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10576 Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Erneuerung der Konzession der Rhätischen Bahn (Vom 20. Mai 1970)

Herr Präsident, Hochgeehrte Herren, Wir beehren uns, Ihnen mit dieser Botschaft den Beschlussesentwurf über die Erneuerung der Konzession der Rhätischen Bahn zu unterbreiten.

I. Kurze Übersicht Die einheitliche Konzession vom 10. Oktober 1902 für das Netz der Rhätischen Bahn (sogenanntes «Stammnetz»), ergänzt am 21. Dezember 1904 durch Beifügung der Strecke Samedan-Pontresina, wird am 31. Dezember 1970 ablaufen. Die Konzessionen für die ebenfalls der Rhätischen Bahn gehörenden Bahnen Bellinzona-Mesocco,St.Moritz-Pontresina-Campocologno(Landesgrenze)und Chur-Arosa erlöschen später, und zwar am 8. bzw. 21. Dezember 1979 und 31. Dezember 1985. Das Gesuch der Rhätischen Bahn um Erneuerung der Konzession vom 10. Oktober 1902 hat zu keinen Einwendungen Anlass gegeben.

Dem Kanton Graubünden sind aus dem Bahnbetrieb grosse finanzielle Lasten erwachsen. Die verschiedenen Sanierungs- und Hilfeaktionen, die der Bund zusammen mit dem Kanton unternommen hat, vermochten dem Kanton nur die schwerste Belastung abzunehmen. Der Kanton Graubünden hat denn auch verschiedene Begehren um Übernahme der Rhätischen Bahn durch den Bund gestellt. Das Eidgenössische Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement arbeitet gegenwärtig Vorschläge zur Frage der Übernahme der Rhätischen Bahn durch den Bund aus.

II. Allgemeines

l. Die Rhätische Bahn ist Inhaberin der folgenden Konzessionen : a. Einheitliche Konzession vom 10. Oktober 1902 für das Netz der Rhätischen Bahn, seit 21. Dezember 1904 ebenfalls gültig für die Strecke Samedan-Pontresina (Eisenbahnaktensammlung [EAS] 18 176/20 249).

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b.

c.

d.

e.

Die einzelnen Linien sind die folgenden : Chur-Landquart-Davos-Filisur; Chur-Reichenau-Tamins-Thusis-Filisur-Bever-Samedan-St. Moritz; Reichenau-Tamins-Disentis/Mustér; Bever-Scuol/Schuls-Tarasp ; Samedan-Pontresina.

Diese Linien bilden zusammen das sogenannte Stammnetz der Rhätischen Bahn. Die Konzession erlischt am 31. Dezember 1970.

Konzession vom 9. Dezember 1899, gültig bis 8. Dezember 1979, für die Strecke Bellinzona-Mesocco (EAS 75 810, 58 28).

Konzession vom 22. Dezember 1899, gültig bis 21. Dezember 1979, für die Strecke St. Moritz-Pontresina-Campocologno (Landesgrenze) (EAS 15 826, 61 14).

Konzession vom 19. Dezember 1905, gültig bis 31. Dezember 1985, für die Linie Chur-Arosa (EAS 21 316, 58 28).

Konzession des italienischen Staates vom 23. Mai 1901/12. Juni 1902, der Rhätischen Bahn durch Ministerialdekret Nr. 306 vom 9. März 1950 übertragen, gültig für die Strecke Tirano-Campocologno (Landesgrenze).

Die Rhätische Bahn wurde durchgehend als Schmalspurbahn gebaut; als solche zählt sie zu den Nebenbahnen (Eisenbahngesetz vom 27. Dez. 1957 Art. 2 Abs. l [AS 7955 335]). Im Jahre 1959 ermächtigte der Bundesrat die Rhätische Bahn in teilweiser Abänderung der einheitlichen Konzession vom 10. Oktober 1902, zwischen Chur und Domat/Ems eine dritte Schiene einzubauen, so dass die Strecke mit normalspurigem SBB-Rollmaterial befahren werden kann (Bundesratsbeschluss vom 16. Juni 1959; Verkehrsaktensammlung [VAS] 7959 308). Eine weitere Besonderheit liegt darin, dass die Strecke Chur-Reichenau-Tamins auf Doppelspur ausgebaut ist. Die Rhätische Bahn ist somit die einzige Schmalspurbahn des allgemeinen Verkehrs, die eine Doppelspurlinie aufweist.

2. Die Rhätische Bahn hat am 2. April 1968 um die Erneuerung der Konzession für das Stammnetz ersucht. Die Gesuchstellerin vertritt in ihrer Eingabe die Auffassung, dass die Erneuerung der Konzession für das Stammnetz nicht mit den Verhandlungen, die gegenwärtig über eine Übernahme der Rhätischen Bahn durch den Bund geführt werden, in Zusammenhang gebracht werden kann. Das Gesuch sei lediglich mit Rücksicht auf den am 31. Dezember 1970 eintretenden Verfall der für das Stammnetz gültigen Konzession gestellt worden.

3. Die aus dem Bahnnetz erwachsenden finanziellen Belastungen veranlassten den Kanton Graubünden, im Verlaufe der Jahre immer wieder um eine Übernahme der Rhätischen Bahn durch den Bund zu ersuchen. Das Eidgenössische Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement befasst sich gegenwärtig mit der Ausarbeitung von Vorschlägen über die Weiterbehandlung der Begeh-

1106 ren des Kantons Graubünden um die Übernahme der Rhätischen Bahn durch den Bund. Es wird damit gerechnet, dass das Angebot des Bundesrates an die Rhätische Bahn in nächster Zeit formuliert werden kann.

Nach Artikel 2 des Bundesgesetzes vom 23. Juni 1944 über die Schweizerischen Bundesbahnen (BS 7 195) bedarf die Erwerbung weiterer als der bereits dem Bunde gehörenden Eisenbahnen oder der Bau neuer Linien durch den Bund der Form eines dem Referendum unterstellten Bundesbeschlusses. Damit aber für die Rhätische Bahn kein konzessionsloser Zustand eintritt, ist es notwendig, dass über die Erneuerung der Konzession für das Stammnetz, die am 31. Dezember 1970 erlischt, noch dieses Jahr Beschluss gefasst wird.

IQ. Geschichtlicher Rückblick 1. Allgemeines Der Kanton Graubünden wandte schon früh sein Interesse der Eisenbahn zu, in der die moderne und zukunftsreiche Weiterentwicklung des während Jahrhunderten hindurch blühenden und einträglichen Transitverkehrs erblickt wurde. Von 1838 bis 1841 nahm der Kanton aktiven Anteil an den Bestrebungen der Zürcher Handelskammer, deren Programm unter anderem den Bau einer Eisenbahnlinie von Zürich nach Chur vorsah. Mit dem Kanton St. Gallen unterhandelte Graubünden über den Bau einer Bahn von Chur nach Walenstadt und von Wesen nach Schmerikon. Dabei wurde die Fortsetzung dieser Bahn über die bündnerischen Pässe ins Auge gefasst. Während drei Jahrzehnten folgten sich daher in ununterbrochener Reihe zahlreiche Projekte samt technischen und finanziellen Vorarbeiten für Bahnen über den Splügen, Greina, Lukmanier und andere bündnerische Pässe. Nachdem die Bundesversammlung mit der Annahme des Bundesgesetzes vom 28. Juli 1852 den Entscheid zugunsten des privaten Bahnbaues gefällt hatte, bildete sich eine Gesellschaft zum Bau einer Bahn von Rorschach nach Sargans und von Rapperswil nach Chur und deren Fortsetzung über den Lukmanier bis an den Langensee.

Überwiegend gesamtschweizerische Interessen haben aber dazu geführt, dass das Projekt der Gotthardbahn, das sich von Anfang an einer wirksamen Unterstützung durch den Bund erfreute, den Vorzug erhielt. Diese Wendung wirkte sich in Graubünden ganz allgemein ungünstig aus. Als Ergebnis der jahrelangen Bemühungen um eine eigene Eisenbahn im Kanton Graubünden lag einzig die am 30. Juni 1853 eröffnete Linie Rorschach-Chur
vor. Die erfreuliche Entwicklung der Gotthardbahn und die bereits damals bestehende Meinung, dass diese einzige Linie durch die Zentralalpen den Bedürfnissen des' Verkehrs auf die Dauer nicht zu genügen vermöge, veranlassten die Befürworter einer bündnerischen Alpenbahn zur Aufstellung neuer Projekte. Diese scheiterten aber immer wieder an der Finanzierung sowie an den Interessengegensätzen der verschiedenen Täler.

1107 2. Das Stammnetz der Rhätischen Bahn Eine grundlegende Änderung in der bündnerischen Eisenbahnpolitik trat ein, als'der in Davos niedergelassene Holländer W. J. Holsboer eine Aktiengesellschaft für den Bau einer schmalspurigen Eisenbahn von Landquart über Klosters nach Davos gründete. Die mit Bundesbeschluss vom 22. April 1887 (Eisenbahnaktensammlung [EAS] 9 233) konzessionierte Bahn nahm den Betrieb am 9. Oktober 1889 bis Klosters und am 21. Juli 1890 bis Davos auf.

Damit war die Grundlage für die grosse touristische Entwicklung des Kurortes Davos in den nachfolgenden zwei Jahrzehnten geschaffen.

Die Eisenbahngesellschaft Landquart-Davos bemühte sich in der Folge um den Ausbau der bestehenden Linie bis nach Chur und von Chur nach Thusis. Die Konzessionen für zwei schmalspurige Eisenbahnen wurden von der Bundesversammlung am 20. Dezember 1890 und am 17. April 1891 erteilt (EAS 11 250, 345). Die Bahn Chur-Thusis nahm den Betrieb als erste am 1. Juli 1896 auf, während die Eröffnung der Linie Landquart-Chur kurz darauf am 29. August desselben Jahres erfolgte. Die Konzessionen für die beiden Linien, die ursprünglich der Schweizerischen Eisenbahnbank in Basel erteilt worden waren, gingen in der Folge an die aus der Eisenbahngesellschaft Landquart-Davos hervorgegangene Aktiengesellschaft Rhätische Bahn, Chur, über.

Nach der Inbetriebnahme der Linien Landquart-Chur und Chur-Thusis verringerte sich die Risikofreudigkeit der privaten Geldgeber, worauf die Öffentlichkeit ihr vorwiegendes Interesse auf den Ausbau der Rhätischen Bahn richtete. So wurde am 20. Mai 1896 ein kantonales Gesetz erlassen, das die Rhätische Bahn auf die Dauer von 20 Jahren von der Steuerpflicht befreite.

Ferner schuf ein weiteres kantonales Gesetz vom 20. Juni 1897 die Grundlage für die finanzielle Beteiligung des Kantons am Bau von Schmalspurbahnen unter der Voraussetzung, dass die interessierten Gemeinden und Private Zuschüsse leisten.

Der systematische Ausbau der Rhätischen Bahn schritt aber erst voran, als die Bundesversammlung am 30. Juni 1889 eine Subvention von 8 Millionen Franken in der Form von Aktien im zweiten Range für den Bau der Eisenbahnlinie Thusis-Albula-St. Moritz und Reichenau-Ilanz bewilligte. Die Subvention der Bundesversammlung war auch als Beihilfe zu den Bemühungen gedacht, die der Kanton Graubünden
unternommen hat, um durch den Ausbau des Bahnnetzes den Verlust wettzumachen, der durch die Gotthard- und die Arlbergbahn sowie die Lecco-Colico-Chiavenna- und die Colico-SondrioBahn entstanden ist. Die Bundesversammlung erteilte in der Folge vorerst noch privaten Initiantengruppen verschiedene Konzessionen, nach deren Massgabe die einzelnen Strecken der Thusis-Albula-St. Moritz- und der Reichenau-Ilanz-Bahn gebaut wurden. Am 17. Juni 1890 erfolgte die Konzessionserteilung für die Linie Filisur-Samedan (Albulabahn) (EAS 11 30). Im Jahre darauf, am 25. Juni 1891, wurde dem Konzessionsgesuch für die Strecke Thusis-Filisur entsprochen (EAS 11 375). Im Jahre 1894 (15. Juni) erteilte die Bundesversammlung die Konzessionen für die Eisenbahn von Reichenau nach

1108 Ilanz und von Ilanz nach Disentis (EAS 13 101). Die Konzessionierung des Teilstückes Samedan-St. Moritz erfolgte erst am 15. Oktober 1897, und zwar im Rahmen einer Konzession, die einer Gruppe von Privatpersonen für eine Bahn von Samedan über Maloja nach Castasegna erteilt wurde (EAS 14 474).

Vier Jahre später wurden durch Bundesbeschluss vom 29. Oktober 1898 (EAS 15 261) sämtliche Konzessionen, mit Ausnahme derjenigen für die Linie Samedan-Castasegna, der Rhätischen Bahn übertragen. Kurz darauf, am 17. Dezember 1898, übertrug die Bundesversammlung auch die Konzession für die Linie Samedan-Castasegna der Rhätischen Bahn und änderte sie dabei dahingehend, dass vorerst die Sektion Samedan-St. Moritz gebaut werden könne (EAS 15 284). Die Linie St. Moritz-Castasegna ist denn auch nicht gebaut worden. Im Jahre 1933 misslang auch der Versuch, die Linie Thusis-St. Moritz wenigstens bis nach Maloja zu verlängern.

Als erste dieser ab 1890 konzessionierten Linien wurde am 1. Juni 1903 die Strecke Reichenau-Ilanz dem Betrieb übergeben. Kurz darauf - am l. Juli 1903 - erfolgte die Inbetriebnahme der Linie Thusis-Celerina, und ein Jahr darauf, am 10. Juli 1904, wurde die Strecke Celerina-St. Moritz eröffnet. Die Betriebsaufnahme auf der Ilanz-Disentis-Linie fand erst am 1. August 1912 statt.

3. Die Zusammenlegung der Konzessionen der Rhätischen Bahnen und die Fertigstellung des Stammnetzes Im Jahre 1900 ersuchte die Rhätische Bahn das Eidgenössische Post- und Eisenbahndepartement um die Zusammenlegung der Konzessionen der einzelnen ihr gehörenden Bahnlinien. Zur selben Zeit ersuchte die Bahn auch um eine Konzession für die Linie Davos-Filisur. Mit Beschluss vom 10. Oktober 1902 entsprach die Bundesversammlung den Begehren der Rhätischen Bahn (EAV18 176). Dieser Beschluss hob die früheren Konzessionen auf, auch die vom 29. Oktober 1898 für den Bau einer Eisenbahn von Bever nach Cinuos-chelBrail. Der Rhätischen Bahn wurde dafür die Konzession für die Strecke BeverScuol/Schuls-Tarasp erteilt. Die einheitliche Konzession wurde mit Bundesbeschluss vom 21. Dezember 1904 (EAS 20 249) auf die Linie Samedan-Pontresina ausgedehnt, nachdem die Gruppe von Privaten, die Inhaberin einer Konzession für eine Eisenbahn von Samedan nach Campocologno war, auf das ihr ebenfalls zustehende konzessionsmässige Recht für das Teilstück SamedanPontresina verzichtet hatte.

Am 1. Juli 1908 wurde der fahrplanmässige Verkehr gleichzeitig auf den Linien Davos-Filisur und Samedan-Pontresina aufgenommen. Die Linie Bever-ScuoI/Schuls-Tarasp, deren Fertigstellung den Abschluss der Bauarbeiten des Stammnetzes bildete, wurde als letzte Strecke am 1. Juli 1913 dem Verkehr eröffnet.

1109 4. Die übrigen Linien der Rhätiscben Bahn und die Fusionierung der Bahngesellschaften Zur Zeit des Ausbaues des Stammnetzes unternahmen private Gesellschaften, zum Teil allerdings mit finanzieller Hilfe des Kantons Graubünden, weitere Bahnbauten. Am 9. Dezember 1899 erhielten Privatpersonen zuhanden einer zu gründenden Aktiengesellschaft eine Konzession für den Bau und Betrieb einer elektrischen Strassenbahn von Bellinzona nach Mesocco (EAS 15 810). Am 22. Dezember desselben Jahres erhielten weitere Privatpersonen die Konzession für eine elektrische Schmalspurbahn von Samedan nach Campocologno (Grenze) mit Abzweigung von Pontresina nach St. Moritz (EAS 15 826). Für die Linie Campocologno (Landesgrenze) - Tirano erteilte der italienische Staat der Berninabahn die Konzession am 23. Mai 1901/21. Mai 1902/12. Juni 1902. Die Berninabahn gründete in der Folge eine Aktiengesellschaft (Società anonima Tramvie Tirano-Campocologno) in Italien und übertrug ihr das Eigentum an der Linie. Während für die Berninabahn keine Subvention erteilt wurde, beschloss der Kanton, sich finanziell am Bau der ChurArosa-Bahn zu beteiligen, die mit Bundesbeschluss vom 19. Dezember 1905 konzessioniert wurde (EAS 21 316).

Die ebenfalls mit kantonaler Beteiligung erstellte Bellinzona-MesoccoBahn eröffnete ihren Betrieb am 6. Mai 1907. Die Linie St. Moritz-Campocologno wurde in verschiedenen Etappen ausgeführt und in Betrieb genommen.

Die Bauperiode für die gesamte Strecke dauert von 1906 bis 1909. Ab 5. Juli 1910 war die Berninabahn bis Tirano befahrbar. Die Chur-Arosa-Bahn wurde nach einer zweijährigen Bauzeit am 12. Dezember 1914 eröffnet.

Im Zusammenhang mit der finanziellen Wiederaufrichtung der Bündner Bahnen nach dem Erlass des Bundesgesetzes vom 6. April 1939 über die Hilfeleistung an private Eisenbahn- und Schiffahrtsunternehmungen (BS 7 248) übernahm die Rhätische Bahn im Jahre 1942 die Chur-Arosa-Bahn und die Bellinzona-Mesocco-Bahn. Die Übertragung der Konzessionen der Misoxer Bahn und der Chur-Arosa-Bahn an die Rhätische Bahn erfolgte gestützt auf den Bundesbeschluss vom 29. September 1942 (EAS 58 28). Die Berninabahn wurde gestützt auf das erwähnte Privatbahnhilfegesetz vom 6. April 1939 selbständig saniert und nachher durch Fusion in das Netz der Rhätischen Bahn aufgenommen. Der Bundesbeschluss über die
Übertragung der Konzession der Berninabahn auf die Rhätische Bahn datiert vom 22. März 1945 (EAS 6l 14).

Die Rhätische Bahn löste anschliessend die Gesellschaft Tramvie Tirano-Campocologno auf und ersuchte die zuständige italienische Behörde, die Konzession für diese Linie auf ihre Gesellschaft zu übertragen. Diesem Begehren entsprach die italienische Regierung mit Ministerialdekret vom 9. März 1950.

IV. Technische Beschreibung der Bahn Heute weist das gesamte Bahnnetz des Kantons Graubünden eine Länge von 432 km auf. Davon entfallen auf:

1110 Prozent

Rhätische Bahn Schweizerische Bundesbahnen Furka-Oberalp-Bahn

394km 19 km 19 km

91,2 4,4 4,4

100 Das den Gegenstand der Konzessionserneuerung bildende Stammnetz der Rhätischen Bahn misst 276,2 km. Wie aus dem Abschnitt «Geschichtlicher Rückblick» ersichtlich ist, wurden die einzelnen Linien des Stammnetzes in den Jahren 1888 (Baubeginn der Linie Landquart-Davos) bis 1913 gebaut (Abschluss der Bauarbeiten der Strecke Bever-Scuol/Schuls-Tarasp).

Die Linienführung der einzelnen Strecken der Rhätischen Bahn richtete sich von Anfang an nach einheitlichen technischen Grundlagen. Die Spurweite misst durchgehend l m, mit Ausnahme der Strecke Chur-Domat/Ems, die durch Einbau der dritten Schiene seit 1959 zusätzlich die Normalspur von 1,435 m aufweist. Die für den Bahnbau schwierige Bodenbeschaffenheit sowie die auf verhältnismässig kurzen Entfernungen zu überwindenden Höhenunterschiede erforderten den Bau von steilen Rampen. Es bestehen dennoch keine Zahnradstrecken. Innerhalb des Stammnetzes weist die Strecke von Klosters nach Davos (45 Promille) die stärkste Steigung auf. Die Neigung wurde im Laufe der Jahre auf bestimmten Strecken herabgesetzt, so von 45 Promille auf 35 Promille auf der Albulalinie (Bergün-Preda) und auf 25 Promille zwischen Bever und Scuol/Schuls-Tarasp. Die seit dem Bahnbau auf verschiedenen Strekken geänderte Linienführung und die im Laufe der Jahre vorgenommenen technischen Änderungen der Fahrzeuge ermöglichten einen beschleunigten Wagenlauf. Vor 1947 fuhren die Züge mit Geschwindigkeiten bis 55 km/h; nachher erreichten sie eine Höchstgeschwindigkeit von 65 km, und seit 1965 können sie mit einer Geschwindigkeit von 75 km/h fahren.

Das Lichtraumprofil weist Dimensionen auf (Breite 3,55 m, Höhe 3,9 m), die den Verkehr von geschemelten, offenen normalspurigen Güterwagen auf dem gesamten Netz erlauben. Von Landquart nach Schiers und Sils im Domleschg können auch gedeckte Normalspurwagen befördert werden.

Der ständige Einbau stärkerer Schienen verbesserte ebenfalls die Verkehrsverhältnisse. Der Ersatz der ursprünglichen Weichen, die früher auf der Ablenkung nur mit 25 km Geschwindigkeit befahren werden durften, durch neuere Modelle, stellt einen wichtigen Beitrag zur Modernisierung der Bahn dar. Schon 1957 führte die Unternehmung eine Schlankweiche ein, die in Kreuzungsgleisen auf dem ablenkenden Strang eine Höchstgeschwindigkeit von 46 km/h zulässt.

Dank den technischen
Verbesserungen konnte der im Jahre 1888 9 t betragende zulässige Achsdruck im Laufe der Jahre erhöht werden. Heute kann das Netz mit Fahrzeugen, die üblicherweise einen Achsdruck von 12 t und ausnahmsweise von 15t aufweisen, befahren werden.

Der Bau der Rhätischen Bahn erforderte eine ausnehmend hohe Anzahl von Kunstbauten aller Art. Sämtliche Stütz- und Futtermauern wurden mit

lili Trocken- und Mörtelmauerwerk und roh behauenen Steinen hergestellt. Hinzu kommen zahlreiche Schutzbauten gegen Steinschlag und Lawinen. Diejenigen ' der Strecke Thusis-Preda sind in den letzten Jahren instandgestellt und ergänzt worden. Besonders bedeutend waren die Arbeiten zur Erstellung der Steinschlagverbauungen für die Strecke Filisur-Stuls und die bis auf 2300 m Höhe u. M. reichende Lawinenverbauung von Muot. Deren Bruchsteinmauern sind auf annähernd 10 500 m Länge angelegt.

Das Stammnetz weist 375 Brücken mit einer Gesamtweite von 8 852 m auf. Die Brücken sind meist gemauerte Massivgewölbe, teilweise Stahlbrücken oder Eisenbetonbrücken, worunter solche mit einbetonierten Trägern. Die bedeutendsten Brücken sind: die Soliser Brücke zwischen Solis und Tiefencastel, 89 m hoch und 164 m lang; der Landwasserviadukt zwischen Alvaneu und Filisur, 65 m hoch und 130 m lang, als gebogene Brücke von 100 m Radius gebaut.

Die Tunnel sind ebenfalls zahlreich (84). Ihre Gesamtlänge misst 32 094 m.

Sämtliche Tunnel, die vor 1930 gebaut worden sind, wurden mit grob vorbearbeitetem oder schichtenartigem Bruchsteinmauerwerk mit Mörtelfugen verkleidet. Da dieses Mauerwerk nicht wasserdicht ist, wurden nasse Tunnel in grossem Umfang mit Wellblechen abgedichtet.

Einige kurze Tunnel sind mit Gunit verkleidet. Der Albulatunnel ist mit 5865 m der längste des Stammnetzes und mit seinem 1823 m über Meer gelegenen Scheitelpunkt zugleich der höchste Alpendurchstich Europas.

Bis anfangs 1913 wurden die Züge der Rhätischen Bahn mit Dampf betrieben. Der regelmässige elektrische Bahnbetrieb wurde am 1. Juli 1913 auf der neuen Linie Bever-Scuol/Schuls-Tarasp eingeführt. Die Energie für diese Strecke wurde aus dem von den Kraftwerken Brusio in Bever errichteten Umformerwerk bezogen. Nach dem Ersten Weltkrieg entschloss sich die Unternehmung, die übrigen Strecken auf elektrischen Betrieb umzustellen. Die Umstellungsarbeiten waren im Jahre 1922 abgeschlossen. Als weitere Energiequellen wurden vorerst im Kraftwerk der Rhätischen Werke in Thusis eine Produktionsstätte mit einer Leistung von 3000 kW und in der Zentrale Küblis der Bündner Kraftwerke eine solche von 5000 kW für die Lieferung von Einphasenwechselstrom erstellt. Da sich diese Speisestellen mit dem zunehmenden Energiebedarf der Unternehmung als zu schwach
erwiesen, wurde gestützt auf die Beteiligung des Kantons Graubünden am Bau der Kraftwerke Hinterrhein in Sils ein Bahnkraftwerk mit zwei Maschinengruppen von je 5000 kW gebaut.

Dadurch konnte nicht nur die elektrische Energie verbilligt, sondern auch der Energiebedarf der Bahn weitgehend gesichert werden. Die Deckung des Energiebedarfs des südlichen Netzteiles (Engadin) ist indessen weder technisch noch wirtschaftlich befriedigend gelöst. Gegenwärtig werden die Möglichkeiten einer besseren Deckung des Energiebedarfs geprüft.

Das Rollmaterial der Rhätischen Bahn ist sehr vielgestaltig. Es umfasst mehr als 1600 Fahrzeuge. Es setzt sich in der Hauptsache aus 50 elektrischen Lokomotiven, 40 elektrischen Triebwagen, 30 Diensttriebfahrzeugen und 270

1112 Personenwagen zusammen. Von den Personenwagen sind über 200 mit vier Achsen ausgerüstet. Der Fahrzeugpark zählt ferner 1050 Güterwagen und 90 Gepäck- und Postwagen sowie 80 Dienstwagen.

Das Schwergewicht des Lokomotivenparks liegt gegenwärtig bei den 17 in den Jahren 1947 bis 1965 in zwei Serien angeschafften Maschinen mit 4 und 6 einzeln angetriebenen Achsen. Die Leistung dieser Fahrzeuge liegt bei 1600 und 2400 PS. Daneben stehen noch 15 in den Jahren 1921 bis 1929 gebaute Lokomotiven mit zwei dreiachsigen Drehgestellen (1200 PS) voll im Streckeneinsatz. Allerdings verursachen diese Einheiten verhältnismässig hohe Betriebsund Unterhaltskosten. Einige aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg übrig gebliebene Maschinen mit Stangenantrieb werden vorzugsweise im Güter- und Rangierdienst verwendet. Vier aus dem Dampfbetrieb beibehaltene Maschinen dienen als Reservelokomotiven oder gelangen bei Spezialtransporten zum Einsatz. Die Unternehmung hat ihren Ersatz durch die Beschaffung von zwei Zweikraftlokomotiven für elektrischen und Dieselbetrieb vorbereitet.

Der Personenwagenpark, der anfänglich nur aus Zweiachswagen bestand, wurde vorwiegend in den beiden letzten Jahrzehnten weitgehend auf vierachsige moderne und bequeme Einheiten umgestellt. Die noch vorhandenen alten Wagen werden als Reservematerial bei Stosszeiten oder zu Spezialzwecken eingesetzt.

Der Güterwagenpark zählt 410 zweiachsige, gedeckte Fahrzeuge, vierachsige Plattformwagen, 100 zweiachsige Zementbehälterwagen und 49 Kesselwagen für flüssige Treib- und Brennstoffe. Die Unternehmung verfügt überdies über Sondereinheiten für Spezialtransporte, so über 20 Rollscheme! und einige Schwertransportfahrzeuge. Dazu gehören besondere Brücken und Drehgestelle für spezielle Transportbedürfnisse. Eine Schwerlastbrücke kann mit 4 dreiachsigen Drehgestellen für den Transport von Gütern bis zu 93 t verwendet werden.

Die Sicherungsanlagen wurden seit dem Jahre 1932 modernisiert. Ursprünglich waren ausschliesslich Einfahrsignale in der Form von Wendescheibensignalen aufgestellt, die elektrisch ausgelöst und durch von Hand aufziehbare Gewichte angetrieben wurden. Im Jahre 1932, als in Klosters die neue Station mit elektrischem Stellwerk gebaut wurde, führte die Unternehmung Tageslichtsignale für die Ein- und Ausfahrt ein. Gegenwärtig bestehen auf dem
Stammnetz 30 Stellwerke und in Filisur ein Streckenstellwerk für den Abschnitt Thusis-Preda (Albulalinie). Den Streckenblock hat die Unternehmung im Jahre 1952 eingeführt, und zwar zuerst auf der Strecke Chur-ReichenauTamins, die den dichtesten Verkehr aufweist. Heute sind von den 276 km messenden Linien des Stammnetzes 157 km (57%) mit dem Streckenblock versehen. Die Unternehmung hat im Jahre 1959 mit der Modernisierung der Stationen begonnen Seither wurde die Stationen Cavadürli (Klosters-Davos) sowie Solis, Surava, Stuls, Muot und Spinas auf vollautomatische Kreuzungsstationen umgebaut. Zusammen mit dem Einbau des Streckenblocks erlauben diese

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eine beschleunigte Zugsfolge und eine erhöhte Fahrgeschwindigkeit bei verstärkter Sicherheit. Für die nähere Zukunft ist der Einbau des Blockes in die Strecke Bever-S-chanf und Versam-Station-Ilanz zusammen mit der Automatisierung der Station Trin vorgesehen. Das Telefonnetz der gesamten Rhätischen Bahn ist vollautomatisch. In Landquart, Chur und Disentis/Mustér ist es an das übrige Bahnnetz der Schweiz angeschlossen. Daneben besteht ein Netz von Strecken- und Stationstelefonen, das zur Hauptsache zur Übermittlung der betrieblichen Anordnungen und zur Verbindung mit den fixen und tragbaren auf der Strecke befindlichen Telefonen dient. Die Leitungen längs der Strecken, die zur Verbindung all der erwähnten automatischen Anlagen benötigt werden, sind nur noch an wenigen Stellen zwischen Landquart und Klosters und zwischen Davos und Filisur als Freileitungen vorhanden. Auf allen andern Strekken sind diese Leitungen in den letzten Jahren durch Streckenkabel ersetzt worden.

Die Unternehmung bemühte sich dauernd, die Bahnhöfe und Stationen den geänderten Bedürfnissen anzupassen. Besondere Anstrengungen wurden zur Verlängerung der Kreuzungsgleise unternommen. Die aus der Zeit des Bahnbaues stammenden Anlagen sind uneinheitlich. In der Regel ist eine Länge von 270 m notwendig. Auf den Bergstrecken der Davoser Linie genügen 210 und auf der Albulalinie 250 m. Zwischen Landquart und Davos müssen noch 9 von den 15 Zwischenstationen und auf der Strecke Chur-St. Moritz noch 6 von insgesamt 23 entsprechend den modernen Massstäben ausgebaut werden. In den meisten Aufnahmegebäuden sind Dienstwohnungen eingerichtet. Die Unternehmung hat für ihr Dienstpersonal auch Wohnsiedlungen erstellen lassen. Sie ist Eigentümerin von insgesamt 435 Dienstwohnungen.

Das Stammnetz weist auch drei Gemeinschaftsbahnhöfe auf. In Landquart und Chur gewähren die Schweizerischen Bundesbahnen der Rhätischen Bahn den Anschluss gegen eine entsprechende Entschädigung. Ebenfalls gegen eine Entschädigung wird der der Rhätischen Bahn gehörende Bahnhof Disentis/Mustér durch die Furka-Oberalp-Bahn benützt.

Die bedeutendste Werkstätte der Rhätischen Bahn befindet sich in Landquart. Dort werden 85 Prozent der jährlichen 345 Hauptrevisionen, 110 Zwischenrevisionen und 1400 Fahrzeugreparaturen ausgeführt. Die Werkstätte, die im Laufe der Zeit
erweitert wurde, umfasst 11 Unterabteilungen. Deren Werkzeugmaschinenbestand ist in den letzten 15 Jahren laufend modernisiert worden.

Die täglichen Unterhaltsarbeiten und geringfügigen Reparaturen der auf dem Stammnetz eingesetzten Triebfahrzeuge werden in den Depots in Landquart, Samedan, Chur und Davos vorgenommen. Die Depotwerkstätte Samedan ist überdies für die Vornahme von grösseren Unterhaltsarbeiten und Fahrzeugrevisionen eingerichtet.

Die Unternehmung richtet andauernd ein besonderes Augenmerk auf die Sanierung der Niveauübergänge. Das Stammnetz der Rhätischen Bahn weist 414 Niveauübergänge auf. Annähernd 220 werden von Strassenmotorfahrzeugen beBundesblatt. 122. Jahrg. Bd. I

66

1-11.4 nützt. Die 25 zu Kantonsstrassen gehörenden Niveauübergänge sind alle gesichert..Im ganzen sind 21 automatische Barrieren- und 19 Blinklichtanlagen vorhanden. An 20 Übergängen, die auf Stationsgebiet liegen, wird der Verkehr durch handbediente Barrieren gesichert. Eine einzige Anlage bedarf noch eines Barrierenwärters (Landquart).

Abschliéssend können noch die folgenden Ergänzungsarbeiten besonders hervorgehoben werden: 1926 Neubau des Bahnhofs Chur und Verlegung der Linie in Richtung Felsberg 1930 Bau der neuen Landquartbrücke und der neuen Station Klosters sowie der Klostersef Tunnels ; dadurch wurde die ursprüngliche Spitzkehre beseitigt, die die Umstellung der Lokomotiven der nach Davos fahrenden Züge notwendig machte : 1948 Bau eines neuen und grösseren Stationsgebäudes in Campocologno und in Davos-Platz 1958 Bau der Doppelspur Chur-Reichenau-Tamins · 1961/62 Bau eines neuen und grösseren Stationsgebäudes in Poschiavo 1962 Einbau einer'dritten Schiene von Chur bis Domat/Ems für den Verkehr mit normalspurigen Fahrzeugen 1964/67 Umbau der Bahnhofanlage in Samedan und in Arosa Die Rhätische Bahn unternimmt fortwährend Instandstellungs- und Modernisierurigsarbeiten. Als dringend ausbaubedürftig wird die Linie LandquartDavos erächtet. Die Reisegeschwindigkeit ist auf dieser Strecke im Vergleich zu derjenigen-des Automobils zu gering geworden. Eine Streckung der Kurven, durch die eine erhöhte Geschwindigkeit erreicht werden könnte, wäre zu aufwendig. Immerhin ist vorgesehen, die Kreuzungsgleislängen an zwei Stellen zu vergrössern. Die-Unternehmung beabsichtigt indessen, weitere Zeitgewinne zu erreichen und zugleich die Verkehrssicherheit zu erhöhen, indem sie die Stationen und Sicherungsanlagen ausbaut und die Errichtung der Streckenblocks vorantreibt.

Die Unternehmung ist auch weiterhin bestrebt, die Sanierung der Niveauübergänge fortzusetzen.

'V. Verkehrsentwicklung und finanzielle Lage Da sämtliche Linien sowohl betrieblich als auch wirtschaftlich einheitlich geführt werden, kann die Unternehmung ihre Angaben nicht auf das Stammnetz beschränken ..rDie, Angaben über den Verkehr sowie über die finanziellen und wirtschaftliehen Verhältnisse beziehen sich daher sowohl auf das Stammnetz als auch auf die Linien Bellinzona-Mesocco, St. Moritz-Tirano und Chur-Arosa.

1115 Eine Übersicht des Personenverkehrs seit 1905 ergibt folgendes Bild: Jahr

Verkehrsleistungen 1905-1968 Personen

1905 1910 1913 1918 1922 1925 1930 1936 1944 1947 1950 1955 1960 1964 1965 1966 1967 1968

990 964 l 976 627 2 570 505 l 821 570 2 163 752 2 734 563 3 404 384 2 724.723 4'954 144 5 762 418 5 487 060 5 801 309 7 174 079 8 410 988 8204323 8 274 915 7 841 346 7 796 594

, .·

Die Ursache der rückläufigen Tendenz des Personenverkehrs in den Jahren 1967 und 1968 liegt eindeutig in der ungünstigen Witterung dieser beiden Jahre. Im Personen verkehr kommt dem Tourismus seit jeher eine ausschlaggebende Bedeutung zu. Dieser ist aber stark von der Witterung abhängig. Der Abonnentenverkehr der Rhätischen Bahn hat in den letzten Jahren stark zugenommen. In Anbetracht des bedeutenden potentiellen Tourismus des Kantons Graubünden sowie der voraussichtlichen Bevölkerungszunahme kann mit einem baldigen Ausgleich und einer abermaligen Zunahme des Personenverkehrs gerechnet werden.

Die Entwicklung des Gepäck- Expressgut- und Postverkehrs lässt sich wie folgt darstellen : · Jahr

Gepäck und Expressgutverkehr

Postverkehr

Tonnen

1905 1910 1913 1918 1922 1925 1930 1936 1944

4419 7685 9846 5 104 4648 8258 8320 3055 8009

5 176 7742 9887 6 639 7 720 · 10292 14 592 9639 13397

1116 Jahr

Gepäck und Expressgutverkehr

Postverkehr

Tonnen

1947 1950 1955 1960 1964 1965 1966 1967 1968

12770 12458 16683

8213

6392 6986 8667 8554 9036 8840 6442*) 8 023*>

21 880

20739 20739 20 863

20935 20125

*' Ab 1967 nur noch Gepäckverkehr; die Expressgutbeförderung ist seither im Güterverkehr eingeschlossen.

Der Güterverkehr hat in den letzten 15 Jahren auffallend stark zugenommen. Er hat sich seit den ersten Betriebsjahren wie folgt entwickelt.

Jahr

Tonnen

1908 1910 1915 1920 1925 1930 1935

247000 245500 257300 267900 283400 268200 217 750

1940 1945 1950 1955 1960 1965 1968

299000 529800 336400 480200 713 200 903600 868800

Die Rhätische Bahn rechnet mit zunehmenden Transportaufträgen im Güterverkehr. Wohl sind die Kraftwerkbauten, für welche die Bahn beachtliche Transporte ausführte, im wesentlichen abgeschlossen. Die Bahn hat aber von anderer Seite neue Transportaufträge erhalten, so z. B. Sand- und Kiestransporte aus dem Rheingebiet und Mineralöltransporte aus Italien nach dem Oberengadin. Die sich verbessernde wirtschaftliche Lage des Kantons hat auch zu einer Zunahme des Stückgutverkehrs geführt.

Die Unternehmung erzielte von 1889 bis 1968, mit Ausnahme der Jahre 1915,1949 bis 1951 sowie 1954 bis 1957, jährlich einen Überschuss des Betriebsertrages. Die ungünstigen Ergebnisse in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg sind darauf zurückzuführen, dass im Betriebsaufwand bedeutende nicht aktivierbare Baukosten und Abschreibungen auf den Anlagen enthalten sind. Das bedeutende Ausmass der Betriebsaufwendungen und der Abschreibungen lässt seit Jäh-

1117 ren keine Dividendenausschüttung mehr zu. Aus den Betriebsrechnungen der Zeit zwischen 1905 und 1968 ergibt sich folgende Übersicht:

Jahr

1905 1910

1915 1920 1925 1930 1935 1940 1945 1950 1955 1960 1965 1966 1967 1968

Betriebsertrag

In Millionen Franken 4,470

7,168 5,798 11,678 16,274 18,854 12,506 11,365 19,442 18,994 22,943 34,453 50,020 53,051 54,300 53,500

Betriebsaufwand

2,388 4,311 5,921 10,490 9,689 11,321 10,271 10,670 16,045 19,915 23,070 32,656 44,735 45,926 50,425 50,671

Überschuss oder Fehlbetrag

2,082

2,857 ./.0, 123 1,188 6,585 7,533 2,235 0,695 3,397 ./.0,92l ./. 0,127 1,797 5,285 7,125 3,875 2,820

Dem gegenüber den Ergebnissen des Jahres 1967 um l 055 000 Franken ungünstigere Ertragsüberschuss von 2 820 000 Franken des Jahres 1968 resultierte sowohl aus dem um 809 000 Franken geringeren Betriebsertrag als auch aus dem um 246 000 Franken höheren Betriebsaufwand. Der Rückgang des Güterverkehrs infolge der abnahmenden Kraftwerkbautransporte wirkte sich besonders ungünstig auf die Verkehrseinnahmen des Jahres 1968 aus.

Die im Eisenbahngesetz vom 20. Dezember 1957 geregelte Abgeltung gemein wirtschaftlicher Leistungen (Art. 51) brachte der Bahn in den letzten 5 Jahren eine jährliche Entschädigung von durchschnittlich rund 1,7 Millionen Franken ein. Die im Jahre 1968 unter diesem Titel vom Bund erbrachte Leistung betrug l 864 800 Franken. Ferner gilt auch für die Rhätische Bahn der Bundesbeschluss vom 5. Juni 1959 über die Tarifannäherung (Tarifannäherungsbeschluss AS 1959 801). Die sich aus der Tarifannäherung ergebende Fahrpreisermässigung kommt der Bevölkerung des von der Bahn bedienten Gebietes zugute.

Die Ausfallvergütung des Bundes aus der Tarifannäherung betrug für den Personen-, Gepäck-, Tier- und Güterverkehr für das Jahr 1968 insgesamt 14 188 920 Franken.

Gemäss Bilanz per 31. Dezember 1968 stehen den Aktiven von 149637286 Franken (Anlagevermögen 126073699 Franken, Betriebsvermögen 23 563 587 Franken) die folgenden Passiven gegenüber: Eigenkapital

1118 76 649 309 Franken, Fremdkapital 56 883 119 Franken, bedingt rückzahlbare Subventionen 16 009 000 Franken sowie der Aktivsaldo der Gewinn- und Verlustrechnung 95 857 Franken.

Die Bahnlasten bildeten stets eine grosse Sorge für den Kanton Graubünden. Der Bund hat nach Massgabe der gesetzlichen Ordnung die durch die Bahn verursachten Belastungen in wiederholten Aktionen gemildert, so durch Übernahme eines der Bahn gewährten Darlehens, durch die Teilnahme an einschneidenden Sanierungen sowie durch finanzielle Zuwendungen, die sich auf die Privatbahnhilfebeschlüsse sowie auf das Eisenbahngesetz von 1957 stützten. Die vom Bund und vom Kanton Graubünden (einschliesslich der Gemeinden) der Rhätischen Bahn gewährten finanziellen Hilfen belaufen sich auf insgesamt rund 147 bzw. 78 Millionen Franken.

VI. Vernehmlassungen und Konzessionsentwurf Im Vernehmlassungsverfahren hat sich der Kleine Rat des Kantons Graubünden mit der Erteilung einer neuen Konzession an die Rhätische Bahn einverstanden erklärt. Der Kleine Rat gab dabei der Erwartung Ausdruck, dass die Erteilung einer neuen Konzession nicht die Verhandlungen, die über die Übernahme der Rhätischen Bahn durch den Bund geführt werden, beeinträchtige.

Das Eidgenössische Militärdepartement, die Generaldirektionen der PTT-Betriebe und der Schweizerischen Bundesbahnen sowie die Direktion der Furka-Oberalp-Bahn haben keine Einwendungen gegen das Gesuch erhoben.

Gestützt auf die obigen Ausführungen können die Bedingungen des Artikels 5 Absatz l des Eisenbahngesetzes, wonach eine Konzession erteilt werden kann, wenn die Interessen der Landesverteidigung nicht entgegenstehen und der Verkehr nicht zweckmässiger und wirtschaftlicher durch ein anderes Transportmittel bedient werden kann, als erfüllt erachtet werden.

Der Wortlaut und die Form des Konzessionsentwurfes entsprechen den von Ihnen seit Inkrafttreten des neuen Eisenbahngesetzes angenommenen Bundesbeschlüssen.

Abweichend vom Antrag der Gesuchstellerin, die für die neue Konzession um eine Gültigkeitsdauer von 80 Jahren nachgesucht hat, wird mit ihrem Einverständnis in Artikel 2 des Entwurfes die normale Geltungsdauer von 50 Jahren vorgesehen.

In Artikel 4 sind die einzelnen Strecken des Stammnetzes verzeichnet, gemäss der Aufstellung in der ablaufenden Konzession vom 10. Oktober 1902.

Der Kanton
Graubünden und die Direktion der Rhätischen Bahn haben sich mit dem Konzessionsentwurf einverstanden erklärt.

Die Verfassungsmässigkeit der Vorlage in der Form eines einfachen Bundesbeschlusses beruht auf Artikel 5 Absatz l und 2 des Eisenbahngesetzes, das sich seinerseits auf die Artikel 23, 24ter, 26, 34 Absatz 2, 36 und 64 der Verfassung stützt.

1119

VIL Antrag Auf Grund dieser Ausführungen empfehlen wir Ihnen, dem Entwurf zu einem Bundesbeschluss über die Erteilung einer neuen Konzession für das Stammnetz der Rhätischen Bahn Ihre Zustimmung zu geben.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 20. Mai 1970 Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Tschudi

Der Bundeskanzler: Huber

1120

(Entwurf)

Bundesbeschluss über die Erteilung einer neuen Konzession für die Ubatisene Bahn

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 5 des Eisenbahngesetzes vom 20. Dezember 1957 ^ nach Einsicht in das Gesuch der Rhätischen Bahn vom 2. April 1968 und in eine Botschaft des Bundesrates vom 20. Mai 1970Z>, beschliesst: I Der Rhätischen Bahn wird unter den nachstehend aufgeführten Bedingungen eine neue Konzession für Bau und Betrieb einer Schmalspurbahn mit teilweiser Normalspur erteilt.

Art. l

Gesetzgebung Die Bundesgesetze sowie alle übrigen bundesrechtlichen Vorschriften über Bau und Betrieb der vom Bund konzessionierten Eisenbahnen sind zu beachten.

Art. 2 Dauer

Die Konzession wird für die Dauer von 50 Jahren, d. h. für die Zeit vom 1. Januar 1971 bis 31. Dezember 2020, erteilt.

Art. 3

Sitz Die Unternehmung hat ihren Sitz in Chur.

l > 2

AS 1958, 335

>BB11970I1104

1121

-

Art. 4 Strecken Die Konzession gilt für die folgenden Strecken : Chur-Landquart-Davos-Filisur Chur-Reichenau-Tamins-Thusis-Filisur-Bever-Samedan-St. Moritz Reichenau-Tamins-Disentis/Muster Bever-Scuol/Schuls-Tarasp Samedan-Pontresina Art. 5 Stromart Die Bahn wird mit 11 000 Volt Einphasenwechselstrom, 16 2/3 Hz, betrie-

ben.

Art. 6 Lärmbekämpfung Soweit es mit der Sicherheit des Betriebes vereinbar ist, hat die Konzessionärin die ihr zumutbaren Massnahmen zur Verminderung des durch ihren Betrieb bedingten Lärms zu treffen. Artikel 7 bleibt vorbehalten.

Art. 7 Pläne Die dem Betrieb dienenden Anlagen sowie die Fahrzeuge dürfen nur nach Plänen und Vorlagen erstellt oder geändert werden, welche von der Aufsichtsbehörde genehmigt worden sind. Diese ist berechtigt zu verlangen, dass auch erstellte Anlagen und Fahrzeuge geändert werden, wenn die Betriebssicherheit oder die Landesverteidigung es erfordert.

Art. 8 Fahrplan Die Zahl der täglichen Züge und deren Verkehrszeiten haben sich nach den Bedürfnissen zu richten. Die Fahrpläne sind nach den geltenden Bestimmungen aufzustellen und vor dem Inkrafttreten durch die Aufsichtsbehörde genehmigen zu lassen.

Art. 9 Beförderungspflicht Die Konzessionärin übernimmt die Beförderung von Personen, Reisegepäck, Tieren und Gütern.

Art. 10 Tarife 1 Für die Erstellung der Tarife sind die Taxgrundlagen der Schweizerischen Bundesbahnen massgebend.

Bundesblatt. 122. Jahrg. Bd. I

67

1122 2 Für die Ermittlung der Beförderungspreise dürfen zu den wirklichen Entfernungen Distanzzuschläge berechnet werden.

3 Die Tarife bedürfen vor ihrem Inkrafttreten der Genehmigung der Aufsichtsbehörde.

Art. 11 Haftpflichtversicherung 1 Die Konzessionärin hat sich gegen die Folgen ihrer in der Bundesgesetzgebung über die Haftpflicht der Eisenbahn- und Dampfschiffahrtsunternehmungen und der Post umschriebenen Haftpflicht bei einer in der Schweiz zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmung oder einer andern, von der Aufsichtsbehörde anerkannten Einrichtung zu versichern.

2 Die Verträge über die Haftpflichtversicherung sowie deren nachträgliche Änderung bedürfen der Genehmigung der Aufsichtsbehörde.

Art. 12 Personalfürsorge 1 Die Konzessionärin hat für das ständige Personal eine Dienstalterskasse oder eine Pensionskasse einzurichten oder es bei einer in der Schweiz zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmung oder einer andern, von der Aufsichtsbehörde anerkannten Einrichtung zu versichern.

2 Die Konzessionärin hat dafür zu sorgen, dass das Personal gegen die wirtschaftlichen Folgen von Krankheit versichert ist.

Art. 13 Kontrolle Den eidgenössischen Beamten, denen die Aufsicht über Bau und Betrieb der Eisenbahnen obliegt, ist zu jeder Zeit freie Fahrt und freier Zutritt zu allen Teilen der Anlagen und der Fahrzeuge zu gewähren. Das zur Vornahme von Untersuchungen nötige Personal und Material, Pläne inbegriffen, sind ihnen kostenlos zur Verfügung zu stellen. Die Konzessionärin und ihr Personal haben ferner den mit der Kontrolle betrauten Organen alle hiefür notwendigen Auskünfte zu erteilen.

Art. 14 Rückkauf Dem Kanton Graubünden steht das Recht auf Rückkauf der Bahn zu.

Der Rückkauf ist entsprechend den Bestimmungen des zehnten Abschnittes des Eisenbahngesetzes vorzunehmen.

II Der Bundesrat wird mit dem Vollzug dieses Beschlusses beauftragt.

1299

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Erneuerung der Konzession der Rhätischen Bahn (Vom 20. Mai 1970)

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1970

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12.06.1970

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