskanzlei erarbeitet für die drei Amtssprachen des Bundes, für Rätoromanisch und für Englisch redaktionelle und formale Vorgaben 4 und führt diese laufend nach.

2.2

Diese Vorgaben sind in den amtlichen Veröffentlichungen im Bundesblatt (BBl), in der Amtlichen Sammlung (AS) und in der Systematischen Sammlung (SR) des Bundesrechts zwingend zu beachten, gleichgültig, von wem die Texte ausgehen.

2.3

Zwingende Vorgaben sind:

2.3.1

für Deutsch: a. Gesetzestechnische Richtlinien, b. Schreibweisungen. Weisungen der Bundeskanzlei zur Schreibung und zu Formulierungen in den deutschsprachigen amtlichen Texten des Bundes, c. Rechtschreibung. Leitfaden zur deutschen Rechtschreibung, d. Botschaftsleitfaden. Leitfaden zum Verfassen von Botschaften des Bundesrates (Botschaftsschemas und Regeln für die formale Textgestaltung);

2.3.2

für Französisch: a. Directives de technique législative, b. Instructions de la Chancellerie fédérale sur la présentation des textes officiels en français, c. Aide-mémoire sur la présentation des messages du Conseil fédéral (schémas de message et règles applicables à la présentation formelle);

2.3.3

für Italienisch: a. Direttive di tecnica legislativa, b. Istruzioni della Cancelleria federale per la redazione dei testi ufficiali in italiano, c. Guida per la redazione dei messaggi del Consiglio federale (schemi per messaggi e regole formali).

2.4

Die Bundeskanzlei stellt weitere Leitfäden und Hilfsmittel für die verschiedenen Sprachen zur Verfügung, namentlich: a. zum geschlechtergerechten Formulieren; b. zur Gestaltung und zur Formulierung von Erlasstexten; c. zur Rechtschreibung in rätoromanischen Texten; d. zur Rechtschreibung und zur Formulierungsweise in englischen Texten; e. zu Fragen der allgemeinen und der mehrsprachigen Terminologie.

4

Zu finden auf der Website der Bundeskanzlei unter www.bk.admin.ch.

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Sprachweisungen

3

BBl 2017

Sprachen (Art. 8 Abs. 3 SpDV)

3.1

Die Sprachen, in denen die Texte des Bundes bereitzustellen sind, richten sich in erster Linie nach der Sprachen- und der Publikationsgesetzgebung des Bundes.

3.2

Die Sprachen der Texte im Zusammenhang mit Bundesratsgeschäften richten sich nach den Richtlinien für Bundesratsgeschäfte (Roter Ordner)5.

3.3

Die Richtlinien des Roten Ordners gelten sinngemäss auch für Geschäfte auf unterer Stufe, insbesondere für die Erarbeitung von Verordnungen von Departementen, Ämtern und Einheiten der dezentralen Bundesverwaltung, die in der AS veröffentlicht werden, sowie für Weisungen, Kreisschreiben und Richtlinien.

3.4

Interne Informationen, deren Verständnis für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bundesverwaltung unverzichtbar ist, insbesondere Texte, die das Personalrecht betreffen, werden in den drei Amtssprachen zur Verfügung gestellt.

3.5

Texte, die für das interne Funktionieren der Bundesverwaltung bestimmt sind und die nicht unter die Ziffern 3.1­3.4 fallen, werden nicht übersetzt, wenn zumindest zwei der folgenden Voraussetzungen erfüllt sind: a. Der Text richtet sich an eine einzelne Person oder an eine kleine Personengruppe.

b. Der Text richtet sich an Personen des mittleren oder höheren Kaders.

c. Der Text hat einen informellen Gehalt.

3.6

Der Anhang führt Beispiele von Textsorten auf, deren Übersetzung nicht nötig und dem Ermessen der Departemente überlassen ist.

4

Aufträge an Externe (Art. 11 Abs. 3 SpDV)

4.1

Allgemeine Bestimmungen

4.1.1

In dieser Ziffer wird die Vergabe von Aufträgen der zuständigen Verwaltungseinheiten des Bundes (Auftraggeberinnen) an externe Übersetzerinnen und Übersetzer und andere externe Sprachfachleute (Auftragnehmerinnen und Auftragnehmer) geregelt.

4.1.2

Für die Vergabe dieser Aufträge gelten die Gesetzgebung über das öffentliche Beschaffungswesen des Bundes und der Verhaltenskodex Bundesverwaltung vom 15. August 20126.

5 6

Nur im Intranet der Bundesverwaltung veröffentlicht, unter http://intranet.bk.admin.ch BBl 2012 7873

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Sprachweisungen

4.2

BBl 2017

Anforderungen an die Auftragnehmerinnen und Auftragnehmer

4.2.1

Die Auftragnehmerinnen und Auftragnehmer müssen ausreichend qualifiziert sein. Sie sind ausreichend qualifiziert, wenn sie: a. über einen Hochschulabschluss verfügen, wie er von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Sprachdienste der Bundesverwaltung verlangt wird; b. über berufliche Erfahrungen verfügen, die einen Abschluss nach Buchstabe a aufwiegen, oder über die spezifischen Kenntnisse verfügen, die für die Bearbeitung eines bestimmten Fachtextes nötig sind.

4.2.2

Vor einer Zusammenarbeit prüfen die zuständigen Verwaltungseinheiten, ob die Auftragnehmerin oder der Auftragnehmer die Anforderungen erfüllt.

4.2.3

Die zuständigen Verwaltungseinheiten können Aufträge an Externe, die zugleich Angestellte der Bundesverwaltung sind, nur dann vergeben, wenn diese bei der Bundesverwaltung lediglich Teilzeit arbeiten. Diese Angestellten melden ihren Vorgesetzten diese entgeltliche Nebenbeschäftigung.

4.3

Verfahren

4.3.1

Verträge mit Externen sind in der Regel schriftlich abzuschliessen. Die Auftraggeberin kann entscheiden, auf einen schriftlichen Vertrag zu verzichten.

4.3.2

Handelt es sich um einen Auftrag zu einer amtlichen Veröffentlichung des Bundes im Sinne von Ziffer 2.2, so teilt die Auftraggeberin den zentralen Sprachdiensten der Bundeskanzlei innert nützlicher Frist mit, wer den Auftrag ausführt und wer die interne Qualitätssicherung vornimmt.

4.4

Pflichten und Leistungen der Auftragnehmerinnen und Auftragnehmer

4.4.1

Die Weitervergabe von Aufträgen ist nicht zulässig.

4.4.2

Die Auftragnehmerin oder der Auftragnehmer muss der Auftraggeberin während der Dauer des Auftrags jederzeit den direkten Zugang zu der Person garantieren, die den Auftrag tatsächlich ausführt.

4.4.3

Sie oder er verzichtet auf Urheber- oder ähnliche Rechte an der Leistung, es sei denn, es sei etwas anderes vereinbart worden.

4.4.4

Sie oder er behandelt den Auftrag vertraulich.

4.4.5

Eine Übersetzungsleistung besteht aus: a. der Übersetzung im engeren Sinn; b. der Überprüfung der Übersetzung;

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Sprachweisungen

c.

4.5

BBl 2017

der Dokumentierung der Auftraggeberin mit allen Informationen, namentlich Rechercheergebnissen und terminologischen Abklärungen, die für die Qualitätskontrolle nötig sind.

Pflichten der Auftraggeberin

4.5.1

Bei der Vergabe eines Auftrags an eine externe Person macht die Auftraggeberin Angaben über: a. die Einzelheiten des Auftrags wie Titel, Art der verlangten Sprachdienstleistung und genauer Umfang; b. die Frist; c. den Preis; d. Kontaktpersonen; e. die Existenz der vorliegenden Weisungen und die Verpflichtung der Auftragnehmerin oder des Auftragnehmers, sich an diese Weisungen zu halten.

4.5.2

Die Auftraggeberin stellt die interne Revision der Texte sicher, die sie an Externe in Auftrag gegeben hat, und übernimmt die Verantwortung für deren Qualität.

4.6

Berichterstattung

Die zuständigen Verwaltungseinheiten liefern den zentralen Sprachdiensten der Bundeskanzlei jeweils zu Beginn des Jahres Angaben über ihre Aufträge an Externe im vergangenen Jahr; die Angaben umfassen, nach Sprachen gegliedert, den Umfang und die Art der von Externen erbrachten Sprachdienstleistungen sowie die bezahlten Preise.

4.7

Preise für freihändig vergebene Übersetzungen und Berechnungsmodalitäten

4.7.1

Die Bundesverwaltung orientiert sich bei der freihändigen Vergabe von Übersetzungen an den Marktpreisen.

4.7.2

Für die Aushandlung der Preise und für die Berichterstattung nach Ziffer 4.6 sind im Interesse einer einheitlichen und transparenten Praxis die folgenden Modalitäten zu berücksichtigen: a. Die Preise werden aufgrund von Standardseiten berechnet; eine Standardseite umfasst 30 Zeilen zu 60 Anschlägen, insgesamt also 1800 Zeichen einschliesslich Leerschläge; massgeblich ist der Ausgangstext.

b. Auf den Preis für die Standardseite kann für Dringlichkeit ein Zuschlag von höchstens 25 Prozent gewährt werden; der Zuschlag kann nur bezahlt werden, wenn er im Voraus schriftlich vereinbart wurde.

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c.

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Arbeiten, die nicht nach einem Seitenansatz vergütet werden können, werden nach einem Stundenansatz oder nach einem anderen im Voraus vereinbarten System vergütet.

4.8

Mängel und Streitigkeiten

4.8.1

Stellt die Auftraggeberin Mängel bei den erbrachten Leistungen fest, so teilt sie diese der Auftragnehmerin oder dem Auftragnehmer unverzüglich schriftlich mit.

4.8.2

Die Honorare werden unter Berücksichtigung des Mehraufwands und des Schadens, welcher der Auftraggeberin entsteht, gekürzt, wenn die Auftragnehmerin oder der Auftragnehmer: a. den vereinbarten Termin nicht einhält; oder b. eine Leistung erbringt, die nicht der erwarteten Qualität entspricht, und die nötigen Verbesserungen nicht oder nicht rechtzeitig vornimmt.

4.8.3

Bei Streitigkeiten, über die das Gericht entscheidet, ist der Gerichtsstand Bern.

5

Schlussbestimmungen

5.1

Die Sprachweisungen vom 18. Dezember 20127 werden aufgehoben.

5.2

Die vorliegenden Weisungen treten am 1. Juni 2017 in Kraft.

27. März 2017

Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

7

BBl 2013 1565

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Anhang (Ziff. 3.6)

Beispiele von Textsorten, die nicht übersetzt werden müssen 1.

Gewisse Textsorten, die für den internen Gebrauch bestimmt sind, müssen nicht übersetzt werden; dies gilt insbesondere für die folgenden Texte, die gemäss dem Roten Ordner bestimmte Phasen im Prozess der Erarbeitung von Bundesratsgeschäften begleiten: ­ Antrag an den Bundesrat; ­ Beschlussdispositiv; ­ Aussprachepapier; ­ Informationsnotiz; ­ Begleitblatt; ­ Begleit-Mail zu einer Ämterkonsultation.

2.

Berichte von Arbeits- oder Studiengruppen.

3.

Bulletins und Periodika der Ämter.

4.

erläuternde oder zusammenfassende interne Begleitnotizen (sog. «notes jaunes») zu Geschäften, die der Departementsvorsteherin oder dem Departementsvorsteher vorgelegt werden.

5.

Zusammenfassungen von Berichten.

6.

Arbeitsdokumente.

7.

interne Protokolle.

8.

Sprechnotizen («Speaking notes») und Unterlagen für die Sessionen der eidgenössischen Räte.

9.

Beiträge externer Autorinnen und Autoren für interne Publikationen der Departemente oder Ämter.

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