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10279 Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Weiterführung der internationalen Hilfswerke (Kredit für 1970/72) (Vom 28. Mai 1969)

Herr Präsident, Hochgeehrte Herren, I. Einführung Neutralität und Solidarität sind in unserer Aussenpolitik untrennbar miteinander verbunden. Der Idee der Zusammengehörigkeit mit der übrigen Welt kommt für unser Land immer grössere Bedeutung zu. In einer Zeit des Wohlstandes, wie wir sie heute erleben, sieht sich das Schweizervolk den Leiden gegenübergestellt, die über andere, von Krieg und Katastrophen heimgesuchte Nationen hereinbrechen. Krieg, Hunger und Krankheit können uns nicht unberührt lassen ; sie rütteln an unserem Gewissen, auch wenn sie weit weg von unseren Grenzen auftreten. Schmerzlich und beharrlich wirken sie auf die öffentliche Meinung ein und rufen zu tatkräftiger, der humanitären Tradition der Eidgenossenschaft entsprechender Hilfe auf.

Der Kredit, den Sie uns vor drei Jahren zur Weiterführung der internationalen Hilfswerke eingeräumt haben, ist erschöpft. Mit dieser Botschaft ersuchen wir Sie um seine Erneuerung.

Der neue Kredit soll einerseits weiterhin regelmässige Beiträge an die zwischenstaatlichen humanitären Organisationen, deren Mitglied die Schweiz ist und an deren multilateralen Hilfsaktionen sie teilnimmt, sowie an die schweizerischen Hilfswerke ermöglichen, die sich international betätigen. Anderseits soll er den Bundesrat in die Lage versetzen, nötigenfalls (bei Katastrophen und bewaffneten Konflikten) die dringlichen Massnahmen zu ergreifen, die sich im humanitären Bereich aufdrängen, damit die Schweiz bei gemeinsamen Hilfsaktionen die ihr zukommende Mitverantwortung übernehmen kann. Schliesslich ist, wie in den letzten Jahren, ein Teil dieses Kredits für die Abgabe überschüssiger Milch-

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Produkte bestimmt. Obschon die schweizerische Nahrungsmittelhilfe weitgehend zu Lasten anderer Kredite geht, haben wir es doch als zweckmässig erachtet, in dieser Botschaft darüber einen allgemeinen Überblick zu geben ; sie stellt eine nicht zu unterschätzende Ergänzung der humanitären Hilfe dar.

Im Gegensatz zu den freiwilligen und regelmässigen Beiträgen, wie sie für eine bestimmte Gruppe internationaler und schweizerischer Hilfswerke vorgesehen sind, lassen sich die Ausgaben für dringliche Hilfsaktionen sowie für deren Fortsetzung nicht vorausberechnen ; sie hängen vom Gang der Ereignisse ab. Der gute humanitäre Ruf der Schweiz wie auch unser Wunsch, an gemeinsamen Unternehmen mitzuwirken, die den Aufbau einer humaneren und gerechtern Welt zum Ziel haben, verpflichten uns zu einer wirklichen Anstrengung. Während die technische Hilfe auf langfristig wirkende Änderungen ausgeht, ist es Aufgabe der humanitären Aktionen, rasch und wirksam dort zu helfen, wo die Not am grössten ist. Sie soll direkt dem vom Leid betroffenen Menschen zugute kommen.

Wir sind davon überzeugt, dass das Schweizervolk eine gute Sache nicht im Stiche lässt, die vom Bunde bis heute vertreten wurde, sondern dass es im Gegenteil eine vermehrte Hilfeleistung befürwortet. Daher ersuchen wir Sie, dem Bundesrat für die kommende Dreijahresperiode 1970-1972 einen neuen Rahmenkredit von 50 Millionen Franken zur Verfügung zu stellen. Rein zahlenmässig stellt dieser Betrag eine Erhöhung von 7 Millionen Franken gegenüber dem derzeitigen Kredit dar. Tatsächlich ist der neue Kredit sogar etwas höher, weil die Aufwendungen für die Schweizer Auslandhilfe, für die Ärztemission am Kintambo-Spital in Kinshasa und für schwer unterzubringende Flüchtlinge, zusammen 6,85 Millionen Franken, nicht mehr darin enthalten sind.

II. Gegenwärtiger Kredit (1967/69) Bevor wir im folgenden über unsere Zusammenarbeit mit den wichtigsten zwischenstaatlichen Organisationen und den schweizerischen Hilfswerken, die sich international betätigen, berichten, geben wir eine kurze Übersicht über die Verwendung des Rahmenkredits von 43 Millionen Franken für den Zeitraum 1967-1969.

A. Regelmässige Geldbeiträge

a. Zwischenstaatliche Hilfsorganisationen - Kinderhilfsfonds der Vereinten Nationen (UNICEF) - Hochkommissariat der Vereinten Nationen für die Flüchtlinge (HCR) Übertrag

Franken 10 7TO 000 2 046 000

12816000

1395 Frankcn

Übertrag

12816000

- Hilfswerk der Vereinten Nationen für die Palästinaflüchtlinge (UNRWA) - Welternährungsprogramm (PAM)

l 425 000 5 800 000 davon Fr. 1450000 rück wirkend für 1966

- Zwischenstaatliches Komitee für europäische Auswanderung (CIME) b. Schweizerische Hilfsorganisatio- Schweizerisches Rotes (SRK)

Kreuz 750000 Hilfe an die Tibetflüchtlinge - Hilfsaktion zu Gunsten von Kindern

- Schweizer Auslandhilfe (SAH)

c. Not- und Katastrophenhilfe d. Schweizerische Ärztemission Kon go/Kinshasa

e. Vietnam-Hilfe

600000

3 000 000 für

verschiedene Aktionen in der Dritten Welt

l 500000 ungefährer Aufwand bis 31, 12. 69 im 3 000 000 ungefährer Aufwand bis 31. 3. 69 (Abschluss der Mission) 2000000 Betrag am 31.12.

1968 voll ausgegeben

B. Naturalleistungen

Milchprodukte

Übertrag

8000"000 Zuteilungen an Caritas, Hilfswerk der Evangelischen Kirchen der Schweiz (HEKS), SRK, IKRK, Liga der Rotkreuz-Gesellschaften und andere Hilfswerke

38 891 000

1396 Franken

Übertrag

38 891 000 C. Reserve 4 109 000 ^ für die Hilfe in Vietnam (als Ergänzung zu A, e), den Nahostkonflikt 1967, Nigeria/Biafra und andere Fälle verwendet.

43000000

Zusätzlich zu diesen 43 Millionen Franken ergaben sich aussergewöhnliche Auslagen, wofür Nachtragskredite in Anspruch genommen werden mussten. Nur so konnten wir den Aufrufen vom Herbst 1968 und Frühjahr 1969 des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), das ausserordentlicher Mittel zur Weiterführung seiner Hilfsaktionen zu Gunsten der notleidenden Bevölkerung Nigerias bedurfte, eine positive Folge geben. Am 31. März 1969 erreichten diese zusätzlichen Kredite 10 Millionen Franken und es ist anzunehmen, dass bis Jahresende weitere 4-5 Millionen Franken notwendig sein werden. Statt der 43 Millionen, wie sie im Rahmenkredit für die Dreijahresperiode 1967-1969 vorgesehen waren, werden somit an die 58 Millionen Franken nötig sein, damit die Eidgenossenschaft in diesem Zeitabschnitt ihre humanitäre Aufgabe erfüllen kann.

IH. Neuer Rahmenkredit 1970/72 In einem Bereich, der derart von unbekannten Geschehnissen abhängt, ist es schwierig, auch nur einigermassen zuverlässige Voraussagen über die zu erwartenden Ausgaben zu machen. Als 1966 die Botschaft für den jetzt geltenden Rahmenkredit abgefasst wurde (BB1 1966II1), konnte man nicht voraussehen, dass 1967 im Nahen Osten ein Konflikt ausbrechen werde und dass über Nigeria, das während Jahren als Vorbild für Afrika gegolten hatte, ein blutiger Bürgerkrieg mit tragischen Folgen kommen werde. Der Betrag von 50 Millionen, um den wir Sie für die kommenden drei Jahre ersuchen, lässt sich in drei Gruppen aufteilen: die festen Beiträge an die internationalen Hilfswerke und das Schweizerische Rote Kreuz (25 Mio. Fr.), der Betrag für die Not- und Katastrophenhilfe (17 Mio. Fr.), und, wie schon bisher, die Milcbproduktenhilfe (8 Mio. Fr.).

Wir legen Ihnen diese Botschaft vor in der Hoffnung, dass der verlangte Kredit von 50 Millionen Franken genügen und dass sich unsere Vorausschau als nicht allzu optimistisch erweisen werde.

*> Dieser Betrag schliesst die 3 184 000 Franken ein, die ursprünglich als Reserve vorgesehen waren. Die Differenz stammt aus abgeschlossenen oder nicht gemäss ursprünglicher Zielsetzung durchgeführten Aktionen.

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Kapitel l Regelmässige Beiträge A. Zwischenstaatliche Organisationen Vier autonome Organisationen der Vereinten Nationen befassen sich insbesondere mit humanitären Aufgaben, sei es zu Gunsten Einzelner oder der Gemeinschaft, Es handelt sich um den Kinderhilfsfonds der Vereinten Nationen (UNICEF), das Hochkommissariat der Vereinten Nationen für die Flüchtlinge (HCR), das Hilfswerk der Vereinten Nationen für die Palästinaflüchtlinge (UNRWA) und das Welternährungsprogramm (PAM). Wir führen hier auch noch das Zwischenstaatliche Komitee für europäische Auswanderung (CIME) an, eine von den Vereinten Nationen zwar unabhängige Körperschaft, die jedoch in gewisser Weise die Arbeit des Hochkommissariats für Flüchtlinge ergänzt. Zu seinen Mitgliedern zählt auch die Schweiz. Nachstehend folgt eine kurze Darstellung dieser Organisationen, ebenso der Grunde, die unsere weitere, ja sogar stärkere Beteiligung an ihren Programmen rechtfertigen.

1. Kinderhilfsfonds

der Vereinten Nationen (UNICEF)

Der Kinderhilfsfonds der Vereinten Nationen mit Sitz in New York wurde am 11. Dezember 1946 durch die Generalversammlung der UNO geschaffen mit der Aufgabe, sich der Kinder anzunehmen, die als Opfer des zweiten Weltkriegs zurückgeblieben waren. Seine Tätigkeit beschränkte sich vorerst auf 14 von der deutschen Besetzung befreite Länder. 1950 wurde sein Mandat erweitert: langfristige Kinderhilfe vor allem in Entwicklungsländern. 1953 schliesslich hat die Generalversammlung das Mandat für unbestimmte Zeit verlängert. Aus einem provisorischen wurde so ein ständiges Organ der Vereinten Nationen.

Sein ausschliessliches Ziel ist der Schutz der Kinder vor Hunger, schlechter Ernährung, Krankheit und Unwissenheit in all ihren Formen. Die Hilfe der UNICEF wird im allgemeinen im Rahmen von Gesamtprogrammen gewährt, an denen auch andere Organisationen der Vereinten Nationen und nichtstaatliche Körperschaften beteiligt sind. Die Hilfe wird stets nur nach Zustimmung der betreffenden Länder gewährt.

Wie man sich vorstellen kann, ist die Aufgabe des UNICEF fast unbegrenzt. Infolge der steten Zunahme der Weltbevölkerung wächst sie von Jahr zu Jahr. Immer häufiger wird der UNICEF von Entwicklungsländern für ihre Kinderhilfsprogramme um Unterstützung angegangen. Wenn er diesen vielen Gesuchen entspricht, dann aus der Überzeugung, dass seine Hilfe eine der besten Investitionen darstellt, die eine vorausschauende Regierung ins Auge fassen kann; die Zukunft gehört der neuen Generation.

1960 belief sich das Jahresbudget des UNICEF auf 23 Millionen US-Dollar; 1965 erreichte es bereits 34 Millionen und 1969 38 Millionen Dollar.

1398 Seit ihrem Beitritt im Jahre 1947 war die Schweiz ununterbrochen im Verwaltungsrat des UNICEF vertreten. Sie stand 1967 an siebenter Stelle unter den Geberländern, je Kopf der Bevölkerung gerechnet sogar an dritter Stelle hinter Schweden und Norwegen. Dieser bemerkenswerte Beitrag der Eidgenossenschaft an die Ausgaben des Fonds wird in zahlreichen Ländern sehr geschätzt. Wir möchten hier auch die positive Einstellung des Schweizervolkes zum UNICEF hervorheben. Sie äussert sich hauptsächlich beim Verkauf von Glückwunschkarten und in der Unterstützung der Tätigkeit des nationalen Komitees in Zürich, das von einem Parlamentarier geleitet wird.

Das besondere Interesse, das unser Land der Kinderhilfe immer entgegengebracht hat, veranlasst uns, für die nächsten Jahre eine angemessene Erhöhung unseres Beitrags an den UNICEF vorzusehen und damit den wachsenden Aufgaben dieser Organisation Rechnung zu tragen.

2. Hochkommissariat der Vereinten Nationen für die Flüchtlinge (HCR) Das Hochkommissariat für die Flüchtlinge wurde am I.Januar 1951 durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen ins Leben gerufen. Es trat die Nachfolge der Internationalen Flüchtlings-Organisation an, die ihrerseits als provisorischer Ersatz für das seinerzeit vom Völkerbund geschaffene Nansenamt für Flüchtlinge gedacht war. Vorerst auf drei Jahre beschränkt, wurde sein Mandat viermal je um fünf Jahre verlängert, zuletzt Ende 1968.

Die Aufgabe des HCR ist ihrem Wesen nach humanitärer Natur und schliesst jede Politik aus. Das Hochkommissariat betreut einerseits auf internationaler Ebene die seinem Mandat unterstellten Flüchtlinge; anderseits sucht es nach dauerhaften Lösungen, indem es Regierungen und privaten Vereinigungen hilft, die freiwillige Rückkehr von Flüchtlingen oder ihre Eingliederung in neue nationale Gemeinschaften zu erleichtern. Die beiden hauptsächlichen juristischen Instrumente, die unter den Auspizien des HCR entstanden, sind die Konvention über das Flüchtlingsstatut vom 28. Juli 1951 und das Zusatzprotokoll vom 31. Januar 1967. Sie erlaubten, neue Flüchtlingskategorien unter die Obhut des Hochkommissariats zu stellen, und haben den universellen Charakter seiner Aufgabe festgelegt.

In den letzten Jahren musste das HCR seine Tätigkeit beträchtlich ausdehnen; es war dies eine Folge der zunehmenden Not in
der Dritten Welt.

Insbesondere in Afrika sind in zahlreichen Staaten, die ihre Unabhängigkeit erlangten, neue grosse Probleme entstanden; bei Unruhen wechseln ganze Bevölkerungen von einem Tag zum ändern ihre Wohngebiete. Die Regierungen, denen plötzlich Hunderttausende von Flüchtlingen zur Last fallen, nehmen für sie Schutz und Hilfe des Hochkommissariates in Anspruch. Zu Ende des letzten Jahres zählte man in Afrika 850000 Flüchtlinge. Es verwundert deshalb nicht, dass das Budget des HCR für 1969 in diesem Kontinent neun Programme vorsieht (Zentralafrikanische Republik, Kongo/Kinshasa, Marokko, Uganda, VAR, Senegal, Sudan, Tansania und Sambia), deren Gesamtkosten

1399 3 212 000 Dollar erreichen. Es sind dies fast 60 % des für das laufende Jahr bewilligten Budgets von 5,6 Millionen Dollar.

Über seiner vermehrten Arbeit in Afrika darf das HCR indessen die Flüchtlinge der übrigen Kontinente nicht vergessen. Es sind dies namentlich die tibetischen Flüchtlinge in Indien und Nepal, dann aber auch all die Flüchtlinge, die sich immer noch in ihren ursprünglichen Aufnahmeländern in Europa und im Mittlern und Fernen Osten (Makao, Hongkong) aufhalten. Das HCR bleibt fest entschlossen zu verhindern, dass sich das Drama der endlosen Lageraufenthalte wiederholt.

Die Schweiz war mit dem Hochkommissariat, dessen Leitung zweimal hintereinander einem Schweizer übertragen worden ist und das stetig mit dem Roten Kreuz zusammenarbeitet, von jeher eng verbunden. Im Vergleich mit den Zuwendungen der nordischen Länder, die heute bis zu dreimal höher sind als diejenigen der Schweiz, ist unser Beitrag eher bescheiden. Es kann deshalb keine Rede davon sein, ihn in einem Augenblick, wo das HCR sich ständig wachsenden Aufgaben gegenübersieht, herabzusetzen. Wir sehen im Gegenteil vor, unsere Unterstützung dieser Organisation im Rahmen des Möglichen zu verstärken.

3. Hilfswerk der Vereinten Nationen für die Palästinaflüchtlinge

(UNRWA)

Das Hilfswerk der Vereinten Nationen für die Palästinaflüchtlinge, mit Sitz in Beirut, wurde 1949 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen als temporäres Organ geschaffen, um den 700 000 arabischen Palästinaflüchtlingen Hilfe zu leisten. Seine Aufgabe besteht in der Unterstützung bedürftiger Flüchtlinge; es verteilt Lebensmittel und hilft in Fragen der Unterkunft, des Gesundheitswesens, der sozialen Fürsorge, des Unterrichts und der beruflichen Ausbildung.

Beim Ausbruch der Feindseligkeiten im Nahen Osten im Juni 1967 belief sich die Zahl der von der UNRWA betreuten Flüchtlinge auf ungefähr 1,3 Millionen. Inzwischen hat sie noch zugenommen, und dem Hilfswerk sind zusätzliche Verpflichtungen erwachsen, die sein Budget schwer belasten. Um das bestehende Programm weiterzuführen, benötigt die UNRWA dieses Jahr 42,5 Millionen Dollar; voraussichtlich wird ein Defizit von 4,9 Millionen Dollar entstehen. Höhere Einnahmen sind deshalb unbedingt notwendig; das Hilfswerk sieht sich sonst gezwungen, seine Leistungen einzuschränken. Die Folge wären weitere Entbehrungen und Leiden für einen Grossteil der Flüchtlinge.

Laut Aufstellung der UNRWA stand die Schweiz 1968 unter den Geberländern im zwölften Rang. Zu den schweizerischen Leistungen ist auch die Hilfe im Rahmen der technischen Zusammenarbeit zu zählen. Ferner verdienen hier die 4300 Tonnen Mehl im Wert von rund 2,5 Millionen Franken Erwähnung, die der UNRWA bzw. den Palästinaflüchtlingen dieses Jahr in) Rahmen der Getreidehilfe zugeteilt werden konnten (und auf die wir später zurückkommen).

1400 Das Problem der Palästinaflüchtlinge ist auch heute noch in den Vereinten Nationen und in allen Staaten, die um den Frieden im Nahen Osten bemüht sind, Gegenstand ernster Sorge, Unter diesen Umständen muss auch die Eidgenossenschaft weiterhin mithelfen, das humanitäre Werk der UNRWA zu erhalten.

4. Welternährungsprogramm

(PAM)

Der Plan eines Welternährungsprogramms ist Ende 1961 zusammen von den Vereinten Nationen und der Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) ausgegangen. Die erheblichen Nahrungsmittelüberschüsse in den reichen Ländern und der unermessliche Lebensmittelmangel in der Mehrzahl der Entwicklungsländer haben ihn entstehen lassen. 1963 war vorerst ein Versuchsprogramm von drei Jahren vorgesehen. Auf Grund der gemachten Erfahrungen beschlossen die Vereinten Nationen und die FAO, das Programm zu verlängern, «solange eine multilaterale Nahrungsmittelhilfe für möglich und wünschbar gehalten wird». Die dem PAM zur Verfügung stehenden Mittel, die in der Versuchsperiode 1963-1965 etwas mehr als 30 Millionen Dollar jährlich betrugen, sind in den drei folgenden Jahren auf nicht ganz 60 Millionen Dollar im Jahr gestiegen. Im Januar 1968 fand in New York eine dritte Beitragskonferenz statt, um das Programm für 1969 und 1970 festzulegen. Am Schluss dieser Zusammenkunft konnte das Programm neuerdings auf Mittel im Umfang von 60 Millionen Dollar für jedes der beiden Jahre zählen.

Bei diesen Mitteln handelt es sich um freiwillige Zuwendungen, welche die beteiligten Länder dem PAM in Form von Nahrungsmitteln, Barbeiträgen oder Dienstleistungen (wie etwa Seetransporten) zur Verfügung stellen. Indem es den Entwicklungsländern Nahrungsmittel liefert, die als Zuschüsse für Arbeiter und ihre Familien verwendet werden, versucht das Welternährungsprogramm, die wirtschaftliche und soziale Entwicklung dieser Länder zu fördern. Das PAM hilft auch in Krisensituationen (Überschwemmungen oder Dürre, Erdbeben, Vulkanausbrüche, Zwangsumsiedlung ganzer Bevölkerungen), um akuten Nahrungsmittelmangel zu lindern.

Die Arbeit des PAM schien uns so vernünftig und nützlich, dass wir nicht zögern, ihm einen wesentlichen Teil der Leistungen zukommen zu lassen, die die Eidgenossenschaft laut Übereinkommen betreffend die Nahrungsmittelhilfe des internationalen Getreideabkommens vom 15. Mai 1967 (BEI 1968 I 65) zu erbringen hat. Zu diesem Zweck wurde mit seinen Vertretern am 25. März 1969 in Bern ein Rahmenvertrag abgeschlossen: Für das Getreidejahr 1968/69 beläuft sich der schweizerische Beitrag auf 16 000 Tonnen Getreide oder den Gegenwert in bar, d. h. ungefähr 5,4 Millionen Franken. Um diesen Betrag erhöhen sich somit die ordentlichen
schweizerischen Leistungen an das Welternährungsprogramm. Wir verweisen in diesem Zusammenhang auf das dritte, der Nahrungsmittelhilfe gewidmete Kapitel dieser Botschaft.

Für die drei nächsten Jahre schlagen wir Ihnen eine Heraufsetzung sowohl unseres Barbeitrags als auch der Zuteilung an Milchprodukten vor. Dies recht-

1401 fertigt sich, weil das Budget des PAM ebenfalls stark erhöht worden ist und weil die Mehrzahl der beteiligten Länder bereits eine kräftige Heraufsetzung ihrer Beiträge angekündigt hat.

5. Zwischenstaatliches Komitee für europäische Auswanderung (CIME) Das Zwischenstaatliche Komitee für europäische Auswanderung mit Sitz in Genf ist eine unabhängige Körperschaft, die 1952 geschaffen wurde, um für die Überfahrt einerseits von europäischen Flüchtlingen nach ihren endgültigen Aufnahmeländern in Übersee, anderseits von stellensuchenden europäischen Arbeitern (nationalen Auswanderern) ebenfalls nach überseeischen Ländern zu sorgen. Im ersten Fall - und er ist es, der die Eidgenossenschaft interessiert war das CIME bis jetzt ein wertvoller, um nicht zu sagen unentbehrlicher Helfer des Hochkommissariats für die Flüchtlinge. Deshalb beteiligen wir uns auch an der Finanzierung seiner Programme. Im Verlauf der letzten zwei Jahre hat das CIME mehr Flüchtlinge (1967: 35000, 1968: 46000) als «nationale Auswanderer» (1967: 17 600, 1968: 25 100) transportiert. Als Folge der Ereignisse in der Tschechoslowakei im August 1968 stieg die Zahl der vom CIME betreuten Flüchtlinge stark an. Ende des letzten Jahres hatte das Komitee bereits die Überfahrt von 4500 Tschechoslowaken, hautpsächlich nach Australien, den USA, Schweden, Südafrika und Kanada, gesichert. Fast 12000 Flüchtlinge, die in Österreich ein erstes Asyl gefunden hatten, konnten 1968 mit Hilfe des CIME Weiterreisen. Das Komitee entfaltet auch eine rege Tätigkeit zu Gunsten der kubanischen Flüchtlinge in Spanien (Ende 1968: 12 000), die auf eine Auswanderungsmöglichkeit, vornehmlich nach den USA, warten.

Das Budget des CIME für 1969 beläuft sich auf 23,42 Millionen Dollar, wovon 2,41 Millionen für die Verwaltungskosten, 21,01 Millionen aber zur Hauptsache für die Transporte selbst bestimmt sind. Die Programme für 1969 sehen die Auswanderung von 80 000 Personen, darunter 48 000 Flüchtlinge, vor. Nur unser Beitrag an die operationellen Kosten der Organisation geht zu Lasten des Kredits für Hilfswerke, und diese Zuwendung ist ausschliesslich für die Flüchthngsprogramme reserviert. Wir sind der Meinung, die Schweiz sollte dem CIME weiterhin ihre Unterstützung leihen, solange es bei der Wiedereingliederung der Flüchtlinge hilft und solange das Hochkommissariat
auf seine Mitwirkung zählt.

Die Schweiz leistet übrigens auf Grund des Bundesbeschlusses über ihre weitere Beteiligung am CIME (Botschaft vom 15. Januar 1954, BEI 1954 I 64) nach dem jeweils gültigen Schlüssel laufend ihren Beitrag an die Verwaltungsausgaben dieser Organisation.

Aus unseren Ausführungen geht hervor, dass das Interesse, das die Schweiz den genannten fünf Organisationen entgegenbringt, keinesfalls erlahmt ist, sondern im Gegenteil nach einer noch tatkräftigeren Unterstützung

1402 in den kommenden drei Jahren ruft. Von 1967 bis 1969 hat die Eidgenossenschaft Beiträge in bar von insgesamt 20 641 000 Franken geleistet. Wir schlagen vor, diese Summe für den Zeitraum 1970-1972 auf 23 500 000 Franken heraufzusetzen. Wenn die Erhöhung sich auch in massigem Rahmen hält, sollte sie der Schweiz doch erlauben, ihre Stellung unter denjenigen Ländern zu behaupten, die diese multilateralen humanitären Hilfswerke in erster Linie unterstützen. Wir sind überzeugt, dass die Arbeit dieser Hilfswerke auch in Zukunft unsere volle Aufmerksamkeit verdient.

B. Schweizerische Hilfswerke 1. Allgemeines Zahl und Wirkungskraft der nichtstaatlichen Wohltätigkeitsorganisationen beweisen, dass die Privatinitiative sich durch die Tatsache, dass die humanitäre Hilfe seit dem letzten Weltkrieg mehr und mehr Sache des Staates geworden ist, glücklicherweise nicht hat entmutigen lassen, sondern immer wieder neue Möglichkeiten und Aufgaben sucht und auch findet. Im vergangenen Jahr wurde eine Untersuchung durchgeführt, um die schweizerischen Leistungen zu Gunsten der Opfer von Konflikten der letzten Zeit schätzungsweise zu erfassen. Dabei hat sich gezeigt, dass private Sammlungen zweimal in kurzer Zeit die Höhe der Bundesbeiträge erreicht hatten. Beim Vorliegen besonderer Umstände ist der Bund bereit, die sich aufdrängenden Zuschüsse, insbesondere in der Form von Naturalspenden, zu gewähren. Es sei hier erwähnt, dass gerade bei der Gratiszuteilung von überschüssigen Milchprodukten die privaten schweizerischen Organisationen in erster Linie begünstigt wurden (s. auch Kap. 3).

Eine Ausnahme wurde in den vergangenen Jahren im Sektor der regelmässigen Finanzhilfe gegenüber der Schweizer Auslandhilfe gemacht. Als Dachorganisation der privaten schweizerischen Wohltätigkeit geniesst sie eine Sonderstellung. Wie Sie sehen werden, tritt hier aber eine Änderung ein.

Eine weitere Ausnahme betrifft das Rote Kreuz; sein Sonderstatut weist ihm ebenfalls einen Platz zwischen dem staatlichen und dem privaten Bereich zu.

2. Schweizer Auslandhilfe (SAH), in Zukunft «Swissaid» Im Gegensatz zu unserer Botschaft vom 12, Juli 1966 über die Weiterführung der internationalen Hilfswerke 1967/1969 (BB1 7956 II 1) verlangen wir diesmal keinen Beitrag für die Schweizer Auslandhilfe (SAH). Ihre Aktionen können in Zukunft aus dem
Kredit für technische Zusammenarbeit unterstützt werden. Wir sind der Meinung, dass die gegenwärtige Tätigkeit der SAH, die sich weitgehend auf die Beteiligung an Entwicklungsprojekten ausgerichtet hat, grösstenteils nicht mehr in den Kredit für Hilfswerke passt, der vor allem für Hilfe in Notfällen bestimmt ist. Diese neue Betrachtungsweise bedeutet aber nicht, dass der Kredit für Hilfswerke der SAH, deren hervorragende Arbeit wir hier ganz besonders hervorheben möchten, nun endgültig gesperrt bleibt.

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Sollte die SAH sich vor die Aufgabe gestellt sehen, eine dringende Hilfsaktion zu unternehmen, liesse sich die Frage ohne weiteres überprüfen.

3. Internationales Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) Wir haben die Beziehungen zwischen der Eidgenossenschaft und dieser Institution in unserer Botschaft vom 28. November 1967 über die finanzielle Hilfe der Eidgenossenschaft an das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (BB1 1968 I 41) eingehend untersucht. Mit Bundesbeschluss vom 13. März 1968 haben Sie einerseits dem IKRK von 1968 an einen jährlichen Beitrag von 2,5 Millionen Franken zugestanden, anderseits den Vorschuss von 7,5 Millionen Franken, der dem IKRK auf Grund der Bundesbeschlüsse vom 19. Dezember 1945 und 5. April 1946 gewährt worden war, in eine Subvention umgewandelt. Sie haben uns ferner ermächtigt, dem Internationalen Komitee einen neuen Vorschuss in der Hohe von höchstens 10 Millionen Franken zur Verfügung zu halten.

Als Sie vor einem Jahr diese Entscheide trafen, die dem IKRK die unerlässliche Aktionsfreiheit zu sichern schienen, ahnten wir nicht, welche Lasten ihm einige Monate später in Westafrika aufgebürdet werden sollten. Sie werden in dem Nigeria/Biafra gewidmeten Teil sehen, dass wir, um dem IKRK die Fortsetzung seiner dringenden Hilfsaktionen zu ermöglichen, auf Kredite zurückgreifen mussten, die ursprünglich nicht dafür bestimmt waren. Dasselbe könnte in den kommenden Jahren geschehen.

4. Schweizerisches Rotes Kreuz (SRK) In allen an die Genfer Konventionen gebundenen Staaten ist das nationale Rote Kreuz oder die ihm entsprechende Gesellschaft (Roter Halbmond, Roter Löwe mit der Roten Sonne) zwar unabhängig, geniesst aber als Helfer der öffentlichen Gewalt die Unterstützung der Regierung. Diesem Vorrecht stehen übrigens auch Pflichten gegenüber.

In der Schweiz ist dem Roten Kreuz mit dem Spitaldienst und der Ausbildung von Sanitätspersonal eine besonders schwere Aufgabe Überbunden. Nach aussen ist das SRK der wichtigste Aktionsträger der internationalen humanitären Hilfe der Eidgenossenschaft. Im Fall von Naturkatastrophen bringt es den Bundesbehörden die Aufrufe der Liga der Rotkreuz-Gesellschaften zur Kenntnis; es ist jederzeit bereit, den Aufrufen der Liga oder-im Fall von bewaffneten Konflikten - des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) Folge zu leisten. Innerhalb
der Grenzen seines Aufgabenbereiches kann es auch direkt Aufträge des Bundesrates ausführen. So wurde 1960 auf Veranlassung des Bundesrates, der damit einem Ersuchen des Generalsekretärs der Vereinten Nationen entsprach, eine Arztequipe des Roten Kreuzes nach Kongo/ Kinshasa entsandt. Nach achteinhalb Jahren ununterbrochener, mühevoller Arbeit hat diese Einheit am 31. März dieses Jahres das Spital von Kintambo in

1404 Kinshasa verlassen; das Spital wurde der kongolesischen Regierung übergeben. Diese Aktion des SRK, für die die Eidgenossenschaft nahezu 10 Millionen Franken aufwandte, darf als ein sehr positives Experiment bewertet werden. Insgesamt haben 276 schweizerische Ärzte, Apotheker, Laboranten, Krankenpfleger und -pflegerinnen im Spital von Kintambo gearbeitet.

Zur Zeit arbeiten verschiedene Arztequipen des SRK im Ausland, namentlich in Südvietnam und Nigeria/Biafra.

In Südvietnam hat die Equipe, die seit dem Frühjahr 1966 im Spital von Kontum arbeitete, diesen Stützpunkt wegen der heftigen Kämpfe der TetOffensive im Februar 1968 verlassen und sich nach Saigon zurückgezogen. Seit Anfang Juli letzten Jahres arbeitet eine neue Arztequipe im Distriktspital von Ha Tien, nahe der Grenze von Kambodscha. Eine andere ist im Kinderpavillon des Spitals von Da Nang eingesetzt. Wie schon früher unterstützt das SRK die Bemühungen der Liga der Rotkreuz-Gesellschaften zu Gunsten der vom Krieg betroffenen Bevölkerung Südvietnams, indem es u. a. einen schweizerischen Mitarbeiter zur Verfügung stellte, der als regionaler Delegierter Samariterlehrer für das vietnamesische Rote Kreuz ausbildet.

Sodann beteiligt sich das SRK grosszügig an der ärztlichen Fürsorge für die Opfer des Nigeriakonflikts unter der Bevölkerung. Es unterhält eine chirurgische Equipe in Aboh in der abgefallenen Provinz. Diese Equipe betreibt ein Buschspital, dessen chirurgische Ausrüstung fast vollständig vom SRK geliefert wurde; sie behandelt heute durchschnittlich 300 Verletzte. Eine andere Equipe arbeitet in dem von der Bundesregierung beherrschten Gebiet in Ihe südlich von Enugu. Sie befasste sich anfangs hauptsächlich mit der Verteilung von Lebensrnitteln; seitdem sich die Versorgungslage gebessert hat, können sich unsere Landsleute vermehrt der ärztlichen Betreuung widmen. Weiter ist eine neurochirurgische Equipe im Schulspital von Lagos tätig, wo sie die berufliche Ausbildung von spezialisiertem Spitalpersonal an die Hand genommen hat.

Schliesslich hat das SRK veranlasst, dass am 18. Februar 1969 20 Patienten, deren Zustand komplizierte Operationen erheischte, in der Schweiz aufgenommen wurden.

Ferner ermöglicht das Rote Kreuz Kindern mit angegriffener Gesundheit aus der Tschechoslowakei und ändern Ländern einen Aufenthalt und Klimawechsel
in der Schweiz. Arzt- und Sozialhelferinnen des SRK werden ins Ausland gerufen, um beispielsweise kinderreiche Familien auf Tuberkulose zu untersuchen. In Indien kümmern sie sich um die Gesundheit junger Tibeter. Das Rote Kreuz ist gleichzeitig in Europa, in Asien und in Afrika am Werk. Überall verkörpert es jene Tradition der barmherzigen Krankenpflege, die für manche Völker ferner Länder geradezu das Symbol unseres Staates ist.

Bis heute hat der Bund dem SRK im Bereich, der uns hier interessiert, lediglich eine feste Subvention von 250 000 Franken im Jahr gewährt. Ein Teil dieses Zuschusses (100 000 Fr.) war für die Hilfe an Tibetflüchtlinge in Indien und Nepal bestimmt; 150 000 Franken gingen an die Sektion für Sozial- und

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Kinderhilfe. Zusammen mit den Patenschaften, um die es sich selbst bemüht, erlaubte dieser Zuschuss dem SRK, sein barmherziges Werk an kranken ausländischen Kindern weiterzuführen, In Anbetracht der gestiegenen Lebenshaltungskosten und der wachsenden Aufgaben, aber auch der Dienste, die die Eidgenossenschaft von dieser Institution - die ständig und immer häufiger für Notaktionen im Ausland bereit sein muss - erwartet, sind wir der Ansicht, dass dem SRK eine regelmässige Finanzhilfe gewährt werden sollte. Wir sehen zu diesem Zweck einen Betrag von 500 000 Franken für jedes der kommenden drei Jahre vor.

Die Eidgenossenschaft wird somit dem Schweizerischen Roten Kreuz für seine Auslandhilfe in der nächsten Dreijahresperiode einen Beitrag von insgesamt l 500 000 Franken gewähren. Dazu werden noch besondere Zuwendungen kommen, damit das SRK im Fall von Naturkatastrophen im Ausland Hilfe bringen kann. Wir werden im folgenden Kapitel über die Nothilfe darauf zurückkommen.

Kapitel 2 Not- und Katastrophenhilfe A. Allgemeines Über die freiwilligen Leistungen, die wir in diesem zweiten Kapitel behandeln, sind keine genauen Voraussagen möglich. Um ihren vermutlichen Umfang ermessenzu können, muss man sich die traurige Bilanz der militärischen Verwicklungen und der Naturkatastrophen vor Augen halten, die in den letzten drei Jahren ganze Völker ins Elend gestürzt haben. Jedenfalls werden unsere Ausgaben, obschon sie jeweils auf das Dringlichste beschränkt waren, bis Ende 1969 die uns zur Verfügung stehenden Kredite weit überschreiten. Die bevorzugte Stellung unseres von Kriegen verschonten Landes, das bisher auch keine grossen nationalen Katastrophen etwa im Ausmass von Agadir oder Skopje erlebte, macht es der Schweiz zur Pflicht, um so tatkräftiger am Unglück anderer von Not betroffener Länder Anteil zu nehmen. Wir haben deshalb nicht gezögert, Zusatzkredite in Anspruch zu nehmen, wenn die Umstände es erforderten.

Die folgenden Seiten geben einen Überblick über die verschiedenen Notaktionen, an denen sich die Eidgenossenschaft von 1967 bis 1969 beteiligt hat.

Die schon 1965 begonnene Hilfsaktion in Vietnam wurde fortgesetzt. Weitere Aktionen wurden infolge der bewaffneten Konflikte nötig, die 1967 im Nahen Osten und in Westafrika ausbrachen. Gemessen an der Grosse dieser Ereignisse und am aussergewöhnlichen
Umfang der Mittel, die erforderlich waren, um den Opfern der Feindseligkeiten - im Falle Nigerias auch der nachfolgenden Hungersnot - Hilfe zu bringen, erscheinen unsere Leistungen für die Fälle von Naturkatastrophen eher unbedeutend.

Bundesblatt, 121. Jahrg. Bd. I.

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1406 B. Vietnam

Im Kredit von 43 Millionen für die zu Ende gehende Periode verfügten wir über 2 Millionen Franken, um der vom Krieg betroffenen Bevölkerung Nord- und Südvietnams Hilfe zu leisten. Wie angesichts der Härte des Kampfes zu erwarten war, genügte dieser Betrag nicht. Schon Ende ^ 968 war er ausgegeben, und für eine weitere Hilfe in Höhe von ungefähr l 500 000 Franken mussten wir unsere Reseve in Anspruch nehmen. Wir waren auf ein gewisses Gleichgewicht der Hilfeleistungen der Eidgenossenschaft an den Norden und an den Süden des Landes bedacht. Das Schwergewicht der privaten Hilfe dagegen liegt deutlich im Süden, weil die Behörden von Hanoi gewissen Hilfsorganisationen das Betreten ihres Territoriums nach wie vor nicht erlauben.

In Südvietnam haben wir die Arbeit der Arztequipen des Schweizerischen Roten Kreuzes weiter unterstützt und diesem einen Zuschuss für den Bau eines Kinderpavillons im Spital von Da Nang gewährt. Darüber hinaus überwiesen wir einen Beitrag für das Programm der Liga der Rotkreuz-Gesellschaften zu Gunsten der Bevölkerung und beteiligten uns an der Aktion der «Terre des Hommes» durch die Übernahme der Kosten von Spitalaufenthalten vietnamesischer Kinder, die Opfer der Feindseligkeiten geworden waren, in der Schweiz.

Durch Vermittlung des SRK haben wir Anfang 1967 dem Roten Kreuz von Nordvietnam einen Beitrag zukommen lassen. Dann erhielt das Rote Kreuz in Hanoi Ende 1967, ebenfalls durch Vermittlung des SRK, einen zweiten Zuschuss in Form von ärztlichem und Sanitätsmatcrial, Schliesslich nahmen wir im vergangenen Jahr das IKRK und das SRK in Anspruch, um ein Feldspital mit Operationssaal und mobiler Durchleuchtungsanlage sowie Medikamente und Bestecke für kleine Chirurgie - Spenden der Eidgenossenschaft an die Behörden und das Rote Kreuz von Nordvietnam - zu beschaffen und an ihren Bestimmungsort bringen zu lassen.

Bei der heutigen Lage benötigen wir zur Weiterführung unserer Hilfe an die Bevölkerung Vietnams während der nächsten drei Jahre mindestens 4 Millionen Franken. Wir werden die Arbeit der Arztequipen des SRK weiter unterstützen, doch müssen wir auch in der Lage sein, neuen Gesuchen zu Gunsten dieses vom Krieg verwüsteten Landes zu entsprechen. Selbst im günstigsten Fall, nämlich bei Einstellung der Feindseligkeiten, kommt ein sofortiger Abbruch der Hilfe nicht in Betracht. Das SRK rechnet jedenfalls damit, seine Tätigkeit noch während einer gewissen Zeit fortsetzen zu müssen.

C. Naher Osten

Sofort nach Ausbruch der Feindseligkeiten im Juni 1967 haben wir dem IKRK als erste Hilfe eine Soiidci spende von 250 000 Franken überwiesen. Da die israelischen Behörden das IKRK im Sinaigebiet tatkräftig unterstützten, fand der Betrag nicht dort Verwendung, wie ursprünglich vorgesehen, sondern kam arabischen Flüchtlingen aus Syrien, die nicht dem Mandat der UNRWA

1407

unterstehen, zugute. Ein zweiter ausserordentlicher Beitrag von 750 000 Franken ermöglichte weitere Notaktionen zu Gunsten der Kriegsopfer durch Vermittlung des IKRK, der UNRWA, des Schweizerischen Roten Kreuzes und der Liga der Rotkreuz-Gesellschaften. Zu diesen Spenden kam noch die Übernahme der Unterhaltsspesen für einen schweizerischen Sanitätsoffizier, der der Organisation der Vereinten Nationen zur Überwachung des Waffenstillstands in Palästina (UNTSO) drei Monate zur Verfügung stand. Die erforderlichen Mittel wurden der allgemeinen Reserve entnommen; denn der laufende Kredit für Hilfswerke sieht ausser unsern regelmässigen Leistungen an die UNRWA keine Aufwendungen für Hilfsaktionen im Nahen Osten vor.

Berücksichtigt man eine Spende von 38 Tonnen Milchpulver im Wert von 210 000 Franken an nicht dem Mandat der UNRWA unterstehende Flüchtlinge aus Syrien, so belief sich die Nothilfe der Eidgenossenschaft, die 1967 im Anschluss an den Sechstagekrieg und zu Lasten des Kredits für Hilfswerke geleistet wurde, auf insgesamt l 225 000 Franken. Entsprechend der von unserem Land in der internationalen Hilfstätigkeit traditionell befolgten Politik kam die Hilfe denjenigen Gegenden zugute, in denen die Not am grössten war. Da die israelische Regierung mitteilen liess, sie werde in den unter ihrer Kontrolle stehenden Gebieten selbst für das Nötige sorgen, waren in erster Linie die arabischen Länder Nutzniesser unserer Aktionen.

Die Lage im Nahen Osten bleibt weiterhin sehr unsicher. Wenn wir trotzdem innerhalb der beantragten Reserve nicht ausdrücklich einen Betrag für Sonderaktionen in diesem Gebiet vorgesehen haben, so deshalb, weil unsere standige Hilfe an die arabischen Flüchtlinge durch Vermittlung der UNRWA gewährleistet ist. Immerhin kann uns dies nicht von der Verpflichtung entbinden, un sere Hilfsaktionen in diesem Teil der Welt gegebenenfalls zu verstärken.

D. Nigeria/Biafra Der jetzige Kredit von 43 Millionen sah auch für Nigeria keinen Beitrag vor. Als infolge des Abfalls der Ostprovinz die Feindseligkeiten ausbrachcn, mussten wir deshalb im Juli und November 1967 unsere Reserve in Anspruch nehmen, um dem SRK und dem IKRK, die benötigten Mittel zur Entsendung von Arztequipen in die beiden Kampfzonen zur Verfugung stellen zu können.

Dann verschlechterte sich die Lage besonders in Biafra
beträchtlich, als dieses Gebiet plötzlich isoliert und der Blockade der Regierung in Lagos ausgesetzt war. Um dieser beunruhigenden Situation zu begegnen, zog das IKRK, das die Hilfe an beide Parteien koordiniert, die unter dem Namen «Operation Überleben» bekannte grossangelegte Aktion auf, an der sich seit mehreren Monaten Hilfsequipen zahlreicher Länder und Organisationen beteiligen. Der Bundesrat hat diese Aktion im Rahmen des Möglichen untei stützt. Die bis 31. März 1969 zu diesem Zweck eröffneten Kredite beliefen sich auf rund 16 Millionen Franken (s. Beilage 4), während die private Hilfe 15 Millionen überschritt.

1408 Von der gesamten Bundeshilfe an Nigeria konnten dem derzeitigen Kredit für Hilfswerke nur 507 384 Franken entnommen werden. Alle übrigen Aufwendungen, insbesondere dringende Nachtragskredite in der Höhe von 10 Millionen Franken, mussten wir ändern Budgetrubriken belasten.

Die Lage ist weiterhin besorgniserregend, und die Aufgabe des IKRK bleibt riesengross. Ende Februar dieses Jahres gelang es dem IKRK-Generalkommissär für Westafrika, die Verpflegung von täglich etwa einer Million Menschen auf beiden Seiten der Front zu sichern. Eine neue Operatiorjsphase hat am l, März 1969 begonnen ; ihr Budget erreicht für sechs Monate, d. h. bis Ende August, 330 Millionen Franken. Etwas weniger als ein Drittel ist zur Deckung der Transport- und Verteilungskosten bestimmt. Das IKRK sah sich gezwungen, einen Aufruf zu erlassen, um die ihm fehlenden 84 Millionen Franken zu beschaffen. Die Eidgenossenschaft hat diesem neuen Aufruf Folge geleistet, indem sie einen Kredit von 6 Millionen Franken eröffnete. Solange die Lage es rechtfertigt, werden monatliche Tranchen von einer Million Franken ausbezahlt. Augenblicklich ist die Lage immer noch so, dass eher anzunehmen ist, dieser Betrag werde nicht ausreichen, so dass bis Ende 1969 zusätzliche Leistungen nötig werden können. Wenn es auch in diesem Stadium unmöglich ist, für die drei kommenden Jahre Vorhersagen zu machen, sind wir jedenfalls der Überzeugung, dass wir, wie in Vietnam so auch hier, die Solidaritätsaktionen auf internationaler Ebene weiterhin unterstützen müssen. Wir haben dafür im neuen Rahmenkredit 6 Millionen Franken vorgesehen.

E. Naturkatastrophen und andere unvorhergesehene Aktionen Unsere begrenzten Mittel erlaubten uns leider nicht, allen Gesuchen zu entsprechen. Oft waren wir gezwungen, auf eine Solidaritätsgeste überhaupt zu verzichten oder sie in bedeutend bescheidenerem Rahmen zu halten, als wir gewünscht hätten. Nach der seit langem geübten Praxis haben wir im allgemeinen das Schweizerische Rote Kreuz mit der Weiterleitung der Spenden der Eidgenossenschaft an die Katastrophenopfer beauftragt. In bestimmten Fällen betrauten wir damit auch unsere diplomatischen Vertretungen. Unter den Katastrophen, die zu internationalen Solidaritätsaktionen mit Beteiligung der Schweiz führten, seien erwähnt : die Erdbeben in der Türkei und in Jugoslawien
1967, in Italien (Sizilien) und im Iran 1968, die Überschwemmungen in Algerien (1967) und in Ghana (1968) sowie der Wirbelsturm, der letztes Jahr auf Madagaskar niederging.. In diesen Fällen gewährte die Eidgenossenschaft Spenden, die je nach dem Ernst der Lage von 10 000 bis 50 000, ja sogar bis 100 000 Franken gingen.

Darüber hinaus hat der Bundesrat 1968 gewisse Beiträge zur Behebung des Medikameutenmangcls in Dahomc und in Kambodscha wie auch in der Tschechoslowakei während der August-Ereignisse bewilligt. Ferner beteiligten wir uns im Jahre 1968 an einer Kampagne gegen die Drakunkulose (Guinea-Wurm) an der Elfenbeinküste. 1969 unterstützte die Eidgenossenschaft in der Vereinigten

1409 Arabischen Republik eine Aktion gegen die Bilharziose mit dem schweizerischen Mittel Ambilhar und bewilligte Zuschüsse für die Spitäler Jiri in Nepal und Ad Lucem in Bafang (Kamerun). Schliesslich haben wir in den vergangenen Jahren laufend den Feldzug der Weltgesundheitsorganisation zur Ausrottung der Pocken unterstützt.

Am 31. März 1969 erreichte das Total dieser Hilfe bereits etwa l 150 000 Franken.

Die Erfahrung hat gezeigt, dass es ausserordentlich schwierig, wenn nicht gar ausgeschlossen ist, die Höhe der künftigen Ausgaben im Bereich der Nothilfe vorauszusagen. Selbst in bezug auf die bereits bekannten Katastrophenlagen (Vietnam, Nigeria) bleibt jede Vorausberechnung unsicher. Bei den politischen Konflikten spielen die Imponderabilien stets eine grosse Rolle, Was die Naturereignisse angeht (Katastrophen, Epidemien, Krankheiten), so gestatten die wissenschaftlichen Fortschritte noch nicht, sie vorauszubcstimmen. Wenn wir uns deshalb entschlossen haben, zur Deckung für Unvorhergesehenes während der nächsten drei Jahre einen Kredit von nur 17 Millionen Franken zu verlangen, so müssen wir m bezug auf diesen Betrag alle Vorbehalte machen.

Kapitel 3 Nahrungsmittelhilfe A. Allgemeines Unsere Darstellung der humanitären Hilfe der Schweiz wäre unvollständig ohne einen Hinweis auf das Nahrungsproblem und auf die Leistungen der Schweiz auf dem Gebiet der Nahrungsmittelhilfe.

Das Ernährungsproblem, so wie es sich heute darstellt, ist gekennzeichnet durch eine starke, ja überschüssige Nahrungsmittelproduktion in den entwikkelten Staaten der gemassigten Zone und eine ausgesprochene Mangellage in den übrigen Regionen der Welt, die zudem wirtschaftlich unterentwickelt sind.

Diese Mangellage ist im allgemeinen weniger auf die besonderen Klima- und Bodenverhältnisse dieser Gegenden als auf den zurückgebliebenen Zustand ihrer Landwirtschaft und die unerhörte Bevölkerungszunahme zurückzuführen. Es kommt noch hinzu, dass die unter Nahrungsmangel leidenden Länder zugleich auch von Naturkatastrophen besonders stark heimgesucht werden.

Das Problem hat deshalb zwei Seiten: kurzfristig geht es darum, die vorhandenen Nahrungsmittel der Welt den Bedürfnissen entsprechend besser zu verteilen; langfristig hingegen muss es das Ziel sein, die Produktion in den Regionen zu steigern, wo die Erzeugnisse benötigt werden. Nicht überall lässt sich dies in genügendem Grade erreichen. Auch werden immer wieder Naturund andere Katastrophen zu lokalen Mangelerscheinungen führen. Internationale Aktionen zur Überbrückung solcher Situationen werden somit immer er-

1410 forderlich sein. Das Nahrungsmittelproblem ist aber ein Teil des gesamten Entwicklungsproblems und muss deshalb im Gesamtzusammenhang gesehen und einer Lösung entgegengeführt werden. Das Schwergewicht der Entwicklungshilfe wird deshalb seit einiger Zeit bewusst auf die Verbesserung der Landwirtschaft in den Entwicklungsländern gelegt. Dies ist zugleich auch die Basis für eine bessere gewerbliche und industrielle Entwicklung, die diesen Ländern mit der Zeit ermöglichen soll, die allenfalls später noch benötigten Nahrungsmittel auf dem Handelswege einzuführen, d. h, mit dem Erlös der steigenden industriellen Ausfuhren zu bezahlen.

In bezug auf das Welternährungsproblem sind in letzter Zeit bereits beachtliche Fortschritte festzustellen. Entgegen früheren Annahmen rechnet man heute nicht mehr mit einer eigentlichen Welthungerkatastrophe für die Mitte des nächsten Jahrzehntes. Dank zahlreichen Anstrengungen, die durch die FAO, das PAM, die Weltbank, die Rockefeller- und Ford-Stiftungen sowie andere Organisationen gefördert werden, ist es gelungen, die landwirtschaftlichen Erträge zu steigern, so durch die Züchtung und Erprobung neuer Getreide-, Reis- und Maissorten, durch vermehrte Foischung, Beratung und Schulung, die Errichtung von Saatgut-Instituten, die Bereitstellung von Düngemitteln, Krankheits- und Schädlingsbekämpfung und vermehrte Bewässerung, aber auch durch die Verbesserung der Transport- und Einlagerungsmöglichkeiten und die Förderung des Genossenschaftswesens. Gewisse Länder haben das Versuchsstadium mit neuen Sorten des Anbaus bereits hinter sich, andere stehen mitten in dieser Entwicklungsphase. Es kann erwartet werden, dass einzelne Staaten, die heute zu den traditionellen Importländern gehören, dank den neuen Hochleistungssortcn von Getreide in einer nicht zu fernen Zukunft Selbstversorger werden. Fortschritte scheinen auch für gewisse andere Produkte möglich (Soja, Öl- und Hülsenfrüchte).

Man darf aber trotz diesen Erfolgen nicht übersehen, dass die erwähnten neuen Entwicklungen noch lokal begrenzt sind und dass ihre allgemeine Verbreitung noch viel Zeit erfordern wird. Zudem wird der Bedarf der Entwicklungsländer, gesamthaft gesehen, wegen der BevÖlkerungszunahmc noch auf lange Jahre nicht aus der Eigenproduktion gedeckt werden können. Angesichts der Zahlungsbilanzschwierigkeiten
werden die erforderlichen Einfuhren weiterhin kaum oder dann nur unter Einschränkung der dringend benötigten Einfuhren von Investitionsgütern bezahlt werden können. Diese Lücken zu schliessen ist u. a. der Zweck der Nahrungsmittclhilfe, wobei sie, gezielt eingesetzt, gleichzeitig zur Verwirklichung von Entwicklungsprojekten dient.

Bei aller Anerkennung der dringenden Notwendigkeit und der positiven Aspekte der Nahrungsmittelhilfe darf man aber auch die Schwierigkeiten und Grenzen nicht ausser acht lassen. So stellen Transport, Ablad, Lagerung, Schutz gegen Verderb, Verteilung und Kontrolle der Verwendung grosse organisatorische und finanzielle Probleme. Das Zurverfügungstellen von Nahrungsmitteln allein genügt nicht, sondern es muss auch eine Verteilungsinfrastruktur aufgebaut werden, für welche die Voraussetzungen nicht überall vorhanden sind.

Besondere Ernährungsgewobnheiten setzen der Hilfe oft Grenzen oder bedin-

1411 gen langfristige Aktionen zur Umstellung. Es ist ferner darauf zu achten, dass weder der lokale noch der internationale Handel durch geschenkweise Lieferungen ungebührlich gestört werden. Schenkungen bergen sodann die Gefahr in sich, dass man sich daran gewöhnt und dass der Wille zur Selbsthilfe erlahmt. Deshalb ist in jedem Falle sorgfältig zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine sinnvolle Nahrungshilfe gegeben sind. Am wirksamsten hat sie sich, neben den eigentlichen Notfällen, vor allem dort erwiesen, wo sie in eine langfristig geplante Entwicklungsarbeit eingebaut werden kann, an die das Empfängerland ebenfalls seinen Beitrag leistet. Hier besteht ein enger Zusammenhang mit der technischen Entwicklungshilfe. Die sich mit der Nahrungshilfe befassenden Organisationen haben in mancher Beziehung sehr wertvolle Erfahrungen sammeln können, weshalb wir mit ihnen auch einen engen Kontakt unterhalten. Schliesslich darf die Nahrungsmittelhilfe nicht dazu dienen, die Überschussproduktion in den entwickelten Geberländern zu fördern und von den damit verbundenen Problemen abzulenken.

B. Der schweizerische Beitrag an das Welternährungsprogramm (PAM) Die multilaterale Nahrungsmittelhilfe hat sich als wirksam bewährt. Der Bundesrat hat deshalb das Welternährungsprogramm seit dessen Anfängen im Jahre 1963 in den weltweiten Bemühungen zur Bekämpfung des Hungers unterstützt. Dies geschieht gegenwärtig durch : a. Zahlung eines jährlichen Barbeitrages, seit 1966 in der Höhe von 1,45 Millionen Franken ; h, Lieferung von schweizerischen Milchprodukten in Form einer regelmässigen Spende von zur Zeit 120 Tonnen Vollmilchpulver im Jahr sowie durch ausserordentliche Spenden (1968: 100 t Vollmilchpulver und 200 t Käse im Wert von zusammen rund 1,4 Mio. Fr.); c. Getreidelieferung oder Barbeitrag im Rahmen des Internationalen Getreidehilfsabkommens (Getreidejahr 1968/69: rund 5,4 Mio. Fr.).

Die Schweiz leistet somit jährlich Beiträge im Werte von rund 7,5 Millionen Franken - die ausserordentiichen Zuweisungen nicht eingerechnet. Die Höhe des Betrages rechtfertigt eine besonders enge Zusammenarbeit mit dem PAM und eine sorgfältige Prüfung seiner Programme. Der ständige schweizerische Vertreter bei der FAO ist damit beauftragt.

C. Milchprodukte Anfänglich wurden die Lieferungen von Vollmilchpulver und Käse über
die Milchrechnung finanziert, von 1962 an dann jedoch als wichtiger Beitrag in das Programm der humanitären Hilfe des Politischen Departements übernommen. In den Jahren 1962 bis 1966 wurden jährlich für rund 4 Millionen Fran-

1412 ken rund 800 Tonnen Milchprodukte an die Hilfswerke abgegeben, die sie in die Hungergebiete der Entwicklungsländer weiterleiteten und dort für Speisungen in Spitälern, Waisenhäusern, Rinder- und Altersheimen verwendeten. Abnehmerorganisationen sind der Schweizerische Caritasverband, das Hilfswerk der Evangelischen Kirchen der Schweiz, das Schweizerische Rote Kreuz, das Internationale Komitee vom Roten Kreuz, die Liga der Rotkreuz-Gesellschaften, das bereits erwähnte Welternährungsprogramm, das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästinaflüchtlinge, der Lutherische Weltbund und andere wohltätige Organisationen. Die Empfängerländer verteilen sich über alle Kontinente, im besonderen aber sind es die Staaten des Nahen und Mittleren Ostens, die meisten Staaten Afrikas, Indien und Ostasien bis Hongkong und Korea.

1966 zeichnete sich eine rückläufige Bewegung in dem Sinne ab, dass zwei der internationalen Hilfswerke, das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen und das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästinaflüchtlinge, anstelle der Milchprodukte entsprechende Geldbeträge zu erhalten wünschten. Anlass zu diesem Verlangen gab der Umstand, dass für schweizerisches Vollmilchpulver mehr als das Doppelte bezahlt werden muss als für die auf dem Weltmarkt erhältliche gleichartige Ware. Die genannten Organisationen machten geltend, mit einer entsprechenden Geldspende -ungefähr doppelt soviel ausländisches Vollmilchpulver einkaufen zu können. Dazu kommt noch der Vorteil eines erhöhten Beitrags der Vereinigten Staaten von Amerika, der jeweils den Barzahlungen der übrigen Mitgliedstaaten entspricht (Matching-System). Aus diesem Grunde wurden bei der Erneuerung des Rahmenkredits für humanitäre Zwecke für die Jahre 1967-1969 (43-Millioncn-Kredit) für Milchprodukte anstatt wie bisher jährlich 4 Millionen Franken nur noch 2,66 Millionen Franken vorgesehen.

Die offizielle schweizerische Lcbensmittelhilfe war somit bis 1967 relativ bescheiden. In der Folge haben sich die Verhältnisse wesentlich geändert. Die Schwierigkeiten der Verwertung der stark vergrösserten Milchproduktion veranlassten den Bundesrat, im Herbst 1967 5 Millionen Franken und im Sommer 1968 weitere 10 Millionen Franken zur kostenlosen Abgabe von Milchprodukten an Hungergebiete der Dritten Welt
zulasten der Milchrechnung zu bewilligen. Für das Jahr 1969 sind in gleicher Weise weitere 15 Millionen Franken für denselben Zweck bereitgestellt worden. Die Bewilligung weiterer solcher Kredite für die zusätzliche Lieferung von Milchprodukten wird sich primär nach der Entwicklung der Verhältnisse auf dem einheimischen Milchmarkt zu richten haben.

Im Zusammenhang mit der Ausweitung der Milchproduktenhilfe ergab sich die Frage der Verpackungs- und Transportkosten, die sich je nach Entfernung des Bestimmungslandes und Verpackungsart zwischen 3 und 16 Prozent bewegen. Ursprünglich hatte der Bund diese Spesen nur in Ausnahmefällen zu seinen Lasten übernommen. Auf Grund der vermehrten Zuteilungen von Milchprodukten zeigte sich jedoch, dass die Bezahlung der gesamten Kosten

1413

für Verpackung und Transport die finanziellen Möglichkeiten der Hilfswerke überstieg. Der Bundesrat hat sich deshalb bereit erklärt, einen Teil dieser Kosten zu übernehmen.

D. Getreide

In den Ausführungen über das Welternährungsprogramm haben wir bereits das Übereinkommen betreffend die Nahrungsmittelhilfe erwähnt, das als Teil des internationalen Getreideabkommens abgeschlossen wurde und dem auch die Schweiz beigetreten ist. Das Übereinkommen betreffend diese Getreidehilfe trat am 1. Juli 1968 in Kraft und ist vorerst auf eine Versuchsperiode von drei Jahren beschränkt, somit bis 30. Juni 1971 befristet. Gemäss dieser Vereinbarung, die im Rahmen des allgemeinen Abkommens über die Zolltarife und den Handel (GATT) zustande kam, ist die Schweiz zur jährlichen Lieferung von 32 000 Tonnen Getreide an hilfsbedürftige Entwicklungsländer oder zur Bezahlung des Gegenwerts verpflichtet. Diese 32 000 Tonnen stellen 0,7 Prozent der vertragsgemäss festgesetzten Gesamtmenge von 4,5 Millionen Tonnen Getreide dar, an denen die USA mit 42 Prozent, Kanada mit 11 Prozent, die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft mit 23 Prozent, Australien, Grossbritannien und Japan mit je 5 Prozent beteiligt sind. Die Getreidelieferungen können geschenkweise oder in Form von Verkäufen erfolgen, in letzterem Fall aber nur gegen Bezahlung in der Währung des Empfängerlandes, wobei vorausgesetzt wird, dass der Verkaufserlös zur Entwicklungshilfe in diesen Ländern eingesetzt wird (sogenannte Counterpart-Transakticmen).

Zur Durchführung der Getreidehüfe hat der Bundesrat einen interdepartementalen Ausschuss eingesetzt, in dem die interessierten eidgenössischen Verwaltungen vertreten sind. Dieser Ausschuss hat zu prüfen, auf welche Weise die schweizerischenVerpflichtungen erfüllt werden sollen. Neben den Lieferungen an das PAM sind solche für das 1KRK, die UNRWA, Indien und andere Staaten vorgesehen. Im Falle Indiens soll der Gegenwert des Getreides zur Finanzierung eines Entwicklungsprojektes im Pandschab - Brunnenbohrungen und Einrichtungen - verwendet werden.

Auch bei der Getreidehüfe hat sich gezeigt, dass die Gebcrstaaten nicht nur mit den Kosten für das Getreide zu rechnen haben, sondern auch durch Auslagen für Verpackung, Transport und Verteilung sowie allfällige Mehrkosten für die Vermahlung belastet werden. Die Getreidehilfe ist in dieser Art neu für die Schweiz, und es gilt nun vorerst, Erfahrungen zu sammeln. Aus diesem Grunde können auch die Ausgaben nur schätzungsweise veranschlagt werden; es ist mit jährlich rund 11,6 Millionen Franken zu rechnen.

E. Die schweizerische Nahrungsmittelhilfe im Jahre 1969

Bei einem Überblick über die Leistungen des Bundes auf dem Gebiet der Nahrungsmittelhilfe für das laufende Jahr 1969 ergibt sich das folgende Bild:

1414 a. Aus dem Rahmenkredit 1967/69 des Politischen Departements J£^TMTM für die Weiterführung der internationalen Hilfswerke (43Millionen-Kredit), (Bundesbeschluss vom 30. November 1966) - Milchproduktenhilfe 2,66 Mio. Fr.

- Barbeitrag an das PAM 1,45 Mio. Fr.

4,1 b. Aus den Massnahmen auf dem Milchsektor des Volkswirtschaftsdepartements (Bundesratsbeschluss vom 23. Oktober 1968) 15,0 c. Aus der Getreidehilfe gemäss der internationalen Vereinbarung über die Nahrungsmittelhilfe (Bundesbeschluss vom 12. März 1968) 11.6 30,7

Die schweizerische Nahrungsmittelhilfe dürfte sich somit - auf die für die humanitäre und die Entwicklungshilfe übliche Dauer der Rahmenkredite von drei Jahren berechnet - voraussichtlich auf 92,1 Millionen Franken belaufen.

Hiebei wäre auch der freiwillige schweizerische Beitrag von jährlich 3,72 Millionen Franken an den UNICEF zu erwähnen, der zum grossen Teil ebenfalls zur Ernährung von Müttern und Kindern herangezogen wird. Wir kommen dabei zu einem 100 Millionen Franken übersteigenden Gesamtbetrag. Der zusammenfassende Überblick zeigt, dass die Leistungen der Schweiz auf dem Gebiete der Ernährungshilfe - ob es sich nun um Nothilfe oder regelmässige und substantielle Gaben an multilaterale Hilfsprogramme handelt - wesentlich grösser sind, als allgemein angenommen wird, und dass sie neben den Bemühungen anderer vergleichbarer Länder bestehen können.

Unsere Erhebungen haben ergeben, dass sich für Hilfsaktionen an die Dritte Welt als schweizerisches Überschussprodukt eigentlich nur die Milch eignet. Aber selbst Milch ist nicht überall ein eigentliches Nahrungsmittel wie bei uns. Käse kommt erfahrungsgemäss nur für einen beschränkten Kreis von Völkern in Betracht; für Gebiete mit tropischem Klima ist er zudem wegen seiner geringen Haltbarkeit wenig geeignet. Hingegen könnte Dörrobst für die Nahrungsmittelhilfe in Betracht gezogen werden. IKRK und PAM interessieren sich beispielsweise für Dörrbirnen.

Bei der Prüfung der Frage, welche Nahrungsmittel sich im Einzelfall eignen, sind verschiedene Faktoren entscheidend, so die Ernährungsgewohnheiten der Empfänger, das Klima, die rasche Liefermöglichkeit, die Transport- und Einlagerungsmöglichkeiten und nicht zuletzt der hohe Preis der schweizerischen Erzeugnisse. Dazu kommt, dass in manchen Fällen die Möglichkeit besteht, Nahrungsmittel zu niedrigeren Preisen aus einer dem Verbraucherland näher gelegenen Region zu beschaffen. Man darf anderseits nicht verkennen, dass die Mangelregionen durch solche Nahrungsmittelspenden schweizerische Erzeugnisse kennen und schätzen lernen.

1415

F. Folgerungen Man kann sich fragen, ob für die Nahrungsmittelhilfe nicht wie für die humanitäre und die Entwicklungshilfe ein besonderer Rahmenkredit geschaffen werden sollte. Bei der Prüfung dieser Frage, die auch Gegenstand einer im Nationalrat eingebrachten Motion Ziegler ist, gelangten wir zum Schluss, dass zur Zeit kein Anlass besteht, von der gegenwärtigen Lösung abzugehen. Auch wenn ein Rahmenkredit für drei Jahre den schweizerischen Helferwillen nach aussen noch besser zum Ausdruck brächte, so sprechen doch mehrere stichhaltige Gründe dagegen.

Abgesehen davon, dass unsere gegenwärtigen Leistungen für die Milchprodukten- und Getreidehilfe bereits durch Bundesbeschlüsse verankert sind und dass der Kredit für die Milchproduktenhilfe eine Massnahme zur Verringerung des Mengenproblems im Milchscktor darstellt und nicht aus diesem Rahmen herausgelöst werden sollte, ist auch in Betracht zu ziehen, dass das internationale Übereinkommen über die Getreidehilfe zeitlich begrenzt ist (30. Juni 1971) und dass noch nicht feststeht, welche Lösung nach diesem Zeitpunkt getroffen wird. Die internationale Entwicklung auf dem Gebiete der Nahrungsmittelhilfe ist noch im Fluss. So ist es nicht ausgeschlossen, dass im Rahmen des GATT eine Vereinbarung über Milchproduktenhilfe zustande kommen wird. Auch unter diesem Gesichtspunkt ist die derzeitige Formel flexibler als ein dreijähriger Rahmenkredit.

Schh'esslich erlaubt auch das gegenwärtige Verfahren, den jeweiligen Gegebenheiten gerecht zu werden; dies gilt für neue, heute nicht voraussehbare dringliche Hilfsaktionen wie auch für die Bedürfnisse der Überschussverwertung.

Der Bundesrat wird bei der Beantwortung der Motion Ziegler die Gelegenheit wahrnehmen, näher auf diesen Fragenkomplex einzugehen.

Damit in Zukunft ein klarer Überblick über die schweizerischen Gesamtleistungen auf dem Gebiet der humanitären und der Nahrungsmittelhilfe geboten wird, sollen die betreffenden Ausgaben im Voranschlag und in der Staatsrechnung besonders zusammengestellt werden.

IV. Zusammenfassung und Schlussbemerkungen Wie wir gesehen haben, ist der vorgeschlagene neue Rahmenkredit 7 Millionen Franken höher als der jetzige.

Seiner Bestimmung entsprechend wird der neue Kredit in noch grösserem Masse als bisher auf dringende Hilfsaktionen ausgerichtet sein; ändern Krediten, besonders demjenigen für die technische Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern, werden die Projekte überlassen, bei denen es um die langfristige Entwicklung geht.

1416 Der neue Kredit sollte keine VergrÖsserung des Personalbestandes des Politischen Departements zur Folge haben. Seine Erhöhung entspricht kaum dem Betrag, der in der laufenden Periode zusätzlich durch Nachtragskredite beschafft werden musste. Die Abteilung für internationale Organisationen ist deshalb bereits entsprechend verstärkt worden. Dieses Jahr haben die Aufgaben der Abteilung infolge der Unterzeichnung des Getreideabkommens nochmals zugenommen, so dass wir uns gezwungen sahen, ihr eine weitere Kraft zuzuteilen.

Die die Weiterführung internationaler Hilfswerke im Finanzplan 1970 und 1971 betreffenden Angaben bedürfen wegen der Erhöhung des Rahmenkredits keiner Änderung, da eine Erweiterung dieser Hilfe seinerzeit schon in Rechnung gestellt worden war.

Aus unsern Ausführungen geht hervor, dass sich die Eidgenossenschaft in der Dreijahrespenode 1967-1969 mit einem jahrlichen Betrag von rund 7 Millionen Franken an den grossen internationalen Hilfsprogrammcn der Vereinten Nationen und des CIME beteiligt hat. An der Spitze der Empfänger steht der Kinderhilfsfonds der Vereinten Nationen; es folgen das Welternährungsprogramm, das Hochkommissariat für die Flüchtlinge und das Hilfswerk für die Palästinaflüchtlinge (sofern man den Beitrag des Delegierten füi technische Zusammenarbeit nicht mitrechnet) und schliesslich das zwischenstaatliche Komitee für europäische Auswanderung. Wir haben auch darauf hingewiesen, dass eine bescheidene Erhöhung unserer Beiträge an die verschiedenen Organisationen notwendig ist, wenn die Schweiz ihren heutigen Rang unter den sie unterstützenden Staaten behaupten will.

Bei den Aktionen der ärztlichen Hilfe und der Nothilfe haben wir - wie gewohnt und entsprechend den bestehenden Abmachungen - hauptsächlich die Dienste des Schweizerischen Roten Kreuzes in Anspruch genommen und uns an der Finanzierung einiger seiner Hilfsprogramnic im Ausland beteiligt. Doch war es das IKRK, dem die Eidgenossenschaft 1968 und 1969 wegen des Nigeriakonflikts die grossie Unterstützung leihen musste. Weder die Finanzhilfe, die das IKRK gemäss Bundesbeschluss vom 13. März 1968 erhält, noch die Reserve für Unvorhergesehenes im Kiedit von 43 Millionen reichten dafür aus. Nur mit Nachtragskrediten konnten wir die nötige Hilfe leisten. Auch dies ist ein Grund, weshalb wir heute um einen
höhcrn Rahmcnkiedit nachsuchen als das letztemal.

Getreu ihrer humanitären Tradition wird sich die Schweiz in Zukunft noch mehr als bisher an den internationalen Hilfswerken beteiligen müssen, die sich im multilateralen Rahmen der Vereinten Nationen entwickeln und die an die Solidarität namentlich der privilegierten Staaten appellieren. Die Beiträge der verschiedenen Staaten unter dem Titel der humanitären oder der Nahrungsmittelhilfe werden berücksichtigt, wenn es darum geht, ob - gemäss der international anerkannten Zielsetzung - l Prozent des Bruttosozialprodukts für die Entwicklungshilfe zur Verfügung gestellt worden ist. Eine Erhö-

1417 liung der schweizerischen Leistungen unter diesem Titel vergrössert somit den Anteil der offiziellen Entwicklungshilfe, die wegen der Bedeutung der schweizerischen privaten Hilfe im Vergleich zu ändern Ländern relativ klein ist.

Die humanitäre Hilfe kennt grundsätzlich keine geografischen Grenzen ; sie kann sich nicht auf bestimmte Zonen beschränken, sondern muss auf die Bedürfnisse abstellen: Überschwemmungen gibt es in allen Kontinenten, bewaffnete Konflikte können an jeder Grenze und auch innerhalb der Grenzen ausbrechen.

Bei der heutigen Weltlage kommt aber unsere humanitäre Hilfe vorzugsweise den Entwicklungsländern zugute. Dies berechtigt uns zur Ansicht, diese Art der Regierungshilfe sei ebenfalls als ein wesentlicher Beitrag der Schweiz zur Entwicklungshilfe anzusehen.

Die gegenwärtige, trostlose Weltlage gibt leider keinen Anlass zu der Erwartung, dass unsere Hilfe in den kommenden drei Jahren'abgebaut werden kann.

Selbst wenn die Kampfhandlungen in den betroffenen Gebieten bald eingestellt werden sollten, werden die Spuren, die sie hinterlassen, Grund genug sein, unsere Hilfsaktionen zu Gunsten der Zivilbevölkerung nicht vorzeitig abzubrechen.

Wir bitten Sie, der Ungewissen Lage Rechnung zu tragen und uns zu ermächtigen, die in Aussicht genommene Aufteilung des Kredits zu ändern, wenn besondere Urnstände es erfordern, indem Sie uns die Befugnis einräumen, gewisse Beträge für andere als die ursprünglich vorgesehenen Hilfsaktionen einzusetzen.

So wenig wie der Bundesbeschluss vom 30. November 1966 über die Erneuerung des Kredits zur Weiterführung der internationalen Hilfswerke (BB11966II 991, Botschaft BEI 1966 II 1) kann sich der heute vorgeschlagene auf eine ausdrückliche Verfassungsbestimmung stützen. Nach der in der Bundesverfassung vorgesehenen allgemeinen Kompetenzverteilung obliegt die Verantwortung für die Beziehungen mit dem Ausland dem Bund. Die Zusammenarbeit mit staatlichen und nichtstaatlichen internationalen Organisationen wie auch die Hufe an Gebiete oder Staaten, die durch Krieg oder Katastrophen verwüstet wurden, bilden einen wesentlichen Teil dieser Beziehungen. Im vorliegenden Fall erfolgen die Zahlungen teils an staatliche und nichtstaatliche internationale Organisationen, teils an bestimmte Hilfsprojekte im Ausland. Es handelt sich um eine nationale Aufgabe,
d. h. um die Solidarität der Schweiz gegenüber den Mitgliedern der internationalen Gemeinschaft, die sich noch in Entwicklung befinden, in Not geraten oder Opfer von Katastrophen geworden sind. In dem Mass, wie diese Zusammenarbeit und Hilfe die Bereitstellung von Mitteln erfordert, fällt sie in die Zuständigkeit der Bundesversammlung; diese hat gemäss Artikel 8 des Geschäftsverkehrsgesetzes die Befugnis, Beschlüsse über Krediteröffnungen zu fassen. Die Verfassungsmässigkeit des Entwurfs ist deshalb zu bejahen.

Von diesen Erwägungen geleitet, unterbreiten wir Ihnen den beigefügten Text eines Bundesbeschlusses über einen Rahmenkredit von 50 Millionen Franken, indem wir Sie um Zustimmung bitten.

1418 Wir versichern Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer ausgezeichneten Hochachtung.

Bern, den 28, Mai 1969 Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: L. von Moos Der Bundeskanzler : Huber

1419 (Entwurf)

Bundesbeschluss über die Weiterführung der internationalen Hilfswerke (Kredit für die Jahre 1970/1972)

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 28. Mai 1969, beschliesst; Artikel l Für die Weiterführung der internationalen Hilfswerke in den Jahren 1970, 1971 und 1972 wird ein Rahmenkredit von 50 Millionen Franken eröffnet.

Artikel 2 Dieser Kredit kann verwendet werden für die Ausrichtung von ordentlichen und ausserordentlichen Beiträgen in bar oder in Form von Sachwerten, namentlich von schweizerischen Milchprodukten, an zwischenstaatliche oder schweizerische, im Ausland tätige Hilfsorganisationen sowie für humanitäre Werke, die vom Bundesrat angeordnet werden.

Artikel 3 Der jährliche Zahlungskredit ist in den Vorschlag aufzunehmen.

Artikel 4 1

Dieser Beschluss ist nicht allgemeinverbindlich und tritt sofort in Kraft.

Der Bundesrat ist mit seinem Vollzug beauftragt. Er entscheidet über die zu gewährenden Beiträge und setzt gegebenenfalls die besonderen Bedingungen fest.

2

0866

1420 Beilage l Rahnienkredit für die humanitäre Hilfe Kredit vorgesehen für 1967/1969 1970/1972 (in 1000 Fr.)

/. Feste Beiträge: a. Internationale Hilfswerke (UNICEF, UNRWA, HCR, PAM, CIME) b. Schweizerische Hilfswerke: - Schweizer Auslandhilfe (SAH) - Schweizerisches Rotes Kreuz (SRK) //, Not- und Katastrophenhilfe: - Flüchtlingshilfe (Betagte und schwierige Fälle) - Ärztemission Kongo - Vietnamhilfe -Nigeriahilfe - Übrige Not- und Katastrophenhilfe -Reserve ///. Milchproduktenhilfe

20 641 23 500 3 000 -- x > 750 l 500 2 >

250 3 300 2 000 -- l 500 3559

-- 3> -- 4> 4 0005> 6000»)

8 000

8 000

7000 7)

43 000 50 000 l

> Die Schweizer Auslandhilfe wird sich in Zukunft für die Unterstützung ihrer Projekte durch den Bund in erster Linie an den Delegierten für technische Zusammenarbeit wenden.

"> Es ist in Zukunft ein jährlicher Beitrag von 500 000 Franken für das Schweizerische Rote Kreuz vorgesehen.

s > Dieser Betrag wurde nicht verwendet. Der Posten wird in Zukunft aufgehoben, weil die Eidgenössische Polizeiabteilung über einen eigenen Kredit für diesen Zweck verfügt.

4 > Diese Aktion wurde auf 31. März 1969 beendet.

5 > Der gegenwärtig zur Verfügung stehende Betrag hat sich als ungenügend erwiesen, l ,5 Millionen Franken mussten hicfür der Reserve entnommen werden.

·> Nur 500 000 Franken konnten für diesen Zweck aus der Reserve geschöpft werden, im übrigen mussten andere Budgetrubriken und Nachtragskredite in Anspruch genommen werden.

') Diese beiden Rubriken werden in Zukunft in eine Rubrik zusammengezogen.

NB: Die drei unter Absatz II, Not- und Katastrophenhilfe, für 1970/1972 genannten Beträge von insgesamt 17 Millionen Franken bilden ein Ganzes und werden je nach Notwendigkeit verwendet.

ITS 1 2 J 1 a .

h r g B u n d e b s n a t t l g

Barbeitrage der Eidgenossenschaft (some Naturalspenden1) an die internationalen Hilfswerke wahrend der Jahre 1961/1969 (in 1000 Franken) Jalir

Gcsetzllehe Grundlage

1961

Rahmenkredit von 13 Mio. Fr, fur 1 961 / 1 963 gemass Bundesbeschluss vom 21. September I960

1962 1963 1964

·

1965

Rahmenkredit von 33,6 Mio. Fr. fur 1964/1966 gemass Bundesbeschluss vom 3, Dezember 1963

1966 1967

HCR

UNRWA1)

PAM')

CIME

1500 1500 ( + 1384) 1500 (+1420)

700 800

150 150

-- --

200 200

820

150 ( + 41)

1437

200

1900 ( + 1514) 1900 ( + 1503) 1900 ( + 1627)

700

250 (+492)

1439

200

650

250 ( + 483)

1442

200

500

250 (+482)

1450

200

3400

600

3600 + 50 V 3720

660 700

200 1450 ( + 906) 1450(+2000) 200 + 80 3 > 450 450 ( + 2760) 1450 200 ( + 6120) 450 ( + 238)

1

' In Klammern Betrag der Milchprodukle (der Betrag fur 1969 enthalt ebenfalls die dem PAM gemass interaationalem Ubereinkommen vom 12. Marz 1968 gewahrte Getreidehilfe) 3) Zusatzlicher aussergew&hnlicher Beitrag

\tn

98

1968 1969

Rahmenkredit von 43 Mio. Fr. fur 1967/1969 gemass Bundesbeschluss vom 30. November 1966

UNICEF1)

Beilage 2

1422

Beilage 3 Hilfsaktionen des Bundes zu Gunsten von Vietnam (Stand 15. Mai 1969) Südvictnam Nordvlelnam (in 1000 Fr.)

a, aus dem früheren Rahmenkredit von 33,6 Mio.

Fr. finanziert (1964/1966) - Aktion IKRK (BRB 7. September 1965) 50 - Aktion SRK: - Kontum (BRB 1. April 1966) 300 - Da Nang (BRB 27. September 1966) 110 - Aktion IKRK (Milchprodukte) 25 b. aus dem jetzigen Rahmenkredit von 43 Mio. Fr.

finanziert (1967/1969) - Aktion SRK (BRB 23. Dezember 1966) (BRB 27. Dezember 1966) - Aktion SRK: - Kontum (BRB 3. März 1967) - Aktion Liga der R. K. G. (BRB 3. März 1967) - Spende an das nordvietnamesische Rote Kreuz (BRB 25. September 1967) - Aktion SRK: - Da Nang (BRB 5. Oktober 1967) - Aktion Nordvietnam (BRB 14. Februar 1968) (BRB 22. März 1968) - Aktion «Terre des Hommes» für pflegebebedürftige Kinder (FinanzverwaUung 19. April 1968) - Aktion UNICEF (20 Tonnen Milchpulver) - Aktion SRK in Südvietnam (BRB 21. August 1968) Ha Tien und Da Nang - Aktion Dr. Jane Béguin, Hochplateaux

50

250 450 50

250 80 920 80 50 110 400 10

l 635

l 550

1423 Beilage 4 Beteiligung der Schweizerischen Regierung an den humanitären Hilfsaktionen in Nigeria/Biafra (Stand 15. Mai 1969) /, -

Leistungen zu Gunsten des IKRK Barspenden «Vorschüsse» (auf 10-Millionen-Kredit) Milchprodukte *>

(in 1000 Franken) 4 537 3 930 3 530

Total I

11 997

II. Spenden an das Schweizerische Rote Kreuz - Barspenden - Milchprodukte x > Total II

620 590 l 210

///. Spenden an andere Organisationen - Barspenden (HEKS und Caritas) - Milchprodukte1' Total III

600 l 910 2 510

Zusammenfassung Leistungen zu Gunsten des IKRK (Total I) Spenden an das Schweizerische Rote Kreuz (Total II) Spenden an andere Organisationen (TotalIII)

11 997 l 210 2510

Schlusstotal

15717

*> Verpackung und Transport bis zum europäischen Meerhafen eingeschlossen.

Beilage 5

Lieferungen der Jahre 1964-1969 und Voraussicht fiir 1970 (in Toimen und 1000 Franken) Lieferungen 1964-1969

Gesetzlicne Grundlagen

1967

1964/66 O Jahre)

Politisches Departement: - Rahmenkredit von 33,6 Mio. Franken fur 1964/66 gemass Bundesbeschluss vom 3. Dezember 1963 ,.,,....

- Rahmenkredit von 43 Mio. Franken fur 1967/69 gemass Bundesbeschluss vom 30 November 1966 - Vorgeschlagener Rahmenfcredit von 50 Mio. Franken fur die Jahre 1970/72

T

Franken

T

VoraussiclH

1968

Franken

T

1969

Franken

T

1970

Franken

T rund

2308

11 560

494

2625

344

1 882

600

3493

400

Volkswlrtschaftsdepartement: - Bundesbeschluss vom 16. Juni 1966 / 15. Marz 1969 iiber zusatzliche wirtschaftliche und finanzielle Massnahmen auf dem Gebiete der Milchwirtschaft (Milch wirtschaftsbeschluss), d. h.

BRB 31.Oktober 1967: ] 5 Mio. Franken [ 1968 BRB 24. Juni 1968: 1 10 Mio. Franken J BRB 23.Oktober 1968: 1 ,Q,Q lyw 15 Mio. Franken j BRB : (zu teschliessen fiir 1970)

2559

11560

494

2625

2903

2667

14051 2500

2308

Franken rund

15933

3100

15000

18493

2500 15000 2900 | 17667

frZH

Milchproduktenspenden (Milchpulver und Ka'se) der Eidgenossenschaft an die schweizerischen und internationalen Hilfswerke

1425

Beilage 6 Gegenwärtige Nahrungsmittelhilfe der Eidgenossenschaft /. Mikhproduktenhüfe a. Anteil zu Lasten des Kredits für Hilfswerke: 8 Mio. für 3 Jahre (BB 30. November 1966)...

Budgetrubrik 201.493.14 «Internationale Hilfswerke» b. Vom Volkswirtschaftsdepartement im Rahmen der Milchwirtschaftsmassnahmen gelieferter Teü (BB 16. Juni 1966 / 15. März 1968 und BRB 23. Oktober 1968) Budgetrubrik 707.433.32 «Verwertung von Dauermilchwaren »

(jährlich in 1000 Franken) 2 660

15000

17660

//. Barbeitrag an das Welternährungsprogramm zu Lasten des Kredits für Hilfswerke (BB 30. November 1966) Budgetrubrik 201.493.14 «Internationale Hilfswerke»

l 450

///. Nahrungsmittelhilfe getnäss der internationalen Vereinbarung über die Nahrungsmittelhilfe (Getreidehilfe) (BB 12. März 1968) Budgetrubrik 201.493.24 «Nahrungsmittelhilfe im Zusammenhang mit Getreideabkommen» a. Preis von 32 000 Tonnen Getreide b. Transport- und Verteilungskosten rund 20 Prozent c. Zusätzliche Kosten bei Lieferungen von Getreide oder Mehl aus der Schweiz

9 000 l 800 800

11 600 30710

In diesem Zusammenhang ist der schweizerische Beitrag an den Kinderhilfsfonds der Vereinten Nationen (UNICEF) zu erwähnen, der teilweise ebenfalls zur Nahrungsmittelhilfe - bessere Ernährung von Müttern und Kindern - herangezogen wird. Der Jahresbeitrag der Schweiz für 1969 beträgt 3 720 000 Franken. Rechnet man obige Leistungen auf die Dauer des Rahmenkredits für die humanitäre Hilfe, d. h. die drei Jahre 1970-1972 an, so ergibt sich, dass die Schweiz gegenwärtig gesamthaft für rund 100 Millionen Franken Nahrungsmittelhilfe leistet.

Bundesblatt. 121. Jahrg. Bd.I.

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Weiterführung der internationalen Hilfswerke (Kredit für 1970/72) (Vom 28. Mai 1969)

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Jahr

1969

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

27

Cahier Numero Geschäftsnummer

10279

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

11.06.1969

Date Data Seite

1393-1425

Page Pagina Ref. No

10 044 403

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