1058

# S T #

9298 Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurf des Bundesgesetzes über die Bekämpfung von Tierseuchen (Tierseuchengesetz) (Vom 3. September 1965)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen mit der vorliegenden Botschaft den Entwurf des Bundesgesetzes über die Bekämpfung von Tierseuchen zu unterbreiten.

A. Allgemeines Seit jeher kommt dem Tierbestand überragende Bedeutung für den Wohlstand eines Volkes zu. Er bildet eine natürliche Quelle für die Ernährung der Einwohner eines Landes. Auch in unserem Lande stellt der Wert des Tierbestandes einen erheblichen Teil des Volksvermögens dar. Das daraus erzielte Einkommen ist ein wichtiger Faktor in der Volkswirtschaft. Grösser als der finanzielle Ertrag der aus der Tierwirtschaft gewonnenen Erzeugnisse ist ihre Bedeutung für die Sicherung der Volksernährung, bedeuten doch tierisches Eiweiss und tierisches Fett und insbesondere Milch mit ihrem grossen Gehalt an Vitamin A für die Volksernährung unentbehrliche Nahrungsmittel. Der Konsum von Fleisch und Fleischwaren ist in den vergangenen 20 Jahren von 23,1 kg im Jahre 1945 fortwährend angestiegen und erreichte im Jahr 1963 62,8 kg pro Kopf der Bevölkerung. Der Verbrauch an Milch beträgt durchschnittlich 166 kg pro Person und Jahr in der Schweiz.

" Aus diesen Gründen werden alle Anstrengungen unternommen, um aus dem Tierbestand möglichst hohe Leistungen zu erzielen. Hohe Leistungen sind aber nur von gesunden Tieren zu erwarten. Deshalb ist die Gesunderhaltung des Tierbestandes von grösster Wichtigkeit für die Volkswirtschaft. Die bedeutendsten Schäden im Tierbestand werden durch Seuchen verursacht, weshalb es leicht verständlich ist, dass sich der Staat schon seit langer Zeit mit der Bekämpfung von Tierseuchen befasste. In der Schweiz waren es vorerst die Kantone, die entweder einzeln oder in einem Konkordat zusammengeschlossen Massnahmen

1059 gegen Viehseuchen erliessen. Die Schwächen dieser Ordnung mit ungleicher und mangelhafter Handhabung der Seuchenpolizei durch die Kantone und das Fehlen einer zentralen Oberleitung wurden immer offensichtlicher; dies zeigte sich auch in den grossen Verheerungen, die verschiedene Tierseuchen in jener Zeitepoche in unserem Lande anrichteten. Wegen dieser Unzulänglichkeit, und nicht zuletzt angesichts der grossen Gefahr einer neuerlichen Einschleppung der mit Recht gefürchteten Rinderpest, an der im 18, Jahrhundert 200 Millionen Rinder in Europa verendeten, genehmigten die Eidgenössischen Räte am S.Februar 1872 das «Bundesgesetz über polizeiliche Massregeln gegen Viehseuchen», das sich auf Artikel 59 der Bundesverfassung von 1848 stützte, der wie folgt lautete : «Die Bundesbehörden sind befugt, bei gemeingefährlichen Seuchen gesundheitspolizeiliche Verfügungen zu erlassen». Die Durchführung der im Gesetz niedergelegten Aufgaben wurde dem Landwirtschaftsdepartement mit einem eidgenössischen Seuchenkommissär als technischem Experten und im Jahre 1914 dem Eidgenössischen Veterinäramt als selbständiger Abteilung im Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement übertragen.

Trotz verschiedener Ergänzungen des Bundesgesetzes und der Ausführungserlasse wurde dieses im Laufe der Jahre revisionsbedürftig. Es drängte sich nicht nur eine Anpassung an die in der Zwischenzeit erworbenen neuen Erkenntnisse der Wissenschaft auf, sondern es wurden auch Begehren bezüglich einer besseren staatlichen Entschädigung der durch die Tierseuchen geschädigten Besitzer gestellt und die Zusammenfassung der verschiedenen Erlasse angestrebt.

Es erwies sich jedoch als notwendig, die Gesetzgebungskompetenz des Bundes durch eine Revision von Artikel 69 der Bundesverfassung 1874 (BS l, 3) zu erweitern. In der Volksabstimmung vom 4. Mai 1913 wurde folgender Wortlaut gutgeheissen: «Der Bund ist befugt, zur Bekämpfung übertragbarer oder stark verbreiteter oder bösartiger Krankheiten von Menschen und Tieren gesetzliche Bestimmungen zu treffen». Dem auf dieser Grundlage ausgearbeiteten neuen Tierseuchengesetz erteilten die Eidgenössischen Räte im Jahre 1917 die Genehmigung. Nach Ausarbeitung der Ausf ührungsvorschriften traten das Gesetz vom 13. Juni 1917 (BS 9, 261) und die Vollziehungsverordnung vom SO.August 1920 (BS 9,273) am
I.Januar 1921 in Kraft und sind auch heute noch gültig. Seither wurden sieben Änderungen am Gesetz vorgenommen; ebenso mussten verschiedene Artikel in der Vollziehungsverordnung abgeändert oder ergänzt werden. Neu in die Gesetzgebung einbezogen wurden : 1923 die Milbenkrankheit der Bienen, 1941 der Rinderabortus Bang, 1947 die Krätzräude der Rinder, 1953 die Myxomatose der Kaninchen, 1956 die Brucellose der Schafe und Ziegen, 1961 die afrikanische Schweinepest.

Dagegen sind im Jahre 1941 die Schweineseuche und im Jahre 1950 der Rotlauf der Schweine aus den gesetzlichen Bestimmungen gestrichen worden.

1060 Für die Tuberkulosebekämpfung wurde am 29. März 1950 (AS 1950,1482) ein Bundesgesetz erlassen, was in Artikel 2 des Tierseuchengesetzes vorgesehen war. Mit Hilfe dieser Vorschriften gelang es, den schweizerischen Viehbestand auf Ende 1959 von der Tuberkulose zu befreien. Die Anpassung an die veränderten Verhältnisse erforderte eine Neufassung des Tuberkulosegesetzes, die am 28. September 1962 (AS 1963,185) von den Eidgenössischen Räten beschlossen wurde.

Nach und nach zeigte es sich, dass die geltende Tierseuchengesetzgebung in wesentlichen grundsätzlichen Punkten Lücken aufwies oder in verschiedenen Vorschriften nicht mehr die heutige Auffassung wiedergab, wie sie sich durch die grossen wissenschaftlichen Fortschritte auf dem Gebiete der Veterinärmedizin ganz allgemein und der Seuchenlehre im speziellen sowie auf Grund der gesammelten praktischen Erfahrungen gebildet hatte. So fehlen gesetzliche Grundlagen für die Überprüfung aller immunbiologischen Erzeugnisse, die zur Schutz- oder Heilbehandlung von ansteckenden, übertragbaren Tierkrankheiten verwendet werden. Ebenso würde es schwer fallen, Personen, die pathogène Mikroorganismen halten oder damit arbeiten, für Schäden, die daraus entstehen und möglicherweise sehr gross sein können, haftbar zu machen. Der Erlass von Vorschriften für die Sommerung und Winterung ist ebenfalls nicht gesetzlich verankert; gleiches ist zu sagen von der Tätigkeit des Bieneninspektors oder von der Möglichkeit, Tierkörperbeseitigungsanlagen oder Tiergesundheitsdienste mit Beiträgen zu fördern, und nicht zuletzt fehlt eine Kompetenzbestimmung, die es erlauben würde, gegen eine plötzlich auftretende «exotische» Seuche unverzüglich Bekämpfungsmassnahmen anzuordnen. Des weiteren ist eine Anpassung des Gesetzes an die veränderten Verhältnisse erforderlich, welche die Aufnahme weiterer Zoonosen und der Fischseuchen in die staatliche Bekämpfung sowie die schärfere Erfassung der Schweinepest und Maul- und Klauenseuche als wünschenswert erscheinen lassen. Aus allen diesen Gründen befasste sich das Veterinäramt schon seit einigen Jahren mit dem Gedanken der Revision der Tierseuchengesetzgebung und führte diesbezügliche notwendige Vorarbeiten und abklärende Untersuchungen, in Zusammenarbeit mit Instituten der veterinär-medizinischen Fakultäten Bern und Zürich sowie mit der
Praxis, durch, um einen besseren Überblick über die weitschichtige Materie zu gewinnen.

Am 8. März 1962 haben Nationalrat Kurzmeyerund am 6. Juni 1962 Ständerat Clavadetscher Motionen eingereicht, die eine Änderung des Bundesgesetzes betreffend die Bekämpfung von Tierseuchen in dem Sinne anstreben, dass in der ganzen Schweiz für die Bemessung der Bundesbeiträge für Bangausmerztiere 90 Prozent des amtlichen Schatzungswertes berücksichtigt werden. Beide Motionen sind als Postulate entgegengenommen worden. Am 13. Juni 1962 hat Ständerat Buri in einem Postulat die Revision des Gesetzes und eine Anpassung der Vollziehungsverordnung verlangt. Auch dieses Postulat ist vom Ständerat angenommen worden.

Eine inzwischen vom Volkswirtschaftsdepartement gebildete Expertenkommission, bestehend aus dem Direktor des Eidgenössischen Veterinäramtes

1061 als Vorsitzendem, Vertretern der Veterinär-medizinischen Fakultäten, Kantonstierärzten und praktizierenden Tierärzten, befasste sich seit 1962 mit den Revisionsarbeiten.

Vorab war zu entscheiden, ob eine Revision der bundesrätlichen Vollziehungsverordnung ohne Gesetzesänderung zum Ziele führen würde, oder ob das Bundesgesetz ganz oder teilweise revidiert werden müsse. Nach eingehender Prüfung zeigte es sich, dass zwingend notwendige Änderungen in der Vollziehungsverordnung nicht möglich waren, da die Verankerung im Bundesgesetz fehlte. Ebenso kam man zur Überzeugung, dass durch eine nur teilweise Änderung und Ergänzung des Gesetzes vom Jahre 1917 dieses infolge der vielen Korrekturen sehr unübersichtlich und dadurch die richtige und leichte Handhabung enorm erschwert würde.

Bei der Prüfung der Frage über die Dringlichkeit der Gesetzesrevision waren sich alle Fachleute darin einig, dass eine weitere Verschiebung nicht verantwortet werden könnte, will man sich nicht dem Vorwurf der Rückständigkeit und Nachlässigkeit auf Kosten der Gesundheit von Menschen und Tieren aussetzen. Aus diesen Gründen entschloss man sich zu einer Neufassung von Gesetz und Vollziehungsverordnung.

Die Konzeption des Gesetzes erfuhr keine grundsätzliche Änderung. Neben der Ausfüllung verschiedener Lücken wurden lediglich Umstellungen in der Reihenfolge der Unterkapitel und Aufteilungen derselben vorgenommen, wodurch ein klarer Aufbau erreicht wurde und der eigentliche Zweck, d. h. die Bekämpfung von Tierseuchen, besser hervorgehoben wird. Am Charakter eines Rahmengesetzes, welches der Ausführungen durch Verordnungen bedarf, wurde festgehalten, um damit wiederum eine Geltungsdauer auf Jahrzehnte hinaus zu ermöglichen.

Bei der Revision waren folgende Richtlinien massgebend: 1. Die Massnahmen betreffend die nach heute geltendem Recht zu bekämpfenden Tierseuchen sind dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft und Praxis anzupassen. Dabei ist ein besonderes Augenmerk auf die Maulund Klauenseuche und die klassische Viruspest der Schweine zu richten.

2. Die Bekämpfung der Bienen- und Geflügelseuchen ist in vermehrtem Masse zu fördern.

3. Es ist die gesetzliche Grundlage für eine staatliche Regelung der Bekämpfung von Zoonosen (vgl. Erläuterungen zu Artikel l, Absatz 4a), wie Rikkettsiose, Leptospirose, Ornithose/Psittakose
und Salmonellose zu schaffen. Ebenso sollen die notwendigen Voraussetzungen zur Aufstellung von Bekämpfungsvorschriftcn über die Fischseuchen festgelegt werden.

4. Dem Veterinäramt ist die Möglichkeit zu verschaffen, sofort alles vorzukehren, was die Einschleppung und Ausbreitung neu auftretender Tierseuchen verhindert.

5. Der Einbezug der Tiergesundheitsdienste in die Gesetzgebung ist notwendig.

6. Die Errichtung von Tierkörperbeseitigungsanlagen ist zu fördern.

1062 Zur Beratung besonderer Sachgebiete, wie Bienen- oder Fischseuchen und Geflügelkrankheiten, zog die Expertenkommission jeweilen Spezialisten bei.

Die Kantonstierärzte hatten erstmals am 30. Juli 1963 Gelegenheit, sich zu einem Vorentwurf zu äussern. In einer Konferenz am 13. Dezember 1963 wurde der Entwurf mit ihnen besprochen und Abänderungs- und Ergänzungsanträge berücksichtigt. Ein revidierter Entwurf ist den Kantonsregierangen, Kantonstierärzten und den interessierten Verbänden am 16. März 1964 zur schriftlichen Stellungnahme unterbreitet worden. Die konsultative Kommission zur Bekämpfung der Tierseuchen hat dem Entwurf am l I.Dezember 1964 zugestimmt.

B. Spezieller Teil Zu den einzelnen Abschnitten des Entwurfes gestatten wir uns folgende orientierende Erläuterungen: I. Bezeichnung der Tierseuchen

Artikel l. Dieser Artikel ist ein Gründpfeiler des Gesetzes und bringt im ersten Absatz eine Aufzählung der staatlich zu bekämpfenden Tierseuchen. Die Liste ist gegenüber jener des geltenden Gesetzes erweitert worden. Obschon erfreulicherweise Seuchen wie Rinderpest seit 1871, Lungenseuche der Rinder seit 1896, nicht mehr in unserem Lande aufgetreten sind und der letzte Fall von Rotz - eine auf den Menschen übertragbare Pferdeseuche - auf das Jahr 1923 zurückgeht, möchten wir sie auf der Liste belassen. Bei dem heutigen riesigen Verkehr mit den modernen Transportmitteln und den kurzen Beförderungszeiten liegt eine Einschleppung auch dieser Seuchen, die zum Teil in gewissen Ländern und Kontinenten weit verbreitet sind, immer im Bereich der Möglichkeit.

Die klassische und afrikanische Viruspest der Schweine müssen getrennt aufgeführt werden, da es sich trotz der Ähnlichkeit in der deutschen Bezeichnung um ganz verschiedene Krankheiten handelt, die auch eine unterschiedliche Bekämpfung verlangen.

Die klassische Schweinepest, die in Europa immer wieder grosse Schäden anrichtet, war Hauptthema der I.Konferenz der permanenten europäischen Kommission des Internationalen Tierseuchenamtes, die unter dem Präsidium des Direktors des Veterinäramtes am 3. und 4. Oktober 1962 in Wien stattfand. Allgemein wurde eine strengere Massregelung der erkrankten Bestände, verbunden mit einer weitgehenden Abschlachtungspraxis ähnlich der Maul- und Klauenseuche, gefordert. In England, seit Jahren ein klassisches Schweinepestland, wo diese Methode seit August 1963 zur Anwendung kommt, hat sich der Erfolg unverkennbar eingestellt. Die Zahl der Neuausbrüche ist von 1243 im Jahre 1963 auf rund 320 im letzten Jahr zurückgegangen. Auch in den USA werden grosse Anstrengungen gemacht, mit Hilfe eines in jüngster Zeit eingeführten staatlichen Tilgungsprogrammes eine Verbesserung herbeizuführen. Unser Land leidet zurzeit nicht allzu stark unter dieser Seuche; um so günstiger ist der Zeitpunkt für radikalere Lösungen. Die grössten Schwierigkeiten stellt die Verarbeitung von bankwürdig befundenem Fleisch aus pestinfizierten Beständen dar. Da dieses

1063 heute in den freien Verkehr gelangen kann, wurde dadurch die Seuche schon von der Ostschweiz in die Zentralschweiz oder vom Tessin in die Westschweiz verschleppt.

Die afrikanische Viruspest der Sehweine wurde mit demBundesratsbeschluss vom 15, September 1961 (AS 1961, 799) unter die von Staates wegen zu bekämpfenden Tierseuchen aufgenommen. Es handelte sich dabei um eine Vorsichtsmassnahme, die sich aufdrängte, nachdem durch das verheerende Auftreten der Seuche auf der iberischen Halbinsel der Schweinebestand Europas, insbesondere der Nachbarländer, wozu die Schweiz im weiteren Sinn auch zu zählen ist, bedroht wurde. Glücklicherweise sind wir bis heute davon verschont geblieben, nicht aber Frankreich, das im Mai 1964 einen Einbruch von Spanien her erlitt.

Im Gegensatz zu Portugal und Spanien ist es den französischen Veterinär-Behörden durch drakonische Massnahmen gelungen, der Seuche Herr zu werden, so dass seit dem Juli 1964 keine Neuausbrüche mehr zu verzeichnen waren. Auf der iberischen Halbinsel grassiert die virulente Krankheit jedoch weiter; die Bedrohung ist deshalb nicht gebannt. Eine Aktion der europäischen Staaten zur endgültigen Tilgung ist gegenwärtig in Beratung. Wir haben aber allen Grund, die Seuche weiterhin auf der Liste von Artikel l, Absatz l stehen zu lassen, wodurch wir in der Lage sind, inskünftig die notwendigen Abwehrmassnahmen zu verfügen.

Bezüglich der Geflügelpest ist daraufhinzuweisen, dass ihre klassische Form heute kaum mehr auftritt. Hingegen hat eine Seuche mit ähnlichen Krankheitserscheinungen, die Pseudopest oder Newcastle-Disease, weltweite Bedeutung erlangt und verursacht ebenfalls grosse Schäden.

Die Bienen nehmen zweifellos unter den verschiedenen Tiergattungen, deren Seuchen staatlich bekämpft werden müssen, eine Sonderstellung ein. Man darf in der Beurteilung über die Bekämpfung der Bienenseuchen nicht allein darauf abstellen, welchen direkten Nutzen durch die Produktion von Honig und Wachs die Haltung der Bienen abwirft. Daraus ergeben sich nämlich höchstens 15 Millionen Franken pro Jahr. Für unsere Volkswirtschaft viel bedeutender und wertmässig weit höher zu veranschlagen ist die Tätigkeit der Bienen während der Blütezeit als Vermittler der Befruchtung der Obst- und Pflanzenkulturen, wobei man diesem Bienenfkiss einen indirekten Ertrag von etwa
200 Millionen Franken verdankt. Leider sind aber die Bienenseuchen ganz allgemein im Vormarsch.

Nach der heute gültigen Regelung sind die Milbenkrankheit, bösartige Faulbrut und Sauerbrut anzuzeigen und gewisse Massnahmen zu deren Bekämpfung vorzukehren. Der Bund beteiligt sich finanziell an deren Durchf ührung aber nur im Falle des Auftretens der Milbenkrankheit, obschon auch die beiden anderen Krankheiten grosse Schäden verursachen. Nachdem die neueren wissenschaftlichen Erkenntnisse die bessere Erfassung und erfolgreiche Bekämpfung ermöglichen, sollten auch für diese beiden Krankheiten Bundesmittel zur Verfügung gestellt werden. Eine grosse finanzielle Belastung ist dadurch nicht zu erwarten.

Unter der neu in das Verzeichnis der Tierseuchen aufgenommenen Bezeichnung «Brucellosen» sind alle Krankheiten zusammengefasst, die durch

1064 einen Erreger der Brucella-Gruppe verursacht werden. Am bekanntesten ist die Brucella abortus, der Erreger des Rinderabortus Bang, dessen Bekämpfung heute in einem besonderen Bundesratsbeschluss geregelt ist. Obschon die grossen Anstrengungen im Kampf gegen diese Seuche in zehn Jahren dazu geführt haben, dass der schweizerische Viehbestand auf Ende 1963 als bangfrei erklärt werden konnte, ist eine laufende Kontrolle der Viehbestände notwendig, um Neuausbrüche rechtzeitig erkennen und tilgen zu können, was eine gesetzliche Regelung verlangt. Der Einbau des Rinderabortus Bang in das neue Tierseuchengesetz ist gegeben und vorteilhaft. Ebenfalls in einem besonderen Bundesratsbeschluss vom 3. Februar 1956 (AS 1956,134) ist die Bekämpfung der Brucellose der Schafe und Ziegen, verursacht durch Brucella melitensis, niedergelegt. Auch in diesem Fall erachten wir die Aufnahme in das Tierseuchengesetz aus den gleichen Gründen wie bei Rinderabortus Bang als erwünscht. Ein weiterer Erreger der Gattung Brucella - Brucella suis - der bei den Schweinen vorkommt, in der Schweiz aber zurzeit nicht fesgestellt wird, ist unter dem Sammelbegriff «Brucellosen» ebenfalls erfasst.

Die Aufnahme der Tuberkulose, deren Bekämpfung heute im Bundesgesetz vom 28. September 1962 ihre gesetzliche Grundlage hat, in das Tierseuchengesetz wurde verschiedentlich angeregt und nach längerer, eingehender Diskussion von der Expertenkommission bejaht. Mit Rücksicht darauf, dass das neue Tierseuchengesetz für lange Zeit Gültigkeit haben wird und etwas geschaffen werden sollte, das alle im Zeitpunkt der Beratung zu bekämpfenden Tierseuchen umfasst, dürfte es kaum verstanden werden, wenn für eine Seuche noch eine separate gesetzliche Regelung ausserhalb des Tierseuchengesetzes beibehalten würde. Die heutigen Verhältnisse, fünf Jahre nach Erreichung der TuberkuloseFreiheit, ermöglichen auch vom rein fachlichen Standpunkt aus die Übernahme der Tuberkulose in das Tierseuchengesetz.

Absatz 2 ist sinngemäss aus dem bisherigen Gesetz übernommen worden, mit dem Unterschied, dass als Voraussetzung für die Befugnis des Bundesrates zur Bekämpfung anderer, in diesem Artikel nicht genannter Tierkrankheiten der Wortlaut von Artikel 69 der Bundesverfassung - «übertragbar oder stark verbreitet oder bösartig» - verwendet wird.

In Absatz 3 wird dem
Veterinäramt die Kompetenz erteilt, im Falle der akuten Gefahr der Seuchen-Einschleppung oder entstanden durch plötzliches Auftreten einer neuen Seuche im Lande, Sofortmassnahmen zu treffen, wozu das Einverständnis des Volkswirtschaftsdepartementes einzuholen ist. Da heute ständig damit gerechnet werden muss, dass in weit entfernt liegenden Ländern auftretende Seuchen in die Schweiz eingeschleppt werden, in welchem Falle sich grösscre Schäden nur durch rasche Tilgung verhüten lassen, ist die bisherige Regelung zu umständlich. Schon im Jahre 1960 wurde dieses Vorgehen vom Internationalen Tierseuchenamt in Paris den Veterinärverwaltungen empfohlen und anlässlich der Konferenz der ständigen Kommission des Internationalen Tierseuchenamtes für Europa im Oktober 1963 in Lissabon neuerdings mit Nachdruck unterstützt.

1065 Handelt es sich nur um eine Abwehrmassnahme, um das Einschleppen einer neuen Seuche durch Import- oder Transitsendungen von Tieren zu verhindern, wie z.B. der bei uns noch nicht aufgetretenen Tularaemie - einer Feldhasenseuche, die beim Menschen schwere, sogar tödlich verlaufende Erkrankungen hervorrufen kann - so genügt ein vorübergehendes Import - oder Transitverbot, 'das je nach der Seuchensituation im Herkunftsland in jedem EinzelfaH angeordnet werden kann. Der Erlass von Bekämpfungsvorschriften durch den Bundesrat kommt dann selbstverständlich nicht in Frage.

In Absatz 4a ist eine Gruppe von Krankheiten aufgeführt, die zu den Zoonosen gehört, d. h. Krankheiten der Tiere, die auf den Menschen oder auch umgekehrt übertragbar sind. Die hier aufgezählten Infektionskrankheiten haben eines gemeinsam: sie passen nicht in das klassische Schema der Seuchenbekämpfung, verursachen aber volkswirtschaftliche Schäden und gefährden ernstlich die menschliche Gesundheit. Zweifellos weist jede dieser Krankheiten eines oder mehrere der in Artikel 69 der Bundesverfassung verlangten Kriterien auf. Durch die Forschungen in den vergangenen Jahrzehnten auf dem Gebiete der Humanund Veterinärmedizin sind die Zoonosen stark in den Vordergrund des Interesses gerückt und treten zudem viel häufiger auf als früher angenommen wurde, so dass es Pflicht und Aufgabe des Bundes ist, sich damit zu befassen. Wir möchten nicht unterlassen, darauf hinzuweisen, dass, begründet im Wesen und Charakter dieser Krankheitsgruppe, eine wirkungsvolle Bekämpfung nur bei enger Zusammenarbeit von Human- und Veterinärmedizin Erfolg verspricht.

Die Beobachtungen, dass seit einigen Jahren, trotz des raschenVoranschreitens der Bekämpfung des Rinderabortus Bang, die Abortusfälle beim Rind nicht im erwarteten Ausmass zurückgingen, veranlassten das Veterinäramt, Untersuchungen ätiologisch unabgeklärter Verwerfensfälle vorzunehmen. Es verfolgte damit die gleiche Absicht, die dem Postulat Zeller, am S.März 1961 vom Nationalrat angenommen, zu Grunde lag. In Zusammenarbeit mit den Veterinär-medizinischen Fakultäten Bern und Zürich sowie unter Beizug praktizierender Tierärzte konnte festgestellt werden, dass sowohl Rickettsiose als auch Leptospirose ab und zu in Rinderbeständen seuchenhaft auftreten und Verwerfen verursachen.

Die Rickettsiose oder
nach dem Ort ihrer ersten Feststellung in Queensland (Australien) auch Q-Fieber genannt, errang wachsende Bedeutung als weltweite Epidemie. Der Erreger (Rickettsia oder Coxiella burneti) infiziert auf dem Luftund Kontaktwege oder durch den Befall mit gewissen als Keimträger funktionierenden Zeckenarten, die die C. burneti durch den Kot ausscheiden, vorwiegend Rinder, Schafe und Ziegen. Diese scheiden den Erreger durch Kot, Milch und Geburtswege aus. Meist verläuft die Krankheit beim Tier, abgesehen von Abortusfallen, symptomlos. Die Hauptquelle für die menschliche Infektion ist immer das Tier. Der Mensch kann sich die Krankheit durch Einatmen rickettsienhaltigen Staubes (Schaf-Vliese sind oft direkt imprägniert mit Rickettsien) oder durch den Konsum roher Milch zuziehen. Dabei sei darauf hingewiesen, dass sich die Krankheit beim Menschen als eine mehr oder weniger schwere grip-

1066 peähnliche, fieberhafte Lungenaffektion äussert, wobei auch tödlicher Ausgang vorkommen kann. Wesentlich ist die Tatsache, dass die C. burneti vom infizierten Tier während langer Zeit mit der Milch ausgeschieden werden kann.

Die Diagnostik der Infektion mit dem Kapillartest der Milchprobe ist relativ einfach und billig. Die Untersuchungen von Hess und Brecht vermitteln eine ungef ähre Orientierung über den Verseuchungsgrad unserer Müchviehbestände.

Sie fanden in einem Voraigsmilchbestand von 74 Tieren 18 Ausscheider. Im erwähnten Bestand waren bereits 3 von 4 Melkern infiziert, in einem ändern Bestand von 57 Tieren mit 13 Ausscheiderinnen waren es 7 von 12 untersuchten Personen. Im veterinär-bakteriologischen Institut Zürich (Prof. Hess) ergaben von 5158 untersuchten Beständen 1,6 Prozent positive Resultate. Bei den Schafherden, die als eigentliches Reservoir für die Rickettsiose zu betrachten sind, liegt der Prozentsatz noch wesentlich höher. Seuchenpolizeiliche Massnahmen drängen sich deshalb auf, um dieser Infektion Herr zu werden.

Die Leptospirose war anfänglich nur als menschliche Erkrankung erkannt worden, wobei die Leptospiren ausscheidenden Tiere lediglich als Infektionsquelle für den Menschen eine Rolle spielten. Es gibt viele Arten von Leptospiren, am bekanntesten sind jene, welche die Weilsche Krankheit (ansteckende Gelbsucht) oder die Schweinehüterkrankheit des Menschen hervorrufen. Heute aber weiss man, dass unsere Haustiere nicht nur Leptospirenträger sind, sondern selbst erkranken können, wodurch diese Infektion auch für die Veterinärmedizin und Volkswirtschaft Bedeutung erlangt hat. Für die Tierseuchenpoh'zei wichtig sind die Aborte beim Rindvieh und den Mutterschweinen. Infizierte Tiere scheiden massenhaft Erreger mit dem Harn aus, und zwar über Monate, beim Schwein sogar über Jahre hinaus. Die von Bürki während verschiedener Jahre durchgeführten Untersuchungen im Berner Oberland haben ergeben, dass mit L. pomona infizierte Schweine als Ursache von Verseuchung und Aborten bei Rindern auf Alpen in Frage kommen. Die vom gleichen Autor im Laufe der letzten vier Jahre an 1287 Rindern, die abortiert haben, durchgeführten Untersuchungen, ergaben in 129 (10 Prozent) Fällen einen auf Leptospirose positiven oder verdächtigen Befund.

Die Ornithose und Psittakose (Papageienkrankheit)
wird durch das gleiche Virus erzeugt und kommt bei den verschiedensten Vogelarten vor ; bei Psittaciden (Papageien, Sittichen usw.) spricht man von Pstttakose, während mit Ornithose das gleiche Krankheitsbild anderer Vogelarten bezeichnet wird. Die menschliche Infektion, die immer von einem erkrankten Vogel erworben ist, äussert sich als schwere Pneumonie, ab und zu sogar mit tödlichem Ausgang. Vom Menschen wird die Krankheit nicht weiter übertragen. Die blutserologische Kontrolle importierter Vögel auf Psittakose wird an den Veterinär-medizinischen Fakultäten Bern (Prof. Fey) und Zürich (Prof. Hess) seit dem Jahre 1963 regelmässig durchgeführt; allein in Züiidi fand man von 405 Blutproben 14,5 Prozent mit einer positiven Reaktion. Die Untersuchung der Kadaver von 153 Importpapageien förderte sogar in 37,2 Prozent eine Psittakose zu Tage. Vom März 1961 bis September 1964 wurden bei 388 Wildtauben der Städte Zürich, Aarau, Winterthur,

1067 Chur, Lugano, Basel und Luzern Untersuchungen auf Ornitbose von Ehrsam am veterinär-bakteriologischen Institut in Zürich gemacht, wobei in 47 Prozent der Fälle ein positives Ergebnis festgestellt wurde. Ebenso konnte in einer Anzahl Taubenschläge, wovon 2 Armeeschläge, die Infektion nachgewiesen werden.

Als Salmonellen werden die Vertreter einer aus mehreren hundert Typen bestehenden Gattung von Darmbakterien bezeichnet. Neben den Typhus- und Paratyphuserregern gehören insbesondere eine grossere Anzahl Keimartcn dazu, die häufig Ursache mehr oder weniger schwerer Lebensmittelvergiftungen mit akuten Magen-Darm-Erkrankungen, Durchfall, Übelkeit, Erbrechen und oft auch Fieber sind. Menschen und Tiere können an Salmonellose erkranken, jedoch auch Keime ausscheiden, ohne dass sie sichtbar erkrankt sind. Als wichtigste Infektionsquellen kommen in Frage: Stuhl von Patienten, Rekonvaleszenten oder gesunden Bazillenträgern, Fleisch von kranken Tieren, Kot von Haustieren, Mäusen, Ratten, infizierte Enten- und Gänseeier, Trockeneipulver usw. Dementsprechend geschieht die Ansteckung des Menschen fast ausschliesslich durch Aufnahme von intravital infizierten oder sekundär kontaminierten Lebensmitteln, so z. B. Fleisch und Fleischwaren, mit Gänse- oder Enteneiern zubereitete Speisen, Milch und Milchprodukte usw. Beispiele explosionsartiger Ausbrüche von Lebensmittelvergiftungen in der Schweiz durch Salmonellen in Fleisch, Mettwürsten und Milch sind im Herbst 1964 in der Öffentlichkeit bekannt geworden.

Die Salmoneilen der Tiere scheinen bei uns auch an Bedeutung zu gewinnen ; namentlich in Kälber- und Schweinebeständen können sie arge Schäden anrichten und ganze Mastbetriebe ruinieren. Es geht in erster Linie um eine Kontrolle und Beschränkung klinischer Fälle und damit um die Verkleinerung des Risikos eines explosionsartigen Massenausbruches von Lebensmittelvergiftungen. Dazu kommt natürlich das rein tierärztliche Bemühen um eine Herabsetzung der Tierverluste.

Eine Bekämpfung der Tiersalmonellose - von Tilgung dürfte bei der starken Verbreitung heute nicht mehr die Rede sein - und damit der Schutz des Menschen vor dieser Infektionskrankheit, deren Quelle letzten Endes immer beim Tier liegt, ist dringend notwendig. Die Sonderstellung jeder der vier aufgeführten Krankheiten, welche von der Tradition
abweichende seuchenpolizeiliche Massnahmen verschiedenster Art verlangen, hat uns veranlasst, sie in einem eigenen Absatz zusammenzufassen.

Unter Absatz 4b) sind zwei Krankheiten aufgeführt, die jede für sich ebenfalls eine Sonderstellung einnimmt. Die Bekämpfung der Dasselschäden, die schon heute durch eine bundesrätliche Verordnung vom 11. Februar 1944 (BS 9, 352) geregelt ist, soll mit der Aufnahme in das Gesetz eine einwandfreie rechtliche Grundlage erhalten. Die durch die Larven der Dasselfliege verursachten Schäden an Häuten werden noch immer mit jährlich einer halben Million Franken angegeben. Die in jüngster Zeit entwickelten Bekämpfungsmittel, deren versuchsweise Anwendung vom Vetermäramt an Tausenden von Tieren zu sehr guten Erfolgen geführt hat, versprechen bei allgemeinem obligatorischem Ein-

1068 satz ein rasches Absinken der Verluste. Bei der heute geltenden Ordnung ist seinerzeit der übliche Weg der Kostenübernahme durch den Bund verlassen worden, indem die Bundesbeiträge von einem namhaften Beitrag der Interessentenverbände abhängig gemacht wurden. Wir beabsichtigen, in der neuen Regelung dieses Verfahren fallenzulassen und die Beteiligung des Bundes im Rahmen der normalen Entschädigungsansätze, wie sie bei allen übrigen Bekämpfungsmassnahmen zur Durchführung gelangen, zu ordnen. Dies um so mehr, als die Vertreterin der Interessentenverbände, die Schweizerische Häuteschäden-Kommission, für ihre Einnahmen ganz von den freiwilligen Beiträgen einer Anzahl von Verbänden abhängig ist und deshalb dauernd mit finanziellen Schwierigkeiten kämpft. Diese Kommission soll aber weiterhin als fach technisches Organ an der Bekämpfung mitwirken.

Über den Wert der Räudebekämpfung in der heutigen Form gehen die Ansichten der Fachleute stark auseinander. Sicher ist, dass die Räude bei den Schafen und eventuell beim Rindvieh staatlich bekämpft werden muss. Die Bekämpfung soll aber auf eine neue Grundlage gestellt werden.

Mit dem Absatz 4c) ist die Bekämpfung der Fischseuchen - eine weitere Neuerung im Gesetz - verankert. In Frage kommen die infektiöse Nierenschwellung und Leberdegeneration der Regenbogenforellen, die Drehkrankheit der Forellenbrut und die Furunkulose der Salmoniden, Seuchen, die heute genügend bekannt und erfassbar sind, so dass eine organisierte Bekämpfung heute möglich ist. Alle drei Krankheiten können Schäden verursachen, die in die Tausende von Franken gehen. Die Einfuhr von Jungfischen spielt auch bei diesen Seuchen eine massgebende Rolle. Es scheint deshalb nicht unbillig, wenn ein Teil der grenztierärztlichen Gebühren zur Unterstützung der inländischen Fischzucht im Kampf gegen die wichtigsten Fischseuchen herangezogen wird. Die Eigenart der Tiergattung, die auch in der Bekämpfungsmethode ihren Ausdruck findet, rechtfertigt das Hervorheben in einem eigenen Absatz.

Einem Begehren, das aus Kreisen der Landwirtschaft, des Viehhandels und der Metzgerschaft gestellt wurde und die Aufnahme der Bekämpfung der Bandwurmfinnen in das Gesetz wünscht, konnte aus folgenden Überlegungen nicht entsprochen werden: Gemäss Artikel 69 der Bundesverfassung kommen zur staatlich geleiteten Bekämpfung
nur Tierkrankheiten in Betracht, die das Merkmal der Übertragbarkeit oder starken Verbreitung oder der Bösartigkeit erfüllen. Bei der Finnigkeit des Rindes kann bereits die Frage, ob es sich dabei um eine Tierkrankheit handelt, mit Berechtigung bezweifelt werden. Das Rind ist als Sekundärwirt nur Träger eines Zwischenstadiums des menschlichen Bandwurmes, ohne dass das Tier selber dabei in irgendwelcher Weise erkrankt oder sein Gedeihen beeinträchtigt wird.

Was die Übertragbarkeit anbetrifft, muss angenommen werden, dass im Sinne der Tierseuchengesetzgebung darunter primär eine direkte Übertragfaarkeit auf andere Tiere und erst sekundär eine solche auf den Menschen zu ver-

1069

stehen ist. Eine Übertragung von Bandwurmfinnen von einem Tier auf ein anderes ist jedoch nicht bekannt und auch nicht denkbar, weil der Entwicklungskreislauf dieses Parasiten zwingend an den Aufenthalt des Bandwurmes im Menschen gebunden ist.

Auf den.Grad der Verbreitung der Finnigkeit im schweizerischen Rinderbestand kann nur anhand der Feststellungen nach der Schlachtung geschlossen werden. Die Zahl der Befunde an lebenden oder abgestorbenen Finnen liegt wie in anderen Ländern auch in der Schweiz erheblich höher als früher. Das Merkmal der Bösartigkeit ist bei der Finnigkeit des Rindes offensichtlich nicht erfüllt ; es dürfte Sache der Humanmedizin sein, zu entscheiden, ob der Bandwurmbefall des Menschen gemeinhin als bösartige Krankheit bezeichnet werden kann.

Es darf im weiteren nicht ausser acht gelassen werden, dass tierseuchenpolizeiliche Massnahmen im Sinne des Tierseuchengesetzes grundsätzlich eine Lage voraussetzen, welche mit tierseuchenpolizeilichen Mitteln auch erfolgversprechend angegangen werden kann. Eine Tierkrankheit oder ein Mangel, der hier seuchenpolizeilich bekämpft werden soll, muss zumindest am lebenden Tier feststellbar sein, damit die nötigen Massnahmen beim Einzeltier oder bei der Gesamtheit einer Tiergattung (Population) ergriffen werden können. Die Erfassung finniger Rinder ist jedoch mit den heute zur Verfügung stehenden Mitteln, d. h. mit klinischen, serologischen, allergischen oder auch ändern Untersuchungsmethoden nicht möglich. Die Finnigkeit verläuft symptomlos und kann erst am geschlachteten Tier festgestellt werden.

Aus den gemachten Darlegungen ergibt sich, dass im Tierseuchengesetz keine rechtliche Grundlage für die Bekämpfung der Bandwurmfinnen verankert werden kann.

Die Fachleute aller Länder sind sich einig, dass eine erfolgversprechende Bekämpfung der Finnigkeit der Rinder bzw. der Taeniasis des Menschen nur über den Weg der zuverlässigen Erfassung und Behandlung der menschlichen Bandwurrnträger sowie der Verhinderung einer Übertragung der Wurmeier auf das Futter möglich ist. Solche Massnahmen gehen weit über das Tätigkeitsgebiet der Seuchenpolizei hinaus und betreffen insbesondere die Fleischschau, das Gesundheitswesen, den Gewässerschutz und die Landwirtschaft.

Mit Rücksicht auf die in den letzten Jahren in der Schweiz und im Ausland festgestellte
Zunahme der Rinderfinnen hat das Veterinäramt in der Instruktion für die Fleischschauer vom I.September 1962 eine strengere Massregelung des bei der Fleischschau als finnig befundenen Fleisches verfügt. Diese Vorschriften, gewissenhaft im ganzen Lande ausgeführt, bezwecken die Vernichtung der Finnen, wodurch der Entwicklungszyklus des Bandwurmes unterbrochen wird.

Verlangt wird einerseits eine intensivere Untersuchung der Tierkörper nach der Schlachtung auf das Vorhandensein von Finnen und andererseits eine strengere Beurteilung und Behandlung in Form von mehrtägigem Durchgefrieren der Tierkörper, nachdem die befallenen Organe und Körperteile beschlagnahmt und unschädlich gemacht worden sind. Dieses Vorgehen ergibt leider je nach Bundesblatt. 117. Jahrg. Bd. n.

71

1070 Tierkategorie und Verwendungszweck des Fleisches einen Schaden, verursacht namentlich durch Behinderung und Erschwerung im Verkauf sowie Gefrierkosten und weitere Spesen von 25 Rappen bis l Franken pro kg Totgewicht.

Unseres Erachtens richtet sich die Frage der Schadentragung vor allem nach privatrechtlichen Bestimmungen.

Mit den fleischhygienischen Massnahmen dürfte der Beitrag der Veterinärmedizin an die Bekämpfung der Finnen geleistet sein.

U. Organisation Die in Artikel 2-7 niedergelegte Organisation bringt keine wesentlichen Neuerungen und überlässt wiederum weitgehend den Kantonen die organisatorische Regelung des seuchcnpolizeilichen Dienstes, womit bis anhin gute Erfahrungen gemacht worden sind. Mit Rücksicht auf die Bedeutung der Bienenseuchen wird neuerdings die Wahl von Bieneninspektoren in Artikel 4 vorgeschrieben, eiue Bestimmung, die schon heute in der Praxis weitgehend erfüllt ist.

Ebenfalls praktisch schon vollzogen, aber im Gesetz nicht festgelegt, ist die Bezeichnung der Wasenmeister (Art. 5).

Um ein möglichst einheitliches Funktionieren in der Seuchenbekämpfung sicherzustellen, ist es angezeigt, dass von Bundes wegen gewisse Grundsätze über die Obliegenheiten und Befugnisse kantonaler Seuchenorgane aufgestellt werden. Dabei kann es sich bei den Befugnissen nur um solche technischer Art handeln. Die in Artikel 7 zuerkannten Kompetenzen sind für die betreffenden Funktionäre notwendig, damit sie in die Lage versetzt werden, den Vollzug der Vorschriften an Ort und Stelle zu überprüfen.

IQ. Bekämpfungsmassnahmen In den Artikeln 8-11 sind die Grundlagen für die Bekämpfung der Tierseuchen festgehalten.

Artikel 9 bildet den Grundpfeiler für die Bekämpfungsmassnahmen. In den Ziffern ] -6 spiegeln sich die konservativen Massnahmen wider, wie sie für eine ganze Reihe von Seuchen mit Erfolg angewandt wurden. Dazu kommt in Ziffer 7 eine neue Massnahme, die vor allem prophylaktischer Natur ist und bei Tuberkulose, Brucellosen, Zoonosen und Tiergesundheitsdiensten eingesetzt werden muss. Ziffer 8 verpflichtet den Tierhalter zur unentgeltlichen Mithilfe bei der Seuchenbekämpfung, soweit sein Tierbestand in Mitleidenschaft gezogen ist.

Die Mitwirkung der Transportanstalten (Ziff. 9) stiess bis anhin nie auf Schwierigkeiten, wenngleich eine gesetzliche Verankerung fehlte.

IV. Vorschriften
über den Verkehr mit Tieren, tierischen Stoffen und anderen Gegenständen In Artikel 12-17 sind die Grundsätze für den Tierverkehr aufgestellt, die keine bedeutenden Änderungen gegenüber der heutigen Gesetzgebung erfahren haben.

1071

In Artikel 14 ist erstmals vom «Verkehrsschein» die Rede, der den bis heute verwendeten Begriff «Gesundheitsschein» ersetzen soll. Die Bezeichnung «Gesundheitsschein» hat seit jeher falsche Vorstellungen erweckt, indem der Tiererwerber im Gesundheitsschein eine Art Garantie dafür sieht, dass das erworbene, von einem Gesundheitsschein begleitete Tier, tatsächlich gesund sei.

In Wirklichkeit dient dieser Ausweis aber nur zur Feststellung der Tatsache, dass das betreffende Tier aus einem Bestand stammt, über den keine Sperrmassnahmen aus seuchenpolizeilichen Gründen verhängt sind, so dass es ohne Bedenken für eine Seuchcnverschlcppung in den Verkehr gebracht werden kann.

Wir sind deshalb der Überzeugung, dass die Bezeichnung «Verkehrsschein» die Funktion am besten wiedergibt.

In Fachkreisen gab die Frage, ob der Verkehr mit Tieren der Pferdegattung der Kontrolle der Tierseuchenpolizei weiterhin unterstehen soll oder nicht, Anlass zu längeren Diskussionen. Gegen eine Kontrolle spricht der Umstand, dass in der Schweiz seit über 40 Jahren kein Fall von Rotz, einst die wichtigste anzeigepflichtige Pferdeseuche, mehr aufgetreten ist. Anderseits besteht natürlich die Möglichkeit, dass jederzeit Rotz oder eine andere Pferdeseuche, wie z. B. die afrikanische Pferdesterbe, eingeschleppt werden kann und eine Kontrolle dann notwendig und nützlich wäre. Überdies muss befürchtet werden, dass je nach den Verhältnissen die Aufhebung der Verkehrskontrolle auch für andere Tiergattungen angestrebt würde, was keinesfalls erwünscht ist. In Übereinstimmung mit der Mehrheit der Kantone halten wir deshalb am bisherigen Zustand fest.

Im Absatz 2 dieses Artikels sind für Tiere, die vorübergehend in einen ändern Viehinspektionskreis verbracht werden, Ausnahmen vorgesehen, wie z. B.

zum Zwecke des Weidegangs oder der Auf ätzung von Futter, ebenfalls wenn sie zur Arbeit, Zucht,-tierärztlichen Behandlung oder Teilnahme an Springkonkurrenzen und an lokalen Schauen in einen ändern Viehinspektionskreis verbracht werden müssen, sofern die Beförderung auf der Strasse entweder an der Hand oder mit Fahrzeugen geschieht. Unter lokalen Schauen versteht man die alljährlich innerhalb einer Zuchtviehkorporation vorgenommene Taxierung der Herdebuchtiere durch Tierzuchtexperten.

Nach Artikel 17 dürfen Tiere der Pferde-, Rinder-, Schaf-,
Ziegen- und Schweinegattung auf den Eisenbahnen oder Schiffen nur befördert werden, wenn sie von einem Verkehrsschein oder Passierschein im Sinne von Artikel 26 begleitet sind. Eine einzige Ausnahme bilden die Militärpferde.

Seuchenpolizeilich notwendig ist gemäss Artikel 18 die tierärztliche und polizeiliche Überwachung der Märkte oder Ausstellungen für Tiere der Pferde-, Rinder-, Schaf-, Ziegen- oder Schweinegattung, Absatz 3 gibt dem Bundesrat die Möglichkeit, diese Massnahmen auch auf Tiere anderer Gattungen auszudehnen, sofern diese eine Gefahr der Übertragung von Seuchen darstellen, wie z. B. Hunde-, Kaninchen- oder Geflügel-Märkte oder -Ausstellungen.

Da bis heute im Gesetz die Grundlage für den Erlass von seuchenpolizeilichen Vorschriften über die Sommerung und Winterung gefehlt hat, ist in Artikel 19 ein entsprechender Text aufgenommen worden.

1072 Gemäss Artikel 21, der sich mit dem Verbot des Hausierens mit Tieren befasst, ist inskünftig auch der Hausierhandel mit Geflügel verboten.

Nach wie vor wird das Treiben von Wanderschafherden erlaubt sein, obschon dabei die Schwierigkeiten durch den Widerstand der Flachlandbauern immer grösser werden. Es ist vorauszusehen, dass auf diesem Gebiet gewisse Änderungen Platz greifen müssen.

Selbstverständlich wird die Alpfahrt bei der Sommerung nicht als Treiben einer Wanderherde im Sinne dieses Gesetzes bewertet.

In Artikel 22 wird erstmals von «sanitätspolizeilichen» Vorschriften gesprochen, während vorher immer von «seuchenpolizeilichen» Massnahmen die Rede ist. Die Verwendung des Begriffes ist bewusst vorgenommen worden, um darzutun, dass in diesem Fall Vorschriften in Frage kommen, die über den relativ eng umgrenzten Anwendungsbereich der Seuchenpolizei hinausgehen und auch Gebiete der Tier- und Fleischhygiene, eventuell der Humanmedizin, beschlagen können.

Artikel 24. Bis heute fehlte die Möglichkeit, zur Ausfuhr gelangende Tiere einer seuchenpolizeilichen Kontrolle zu unterstellen. Im Zusammenhang mit staatsvertraglichen Bindungen sind wir jedoch zu Ausfuhrkontrollen verpflichtet.

Das Veterinärabkommen mit Italien vom 2.Februar 1956 (AS 1958, 155) verlangt von uns in Artikel 4 Bestätigungen über den Gesundheitszustand der auszuführenden Tiere, die nur anhand tierärztlicher Kontrollen möglich sind. Ebenso sind wir verpflichtet, gemäss Artikel 2 des Veterinärabkommens mit Rumänien vom 28. Februar 1964 (AS 1965, 722) die tierärztliche Untersuchung vor der Ausfuhr vorzunehmen. Diese Exportkontrollen dienen zudem der Seuchenbekämpfung im Inland insofern, als wir durch die Untersuchungsbefunde, falls sie positive Ergebnisse betreffend Bang, Tuberkulose usw. zutage fördern, wichtige Rückschlüsse auf die Herkunftsbestände erhalten, die im Anschluss daran einer sofortigen, genauen tierärztlichen Kontrolluntersuchung unterzogen werden. Dadurch können eventuelle versteckte Seuchenquellen rasch erfasst und unschädlich gemacht werden. Aus diesem Grunde ist in diesem Artikel vorgesehen, dass der Bundesrat die Bedingungen nicht nur für die Einund Durchfuhr von Tieren, sondern auch für deren Ausfuhr festlegt. Hingegen ist es im Gegensatz zu früher von grossem praktischem Nutzen, wenn das Veterinäramt
befugt ist, die Ein- und Ausfuhrstellen zu bezeichnen. Ferner soll es die Ermächtigung erhalten, Ein- und Durchfuhren je nach den sanitätspolizeilichen Verhältnissen zu beschränken oder gänzlich zu verbieten. Dies ist um so notwendiger, als solche Entschlüsse nicht selten innert weniger Stunden gefasst werden müssen.

Bezüglich der immunbiologischen Erzeugnisse wird die Kompetenz des Veterinäramtes normalerweise nur für die Einfuhr ausgenützt werden, da die Aus- oder Durchfuhr die Seuchenbekämpfung nicht beeinflusst.

Artikel 25. Bei der praktischen Anwendung dieser Voischiîft wird es nach wie vor selbstverständlich sein, bei Rückweisung von Tieren vorerst mit den Veterinärbehörden des Herkunftslandes Fühlung zu nehmen und zu versuchen,

1073 über den Rücktransport der Tiere oder eine mögliche Schlachtung an Ort und Stelle zu einer Verständigung zu kommen.

Artikel 27. Die bisherige Regelung befriedigte nicht. Es gibt eine ganze Reihe von Impfstoffen, die für tierische Krankheiten bestimmt sind, welche aber von Staates wegen nicht bekämpft werden müssen.

Der Impfstoff selbst könnte hingegen infolge seiner Herstellung jederzeit eine ansteckende, staatlich bekämpfte Seuche übertragen. Dazu besteht durch eine staatliche Impfstoffkontrolle die Möglichkeit, die Verwendung ungenügender oder ungeeigneter Impfstoffe zu verhindern und dadurch indirekt der Ausbreitung von Tierkrankheiten so entgegenzuwirken, dass eine staatliche Intervention zu deren Bekämpfung unterbleiben kann. Die Fassung dieses Artikels bezweckt, die Kontrolle auf Unschädlichkeit und soweit möglich auf Wirksamkeit auf sämtliche immunbiologischen Erzeugnisse ausdehnen zu können.

In Absatz 4 dieses Artikels ist eine Kausalhaftung vorgesehen für öffentliche und private Institute sowie für Personen, die krankmachende Mikroorganismen wie Tuberkulosebakterien, Maul- und Klauenseuche-Virus, Tollwutvirus usw. halten und damit arbeiten, sofern daraus Schadenfälle entstehen.

Wir erinnern bei dieser Gelegenheit daran, dass die Myxomatose der Kaninchen im Jahre 1952 durch einen Arzt nach Frankreich eingeschleppt wurde, der mit dem Virus den Wildkaninchenbestand in seinem Landsitz ausrotten wollte. Die Folge davon war eine Verseuchung Europas mit entsprechend grossen Schäden.

Artikel 30, zweiter Satz, will den seuchenpolizeilichen Organen die Mittel in die Hand geben, in bestimmten Fällen, z, B. bei Maul- und Klauenseuche, Massnahmen gegen die passive Verbreitung von Seuchen durch Hunde und Katzen zu treffen.

V. Beiträge der Kantone und des Bundes an die Kosten der Tierseuchenbekämpfung Artikel 31. Am Grundsatz, dass jener Kanton, in dem sich die Tiere befinden, die Entschädigungen für Tierverluste leistet, wird festgehalten. Dasselbe gilt auch für die Bekämpfiingskosten, was bis heute wohl in der Vollziehungsverordnung, nicht aber im Gesetz ausdrücklich gesagt ist.

Artikel 32. Eine möglichst einheitliche Entschädigungspraxis in den Kantonen wirkt sich günstig auf die Bekämpfung der Tierseuchen aus. In Absatz l, Ziffer l sind jene Tierverluste erfasst, die entstehen, wenn Tiere
umstehen oder abgetan werden müssen, unabhängig davon, ob eine tierärztliche Diagnose bereits gestellt werden konnte. Immer muss jedoch nachträglich als Ursache eine in Artikel l, Absatz l, Ziffern 1-11 aufgezählte Krankheit festgestellt werden.

Wenn in diese Gruppe auch die klassische Viruspest der Schweine eingeschlossen wurde, so deshalb, weil die Diagnose bei den ersten Fällen meist noch nicht mit Sicherheit gestellt werden kann und es ungerecht wäre, den Tiereigentümer für die umgestandenen Tiere nicht zu entschädigen, weil die sichere Erkennung der Krankheit nachhinkt. Einen weiteren Vorteil dieser Entschädigungspraxis sehen wir darin, dass der Tiereigentümer daran interessiert ist, schon bei den ersten Tierverlusten Meldung zu erstatten, um eines eventuellen Entschädigungs-

1074 anspruches nicht verlustig zu gehen. Mit einer möglichst frühzeitigen Erfassung der Seuche sind anderseits die seuchenpolizeilichen Organe in den Stand versetzt, eine grössere Ausbreitung derselben zu verhindern und allzugrosse Schäden zu verhüten.

In Ziffer 2 wird die Entschädigungspflicht auf alle 18 Seuchen des Artikels l ausgedehnt, sofern die erkrankten Tiere wegen einer behördlich angeordneten Behandlung umstehen oder abgetan werden müssen.

Nach Ziffer 3 muss die Entschädigung für alle Tiere ausgerichtet werden, sofern ihre Abschlachtung oder Vernichtung behördlich angeordnet wird, und zwar kann es sich dabei um gesunde oder erkrankte Tiere handeln oder solche, die der Ansteckung ausgesetzt waren.

Unter Ziffer 4 sind jene Entschädigungsf alle aufgeführt, die im Anschluss an Schutzimpfungen, Blutprobe-Entnahmen usw. auftreten können, wobei natürlich der Kausalzusammenhang nachgewiesen sein muss.

Mit Absatz 3 wird einem berechtigten Begehren Rechnung getragen, das schon seit langem gestellt wurde. Wir erinnern bei dieser Gelegenheit nur an die grossen Zuchtstierm^rkte in Zug und Ostermundigcn, wo Tiere aus einem grossen Einzugsgebiet aufgeführt werden und es dem Markt-Kanton nicht zugemutet werden könnte, für Schäden aufzukommen, die kantonsfremde Tiere betreffen.

Gemäss Artikel 33, Absatz l sind die Kantone berechtigt, die Entschädigungsleistungen für Tierverluste laut Artikel 32, Absatz l, Ziffer l auch auf die Krankheiten auszudehnen, die in Artikel l, Absatz l, Ziffern 12-18 aufgeführt sind. Von diesen Krankheiten dürfte am ehesten die Geflügelpest oder Pseudopest dafür in Frage kommen. Selbstverständlich ist der Kanton überdies befugt, an Tierverluste Beiträge zu leisten, die durch eine in Artikel l nicht erfasste Krankheit verursacht werden. In diesen letzteren Fällen kann er allerdings keine Bundessubvention erwarten.

In Absatz 2 wird den Kantonen die Möglichkeit zugestanden, Entschädigungen an Verluste bei Tieren zu leisten, die im Ausland gesommert werden, sofern der Eigentümer in der Schweiz wohnt und die Abschlachtung oder Vernichtung auf Anordnung einer kantonalen Behörde vorgenommen wurde. Bekanntlich werden vor allem in Frankreich jedes Jahr Tausende von Rindern aus der Schweiz gealpt.

In Artikel 34, Absatz 2 wird bestimmt, dass ausser für Hunde, Katzen und Wild auch
für exotische Tiere und solche von geringem Wert keine Entschädigungen geleistet werden. Die Haltung von exotischen Tieren - worunter wir alle jene Tiere verstehen, die natürlicherweise in unserem Land nicht beheimatet sind -, ist eine ausgesprochene Liebhaberei, weshalb die öffentliche Hand nicht beansprucht werden soll, wenn bei solchen Tieren Seuchenverluste entstehen.

Der Begriff «Tiere von geringem Wert» darf nicht so interpretiert werden, dass darunter Bienen oder Kaninchen zu verstehen sind, die einer im Gesetz verankerten Seuche zum Opfer fallen, da es sich in beiden Fällen normalerweise um ganze Bienenvölker oder Kaninchenbestände handelt, die einen grösseren Wert darstellen.

1075 Artikel 35 ist hauptsächlich mit Rücksicht auf die Bekämpfung der Tollwut in das Gesetz aufgenommen worden. Diese Seuche kann vom Tier auf den Menschen übertragen werden und führt bei nicht rechtzeitiger Schutzimpfung unweigerlich zum Tode. Die Bedrohung für die Schweiz sehen wir in der Tollwut-Situation unseres Nachbarlandes Deutschland, wo die Seuche als sogenannte Wildtollwut seit Ende des letzten Weltkrieges von Ostdeutschland in südwestlicher Richtung unaufhaltsam vorgedrungen ist und im Jahre 1964 schon in den nur rund 60 km von der Schweizer Grenze entfernten Schwarzwaldbezirken Horb, Rottweil und Baiingen festgestellt wurde. Die Erfahrung hat gezeigt, dass in speziell gelagerten Fällen der behördlich angeordnete Abschuss von Wild einen gewissen Erfolg verspricht. Handelt es sich dabei z. B. um Füchse, so dürfte ohne Ausrichtung einer Prämie die Zahl der abgeschossenen Tiere kaum so gross sein, dass eine wirksame Verminderung der Population erreicht wird, die notwendig ist, um eine Weiterverbreitung der Seuche zu verhindern. Zurzeit sind in Deutschland Grossversuche mit der Vergasung von Fuchsbauen im Gange, von denen man sich noch mehr Erfolg verspricht.

Artikel 36, Absatz 3 räumt den Kantonen einen etwas weiteren Spielraum als früher in der Bemessung von Entschädigungen an die betroffenen Tiereigentümer ein, wobei immerhin der Höchstansatz von 90 Prozent des Schatzungswertes nicht überschritten werden darf, will der Kanton der Bundessubvention nicht verlustig gehen. Einen Selbstbehalt des Geschädigten, der je nach dem Charakter der Seuche abgestuft werden soll, mindestens aber 10 Prozent des Schatzungswertes zu betragen hat, erachten wir nach wie vor als berechtigt. Damit wird sein eigenes Interesse an der Verhütung von Seuchen wesentlich gesteigert und seine Sorgfaltspflicht, die nicht wie z. B. bei Tuberkulose und Rinderabortus Bang bereits durch genaue gesetzliche Vorschriften umfassend geregelt ist, vermehrt angesprochen. Anderseits haben die Kantone die Möglichkeit, in Fällen, wo der persönliche Einfluss des Tiereigentümers bei korrekter Befolgung der Gesetzesbestimmungen zur Verhütung gering ist (Tuberkulose, Rinderabortus Bang [Postulate Kurzmeyer und Clavadetscher]), oder wenn plötzlich und unvermutet grosse Schäden entstehen (Maul- und Klauenseuche), den Höchstansatz von 90
Prozent in Anwendung zu bringen. Anderseits soll den Kantonen aber auch ermöglicht werden, den Entschädigungsansatz innerhalb einer Seuchenkrankheit abzustufen. Wir denken dabei vor allem an die klassische Viruspest der Schweine, bei der auch die umgestandenen sowie die zur Schlachtung gebrachten kranken und gesunden Tiere entschädigt werden.Wir glauben, dass bei dieser Seuche durch sorgfältige Auswahl beim Zukauf, Absonderung und durch gründliche Beobachtung während einiger Zeit nach dem Einstellen der Tiere ein wirksamer Beitrag seitens des Schweinehalters zur Prophylaxe geleistet werden kann. Zudem können die Verluste bei rechtzeitiger Meldung von Verdachtssymptomen in der Regel in engeren Grenzen gehalten werden.

Artikel 37. Die Bekàmpfungskosten umfassen einen ganzen Katalog von Massnahmen, die hauptsächlich Untersuchungen und Kontrollen von Tieren zur Feststellung von Krankheiten oder behördlich angeordnete Schutz- und

1076 Heilbehandlungen betreffen. Daneben kommen auch diagnostische Untersuchungen tierischen Materials in Frage, dazu eine Vielzahl von Handlungen, die für eine wirksame Bekämpfung notwendig sind. Darunter fallen unter anderem wie bis anhin auch die amtlichen Verrichtungen der Bieneninspektoren und ihrer Gehilfen.

Artikel 38, Absatz l ordnet die Beiträge des Bundes an die Ausgaben der Kantone für Tierentschädigungen und Bekämpfungskosten, wobei ein einheitlicher Ansatz von 30-50 Prozent, abgestuft nach der Finanzkraft der Kantone, vorgesehen ist. Im Gegensatz zur heutigen Regelung, die für Tierentschädigungen einen Bundesbeitrag von 40-50 Prozent erlaubt, muss der Beitragsrahrhen nach unten erweitert werden, wodurch der interkantonale Finanzausgleich wirksamer zum Spielen kommt. Die Erweiterung des Subventionsrahmens für die Bundesbeiträge, welche die finanzschwachen Kantone nicht trifft und vor allem bei den finanzstarken Kantonen sich auswirkt, kommt, mit Ausnahme der Tuberkulose, nur für die Tierentschädigungen in Frage, da für die Bekämpfungskosten der Ansatz von 30-50 Prozent schon bisher galt. Bei der TuberkuloseBekämpfung hingegen sind auch die Bekämpfungskosten von der Verschlechterung betroffen, da sie bis anhin mit 40-50 Prozent Bundesbeitrag aubventioniert wurden.

Dazu ist zu bemerken, dass in der Prophylaxe, die den Hauptteil der Bekämpfungskosten ausmacht, heute mehr denn je der Schwerpunkt jeder Bekämpfungsaktion liegt und die Tierverluste durch Abschlachtung oder Vernichtung geringer werden, so dass die Mehrbelastung durch den Abbau des Bundesbeitrages für den einzelnen betroffenen Kanton finanziell nur unwesentlich ins Gewicht fällt.

An die Erstellung der Räude-Bäder ist bei der Bemessung des Bundesbeitrages der bisherige Ansatz beibehalten worden.

Absatz 2. Es ist wichtig, die amtlichen Tierärzte von Zeit zu Zeit in Fortbildungskursen über die neuesten Erkenntnisse der Wissenschaft und Praxis auf dem Gebiete der staatlichen Tierseuchenbekämpfung zu orientieren. Damit wird auch eine bessere Koordination und Übereinstimmung der Massnahmen im ganzen Land erreicht. Die Vieh- und Bieneninspektoren sollen vorerst in Instruktionskursen mit ihrer Aufgabe vertraut gemacht werden, denen je nach den Umständen Wiederholungskurse folgen, damit eine Orientierung über die Neuerungen erfolgen
kann. Gleichgerichtete Instruktionen sind auch hier notwendig und liegen im Interesse des Bundes - deshalb die Beteiligung an den kantonalen Ausgaben.

Artikel 39 ermächtigt den Bund, Beiträge an die Aufwendungen für die Erstellung von Tierkörperbeseitigungsanlagen zu leisten. Die Art der Beseitigung von Tierkörpern und von Fleischkonfiskaten durch Vergraben in dafür bestimmten Wasenplätzen ist seuchenpolizeilich ausserordentlich unbefriedigend und führt immer wieder dazu, dass viele Kadaver entgegen den Vorschriften in Flüsse geworfen oder in Kiesgruben, im Wald usw. deponiert werden. Sie bilden nicht nur eine Gefahr der Gewässerverschmutzung, sondern sind vor

1077

allem dazu angetan, Seuchenverschleppungen Vorschub zu leisten. Heute ist es zudem schwer, geeignete Wasenplätze zu finden. Ebenso schwierig ist es, zuverlässige Funktionäre für dieses Verbringen und Vergraben der Kadaver und Konfiskate zu verpflichten. Die einzig sichere und hygienisch einwandfreie Beseitigung stellt die Verbrennung oder industrielle Verwertung zu Tierkörpermehl dar, das zum Teil als Düngemittel und zum Teil als Futtermittel Verwendung findet.

Erhebungen des Veterinäramtes in allen Kantonen über den Anfall an Tierkadavern und deren Beseitigung zeitigten u. a. folgende Ergebnisse: In 34 dem Amt gemeldeten Kadaververbrenmmgs- oder Verwertungsbetrieben sind im Betriebsjahr 1963 8300 Tonnen Kadaver, Fleischkonfiskate und Metzgereiabfälle verbrannt oder verwertet worden. Auf die Bevölkerung des Einzugsgebietes ergibt sich ein jährlicher Anfall pro Einwohner von 4 kg. Umgerechnet auf die ganze Bevölkerung der Schweiz beträgt dieser Anfall 22 000 Tonnen. Berücksichtigt man, dass der Fleischverbrauch pro Kopf der Bevölkerung ständig zunimmt, so muss, will man nicht zu knapp planen, ein durchschnittlicher jährlicher Anfall von 8-10 kg pro Einwohner in Rechnung gestellt werden. Eine finanzielle Unterstützung zur einwandfreien Vernichtung dieser Abfälle durch den Bund erachten wir als notwendig.

Bei der Festsetzung der Beiträge werden wir Anlagen, die nur privaten Zwecken dienen, von einer Hilfeleistung des Bundes ausschliessen. Mit der Zuerkennung einer Bundessubvention soll eine zweckmässige regionale Planung in der Verteilung der Anlagen über das ganze Land unter Bevorzugung der Verwertungsanlagen erreicht werden. Letztere haben den wirtschaftlich nicht zu unterschätzenden Vorteil, durch die Produktion von Tierkörper- und Blutmehl ein Futtermittel von hohem Eiweissgehalt zu liefern und als weiteres Fabrikat das Fett, welches in der Seifenindustrie gute Verwendung findet, aus dem anfallenden Material zu extrahieren. Allerdings sind die Erstellungskosten einer solchen Anlage erheblich höher als jene zur Verbrennung, also zur reinen kostenfressenden Vernichtung. Nach den Erfahrungen im In- und Ausland ist aber auch mit einer Verwertungsanlage kein Gewinn zu erzielen ; immerhin dürfte der Betrieb, sofern er eine gewisse Grosse und Kapazität aufweist und rationell organisiert ist, selbsttragend
arbeiten können. Die geographische Vielgestaltigkeit der Schweiz wird die Planung gewisser Zonen fordern in dem Sinne, dass namentlich in gebirgigen, schwer zugänglichen Regionen noch der Wasenplatz beibehalten werden muss, andere Gebiete durch Verbrennungsanlagen oder je nach Einzugsgebiet durch Verwertungsanlagen versorgt werden können. Eine Koordination zwischen Gemeinden und Kantonen muss verlangt werden, um möglichst einfach und billig vorgehen zu können und eine genügende Auslastung der Anlage zu garantieren. Der Bundesrat wird voraussichtlich in der Regelung der Beiträge gewisse Kompetenzdelegationen vornehmen müssen, die, abgestuft nach der Höhe des Betreffnisses, an das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement oder das Veterinäramt übertragen werden.

Artikel 40. In neuerer Zeit treten bei verschiedenen Tierarten im Zusammenhang mit der Intensivhaltung eine Reihe von Infektionskrankheiten von volkswirtschaftlicher Bedeutung auf, deren Natur eine erfolgreiche Bekämpfung mit

1078 den Mitteln der Tierseuchenpolizei nicht ermöglicht. Es sind deshalb auf privater Grundlage oder mit staatlicher Unterstützung Organisationen geschaffen worden, die sich zum Ziele setzen, durch geeignete Verfahren und Methoden verseuchte Bestände zu sanieren und krankheitsfreie gesund zu erhalten. Diese als Gesundheitsdienste bezeichneten Verfahren umfassen eine intensive Beratung der Tierhalter und stützen sich weitgehend auf pathologisch-anatomische, bakteriologische und serologische Untersuchungen. Um ihre Wirksamkeit zu gewährleisten, ist es vor allem notwendig, die Voraussetzungen für die Anerkennung eines Bestandes als krankheitsfrei gesamtschweizerisch festzusetzen und die Durchführung der Verfahren seuchenpolizeilich zu überwachen. Es ist durchaus denkbar, dass derartige Gesundheitsdienste zur Bekämpfung gewisser Krankheiten bei verschiedenen Tiergattungen, wie z. B. bei Schweinen, Geflügel und den Bienen, zur Anwendung kommen. Deshalb liegt es sicher im Interesse der ganzen Volkswirtschaft, wenn der Bund ein Aufsichts- und Mitspracherecht erhält. Ebenso erachten wir es als angezeigt, wenn er mit gewissen dauernden oder vorübergehenden finanziellen Leistungen sich an diesen Gesundheitsdiensten beteiligt. Sollte es sich bei der Durchführung von Tiergesundheitsdiensten zeigen, dass gewisse Infektionskrankheiten in die Liste gernäss Artikel l, Absatz l einzureihen sind, müsste nach dessen Absatz 2 vorgegangen werben. Das Veterinäramt hat sich an einem vom Bernischen Schweinezüchterverband unter Mitwirkung der kantonalen Landwirtschaftsdirektion im Jahre 1961 probeweise ins Leben gerufenen Schweinegesundheitsdienst, an dem Ende 1963 39 Zuchtbestände angeschlossen waren, auf Zusehen hin finanziell beteiligt.

Dieser Gesundheitsdienst, nach schwedischem Vorbild organisiert, hat bereits erfreuliche Resultate gezeitigt, so dass immer mehr Züchter auch ausserhalb des Kantons Bern sich dafür interessieren. Durch die Produktionsverbesserungen mit einem erheblich reduzierten Verlust infolge vorzeitigem Abgang der Tiere können Schäden von vielen Millionen Franken - sie werden heute mit ungefähr 10 Millionen angegeben - vermieden werden.

Artikel 41. Es liegt im Aufgabenkreis des Veterinäramtes, dass es sich laufend mit den neueren Erkenntnissen der Wissenschaft und Forschung über die Tierseuchen
und deren Bekämpfung vertraut macht. Für eigene Versuche und Untersuchungen, die als notwendig erachtet werden, müssen oft Institute der Veterinär-medizinischen Fakultäten oder Spezialisten herangezogen werden, wofür dem Amt im Voranschlag die erforderlichen Kredite einzuräumen sein werden. Wir denken da nicht zuletzt an Forschungen auf dem Gebiet der Leberegelseuche und ändern Infestationen, die in letzter Zeit nicht unwesentlich überhand genommen haben.

Es wäre auch denkbar, dass bestimmte Aufgaben der Seuchenbekämpfung, z. B. im Bereiche der Fischseuchen, an geeignete Institute ausserhalb der Bundesvcrwaltung übertragen werden müssen, weil das Veterinäramt nicht über das notwendige Fachpersonal verfügt, das zur Überwachung der Bekämpfungsmassnahmen gefordert werden muss. In diesem Fall würde dann Artikel 41 die gesetzliche Grundlage bilden für die Abtretung gewisser Funktionen an eine

1079 andere Stelle ausserhalb der Bundesverwaltung, wobei natürlich diese Stelle dem Veterinäramt Rechenschaft über ihre Tätigkeit abzulegen hätte.

In Artikel 42 wird ein Verfahren legalisiert, das seit Jahrzehnten ausgeübt wurde und sich bewährt hat, ohne im Gesetz verankert zu sein.

Artikel 43. Bereits bei der heute geltenden Regelung hat der Bundesrat die Möglichkeit, Bestimmungen aufzustellen, nach denen zu den Entschädigungen der Kantone ergänzende Leistungen von Viehversicherungskassen zulässig wären. Er hat allerdings davon nie Gebrauch gemacht. Wenn trotzdem dieser Artikel nicht fallen gelassen, im Gegenteil noch durch «andere öffentliche oder private Versicherungsanstalten» erweitert wurde, so deshalb, weil heute die Preise für Spitzentiere derart hoch sind, dass eventuell doch ergänzende Leistungen von Versicherungskassen'für Spezialf alle in Frage kommen könnten.

Artikel 44 entspricht der üblichen Regelung für Rückerstattungen.

VI. Rechtsschutz und Straf bestimmungen Die Artikel 46 und 47 sehen gegenüber der heutigen Gesetzgebung eine wesentliche Erhöhung der Geldstrafen vor, die nicht nur der Geldentwertung, sondern auch der Schwere der strafbaren Handlungen besser gerecht wird.

Artikel 48 entspricht der heute gehandhabten Regelung. Die übrigen Artikel dieses Abschnittes enthalten keine Neuerungen.

VII. Vollzugs-, Schluss- und Übergangsbestimmungen Artikel 52 überbindet wiederum den Kantonen den Vollzug des Gesetzes, ausgenommen an der Zollgrenze, wo er Sache des Bundes ist.

Artikel 53. Zu wiederholten Malen haben wir festgestellt, dass in einzelnen Kantonen die gesetzlichen Grundlagen zur disziplinarischen Bestrafung eines Seuchenfunktionärs ungenügend sind. In diesen Fällen werden die kantonalen Behörden inskünftig die Möglichkeit haben, sich auf das Bundesrecht zu berufen.

Artikel 55, Auf die Weiterführung eines eidgenössischen Tierseuchenfonds wurde verzichtet. Fallen gelassen wurde damit auch die Bestimmung, dass die durch das Gesetz veranlassten Ausgaben einzig aus dem Gebührenertrag finanziert werden sollen. Zwar Hefern die Einnahmen aus den Gebühren zurzeit günstige Erträgnisse, doch kann bei veränderten Verhältnissen auf der Einnahmenoder Ausgabenseite eine Lage eintreten, welche die Heranziehung allgemeiner Bundesmittel zur Bestreitung der Verpflichtungen des Bundes
aus diesem Gesetz notwendig macht.

Hingegen bleibt die zweckgebundene Bestimmung der Einnahmen aus den Gebühren, welche bei Anlass der Untersuchungen an der Grenze von Tieren, Fleisch und anderen tierischen Stoffen sowie der Prüfung immunbiologischer Erzeugnisse erhoben werden, nach wie vor im Gesetz stipuliert.

1080

Wie bisher, so soll auch weiterhin die Höhe der Gebühren vom Bundesrat festgesetzt werden.

Die übrigen Artikel dieses Abschnittes ordnen die notwendigen Vollzugs-, Schluss- und Übergangsbestimmungen, Sie enthalten keine wesentlichen Neuerungen gegenüber der heutigen gesetzlichen Regelung. Zu Artikel 58, Absatz 2 ist immerhin folgendes zu bemerken : Nach der bisherigen Vorschrift waren die Kantone ermächtigt, die notwendigen Ausführungsvorschriften auf dem Verordnungsweg zu erlassen. Auf eine solche Ermächtigung wurde nun verzichtet.

Dafür werden nun die Kantone angewiesen, in ihren Ausführungserlassen zum vorliegenden Bundesgesetz der Regierung die Befugnis zu erteilen, in dringlichen Fällen direkt das Nötige vorzukehren. Sodann ermächtigt Artikel 58, Absatz 2 die Kantonsregierungen, die notwendigen Anordnungen von sich aus zu treffen, solange die erwähnten Ausführungserlasse noch nicht ergangen sind.

C. Finanzielles

Zieht man die Einnahmen und Ausgaben der letzten 10 Jahre des Veterinäramtes in Betracht, so ergibt sich, dass in den Jahren 1955-1959 Mehrausgaben entstanden, die aus den allgemeinen Bundesmitteln zu bestreiten waren. Ab 1960 stellten sich von Jahr zu Jahr ansteigende Mehreinnahmen ein. Trotz seit Jahren gleichbleibender und zum Teil herabgesetzter grenztierärztlicher Gebühren wachsen die Einnahmen aus diesem Sektor weiter an, weil die importierten und transitierenden Waren einen immer grösseren Umfang annehmen.

Im Vordergrund steht der Platz Basel, wo der Gebührenertrag im Jahre 1956 4,6 Millionen Franken erreichte, 1963 bereits 12 Millionen und letztes Jahr 14,1 Millionen Franken, das sind durchschnittlich 75-80 Prozent der gesamten grenztierärztlichen Gebühreneinnahmen. Dementsprechend musste die Zahl der vollamtlichen Grenztierärzte in Basel im Laufe der letzten 10 Jahre von zwei auf vier erhöht werden, und es dürfte nur noch eine Frage der Zeit sein bis zur Einstellung eines fünften Funktionärs. Auf der Ausgabenseite ist ein Rückgang eingetreten, nachdem die Rindertuberkulose (Ende 1959) und der Rinderabortus Bang (Ende 1963) erfolgreich bekämpft waren.

Aus der Zusammenstellung in Tabelle l ist der Anteil am Total der Bundesbeiträge an die kantonalen Kosten für die Seuchenbekämpfung ersichtlich, den die vier wichtigsten Seuchen ausmachten. Den grössten Unsicherheitsfaktor stellt zweifellos die Maul- und Klauenseuche dar, die 1955 nur 99 000 Franken, 1963 aber beinahe 2 Millionen Franken gekostet hat. Die Beiträge für die Bekämpfung von Rindertuberkulose und Abortus Bang gehen fortwährend etwas zurück und werden während einer Reihe von Jahren weiterhin, wenn auch etwas bescheidener, rückläufig sein. Dabei wurde die Teuerung, soweit möglich, bei der Bemessung der tierärztlichen Verrichtungen sowie der Schatzungsmaxima der Ausmerztiere berücksichtigt. Die Schweinepest spielt kostenmässig keine sehr grosse Rolle, ist allerdings in den Kantonen nicht gleichmässig erfasst worden.

1081 Tabelle l zeigt ferner die Aufteilung der jährlichen Bundesbeiträge an die " Kosten der Kantone für die Seuchenbekämpfung, auf Tierentschädigungen und allgemeine Bekämpfungskosten. Deutlich sichtbar ist das Absinken der Ausgaben für die Tierentschädigungen seit dem Abschluss der Tuberkulosebekämpfung, die nur gestört wird, wenn die Maul- und Klauenseuche in vermehrtem Masse auftritt (1961 und 1963), während die Bekämpfungskosten ziemlich konstant sind.

II Welche finanziellen Auswirkungen lässt das vorliegende Gesetz für den Bund erwarten?

Von den unter Artikel l, Absatz l, Ziffern 1-18 aufgeführten Krankheiten bleibt die Maul- und Klauenseuche nach wie vor in gewissen Grenzen eine unbekannte Grosse. Immerhin kann sie dank der erprobten Bekämpfungsmethode so weit unter Kontrolle gehalten werden, dass die Ausgaben nur ab und zu die EinmiUionengrenze übersteigen und ausnahmsweise bis zu 2 oder 2,5 Millionen Franken anwachsen. Es besteht zudem die Hoffnung, dass die grossen Anstrengungen, die europäisch und international gemacht werden, nach und nach Erfolg haben, wodurch die Einschleppungsgefahr von Virus und die Seuchenausbrüche verringert werden.

Die Bekämpfung der Tuberkulose und des Rinderabortus Bang (Tabelle 2) wird, wie bereits unter Abschnitt I dargetan, bei den Tierentschädigungen mit zunehmender Festigung der Bestandesfreiheit Minderausgaben bringen und in den nächsten Jahren um 200 000 bzw. 800 000 Franken absinken. Es sei daran erinnert, dass die offizielle Tuberkulosefreiheit dann erlangt wird, wenn 99,5 Prozent der Tiere sämtlicher Bestände tuberkulosefrei sind; beim Rinderabortus Bang wird die Bangfreiheit bei 99 Prozent aller Tiere zuerkannt. Bei den Bekämpfungskosten ist ein gleiches nicht sofort zu erwarten. Ein Rückgang wird erst dann eintreten, wenn die Verhältnisse erlauben, den Zeitabschnitt zwischen den Kontrolluntersuchungen auf Tuberkulose zu vergrössern und die Untersuchungen des Blutes auf Abortus Bang wesentlich zu beschränken, eine Forderung, der höchst wahrscheinlich auf Grund von gemachten Studien in zustimmendem Sinne baldigst entsprochen wird. Beide Massnahmen dürften schätzungsweise eine Herabsetzung der Bekämpfungskosten von insgesamt 500 000 Franken bringen, die bei weiterer Teuerung infolge erhöhter Entschädigung an die Kontrolltierärzte und Untersuchungsinstitute
entsprechend verkleinert würde. Mit Rücksicht auf die dauernde Abnahme der Zahl der Bangausmerztiere wird die Erfüllung der Postulate Kurzmeyer und Clavadetscher, in der ganzen Schweiz für die Bemessung der Bundesbeiträge 90 Prozent des amtlichen Schatzungswertes zu berücksichtigen, den Bund finanziell schätzungsweise höchstens mit 100 000 Franken belasten.

Eine Mehrausgabe von ungefähr 100 000 Franken ist anfanglich bei der Schweinepest, deren schärfere Erfassung vorgesehen ist, zu erwarten. Wird aber das damit verfolgte Ziel erreicht, dürften durch Zurückdrängen der Ausbrüche diese Mehrausgaben bald wieder verschwinden.

1082 Die intensive Bekämpfung der Geflügel- und Bienenseuchen sowie der Dasselkrankheit wird Mehrkosten von schätzungsweise 100 000 Franken zur Folge haben.

Über die Höhe der Kosten, welche durch die Aufnahme der in Artikel l, Abs. 4« und c erwähnten Krankheiten dem Bund entstehen, ist eine zuverlässige Angabe schwer zu machen. Sicherlich wird eine Belastung infolge Tierentschädigungen nicht gross sein, da hauptsächlich diagnostische serologische Untersuchungen und andere allgemeine Bekämpfungsmassnahmen im Vordergrund stehen. Die Fachinstanzen glauben mit einem Bundesbeitrag von etwa 600 000 Franken auszukommen.

Eine Änderung des Beitragsrabmens im Sinne einer Erweiterung nach unten, wie sie jetzt vorgesehen ist, hätte im Jahre 1963 beim Total der Bundesbeiträge an die Kantone von 6,6 Millionen Franken eine Einsparung von rund 220 000 Franken gebracht.

Bezüglich der Räudebäder bestehen heute bereits 38, wovon der grösste Teil mit finanzieller Hilfe des Bundes erstellt wurde. Von den Kantonen ist für die Zukunft der Bau von 4-6 Anlagen zusätzlich geplant; ob sie einem dringenden Bedürfnis entsprechen, muss zu gegebener Zeit noch abgeklärt werden. Damit dürfte dann aber der Bedarf ziemlich gedeckt sein. Der durchschnittliche beanspruchte Bundesbeitrag pro Bad schwankt je nach Grosse zwischen 20004000 Franken. Eine erhebliche Belastung der Bundeskasse ist demnach auf diesem Gebiet nicht zu erwarten.

m Die grösste zusätzliche Neuausgabe ergibt die Beteiligung des Bundes an den Kosten der Erstellung von Tierkörperbeseitigungsanlagen gemäss Artikel 39.

Nach den Erhebungen des Veterinäramtes waren am 15. August 1964 9 Verwertungs- und 28 Verbrennungsanlagen mit öffentlichem und privatem Charakter in Betrieb. Bei zweckmässiger regionaler Planung und rationeller Auslastung sind noch ungefähr 6 Verwertungsanlagen und 40 Verbrennungsanlagen bis zur vollständigen Versorgung des in Betracht fallenden Gebietes unseres Landes notwendig. Rechnet man für eine mittlere Anlage zur Verbrennung mit 200 000 Franken Erstellungskosten und für die Verwertungsanlage mit durchschnittlich 4 Millionen Franken, so ergibt das eine totale Bausumme von 32 Millionen Franken, d. h. bei einem Subventionssatz von 20 Prozent im Schnitt eine Belastung des Bundes von 6,4 Millionen Franken. Dieser Betrag verteilt sich auf eine Reihe von Jahren; nach Beendigung des Planungsprogrammes sind weitere Mittel nicht mehr erforderlich.

IV

Die Inanspruchnahme der Bundesmittel für die Beiträge an die Tiergesundheitsdienste (Art. 40) sind nicht genau festzulegen, können aber vom Bundesrat leicht unter Kontrolle gehalten werden, da er bestimmt, ob, und wenn ja, unter welchen Bedingungen und an welche Kosten Beiträge ausgerichtet werden. Wir

1083

denken dabei in erster Linie an Laboratormmsuntersuchungen sowie den tierärztlichen Beratungsdienst, die für eine Bundeshilfe in Frage kommen. Im Vordergrund steht zurzeit der Schweinegesundheitsdienst. Möglicherweise müsste ebenfalls für das Geflügel und die Bienen ein solcher Dienst ins Auge gefasst werden, wobei man beim Ausbau aller drei Tiergesundheitsdienste mit einem Kostenbeitrag des Bundes von ungefähr 300 000 Franken zu rechnen hätte.

D. Verfassungsmässigkeit Das vorliegende Gesetz hat seine verfassungsmässige Grundlage in den Artikeln 69 und 64b18 der Bundesverfassung vom 29.5.1874/13.11.1898/4.5.

1913.

E. Erledigte Postulate Mit der gegenwärtigen Vorlage betrachten wir die Postulate Nr. 8075 und 8440 des Nationalrates sowie Nr. 8497 und 8503 des Ständeratcs als erfüllt und beantragen Ihnen, sie als erledigt abzuschreiben.

Gestützt auf diese Ausführungen beehren wir uns, Ihnen zu beantragen, den nachfolgenden Gesetzesentwurf zum Beschluss zu erheben.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer ausgezeichneten Hochachtung.

Bern, den 3. September 1965.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsidcnt : Tschudi Der Bundeskanzler: Ch,Oser

tsot Tabelle 1 Ubersicht iiber die Bundesbeitrage an die Auslagen der Kantone fiir die Seuchenbekampfung Jahi

Tierentschadigungen

Bekampfungskosten

Maul- und Klauenaeuche

Total

Fr.

Fr.

Fr.

1955

10 408 782

1956 1957 1958 1959 1960 1961 1962 1963 1964

12206406 14 691 040 9612387 7017745 3 270 460 3372731 3 062 274 3 442 739 1 628 769

2 263 947 2763318 3 308 417 3 383 423 3 272 584 3 332 226 3 214 257 3244444 3 207 211 3 226 454

12672729 14 969 724 17 999 457 12995810 10 290 329 6 602 686 6 587 088 6 306 718 6 639 950 4 855 223

Fr.

99086

1 454 110 950 142 878 532 226 352 784312 1 096 927 978 433 1 978 505 594116

Tuberkulose Fr.

11271993 11 373 190 13 333 591 8251 110 6 239 027 2 304 509 2 126 833 1 821 667 1 648 215 1 589 673

Bang

Schweinepcst

Oblige Kraakheitcn

Fr.

Fr.

Fr.

984522 1 891 677 3 366 257 3 564 467 3 595 233 3 276 650 3 098 260 3 038 630 2 587 673 2322448

124 537

192 591

62781 75367 84360 40957 26435 69 129 155 684 147 958 34836

187 966 274100 217 341 188760 210780 195 939 312 304 287509 314150

'ill

Tabelle 2

TTPS

tJbersicht iiber die Bundesbeitrage fur die Bekampfung der Rindertuberkulose und des Rinderabortus Bang Ricderabortua Bang

Rindertuberkulose Jahr

Anzabl ausge- Tierentaehadimerzte gungen Tiers

1965

47449

1956 1957 1958 1959 1960 1961 1962 1963 1964

45458 56279 30491 21563 3851 3322 2881 1883 1274

0 pro Tier

Fr.

201.76 210.75 203.65 212.79 214.18 229.33 227.06 239.51 258.27 291.71

Fr.

Anzahl auage- Tierentschadimerzte gungen Tiere

Total

Fr.

Fr.

0 pro Tier Fr.

Bekampfungskosten Fr.

1 698 462.25 11271 992.60 3 128 703854.15 225.01 280 667.40 1 793 032.90 11 373 189.60 6346 1448481.95 228.25 443 194.80 1 872 276.85 13333 591.25 10229 2 553 756.80 249.65 812 500.40 1 762 954.30 8 251 109.70 9888 2 476 759.-- 250.48 1 087 707.70 1 620 565.30 6 239 026.85 8760 2275 807.50 259.79 1 319425.90 1422967.15 2 304 508.75 6943 1 830 499.-- 263.75 1446151.35 1 222 690.80 2 126 832.95 6164 1 698 660.90 260.42 1 399 599.20 1 131 614.50 1 821 667.15 5985 1 559 093.60 260.50 1 479 536.75 1 161 880.70 1 648 215.25 5442 1 275 626.10 234.40 1 312 137 -- 1 218 030.85 1 589 673.45 3717 856070.10 230.10 1 466 377.90

Total

Fr.

984 521.55 1 891 676.75 3 366 257.20 3 564 466.70 3595233.40 3 276 650.35 3 098 260.10 3 038 630.35 2 587 763.10 2 322 448.--

£801

IL

Fr.

9 573 530.35 9 580 156.70 11 461 314.40 6488 155.40 4618461.55 881 541.60 904 142.15 690052.65 486 334.55 371 642.60

Bekampfungskosten

1086

(Entwurf)

Bundesgesetz über die Bekämpfung von Tierseuchen (Tierseuchengesetz) Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft

gestützt auf die Artikel 69 und 64Ms der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 3. September 1965, beschliesst:

I, Bezeichnung der Tierseuchen Art. l Tierseuchen im Sinne des vorliegenden Gesetzes sind folgende Krankheiten: 1. die Rinderpest; 2. die Lungenseuche der Rinder; 3. die Maul- und Klauenseuche; 4. der Milzbrand; 5. der Rauschbrand; 6. die Tuberkulose; 7. die Brucellosen; 8. der Rotz; 9. die Tollwut; 10. die klassische Viruspest der Schweine; 11. die afrikanische Viruspest der Schweine; 12. die infektiöse Agalaktie der Schafe und Ziegen; 13. die Genügelcholera; 14. die Geflügelpest und Pseudopest; 15. die Myxomatose der Kaninchen; 16. die Milbenkrankheit der Bienen; 17. die bösartige Faulbrut der Bienen; 18. die Sauerbrut der Bienen, 2 Der Bundesrat ist befugt, zur Bekämpfung anderer, in diesem Artikel nicht genannter übertragbarer oder stark verbreiteter oder bösartiger Tierkrankheiten die nötigen Bestimmungen aufzustellen und die Vorschriften dieses Gesetzes als ganz oder teilweise anwendbar zu erklären.

1

1087 8 Tritt unvermutet eine in diesem Artikel nicht genannte übertragbare oder bösartige Tierkrankheit auf, die eine Gefahr für die Gesundheit von Mensch oder Tier darstellt oder besteht erhöhte Gefahr der Einschleppung einer solchen Krankheit, so hat das Eidgenössische Veterinäramt - in der Folge Veterinäramt genannt im Einverständnis des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes unverzüglich diejenigen seuchenpolizeilichen Massnahmen anzuordnen, die ihm zur Abwehr oder Tilgung der Krankheit notwendig erscheinen. Im Anschluss daran erlässt der Bundesrat die zur Bekämpfung der Krankheit erforderlichen Bestimmungen und setzt den Bundesbeitrag an die kantonalen Aufwendungen für die vom Veterinäramt bereits getroffenen Massnahmen im Rahmen dieses Gesetzes fest.

4 Der Bundesrat wird zur Bekämpfung der nachgenannten Tierkrankheiten die nötigen Vorschriften erlassen und die Bestimmungen dieses Gesetzes, soweit sie sich hiefür eignen, auf diese Krankheiten als anwendbar erklären: a, die Rickettsiosen, Leptospirosen, Ornithose/Psittakose und Salmonellosen; b, die Dasselkrankheit (Hypodermose) und die Räude; c, die Fischseuchen.

6 Sofern feststeht, dass die Durchführung von seuchenpolizeilichen Massnahmen gegen einzelne der in diesem Artikel aufgeführten Tierkrankheiten nicht mehr gerechtfertigt ist, kann der Bundesrat dieses Gesetz für die betreffende Krankheit als nur noch teilweise oder nicht mehr anwendbar erklären.

u. Organisation Art. 2 Die Kantone organisieren den kantonalen und örtlichen seuchenpolizeilichen Dienst selbständig unter Vorbehalt von Artikel 3, 4 und 5 und den folgenden Bestimmungen : 1. Jeder Kanton bezeichnet einen Kantonstierarzt und nach Bedarf weitere amtliche Tierärzte. Der Kantonstierarzt leitet die Tierseuchenpolizei unter Aufsicht der kantonalen Regierung.

Der Bundesrat umschreibt seine Obliegenheiten und Befugnisse. Die amtlichen Tierärzte sind verpflichtet, an den vom Veterinäramt veranstalteten Fortbildungskursen teilzunehmen.

2. Die kantonale Organisation muss geeignet sein, die wirksame Durchführung dieses Gesetzes und der gestützt darauf erlassenen Vorschriften zu sichern.

Kantonale Organisation, Kantonstierarzt, amtliche Tierärzte

1088

Viehinspektor

Bieneninspektor

Wascnmelster

Mltwirkutxgvon Organisationen

Konttolle

Art. 3 Die Kantone haben ihr Gebiet in Viehinspektionskreise einzuteilen. Für jeden Kreis bezeichnen sie einen Viehinspektor und einen Stellvertreter. Der Bundesrat bestimmt deren Befugnisse und Obliegenheiten.

2 Die Kantone sorgen für angemessene Entschädigung der Viehinspektoren und ihrer Stellvertreter; sie haben Instruktionskursc anzuordnen, deren Besuch für die Viehinspektoren und ihre Stellvertreter, die kein tierärztliches Diplom besitzen, obligatorisch ist.

Art, 4 1 Die Kantone bezeichnen die Bieneninspektoren und ihre Stellvertreter, deren Befugnisse und Obliegenheiten vom Bundesrat bestimmt werden.

2 Die Kantone sorgen für eine angemessene Entschädigung der Bieneninspektoren und ihrer Stellvertreter, Sie haben Instruktionskurse im Einverständnis mit dem Veterinäramt anzuordnen, deren Besuch für die Bieneninspektoren und ihre Stellvertreter obligatorisch ist.

Art. 5 Die Kantone bezeichnen die Wasenmeister und ihre Stellvertreter; sie sorgen für deren angemessene Entschädigung.

1

Art. 6 Der Bundesrat und die Kantone können Organisationen zur Mitwirkung beimVollzug desGesetzes und der gestützt darauf erlassenen Vorschriften heranziehen.

2 Die Mitwirkung dieser Organisationen steht unter staatlicher Aufsicht. Die ihnen übertragenen Befugnisse und Obliegenheiten sind von der zuständigen Behörde zu umschreiben. Über ihre Tätigkeit im Rahmen der staatlichen Aufträge haben sie dieser Behörde Rechenschaft abzulegen.

3 Die Verantwortlichkeit der Organe und Angestellton dieser Organisationen richtet sich nach der Bundesgesetzgebung über die Verantwortlichkeit des Bundes sowie seiner Behördemitglieder und Beamten, soweit sie nicht durch die Kantone selbst geregelt wird.

1

Art. 7 Die seuchenpolizeilichen Organe haben zur Ausübung ihrer Funktionen Zutritt zu den Anstalten, Räumen, Einrichtungen, Fahrzeugen, Gegenständen und Tieren, soweit es für den Vollzug dieses Gesetzes und der gestützt darauf erlassenen Vorschriften erforderlich ist.

2 Sie haben bei der Ausübung ihrer Funktionen die Eigenschaft von Beamten der gerichtlichen Polizei.

1

1089 III. Bekämpfungsmassnahnien Art. 8 Zur Bekämpfung der Ticrkrankheiten gemäss Artikel l haben Grundsatz Bund und Kantone alle Massnahmen zu treffen, die nach dem jeweiligen Stande der Wissenschaft und der Erfahrung zur Verhinderung einer Ausdehnung der Krankheit und zum Schütze der Gesundheit von Menschen und Tieren angezeigt erscheinen.

Art. 9 Der Bundesrat wird in Ausführung von Artikel 8 sichernde BckämpfungsVorschriften aufstellen. Er wird insbesondere regeln : Vorschriften 1. die Behandlung der verseuchten oder seuchenverdächtigen oder ansteckungsgef ährdeten Tiere; 2. die Abschlachtung oder die unschädliche Beseitigung solcher Tiere; 3. die unschädliche Beseitigung der Kadaver und Materialien, die Träger des Ansteckungsstoffes einer Seuche sein können ; 4. die Absonderung der verseuchten und seuchenverdächtigen Tiere, die Absperrung von Ställen, Gehöften, Weiden und Ortschaften für den Tierverkehr, die Desinfektion und die Einschränkung des Personen- und Warenverkehrs ; 5. die Beobachtung seuchcnverdächtigcr Tiere; 6. das Verbot von Märkten, Ausstellungen, Tierversteigerungen und anderen ähnlichen Veranstaltungen; die Einschränkung oder das Verbot des Tierverkehrs für bestimmte Gebiete; 7. die periodische Untersuchung der Tierbcstände, die Kennzeichnung der Tiere sowie die weitern Massnahmen zur Gesunderhaltung krankheitsfrcier Tierbestände; 8. die unentgeltliche Mithilfe des Tierhalters bei Bekämpfungsmassnahmen; 9. die Mitwirkung der Transportanstalten bei Bekämpfungsmassnahmen.

Art. 10 Wer Tiere hält, betreut oder behandelt, ist verpflichtet, den Meide-und Ausbruch von Seuchen und seuchenverdächtige Erscheinungen Anzei8ePmcht unverzüglich einem Tierarzt, bei Bienenseuchen dem Bieneninspektor, zu melden und alle Massnahmen zu treffen, um eine Übertragung auf andere Tiere zu verhindern. Die gleiche Meldepflicht liegt dem Viehinspektor, Fleischschauer, Metzger, Wasenmeister sowie den Polizei- und ZoUfuriktionären ob.

a Für Tierärzte, Untersuchungsinstitute und Bieneninspektoren besteht eine Anzeigepflicht an die zuständige kantonale Stelle.

1

1090

Massnahmen der AiBefglf*

Art. 11 Die zur Entgegennahme der Anzeige bezeichnete Amtsstelle trifft ohne Verzug die notwendigen ersten Massnahmen zur Verhinderung der weitern Verbreitung der Seuche und leitet die Anzeige an die Kantons- und Gemeindebehörde weiter.

IV. Verkehr mit Tieren, tierischen Stoffen und anderen Gegenständen Verbotener Verkehr mit Tieren, Ausnahmen

Kontrolle des Tierverkehrs

Verkehrsseheta

Tierverkehrsund -bestandeskontrollc

Art. 12 Der Verkehr mit verseuchten und seuchenverdächtigen Tieren sowie mit solchen, von denen nach den Umständen anzunehmen ist, dass sie Träger des Ansteckungsstoffes einer Seuche sind, ist verboten. Seuchenpolizeilich begründete Ausnahmen werden vom Bundesrat geregelt.

Art. 13 1 Der Verkehr mit Tieren der Pferde-, Rinder-, Schaf-, Ziegenund Schweinegattung untersteht der Kontrolle der Tierseuchenpolizei.

2 Der Bundesrat kann die Kontrolle auf andere Tiergattungen ausdehnen, sofern dieselben eine Gefahr der Übertragung von Seuchen darstellen.

Art. 14 1 Jedes Tier der Pferde-, Rinder-, Schaf-, Ziegen- oder Schweinegattung, das in einen ändern Viehinspektionskreis verbracht oder im eigenen Viehinspektionskreis auf den Markt oder eine Ausstellung geführt wird, muss von einem Verkehrsschein begleitet sein.

2 Der Bundesrat wird Ausnahmen für Tiere zulassen, die vorübergehend in einen ändern Viehinspektionskreis verbracht werden.

3 Der Bundesrat erlässt besondere Vorschriften über die Beibringung von Verkehrsscheinen für Tiere, die zur Schlachtung bestimmt sind.

Art. 15 1 Der Viehinspektor führt eine Kontrolle der in seinen Inspektionskreis verbrachten und diesen verlassenden Tiere, für die ein Verkehrsschein erforderlich ist (Tierverkehrskontrolle).

a Die Kantone sind ermächtigt, anstelle einer Tierverkehrskontrolle eine Tierbestandeskontrolle vorzuschreiben.

Art. 16 1 Aussteilen von Der Viehinspektor stellt die erforderlichen Verkehrsscheine schetaTM" aus, sofern über den betreffenden Tierbestand keine Sperrmass-

1091 nahmen verhangt sind, und falls ihm keine Tatsache bekannt 1st, welche dieGefahr einer Seuchenverschleppung begrunden konnte.

a Ober die Ausstellung von Verkehrsscheinen fur zur Schlachtung bestimmte Tiere aus Bestanden, ttber die Sperrmassnahmen verhangt sind, erlasst der Bundesrat besondere Vorschriften.

Art. 17 Tiere der Pferde-, Kinder-, Schaf-, Ziegen- und Schweinegattung, ausgenommen Pferde, die mil militarischem Tierfrachtbrief spediert werden oder an einer militarischen Ubung teilnehmen, durfen mit Eisenbahnen oder Schiffen nur befordert werden, wenn sie von Verkehrsscheinen oder Passierscheinen (Art. 26) begleitet sind, Dasselbe gilt fur die Beforderung im Flugverkehr oder auf der Strasse mit Fahrzeugen jeder Art in einen andern Viehinspektionskreis, soweit nicht Ausnahmen gemass Artikel 14, Absatz 2 zugelassen sind.

a Der Bundesrat wird iiber den Transport von Tieren und tierischen Stoffen sowie iiber deren Beforderungsmittel die erforderlichen Vorschriften aufstellen.

Art. 18 1 Markte oder AussteUungen, an denen Tiere der Pferde-, Kinder-, Schaf-, Ziegen- oder Schweinegattung aufgef iihrt werden, sind tierarztlich und polizeilich zu uberwa'chen.

2 Tiere durfen ausserdem auf einen Nutztiermarkt nur gebracht werden, wenn sie bei der tierarztlichen Auffuhrkontrolle weder krank noch krankheitsverdachtig befunden worden sind.

3 Fur lokale Schauen kann der Bundesrat Ausnahmen von den Bestimmungen in den Absatzen 1 und 2 und Artikel 14, Absatz 1 gestatten sowie die tierarztliche und polizeiliche Uberwachung auf Markten oder AussteUungen auf andere Tiergattungen ausdehnen, sofern dieselben eine Gefahr der tJbertragung von Seuchen darstellen.

Art. 19 1

Der Bundesrat kann seuchenpolizeiliche Vorschriften iiber die Sommerung und Winterung sowie andere voriibergehende Ortsveranderungen von Tieren erlassen.

Art. 20 Gegen die Verschleppung von Seuchen bei der BerufsausUbung, insbesondere beim gewerbsmässigen Viehhandel, kann der Bundesrat seuchenpoh'zeiliche Vorschriften erlassen.

Art. 21 Der Hausierhandel mit Tieren der Pferde-, Kinder-, Schaf-, Ziegen- und Schweinegattung sowie mit Geflugel ist verboten.

1

Bef5rdemng von Tieren und tierischen Stoffen

Kontrolle auf MSikten, AussteUungen und Schauen

Sommerung und Winterung

Viehhandel

Hausierhandel.

Wanderherdtn

1092 2

Der Bundesrat kann das Treiben von Wanderherden einschränkenden Bestimmungen unterwerfen oder verbieten.

Aufsicht über Betriebe

Reinigung un Desinfektion von Fahrzeugen

Ein-, Aus- und Durchfuhr

Grenztierarztliche Untersuchung

Passierscheine

Art, 22 Über die Einrichtung, den Betrieb und die Beaufsichtigung von Schlachthäusern, Tierkörperbeseitigungsanlagen, Abdeckereien, Gerbereien und ähnlichen Betrieben erlässt der Bundesrat die nötigen sanitätspolizeilichen Vorschriften.

Art. 23 Alle der Tierbeförderung dienenden Fahrzeuge, Einrichtungen und Geräte sind nach jeder Verwendung zu Tiertransporten zu reinigen und auf behördliche Anordnung hin zu desinfizieren, Art. 24 Der Bundesrat bestimmt, unter welchen sanitätspolizeilichen Bedingungen die Ein-, Aus- oder Durchfuhr von Tieren, immunbiologischen Erzeugnissen, tierischen Stoffen und anderen Gegenständen, die Träger des AnsteckungsstofFes einer übertragbaren oder stark verbreiteten oder bösartigen Krankheit sein können, zugelassen wird.

2 Das Veterinäramt bezeichnet im Einvernehmen mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion sowie mit den öffentlichen Transportunternehmungen die Ein- und Ausfuhrstellen. Es wird die Em- oder Aus- sowie Durchfuhr von Tieren, immunbiologischen Erzeugnissen sowie tierischen Stoffen und anderen Gegenständen beschränken oder gänzlich verbieten, wenn dies sanitätspolizeilich begründet ist. Überdies kann es den Grenzverkehr von Personen einschränken oder verbieten.

Art. 25 1 Der Bundesrat bestimmt, welche Tiere bei der Einfuhr oder Durchfuhr durch einen schweizerischen Grenztierarzt zu untersuchen sind.

2 Tiere, die an einer Seuche erkrankt oder der Ansteckung verdächtig sind oder von denen nach den Umständen anzunehmen ist, dass sie Träger des Ansteckungsstoffes einer Seuche sind, werden zurückgewiesen.

3 Ausnahmsweise kann das Veterinäramt anstelle der Rückweisung die sofortige Abschlachtung oder unschädliche Beseitigung bewilligen.

Art. 26 Für die zur Einfuhr oder Durchfuhr zugelassenen, tierärztlich untersuchten Tiere stellt der Grenztierarzt Passierscheine aus, 1

1093

die am Bestimmungsort dem zustandigen Organ der Jierseuchenpolizei oder beim Ausgangszollamt unverzuglich abzugeben sind.

Art. 27 Die Herstelhmg, die Einfuhr sowie der Vertrieb imniunbiologischer Erzeugnisse fiir tierarztlichen Gebrauch unterliegen der Kontrolle des Veterinaramtes. Der Bundesrat setzt die Anforderungen fest, die an Personen und Firmen, die sich mit solchen Erzeugnissen befassen, zu stellen sind und kann iiber deren Zulassung, Herstellung, Priifung und Vertrieb sanitatspolizeiliche Vorschriften erlassen.

2 Der Bundesrat setzt die Bedingungen fest, unter denen Stoffe und Stoffgemische, einfache und zusammengesetzte Praparate feilgehalten oder verkauft werden durfcn, sofern sie zur Verhiitung oder Behandlung von Tierkrankheiten dienen, zu deren Bekampfung staatliche Massnahmen getroffen werden.

1

Immunbiologische EtzcugnJssc und andere Priiparatc

3

1st eine Priifung von Erzeugnissen im Sinne von Absatz 1 oder 2 vorgeschrieben, so hat der HerstelJer oder Beziiger deren Kosten zu tragen.

* Offentliche und private Institute sowie Personen, die pathogene Mikroorganismen halten oder damit arbeiten, haben alle Massnahmen zu treffen, dass daraus keine Schaden bei Menschen und Tieren entstehen. Fiir Schadenf alle sind sie haftbar. Vorbehalten bleiben Kontrollen und Anordnungen der zustandigen kantonalen Stelle.

Art. 28 t)ber den Inhalt, die Giiltigkeitsdauer und die Gebuhren der Verkehrs- und Passierscheine crlasst der Bundesrat die notigen Vorschriften und bestimmt die zu verwendenden Formulare.

Art. 29 Fiir den Grenzverkehr und fur die Durchfuhr im Flugverkehr kann der Bundesrat besondere, von den Artikeln 24 bis 27 abweichende Bestimmungen aufstellen.

Art. 30 Die Kantone haben eine Kontrolle tiber die Hunde auszuiiben und deren iibermassigen Verraehrung durch geeignete Mittel entgegenzuwirken. Besteht eine Gefahr der Verbreitung von Seuchen durch Hunde oder Katzen, so hat der Bundesrat geeignete Schutzmassnahmen anzuordnen.

Verkehrs- und PassieischcinFormulare

Grenzverkehr, Duf chfubr im Flugvcrkchr

Hundekontrolle

1094

V. Beiträge der Kantone und des Bundes an die Kosten der Tierseuchenbekämpfung Art. 31 Aufgabe der Kantone

Entschädigungen für Tierverluste

Entschädigungen in speziellen Fällen

Die Kantone, in denen sich die Tiere befinden, leisten nach Massgabe der nachfolgenden Bestimmungen Entschädigungen für Tierverluste und übernehmen ganz oder teilweise die Bekämpfungskosten.

Art. 32 1 Entschädigungen für Tierverluste werden geleistet: 1. wenn Tiere wegen einer der in Artikel l, Absatz l, Ziffern 1-11 aufgezählten Krankheiten umstehen oder abgetan werden müssen; 2. wenn Tiere, die an einer der in Artikel l, Absatz l aufgezählten Krankheiten erkrankt sind, wegen einer behördlich angeordneten Behandlung umstehen oder abgetan werden müssen ; 3. wenn Tiere auf behördliche Anordnung hin geschlachtet oder vernichtet werden müssen, um der Ausdehnung einer der in Artikel l, Absatz l aufgezählten Krankheiten vorzubeugen; 4. wenn gesunde Tiere wegen eines vom zuständigen Organ der Tierseuchenpolizei angeordneten Eingriffes umstehen oder geschlachtet bzw. vernichtet werden müssen.

3 Leistet ein Kanton nach Massgabe der vorstehenden Bestimmungen Entschädigungen für Tierverluste an Tiereigentümer, die in anderen Kantonen wohnen, so steht dem entschädigenden Kanton das Recht des Rückgriffes auf die Wohnsitzkantone der Eigentümer für die Hälfte der geleisteten Schadenbeträge zu. Wenn die Ansteckung im Zeitpunkte der Einfuhr bereits bestand, erstreckt sich das Rückgriffsrecht gegenüber den Wohnsitzkantonen der Tiereigentümer auf die ganzen Schadenbeträge.Verständigungen zwischen den Kantonen bleiben vorbehalten. In Streitfällen entscheidet der Bundesrat als einzige Instanz.

3 Handelt es sich um Tiere, die an einer interkantonalen oder schweizerischen Ausstellung oder einem Markt in einem ändern Kanton aufgeführt werden, so leistet der Wohnsitzkanton des Tiereigentümers die Entschädigung im Rahmen seiner Vorschriften.

Art. 33 1 Die Kantone sind berechtigt, auch Entschädigungen an Tierverluste zu leisten, die entstehen, wenn Tiere an einer der in Artikel l, Absatz l, Ziffern 12-18 aufgeführten Kiankheit umstehen oder abgetan werden müssen. In diesen Fällen sind die Vorschriften der Artikel 36 und 38 sinngemäss anwendbar.

1095 8

Die Kantone konnen Entschadigungen an Verluste fiir Tiere leisten, die sich zur Sommerung oder zu ahnlichen Zwecken mit Bewilligung des Kantonstierarztes voriibergehend im Ausland befinden und deren Eigentiimer in der Schweiz Wohnsitz haben. Der Bundesrat bestimmt, unter welchen Bedingungen an derartige, durch kantonale Behorden veranlasste Aufwendungen Beitrage geleistet werden. Im tibrigen sind die Vorschriften der Artikel 36 und 38 sinngemSss anwendbar.

Art. 34 Entschadigungen werden nicht geleistet oder bei leichterem Verschulden herabgesetzt, wenn ein Geschadigter die Seuche mitverschuldet, dieselbe nicht oder zu spat angemeldet oder sonstwie die seuchenpolizeilichen Vorschriften und Anordnungen nicht in alien Teilen befolgt hat.

2 Ferner werden Entschadigungen insbesondere nicht geleistet: 1. fur Hunde und Katzen, ftir Wild, exotische Tiere und solche von geringem Wert; 2. f iir Tiere in zoologischen Gärten, Menagerien und Shnlichen Unteraehmen; 3. fiir Schlachttiere auslandischer Herkunft; 4. fiir Tiere inlandischer Herkunft, die sich in offenttichen oder privaten Schlachtanlagen oder in den zu solchen gehorenden Stallungen befinden; 5. fiir Tiere, die im Auslande wohnhaften Personen gehoren und die sich nur voriibergehend, wie zum Zwecke der Sommerung oder Winterung, in der Schweiz befinden; 6. fiir Nutztiere auslandischer Herkunft, die in der Schweiz wohnhaften Personen gehoren, wenn nicht der Nachweis erbracht wird, dass die Ansteckung erst nach der Einfuhr erfolgte.

Art. 35 Fiir die Beseitigung von Wild, die auf behordliche Anordnung hin erfolgt, um der Ausbreitung einer Seuche entgegenzuwirken, konnen die Kantone Pramien ausrichten.

1

Art. 36 Die Kantone bestimmen, wie die nutzbaren Teile von umgestandenen oder geschlachteten Tieren verwertet werden sollen.

a Zur Bemessung der Entschadigungen fiir Tierverluste ist in alien Fallen eine Schatzung der Tiere vorzunehmen. Der Bundesrat kann Hochstbetrage bestimmen, die f tlr ein einzelnes Tier in Betracht fallen diirfen, und in besonderen Fallen die Schatzung der Tiere nach Durchschnittswerten zulassen.

1

Elnschrinkung der Entschädigungspfflcht

PrSmien fiir Wild

Verwettungund Schatzung der Tiere, Hohe der EntscMdigung

1096 3

Die Kantone haben die Entschadigungen so zu bemessen, dass die Geschadigten unter Anrechnung des Verwertungserloses mindestens 60 Prozent und hochstens 90 Prozent des Schatzungswertes erhalten. Innerhalb dieses Rahmens werden die Entschadigungen von den Kantonsregierungen endgiiltig festgesetzt.

4 Die Entschadigungen sind durch ein moglichst einfaches und fur den Tiereigentumer kostenfreies Verwaltungsverfahren festzusetzen.

Art. 37 Bekampfungskosten

Die Aufwendungen, die als Bekampfungskosten im Sinne dieses Gesetzes gelten, bestimmt der Bundesrat.

Art. 38 Bundesbeitrage: a. an kantonale Ausgaben

1

Der Bund leistet den Kantonen an die Ausgaben, die ihnen aus den Vorschriften der Artikel 32, 33, 34, Absatz 1, Artikel 35 und 37 erwachsen, sowie an die Erstellung von Raude-Badern Beitrage von 30 bis 50 Prozent.

2 Im weitern leistet der Bund den Kantonen an die Ausgaben firr die Teilnahme der amtlichen Tierarzte an den Fortbildungskursen sowie an die Kosten der Instruktionskurse fur Vieh- und Bieneninspektoren und ihre Stellvertreter Beiträge von 30 bis 50 Prozent.

3 Wenn ein Kanton die vom Bunde erlassenen seuchenpolizeilichen Vorschriften mangelhaft durchf ilhrt, sind ihm die in Absatz 1 vorgesehenen Bundesbeitrage nach Massgabe seines Verschuldens zu kiirzen oder gar nicht auszurichten, sofern nicht ausserordentliche Griinde eine Ausnahme gestatten.

4 Im iibrigen bestimmt der Bundesrat endgiiltig, unter welchen Bedingungen und in welchem Ausmasse der Bund an die kantonalen Ausgaben Beitrage leistet.

Art. 39 b. an Tierkörperbeseitigungsanlagcn

Der Bund kann Beitrage an die Kosten der Erstellung von Tierkorperbeseitigungsanlagen leisten, die regionalen tierseuchenpolizeilichen Zwecken dienen. Der Bundesrat regelt die nahere Festsetzung der Beitrage, die hochstens 30 Prozent betragen diirfen.

Art. 40

c. an Tiergesundheitsdienstc

Der Bundesrat kann an die Durchfiihrung von behordlich finanziell unterstiitzten Tiergesundheitsdiensten Beitrage bis hochstens 50 Prozent gewahren. Er bestimmt, unter welchen Bedingungen und an welche Kosten Beitrage ausgerichtet werden.

1097 Art. 41

Der Bundesrat kann die Durchf iihrung bestimrater Aufgaben der Tierseuchenbekampfung geeigneten Instituten ausserhalb der Bundesverwaltung ubertragen und dafiir die Leistungen des Bundes festsetzen.

Art. 42

tlbertragung von Aufgaben an Institute

Das Veterinaramt besorgt die Ennittlung, Festsetzung und Ausrichtung der Bundesbeitrage.

Gew&hrung der Bundesbeitrage

Art. 43

Der Bundesrat wird bestimmen, ob und inwieweit in Seuchenfallen neben den in diesem Abschnitt vorgesehenen Entschadigungen der Kantone erganzende Leistungen von Viehversicherungskassen oder anderen offentlichen oder privaten Versicherungsanstalten zulassig sind.

Viehverslcherungskassen

Art. 44 1

Zu Unrecht gewahrte Beitrage konnen zuriickgefordert wer-

Riickentattung

den.

2

Die Ruckerstattungsanspruche verjahren mit Ablauf von 5 Jahren, nachdem die zustandigen Organe vom Rechtsgrund des Anspruches Kenntnis erlangt haben, spatestens jedoch innert zehn Jahren seit dem Entstehen des Anspruches. Wird der Anspruch aus einer strafbaren Handlung hergeleitet, wofiir das Strafrecht eine langere VerjShrungsfrist vorsieht, so gilt diese.

3 Die Verjahrung wird durch jede Einforderungshandlung unterbrochen; sie ruht, solange der Pflichtige in der Schweiz nicht betrieben werden kann.

VI. Rechtsschutz undjStrafbestimmungen Art. 45 1

Entscheide des Veterinaramtes konnen durch Beschwerde gemass Artikel 166 des Bundesgesetzes vom 16.Dezember 19431) iiber die Organisation der Bundesrechtspflege angefochten werden.

2 Gegen Entscheide des Eidgenossischen Volkswirtschaftsdepartementes sowie gegen kantonale Erlasse gem&ss Artikel 58 dieses Gesetzes und gegen Entscheide der letzten kantonalen Instanz ist die Beschwerde an den Bundesrat gemSss den Artikeln 124131 und 158 des Bundesgesetzes vom 16.Dezember 1943 iiber die Organisation der Bundesrechtspflege zulassig, J

) BS 3, 531.

Beschwerdcrecht

1098 Art. 46 Vergehen und Otertretungen

1

Wer vorsatzlich den Bestimmungen der Artikel 9,10,11,12, 24, 25, 27 oder den in Ausf uhrung dieser Bestimmungen von den Behorden des Bundes oder eines Kantons erlassenen Vorschriften oder einer entsprechenden, unter Hinweis auf die Strafandrohung dieses Artikels an ihn gerichteten Einzelverf iigung zuwiderhandelt, wird mit Haft oder Busse bis 10 000 Franken bestraft. In schweren Fallen kann auf Gef angnis bis zu 4 Monaten erkannt wcrden.

2 Handelt der Tater fahrlassig, so 1st die Strafe Haft bis zu 2 Monaten oder Busse bis 3000 Franken.

Art. 47

Obertretungen

Nachzshlung VOn Gebuhrcn

Straferhöhung

Vortehslt besondercr Strafbestimmimgen

Strafverfolgung

1

Wer vorsätzlich den Bestimmungen von Artikel 14, Absatz 1, Artikel 17, Artikel 18, Absatze 1 und 2, Artikel 21,23,26 oder den in Ausf uhrung dieser oder anderer Bestimmungen des Gesetzes von den Behorden des Bundes oder eines Kantons erlassenen Vorschriften oder einer entsprechenden, unter Hinweis auf die Strafandrohung dieses Artikels an ihn gerichteten Einzelverf iigung zuwiderhandelt, wird, sofern nicht eine Zuwiderhandlung nach Artikel 46 vorliegt, mit Busse bis 1000 Franken bestraft.

2 Handelt der Tater fahrlassig, so ist die Strafe Busse bis 500 Franken.

Art. 48 Der Tater kann Uberdies zur Bezahlung der umgangenen Verkehrsscheingebuhren verurteilt werden.

Art. 49 Betreibt der Tater den Viehhandel gewerbsmassig, so konnen die nach diesem Gesetz angedrohten Strafen bis auf das Doppelte erhoht werden.

Art. 50

Die besonderen Bestimmungen des schweizerischen Strafgesetzbuches bleiben vorbehalten.

Art. 51 Die Strafverfolgung ist Sache der Kantone.

VII. Vollzugs-, Schluss- und tlbergangsbestimmungen Art. 52 Vollzug

1

Der Vollzug dieses Gesetzes obliegt den Kantonen; an der Zollgrenze ist er Sache des Bundes.

1099 a

Massnahmen eines Kantons, die den Verkehr mit andern Kantonen betreffen, sind nur mit Zustimmung des Eidgenossischen Volkswirtschaftsdepartementeszulassig.

Art. 53 Ohne Rucksicht auf die Einleitung oder den Ausgang eines allf alligen Strafverfahrens kann die zustandige kantonale Behorde FunktionSre, die seuchenpolizeilichen Vorschriften zuwiderhandeln, disziplinarisch bestrafen.

Disziplinarverfahren

Art. 54 1

Der Bundesrat erlasst zum Vollzug dieses Gesetzes die erforderlichen Vorschriften und bezeichnet die anzuwendenden Strafbestimmungen dieses Gesetzes, a Der Bundesrat iibt die Aufsicht uber den Vollzug dieses Gesetzes durch die Kantone aus.

Befugnlsae des Bundesrates

Art. 55 1

Der Bundesrat setzt die Gebiihren fur die Priifungen, Untersuchungen, Bewilligungen und Kontrollen, die sich an der Zollgrenze und im Landesinnern ergeben, fest.

a Die Gebiihren, die fiir die Untersuchungen von Tieren, Fleisch und andern tierischen Stoffen an der Zollgrenze sowie fiir die Priifung der Erzeugnisse gemass Artikel 27, Absatz 3 erhoben werden, sind zur Deckung der dem Bunde aus diesem Gesetze erwachsenden Ausgaben bestimmt.

3 Die Gebiihren fiir die Verkehrsscheine sowie die Bussen fallen den Kantonen zu.

Art. 56 Das Veterinaramt ist zum Erlass von Ausfuhrungsbestimmungen technischer Art ermachtigt.

Art. 57 Die Vorschriften des Bundes uber Tiere, die in militarischen Kursen, Truppentibungen oder Aufgeboten verwendet oder mitgef iihrt werden, bleiben vorbehalten.

Gebiihren

Befugnisse d« Veterinaramtes

MUlt3iiscbe Voncbiiften

Art. 58 1

Soweit dieses Gesetz zu seiner Ausfiihrung der Erganzung durch kantonale Erlasse bedarf, sind die Kantone verpflichtet, sie aufkustellen, a Sie haben dabei die Regierung zu ermachtigen, in Fallen dringlicher Art, die notigen Anordnungen zu treffen; solange die

Erlass kantonalcr Vorschriften

1100 Kantone ihre Ausführungsvorschriften nicht erlassen haben, sind die Kantonsregierungen befugt, die nötigen Regelungen von sich aus aufzustellen.

3 Die Kantone erlassen ihre Ausführungsvorschriften innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes.

4 Hat ein Kanton die Ausführungsvorschriften nicht rechtzeitig erlassen, so erlässt anstelle des Kantons das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement vorläufig die erforderlichen Bestimmungen.

Art. 59 Genehmigung

1

Die kantonalen Ausführungsvorschriften bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Genehmigung des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements.

2 Kantonale Ausführungsbestimmungen technischer Art unterliegen der Genehmigung durch das Veterinäramt.

Art. 60 Inkraftsetzung, Aufhebung bisherigen Rechtes

1

Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes.

2 Auf den nämlichen Zeitpunkt sind alle diesem Gesetz widersprechenden Vorschriften aufgehoben, insbesondere das Bundesgesetz vom 13. Juni 19171) betreffend die Bekämpfung von Tierseuchen und das Bundesgesetz vom 28. September 19622) über die Bekämpfung der Rindertuberkulose.

3 Die aufgehobenen Bestimmungen bleiben auf alle während ihrer Gültigkeitsdauer eingetretenen Tatsachen anwendbar.

8206

!) BS 9, 261; AS 1950, 1484; 1954, 559; 1956, 1203; 1959, 620.

2 ) AS 1963, 185.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurf des Bundesgesetzes über die Bekämpfung von Tierseuchen (Tierseuchengesetz) (Vom 3. September 1965)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1965

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

37

Cahier Numero Geschäftsnummer

9298

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

16.09.1965

Date Data Seite

1058-1100

Page Pagina Ref. No

10 043 012

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.