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10738 Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Senkung des Preiszuschlages auf eingeführtem Magermilchpulver (Vom 30. November 1970)

Herr Präsident !

Hochgeehrte Herren !

Am 21. Oktober 1970 haben wir in Verbindung mit verschiedenen Massnahmen auf dem Gebiete der Milchwirtschaft den Preiszuschlag auf eingeführtem Magermilchpulver mit Wirkung ab l. November 1970 neu festgesetzt (AS 7970 1298). Wir beehren uns, Ihnen im Sinne von Artikel 30 Absatz 3 des Milchbeschlusses vom 29. September 1953 (AS 19531109) hierüber wie folgt zu berichten.

I. Rechtsgrundlagen und Zweck 1. Gestützt auf Artikel 26 des Landwirtschaftsgesetzes vom 3. Oktober 1951 (AS 1953 1073) kann die Bundesversammlung zur Sicherung einer geordneten Versorgung des Landes mit Milch und Milchprodukten und zur Förderung des Absatzes von Milch zu Preisen, die nach den Grundsätzen dieses Gesetzes angemessen sind, unter Berücksichtigung der Interessen der Gesamtwirtschaft unter anderem die Erhebung von Abgaben auf der Einfuhr von Trockenmilch anordnen.

2. Kraft dieser Befugnis hat die Bundesversammlung den Bundesrat in Artikel 30 des Milchbeschlusses ermächtigt, nach Anhören der Beteiligten und der Beratenden Kommission für die Durchführung des Landwirtschaftsgesetzes die Abgaben in Form von Preiszuschlägen festzusetzen. Dabei ist auf die Entwicklung der Weltmarktpreise der belasteten Waren und auf die Preis- und Absatzverhältnisse bei den vergleichbaren inländischen Milchprodukten sowie auf die Lebenshaltungskosten Rücksicht zu nehmen. Die Bundesversammlung beschliesst in der nächsten Session, ob und in welchem Ausmass die Preiszuschläge in Kraft bleiben sollen.

1523 II. Entwicklung der Preis- und Marktverhältnisse beim Magermilchpulver 1. Die ausserordentlich grossen Bestände an Magermilchpulver auf dem Weltmarkt, namentlich im EWG-Raum, hatten im Winter 1967/68 zur Folge, dass Mitgliedländer der EWG diese Vorräte mit namhaften Exportbeihilfen nach Drittländern, u. a. nach der Schweiz, abzustossen suchten. Zur Eindämmung solcher Importe und zur Verhinderung einer weiter steigenden Verkehrsmilchproduktion war es notwendig, den Preiszuschlag auf eingeführtem Magermilchpulver schrittweise von 10 bis auf 90 Franken je 100 kg brutto zu erhöhen. Wir haben Ihnen über diese mehrmaligen Erhöhungen am l. Dezember 1967 (BB1 7957II1327), 28. Februar 1968 (BEI 19681453) und am 15. Mai 1968 (BB11968 11333) berichtet und jeweils Ihre Genehmigung hiezu erhalten.

Der Ansatz von 90 Franken galt seit 1. April 1968 unverändert bis zur eingangs erwähnten Neufestsetzung.

2. Über die Entwicklung der Inlandproduktion und Einfuhren von Magermilchpulver seit 1966 orientiert folgende Übersicht:

1966 1967 1968 1969 1969 (I-IX) 1970 (I-IX)

InlandProduktion t

Einfuhr t

Total verfugbar t

18880 27 730 28 438 23 902 20 434 19 390

7099 15 485 368 l 515 352 7 765

25979 43 215 28 806 25 417 20 786 27 155

3. Zur Massnahme, über die wir Ihnen hier berichten, gab vor allem die Tatsache Veranlassung, dass die EWG-Kommission die Ausfuhrerstattungen für Magermilchpulver, die bisher 22 Rechnungseinheiten bzw. US-Dollars je 100 kg betragen hatten, Mitte Juli 1970 um die Hälfte gekürzt hat. Diese Anordnung wurde mit einem schlagartigen Ansteigen der Nachfrage nach Magermilchpulver und einem entsprechend starken Rückgang der Vorräte begründet. Die Importware, meist EWG-Provenienz, die im I.Halbjahr 1970 einschliesslich Grenzbelastungen (Zoll und Preiszuschlag) auf 220 bis 225 Franken je 100 kg brutto zu stehen kam, dürfte sich daher um schätzungsweise 45 bis 50 Franken verteuern. Wird dabei berücksichtigt, dass das gleichartige Inlandprodukt seit 1. Juni 1970 ab Werk zu 205 Franken je 100 kg (bei Jahresabschlüssen von 15-99,9, t) bzw. zu 200 Franken (bei.Jahresabschlüssen von über 100 t) geliefert wird, so hätte sich zwischen der Import- und der Inlandware eine Preisdifferenz von annähernd 70 Franken je 100 kg ergeben.

Die Futtermittelindustrie, die infolge der starken Zunahme der Fabrikation von Milchersatzfuttermitteln heute die bedeutendste Verbrauchergruppe von Magermilchpulver ist, beantragte unter Hinweis auf die durch die EWGAnordnung verursachte Verteuerung des Importproduktes eine möglichst

1524 sofortige Senkung des Preiszuschlages. Zur Begründung wurde u. a. geltend gemacht, dass die inländische Produktion schon seit einiger Zeit den durch die Gehaltsnormen für Milchersatzfuttermittel bedingten Mehrbedarf an Magermilchpulver bei weitem nicht mehr zu decken vermöge. Folglich müsse die Möglichkeit geboten werden, diesen Rohstoff zu vernünftigen Preisen auch aus dem Ausland zu beziehen.

III. Stellungnahmen der Beteiligten und der Beratenden Kommission 1. Die beteiligten Kreise hatten an einer am 14. September 1970 abgehaltenen Konferenz Gelegenheit, sich zum Gesuch der Futtermittelindustrie um Senkung des Preiszuschlages auf eingeführtem Magermilchpulver zu äussern.

Die Tatsache, dass das ausländische Produkt zufolge des Abbaus der EWGErstattungen teurer wird und dass sich auch die Preise anderer massgebender Provenienzen (Australien, Neuseeland, Kanada) auf dem Weltmarkt gefestigt haben, blieb unangefochten. Ebensowenig wurde bestritten, dass die Importware bei voller Auswirkung des Subventionsabbaus für die Verbraucher erheblich teurer zu stehen kommen werde als die Inlandware. Angesichts dieses Sachverhaltes bestanden in bezug auf die Berechtigung einer gewissen Senkung des Preiszuschlages unter den Beteiligten keine grundsätzlichen Meinungsverschiedenheiten. Offen blieb dagegen die Frage des Ausmasses dieser Reduktion, da darauf auch die - damals noch nicht entschiedene - Höherbewertung der Magermilch einen massgeblichen Einfluss hat.

2. Die Beratende Kommission für die Durchführung des Landwirtschaftsgesetzes sprach sich an ihrer Sitzung vom 28. September 1970 auf Grund des ihr unterbreiteten Berichtes grundsätzlich ebenfalls für eine angemessene Senkung des Preiszuschlages auf eingeführtem Magermilchpulver aus.

IV. Beschluss des Bundesrates l. Bei der Beurteilung der Frage, in welchem Ausmass der Preiszuschlag zu senken sei, war neben der Preisentwicklung auf dem Weltmarkt insbesondere auch dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die im Rahmen der Massnahmen auf dem Gebiete der Milchwirtschaft auf 1. November 1970 beschlossene Höherbewertung der Magermilch um 2 Franken je 100 kg zentrifugierte Vollmilch die Gestehungskosten des inländischen Magermilchpulvers um etwa 25 Franken je 100 kg ansteigen lässt. Folglich dürften auch die Verkaufspreise mindestens um diesen Betrag
aufschlagen. Somit war eine entsprechende Verringerung der Preisdifferenz zwischen Import- und Inlandware angemessen mitzuberücksichtigen. Anderseits war es im Zeitpunkt der Beschlussfassung äusserst schwierig, die weitere Preisentwicklung auf dem Weltmarkt näher zu überblicken, zumal auch noch keine schlüssigen Beweise und Unterlagen für den vom Importhandel und der Futtermittelindustrie geltend gemachten Preisanstieg für ausländische Ware vorhanden waren. Die Importe waren im Okto^

1525 ber 1970 im Hinblick auf den erwarteten Abbau des Preiszuschlages relativ klein. Ein behutsames Vorgehen mit Bezug auf das Ausmass der Senkung des Preiszuschlages erschien daher angezeigt, zumal unter allen Umständen vermieden werden musste, durch eine zu starke Reduktion das Importventil soweit zu öffnen, dass die Verwertung der inländischen Produktion gefährdet, die Produktion von Milchersatzfuttermitteln zu stark angeregt wird und dadurch eine Beunruhigung in Produzentenkreisen entsteht. Dabei bleibt die Möglichkeit einer weiteren Änderung des Preiszuschlages keineswegs ausgeschlossen, falls besondere Umstände dies als gerechtfertigt erscheinen lassen sollten.

2. In Abwägung aller Gesichtspunkte gelangten wir zum Schluss, der Preiszuschlag auf eingeführtem Magermilchpulver sei auf den l. November 1970 von 90 Fankeniauf 60 Franken je 100 kg brutto zu senken. Die daraus entstehende Ertragsverminderung wird für das Jahr 1971 auf 1,5 Millionen Franken veranschlagt.

' 3. Gestützt auf diese Darlegungen beantragen wir Ihnen, vom Bundesratsbeschluss betreffend die Änderung des Bundesratsbeschlusses über Preiszuschläge auf eingeführtem Magermilchpulver und Molkenpulver in zustimmendem Sinne Kenntnis zu nehmen und zu beschliessen, dass der damit für Magermilchpulver neu festgesetzte Ansatz weiterhin in Kraft bleiben soll.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, sehr geehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 30. November 1970 Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident : Tschudi

Der Bundeskanzler : Huber 1556

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18.12.1970

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