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Bundesblatt

Bern, den 20. März 1970

122. Jahrgang

Band I

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10492 Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung

über die Genehmigung von § 19 Absatz 3 des Gesetzes des Kantons Zürich über Haftung des Staates und der Gemeinden sowie ihrer Behörden und Beamten (Kompetenzzuweisung an das Bundesgericht) (Vom 18. Februar 1970) Herr Präsident, Hochgeehrte Herren, 1. Nach Artikel 114bis Absatz 4 der Bundesverfassung sind die Kantone mit Genehmigung der Bundesversammlung befugt, Administrativstreitigkeiten, die in ihren Bereich fallen, dem Bundesgericht zur Beurteilung zuzuweisen. Die Bundesversammlung hatte wiederholt Gelegenheit, zu solchen Fällen der Kompetenzzuweisung Stellung zu nehmen. Zurzeit liegt ihr ein weiteres, den Kanton Basel-Stadt betreffendes Gesuch zur Prüfung und Genehmigung vor (BBI1969 II1097 und dort zitierte Präzedenzfälle), das als Parallelfall zum vorliegenden Gesuch betrachtet werden kann.

2. In der Volksabstimmung vom 14. September 1969 haben die Stimmberechtigten des Kantons Zürich das Gesetz über die Haftung des Staates und der Gemeinden sowie ihrer Behörden und Beamten (Haftungsgesetz) mit 109386 Ja gegen 34849 Nein angenommen. § 19 des Haftungsgesetzes regelt die Zuständigkeit zum Entscheid von Streitigkeiten über Schadenersatzforderungen Dritter gegen den Staat sowie des Staates gegen die Beamten. Nach Absatz l entscheiden über Schadenersatzansprüche Dritter gegen den Staat die kantonalen Zivilgerichte, soweit nicht das Bundesgericht zuständig ist. Schadenersatz- und Regressansprüche des Staates gegen die Beamten beurteilt gemäss Absatz 2, vorbehaltlich Absatz 3, das kantonale Verwaltungsgericht als einzige Instanz. Absatz 3 bestimmt : «Das Bundesgericht beurteilt Ansprüche Dritter gegen den Staat, die mit widerrechtlichem Verhalten des Obergerichtes, des Kassationsgerichtes oder des VerwalBundesblatt. 122.Jahrg.Bd.I

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tungsgerichtes begründet werden, und Ansprüche des Staates gegen Beamte des Verwaltungsgerichtes. » 3. Mit Schreiben vom 26. September 1969 stellte der Regierungsrat des Kantons Zürich an den Bundesrat zuhanden der Bundesversammlung das Gesuch um Genehmigung dieser Kompetenzzuvveisung an das Bundesgericht. Das Gesuch wurde dem Bundesgericht zur Stellungnahme unterbreitet.

4. Bundesgericht und Bundesrat gelangen nach näherer Prüfung von § 19 Absatz 3 des Haftungsgesetzes zur Auffassung, dass der darin vorgesehenen Kompetenzzuweisung an das Bundesgericht unter dem Gesichtswinkel von Artikel 114bis Absatz 4 der Bundesverfassung zugestimmt werden kann. Der Grund ist vor allem darin zu erblicken, dass mangels einer Kompetenzzuweisung an das Bundesgericht die in § 19 Absatz 3 genannten zürcherischen Gerichte bei den in Frage stehenden Haftpflichtprozessen gewissermassen in eigener Sache urteilen müssten, da sich keine zufriedenstellende Lösung auf kantonalem Boden anbietet. In § 19 Absatz 3 des Haftungsgesetzes wird vorausgesetzt, dass die Kompetenzzuweisung nach Artikel 114bis Absatz 4 der Bundesverfassung auch auf die Fälle erstreckt wird, die dem Bundesgericht schon auf Grund von Artikel 42 des Organisationsgesetzes unterbreitet werden könnten.

Diese einheitliche Lösung erscheint als folgerichtig und sachlich als gerechtfertigt. Der Zustimmung zu der in § 19 Absatz 3 des Haftungsgesetzes enthaltenen Kompetenzzuweisung an das Bundesgericht steht somit nichts entgegen.

5. Nach Artikel 121 des am 20. Dezember 1968 revidierten Organisationsgesetzes (AS 1969 778) sind die dem Bundesgericht in Anwendung von Artikel 114bis Absatz 4 der Bundesverfassung zugewiesenen kantonalen verwaltungsrechtlichen Streitigkeiten in dem für das Bundesgericht als Beschwerdeoder einzige Instanz der Verwaltungsrechtspflege vorgesehenen Verfahren (Artikel 97-120 rev. OG) zu erledigen, soweit die Bundesversammlung nicht anders beschliesst. Im Genehmigungsgesuch des Regierungsrates des Kantons Zürich wird erklärt, es sei der Bundesversammlung überlassen, welches Verfahren sie als anwendbar erklären wolle. Das Bundesgericht erklärt in seiner Vernehmlassung, dem direkten verwaltungsrechtlichen Verfahren im Sinne der Artikel 116-120 rev. OG sei gegenüber dem direkten Zivilprozess der Vorzug zu geben, da es sich um Streitigkeiten
verwaltungsrechtlicher Natur handle. Die Bundesversammlung hat somit nichts von Artikel 121 rev. OG Abweichendes zu beschliessen.

Wir empfehlen Ihnen den beiliegenden Beschlussesentwurf zur Annahme und versichern Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 18. Februar 1970 Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident : Tschudi Der Bundeskanzler : Huber

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(Entwurf)

Bundesbeschluss über die Genehmigung von § 19 Absatz 3 des Gesetzes des Kantons Zürich über Haftung des Staates und der Gemeinden sowie ihrer Behörden und Beamten (Kompetenzzuweisung an das Bundesgericht)

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, in Anwendung von Artikel 114b!s Absatz 4 der Bundesverfassung und von Artikel 121 des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 19431) über die Organisation der Bundesrechtspflege, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 18. Februar 1970, beschliesst: Einziger Artikel § 19 Absatz 3 des Gesetzes des Kantons Zürich vom 14. September 1969 über die Haftung des Staates und der Gemeinden sowie ihrer Behörden und Beamten (Haftungsgesetz) wird genehmigt.

2 Auf diese Streitigkeiten ist das Verfahren der verwaltungsrechtlichen Klage über streitige Ansprüche des Bundes oder gegen den Bund anzuwenden.

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^BS 3 531; AS 1969 767

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20.03.1970

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