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Zu 10485 Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung zur Frage der Erhebung eines Exportdepots und anderer konjunkturdämpfender Massnahmen (Vom 6. Mai 1970)

Herr Präsident, Hochgeehrte Herren, Wir beehren uns, Ihnen mit diesem Bericht den Entwurf zu einem geänderten Bundesbeschluss über die Erhebung eines Exportdepots zu unterbreiten.

Auf die Vorlage, die den eidgenössischen Räten mit Botschaft vom 4. Februar 1970 (BB1 1970 I 185) unterbreitet wurde, sind Sie in der vergangenen» Frühjahrssession eingetreten. In der Meinung, dass der ursprüngliche Entwurf eines Exportdepots noch vermehrt den besonderen Verhältnissen der Wirtschaft Rechnung tragen sollte, hat das Parlament die Vorlage jedoch zur nochmaligen Prüfung an den Bundesrat zurückgewiesen.

Ferner wurde in den Verhandlungen der Räte sowie in verschiedenen parlamentarischen Vorstössen zum Ausdruck gebracht, dass neben dem Exportdepot auch andere konjunkturdämpfende Vorkehren untersucht werden sollten.

Der Bundesrat hat diese Fragen eingehend geprüft und beehrt sich, darüber wie folgt zu berichten:

I. Konjunkturlage und -aussiebten 1. Konjunkturlage Seit der in der Botschaft vom 4. Februar 1970 über die Erhebung eines Exportdepots wiedergegebenen Darstellung der schweizerischen Wirtschaftslage ist keine Entspannung eingetreten. Unsere Wirtschaft war auch in den vergangenen Monaten durch ein allgemein starkes Wachstum gekennzeichnet.

Nach wie vor steht einem in den meisten Branchen voll ausgelasteten Produktionsapparat eine weiterhin wachsende Gesamtnachfrage gegenüber. In der letzten Zeit haben jedoch neben ausländischen zusehends auch inländische Nachfrageimpulse zur Anspannung der konjunkturellen Lage beigetragen.

1029 Der private Konsum, der ungefähr 43 Prozent der Gesamtnachfrage ausmacht, hat in letzter Zeit eine deutliche Belebung erfahren. Dies geht - zumindest tendermeli - aus der Entwicklung des durch die Statistik erfassten Warenkonsums hervor. So haben die Kleinhandelsumsätze wertmässig gegenüber der entsprechenden Vorjahresperiode im 4. Quartal 1969 um 8,1 Prozent und in den zwei ersten Monaten des laufenden Jahres um 7,4 beziehungsweise 8,9 Prozent zugenommen. Die sonst zu Jahresbeginn zu beobachtende Verlangsamung der Konsumausweitung ist somit diesmal ausgeblieben. Die Konsumneigung breiter Volkskreise scheint vielmehr zugenommen zu haben.

Eine Überhitzung zeichnet sich in steigendem Masse auch bei der Investitionstätigkeit ab. In der Bauwirtschaft sind des langen Winters wegen unliebsame Verzögerungen eingetreten, was zur Folge hatte, dass sich der ohnehin schon vorhandene Überhang der Nachfrage nach Bauleistungen geamthaft noch verstärkte und somit ein nicht geringes Inflationspotential entstand. Eine ausserordentlich starke Expansion ist bei den Ausrüstungsinvestitionen im Gang, die in den letzten Monaten in zunehmendem Ausmass vom Ausland bezogen wurden. Im ersten Quartal 1970 betrug die Zunahme gegenüber dem Vorjahr gegen 48 Prozent. Aus der Belebung der Investitionstätigkeit kann geschlossen werden, dass einerseits die Unternehmer noch nicht mit einem Abklingen der in- und ausländischen Nachfrage rechnen und dass anderseits die Verhältnisse am Arbeitsmarkt zur beschleunigten Vornahme von Rationalisierungen zwingen.

Trotz der angespannten Lage am Arbeitsmarkt, die sich durch die vornehmlich aus staatspolitischen Gründen notwendige neue Fremdarbeiterregelung noch verschärfen wird, vermochte die Industrie dank vermehrten Rationalisierungen ihre Produktion wesentlich auszudehnen. Der Produktionsindex stieg 1969 im Vergleich zum Vorjahr um 11 Prozent gegenüber bloss 5 Prozent im Jahre 1968.

Symptomatisch für den ausserordentlich hohen Auslastungsgrad der inländischen Produktivkräfte ist das vermehrte Ausweichen der Nachfrage auf das Ausland. Gegenüber dem Vorjahr haben die Importe im ganzen Jahr 1969 um 17,1 Prozent zugenommen (1968 bloss 9,2%), im 1. Quartal 1970 sogar um 29,2 Prozent, verglichen mit lediglich 8,8 Prozent 1969. Bei der Beurteilung dieser statistisch überhöhten Quartalszahlen
müssen indessen gewisse spezifische Einflüsse (z. B. Dockerstreik in den USA im Vorjahr) mit berücksichtigt werden. Ein Blick auf die Struktur der Einfuhren zeigt, dass die sprunghafte Zunahme der Importe ihren hauptsächlichsten Herd bei den Investitionsgütern hat. Aber auch die Rohstoffe und Halbfabrikate als Ausgangsmaterialien der künftigen Produktion haben kräftige Zuwachsraten zu verzeichnen.

Die Exportzunahme charakterisierte sich zu Beginn dieses Jahres durch eine leicht abnehmende Tendenz; die Wachstumsrate gegenüber dem Vorjahr betrug im Jahr 1969 15,3 Prozent (1968 14,4%) und im 1. Quartal 1970 noch 12,4 Prozent, während sie sich vor Jahresfrist auf 12,6 Prozent belief. Bei verstärkter Einfuhrzunahme und etwas abgeschwächtem Ausfuhrwachstum ist

1030 das Defizit der Handelsbilanz in den ersten drei Monaten des laufenden Jahres sprunghaft angestiegen. Betrug der Einfuhrüberschuss im ganzen Jahr 1969 rund 2,7 Milliarden Franken, so erreichte er im 1. Quartal 1970 fast 1,5 Milliarden Franken und war um rund 910 Millionen höher als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Bei Extrapolation der Zahlen für die ersten drei Monate ergäbe sich dadurch eine Reduktion des Liquiditätspotentials der Wirtschaft, vornehmlich der Banken, um rund l Milliarde. Aus dem wachsenden Handelsbilanzdefizit und der leicht verminderten Exportzuwachsrate kann jedoch nicht auf ein Nachlassen der Nachfrage nach schweizerischen Produkten geschlossen werden. Diese Zahlen reflektieren nämlich nur die befriedigte Auslandnachfrage.

Indessen behindern der Personalmangel oder die ausgelasteten technischen Kapazitäten eine dem tatsächlichen Bestellungseingang aus dem Ausland entsprechende Steigerung der Ausfuhren. Die Erfahrungen aus früheren Konjunkturzyklen zeigen, dass die Handelsbilanz jeweils in einer spätem Phase des Aufschwunges zunehmend defizitär wurde, weil einerseits aus Kapazitätsgründen mehr Vorprodukte im Ausland beschafft werden und andererseits die Wiederauffüllung der Lager und die steigende Investitionstätigkeit Mehrimporte verursachen. Die Verschlechterung der Handels- und schliesslich auch der Ertragsbilanz reflektiert somit nur die Überhitzung der Wirtschaft.

Die angespannte Wirtschaftslage vermochte sich vorläufig in der Entwicklung der Konsumentenpreise noch kaum niederzuschlagen. Ende März 1970 war die Teuerungsrate mit 2,5 Prozent gleich hoch wie vor Jahresfrist. Indessen hat sich das Preisklima insoweit verschlechtert, als die Teuerungstendenz leider eher grösser geworden ist. Darauf deutet die vor allem durch die erhebliche Verteuerung von Metallen, Metallwaren und Holz verursachte starke Zunahme des Grosshandelspreisindexes hin. Dieser stand im März 1970 um 5,9 Prozent über der Vorjahiesziffer, während damals die Zunahme lediglich 0,7 Prozent betragen hatte. Die ansteigenden Hypothekarzinssätze und Baukosten, die bereits angekündigten oder zu erwartenden Preiserhöhungen für wichtige Konsumgüter (z. B. Brot) sowie die von der Landwirtschaft gestellten Forderungen auf Einkommensverbesserungen werden sich über kurz oder lang auf den Lebenskostenindex
auswirken.

2. Konjunkturaussichten a. Im Ausland In der öffentlichen Diskussion über das Exportdepot wurde verschiedentlich der Meinung Ausdruck gegeben, es könne angesichts der sich abschwächenden Weltkonjunktur grundsätzlich auf Vorkehren zur Exportdämpfung verzichtet werden. Die Verflachung der weltwirtschaftlichen Nachfrage bringe von selbst die angestrebte konjunkturelle Beruhigung und mache damit autonome Massnahmen, insbesondere im Bereiche der Aussenwirtschaft, überflüssig. Diese Feststellung wurde mit dem Hinweis auf die ins Stocken geratene

1031 Konjunkturentwicklung in einigen führenden westlichen Industriestaaten, wie namentlich in den USA und in der Bundesrepublik Deutschland, begründet.

Im weitern wurde auch die OECD zitiert, die gemäss ihren im Dezember 1969 publizierten Schätzungen mit einer Verlangsamung der Zunahme des gesamten realen Bruttosozialprodukts der ihr angehörenden Staaten im laufenden Jahr rechnete.

Zu diesem Einwand ist folgendes zu sagen : in der Tat weisen gewisse Indikatoren auf eine Abschwächung des weltwirtschaftlichen Wachstums hin. Auf Grund der verfügbaren Zahlen dürfte sie jedoch nicht das Ausmass erreichen, wie noch um die Jahreswende angenommen wurde. Eine Prognose der kurzfristigen Konjunkturentwicklung in den USA ist nach wie vor schwierig. So wurden die kurzfristigen Wirtschaftsaussichten seitens der wirtschaftspolitischen Berater des amerikanischen Präsidenten kürzlich als ganz ungewiss («everything is quite uncertain») bezeichnet. Die vorhandenen Daten widersprechen sich denn auch in vielen Fällen, und die Entwicklung scheint regional und sektoral sehr differenziert zu verlaufen. Gemäss amerikanischen Quellen hat sich der Wachstumsrückgang in allerjüngster Zeit stark verlangsamt. Die Administration rechnet mit einem bereits in der zweiten Jahreshälfte 1970 einsetzenden Wiederaufschwung.

Die für Deutschland vorliegenden Zahlen weisen auf eine anhaltend lebhafte Wirtschaftstätigkeit hin. Wohl hat sich die Expansion vorübergehend leicht verflacht, doch ist dies nicht eine Folge mangelnder Nachfrage, sondern - wie bei uns - des unelastisch gewordenen Angebots angesichts des ausgetrockneten Arbeitsmarktes. Dies lässt aber tendenziell auf steigende Importe schliessen.

Die französische Konjunktur hat sich in den letzten Monaten günstiger entwickelt als noch im Herbst 1969 angenommen wurde. Die mutmassliche Wachstumsrate für das laufende Jahr wurde kräftig nach oben revidiert, wenn auch das letztjährige, äusserst günstige Ergebnis kaum mehr erreicht werden dürfte.

Die Wirtschaft Italiens ist in starkem Aufschwung begriffen. Dieser erhält seine Impulse von der steigenden Binnen- und insbesondere Konsumnachfrage.

Weniger günstig sind die Exportaussichten, und die soziale Unrast könnte die Erholung verzögern.

In England schliesslich dürfte 1970 das Sozialprodukt etwa in ähnlichem Ausmass zunehmen wie
im Vorjahr.

Gemäss den neuesten Vorausschätzungen vom April dieses Jahres rechnet das OECD-Sekretariat für 1970 mit einer realen Zunahme des gesamten Sozialproduktes aller in der Organisation zusammengeschlossenen Staaten um 3,3 Prozent (1969 noch 5 %). Dieser im Vergleich zum Vorjahr beachtliche Rückgang ist zu rund zwei Dritteln auf die Abkühlung des Konjunkturklimas in Nordamerika zurückzuführen, während die Wirtschaftstätigkeit in den meisten europäischen Staaten lebhaft bleibt. Da sich allein der Anteil der USA am kumulierten Sozialprodukt der OECD auf über 50 Prozent beläuft, wirken sich Änderungen im Wachstumstempo der amerikanischen Wirtschaft statistisch besonders stark aus.

1032 Der Bundesrat ist grundsätzlich der Meinung, dass es nicht angängig wäre, mit dem Hinweis auf mögliche Entwicklung im Ausland auf eine autonome Konjunkturpolitik verzichten zu wollen. Dabei übersehen wir nicht, dass das wirtschaftliche Geschehen in unserem Lande infolge seiner starken Verflechtung mit der Weltwirtschaft und der in den letzten Jahren weiter vorangeschrittenen Liberalisierung in konjunkturell bedeutsamen Bereichen in hohem Masse von ausländischen Einflüssen mitbestimmt wird.

b. Im Inland

Jede Konjunkturprognose ist bekanntlich mit einer Reihe von Unsicherheitsfaktoren behaftet. So wird die Prognose durch die vom Ausland ausgehenden Einflüsse auf unser Wirtschaftsgeschehen besonders erschwert. Auch ist die schweizerische Wirtschaftsstatistik arm an in die Zukunft weisende Zahlenreihen. Immerhin erlauben die vorhandenen Indikatoren, zumindest die Tendenz der künftigen Entwicklung mit einiger Sicherheit vorauszusagen.

Die an den schweizerischen Produktionsapparat gestellten Anforderungen ergeben sich aus der vom Inland und vom Ausland ausgehenden Nachfrage.

Dabei beläuft sich die erstere auf rund zwei Drittel und die letztere auf einen Drittel.

Besonders starke Einflüsse auf den Konjunkturverlauf gehen namentlich von den Investitionen aus, die zusammen mit dem privaten und öffentlichen Konsum Bestandteil der Binnennachfrage sind. Auf deren mutmassliche Entwicklung soll daher im folgenden näher eingetreten werden.

Die bis heute vorliegenden Teilergebnisse der diesjährigen Bauerhebung weisen auf eine enorme Zunahme der Baunachfrage hin. Dabei entfallen auf diese rund zwei Drittel der gesamten Anlageinvestitionen. Nach den bisher eingetroffenen Meldungen nahmen die für das laufende Jahr zur Ausführung vorgesehenen Bauvorhaben im Vergleich zum Vorjahr um rund 20 Prozent zu.

Die Projektsumme dürfte sich demnach auf gegen 18,5 Milliarden Franken belaufen. Demgegenüber wurde 1969 ein gegenüber dem Vorjahr um 10 Prozent höheres Bauvolumen realisiert. Die letztjährige Bautätigkeit dürfte somit rund 13,9 Milliarden Franken betragen haben. Es konnten 1969 Bauten im Umfange von 1,5 Milliarden Franken - l Milliarde Franken 1968 nicht realisiert werden. Stellt man die für 1970 angemeldeten Bauvorhaben der effektiven Bautätigkeit 1969, die angesichts der nahezu restlos ausgenutzten personellen und technischen Kapazitäten vereinfachend als derzeitiges Leistungsvermögen des Baugewerbes angesehen werden darf, gegenüber, so ergibt sich ein rechnerischer Überschuss von rund 4,6 Milliarden Franken. Auch unter Berücksichtigung möglicher zeitlicher Verschiebungen des Baubeginns, allenfalls noch vorhandener Kapazitätsreserven und eines weiteren Produktivitätsfortschrittes sowie einer fühlbaren Erhöhung der Baukosten resultiert für das laufende Jahr eine ungedeckte Nachfrage nach Bauleistungen von ganz beträchtlichem Ausmass.

1033 In die gleiche Richtung weisen auch die Zahlen über die von den Arbeitsinspektoren begutachteten Planvorlagen für industrielle Neu- und Erweiterungsbauten sowie die Wohnbaustatistiken. So ergibt sich im Vergleich zum Vorjahr bei den genannten Industrievorlagen eine Zunahme ihrer Zahl um 1°3 Prozent bei einem um 36 Prozent grösseren Raumvolumen. Anderseits wurden 1969 in den Gemeinden über 2000 Einwohnern 61 833 Wohnungen baupolizeilich bewilligt. Diese Zahl liegt um 23 Prozent über dem Vorjahresniveau und hat auch den im Jahre 1963 erreichten bisherigen Höchststand übertroffen.

Schliesslich überschritt die Zahl der Ende 1969 im Bau befindlichen Wohnungen diejenigen des Vorjahres um fast einen Viertel.

Hinzu kommt, dass die ungünstigen Witterungsverhältnisse im Frühjahr 1970 das Bauen vielerorts verzögert haben. Die dadurch entstandenen beträchtlichen Produktionseinbussen werden - nicht zuletzt infolge der Knappheit an Arbeitskräften - nur schwerlich wieder wettzumachen sein.

Wie aus diesen Zahlen hervorgeht, dürfte der Nachfragedruck auf dem Baumarkt im laufenden Jahr nochmals zunehmen. Dies um so mehr, als in diesem Bereich unserer Wirtschaft ein Rückgriff auf ausländische Ressourcen nur sehr beschränkt möglich ist. Angesichts der starken Verflechtung der Bauwirtschaft mit andern im Produktionsprozess vor- oder nachgelagerten Wirtschaftszweigen werden die vom engern Baugewerbe ausgehenden Auftriebskräfte auch auf diese Bereiche übergreifen.

Von den Ausrüstungsinvestitionen wird unsere Wirtschaft im laufenden Jahr ebenfalls belebende Impulse erhalten. Darauf weisen nicht zuletzt die hohen Maschinen- und Apparateimporte zu Jahresbeginn hin. Infolge der neuesten Massnahmen zur Stabilisierung des Fremdarbeiterbestandes und eines ohnehin ausgetrockneten Arbeitsmarktes werden die Unternehmer gezwungen - falls sie keine Umsatzeinbussen in Kauf nehmen wollen -, ihre Produktionsanlagen noch mehr zu rationalisieren und zu mechanisieren.

Die private Konsumnachfrage nach Gütern und Diensten wird im laufenden Jahr, wie bereits die Detailhandelsumsätze der Monate Januar bis März bestätigen, lebhaft bleiben. Das Umsatzwachstum des Vorjahres dürfte real leicht überschritten werden. Die Gründe für die gesteigerte Konsumnachfrage sind in erster Linie in der Einkommensentwicklung zu suchen. Gemäss einer
Testumfrage des Instituts für Wirtschaftsforschung an der ETH ist für dieses Jahr mit einer stärkeren Lohnerhöhung zu rechnen als 1969. Diese erstreckt sich sowohl auf die Tariflöhne als auch auf individuelle Lohnanpassungen.

Der Konsum von Gütern und Diensten der öffentlichen Gemeinwesen schliesslich dürfte 1970 real etwa gleich stark steigen wie im Vorjahr.

Auf Grund dieser Annahmen kann wohl davon ausgegangen werden, dass sich die reale Inlandnachfrage im laufenden Jahr im Vergleich zu 1969 tendenziell verstärken wird.

Demgegenüber ist anzunehmen, dass die ausländische Güternachfrage in diesem Jahr etwas weniger stark zunehmen wird als 1969. Immerhin dürfte die reale Zuwachsrate der Güterexporte diejenige der Binnennachfrage auch 1970 Bundesblatt. 122. Jahrg. Bd. I

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1034 noch bei weitem überschreiten. Von der Auslandnachfrage gehen somit weiterhin fühlbare Auftriebsimpulse aus.

Die angenommene Verflachung des Wachstumstempos der Güterexporte stützt sich auf die bereits erwähnte Tatsache, dass die OECD, deren Mitgliedstaaten rund drei Viertel unserer Güterausfuhr aufnehmen, mit einer Verlangsamung der Wirtschaftstätigkeit der ihr angehörenden Staaten rechnet. Gemäss der Vorausschätzung vom April dieses Jahres nimmt die Organisation an, dass die Importzunahme der OECD-Zone insgesamt von knapp 16 Prozent 1969 auf etwas über 12 Prozent im laufenden Jahr zurückgehe. Die Wachstumsrate der schweizerischen Exporte dürfte sich allerdings nicht in diesem Ausmass zurückbilden. Die jüngsten Testresultate der Unternehmerbefragungen des Instituts für Wirtschaftsforschung zeigen im Vergleich zum Vorjahr vielmehr einen fortgesetzten Anstieg der Auftragseingänge. Obschon die industrielle Produktion sehr rege war, überschritt der Bestellungseingang die Auslieferungen, sodass der Auftragsbestand erneut zunahm. So belief sich der vom Verein Schweizerischer Maschinen-Industrieller ermittelte durchschnittliche Arbeitsvorrat bei den an der Erhebung beteiligten Firmen auf 9,3 Monate Ende 1969 gegenüber 7,5 Monaten im Vorjahr. Dabei gilt es zu beachten, dass die Maschinenindustrie stark exportorientiert ist. Auch wenn sich der Bestellungseingang in den nächsten Monaten abschwächen sollte, dürfte die Geschäftstätigkeit dank den umfangreichen Auftragsbüchern lebhaft bleiben.

Bei der Beurteilung unserer Exportchancen ist im weitern darauf hinzuweisen, dass die schweizerischen Ausfuhren infolge ihrer starken geographischen Streuung sowie ihrer besondern Struktur (hoher Anteil an Spezialitäten) in der Regel auf eine Abschwächung der Weltkonjunktur weniger stark reagieren.

Zusammengefasst sind wir der Meinung, dass die Hochkonjunktur anhalten wird. Ein allfälliges Nachlassen der Auslandnachfrage dürfte durch die wachsende Inlandnachfrage zumindest kompensiert werden. Die tatsächliche nominale Gesamtnachfrage wird voraussichtlich das Angebot auch im laufenden Jahr merklich übertreffen. Der bereits seit Mitte 1969 registrierte Nachfrageüberharig wird noch an Umfang und Breite gewinnen. Die dadurch ausgelöste Nachfrageinflation wird begleitet von Kostensteigerungen, die ihre Ursache im In-
und Ausland haben. Es besteht die Gefahr, dass bei uns die Überhitzung über jenes Ausmass hinausgeht, das mit dem Ziel der Erhaltung der Konkurrenzfähigkeit auf längere Sicht vereinbar ist. Daher sind Massnahmen zur Begrenzung der Gesamtnachfrage und Rückführung der Wirtschaft auf ein Wachstum im Gleichgewicht immer noch unumgänglich.

Zur Erreichung dieses Zieles ist ein ganzes Paket von Massnahmen in Aussicht genommen worden, von denen ein Teil bereits verwirklicht wurde. Zunächst soll dargelegt werden, wie sich die nicht in die Zuständigkeit der Bundesversammlung fallenden Vorkehren bisher ausgewirkt haben.

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3. Auswirkungen der Begrenzung des Kreditzuwachses der Banken . a. Kreditzuwachsraten

In Anwendung der Rahmenvereinbarung über die Mindestguthaben und die zulässige Kreditausweitung vom I.September 1969 wurden die Banken verpflichtet, das inländische Kreditvolumen in der Zeit vom 1. August 1969 bis 31. Juli 1970 um nicht mehr als 9 bis 11,5 Prozent des am 31. Juli 1969 erreichten Standes ansteigen zu lassen. Die Quote von 9 Prozent wurde allen Banken als Minimalsatz zugebilligt; Institute, welche in den beiden vorangegangenen, am 30. Juni 1969 endenden Zwölfmonatsperioden eine Kreditzuwachsrate von mehr als 9 Prozent aufgewiesen hatten, erhielten einen Zuschlag im Ausmass von bis zu 2,5 Prozent, so dass die höchstmögliche Zuwachsrate 11,5 Prozent betrug. Für Banken mit einer Bilanzsumme über 100 Millionen Franken belief sich die zulässige Kreditzuwachsrate durchschnittlich auf 9,73 Prozent. Was die einzelnen Bankengruppen anbelangt, stellte sich die Zuwachsquote bei den Grossbanken auf 10,8 Prozent, bei den Kantonalbanken auf 9,2 Prozent und bei den Lokalbanken und Sparkassen auf 9,3 Prozent.

Diese ursprünglich festgesetzten Zuwachsraten wurden mit Wirkung ab 1. Februar 1970 um 15 Prozent gekürzt. Demzufolge belief sich die zulässige Kreditzuwachsrate für die Zeit vom l. August 1969 bis 31. Januar 1970 für die Banken mit Bilanzsummen über 100 Millionen Franken auf die Hälfte der ursprünglichen Jahresquote, d. h. auf 4,86 Prozent, wobei Über- und Unterschreitungen der folgenden Quote angerechnet werden. Diese beträgt für die Zeit vom I.Februar 1970 bis 31. Januar 1971 8,27 Prozent des am 31. Juli 1969 erreichten Standes der inländischen Kredite.

b. Tatsächliche Ausweitung des Kreditvolumens

Im Vergleich mit den jeweils entsprechenden Monaten des Vorjahres wies allerdings die Kreditexpansion, obwohl der Globalsatz vom 1. August 1969 bis 31. Januar 1970 9,73 Prozent p. a. und ab 1. Februar nurmehr 8,27 Prozent p. a. betrug, noch kräftige monatliche Zuwachsraten auf. Diese betrugen: Monat

Zuwachsrate gegenüber dem gleichen Monat des Vorjahres

1969 August September Oktober November Dezember

12,62 12,35 12,49 12,03 12,01

1970 Januar Februar

."

12,63 12,66

1036 Die Erklärung liegt darin, dass die Kreditexpansion erst ab Mai 1969 besonders stark anstieg und dass das Kreditvolumen per Ende Juli als Basis für die Berechnung der absolut zulässigen Quoten bereits stark überhöht war. Sodann ist zu beachten, dass die Zuwachsraten im ersten Semester der Begrenzung des Kreditzuwachses eine kräftigere Ausdehnung des Kreditvolumens zuliessen, als sich dieses in der entsprechenden Vorjahresperiode ausgeweitet hatte. Die prozentuale Zuwachsrate dürfte sich auch im März und April noch auf einem hohen Niveau bewegen, sich aber vom Mai an wesentlich vermindern. .

In den ersten sechs Monaten der Kreditzuwachsbegrenzung belief sich der zulässige Kreditzuwachs bei den 147 Banken mit einer Bilanzsumme von mindestens 100 Millionen Franken auf 3584 Millionen Franken. Der Stand der inländischen Kredite erhöhte sich effektiv um 3360 Millionen Franken. Die Banken haben somit - gesamthaft betrachtet - die ihnen eingeräumten Kreditzuwachsquoten zu 94 Prozent ausgenützt; 224 Millionen Franken bzw. 6 Prozent der Kreditquote wurde nicht beansprucht. Von den 147 Banken haben 38 den Stand ihrer inländischen Kredite über die zulässige Zuwachsrate hinaus ansteigen lassen.

Bei den einzelnen Bankengruppen verlief indessen die Entwicklung sehr unterschiedlich. Bei den Grossbanken ergab sich nämlich eine Überschreitung des zulässigen Kreditzuwachses um 175 Millionen Franken oder 15 Prozent.

Bei den Kantonalbanken blieb der effektive Anstieg der Kredite dagegen 54 Millionen Franken oder 3 Prozent und bei den Lokalbanken und Sparkassen 111 Millionen Franken oder 16 Prozent hinter der zulässigen Quote zurück. Bei den übrigen Bankengruppen zusammen unterschritt der Stand der inländischen Kredite Ende Januar 1970 sogar jenen per Ende Juli 1969.

c. Bremswirkungen erst nach längerer Zeit

Die bisherigen hohen effektiven Zuwachsraten zeigen, wie notwendig es war, ab Februar die Zuwachsraten um 15 Prozent zu verringern. Hiedurch wurden die prozentualen Zuwachsquoten auf Sätze gebracht, wie sie ungefähr in den letzten zwölf Monaten vor dem Mitte 1969 einsetzenden Konjunkturaufschwung erreicht worden waren. Dabei bleibt allerdings die Tatsache bestehen, dass die Basiszahlen, auf die die Prozentsätze Anwendung finden, beträchtlich höher liegen als der Kreditstand Mitte 1968.

Die effektiven Zuwachszahlen bestätigen auch, dass von monetären Massnahmen Bremswirkungen erst nach einer längeren Anlaufzeit erwartet werden können und dass eine Kreditzuwachsbegrenzung relativ frühzeitig einsetzen sollte.

Bisher bestand die Hauptwirkung der Kreditzuwachsbegrenzung in einer Verminderung neuer Kreditzusagen! Dies zeigt sich u. a. deutlich in der Entwicklung der Zusagen für Baukredite. Während diese im zweiten Quartal 1969 eine Zuwachsrate gegenüber dem Vorjahr von 43 Prozent und im dritten Quartal eine solche von 58 Prozent aufwiesen, sanken sie im vierten Quartal 1969

1037 auf 20 Prozent, im Januar 1970 betrugen sie noch 11 Prozent, und im Februar bewegte sich der Betrag an neuen Kreditzusicherungen nur mehr auf dem entsprechenden Vorjahresvolumen, d. h. wies, verglichen mit diesem, keine Erhöhung mehr auf.

4. Auswirkungen anderer konjunkturdämpfender Vorkehren a. Massnahmen zur Einschränkung der Baunachfrage und der Aufträge für die Materialbeschaffung des Bundes

Gestützt auf seinen Beschluss vom 4. Februar 1970 über verschiedene Massnahmen zur Konjunkturdämpfung hat der Bundesrat kürzlich die konkreten Weisungen erteilt, um die Baunachfrage und die Aufträge für Materialbeschaffung des Bundes an die wirtschaftliche Entwicklung anzupassen. Die Regelung umfasst den Bereich der Bundesdepartemente sowie der SBB und der PTT-Betriebe.

Als generelle Zielsetzung galt, dass das Bauvolumen der öffentlichen Hand im Jahre 1970 nicht stärker zunehmen darf als das Bruttosozialprodukt.

Nach dem budgetierten Zahlungsbedarf ergibt sich für die bundeseigenen Bauten eine Zuwachsrate, die beträchtlich unter dem mutmasslichen Wachstumssatz des Bruttosozialproduktes liegt. Alle bundeseigenen wie auch die vom Bund mitfinanzierten Bauvorhaben sind zudem nach verschiedenen Kriterien zu überprüfen. Vor allem werden nur ausführungsreife Vorhaben freigegeben, und es wird eine Differenzierung nach Dringlichkeitskategorien verlangt. Vorhaben, die der Volksgesundheit und dem wirtschaftlichen Wachstum bzw. dem Produktivitätsfortschritt dienen, geniessen den Vorrang. Besondere Aufmerksamkeit wird der verbesserten Koordinierung der Auftragsvergabe zwischen den öffentlichen Gemeinwesen in den Ballungsräumen mit ihrer stark angespannten Baumarktlage geschenkt.

Bauvorhaben bis 50000 Franken sowie Projekte im Berggebiet fallen nicht unter diese Einschränkungen, ebensowenig wie der Nationalstrassenbau, wo besondere Verhältnisse vorliegen.

Bei der Materialbeschaffung ist grundsätzlich ein gleiches Vorgehen vorgeschrieben wie bei der Vergebung von Bauaufträgen. In der gegenwärtigen Konjunkturphase kommt einer preisbewussteren Prüfung der Offerten besonderes Gewicht zu. Auch ist im Rahmen der Teuerungsbekämpfung eine vermehrte Vergebung von Bestellungen ins Ausland vorgesehen.

Der Bundesrat hofft, dass auch die Kantone und Gemeinden in ihren Bauvorhaben und Materialbestellungen seinem Beispiel folgen und auf diesem Gebiet ebenfalls einen Beitrag zur Konjunkturdämpfung leisten.

b. Konjunkturgerechte Finanzierung der PTT-Investitionen

In Ausführung des Bundesratsbeschlusses vom 4. Februar 1970 ist ein erster Teil des jährlichen Zuwachses an Sichteinlagen beim Postcheck auf einem

1038 Sonderkonto bei der Schweizerischen Nationalbank sterilisiert worden. Die sterilisierten Mittel werden parallel mit einem allfälligen Abbau der zwischen der Nationalbank und den Banken vereinbarten Kreditbegrenzung wieder freigegeben. Damit die PTT ihre betrieblich und volkswirtschaftlich unerlässlichen Investitionen trotzdem finanzieren kann - soweit dies nicht laufend über die Betriebsrechnung möglich ist -, wird ihnen der Bund die entsprechenden langfristigen Mittel als Darlehen zur Verfügung stellen. Der Zweck der Massnahme liegt darin, dass die Investitionsftnanzierung der Bundesbetriebe in der gegenwärtigen Konjunkturphase zur Hauptsache durch langfristige Mittel und mithin echten Ersparnissen erfolgt und nicht mit kurzfristigen Geldern.

. c. Vorzeitige Inkraftsetzung von drei Abbaustufen der Kennedy-Runde

Eine Beurteilung der Wirksamkeit der auf den I.März 1970 erfolgten gleichzeitigen Inkraftsetzung der drei letzten Abbaustufen der Kennedy-Runde als Beitrag zur Konjunkturdämpfung kann sich im jetzigen Zeitpunkt nur auf vorläufige und erste Fakten stützen ; die indirekten und wirtschaftlich bedeutsameren Auswirkungen dieser Zollsenkungen, vor allem die von ihnen ausgehende Belebung der Konkurrenz können von einer kurzfristigen Betrachtungsweise nicht erfasst werden. Hinsichtlich der unmittelbaren Resultate seien immerhin einige Beispiele erwähnt, in denen die Preiswirkungen dieser geballten Zollsenkung nicht ausblieben. So haben gewisse Grossverteilerorganisationen bekanntgegeben, dass sie auf dem Nahrungsmittelsektor dank der Kennedy-Runde-Zollsenkungen auf verschiedenen Positionen, für welche die Ansätze am l. März gesenkt wurden, Preisabschläge vornehmen konnten, und dass bei zahlreichen weiteren Artikeln beabsichtigte Preiserhöhungen nicht vorgenommen werden mussten. Eine Umfrage der Handelskammer DeutschlandSchweiz über die aufwertungsbedingten Preisanpassungen im Warenverkehr mit der Bundesrepublik hat ergeben, dass verschiedene Unternehmen in Erwartung der Zollreduktion auf den 1. März die Verteuerung infolge der DM-Aufwertung nicht oder nur teilweise auf die Preise geschlagen haben. Als Beispiele hiefür seien elektrische Haushalt'apparate, insbesondere Kühlschränke, Tiefkühltruhen, Kochherde, ferner gewisse Möbelstücke und Automobiltypen erwähnt.

Die Möglichkeit zusätzlicher gezielter Zollsenkungen auf bestimmten Gütern in konsumnahen Bereichen bleibt weiterhin in Prüfung für den Fall, dass auf der Importseite trotz der vollständigen Inkraftsetzung der Ergebnisse der Kennedy-Runde ein erheblicher Preisanstieg eintreten sollte.

5. Konjunkturelle Auswirkungen der neuen Fremdarbeiterregelung Wie schon in der Botschaft vom 4. Februar 1970 erwähnt wurde, trägt das konjunkturpolitische Massnahmenpaket der wirtschaftlichen Bedeutung der auf Stabilisierung des Bestandes von erwerbstätigen Ausländern hinzielenden Fremdarbeiterpolitik Rechnung.

1039 Mit der vom Bundesrat am 16. März 1970 beschlossenen Neuregelung der Fremdarbeiterpolitik soll in erster Linie eine tatsächliche Begrenzung der Zahl erwerbstätiger Ausländer auf 600 000 Personen erzielt werden. Anstelle der betriebsweisen Plafonierung der Fremdarbeiterbestände tritt zum teilweisen Aus, gleich der Ausreisenden ein Globalkontingent von 40000 Neueinreisen pro Jahr, wovon vorläufig nur die Hälfte freigegeben wurde. Das Kontingent wird zum grössten Teil auf die Kantone aufgeteilt und von diesen administriert; die Freizügigkeit der kontrollpflichtigen Fremdarbeiter wird insoweit eingeschränkt, als Berufs; und Kantonswechsel in den ersten drei Aufenthaltsjahren untersagt sind.

Mit diesem neuen Kontrollsystem wird das Ziel der Stabilisierung des Bestandes ausländischer Erwerbstätiger sicher erreicht. Nach einem Anstieg um 21300 Personen im Jahre 1968 und um 16600 Personen 1969 ist für 1970 mit keinem weiteren Zuwachs, sondern eher mit einem leichten Rückgang zu rechnen.

Diese Wendung der Entwicklung ist von ökonomischen Wirkungen begleitet, die im Schatten der Überfremdungsabwehr stehen. Bezüglich der Wohlstandszunahme lässt sich vermuten, dass die Wachstumsmöglichkeiten der Wirtschaft etwas vermindert werden. Bereits im Jahre 1969 zeigten sich in einigen Unternehmungen unbenutzte technische Kapazitäten, was auf den Mangel an Arbeitskräften zurückzuführen ist. Obwohl in den Betrieben fortgesetzt Ersatzinvestitionen zur Einsparung von Arbeitskräften, vorgenommen werden, dürfte die Situation im laufenden Jahr andauern. Beim herrschenden Nachfrageüberhang dürfte die Stabilhaltung der Fremdarbeiterzahl das Güterund Dienstleistungsangebot zweifellos stärker beschränken als die Nachfrage, was einer tendenziellen Verschärfung der konjunkturellen Anspannung gleichkommt. Lediglich auf dem Wohnungsmarkt ist eine leichte Entlastung zu erwarten, indem bei einer angenommenen Belegungsdichte von 5 Personen pro Wohnung insgesamt 3300 neue Wohnungen weniger beansprucht werden, als wenn die Fremdarbeiterzahl auch 1970 wiederum um 16 600 Personen zunehmen würde. Eine leichte Entlastung erfährt auch die Beanspruchung von öffentlichen Anlagen und Anstalten des Verkehrs, der Hygiene u.a., deren Kapazität bereits überbeansprucht ist.

Es liegt auf der Hand, dass diese Effekte regional unterschiedlich
spürbar werden. In regionalpolitischer Hinsicht wird die Neuregelung der Fremdarbeiterbegrenzung insbesondere dadurch wirksam, dass die Freizügigkeit der Arbeitskräfte zwischen den Kantonen für neu einreisende Ausländer auf drei Jahre unterbunden ist. Damit dürfte die Abwanderung von Arbeitskräften in Ballungszentren - was die Ausländer betrifft - teilweise gestoppt werden.

Unter konjunkturpolitischem Gesichtspunkt ist vor allem bedeutungsvoll, dass die Güterproduktion und das Angebot an Dienstleistungen durch die Stabilisierung des Fremdarbeiterbestandes kurzfristig begrenzt wird. Wenn man den Auftrieb von Kosten und Preisen nicht noch verstärken will, ist eine wirkungsvolle Eindämmung der Gesamtnachfrage angezeigt. Die Neuregelung der Fremdarbeiterplafonierung unterstreicht somit die Notwendigkeit der Konjunkturdämpfungsmassnahmen.

1040 Der Bundesrat ist davon überzeugt, dass die Neuregelung sich bewährt. Er wird dafür sorgen, dass sie in der umschriebenen Form durchgeführt wird.

u. Exportdepot 1. Allgemeines Der Bundesrat hat geprüft, ob die bisher ergriffenen Massnahmen, insbesondere die finanz- und kreditpolitischen genügen, und ob deshalb auf die Erhebung eines Exportdepots verzichtet werden könnte. Dabei ist er jedoch zum Schlüsse gekommen, dass bei der gegebenen Wirtschaftslage und den vorstehend beschriebenen Konjunkturaussichten grundsätzlich am Exportdepot als indirekt nachfragedämpfende Massnahme festzuhalten ist.

Zwar haben sich die Auftriebskräfte von der Auslandnachfrage zunehmend auch auf die Binnenwirtschaft verlagert. Der grosse Bestellungseingang aus dem Ausland trägt indessen immer noch wesentlich zur Anspannung bei, war es doch trotz weiterer Produktionsausweitung nicht möglich, den Bestellungsvorrat zu vermindern und die Lieferfristen zu kürzen, im Gegenteil. Angesichts der vollständigen Auslastung unserer Produktionskapazitäten, namentlich der Austrocknung des Arbeitsmarktes, wurde noch vermehrt auf ausländische Vorprodukte zurückgegriffen. Die beschleunigt in Angriff genommene Rationalisierung in allen Wirtschaftsbereichen Hess den Bedarf an ausländischen Gütern für Ausrüstungsinvestitionen rasch ansteigen. Zusätzlich machte sich ein erhöhter Importbedarf zur Auffüllung der Lager bemerkbar. Daraus resultierte eine stürmische Importzunahme, der das kapazitätsbedingt langsamer gewordene Ausfuhrwachstum nicht folgte. Wie immer in Phasen der konjunkturellen Überhitzung hat sich daher die Handelsbilanz wesentlich verschlechtert. Diese Tendenz dürfte sich in nächster Zukunft noch verstärken. Ein Abbau des Nachfrageüberhanges wäre jedoch geeignet - so paradox es auf den ersten Blick scheinen mag dem Importsog entgegenzuwirken und das Handelsbilanzdefizit auf einen normaleren Stand zurückzuführen. Auch mit Bezug auf die Erhaltung der internationalen Konkurrenzfähigkeit unserer Exportwirtschaft auf längere Sicht sind Massnahmen zur Inflationsbekämpfung angezeigt. Wir erachten das Exportdepot immer noch als angemessenes konjunkturpolitisches Instrument zur Erreichung des angestrebten Zieles.

Beim Exportdepot handelt es sich um die zinslose Hinterlegung eines bestimmten Prozentsatzes des Exportwertes für eine beschränkte Zeitdauer. Die auf diese Weise dem Geldkreislauf entzogenen Mittel sind zu sterilisieren. Die ökonomische Wirkung einer solchen Massnahme ist
von der Länge der zeitlichen Bindung der abgeschöpften Mittel abhängig. Je länger d ie Bindung, desto schwieriger und kostspieliger dürfte es für die Unternehmungen sein, die abgeschöpften Mittel durch Geldaufnahmen zu ersetzen, und desto grösser ist der volkswirtschaftliche Einfluss. Die Rückerstattung dieser Gelder soll unter Berücksichtigung der Wirtschaftslage und der Konjunkturaussichten erfolgen. Es stand von vorneherein fest, dass die Massnahme nur vorübergehend sein soll ; der Bundes-

1041 rat hat deshalb die Depots innerhalb einer bestimmten Zeitdauer zurückzuzahlen. Beim ursprünglichen Vorschlag wurde dem Bundesrat für die Rückerstattung der Depots eine verhältnismässig lange Frist von sieben Jahren eingeräumt.

Die neue Lösung geht weniger weit.

In Anbetracht der für das Wachstum und Gedeihen der schweizerischen Volkswirtschaft massgeblichen Stellung unserer Exportindustrie hat der Bundesrat einer Massnahme den Vorzug gegeben, die die finanzielle Leistungsfähigkeit der Exportunternehmungen kaum wesentlich beeinträchtigt, da im Gegensatz etwa zu einer allgemeinen Exportabgabe ihr Anspruch auf das Depot gewahrt bleibt. Das Exportdepot wurde ferner nicht zuletzt darum in Betracht gezogen, weil es der Konjunktur rasch angepasst und wenn nötig sofort rückgängig gemacht werden kann. Sollte sich z. B. die Überhitzung tatsächlich abschwächen, so würde der Bundesrat nicht zögern, die Depotpflicht sofort aufzuheben und die Rückerstattung der sterilisierten Mittel in die Wege zu leiten, um damit einer allfällig rückläufigen wirtschaftlichen Entwicklung kurzfristig entgegenzutreten.

Die unverzinsliche Hinterlegung eines bestimmten Prozentsatzes des Exportwertes für eine beschränkte Dauer bedeutet eine zeitliche Bindung von liquiden Mitteln der Exporteure während einer bestimmten konjunkturell kritischen Zeit. Diese werden versuchen, den Zinsverlust so weit als möglich auf die ausländischen Abnehmer zu überwälzen. Dabei dürfte die Auslandnachfrage theoretisch nur im Ausmass des auf die Preise geschlagenen Zins verlustes eingeschränkt werden. Dieser ist aber nicht so schwerwiegend, dass mit einer wesentlichen Schrumpfung der Nachfrage zu rechnen wäre, da das Exportdepot ja nur so lange erhoben wird, als ein internationaler Nachfrageüberhang besteht und konjunkturelle Auftriebskräfte von der Exportwirtschaft ausgehen. Sofern die Exporteure konkurrenzmässig in der Lage wären, den vollen Gegenwert des Depots auf die Kunden zu überwälzen, bliebe dies ohne Rückwirkung auf die Auslandnachfrage. Das Exportdepot ist somit keine derart eingreifende Massnahme, dass der Verlust von Auslandmärkten zu befürchten wäre. Solche Behauptungen sind wohl übertrieben. Unterstützt von verschiedenen internationalen Vorkehren auf dem Gebiete der Zoll- und Steuerpolitik zur Förderung der Arbeitsteilung und des
Welthandels sowie der im Vergleich zur Schweiz im allgemeinen ungünstigeren Kostenentwicklung im Ausland, konnten wir in den vergangenen zwei Jahren in einzelnen Monaten Exportzuwachsraten bis zu 20 Prozent und mehr erreichen.

Es kann deshalb festgestellt werden, dass wir relativ günstig produzieren und auf den Weltmärkten konkurrenzfähig sind.

Das Schwergewicht der Wirkung des Exportdepots liegt auf dem Liquiditätsentzug, der den Spielraum für die Selbstfinanzierung einer übermässigen Ausweitung des Investitionsvolumens und einer ungezügelten Lohnhausse in der auslandorientierten Industrie etwas vermindert. Dabei sollen die im Zeichen der Stabilisierung des Fremdarbeiterbestandes notwendigen, die Produktivität erhöhenden Rationalisierungsinvestitionen sowie die langfristigen Forschungs- und Entwicklungsprogramme nicht beeinträchtigt werden. Vielmehr soll das Exportdepot die Unternehmer dazu veranlassen, eine schärfere Auswahl unter den Projekten zu treffen und jene Investitionen zurückzustellen, welche Volkswirt-

1042 schaftlich keine Produktivitätssteigerung und keinen Wohlstandsgewinn erbringen und betrieblich mehr Arbeitskräfte erfordern.

Die Sterilisierung des Gegenwertes der Exportdepots führt im Geldkreislauf zu einem Abschöpfungseffekt und damit zu einer Verminderung der monetären Nachfrage. Denselben Effekt zeitigt zwar auch das steigende Handelsbilanzdefizit, das eine Reduktion der Liquidität der Wirtschaft, hauptsächlich der Banken bewirkt. Der Unterschied zum Exportdepot liegt aber bei den Rückwirkungen auf die Kreditzuwachsbegrenzung. Die Verschlechterung der Ertragsbilanz dürfte das Kreditschöpfungspotential und damit die Kreditgewährung der Banken verringern, die Blockierung liquider Mittel der Exporteure hingegen deren Kreditnachfrage erhöhen.

In betriebswirtschaftlicher Sicht schliesslich stellt das Exportdepot für die einzelne Unternehmung ein Liquiditätsproblem. Die Zinskosten für den zusätzlichen Liquiditätsbedarf belaufen sich bei einem maximalen Depotsatz von 5 Prozent und einem Zinssatz von 6 Prozent auf jährlich rund 0,3 Prozent des Exportwertes (ohne Zinseszins). Der buchmässige Gewinn der Unternehmung wird daher nur in einem bescheidenen Ausmass geschmälert. Sofern nicht finanzielle Engpässe die Gesellschaft an einer Gewinnausschüttung hindern, dürfte auch die Dividendenpolitik der Unternehmung durch die Erhebung eines Exportdepots nicht beeinflusst werden.

Die Erhebung eines Exportdepots stellt eine schematische konjunkturpolitische Massnahme dar. Eine Aufwertung des Frankens hätte jedoch noch härtere, weitreichendere und überdies irreversible Auswirkungen gezeitigt. Der Bundesrat hat in seiner Botschaft vom 4. Februar 1970 zur Frage der Differenzierung eine zurückhaltende Stellung eingenommen. Da in den parlamentarischen Diskussionen der Forderung nach zusätzlichen Differenzierungen aber eine überaus grosse Bedeutung beigemessen wurde, hat der Bundesrat diese Frage erneut eingehend geprüft. Dabei hat sich bestätigt, dass eigentliche Differenzierungen nicht gangbar sind. Verschiedenen Anregungen ist jedoch Rechnung getragen worden, wobei darauf Bedacht genommen wurde, die Wirksamkeit des Exportdepots nicht allzusehr einzuschränken. Der Bundesrat schlägt infolgedessen vor, den ursprünglichen Entwurf in folgenden Punkten zu ändern : 2. Änderungen a. Erweiterung der Warenfreiliste (BB Art. 3)

Die Warenfreiliste soll erweitert und damit die Belastung durch das Exportdepot etwas abgeschwächt werden. Gemäss der ursprünglichen Fassung des Anhanges zum Bundesbeschluss erreichte der Wert der depotfreien Waren der Freiliste rund 917 Millionen Franken. Durch die Erweiterung der Freiliste werden weitere rund 240 Millionen Franken dazukommen, was einer Ausdehnung der Freiliste um mehr als 26 Prozent entspricht.

1043 b. Erhöhung der Wertfreigrenze (BB Art. 3)

Die Wertfreigrenze verfolgt grundsätzlich zwei Ziele. Durch die Ausnahme von Exporten, die wertmässig eine geringfügige Bedeutung haben, soll einerseits der administrative Aufwand der Erhebung des Depots sowohl für den Exporteur als auch für die Verwaltung auf ein Mindestmass begrenzt werden und anderseits eine gewisse Differenzierung erfolgen.

Im ursprünglichen Entwurf waren von der Depotpflicht alle Sendungen im Wert von Fr. 1000.- und weniger ausgenommen. Wie die nachfolgende Tabelle zeigt, würden dabei rund 37 Prozent aller Frachtsendungen sowie 80 Prozent der gesamten Postsendungen ins Ausland ausgeschlossen und demzufolge ein erheblicher administrativer Aufwand verhindert. Der nicht erfasste Wertanteil belief sich bei dieser Freigrenze auf 1,5 Prozent, so dass mit nur 63 Prozent der Sendungen praktisch alle Exportumsätze (98,5%) erfasst und unter die Depotpflicht gestellt werden könnten.

Wertfreigrenze (Basis: Deklarationen des 3. Quartals 1969) Freigrenze bei Fr.

Anteil Sendungen Fracht Post Prozent Prozent

Nicht erfasster Wertanteil in Prozent Mio Fr.

Depotsummebei 5 Prozent Mio Fr.

1000.-

36,8

80,0

1,5

282

14,1

2000.-

51,6

92,0

3,3

620

31,0

3000.-

60,1

95,0

5,2

978

48,9

4000.-

65,6

97,0

7,0

1316

65,8

5 000.-

69,7

98,0

8,7

1636

81,8

Der Bundesrat schlägt nunmehr die Heraufsetzung der Freigrenze auf Fr. 5 000.- vor, womit rund 70 Prozent der jährlich über 1,9 Millionen Frachtsendungen und 98 Prozent aller 0,9 Millionen Postsendungen ausgeschlossen werden. Der nicht erfasste Wertanteil beträgt nur 8,7 Prozent des gesamten Exportwertes. Die globale Exportdepotsumme verringert sich dadurch um rund 82 Millionen Franken.

Die Heraufsetzung der Freigrenze bewirkt, dass die üblicherweise in kleineren Wertmengen zur Ausfuhr gelangenden Sendungen vermehrt unter die Freigrenze fallen. Als Beispiel sind insbesondere Büchersendungen zu nennen.

Auch einzelne Bereiche der Textil- und Metallindustrie werden von der Erhöhung der Freigrenze Nutzen ziehen können. Nicht zuletzt werden dadurch auch gewisse Uhrensendungen vom Exportdepot nicht erfasst. Die Erhöhung

1044 der Freigrenze kommt daher dem Postulat einer vermehrten Differenzierung insofern entgegen, als Unternehmen, die ihre Exportwaren in kleineren Sendungen ausführen, entlastet werden.

Umgehungen des Depots durch Versand von teilbaren Gütern in mehreren Sendungen dürften wegen der erheblichen zusätzlichen Speditions-, Frachtund Abfertigungskosten enge Grenzen gesetzt sein.

c. Flexiblere Gestaltung des Erhebungssatzes (BB Art. 5)

Im ursprünglichen Gesetzesentwurf war der Depotsatz auf 5 Prozent festgesetzt. Um auf die Konjunkturentwicklung besser Rücksicht nehmen zu können, ist der Depotsatz im neuen Entwurf in einen Höchstsatz abgeändert worden. Damit erhält der Bundesrat ein flexibles Mittel in die Hand, indem er den Depotsatz kurzfristig den wirtschaftlichen Gegebenheiten entsprechend ermässigen kann. Vorgesehen ist indessen nach wie vor eine lineare Abgabe für alle Wirtschaftszweige. Wie noch später darzustellen sein wird, hat die nochmalige Prüfung der Möglichkeiten einer differenzierten Erhebung zu einem negativen Resultat geführt.

d. Verzicht auf Beilage der Rechnungskopie zur Ausfuhrdeklaration (BB Art. 5)

Im Sinne einer administrativen Vereinfachung zugunsten der Exporteure wird auf die ursprünglich vorgesehene Beilage der Rechnungskopie zur Ausfuhrdeklaration verzichtet. Die Zollverwaltung behält sich immerhin das Recht vor, zur Überprüfung des deklarierten Warenwertes in entsprechende Geschäftspapiere Einsicht zu nehmen.

e. Anrechnung langfristiger Lieferantenkredite (BB Art. 10)

Sofern der Exporteur selber seinem Kunden einen langfristigen Lieferantenkredit einräumt, gelangt er im Zeitpunkt der Auslieferung der Ware, der die Depotpflicht begründet, nicht sofort in den Besitz des vollen Exporterlöses. Es erscheint daher gerechtfertigt, eine Ausnahme von der Depotpflicht vorzusehen für Zahlungen aus Lieferantenkontrakten, deren Fälligkeit sich im Prinzip gleichmässig auf über fünf Jahre verteilt. In diesem Sinne schlägt der Bundesrat vor, dem Exporteur auf Gesuch hin jenen Teil des Depots vorzeitig zurückzuerstatten, der den nach fünf Jahren eingehenden Zahlungen entspricht. Ausgangspunkt für die Berechnung dieser Frist ist das Datum des Vertragsabschlusses.

Räumt indessen eine Bank oder sonstige Finanzierungsgesellschaft dem ausländischen Abnehmer einen Kredit zur Bezahlung des schweizerischen Exporteurs Zug um Zug ein, so rechtfertigt sich eine Ausnahme von der Depotpflicht nicht.

Mit der Beschränkung der Sonderbehandlung auf Lieferantenkredite mit fünf Jahren übersteigenden Zahlungsfristen soll insbesondere den heutzu-

1045 tage üblichen Bedingungen im Handel mit Entwicklungsländern Rechnung getragen werden.

f. Vorzeitige Rückzahlung bei Auslandinvestitionen (BB Art. 10)

Falls ein Exporteur nachweisen kann, dass er Auslandinvestitionen vornimmt und diese nur durch Beanspruchung des inländischen Kapitalmarktes bzw. durch Inanspruchnahme des Depots zu finanzieren in der Lage ist, soll die vorzeitige Rückerstattung des Exportdepots ausnahmsweise bewilligt werden können. Dadurch liesse sich eine zusätzliche Kapitalnachfrage vermeiden. Wesentlich ist, dass der inländische Geldkreislauf nicht entsprechend ausgeweitet wird, und die Investitionen im Ausland in der Schweiz nicht eine zusätzliche Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen verursachen.

g. Ausnahmen in besondern Notlagen (Art. 11)

Der Bundesrat sieht Ausnahmen für Fälle vor, in denen der Exporteur wegen der Entrichtung des Depots eine Notlage nachzuweisen vermag. Eine derartige Klausel soll es gestatten, den betroffenen Unternehmungen das Depot auf Gesuch hin vorzeitig zurückzuerstatten oder die Entrichtung zu stunden.

h. Steuerliche Behandlung des Exportdepots (Art. 12)

Das Exportdepot stellt ein Guthaben gegenüber dem Bund dar, das bis spätestens Ende 1975 (vgl. Buchst, i) zurückbezahlt wird. Wie jede andere mitteloder längerfristigeKapitalanlage, ist es in der Bilanz zu aktivieren; dem stehen auch die obligationenrechtlichen Bewertungsvorschriften nicht entgegen.

Um der Ertragslosigkeit des Depots und der Tatsache, dass über das Guthaben während längerer Zeit nicht verfügt werden kann, Rechnung zu tragen, soll neu auch die Frage der steuerlichen Behandlung des Depots klargestellt werden.

Der Entwurf sieht nunmehr vor, dass zu Lasten des steuerbaren Geschäftsertrages im Sinne einer Diskontierung des Guthabens Abschreibungen oder Rückstellungen im Ausmass von bis zu 25 Prozent des hinterlegten Betrages zulässig sind.

Dadurch bilden im Jahr der Entrichtung nur drei Viertel und im Jahr der Rückzahlung ein Viertel des Depots Bestandteil des steuerbaren Geschäftsertrages.

i. Verkürzung der Erhebungs- und Rückzahlungsfristen (Art. 14)

Im ersten Entwurf war eine Erhebungsfrist von drei und eine Rückzahlungsfrist von vier Jahren vorgesehen. Damit sollte bei der Rückzahlung der Depotbeträge den konjunkturellen Erfordernissen Rechnung getragen werden.

Auf das Risiko hin, dass eine Verkürzung der Fristen den Spielraum der Behörden einengt, ist der Bundesrat bereit, die Erhebungsdauer des Exportdepots auf spätestens Ende 1972 zu beschränken und die Rückzahlung vor Ende 1975 zu veranlassen, jedoch längstens innert drei Jahren nach Aufhebung der Depotpflicht. Die maximale Dauer des Bundesbeschlusses wird somit von ursprünglich 7 Jahren auf 5 Vi Jahre herabgesetzt.

1046 k. Aufhebung des Belehnungsverbotes

Insbesondere mit Rücksicht auf Handels-, Transit- und sonstige Vermittlungsfirmen, die vorwiegend selbst als Exporteure - jedoch für Rechnung inländischer Produzenten - auftreten, ist der Bundesrat bereit, das Belehnungsverbot aufzuheben.

3. Ablehnung folgender Vorschläge a. Verzinsung des Exportdepots Die direkte nachfragedämpfende Wirkung des Exportdepots beschränkt sich praktisch nur auf die durch die Nichtverzinsung entstehenden Kosten einerseits und auf die Folgen einer allfälligen ganzen oder teilweisen Überwälzung des Depotbetrages auf die Preise anderseits. Durch eine Verzinsung der Depots würde demzufolge die Wirkung der Massnahme erheblich vermindert.

Die ohnehin schon bescheidene Belastung von jährlich rund 0,3 Prozent des Wertes (ohne Zinseszinsen) als Folge der Nichtverzinsung ist neben dem Liquiditätsentzug eine weitere notwendige Voraussetzung, um überhaupt die Dispositionen der Exportunternehmer zu beeinflussen.

Bei einer Verzinsung der Depots wäre der Bund aus Kostengründen gezwungen, die Gelder im Ausland anzulegen, was bei den relativ grossen Beträgen mit gewissen Risiken verbunden sein dürfte. Auch ist die Konzeption des Exportdepots derart gestaltet, dass der Bundesrat in der Lage sein muss, die Depotbeträge kurzfristig zurückzuerstatten. Dies würde auch eine entsprechende, kurzfristige Anlage an ausländischen Geldmärkten voraussetzen. Beim plötzlichen Rückzug von Geldern im Umfange von mehreren hundert Millionen Franken könnte das unter Umständen zu Störungen des Euro-Marktes führen und daher erhöhte Risiken mit sich bringen.

Das Exportdepot bewirkt an sich eine Umlagerung der Währungsreserven, indem die offiziellen Reserven zunehmen, die Devisenreserven des Bankensystems aber sinken. Letzteres wird verstärkt durch die erwähnte konjunkturbedingte Verschlechterung der Ertragsbilanz. Der Zuwachs an offiziellen Devisenreserven müsste im Ausland angelegt werden. Daraus entstehen weitere Risiken.

b. Andere Differenzierungen

Der Bundesrat ist nach nochmaliger Überprüfung der Möglichkeiten weitgehender Differenzierungen sowohl bei der Erhebung als auch bei der Rückerstattung eindeutig zu einem ablehnenden Schluss gekommen. Es wurden insbesondere Differenzierungsvorschläge nach Wirtschaftszweigen, Regionen, Exportzuwachsraten, . Warenkategorien und finanziellen Kriterien untersucht.

Dabei hat sich gezeigt, dass es praktisch nicht möglich ist, ökonomisch einwandfreie Differenzierungskriterien festzulegen, die allen Forderungen gerecht werden. Marktgerechte Massnahmen, die allgemein wirken, lassen sich kaum

1047 den individuellen Verhältnissen anpassen; eine Abkehr von der Globalsteuerung müsste anderseits als interventionistischer Eingriff qualifiziert werden, der mit unserer Wirtschaftsordnung kaum in Einklang stünde. Bei jeder Differenzierung ergeben sich zudem komplexe Abgrenzungsschwierigkeiten. Ferner dürfte ein regional oder nach Branchen differenzierter Depotsatz ebenfalls zu ungleichen Belastungen führen wie eine lineare Anwendung, weil innerhalb der Branchen und Regionen die Unterschiede in der Nachfrage- und Ertragsentwicklung ebenso gross sind wie in der Exportwirtschaft insgesamt. Im übrigen Hesse sich auch kaum ein taugliches Kriterium finden, das vor den Anforderungen der Rechtsgleichheit bestehen könnte. Auch ist es nicht Aufgabe der Konjunkturpolitik, strukturerhaltende Massnahrnen zu treffen, welche in den Bereich einer gezielten Wirtschaftssteuerung gehören. Konjunkturpolitisch motivierte Eingriffe sollen vielmehr gleiche Rahmenbedingungen für alle Wirtschaftssubjekte schaffen. Nicht zuletzt sind dem Problem, der Differenzierung auch von der technischen Seite Grenzen gesetzt.

Weil die Schweiz kein offiziell verbindliches Branchenregister besitzt, stellt sich bei der Differenzierung nach Wirtschaftszweigen zunächst die Frage, nach welchen Kriterien eine Branchenaufteilurig erfolgen und wie die Unternehmungen in die verschiedenen Branchen eingeteilt werden sollen. Eine weitere Schwierigkeit ergibt sich bei der Anwendung des differenzierten Depotsatzes, weil keine befriedigenden Massstäbe gefunden werden können, die einen unterschiedlichen Depotsatz für bestimmte Branchen rechtfertigen würden, da schon innerhalb der einzelnen Branchen die Unterschiede hinsichtlich Finanzstärke, Grosse, Produktivität usw. zum Teil sehr ausgeprägt sind.

Auch eine Differenzierung nach Regionen ist sehr fragwürdig, weil sowohl in Entwicklungs- als auch in Industrieregionen finanziell starke Unternehmungen bestehen. Es würden sich auch hier Abgrenzungsprobleme ergeben, die nicht zu einer befriedigenden Lösung führen könnten.

Eine andere Möglichkeit bestände an sich in der Differenzierung nach Finanzkraft bzw. finanzieller Leistungsfähigkeit der einzelnen Unternehmun· gen. Dabei müssten Bilanzen, Erfolgsrechnungen und Liquiditätsausweise der einzelnen Unternehmungen kurzfristig eingefordert und untersucht
werden, was sowohl zeitlich als auch aufwandmässig nicht durchführbar wäre. Zudem lassen sich auch hier keine generellen Grossen finden, nach welchen man eine differenzierte Erhebung oder Rückzahlung rechtfertigen könnte.

Es wurde auch geprüft, ob unter Umständen eine unterschiedliche Behandlung nach Exportzuwachsraten zu einer befriedigenden Lösung führen könnte. Neben der Tatsache, dass eine solche Lösung eine individuelle Behandlung von rund 20-30 000 Exporteuren erfordern würde, stellt sich unter anderem auch die Frage, welche Zeitabschnitte als Berechnungsgrundlage gewählt werden sollten. Extreme Beispiele haben gezeigt, dass einzelne Unternehmungen in einem Jahr negative Zuwachsraten im Verhältnis zum Vorjahr aufwiesen und im darauffolgenden Jahr eine Exportsteigerung bis zu 75 Prozent verzeichnen konnten. Auch würde eine Differenzierung nach Exportzuwachs-

1048 raten vor allem die jungen, dynamischen Exportfirmen treffen, welche noch sehr hohe Steigerungsraten zu erwirtschaften in der Lage sind.

Technisch wäre eine Differenzierung nach exportierten Produktegruppen bzw. nach Kapiteln des Gebrauchs-Zolltarifs grundsätzlich möglich.

Durch eine solche Ausscheidung könnte eine gewisse branchenmässige Differenzierung erreicht werden. Es ist allerdings schwerlich einzusehen, warum auf einzelnen Produktearten höhere Depotsätze zu entrichten wären als auf andern Exportgütern. Auch eine derartige Lösung würde sich zwangsweise willkürlich auswirken.

Aus diesen Überlegungen lehnt der Bundesrat Differenzierungen ab, die weiter gehen, als hievor dargelegt wurde.

4. Stellungnahme der Kartellkommission Die aus Zeitgründen im Präsidialverfahren abgegebene Stellungnahme der Kartellkommission zum Wettbewerbsaspekt der Vorlage lautet im wesentlichen wie folgt: In der ursprünglichen Fassung des Exportdepots mussten sämtliche exportierenden Firmen das Exportdepot leisten und wurden somit in formaler Hinsicht wettbewerbsmässig alle gleich behandelt. Materiell hätte diese Ordnung jedoch einen Teil der kleinen Unternehmungen im Wettbewerb mehr belastet als grosse, leistungsfähige Firmen.

Insbesondere mit der Erweiterung der Warenfreiliste und der Erhöhung der Wertfreigrenze wird versucht, durch eine formale Ungleichbehandlung eine stärkere materielle Gleichbehandlung herbeizuführen. Dies wirkt tendenziell in der Richtung einer Schonung der gegebenen Betriebsgrössenstruktur. Sie dürfte Ausdruck einer auf die Erreichung dieses Zieles gerichteten strukturpolitischen Absicht sein. Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, dass eine solche Politik bei einem Teil der geschonten Betriebe nicht in der Richtung des wichtigen wirtschaftspolitischen Zieles liegt, die Produktivität der Exportwirtschaft zu fördern. Soweit das Ziel der Produktivitätsförderung als primär angesehen wird, sollten Unternehmungen von der Leistung des Exportdepots lediglich befreit sein, wenn ihr Depot so klein ist, dass seine Erhebung unverhältnismässig grosse Kosten nach sich zieht ; dazu allenfalls, wenn ein besonderer Härtefall vorliegt.

Wettbewerbsmässig trifft die Anrechnung langfristiger Lieferantenkredite formal alle Exportfirmen gleich. Materiell ist dies insofern nicht der Fall, als in der Regel
nur leistungsfähige Exportfirmen langfristige Zahlungskredite gewähren und von der Anrechnung der Depots Gebrauch machen können. Hier liegt somit materiell eher eine wettbewerbsmässige Bevorzugung produktivitätsstarker Firmen vor.

5. Würdigung des differenzierten Exportdepots Wie die nachfolgende Aufstellung zeigt, hätten sich gemäss ursprünglichem Vorschlag für ein Exportdepot die zu sterilisierenden Beträge, berech-

1049 net auf der Grundlage von 1969, auf jährlich rund 940 Millionen Franken belaufen : Mio. Franken

Gesamtwert der Warenausfuhr (1969) - abzüglich Wert der depotfreien Waren - abzüglich Anteile der Wertfreigrenze (l 000 Fr.)

Depotpflichtige Warenausfuhr Exportdepot 5 Prozent von 18810 Millionen Franken = Auf Grund des neuen Entwurfes ändern diese Zahlen wie folgt :

20 010 920 280 18 810 940

Mio. Franken

Gesamtwert der Warenausfuhr (1969) - abzüglich Wert der depotfreien Waren - abzüglich Anteile der Wertfreigrenze (5 000 Fr.)

Depotpflichtige Warenausfuhr Exportdepot 5 Prozent von 17 210 Millionen Franken =

20 010 l 160 l 640 17 210 860

In diesem neuen Depotbetrag von rund 860 Millionen Franken sind allerdings die auf Grund der Ausnahme für langfristige Lieferantenkredite und Investitionen im Ausland zurückzuerstattenden Depotbeträge nicht abgezogen, weil sie statistisch nicht erfassbar sind. Diese dürften zusammen mit der Anwendung der Härteklausel indessen kaum zu fühlbaren Depoteinbussen führen.

Es kann angenommen werden, dass der zu sterilisierende globale Depotbetrag im Jahre 1969 nur wenig tiefer gewesen wäre als die erwähnten 860 Millionen Franken. Am globalen Depotbetrag berechnet, betragen die Konzessionen bzw.

Modifikationen des Bundesrates somit rund 9 Prozent.

Da im laufenden Jahr mit einer Zuwachsrate der gesamten Warenausfuhr von über 10 Prozent gerechnet wird, dürften auch die zu hinterlegenden Depots in diesem Ausmass zunehmen. Alles in allem kann daher mit einer Depotsumme in der Grössenordnung von über 900 Millionen Franken gerechnet werden.

Der revidierte Vorschlag zu einem Exportdepot ist zweifellos flexibler geworden. Infolge der grosszügigen Behandlung der depotfreien Waren im Ausmass von über 1,1 Milliarden Franken erstreckt sich die Freiliste bereits auf 5,8 Prozent des gesamten Ausfuhrwertes. Der Anteil derjenigen Exporte, die unter die Freigrenze von 5 000 Fr. fallen, beträgt mehr als 1,6 Milliarden Franken und macht 8,2 Prozent der Gesamtausfuhr aus. Rund 14 Prozent unserer Exporte - ohne Berücksichtigung der Rückzahlung für Lieferantenkredite und Auslandinvestitionen - werden daher vom Exportdepot gar nicht berührt.

Durch die Erhöhung der Freigrenze, die Anrechnung langfristiger Lieferantenkredite und Auslandinvestitionen sowie die Einführung einer Härteklausel wird eine vermehrte Differenzierung erreicht. Dazu gesellt sich eine flexiblere Gestaltung des Erhebungssatzes und die Verkürzung der Erhebungs- und Rückzahlungsfrist. Eine wesentliche Verminderung des administrativen Aufwandes für Verwaltung und Exporteure konnte mit der Heraufsetzung der Freigrenze und Bundesblatt. 122. Jahrg. Bd. I

62

1050 dem Verzicht auf Beilage einer Rechnungskopie erreicht werden, indem nur noch rund 30 Prozent aller jährlich anfallenden 1,9 Millionen Fracht- und 2 Prozent der 0,9 Millionen Postsendungen zu erfassen sind. Als letztes ist auch auf die steuerliche Behandlung und die Aufhebung des Belehnungsverbotes hinzuweisen, die eine freiheitlichere Lösung des Exportdepots darstellen.

Die hinterlegten Depotbeträge von jährlich über 900 Millionen Franken sind in Vergleich zu setzen mit einem Mehrexport und Mehreinnahmen der Exportindustrie im Jahre 1969 von fast 3 Milliarden und mit einer voraussichtlichen Zunahme der Exporte im laufenden Jahr von rund 2,5 Milliarden Franken. Zusammenfassend kann deshalb gesagt werden, dass es sich beim überarbeiteten Exportdepot um eine milde und flexible Massnahme handelt, die jederzeit rückgängig gemacht werden kann und den Exporteur jährlich höchstens 0,3 Prozent seines Erlöses kostet. Sie hat keinen definitiven Abgabecharakter. Die Exportwirtschaft dürfte somit nicht in unangemessener Weise belastet werden. Dagegen wird auch sie vermehrt den Wirkungen der monetären Massnahmen unterstellt. Damit vermindert sich auch das Risiko, dass bei einer monetär erreichten Dämpfung des inländischen Auftriebes die Exporte entsprechend zunehmen.

6. Bemerkungen zu den einzelnen Artikeln des Bundesbeschlusses Artikel l Es wird auf die Ausführungen unter Ziffer HI/4 der Botschaft vom 4. Februar 1970 verwiesen.

In Absatz 2 wird präzisierend bestimmt, dass die Depots gesamthaft bei der Schweizerischen Nationalbank auf einem Sonderkonto sterilisiert werden.

Die entrichteten Abgaben berühren somit den Bundeshaushalt nicht. Die Nationalbank führt indessen nicht für jeden einzelnen Depotpflichtigen gesondert Rechnung. Dies geschieht durch die Oberzolldirektion (vgl. Art. 6 Abs. 3 und 4).

Artikel 2 entspricht wörtlich Artikel 4 in der Vorlage vom 4. Februar 1970.

Artikel 3 Vorweg wird auf die Ausführungen unter Ziffer III/4 (zu Art. 2) der Botschaft vom 4. Februar 1970 verwiesen.

Die Erweiterung der Warenfreiliste ist unter Ziffer 2 Buchstabe a hievor, die Erhöhung der Wertgrenze unter Ziffer 2 Buchstabe b erläutert worden.

Hinsichtlich der Wertgrenze werden mehrere am gleichen Tage vom gleichen Exporteur an den nämlichen Kunden gerichtete Teilsendungen wie eine einzige Sendung behandelt. Damit dürfte der Gefahr von Missbräuchen weitgehend begegnet sein.

1051 Artikel 4 entspricht der ersten Fassung von Artikel 3. Es kann deshalb auf die Bemerkungen zu Artikel 3 unter Ziffer HI/4 der Botschaft vom 4. Februar 1970 verwiesen werden.

Artikel 5 Die Änderungen gegenüber der ursprünglichen Fassung (auch dazu Ziff. III/4 der Botschaft vom 4. Febr. 1970) sind bereits in Ziffer 2 Buchstabe c und d hievor erläutert worden.

Artikel 6 Das Depot wird zwar im Zeitpunkt der Ausfuhr der Ware fällig, jedoch erst nachträglich jeden Monat in einem bei der Oberzolldirektion zentralisierten Verfahren erhoben.

Von dieser Regel sind zwei Ausnahmen vorgesehen. Wenn wegen Gefährdung des Depotanspruches Barzahlung oder Sicherstellung angeordnet werden muss, setzen die Ausfuhrzollämter das geschuldete Depot fest (Abs. 5). Bei Widerhandlungen wird die Festsetzung den Zollkreisdirektionen als den zuständigen Untersuchungsbehörden übertragen. Auch gegen diese Verfügungen kann bei der Oberzolldirektion Einsprache erhoben werden (Art. 8).

Artikel 7 Nur redaktionell geänderte Fassung.

Artikel 8 Unveränderte Fassung; vgl. die Bemerkungen unter Ziffer HI/4 der Botschaft vom 4. Februar 1970.

Artikel 9 Neu ist der Tatbestand des Erwirkens einer Stundung, eines Erlasses oder einer Rückerstattung durch unrichtige Angaben in einem Gesuch an das Eidgenössische Finanz- und Zolldepartement eingefügt worden. Es handelt sich dabei um den strafrechtlichen Schutz vor missbräuchlicher Inanspruchnahme der zusätzlichen Erleichterungen (Art. 10 Abs. 3 und 4 sowie Art. 11).

Erfüllt eine Handlung gleichzeitig den Tatbestand einer Depothinterziehung oder -gefährdung und eines Zollvergehens, so kommt die auf die schwerere Widerhandlung angedrohte Strafe zur Anwendung (Art. 9 Abs. 3).

Artikel 10 Die Absätze l und 2 sind bereits unter Ziffer HI/4 der Botschaft vom 4. Februar 1970 kommentiert worden.

Zu den langfristigen Lieferantenkrediten (Abs. 3) wird namentlich auf die Darlegungen unter Ziffer 2, Buchstabe e verwiesen. Die vertraglich zu leistenden

1052 Zahlungen sind regelmässig höher als der Ausfuhrwert, da sie auch Kosten für Dienstleistungen decken. Deshalb werden zur Ermittlung des vorzeitig rückzahlbaren Depots die nach mehr als fünf Jahren seit Vertragsabschluss zur Zahlung fälligen Beträge in einem Prozentsatz des Ausfuhrwertes ausgedrückt.

Absatz 4 betreffend Rückzahlung für Auslandinvestitionen ist unter Ziffer 2 Buchstabe f hievor erläutert worden.

Artikel 11 Auf die Härteklausel ist in grundsätzlicher Hinsicht bereits unter Ziffer 2 Buchstabe g hingewiesen worden.

Die Notlage muss auf die Entrichtung des Depots zurückzuführen sein, damit eine Stundung, ein nachträglicher Erlass oder eine vorzeitige Rückerstattung bewilligt werden kann. Der entsprechende Nachweis ist vom Gesuchsteller zu erbringen. Anderseits geben die drei verschiedenen Möglichkeiten genügend Flexibilität, um den Besonderheiten des Einzelfalles gerecht zu werden.

Ein Erlass ist nicht von Anfang an möglich, sondern erst nachträglich, nach einer vorausgegangenen Stundung. Erst wenn sich zeigt, dass eine allfällige Verlängerung der Stundung zwecklos ist, kommt ein Erlass in Frage.

Artikel 12 Vorweg ist auf die Äusserungen unter Ziffer 2 Buchstabe h hievor zu verweisen.

Abschreibungen und Rückstellungen sind im Ausmass von höchstens 25 Prozent des hinterlegten Betrages zulässig. Dieser Satz gilt für die maximale Erhebungsdauer des Exportdepots (Art. 14). Bei relativ kürzerer Erhebungsdauer des Depots wird die Quote von 25 Prozent nicht voll auszunützen sein. Der Bundesrat wird den Satz gestützt auf seine Vollzugspflicht (Art. 14 Abs. 4) jährlich festsetzen.

Die Regelung für die steuerliche Behandlung des Exportdepots gilt sowohl für die Wehrsteuer als auch für die Kantons- und Gemeindesteuern vom Einkommen und vom Reinertrag (Art. 12 Abs. 3). Damit wird zwar an sich die kantonale Gesetzgebungshoheit auf dem Gebiete des Steuerwesens berührt. Allein, nach unbestrittener Lehre und Praxis hat der Bund diejenigen ungeschriebenen Befugnisse, die mit einer ausdrücklichen Bundeszuständigkeit einen notwendigen Sachzusammenhang aufweisen (vgl. Hans Huber, Probleme des ungeschriebenen Verfassungsrechts, ZBJV 91Ms 1955 102 f.). Diese Konnexität ist hier gegeben. Die Wirkungen des Exportdepots könnten durchkreuzt werden, wenn es im Bereiche der kantonalen und kommunalen
Steuern anders behandelt würde als bei der Wehrsteuer.

Artikel 13 Unveränderte Fassung vom 4. Februar 1970.

Artikel 14 Den Ausführungen unter Ziffer 2 Buchstabe i hievor ist nichts beizufügen.

1053

7. Verfassungsgrundlage Der Bundesrat hat die Verfassungsgrundlage nochmals gründlich geprüft.

Er kann nur die Ausführungen in seiner Botschaft vom 4. Februar 1970 vollumfänglich bestätigen.

Der Bund ist unzweifelhaft befugt, endgültig verfallende Ausfuhrzölle zu erheben. Die Zollerhebung verfolgt fiskalische Zwecke einerseits, handelspolitische andererseits. Der Bund muss deshalb auch die Zuständigkeit haben, zur Zügelung der Konjunktur eine gegenüber Ausfuhrzöllen weniger weit gehende Massnahme -- eben die bloss vorübergehende Abgabenerhebung mit nachträglicher Rückerstattung - anzuordnen.

Schon in der Botschaft vom 4. Februar 1970 ist unter Hinweis auf den Bundesbeschluss über wirtschaftliche Massnahmen gegenüber dem Ausland festgestellt worden, dass der Bund gestützt auf die Zollartikel (Art. 28 ff. BV) nicht nur Fiskalzölle erheben, sondern auch andere handelspolitische Massnahmen anordnen kann. Deutlich kommt dies auch im Zolltarifgesetz vom 19. Juni 1959 (AS 1959 1343) zum Ausdruck, wo der Bundesrat in Art. 8 ermächtigt wird, bei ausserordentlichen Verhältnissen in den Beziehungen zum Ausland u. a. Zölle einzuführen sowie «andere geeignete Massnahmen» zu treffen.

III. Weitere Vorschläge zur Konjunkturdämpfung 1. Konjunkturdämpfung mittels sozialpolitischer Massnahmen In verschiedenen Vorstössen, die alle als konstruktive Meinungsäusserungen zur Lösung des vorliegenden Problems bewertet werden können, werden konjunkturdämpfende Massnahmen angeregt, welche in irgendeiner Form von der Sozialversicherung ausgehen. Es handelt sich um das im Ständerat eingereichte Postulat Clerc, vom 4. März 1970, sowie um die ebenfalls zu Beginn dieses Jahres vorgebrachten Vorschläge des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes und des Christlich-nationalen Gewerkschaftsbundes der Schweiz. Da die Anliegen des Postulates ausgehend von den Erörterungen zu den beiden gewerkschaftlichen Vorstössen beleuchtet werden können, wenden wir uns im folgenden zunächst den letzterwähnten zu.

a. Der Vorschlag des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes

Als Alternative .zum Exportdepot empfiehlt der Gewerkschaftsbund, von sämtlichen Arbeitgebern (auch der öffentlichen Hand) einen Vorfinanzierungsbeitrag für die «zweite Säule der Altersversicherung» in der Höhe von 3 Prozent der Lohnsumme als Zuschlag zum Arbeitgeberbeitrag zur AHV zu erheben. Da gegenwärtig auf die Unselbständigerwerbenden eine jährliche Lohn-

1054 summe von rund 40 Milliarden Franken entfällt, dürfte eine solche Massnahme jährlich rund 1,2 Milliarden Franken abwerfen. Diese dem Unternehmersektor und den öffentlichen Haushalten entzogenen Mittel wären vorerst zu sterilisieren. Die Erhebungsdauer könnte gleich geregelt werden wie bei der Vorlage des Bundesrates betreffend Exportdepot. Erhebungstechnisch soll die Abgabe durch die bestehenden AHV-Ausgleichskassen eingezogen werden.

Verfassungsrechtlich wäre das Vorhaben auf Artikel 34«uater
Für den skizzierten Vorschlag spricht, dass damit die Konjunkturdämpfung mit einer sozialen Zielsetzung verbunden werden könnte. Auch wäre der Gedanke nicht von der Hand zu weisen, dass ein Vorbezug von drei Lohnprozenten bei den Arbeitgebern die Einführung eines Pensionskassenobligatoriums wesentlich erleichtern könnte, ähnlich wie die zu Beginn des letzten Weltkrieges geschaffene Lohn- und Verdienstersatzordnung die Einführung der eidgenössischen AHV im Jahre 1948 entscheidend begünstigt hat.

Die erste Frage, mit deren Beantwortung die Verwirklichung des Vorschlages steht oder fällt, liegt in den verfassungsmässigen Grundlagen. Da der Vorfinanzierungsbeitrag von sämtlichen Arbeitgebern, also nicht nur von jenen der Privatwirtschaft zu entrichten wäre, steht der bereits erwähnte Art. 34
Aber selbst wenn die Einführung eines solchen Obligatoriums auf Grund dieser Verfassungsbestimmung möglich ist,
so wäre damit noch nicht dargetän, dass die Vorfinanzierung nach dem Vorschlag des Gewerkschaftsbundes verfassungsmässig wäre. Denn die Lohnabgabe von 3 Prozent lässt sich nicht den AHV/IV-Beiträgen gleichstellen, weil diese für die Versicherten individuell entrichtet werden und entsprechende Ansprüche entstehen lassen. Dass eine Ordnung über die soziale Sicherheit verfassungsmässig ist, bedeutet nicht, dass auch der Abgabe für ihre Finanzierung diese Eigenschaft zukommt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass diese Abgabe in der Verfassung vorgesehen werden muss, um so mehr, als die so beschaffenen Mittel einer erst in Diskussion stehenden Ordnung dienen sollen. Es sei an den Tabak- und Alkohol-Fonds erinnert, der zwar seit 1926 zur Finanzierung einer künftigen AHV geäufnet wurde, aber nur dank einer Verfassungsbestimmung besteht (Art. 32"18 und

1055 Art. 41bls). Nach dem Gesagten scheint es nicht möglich, die vom Gewerkschaftsbund vorgeschlagene Massnahme als dringliches Mittel zur Konjunkturdämpfung in Aussicht zu nehmen.

Unabhängig von der Rechtslage gäbe es aber noch eine ganze Reihe wichtiger Aspekte zu überprüfen. Wir begnügen uns damit, einige dieser Probleme summarisch zu streifen. Wenn wir zunächst die sozialpolitische Seite der Frage betrachten, so sollte man - abgesehen von der präjudizierenden Wirkung der Massnahme auf die Entwicklung der schweizerischen Sozialversicherung - zunächst wissen, wie ein allfälliges Obligatorium der «zweiten Säule» gestaltet werden kann. Bekanntlich wird dieses Problem gegenwärtig von einer eidgenössischen Expertenkommission eingehend geprüft, und das Ergebnis ihrer Beratungen werden wir fristgemäss bis im September dieses Jahres dem Parlament zur Kenntnis bringen. Eines steht bereits fest - und dies entspricht auch dem Wortlaut zweier Verfassungsinitiativen (Sozialdemokratische Partei und Schweizerischer Gewerkschaftsbund einerseits sowie Überparteiliches Komitee anderseits) -, nämlich dass sich das Obligatorium primär an die Unselbständigerwerbenden richten würde. Weitere Überlegungen zeigen aber, dass ein Teil dieser wirtschaftlichen Gruppe vom Obligatorium ausgenommen werden müsste, wobei vor allem an die landwirtschaftlichen Arbeitnehmer gedacht wird. Ein Teil der einkassierten Gelder müsste deshalb wieder zurückerstattet werden, da sie den erwähnten Verwendungszwecken nicht entsprechen, was mit Komplikationen verbunden wäre. Solche würden sich aber auch für die zuständigen Ausgleichskassen der AHV bei den zweckentsprechend vereinnahmten Beiträgen ergeben. Schon eine summarische Prüfung zeigt deren Vielgestaltigkeit: Abgesehen von den Schwierigkeiten bei der Erhebung der Abgabe von Arbeitgebern, die mit Beitragsmarken zahlen, stellen sich Probleme bezüglich der Abrechnung und des Beitragsbezuges. Müssten die Zahlungen noch für jeden Arbeitgeber festgehalten werden, so würde das zusätzlich die Führung besonderer individueller Statistikkonten bedingen. Fraglich wäre auch, ob beim Bezug und bei der Vollstreckung die Abgabe in allen Teilen das Schicksal des Versicherungsbeitrages teilen könnte. Aus abrechnungstechnischen und buchhalterischen Gründen könnte mit der Erhebung der Abgabe nur am Anfang
eines Kalenderjahres begonnen werden. Sie würde aber rechtzeitige Massnahmen für die Orientierung der Arbeitgeber, die administrativen Anordnungen der Ausgleichskassen sowie für das Bereitstellen der notwendigen neuen Formulare voraussetzen. Ebenso sei nur am Rande auf die Schwierigkeiten hingewiesen, welche sich bei der Freigabe der sterilisierten Mittel ergeben könnten, denn die Vielfalt der schweizerischen Pensionsversicherungen ist äusserst eindrücklich.

Abgesehen von den erwähnten Schwierigkeiten rechtlicher und sozialpolitischer Natur stellt sich die primäre Frage, ob der Vorschlag des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes dem gesteckten Ziel der Konjunkturdämpfung gerecht werden könne. Auch diesbezüglich können schwerwiegende Zweifel vorgebracht werden. Wenn auch der Kaufkraftentzug im Unternehmersektor grundsätzlich anerkannt werden kann, so ist es nicht ausgeschlossen, dass die

1056 Abgabe eines sozialpolitisch bedingten Vorfinanzierungsbeitrages doch einige schwerwiegende Sekundärwirkungen auslösen kann. Zunächst ist auf die naheliegende Möglichkeit hinzuweisen, dass die Unternehmungen die zusätzliche Belastung auf die Konsumenten abwälzen, was zu Preissteigerungen mit inflatorischer Tendenz führen könnte. Daneben ist zu erwähnen, dass durch die vorgeschlagene Massnahme auch Wirtschaftszweige betroffen werden, welche mit der Überhitzung überhaupt nichts zu tun haben, und dass insbesondere der Einbezug der öffentlichen Verwaltungen und Betriebe deren Rechnungen verschlechtern würde.

Zusätzliche Diskussionen könnten femer entstehen, wenn neben Beiträgen der Arbeitgeber auch solche von Arbeitnehmerseite verlangt werden sollten.

Angesichts der hängigen Postulate über den Ausbau der sozialen Altersvorsorge und der geäusserten Bedenken hinsichtlich der Verfassungsgrundlage, deren Abklärung noch geraume Zeit erfordern dürfte, liesse sich die vom Gewerkschaftsbund vorgeschlagene Massnahme keinesfalls als dringliches Mittel zur Konjunkturdämpfung einsetzen. Zudem haften der Anregung des Gewerkschaftsbundes erhebliche strukturpolitische Mängel an. Der Bundesrat hält deshalb dafür, diesen Alternatiworschlag zum Exportdepot im Moment nicht weiter zu verfolgen.

b. Der Vorschlag des Christlichnationalen Gewerkschaftsbundes der Schweiz

Er visiert nicht die «zweite Säule» der schweizerischen Sozialversicherung an, sondern deren «erste Säule», AHV und IV. Er zielt nämlich auf einen konjunkturkonformen Beitragsbezug ab. In Zeiten der Hochkonjunktur sollten die Beiträge erhöht werden, um bei Abflauen der Konjunktur entsprechend gesenkt werden zu können. Der gegenwärtige globale Basisbeitragsansatz beträgt, einschliesslich des Anteils der Erwerbsersatzordnung, 6,2 Lohnprozente. Zum Beispiel könnte er in der gegenwärtigen Überhitzungsperiode um drei Lohnprozente erhöht werden - es ergäben sich hieraus bei einem gesamten Erwerbsvolumen im Sinne der AHV von rund 50 Milliarden Franken etwa l ,5 Milliarden an zusätzlichen Beiträgen -, um dann bei normaler Hochkonjunktur auf 6,2 Prozent zurückzukehren oder gar, bei ausgesprochen schlechter Wirtschaftslage, deutlich darunter zu sinken.

Der Verwirklichung eines derartigen Vorhabens stehen weniger verfassungsrechtliche Schwierigkeiten im Wege. Es handelt sich hier lediglich um Beiträge an die AHV, welche auf Grund eines der Verfassung entsprechenden Bundesgesetzes erhoben werden. Hingegen stellt sich auch hier die Frage, ob es gemäss der Verfassung möglich ist, die Beiträge im Sinne der Beeinflussung des Konjunkturablaufes festzusetzen.

Zur Verwirklichung des Vorschlages müssten die entsprechenden Artikel des Bundesgesetzes über die AHV kurzfristig revidiert werden. Bei einer solchen Gesetzesrevision könnten die im Gesetz verankerten Beitragssätze als Durchschnittssätze gekennzeichnet werden, welche je nach der Konjunkturlage über- oder unterschritten werden dürften. Auch vom Standpunkt des finanziel-

1057 len Gleichgewichts liesse sich der Vorschlag mehr oder weniger gut verwirklichen. Die Überschussbeiträge guter Jahre könnten z.B. einem besonderen Konjunkturausgleichsfonds zugeführt werden, woraus dann in schlechten Jahren die fehlenden Beiträge entnommen werden könnten. Immerhin dürfte es schwierig sein, die Beiträge genau so anzusetzen, dass auf lange Frist der gewünschte Durchschnitt herauskommt; denn bei einem vorsichtig gestalteten Finanzierungsmechanismus dürfte der neue Ausgleichsfonds doch nie ganz ausgehöhlt werden. Der konjunkturpolitische Zweck würde überdies erfordern, dass die Mittel dieses Fonds sterilisiert und nicht wie beim AHV-Fonds zinstragend im Inland angelegt werden.

Wenn sich auch bei der Verwirklichung dieses Vorschlages den Ausgleichskassen bei der Durchführung weniger Probleme stellen als bei jenem des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes, so ist doch zu bedenken, dass er möglicherweise verhältnismässig kurzfristige Änderungen des Beitragsansatzes zur Folge haben kann, welche von den Ausgleichskassen und Arbeitgebern administrativ nur mit Mühe zu bewältigen wären. Auch ist die Gefahr einer Beitragsspekulation bei gewissen Entlöhnungsarten, bei denen die Zahlung verschiebbar ist, nicht von der Hand zu weisen.

Wenn auch dem hier skizzierten Vorschlag keine schwerwiegenden rechtlichen bzw. versicherungstechnischen Einwände entgegengehalten werden können, so dürfte doch dessen Verwirklichung auf andere Schwierigkeiten stossen.

Eine rein wirtschaftlich bedingte Variabilität der Beiträge wäre wohl kaum mit dem Wesen von Versicherungsbeiträgen vereinbar. Sowohl die Versicherten als auch die Arbeitgeber legen nämlich grössten Wert darauf, dass versicherungsmässig berechnete Beitragssätze über lange Dauer konstant bleiben. Ein konjunktürgerechtes Verhalten der Beiträgseinnahmen ergibt sich übrigens in einem bestimmten Rahmen von selbst, indem diese Ansätze ja lohnprozentual festgesetzt sind. Der entsprechende Ertrag hängt so direkt mit dem Lohn- und Beschäftigungsniveau zusammen und variiert entsprechend der Konjunkturlage automatisch. Sodann ist auch auf den psychologischen Aspekt der Frage hinzuweisen.

Langjährige Erfahrungen im In- und Ausland zeigen, dass in einer allgemeinen Volksversicherung rein konjunkturbedingte variable Beitragssätze im Volke nirgends auf das
notwendige Verständnis stossen. Eine Erhöhung des Beitragssatzes wird nämlich nur zugestimmt, wenn zugleich und unmittelbar eine entsprechende Erhöhung der Renten damit verbunden wird. Aus diesen Gründen könnten wir uns mit derartigen Konjunkturdämpfungsmassnahmen nicht befreunden.

c. Das Postulat Clerc, vom 4. März 1970 Der Postulant erachtet das Exportdepot als keine angemessene Massnahme zur Konjunkturdämpfung. Er sieht die Ersatzlösung sei es in der Sterilisierung von Steuererträgen, sei es in der Erhebung von Sonderabgaben. Als Verwendungszweck der sterilisierten Summen wird im Sinne eines Beispiels die Zielsetzung der Überparteilichen Initiative für die Altersvprsorge genannt.

.1058 Auf die Sterilisierung von Steuererträgen werden wir noch zurückkommen. Soweit hingegen die Erhebung von Sonderabgaben für den Aufbau der Sozialversicherung, sei es der ersten oder zweiten Säule, verwendet werden soll, können wir auf unsere bereits negative Stellungnahme zu den beiden gewerkschaftlichen Vorstössen verweisen.

2. Massnahmen zur Förderung des Sparens In ihrer Stellungnahme zur Botschaft des Bundesrates über die Erhebung eines Exportdepots vom 4. Februar 1970 hat die Studiengruppe für Wirtschaftspolitik der Konservativ-Christlichsozialen Volkspartei der Schweiz als ergänzende Massnahmen zum Exportdepot u. a. die Institutionalisierung des Spargedankens und die vermehrte Förderung des Sparens empfohlen. Dabei wird vermerkt, der Bericht der von Herrn Bundesrat Bonvin ernannten Expertenkommission für die Förderung des Sparens vom 17. September 1965 sei unbefriedigend ausgefallen ; auch habe man das, was in diesem Bericht empfohlen worden ist, nicht durchgeführt.

Auf steuerlichem Gebiet hat die Expertenkommission folgende Erleichterungen vorgeschlagen : - einen kombinierten Abzug vom Einkommen für Versicherungsprämien und Sparzinsen, der bei der Wehrsteuer bis 1500 Franken betrage« soli; - eine Erhöhung der Vermögenssteuerfreigrenzen, die Ermässigung überhöhter Vermögenssteuersätze und die Anwendung angemessener Bewertungsgrundsätze ; - die Befreiung der Bankguthaben, die nicht länger als ein Jahr fest angelegt sind, vom Emissionsstempel und von der Couponabgabe.

Soweit diese Empfehlungen Bundessteuern betreffen, ist ihnen seither vollumfänglich Rechnung getragen worden. So hat der Bundesrat in der Botschaft vom 10. September 1969 über die Änderung der Finanzordnung an Stelle des bisherigen Versicherungsabzuges von maximal 500 Franken einen kombinierten Einkommenssteuerabzug für Versicherungsprämien und Sparzinsen bis zu 1500 Franken beantragt. In der Frühjahrssession 1970 erhöhte der Nationalrat den kombinierten Versicherungsabzug auf 2000 Franken, wobei der Bundesrat beschlossen hat, dieser Erhöhung zuzustimmen.

Was die Befreiung der Bankguthaben, die nicht länger als ein Jahr fest angelegt sind, vom Emissionsstempel betrifft, so ist diese Anregung bereits mit dem am 1. Januar 1967 in Kraft getretenen Verrechnungssteuergesetz verwirklicht worden. Zudem wurde auf den gleichen
Stichtag die Couponabgabe aufgehoben.

Die Förderung des Sparens ist zweifellos ein langfristiges und vielschichtiges Problem, dem insbesondere sowohl aus der Sicht der Konjunktur- als auch der Wachstumspolitik die notwendige Beachtung zu schenken ist. Wir begrüssen deshalb konstruktive Vorschläge zur Förderung der Vermögensbildung.

1059

Wie vorstehend erwähnt, hat der Bund im Rahmen seiner eigenen beschränkten Möglichkeiten die Sparkapitalbildung durch steuerliche Massnahmen begünstigt.

Die Erhöhung der Vermögenssteuerfreigrenzen, die Ermässigung überhöhter Vermögenssteuersätze und die Anwendung angemessener Bewertungsgrundsätze berührt indessen ausschliesslich kantonale Steuern. Gemäss Beschluss des Bundesrates vom 19. Oktober 1965 ist der Bericht der Expertenkommission für die Förderung des Sparens Mitte November 1965 den Regierungen der Kantone unter Hinweis auf die Empfehlungen hinsichtlich der kantonalen Steuern übermittelt worden und hat in einer Reihe von Steuergesetzrevisionen auf kantonaler Ebene ihren Niederschlag gefunden.

3. Sterilisierungsdepot auf den steuerfreien Rücklagen für Waren Herr Nationalrat Dr. A. C. Brunner hat vorgeschlagen, es sei an Stelle der Erhebung eines Exportdepots ein Depot auf den von den Unternehmungen gebildeten steuerfreien Warenreserven zu erheben und diese Depotbeträge seien zu sterilisieren. Er geht dabei von der Annahme aus, die konjunkturelle Entwicklung im Ausland und die starke Erhöhung des Defizites der schweizerischen Handelsbilanz könnten die Lage in kurzer Zeit so verändern, dass sich Sondermassnahmen gegen die Exportwirtschaft als unzweckmässig erweisen. Nach einer Auffassung stimmen zwar Ziel und Ausmass der beiden Vorschläge (Exportdepot bzw. Sterilisierungsdepot auf den unversteuerten Warenreserven) weitgehend überein; sie unterscheiden sich aber grundlegend in der Methode und den Wirkungen. Einerseits sollen dem schweizerischen Geldkreislauf in beiden Fällen monatlich rund 70 bzw. 100 Millionen Franken entzogen und stillgelegt .werden. Anderseits soll nach dem Vorschlag Brunner nicht nur die Exportwirtschaft, sondern auch der Binnenmarkt unmittelbar in die Sterilisierungsmassnahmen einbezogen werden.

Für die Festsetzung der Höhe der zu sterilisierenden Beträge erachtet er den Wert der Warenlager der einzelnen Unternehmungen und den Umfang der von diesen steuerfrei gebildeten Warenreserven als besonders geeignete Massstäbe.

Der Vorschlag Brunner, der durch eine entsprechende Ergänzung des Wehrsteuerbeschlusses verwirklicht werden soll, sieht im wesentlichen folgendes vor : - Bilanzierungsvorschriften : Auf der Aktivseite der Bilanz ist der volle Wert der Warenvorräte
einzusetzen, wobei als Anschaffungs- oder Herstellungskosten die in der innerbetrieblichen Kostenrechnung verwendeten Kosten massgebend sein sollen.

Demgegenüber ist den Unternehmungen zu gestatten, auf der Finanzierungsseite der Bilanz zum Ausgleich von Ertragsschwankungen eine bis zu ihrer Auflösung steuerfreie Rücklage von höchstens einem Drittel des vollen Wertes der Waren einzusetzen.

- Sterilisierungsmassnahmen: Für je volle 300 000 Franken steuerfreie Rücklagen soll ein Betrag von höchstens 100000 Franken sterilisiert werden. Die Sterilisierung hätte durch Ein-

1060 Zahlung der Beträge bei der Nationalbank zu erfolgen. Die so errichteten Depots wären von der Nationalbank soweit zu verzinsen, als sie den'Betrag der Pflichtlagerwechsel der einzelnen Einzahler übersteigen und sofern die Nationalbank in der Lage war, den Gegenwert der Depots im Ausland zinstragend anzulegen. Der Bundesrat hätte die Depots freizugeben, sobald sich die Nachfrageverhältnisse wieder normalisiert haben.

Die Festsetzung einer für das Sterilisierungsdepot massgebenden steuerfreien Rücklage von mindestens 300 000 Franken bezweckt, nur Unternehmungen mit bedeutenden Warenlagern zur Einzahlung eines Teils der nicht versteuerten Warenreserven bei der Nationalbank zu verpflichten. Die meisten Kleinbetriebe fallen dadurch von vorneherein ausser Betracht. Nationalrat Brunner schätzt, dass nur etwa 5000 Betriebe Warenlager in der Grössenordnung von einer Million Franken aufwärts und steuerfreie Rücklagen von 300 000 Franken und mehr besitzen.

Zum Vorschlag, auf den steuerfreien Rücklagen für die Warenvorräte ein bei der Nationalbank einzuzahlendes Sterilisierungsdepot zu erheben, ist in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht folgendes zu bemerken : a. Rechtliche Gesichtspunkte

Die Ansicht, man könne das Sterilisierungsdepot durch blosse Ergänzung des Wehrsteuerbeschlusses einführen, geht fehl. Das vorgeschlagene Sterilisierungsdepot stellt, auch wenn für die Festsetzung des Depotbetrages von den unversteuerten Warenreserven oder -rücklagen auszugehen ist, keine Steuer im engern Sinne, sondern eine öffentlichrechtliche Abgabe eigener Art dar. Der Wehrsteuerbeschluss bietet daher schon rein sachlich keinen Raum für eine solche Massnahme. Wollte man das Sterilisierungsdepot gleichwohl als «Zwangsabgabe» von einem Drittel der steuerfreien Warenreserven oder -rücklagen betrachten, so besitzt der Bund heute hiezu weder die verfassungsmässige noch die gesetzliche Grundlage. Der Tarif der geltenden Wehrsteuer ist in Artikel 8 Absatz 3 der Übergangsbestimmungen der Bundesverfassung festgelegt. Der Bundesrat kann diesen Tarif nicht selbständig ändern und er kann vor allem nicht eine derartige Abgabe verfügen, die einen Abgabesatz von bis zu 33l/3 Prozent der steuerfreien Rücklagen erforderte (Depot von 100000 Franken pro Rücklage-Tranche von 300000 Franken). Dazu bedürfte es vielmehr entweder einer vorausgehenden Änderung der Bundesverfassung mit nachfolgender Ausführungsgesetzgebung oder aber eines dringlichen verfassungsändernden Bundesbeschlusses im Sinne von Artikel 89bl8 Absätze l und 3 BV, der innerhalb eines Jahres obligatorisch dem Referendum von Volk und Ständen zu unterstellen ist. Das Exportdepot, das sich auf die Zollartikel (Art. 28ff BV) stützt, kann durch einen dringlichen Bundesbeschluss im Sinne von Artikel 89bls Absätze l und 2 BV eingeführt werden, der nur dem fakultativen Gesetzesreferendum untersteht.

Der weitere Vorschlag, Artikel 33 des Wehrsteuerbeschlusses betreffenden für die Waren massgebenden Wert in dem Sinne zu ergänzen, dass die

1061 Waren unter Bilanzaktiven zum vollen Wert einzusetzen sind, während die steuerfreie Unterbewertung unter den Passiven in Form einer Rücklage in Erscheinung zu treten hat, enthält zugegebenermassen einen interessanten Gedanken. Die Unternehmungen sollen dadurch verpflichtet werden, die steuerlich beanspruchte Unterbewertung nach der indirekten Abschreibungsmethode in der Bilanz durch eine entsprechende Rücklage offen auszuweisen.

Unter der Herrschaft der geltenden verfassungsmässigen Übergangsordnung (Art. 8 UeB-BV) ist davon auszugehen, dass der Bundesratsbeschluss über die Erhebung einer Wehrsteuer zum mindesten in bezug auf die wichtigen Bestimmungen nur insoweit abgeändert werden kann, als die Verfassung selbst eine solche Änderung vorsieht. Zweifellos würde der Erlass von Bilanzierungsvorschriften einen erheblichen und dem schweizerischen Steuerrecht bisher fremden Eingriff in das bis jetzt dem Obligationenrecht vorbehaltene Bilanzund Buchführungsrecht darstellen. Dazu kommt, dass der Erlass von derart weittragenden Vorschriften zuerst gründlich geprüft werden müsste. Eine solche Prüfung kann bestenfalls im Rahmen der in Vorbereitung befindlichen Ausführungsgesetzgebung zu Artikel 41tcr BV ins Auge gefasst werden.

Die sofortige Inkraftsetzung besonderer Bilanzierungsvorschriften kann aber auch aus einem andern Grund unterbleiben. Nationalrat Brunner ist selbst der Ansicht, dass für die Festsetzung der bei der Nationalbank einzuzahlenden Beträge bis Ende 1970 ohne Nachteil auf die Bilanzen von Ende 1968 abgestellt werden könnte, für welche besondern Bilanzierungsvorschriften ohnehin nicht gelten würden.

b. Wirtschaftliche Gesichtspunkte

Als Grundlage für die Berechnung der Sterilisierungsdepots wären die steuerfreien Rücklagen auf Waren bzw. die steuerfrei gebildeten Warenreserven massgebend. Nationalrat Brunner ist sich bewusst, dass die Angaben für die Berechnung der steuerlich zulässigen Unterbewertungen vielfach nicht den in der innerbetrieblichen Kostenrechnung verwendeten Kosten entsprechen.

Dies gilt insbesondere für die kalkulatorischen Fabrikationsgemeinkosten. Die innerbetriebliche Kostenverrechnung ist viel zu komplex als dass den ohnehin stark überlasteten Veranlagungsbehörden zugemutet werden kann, sich bei Buchprüfungen allzu stark mit der Frage der kalkulatorisch berücksichtigten Gemeinkosten auseinanderzusetzen, zumal sich eine gewisse Grosszügigkeit in der steuerlichen Beurteilung der innerbetrieblichen Gemeinkostenverrechnung auf die Dauer nicht zum Nachteil des Fiskus auswirkt.

Das von der Eidgenössischen Steuerverwaltung im Jahre 1951 herausgegebene Kreisschreiben betreffend die Abschreibungen auf Warenlagern hat seither zu einer gewissen Einheitlichkeit in der steuerlichen Behandlung derartiger Abschreibungen beigetragen. Die Erhebungen zeigen jedenfalls, dass in zahlreichen Fällen Aufrechnungen von übermässigen Abschreibungen erfolgt sind. Gleichwohl möchten wir nicht den Eindruck erwecken, dass die aus den Akten der Veranlagungsbehörden hervorgehenden Steuerwerte für die Waren-

1062 lager ausnahmslos eine zuverlässige Grundlage für die Berechnung der zu sterilisierenden Beträge bilden könnten.

Bei der Prüfung der Frage, ob an Stelle der steuerfrei gebildeten Warenreserven die in den Bilanzen der einzelnen Unternehmungen eingesetzten Buchwerte für die Berechnung der Sterilisierungsdepots herangezogen werden könnten, hat sich gezeigt, dass auch diese Werte keine befriedigende Grundlage darstellen. Einerseits haben manche Unternehmungen die steuerlich zulässige Unterbewertung von einem Drittel der Anschaffungs- oder Herstellungskosten bzw. des niedrigeren Marktwertes gar nicht ausnützen wollen oder können; anderseits sind die Bilanzwerte der Warenvorräte oft niedriger als der steuerlich massgebende Niedrigstwert von zwei Dritteln des Inventarwertes. Im ersten Fall würden die Unternehmungen benachteiligt, wenn der Bilanzwert für die Berechnung der Sterilisierungsdepots massgebend wäre. Im zweiten Fall wären die Unternehmungen gegenüber andern bevorzugt. Es müsste daher in jedem Fall untersucht werden, ob der Bilanzwert zwei Dritteln des massgebenden Inventarwertes entspricht und ob allenfalls steuerliche Aufrechnungen mitzuberücksichtigen sind, ein Verwaltungsaufwand, der schlechterdings nicht zu bewältigen ist.

Ein weiteres Problem, das in seiner Bedeutung nicht unterschätzt werden darf, ist die Frage, wer die Berechnung der bei der Nationalbank einzuzahlenden Sterilisierungsbeträge zu überprüfen hat. Auch wenn es sich nur um rund 5000 Unternehmungen handeln sollte, die für eine solche Einzahlungspflicht in Betracht kämen, ist doch festzuhalten, dass unseres Erachtens diese Kontrolle weder von der Nationalbank noch von den kantonalen Steuerbehörden ausgeübt werden könnte. Letztere sind mit den Veranlagungsarbeiten derart überlastet, dass zusätzliche Aufgaben nicht bewältigt werden können.

Schliesslich ist noch auf die Frage der Liquidität hinzuweisen. Schon beim Exportdepot wurde wiederholt auf die Schwierigkeit hingewiesen, die Mittel für die Einzahlung der Beträge aufzubringen, und zwar besonders dann, wenn der Abnehmer im Ausland die Lieferung im Zeitpunkt, da das Exportdepot zu entrichten ist, noch nicht bezahlt hat. Die Liquiditätsfrage stellt sich im Falle eines Sterilisierungsdepots auf den steuerfreien Rücklagen für Waren in verstärktem Masse.

Gestützt auf die
vorstehenden Darlegungen kommen wir zu folgendem Schluss: - Gesetzgebungstechnisch wäre die Verwirklichung des Vorschlages von Nationalrat Brunner nicht einfacher, sondern komplizierter als das Exportdepot, weil sie einen dringlichen verfassungsändernden Bundesbeschluss voraussetzen würde.

- In der Anwendung wäre das Sterilisierungsdepot zwar technisch möglich, aber wegen den relativ unsicheren Berechnungsgrundlagen im Einzelfall ungenau und wohl auch ungerecht.

1063 - Seinerzeitige gleichlautende Vorschläge von Nationalrat Brunner im Jahre 1964 sind bei der Wirtschaft, speziell beim Vorort und seinen Sektionen, auf einhellige Ablehnung gestossen. Bevor ein solcher Vorschlag verwirklicht werden könnte, müssten sich deshalb die Wirtschaftskreise eindeutig und in positiver Art für den Vorschlag Brunner aussprechen, was bisher noch von keiner einzigen Seite der Fall war.

Aus all diesen Gründen sehen wir im Sterilisierungsdepot nach dem Vorschlag von Nationalrat Brunner keine echte Variante zum Exportdepot.

4. Vorverschiebung des Fälligkeitstermins der für das Jahr 1970 geschuldeten Wehrsteuer vom 1. März 1971 auf den 1. November 1970 Unter den Massnahmen, deren Eignung zur Dämpfung der Konjunktur geprüft wurde, ist auch die Möglichkeit einer Vorverlegung der Fälligkeitstermine bei der Wehrsteuer zu erwähnen.

Durch die Vorverlegung des gemäss Verfügung des Eidgenössischen Finanzund Zolldepartementes auf den 1. März 1971 festgesetzten Fälligkeitstermins für die Jahressteuer 1970 in das Jahr 1970 (beispielsweise auf den 1. November 1970) hätte möglicherweise ein gewisser Abschöpfungseffekt erzielt werden können, insbesondere dann, wenn die Wehrsteuerpflichtigen durch Zusicherung eines festen Skontos auf der Jahressteuer 1970 ein zusätzlicher Anreiz zur gleichzeitigen Entrichtung der Jahressteuern 1969 und 1970 (Zahlungstermin 31. März 1970) hätte geboten werden können.

Allerdings hätte dann dafür gesorgt werden müssen, dass die Wehrsteuern späterer Jahre ebenfalls im Steuerjahr selbst eingefordert werden könnten, um nicht ein wehrsteuerfreies Jahr mit den damit verbundenen Auftriebstendenzen eintreten zu lassen. Die Jahressteuer 1971 hätte also beispielsweise auf den l. November 1971 fällig erklärt werden müssen. Da auf diesen Termin aber aller Regel nach noch keine rechtskräftig abgeschlossenen Veranlagungen und damit - nach geltendem Recht -noch keine vollstreckbaren Wehrsteuerforderungen vorliegen, wären gesetzgeberische Massnahmen erforderlich, um auch provisorische Wehrsteuerrechnungen vollstrecken zu können. Solche Bestimmungen - Ergänzung des Wehrsteuerbeschlusses - bedürften einer besonderen verfassungsrechtlichen Grundlage. Eine solche hätte im Rahmen der Änderung der Finanzordnung ab 1971 geschaffen werden können.

Weil die Vorverschiebung des
Fälligkeitstermins für die Wehrsteuer voraussichtlich nur einen zeitlich und sachlich beschränkten Abschöpfungseffekt haben könnte, ist es an und für sich schon fraglich, ob man sie als geeignete Massnahme zur Konjunkturdämpfung betrachten kann. Dazu kommt, dass die Aussichten diese Massnahme mit dem gewünschten konjunkturellen Effekt durchzuführen sich inzwischen noch erheblich verschlechtert, die damit verbundenen negativen Auswirkungen an Gewicht jedoch erheblich zugenommen haben :

1064 - Der allgemeine Zahlungstermin für die Wehrsteuer des Jahres 1969 und die damit verbundene Möglichkeit der Vorauszahlung der Jahressteuer 1970 unter Inanspruchnahme des Vergütungszinses ist abgelaufen. Ein besonderer Anreiz für die Vorauszahlung kann heute nicht mehr geboten werden.

- Die vorsorglichen verfassungsrechtlichen Anordnungen, die es ermöglicht hätten, die Vorverschiebung der Fälligkeitstermine für spätere Steuerjahre sicherzustellen, können beim heutigen Stand der Beratungen in den eidgenössischen Räten über die Änderung der Finanzordnung des Bundes kaum mehr in Betracht gezogen werden. Ohne die Möglichkeit, auch die Fälligkeit der Wehrsteuern späterer Jahre vorzuverlegen, wäre Vorverschiebung der Fälligkeit für die Jahressteuer 1970 eine zwiespältige Massnahme.

- Die Festlegung der Fälligkeitstermine für die Wehrsteuer auf den 1. März des auf das Steuerjahr folgenden Jahres entspringt u. a. dem Bestreben, die Bezugstermine für die kantonalen Steuern, die meist gegen Ende des Jahres liegen, nicht mit denjenigen der Wehrsteuer kollidieren zulassen. Eine Änderung dieser Ordnung würde nicht nur von den Steuerpflichtigen unliebsam empfunden werden ; sie würde auch in die Interessensphäre der Kantone eingreifen. Das Bekanntwerden dieser Neuerung und insbesondere die Aussicht, im gleichen Jahr 1970 nochmals eine Wehrsteuerrechnung begleichen zu müssen, könnte das Ergebnis der im Herbst dieses Jahres durchzuführenden Abstimmung von Volk und Ständen über die Finanzordnung ungünstig beeinflussen. Dies um so mehr, als nicht mehr genügend Zeit zur Verfügung stünde, um die Bürger durch sorgfältige Aufklärung von der Notwendigkeit der Massnahme im Interesse der Teuerungsbekämpfung zu überzeugen.

5. Erhebung von Abgaben zur Eindämmung übermässigen Verbrauchs oder übermässiger Investitionen Von verschiedener Seite (vgl. auch Postulat Clerc vom 4. März 1970) ist vorgeschlagen worden, an Stelle des Exportdepots Massnahmen zu suchen, die alle Wirtschaftskreise und sozialen Gruppen im Verhältnis zu ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit belasten. In diesem Zusammenhang wurde die zeitweilige Erhebung von Abgaben empfohlen, durch die der übermässige Verbrauch und die übermässigen Investitionen eingedämmt werden könnten. Praktisch kämen hiefür entweder die Einführung je einer neuen Verbrauchs-
und Investitionssteuer oder aber die Erhöhung der Warenumsatzsteuer in Betracht.

Zweifellos könnten derartigen Massnahmen eine konjunkturdämpfende Wirkung nicht abgesprochen werden. Indessen wird übersehen, dass, wenn es schon schwer hält, die Idee des Exportdepots zu verwirklichen, umso weniger rein steuerliche Massnahmen zur Beeinflussung der Kaufkraft Aussicht haben, angenommen zu werden. Im Gegensatz zur Besteuerung von Verbrauch und Investitionen, die für den Steuerzahler die Entrichtung einer nicht rückzahlbaren Ab-

1065 gäbe zur Folge hätte, hat das Exportdepot für den Hinterleger immerhin den nicht zu-übersehenden Vorteil, dass er das Geld nach einer gewissen Zeit auf alle Fälle wieder zurückerhält.

Ausser diesem grundsätzlichen Unterschied zwischen dem Exportdepot einerseits und der Erhebung von Verbrauchs- und Investitionssteuern anderseits sprechen noch folgende Argumente gegen die Einführung solcher Steuern : a. Vor der Einführung einer Verbrauchssteuer bedürfte es eingehender Abklärungen, welche Waren durch sie belastet werden sollten und was schliesslich unter dem Begriff «übermässiger Verbrauch» zu verstehen ist.

b. In gleicherweise müsste auch hinsichtlich der Investitionen vorerst Klarheit darüber geschaffen werden, welche Arten von Investitionen steuerlich zu erfassen wären und was unter den Begriff «übermässige Investitionen» fallen würde. Sicher müssten der Wohnungsbau und die durch die Infrastruktur bedingten Bauten wie zum Beispiel der Neubau von Spitälern und Schulhäusern von vornherein von einer Investitionssteuer befreit werden. Darüber hinaus würden sich bestimmt noch weitere Arten von Bauvorhaben zeigen, in welchen die Erhebung einer Investitionssteuer unter dem Gesichtspunkt der Konjunkturdämpfung nicht gerechtfertigt wäre. So hat zum Beispiel die schwedische Regierung bei der kürzlich vorgeschlagenen Investitionssteuer von 25 % auf Neubauvorhaben als Ausnahmen neben den Wohnungsbauten auch die Produktionsanlagen erwähnt. Dieser Hinweis lässt zum mindesten erkennen, dass auch bei industriellen Bauten Fälle eintreten können, in welchen die Erhebung einer Investitionssteuer nicht tunlich wäre.

c. Für die sofortige Einführung von Verbrauchs- und Investitionssteuern fehlt der Verwaltungsapparat. Zudem wäre es angesichts der Lage auf dem Arbeitsmarkt völlig ausgeschlossen, genügend geeignetes Personal so rechtzeitig zu finden, um kurzfristig eine für die rasche Durchführung von konjunkturdämpfenden Massnahmen unerlässliche Organisation aufbauen zu können.

Sofern statt der Einführung besonderer Verbrauchs- und Investitionssteuern die Erhöhung der Warenumsatzsteuer erwogen werden sollte, so ist zuzugeben, dass für eine solche Massnahme der Verwaltungsapparat vorhanden ist, wenngleich im Falle einer massiven Erhöhung der Steuersätze Übergangsschwierigkeiten nicht zu vermeiden sind. Indessen
scheiden konjunkturdämpfende Massnahmen auf dem Wege über die Warenumsatzsteuer schon aus rein politischen Gründen vollkommen aus. Übrigens sieht die Vorlage des Bundesrates vom 10. September 1969 über die Änderung der Finanzordnung bezüglich der Warenumsatzsteuer eine Erhöhung der Sätze von 3,6 auf 4% (bei Detaillieferungen) bzw. von 5,4 auf 6 % (bei Engroslieferungen) vor.

Begehren um weiter gehende Erhöhung der Steuersätze, auch wenn sie im Interesse der Konjunkturdämpfung vorgeschlagen werden, haben keine Aussicht, von den eidgenössischen Räten, die sich in der kommenden SommersesBundesblatt. 122. Jahrg. Bd. I

63

1066 sion mit der Vorlage nochmals befassen werden, angenommen zu werden. Die Vorlage über die Änderung der Finanzordnung des Bundes stellt ein abgewogenes Ganzes dar; im Falle wesentlicher Änderungen liefe sie Gefahr, in der Volksabstimmung von Volk und Ständen verworfen zu werden.

6. Schaffung eines Verfassungsartikels über Konjunkturpolitik In seiner Interpellation vom 11. März 1970 erkundigt sich Herr Ständerat Leu nach dem Stand der Arbeiten für die im seinerzeitigen Postulat von Herrn Nationalrat Heil angeregte Schaffung eines Verfassungsartikels als Grundlage für die Konjunktur- und Wachstumspolitik des Bundes.

Dazu kann folgendes gesagt werden: Der Bundesrat hat bereits in seiner Antwort auf den Vorstoss von Herrn Nationalrat Heil, die in der Frühjahrssession 1967 erfolgte, die volle Berechtigung des Wunsches nach einer grundsätzlichen Abklärung der Verfassungsfrage anerkannt und bestätigt, dass er mit seinen bisherigen Massnahmen und Bestrebungen schon verschiedentlich in den Grenzbereich der Verfassungsmässigkeit vorgestossen sei. Gerade in jüngster Zeit wieder hat sich das Fehlen eines allgemeinen und allseitig anerkannten Kompetenzartikels in der Bundesverfassung für Vorkehrungen zur Konjunkturstabilisierung nachteilig bemerkbar gemacht.

Der Vorsteher des Volkswirtschaftsdepartements hat seinerzeit Herrn Professor Würgler, Präsident der Kommission für Konjunkturfragen, gebeten, vom wissenschaftlichen Standpunkt aus die möglichen und wünschbaren Zielsetzungen und Instrumente einer wachstumsgerechten Konjunkturpolitik aufzuzeigen. Im Anschluss an diese Arbeit wäre dann unter Heranziehung kompetenter Juristen die Frage der verfassungsmässigen Abstützung der aufgezeigten Zielsetzungen und Instrumente zu prüfen. Nach der ökonomischen und rechtlichen Klärung der Probleme hätte schliesslich die politische Wertung zu folgen.

Leider haben sich in der wissenschaftlichen Bearbeitung Verzögerungen ergeben. Diese haben ihre Ursache einerseits in der Schwierigkeit, qualifizierte Mitarbeiter zu finden, anderseits in der Vielschichtigkeit des zu behandelnden Problems. So mag darauf hingewiesen werden, dass es um den anspruchsvollen Versuch geht, in einer geschlossenen Darstellung einerseits die nachfrageorientierte Konjunktur- mit der angebotsorientierten Wachstumspolitik zu verknüpfen und anderseits
dabei sowohl den privaten mit dem öffentlichen Sektor als auch die Aussen- mit der Binnenwirtschaft zu verbinden.

Der in Aussicht genommene Bericht dürfte nun im Sommer dieses Jahres durch die Kommission für Konjunkturfragen behandelt werden können.

Bis gegen Ende des Jahres sollte es möglich sein, ihn einem noch einzusetzenden Expertengremium zur Beurteilung der verfassungsmässigen Seite zu überweisen.

;

1067

In welchem Zeitpunkt ein allfälliger Entwurf zu einem Verfassungsartikel zusammen mit einer Botschaft den eidgenössischen Räten unterbreitet werden kann, lässt sich indessen heute noch nicht mit Genauigkeit voraussagen.

IV. Schlussbemerkungen Wie in der Botschaft vom 4. Februar 1970 dargelegt, sah sich der Bundesrat angesichts der drohenden Inflationsgefahr veranlasst, im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten zu handeln. Das von ihm vorgeschlagene Exportdepot ist in Verbindung mit andern Beschlüssen des Bundesrates und den von der Nationalbank getroffenen monetären Restriktionen zu beurteilen. Es bildet Bestandteil eines grösseren Massnahmenpaketes und sollte nicht ohne zwingende Gründe aus diesem herausgebrochen werden. Mit den vorliegend beantragten Änderungen glauben wir, den in der bisherigen Beratung gemachten Anregungen weitgehend Rechnung getragen zu haben. Auf die Erhebung eines Exportdepots sollte daher nicht verzichtet werden. Die Wirtschaftslage rechtfertigt es, jenen Sektor der Volkswirtschaft, von welchem der Konjunkturaufschwung ausgegangen ist, und dessen Nachfrageimpulse nach wie vor zur Anspannung beitragen, bei der Inflationsbekämpfung nicht auszuklammern.

Gestützt auf diese Darlegungen beantragen wir Ihnen die Annahme des neuen Entwurfes zu einem dringlichen Bundesbeschluss über die Erhebung eines Exportdepots ; ferner beantragen wir Ihnen, das vom Bundesrat in der Dezembersession entgegengenommene Postulat von Herrn Nationalrat Eisenring vom 24. November 1969 betreffend Massnahmen gegen die Konjunkturüberhitzung hiermit als erledigt abzuschreiben.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 6. Mai 1970 Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident : Tschudi

Der Bundeskanzler: Huber

1068

(Entwurf)

Bundesbeschluss über die Erhebung eines Exportdepots Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf die Artikel 28, 29 und 89bl3 Absatz l und 2 der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 4. Februar 19701' und in einen zusätzlichen Bericht des Bundesrates vom 6. Mai 19702), beschliesst: Art. l

Gegenstand des Beschlusses Solange es die Konjunkturlage erfordert, wird auf Waren, die in das Zollausland ausgeführt werden, ein Exportdepot erhoben, das jedem Exporteur zinslos gutgeschrieben wird.

2 Der Gesamtbetrag dieser Depots wird bei der Schweizerischen Nationalbank auf einem Sonderkonto sterilisiert.

1

Art. 2

Depotpflicht Depotpflichtig ist der Exporteur. Exporteur ist, wer die Ware auf eigene Rechnung oder als Verkaufskommissionär ausführt.

Art. 3

Depotfreie Ausfuhren Vom Depot sind befreit : a. die im Anhang zum vorliegenden Beschluss aufgeführten Waren ; b. Sendungen im Wert bis und mit 5000 Franken; 1

*> BB1 1970 I 185 2 > BB1 1970 I 1028

1069 c. Waren, die nach vorübergehender Einfuhr unter Zwischenabfertigung unverändert wieder ausgeführt werden ; d. Waren, die unter Zwischenabfertigung vorübergehend ausgeführt werden, sofern der Zollschein ordnungsgemäss durch Wiedereinfuhr der Ware gelöscht wird.

2 Der Bundesrat ist befugt, die Freiliste (Abs. l Buchst, a) zu erweitern und die Wertfrei grenze (Abs. l Buchst, b) zu erhöhen oder, wenn Missbräuche festgestellt werden, herabzusetzen.

Art. 4

Erhebung des Depots 1

Das Exportdepot wird durch die Eidgenössische Zollverwaltung erho-

ben.

2

Die Vorschriften der Zollgesetzgebung finden Anwendung, soweit dieser Beschluss keine abweichenden Bestimmungen aufstellt.

Art. 5 Depotsatz und Berechnungsgrundlagen 1

Der Depotsatz beträgt 5 Prozent; wenn es die Konjunkturlage gestattet, kann der Bundesrat den Depotsatz ermässigen.

2 Das Depot wird berechnet : a. bei Waren, die aus dem freien inländischen Verkehr ausgeführt werden, vom Warenwert franko Grenze; b. bei Waren, die im Freipassverkehr im Inland einer Bearbeitung unterzogen worden sind, vom Wertzuwachs.

3 Die Zollverwaltung ist befugt, bei den Exporteuren Unterlagen zur Überprüfung des deklarierten Wertes einzuverlangen oder in die Geschäftspapiere Einsicht zu nehmen.

Art. 6

Entrichtung des Depots 1

Das Depot verfällt im Zeitpunkt der Ausfuhr der Ware.

2 Bei unter Zwischenabfertigung ausgeführten Wären, für die der Zollschein nicht durch Wiedereinfuhr der Ware gelöscht wird, gilt das Depot als im Zeitpunkt der Ausfuhr verfallen.

3 Die Oberzolldirektion setzt das Depot fest, mit Ausnahme der in Absatz 5 und Artikel 9 erwähnten Fälle. Sie stellt dem Exporteur monatlich Rechnung über die geschuldeten Depots.

4 Die Depots sind innert zehn Tagen seit der Eröffnung der Festsetzungsverfügung an die Oberzolldirektion zu entrichten.

1070 5

Leistet ein Depotpflichtiger die geschuldeten Zahlungen nicht innert der vorgeschriebenen Frist oder erscheint der Depotanspruch aus andern Gründen als gefährdet, so kann die Oberzolldirektion anordnen, dass die Depots zum voraus bezahlt oder sichergestellt werden müssen. In diesen Fällen wird das Depot von den Zollämtern festgesetzt, bei denen die Ware zur Ausfuhr angemeldet wird.

Art. 7 Retourwaren Bei schweizerischen Retourwaren wird das Depot auf Gesuch hin rückerstattet.

Art. 8 Rechtsmittel Gegen Verfügungen kann bei der Oberzolldirektion Einsprache erhoben werden. Die Einsprachefrist beträgt dreissig Tage. Gegen den Einspracheentscheid der Oberzolldirektion kann bei der Eidgenössischen Zollrekurskommission Beschwerde geführt werden.

1

2 Den in Absatz l genannten Rechtsmitteln kommt keine aufschiebende Wirkung zu.

Art. 9

Widerhandlungen Wer das Depot durch unrichtige Angaben in der Deklaration, durch Nichtanmeldung oder Verheimlichung der Ware oder in einer andern Weise hinterzieht oder gefährdet, wer durch unrichtige Angaben die Stundung oder den Erlass oder die Rückerstattung des Depots erwirkt, unterliegt einer Busse bis zum fünffachen Betrag des hinterzogenen oder gefährdeten Depots.

2 Das hinterzogene oder gefährdete Depot wird von der Zollkreisdirektion festgesetzt, die sich mit der Widerhandlung befasst.

1

3 Erfüllt eine Widerhandlung gleichzeitig den Tatbestand eines Zollvergehens, so kommt die auf die schwerere Widerhandlung angedrohte Strafe zur Anwendung.

4

Im übrigen gelten für die Beurteilung der Depothinterziehung oder -gefährdung die Vorschriften des dritten Abschnittes des Zollgesetzes.

Art. 10 Rückerstattung 1 Sobald es die Konjunkturlage gestattet, ordnet der Bundesrat die Rückerstattung der Exportdepots an alle Berechtigten an, gesamthaft oder gestaffelt in Teilbeträgen.

1071 2 Bei der Festsetzung des Zeitpunktes und des Ausmasses der Rückerstattung berücksichtigt der Bundesrat : a. die Erfordernisse eines ausgeglichenen Wachstums der Wirtschaft ; b. die Entwicklung der Auslandnachfrage und der Güterausfuhr; c. die Entwicklung der Binnennachfrage und des Angebotpotentials sowie die gesamtwirtschaftliche Teuerungsrate.

3 Wenn der Exporteur seinem Kunden einen langfristigen Lieferantenkredit einräumt, kann das Eidgenössische Finanz- und Zolldepartement auf Gesuch hin die vorzeitige Rückerstattung des Depots für den Teil des Ausfuhrwertes bewilligen, der den nach mehr als fünf Jahren seit Vertragsabschluss zu leistenden Zahlungen entspricht.

4 Das Finanz- und Zolldepartement kann in Einzelfällen auf Gesuch hin eine vorzeitige Rückerstattung des Exportdepots zur Finanzierung von betriebseigenen Anlagen im Ausland bewilligen, falls dies im volkswirtschaftlichen Gesamtinteresse liegt.

Art. 11

Härtefälle Das Eidgenössische Finanz- und Zolldepartement kann einem Depotpflichtigen auf Gesuch hin ganz oder teilweise die Entrichtung des Depots stunden oder nachträglich erlassen oder die vorzeitige Rückerstattung bewilligen, wenn sich nur dadurch eine Notlage abwenden lässt.

Art. 12

Steuerliche Behandlung Der Depotpflichtige hat das Depotguthaben zu aktivieren. Abschreibungen oder Rückstellungen zulasten des steuerbaren Geschäftsertrages sind im Ausmass von höchstens einem Viertel zulässig.

2 Vorgenommene Abschreibungen oder Rückstellungen sind bei Rückerstattung des Depots dem steuerbaren Geschäftsertrag zuzurechnen.

3 Diese Bestimmungen gelten sowohl für die Wehrsteuer als auch für die Kantons- und Gemeindesteuern vom Einkommen und Reinertrag.

1

Art. 13

Verfall Der Rückerstattungsanspruch verjährt innert eines Jahres seit gänzlicher Freigabe des Exportdepots durch den Bundesrat. Nach Ablauf dieser Frist verfallen die Depots zugunsten einer Rückstellung für angewandte Forschung.

Art. 14 1

Kraft.

Vollzug Dieser Beschluss wird als dringlich erklärt und tritt am 1. Juli 1970 in

1072 2

Die Erhebung des Exportdepots ist längstens bis Ende 1972 zulässig. Der Bundesrat stellt sie vor Ablauf dieser Frist ein, wenn es die Konjunkturentwicklung gestattet.

3 Die Rückerstattung der erhobenen Depots hat gemäss Artikel 10 bis Ende 1975, spätestens aber bis drei Jahre nach Aufhebung der Depotpflicht zu erfolgen.

* Der Bundesrat wird mit dem Vollzug beauftragt.

1288

1073 Anhang Vom Exportdepot sind befreit : 1. Landwirtschaftliche Erzeugnisse der Kapitel l bis 8 (ausgenommen die Tarifnummern 0702/0704 und 0810/0811), 10 und 12 sowie der Tarifnummern 1303.40/50, 1501/1502, 1505/1506, 2007.20, 2210, 4101, 4301 und 5301 des Gebrauchszolltarifs.

2. Gold in Blöcken, Barren usw. der Tarifnummern 7107.10; Münzen der Tarifnummer 7201 ; Perlen, Edelsteine und Schmucksteine der Tarifnummern 7101/7104.

3. Bearbeitungsabfälle und Schrott von Metallen sowie metallhaltigen Aschen und Rückstände der Tarifnummern 2603, 7111, 7303, 7401.20/30, 7501.20, ex 7601.01, 7801.20 und 7901.20.

4. Übersiedlungs-, Ausstattungs- und Erbschaftsgut sowie andere Waren zum privaten Gebrauch, mit Ausnahme derjenigen, für welche die Abfertigung mit Ausfuhrdeklaration Formular 11.49 beantragt wird.

5. Wären des land- und forstwirtschaftlichen Bewirtschaftungsverkehrs und des Grenzverkehrs sowie Waren für die Freizonen von Hochsavoyen und der Landschaft Gex.

6. Waren, welche diplomatische Missionen, Konsulate und internationale Organisationen ausführen.

7. Waren, die aus Wohltätigkeit oder als staatliche Hilfe ausgeführt werden.

8. Zur vorübergehenden Verwendung im Ausland bestimmte Transport- und Transporthilfsmittel, Warenmuster, Versuchs-, Stand- und Montagematerialien.

9. Ausländische Retourwaren.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung zur Frage der Erhebung eines Exportdepots und anderer konjunkturdämpfender Massnahmen (Vom 6. Mai 1970)

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Jahr

1970

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

22

Cahier Numero Geschäftsnummer

10485

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

05.06.1970

Date Data Seite

1028-1073

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10 044 705

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