Auswirkungen von Freihandelsabkommen Bericht der GPK-N vom 4. Juli 2017 Stellungnahme des Bundesrates vom 22. September 2017

Sehr geehrter Herr Kommissionspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Zum Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates vom 4. Juli 2017 betreffend die Auswirkungen von Freihandelsabkommen nehmen wir nach Artikel 158 des Parlamentsgesetzes nachfolgend Stellung.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Kommissionspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

22. September 2017

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Doris Leuthard Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

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Stellungnahme 1

Ausgangslage

Freihandelsabkommen (FHA) sind völkerrechtliche Verträge, die zwischen Staaten oder internationalen Organisationen geschlossen werden, um dadurch den gemeinsamen Handel zu fördern und zu erleichtern, indem Handelshemmnisse vollständig oder teilweise abgebaut werden. Da die Schweiz seit jeher wirtschaftlich eng mit dem Ausland verflochten ist, sind FHA wichtige Instrumente der Aussenhandelspolitik des Bundesrates. Die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates (GPK-N) hat im Januar 2015 die Parlamentarische Verwaltungskontrolle (PVK) mit einer Evaluation der Auswirkungen von FHA beauftragt. Die für das Dossier zuständige Subkommission der GPK-N hat entschieden, dass die PVK die Evaluation auf die Informationen des Bundes zu den erwarteten und tatsächlichen Auswirkungen von FHA ausrichten und dabei die folgenden Fragen beantworten soll: ­

Wie sind die Informationen des Bundes zu den erwarteten und tatsächlichen Auswirkungen von FHA sowie deren Grundlagen zu beurteilen?

­

Werden diese Informationen auf transparente und sachdienliche Weise in die Beschlussfassung zu FHA einbezogen und angemessen kommuniziert?

­

Wie sind die Auswirkungen der FHA auf den Schweizer Aussenhandel zu bewerten und wie sind diese Auswirkungen im Vergleich zu den ursprünglich formulierten Erwartungen zu beurteilen?

Im Rahmen ihrer Untersuchung hat die PVK eine Reihe von Dokumenten analysiert (Studien, Berichte, Strategien, Richtlinien, Weisungen usw.) und Gespräche mit rund vierzig Personen aus der Bundesverwaltung sowie aus der Wirtschaft und der Zivilgesellschaft geführt. Ergänzend hat die PVK Fallstudien zu drei ausgewählten FHA der Schweiz durchgeführt (FHA mit China, FHA mit den Staaten des Golfkooperationsrates und FHA mit den zentralamerikanischen Staaten) und für den Zeitraum 2000­2015 eine systematische Inhaltsanalyse der Botschaften des Bundesrates zu den FHA und der entsprechenden Informationen in den Berichten des Bundesrates zur Aussenwirtschaftspolitik vorgenommen. Die Ergebnisse einer bei «BAK Basel Economics AG» (BAKBASEL) in Auftrag gegebenen Studie aus dem Jahr 2016 zu den Auswirkungen der FHA auf den Schweizer Handel sind ebenfalls in die Evaluation eingeflossen.

Gestützt auf den Bericht der PVK hat die GPK-N dem Bundesrat mit Schreiben vom 4. Juli 2017 ihren eigenen Bericht übermittelt und ihn um eine Stellungnahme ersucht. In ihrem Bericht präsentiert die GPK-N die aus ihrer Sicht wichtigsten Feststellungen und Schlussfolgerungen aus dem Bericht der PVK und gibt vier Empfehlungen ab. Der Bundesrat nimmt im Folgenden zu diesen Empfehlungen Stellung.

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Stellungnahme des Bundesrates

2.1

Durchführung von Nachhaltigkeitsstudien

Empfehlung 1:

Durchführung von Nachhaltigkeitsstudien

Die GPK-N fordert den Bundesrat auf, inskünftig im Rahmen der Beschaffung von Informationsgrundlagen für FHA-Verhandlungen die Durchführung von Nachhaltigkeitsstudien zu prüfen. Sollte der Bundesrat zur Auffassung gelangen, dass im Einzelfall keine Nachhaltigkeitsstudie durchgeführt werden soll, wäre diese Entscheidung in der Botschaft zum betreffenden FHA zu begründen. Die Resultate durchgeführter Nachhaltigkeitsstudien sind in der jeweiligen Botschaft auszuweisen.

Der Bundesrat betrachtet die Entwicklung des internationalen Handels als einen entscheidenden Faktor für die Erreichung einer breiten Palette von Zielen der Agenda 2030. Er teilt die Einschätzung der GPK, dass es wichtig ist, die nachhaltige Entwicklung im Rahmen von FHA gemäss den entsprechenden strategischen Zielen des Bundes zu berücksichtigen.

Diese Ziele sind in den neueren FHA der Schweiz solide verankert. Spezifische Bestimmungen sehen insbesondere die wirksame Umsetzung und die Einhaltung der Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) und der von den Vertragsparteien ratifizierten multilateralen Umweltabkommen vor. Andere Bestimmungen verpflichten die Vertragsparteien zu einer wirksamen Durchsetzung ihrer Umwelt- und Arbeitsgesetzgebungen und verbieten ihnen die Senkung der bestehenden Schutzniveaus, um damit einen Handelsvorteil zu erlangen oder Investitionen anzuziehen. Zudem wird auf die wichtigsten internationalen Instrumente im Bereich der Menschenrechte sowie auf die Grundsätze der unternehmerischen Gesellschaftsverantwortung (Corporate Social Responsability, CSR) verwiesen. Eine spezifische Klausel sorgt ausserdem dafür, dass die FHA die internationalen Verpflichtungen der Vertragsparteien aus anderen Übereinkommen, einschliesslich solcher in den Bereichen Soziales, Umwelt und Menschenrechte, nicht in Frage stellen. Schliesslich erlauben die FHA den Vertragsparteien auch ausdrücklich, zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren und Pflanzen sowie zum Erhalt nicht erneuerbarer natürlicher Ressourcen von den WTO-Regeln abweichende Massnahmen zu treffen.

All diese Bestimmungen legen einen gemeinsamen Referenzrahmen fest. Die Vertragsparteien verpflichten sich, in ihrer präferenziellen Beziehung diesen Referenzrahmen so einzuhalten, dass die mit den FHA verfolgten wirtschaftlichen Zielen
mit den Zielen der Vertragsparteien im Bereich des Umweltschutzes und der grundlegenden Arbeitsrechte übereinstimmen.

Was die Durchführung vorgängiger Nachhaltigkeitsstudien angeht, lehnt der Bundesrat nicht grundsätzlich jede Form solcher Studien ab, wie die GPK-N geltend macht. Er möchte seine diesbezügliche Position wie folgt klären.

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Was umfassende Auswirkungsstudien wie jene der EU betrifft, stellt der Bundesrat fest, dass solche Evaluationen durch die Verwendung von Modellen an methodologische Grenzen stossen, die manchmal unüberwindbar sind. Um die Auswirkungen eines FHA nicht nur auf die Umwelt, sondern auch auf komplexe Fragestellungen wie die Geschlechterrollen, die Beschäftigung, die Einkommensverteilung, die Gesundheit usw. im Voraus beurteilen zu können, müssten die Autorinnen und Autoren solcher Studien zunächst über zweckdienliche Datenbanken zu allen von den Abkommen abgedeckten Bereichen verfügen. Die Untersuchung der Daten zum Warenhandel allein würde dafür nicht ausreichen. Insbesondere die Beurteilung der nichttarifären Handelshemmnissen erweist sich jedoch als äusserst schwierig. Einerseits sind diese Handelshemmnisse derart vielfältig, dass sie sich nicht so leicht in Modellen ausdrücken lassen wie die tarifären Handelshemmnisse. Andererseits sind gewisse für die Analyse wesentliche Daten manchmal schlicht nicht vorhanden. So verfügt der Bundesrat zum Beispiel über keine statistischen Daten zum bilateralen Dienstleistungshandel. Auch zum öffentlichen Beschaffungswesen liegen keine solchen Daten vor, um nur diese beiden Beispiele zu nennen. Diese Lücken sind umso problematischer, als ein Grossteil der Auswirkungen der neueren FHA auf die Reduktion von nichttarifären Handelshemmnissen zurückgeht. Um in diesen Bereichen die Auswirkungen der Liberalisierung, die hier in erster Linie qualitative Massnahmen umfasst, modellieren zu können, müssten die Studienautorinnen und -autoren sie in quantitative Entsprechungen umrechnen. Da aber nicht genügend verwertbare Daten verfügbar sind, führt dieser Arbeitsschritt zwangsläufig dazu, dass die Beantwortung der Arbeitshypothesen grösstenteils der Subjektivität der Studienautorinnen und -autoren überlassen ist. Diese Unsicherheit betreffend die Ausgangshypothesen verbunden mit der Schwierigkeit, Kausalzusammenhänge nachzuweisen, lassen keine eindeutigen Ergebnisse und Schlussfolgerungen zu. Ausserdem erlauben die Modellierungsinstrumente keine präzisen Vorhersagen darüber, wie sich die Wirtschaftsakteure und Unternehmen an die vom FHA definierten neuen Wirtschaftsbedingungen, die sich natürlich je nach den Verhandlungsergebnissen von einem FHA zum anderen unterscheiden,
anpassen werden. Hinzu kommt, dass die meisten Reaktionen auf geänderte Wirtschaftsbedingungen, gerade in den gesellschaftlichen Bereichen, die in diesen Studien untersucht werden, direkt auf der Ebene der Unternehmen anfallen, was weiter zum Informationsmangel beiträgt.

Angesichts all dieser Faktoren und der erwähnten methodologischen Schwierigkeiten ist der Bundesrat der Ansicht, dass diese Art von Untersuchungen nicht zu aussagekräftigen Schlussfolgerungen und Resultaten führen wird, und dies trotz eines hohen Ressourcenaufwands, sowohl auf finanzieller Ebene (die EU-Kommission hat pro Untersuchung einen Zahlungsrahmen von 600 000 Euro budgetiert) als auch auf der Ebene des für die Begleitung solcher Studien erforderlichen Personals.

Neben den methodologischen Schwierigkeiten sind auch das relative Gewicht der Schweiz im Welthandel (rund zehn Mal geringer als jenes der EU oder der USA) sowie der Anteil des Handels mit der Schweiz am gesamten Handelsvolumen unserer Partnerländer zu berücksichtigen. Zur Illustration: 2016 machten die Exporte Chinas in die Schweiz 0,15 Prozent aller Exporte Chinas aus, und die Importe Chinas aus der Schweiz beliefen sich auf 0,57 Prozent der gesamten chinesischen Importe. Vergleichbare Grössenordnungen liegen zum Beispiel auch beim Handel zwischen dem Mercosur (Argentinien, Brasilien, Paraguay, Uruguay) und der Schweiz 7652

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vor. Allfällige Auswirkungen eines Abschlusses eines FHA mit der Schweiz sind unter Berücksichtigung dieser Grössenordnungen (die oft unter den statistischen Fehlermargen liegen) und der Tatsache zu beurteilen dass Bestimmungen zur Einhaltung der Regeln und Grundsätze zum Umwelt- und Arbeitnehmerschutz bereits in die FHA integriert sind.

Im Umweltbereich sind die erläuterten methodologischen Schwierigkeiten geringer, denn die Umweltverträglichkeitsstudie betrifft in erster Linie die Warenhandelsflüsse sowie die Veränderungen der Marktzugangsbedingungen auf tarifärer Ebene, die in messbaren Grössen ausgedrückt werden. So sieht die Massnahme 7a des vom Bundesrat am 20. April 2016 verabschiedeten Berichts «Grüne Wirtschaft» vor, dass das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) von Fall zu Fall und in Absprache mit dem Bundesamt für Umwelt (BAFU) gezielte Auswirkungsstudien zum allfälligen Handel mit für die Umwelt heiklen Produkten durchführt. Dass bisher keine solche Studie durchgeführt wurde, darf nicht als eine grundsätzliche Ablehnung dieses Instrumentes verstanden werden. Vielmehr erklärt sich diese Tatsache dadurch, dass die Freihandelsverhandlungen, die seit der Einführung des Aktionsplanes «Grüne Wirtschaft» im Jahr 2013 lanciert wurden, Partner mit einem geringen bilateralen Handelsvolumen betrafen und/oder Partner, mit denen die erhobenen Zölle für den Warenverkehr bereits relativ tief waren.

Der Bundesrat wird auch in Zukunft gemäss der Massnahme 7a des Berichts «Grüne Wirtschaft» von 2016 von Fall zu Fall die Zweckmässigkeit einer gezielten Umweltverträglichkeitsstudie prüfen. Wird eine solche Studie durchgeführt, werden ihre wichtigsten Resultate in der Botschaft an das Parlament zum jeweiligen FHA dargelegt. Dasselbe gilt für die Gründe, weshalb gegebenfalls keine solche Studie durchgeführt worden ist.

2.2 Empfehlung 2:

Systematisches Monitoring der Zolldaten von Partnerstaaten Verbesserung der Datenlage

Die GPK-N bittet den Bundesrat, zu prüfen, mit welchen Massnahmen die Datensituation verbessert werden könnte. In diesem Rahmen empfiehlt die Kommission, bei künftigen FHA Möglichkeiten des Zugangs zu Zolldaten der anderen Vertragspartei zu prüfen, um diese Daten gegebenenfalls systematisch auszuwerten und dabei zu analysieren, wie Schweizer Unternehmen das betreffende FHA nutzen. Die Erkenntnisse dieser allfälligen Analyse sollten für spätere FHA berücksichtigt werden. Der Bundesrat wird gebeten, darüber Bericht zu erstatten.

Während der Vorbereitungen und der Verhandlungen für den Abschluss eines FHA tauschen die Schweiz und ihre Freihandelspartner systematisch gewisse Daten aus (z. B. Gesetze, Reglemente, Statistiken), darunter auch Zolldaten. Nach Inkrafttreten des FHA setzen die Schweiz und ihr Freihandelspartner den Informationsaustausch im Rahmen des regelmässigen «Monitorings» des Abkommens fort. Der Austausch von Statistiken und anderen Zolldaten zwischen den Vertragsparteien ist notwendig, 7653

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um beurteilen zu können, ob das FHA gut funktioniert. Daher stimmt der Bundesrat mit der GPK-N überein, dass die Qualität der Zolldaten, die die Schweiz von ihren Freihandelspartnern erhält, für die Durchführung von Analysen wichtig ist, gerade auch um beurteilen zu können, wie die Schweizer Unternehmen von FHA profitieren. Gleichzeitig weist der Bundesrat darauf hin, dass der Erhalt gewisser Zolldaten davon abhängt, ob die Partnerländer zur Offenlegung dieser Daten bereit sind, was nicht immer der Fall ist, da sie diese Informationen manchmal als vertraulich erachten. Wie BAKBASEL in der im Auftrag der PVK durchgeführten Analyse aufzeigt, verzichten manche Staaten aus Sicherheitsgründen bewusst darauf, die detaillierte Struktur ihrer Importe offenzulegen, und weisen einen Teil davon unter der Bezeichnung «nicht spezifiziert» aus. Selbst wenn die Schweiz also in der Lage ist, Daten zu erhalten, besteht keine Garantie dafür, dass die erhaltenen Informationen verwendbar sind und die tatsächlichen Gegebenheiten exakt wiedergeben.

Dennoch ist der Bundesrat damit einverstanden, dass die Schweiz in enger Zusammenarbeit mit den anderen EFTA-Mitgliedstaaten im Rahmen der Verhandlungen über FHA nach Möglichkeiten sucht, um mit ihren Freihandelspartnern gewisse Zolldaten auf Reziprozitätsbasis auszutauschen. Er beauftragt das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF), über das SECO die dazu erforderlichen Arbeiten aufzunehmen.

2.3 Empfehlung 3:

Informationen zu den Tätigkeiten der Gemischten Ausschüsse Mehr Transparenz bei den Gemischten Ausschüssen

Die GPK-N bittet den Bundesrat, darauf hinzuwirken, dass die in den Gemischten Ausschüssen vertretenen Schweizer Behörden jeweils einen konsolidierten Jahres- bzw. Tätigkeitsbericht zu allen bestehenden Gemischten Ausschüssen der FHA erstellen und diesen publizieren.

Der Bundesrat veröffentlicht bereits in seinem jährlichen Bericht über die Aussenwirtschaftspolitik eine Zusammenfassung der Tätigkeiten der gemischten Ausschüsse. Aufgrund der vertraulichen und/oder strategischen Natur gewisser der in diesen Organen erörterten Themen (zum Beispiel Behandlung einzelner Unternehmen, Aspekte der Zollkontrollen) können die Diskussionen in den gemischten Ausschüssen der Öffentlichkeit jedoch nicht vollständig zugänglich gemacht werden.

Daher ist es auch nicht möglich, die Berichte zu diesen Treffen zu veröffentlichen.

Die vertrauliche Behandlung gewisser Informationen ist ein Beweis des gegenseitigen Vertrauens und trägt zu einer effizienten Regelung konkreter Probleme bei, mit denen sich Wirtschaftsakteure beider Vertragsparteien konfrontiert sehen. Daher ist auch die Kritik, gewisse Tätigkeiten in den gemischten Ausschüssen seien intransparent, nicht gerechtfertigt. Der Bundesrat ist allerdings der Ansicht, dass insofern ein Verbesserungspotenzial besteht, als über gewisse nicht sensible Informationen ausführlicher berichtet werden sollte.

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Entsprechend wird sich der Bundesrat unter Vorbehalt der erwähnten Vertraulichkeitsaspekte darum bemühen, das Monitoring der FHA durch die gemischten Ausschüsse in seinem jährlichen Bericht zur Aussenwirtschaftspolitik ­ in einer geeigneten Form ­ ausführlicher zu behandeln.

2.4 Empfehlung 4:

Erklärungen zu den Auswirkungen der FHA auf die Diskriminierungen Genauere Erläuterungen zum konkreten Einzelfall hinsichtlich der Auswirkungen zu Diskriminierungen

Die GPK-N ersucht den Bundesrat, im Rahmen von FHA-Botschaften hinsichtlich der Auswirkungen auf tatsächliche oder potenzielle Diskriminierungen präzisere Angaben zu machen und dabei die Grundlagen seiner Aussagen klarer darzulegen. Weiter soll der Bundesrat genauer erläutern, weshalb das Diskriminierungspotenzial respektive eine bestehende Diskriminierung für Schweizer Unternehmen durch das konkret zu erläuternde FHA zumindest verkleinert werden könnte.

Die GPK-N verweist in ihrem Bericht auf die Feststellung der PVK, die insbesondere im Kapitel Auswirkungen der Botschaften zu den FHA dargelegte Begründung der Auswirkungen der FHA sei mangelhaft, und teilt diese Ansicht. Zudem weist die GPK-N darauf hin, dass der Bundesrat häufig Standardformulierungen verwendet und beim Thema der Auswirkungen der FHA in Bezug auf die potenzielle oder tatsächliche Beseitigung oder Reduktion von Diskriminierungen zu allgemein bleibt.

Die GPK-N kommt zum Schluss, der Bundesrat könne seine Erläuterungen zu diesem Thema in den Botschaften verbessern.

In ihrem Bericht hebt die PVK ausserdem hervor, dass die Analyse der erwarteten und tatsächlichen Auswirkungen der FHA in den Botschaften und Berichten des Bundesrates sich fast ausschliesslich auf das Zolleinsparpotenzial für Schweizer Exporte bezieht und sich bei den Importen vorwiegend auf die Folgen der geringeren Zolleinnahmen für die Schweiz beschränkt. Wie er in seiner Stellungnahme zu Empfehlung 1 bereits ausgeführt hat, ist der Bundesrat der Ansicht, dass eine vorgängige quantitative und präzise Evaluation der erwarteten globalen Auswirkungen eines FHA eine komplexe Angelegenheit ist. Selbst im Nachhinein, wenn das FHA bereits in Kraft ist, bleibt die Beurteilung der allein auf das FHA zurückzuführenden Auswirkungen schwierig und hat ihre Grenzen. Dies liegt einerseits daran, dass die Auswirkungen der FHA stark von der Konjunktur und den wirtschaftlichen Entwicklungen auf internationaler Ebene wie auch innerhalb der einzelnen Vertragsparteien der FHA beeinflusst werden können. Andererseits ist es sehr schwierig, die Wirkungen zu beurteilen, die auf die Reduktion oder die Beseitigung von nichttarifären Handelshemmnissen ­ die bei den FHA der jüngsten Generation eine immer grössere Rolle spielen ­ zurückzuführen sind. Schliesslich erfordern die vorgängige und die nachträgliche Evaluation der Auswirkungen der FHA den Rück-

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griff auf hypothetische und unsichere Szenarien, wie die Situation heute ohne FHA aussehen würde.

Die von der PVK mit der Evaluation der Auswirkungen der FHA beauftragte BAKBASEL weist übrigens ebenfalls auf die Komplexität und die Grenzen der Durchführbarkeit solcher Analysen hin. Vorwiegend aus diesem Grund beschränkt sie sich bei ihrer Evaluation der von der Schweiz abgeschlossenen FHA auf deren Auswirkungen auf den Schweizer Aussenhandel. Der Bundesrat ist daher der Ansicht, dass die Kritik der PVK, die heutigen Wirtschaftsanalysen der Bundesverwaltung zu den tatsächlichen globalen Auswirkungen der FHA konzentrierten sich auf den Warenhandel, relativiert werden muss.

In ihren Schlussfolgerungen hebt BAKBASEL zudem hervor, die von ihr untersuchten FHA hätten nur wenige empirisch nachweisbare direkte Effekte auf den Schweizer Aussenhandel; tendenziell profitierten von den FHA vor allem die Exportbranchen Pharma, Chemie, Uhren, Maschinenbau und Messtechnik. Da diese Sektoren 2016 zusammen rund 81 Prozent der gesamten Warenexporte der Schweiz ausmachten und die Schweizer Wirtschaft über die Hälfte ihrer Wertschöpfung dank der Exporte in ausländische Märkte erzielt, hält der Bundesrat die FHA für geeignete und unerlässliche Instrumente, um für die Schweizer Exportindustrie einen stabilen und hindernisfreien Zugang zu diesen Märkten zu gewährleisten. Obwohl die spezifischen Auswirkungen der FHA nicht immer systematisch quantifizierbar sind1, ist der generelle Nutzen der FHA für die Förderung des Handels in der umfangreichen Wirtschaftsliteratur zu diesem Thema allgemein anerkannt.

Neben diesem Aspekt und wie in der Stellungnahme zu Empfehlung 1 erwähnt, ruft der Bundesrat in Erinnerung, dass die FHA auch andere Bereiche als den Warenhandel abdecken; in diesen anderen Bereichen sind die Auswirkungen jedoch nicht quantifizierbar, was vor allem auf deren immaterielle Natur sowie auf fehlende bilaterale statistische Daten zurückzuführen ist (z. B. Dienstleistungshandel, Schutz des geistigen Eigentums). Der Bericht der PVK anerkennt ferner, dass die FHA beispielsweise auch die Rechtssicherheit der Wirtschaftsbeziehungen zwischen den Partnerstaaten der FHA stärken: Die rechtlichen Rahmenbedingungen, über die sich die Vertragsparteien geeinigt haben, sind transparent festgelegt und verbessern so die
Vorhersehbarkeit und die Verlässlichkeit geschäftlicher Transaktionen. Zudem ermöglichen die FHA die Schaffung privilegierter Kanäle zur Behandlung und Lösung von Problemen, mit denen sich die Wirtschaftsakteure konfrontiert sehen.

Auch wenn diese Wirkungen nicht beziffert werden können, sind sie doch positiv zu werten.

Hinsichtlich der Auswirkungen der FHA auf die Reduktion oder die Beseitigung potenzieller oder tatsächlicher Diskriminierungen ruft der Bundesrat in Erinnerung, dass vor der Aufnahme von Verhandlungen über ein neues FHA immer eine gründliche interne Prüfung der zu diesem Zeitpunkt verfügbaren Informationen durchgeführt wird. Manchmal werden diese Informationen durch eine gemeinsam mit dem 1

Müller Larissa und Nussbaumer Timothey (2016), Wirtschaftliche Bedeutung der Freihandelsabkommen für die Schweiz ­ Fokus auf Partner ausserhalb der EU, SECO; Abt Marianne (2009), Bedeutung der Freihandelsabkommen mit Partnern ausserhalb der EU, SECO.

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potenziellen Vertragspartner durchgeführte Machbarkeitsstudie ergänzt. Verfügt der Staat, mit dem die Schweiz ein FHA abschliessen möchte, bereits über FHA mit anderen Partnern, so nimmt das WBF beziehungsweise das SECO eine Analyse der Bestimmungen dieser Abkommen vor, um die potenziellen oder tatsächlichen Diskriminierungen zu identifizieren, die sich für die Schweiz ergeben könnten, falls sie kein entsprechendes Abkommen abschliesst. Mit anderen Worten:Die Analyse allfälliger bestehender Abkommen ist ein integraler Bestandteil der Überlegungen, die zum Entscheid über die Aufnahme von Verhandlungen führen, und die Ergebnisse dieser Analyse werden in den Verhandlungen bis zum Schluss vollumfänglich berücksichtigt. Nach der Verhandlung des Abkommens werden diese Aspekte in der Botschaft erwähnt, in erster Linie in den entsprechenden sektoriellen Kapiteln, in denen die erhaltenen Konzessionen ausführlich verglichen und erläutert werden.

Hier wird auch beschrieben, inwiefern die dank dem FHA erhaltenen Konzessionen zur Reduktion oder Beseitigung gewisser Diskriminierungen im Vergleich zum Referenz-FHA des Freihandelspartners beitragen. Diese Kapitel sind parallel zum Kapitel Auswirkungen zu lesen. Um Wiederholungen zu vermeiden, beschränken sich die Erläuterungen zu den Auswirkungen des FHA in Bezug auf die Diskriminierungen im Kapitel Auswirkungen daher oft auf allgemeine Formulierungen.

Der Bundesrat teilt jedoch die Ansicht der GPK-N, dass sowohl die Präsentation als auch die Genauigkeit der Informationen zu den Auswirkungen der FHA auf die tatsächlichen oder potenziellen Diskriminierungen verbessert werden können. Daher nimmt er die Empfehlung 4 an und fordert das WBF und das SECO auf, in Zukunft dafür zu sorgen, dass die in dieser Empfehlung geforderten Aspekte in den Botschaften zu den FHA präziser und detaillierter erläutert werden.

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