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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurf eines Bundesbeschlusses betreffend die Verlängerung des Bundesgesetzes über rechtliche und finanzielle Massnahmen für das Hotelgewerbe (Vom 28. Mai 1965) Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren !

Wir beehren uns, Ihnen den Entwurf eines Bundesbeschlusses betreffend die Verlängerung des Bundesgesetzes vorn 24.Juni 1955 (AS 1955, 1107) über rechtliche und finanzielle Massnahmen für das Hotelgewerbe zu unterbreiten.

I. Bisherige Massnahmen l, Die bisher vom Bund getroffenen Hilfsmassnahmen zugunsten der Hôtellerie sind ein Spiegelbild der Entwicklung der Wirtschaft und Politik. Schon bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges, als die Hôtellerie praktisch lahmgelegt war, sah sich der Bund genötigt, Hilfsmassnahmen zu treffen. Im Jahre 1921 wurde unter Beteiligung des Bundes die Schweizerische Hotel-Treuhand-Gesellschaft gegründet, eine Aktiengesellschaft, der die Durchführung aller rechtlichen und finanziellen Massnahmen für das Hotelgewerbe (Stundung von Kapitalien und Zinsen, Gewährung von Darlehen) übertragen wurde. Während der Wirtschaftskrise der dreissiger Jahre und des darauf folgenden Zweiten Weltkrieges musste die Hilfe erheblich verstärkt werden. Sie erreichte ihren Höhepunkt im Bundesgesetz vom 28. September 1944, dessen Hauptanliegen die Entschuldung der Hotelbetriebe im Wege des Abbaues ungedeckter Pfandkapitalforderungen war. In der Nachkriegszeit besserte sich die Lage, so dass die Sondervorschriften gelockert werden konnten. Das Bundesgesetz vom 24. Juni 1955 über rechtliche und finanzielle Massnahmen für das Hotelgewerbe beschränkte die Hilfsmassnahmen auf die Fremdenverkehrsgebiete und baute die bisherigen Hilfsmassnahmen ab.

Ausser Darlehen mit gesetzlichem Pfandrecht konnten auch solche mit vertraglichem Pfandrecht gewährt werden. Für die finanziellen Massnahmen stellte der Bund der Hotel-Treuhand-Gesellschaft die früher gewahrten Darlehen im Betrage von 30 Millionen Franken und 16 Millionen Franken neue Mittel zur Verfügung. Die Geltungsdauer des Gesetzes wurde auf zehn Jahre begrenzt und läuft daher Ende 1965 ab.

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Da von den rechtlichen Massnahmen praktisch kein Gebrauch mehr gemacht werden musste und sich das vertragliche Pfandrecht als genügende Sicherung erwiesen hatte, wurden die gesetzlichen Bestimmungen, welche die rechtlichen Hilfsmassnabmen sowie das gesetzliche Pfandrecht zum Gegenstand hatten, durch Bundesbeschluss vom 6. Dezember 1960 (AS 1960,1637) aufgehoben. Es wurde erwartet, dass die Rückkehr zu den ordentlichen Grundsätzen des Zivil- und Vollstreckungsrechts die Bereitschaft der Banken, der Hôtellerie Kredit zu gewähren, fördern werde. Wie die Erfahrungen gezeigt haben, war die Aufhebung des Sonderrechts dem Hotelkredit förderlich.

2. Indessen besteht in den Saisongebieten, wo sich über 40 Prozent der rund 6500 Hotelbetriebe befinden, nach wie vor ein grosser Nachholbedarf, der von den Fachleuten auf Grund eingehender Untersuchungen auf 350 bis 400 Millionen Franken geschätzt wird. Wenn die schweizerische Hôtellerie auf der Höhe der Zeit bleiben will und ihre Rolle als Devisenbringerin beibehalten soll, muss sie mit der zunehmenden ausländischen Konkurrenz Schritt halten. In der schweizerischen Ertragsbilanz wies 1964 der Fremdenverkehr einen Aktivsaldo von 1,4 Milliarden Franken auf und deckte mehr als einen Drittel des Defizites der Handelsbilanz. Dies illustriert die grosse wirtschaftliche Bedeutung des Tourismus für unser Land und die Notwendigkeit, der Hotelerneuerung die gebührende Aufmerksamkeit zu schenken. Die Erneuerung sollte deshalb weitergeführt werden, was aber ohne Mitwirkung des Bundes nicht möglich ist.

3. Als rein privatwirtschaftliche Institution wurde 1956 die Schweizerische Bürgschaftsgenossenschaft für die Saisonhotellerie gegründet. Sie bezweckt, die Erneuerung der Saisonhotellerie durch Verbürgung von Privatdarlehen zu fördern. Die von den gewerblichen Bürgschaftsgenossenschaften gemachten Erfahrungen förderten den Gedanken, dass durch die Verbürgung von Bankdarlehen ein bedeutendes Erneuerungsvolumen ausgelöst werden könnte.

II. Die neue Vorlage

1. Anlässlich der parlamentarischen Beratungen über die Botschaft vom S.Juni 1960 (BEI 1960 II 249) betreffend die Aufhebung der rechtlichen Massnahmen des Bundesgesetzes von 1955 pflichtete der Nationalrat dem folgenden Postulat der Kommission zu : «Der Bundesrat wird ersucht, beförderlichst auf privatwirtschaftlicher Basis eine neue, finanziell starke Institution für die Saisonhotellerie zur Eröffnung von HotelErneuerungskrediten zu schaffen, in der die Hotel-Treuhand-Gesellschaft und die Bürgschaftsgenossenschaft für die Saisonhotellerie zusammengelegt werden».

Um die Erneuerung in bestmöglicher Weise zu fördern, wäre die Zusammenlegung der Schweizerischen Hotel-Treuhand-Gesellschaft und der Schweizerischen Bürgschaftsgenossenschaft für die Saisonhotellerie sehr zu begrüssen.

Das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement bestellte in der Folge eine Expertenkommission mit dem Auftrag, Vorschläge für eine gesetzliche Neuregelung auszuarbeiten. Die Kommission veranlasste eine Erhebung über den Er-

1141 neuerunpbedarf der Hôtellerie und suchte abzuklären, in welcher Form und in welchem Ausmass weiterhin öffentliche Mittel nötig seien. Im Juli 1964 konnte das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement den Kantonen und Verbänden einen Gesetzesentwurf zur Stellungnahme unterbreiten, der im wesentlichen folgende Lösung vorsah: Der Schwerpunkt wird auf die Verbürgung von Bankenkrediten verlegt, mit dem Ziel, Privatkredite für die Erneuerung heranzuziehen und auf diesem Wege den Hotelkredit immer mehr von der öffentlichen Hand loszulösen'. Um die Erreichung dieses Zieles zu gewährleisten, verstärkt der Bund die Verbürgung, indem er für die Rückvergütung von 75 Prozent von allfälligen Bürgschaftsverlusten Garantie leistet, ein Risiko, das erfahrungsgemäss gering ist. Die Garantie wird zeitlich auf zehn Jahre und betragsmässig auf 100 Millionen Franken begrenzt. Direktdarlehen dürfen nur noch gewährt werden, wenn trotz Verbürgung kein Privatkredit erhältlich ist. Ausser der Hotelerneuerung sollen auch die Kurortseinrichtungen gefördert werden. Neue Bundesmittel werden nicht eingesetzt. Der Bund wirkt im Rahmen der bisher zur Verfügung gestellten Kredite mit, wobei die neue Gesellschaft verpflichtet würde, Rückzahlungen zu leisten.

Diese Lösung fand die Zustimmung der Kantone, Spitzenverbände und auch der unmittelbar Beteiligten. Schwierigkeiten ergaben sich jedoch in bezug auf die Rechtsform und den Sitz der neuen Gesellschaft.

2. Entsprechend dem Postulat der nationalrätlichen Kommission wurde geprüft, in welcher Form die Hotel-Treuhand-Gesellschaft und die Bürgschaftsgenossenschaft für die Saisonhotellerie zu einem neuen Institut zusammengelegt werden könnte. Da eine Fusion zwischen Aktiengesellschaft und Genossenschaft rechtlich nicht möglich ist, lässt sich der Zusammenschluss nicht so einfach durchführen, wie anfänglich angenommen wurde. Mindestens eine der beiden Gesellschaften müsste liquidiert werden, wenn die Aktiengesellschaft oder die Genossenschaft als Rechtsform der neuen Gesellschaft gewählt würde. Da sich die direkt Beteiligten auf keine dieser beiden Gesellschaftsformen einigen konnten und im übrigen weder die Aktiengesellschaft noch die Genossenschaft als Rechtsform der neuen Institution voll befriedigen könnte, drängt sich die Errichtung einer öffentlich-rechtlichen Genossenschaft
auf. Die direkt Beteiligten stimmten dieser Lösung zu. Sie gestattet, der sehr erheblichen Mitwirkung des Bundes angemessen Rechnung zu tragen, indem in den Statuten in Abweichung vom Obligationenrecht das Stimmrecht nach der Grosse der Kapitalbeteiligung geregelt werden kann. Ausserdem wäre dem Bundesrat die Genehmigung der Statuten und deren Abänderung vorzubehalten.

3. Noch grössere Schwierigkeiten als die Rechtsform bereitet die Frage des Sitzes der neuen Gesellschaft. Da die Hotel-Treuhand-Gesellschaft ihren Sitz in Zürich hat und die Bürgschaftsgenossenschaft für die Saisonhotellerie in Bern niedergelassen ist, kommt als Sitz der neuen Gesellschaft aus naheliegenden Gründen nur Zürich oder Bern in Frage. Die Parteien konnten sich indessen auf keinen der beiden Orte einigen. Für den Sitz in Bern wurde geltend gemacht, der

1142 Kanton Bern sei ein wichtiger Fremdenverkehrskanton und schenke dem Fremdenverkehr seit jeher grosse Aufmerksamkeit (Lehrstuhl an der Universität; Schweizerisches Forschungsinstitut für Fremdenverkehr). Ausserdem werde der Kanton an die neue Gesellschaft einen namhaften Beitrag leisten, falls der Sitz nach Bern komme. Die Hotel-Treuhand-Gesellschaft, welche ihren Sitz seit ihrer Gründung im Jahre 1921 in Zürich hat und über zahlreiches Personal verfügt, konnte einer Verlegung des Sitzes nach Bern nicht zustimmen. Die Gesellschaft beschäftigt 30 Personen, die über eine langjährige Erfahrung sowie über eine gründliche Kenntnis der schweizerischen Hôtellerie verfügen. Dieses Erfahrungskapital darf der neuen Gesellschaft nicht verlorengehen, was aber zu befürchten wäre, wenn der Sitz nach Bern verlegt würde. Bei der heutigen Arbeits- und Wohnungsmarkllage müsste damit gerechnet werden, dass die qualifizierten Mitarbeiter der Hotel-Treuhand-Gesellschaft eine Übersiedlung nach Bern ablehnen, da sie in Zürich ohne weiteres entsprechende Stellen finden könnten. Dazu kommt, dass die Saisonhotellerie in den Kantonen Graubünden, Tessin und in der Zentralschweiz sich mit einer Sitzverlegung nach Bern kaum befreunden könnten; sie ziehen den Sitz in einem Kanton vor, der - wie Zürichüber keine Saisonhotcllerie verfügt.

Im Sinne eines Kompromisses schlugen die Beteiligten schliesslich vor, die neue Gesellschaft in Zürich zu errichten und in Bern eine Zweigstelle zu schaffen, welche die Geschäfte aus den Kantonen Bern, Wallis und der französischen Schweiz zu bebändern hätte. Hauptsitz und Zweigstelle sollten von kompetenzmässig gleichgestellten Direktoren geleitet werden, die nach den Weisungen des Verwaltungsrates zu arbeiten hätten.

III. Verlängerung des geltenden Bundesgesetzes

1. Trotz der wiederholten Bemühungen der Behörden konnte in der Sitzfrage keine Einigung erzielt werden. Die von den Beteiligten vorgeschlagene Kompromisslösung ist nicht zweckmässig, da sie den Geschäftsbetrieb der neuen Gesellschaft komplizieren und verteuern würde. Auch die Erfahrungen, die mit Zweigstellen anderer gesamtschweizerischer Institutionen gemacht wurden, sprechen nicht für diese Lösung. Die Geschäftsführung muss an einem einzigen Ort zusammengefasst werden.

Solange die Sitzfrage nicht gelöst ist, halten wir es nicht für opportun, den Räten eine Vorlage zu unterbreiten. Wir halten es für richtiger, den direkt Beteiligten nochmals Gelegenheit zu geben, sich auch in der Sitzfrage zu verständigen.

2. Wie schon erwähnt, läuft das geltende Gesetz vom 24. Juni 1955 über rechtliche und finanzielle Massnahmen für das Hotelgewerbe Ende 1965 ab, wodurch die rechtliche Basis für die Weiterführung der Tätigkeit der Hotel-Treuhand-Gesellschaft dahinfällt. Um dies zu vermeiden, muss die Geltungsdauer des Bundesgesetzes aus dem Jahre 1955 verlängert werden. Dies wäre auch der Fall gewesen, wenn die Vorlage über das neue Bundesgesetz auf die Junisession bereitgestellt und noch in diesem Jahr verabschiedet worden wäre. Das

1143 Gesetz hätte wegen der Referendumsfrist frühestens auf I.April 1966 in Kraft gesetzt werden können.

Wir unterbreiten Ihnen den Entwurf zu einem Bundesbeschluss, in der Meinung, dass dieser Beschluss in der Septembersession von beiden Räten gefasst wird, damit er nach Ablauf der Referendumsfrist auf den l. Januar 1966 in Kraft treten kann. Der Bundesbeschluss ist auf ein Jahr befristet, wobei die Bundesversammlung jedoch ermächtigt sein soll, die Geltungsdauer nötigenfalls um ein weiteres Jahr unter Ausschluss des Referendums zu verlängern. Gestützt auf unsere Darlegungen beantragen wir Ihnen, den Beschlussesentwurf anzunehmen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, sehr geehrte Herren, die Versicherung unserer vorzüglichen Hochachtung.

Bern, den 28.Mai 1965 Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsidcnt : Tschudi Der Bundeskanzler: Ch. Oser

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(Entwarf)

Bundesbeschluss betreffend die Verlängerung des Bundesgesetzes über rechtliche und finanzielle Massnahmen für das Hotelgewerbe (Vom

1965)

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 28. Mai 1965, beschliesst: Art. l 1

Die Geltungsdauer des Bundesgesetzes vom 24. Juni 19551) über rechtliche und finanzielle Massnahmen für das Hotelgewerbe wird bis zum 3I.Dezember 1966 verlängert.

a Die Bundesversammlung ist ermächtigt, die Geltungsdauer dieses Beschlusses nötigenfalls um ein weiteres Jahr unter Ausschluss des Referendums zu verlängern.

Art. 2 Der Bundesrat wird beauftragt, die Bekanntmachung dieses Beschlusses gemäss den Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874 betreffend Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse zu veranlassen.

») AS 1955, 1107.

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1965

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9231

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03.06.1965

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