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10268 Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Bewilligung eines Verpflichtungskredites für die Erweiterung des Fernmeldegehäudes auf dem Säntis (Vom 7. Mai 1969)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir haben die Ehre, Ihnen mit der voi liegenden Botschaft den Entwurf eines Bundesbeschlusses über die Bewilligung eines Verpflichtungskredites für die Erweiterung des Fermneldegebäudes auf dem Säntis vorzulegen. Wegen der besondern Dringlichkeit des Bauvorhabens sollte die Vorlage von beiden Räten in der Septembersession behandelt werden. Aus diesem Grunde wird Ihnen dieses Kreditbegehren ausserhalb der 01 deutlichen Sammelbotschaft unterbreitet.

Mit Beschlüssen vom 22. Juni 1955 (BB1195511168) und 6. März 1956 (BB1 19561836) haben die eidgenössischen Räte für die Erstellung eines Fernmeldegebäudcs auf dem Säntis Kredite von zusammen 890 000 Franken bewilligt. In der Botschaft vom 8. November 1955 (BBl 1955 II1067) haben wir ausführlich begründet, dass sich der Säntis nicht nur als Standort von Fernseh-, UKW-Radiound Autorufsendern, sondern auch als Stützpunkt des nationalen und internationalen Richtsti ahlnetzes für Telephon und Fernsehen in hervorragender Weise eignet.

Im einzelnen erfüllt die Mehrzweckanlage Säntis folgende Aufgaben : - Relaisstation im nationalen und internationalen Fernseh-Richtstrahlnetz ; - Relaisstation von drahtlosen Telephonie-Richtstrahlverbindungen zwischen wichtigen Zentren der d eutschen Schweiz und dem benachbarten Ausland ; - Standort für Fernsehsender und zentrale Bedienungsstelle für die Sendeanlagen des deutschschweizerischen Netzes ; - Standort für UKW-Radiosender ; - Stützpunkt für Autorufsender zur Versorgung des schweizerischen Mittellandes;

1063 - Basisstation des national en Autotelephonnetzes für die Ostschweiz ; - Relaisstation der Polizeifunknetze der Kantone St. Gallen und Thurgau.

II

Die Projektierung des Gebäudes fiel in eine Zeit, in der die künftige Bedeutung der drahtlosen Dienste, insbesondere jene des Fernsehens, noch ungewiss war. Die Raumbedürfnisse waren deshalb schwer abschätzbar, und Reserven konnten aus finanziellen Gründen nur beschränkt eingeplant werden.

Seither hat die stürmische Entwicklung der drahtlosen Dienste alle Voraussagen übertroffen. Zählte man 1958 bei der Inbetriebnahme der Anlage 50 000 Fernsehkonzessionäre, so sind es heute über eine Million. Bei den Fernleitungen des Telephons entfielen damals längenmässig l Prozent der Sprechkreise auf Richtstrahlverbindungen ; heute sind es bereits 20 Prozent. Die Zahl der Autoruf abonnenten hat von.339 auf 3500 zugenommen.

Bei der Station Säntis hatte diese Entwicklung zur Folge, dass heute alle Apparateräume weitgehend belegt sind und keine weitem Antennen installiert werden können. Da die Anlage, der im drahtlosen Fernmeldesystem der Schweiz immer mehr eine Schlüsselstellung zukommt, im Zusammenhang mit dem geplanten Ausbau des Fernseh- und des Richtstrahl-Telephonienetzes neue Aufgaben zu übernehmen hat, ist eine grosszügige Gebäudeerweiterung unumgänglich.

m Die Bedürfnisse der einzelnen Dienste lassen sich wie folgt zusammenfassen : Fernsehen

Heute wird vom Säntis das erste Fernsehprogramm abgestrahlt. Ferner ist die Station Stützpunkt des nationalen Fernseh-Richtstrahlnetzcs, das zur Programmspeisung der stationseigenen Sender sowie der Fernsehsender des Vorderrheintals und des Engadins dient.

Wie wir in unserem Bericht an die Bundesversammlung vom 22. Mai 1968 über die weitere Gestaltung des schweizerischen Fernsehens (BB1 1968 I 1584) ausgeführt haben, sollen bis 1976 92 Prozent der Bevölkerung in den Genuss von zwei weitern Programmen gelangen. Zur Verwirklichung dieses Ausbaukonzepts müssen auf dem Säntis nicht nur neue Sendeanlagen im Dezimeterwellenbereich eirichtet, sondern auch die Richtstrahlverbindungen zur Versorgung der angeschlossenen Sender vermehrt werden.

Für den Programmaustausch mit Österreich, der in den nächsten Jahren dank den Satelliten-Übertragungen noch umfangreicher wird, ist eine Verdoppelung der vorhandenen Kanäle notwendig.

Sofern im Anschluss an die Wellenkonferenz 1971 Zentimeterwellen für die Verbreitung zusätzlicher Fernsehprogramme verfügbar sind, besteht die Möglichkeit, dass zwischen 1975-1985 auch auf dem Säntis solche Sendeanla-

1064 gen installiert werden müssen. Die dafür abschätzbaren Raumbedürfnisse sind eingeplant.

ScbÜcsslich ist vorgesehen, alle Ausrüstungen, die der Fernsteuerung und Überwachung des Sendernetzes der deutschen und rätoromanischen Schweiz dienen, auf dem Säntis zu konzentrieren.

UKW-Rundspruch In einigen Jahren sind die Einrichtungen zur Abstrahlung eines dritten Rundspruchprogramms bereitzustellen.

Richtstrahltelephonie Zur Sicherung des Fernverkehrs sind nach dem Betriebskonzept der Fernmeldedienste alle wichtigen Verkehrsadern des schweizerischen Telephonnetzes, insbesondere die Koaxialkabel, durch Richtstrahlverbindungen zu ergänzen.

Der Säntis nimmt im Richtstrahlnetz eine besondere Stellung ein, erlaubt er doch über den Albis direkte Verbindungen zwischen den Städten Zürich, Chur, St. Gallen und Schaffhauseii. Mit den Sichtbeziehungen zum Chasserai und zum Rigi können, wenn nötig, auch direkte Telcphonverbindungen zwischen den wichtigsten Städten der West- und Zentralschweiz und den erwähnten Zentren der Nord- und Ostschweiz erstellt werden. Über den Säntis führen im weitem drahtlose Telephonverbindungen von Zürich nach St. Moritz sowie direkte Verbindungen ins benachbarte Ausland. Die Kapazität der Anlage, die gegenwärtig 1680 Telephon kanälc aufweist, soll in den nächsten Jahren laufend vergrössert werden, Autoruf Im Rahmen eines geplanten europäischen Autorufnetzes sind auf dem Säntis weitere Sendcanlagen zu installieren.

Nationales Autotelephonnetz In den nächsten Jahren planen die PTT-Betriebe den Aufbau eines nationalen Autotelephonnetzes; der Säntis wird als Basisstation für die Ostschweiz dienen.

IV Die PTT-Betriebe werden das Bauvorhaben gemeinsam mit der SäntisSchwebebahn AG in Uraäsch (SBU) ausführen, die Eigentümerin des Baugrundstückes ist. Auf einem Areal von rund 1300 m 3 wird ein selbständiges und dauerndes Baurecht begründet, an dem die Vertragsparteien Miteigentum in Form des Stockwerkeigcntums erhalten. Die Miteigentumsanteile bzw.

WertQuoten betragen 85/100 für die PTT und 15/100 für die SBU.

Die SBU ist durch das Bauvorhaben der PTT gezwungen, die Bergstation im Hinblick auf eine spätere Erweiterung der Bahnanlage schon heute für grössere Transportkapazitäten auszubauen, ohne dass dies für sie sofort Vor-

1065 teile zur Folge hat. Die PTT werden deshalb einen Teil der auf die SBU entfallenden Baukosten vorschiessen. Die SBU wird diesen Vorschuss zurückzahlen, sobald sie die erweiterte Bahnanlage in Betrieb nimmt.

Das Bauprojekt ist aus einem Wettbewerb hervorgegangen und berücksichtigt - unter weitgehender Wahrung der Anliegen von Natur- und Heimatschutz - neben den PTT-Bedürmissen auch die Belange der SBU. Der geplante Erweiterungsbau gruppiert sich um die bestehenden Gebäude der PTT und der SBU. Um diesen Baukern herum werden Kavernen für die Parabolantennen der Richtstrahlverbindungen errichtet. Ein Aufbau in der Gebäudemitte enthalt, neben den Büros und Aufenthaltsräumen des Personals, die Antennen und Übertragungsanlagen mobiler Dienste. Aus Gründen des Landschaftsschutzes sind alle Antennenanlagen mit einem elektrisch durchlässigen Material abgedeckt. Die Antennen für die Fernseh-, UKW-Rundspruch- und Autorufsender sind in einem gegen Eisansatz mit Kunststoff eingeschalten Turm zusamniengefasst.

Das siebengeschossige Betriebsgebäude mit dreigeschossigem Aufbau wird - ohne die Räume der SBU - von unten nach oben folgende Einteilung auf weisen : Stockwerk A : Wasser- und Öltank, Klärgrube Stockwerk B: Dieselraum, Schutzräume Stockwerk C: Transformatorenraum, Stromverteilung, Raum für UKWRundspruchsender, Lager Stockwerk D : Werkstatt, Batterien, Lager, Ventilation Stockwerk E: Räume für Sendeanlagen, Richtstrahlräume, Kontrollraum, 6 Person alzimmer Stockwerk F: Kleinfunkraum, Ventilations- und Klimaanlagen, 3 Personalzimmer Stockwerk G : Abstellraum für Antennen, Lager Aufbau H: Aufbau I : Aufbau K:

Büros, Personalräume Nischen für Antennen der mobilen Dienste Raum für mobile Richtstrahlverbindungen

Die erweiterte Mehrzweckanlage wird einschliesslich der Antennenkavernen ein umbautes Volumen von rund 25 000 m 3 aufweisen. Wegen der sprunghaften Entwicklung der drahtlosen Dienste sind genügende Raumreserven eingeplant. Die Station Säntis wird deshalb auf lange Sicht allen Anforderungen gewachsen sein.

Bundesblatt, 121.Jahrg. Bd.I

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Die für die PTT auf 18 550 000 Franken veranschlagten Kosten sind ausserordentlich hoch. Verteuernd wirken sich insbesondere die beschränkten Platzverhältnisse auf dem Säntis aus, die u. a. grosse Aushubarbeiten im Fels bedingen. Grosse Mehrkosten bringen ferner die hohen Transportkosten sowie die Sonderzulagen für Arbeiten auf einem Berggipfel von 2500 m ü. M. mit sich. Besondere Aufwendungen sich auch nötig, um den Forderungen des Natur- und Heimatschutzes zu genügen. So wird z. B. die elektrisch durchlässige Abdeckung der Spiegelkavernen gegenüber einer offenen Konstruktion Mehraufwendungen von rund einer Million Franken verursachen. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass solche witterungsgeschützte Antennennischen die Betriebssicherheit der Anlage beträchtlich erhöhen. Schliessiich sind im erwähnten Betrag auch Kosten von rund 1,2 Millionen Franken inbegriffen, welche die PTT auf Rechnung der SBU vorschussweise bezahlen.

Wegen der hohen finanziellen Aufwendungen stellt sich die Frage, ob nicht das Bauvolumen reduziert werden könnte. Grosse und Umfang der Erweiterung werden jedoch wesentlich durch den beschlossenen Ausbau des Fernsehens und der Richtstrahltelephonie bestimmt. Eine grosszügige Lösung drängt sich gebieterisch auf, damit später nicht wieder teure Umbauten nötig sind, die ein Mehrfaches der Einsparungen kosten würden.

VII

Während ein Teil der Telephon-Richtstrahlverbindungen zur Entlastung des Kabelnetzes bereits 1970/71 zur Verfügung stehen sollte, muss nach den Ausbauplänen für das Fernsehen die'Station Säntis 1972 mit den Übertragungsanlagen für die zweite und dritte Femsehkette ausgerüstet werden.

Damit dieses Programm zeitlich eingehalten und teure Provisorien vermieden werden können, haben wir die PTT-ßetriebe ermächtigt, im Sommer 1969 auf dem Säntis bauliche Vorarbeiten bis zu einem Kostenbetrage von 646000 Franken auszuführen. Auf diese Weise wird es möglich sein, die neue Anlage ein Jahr früher in Betrieb zu setzen. Die Finanzdelegation der eidgenössischen Räte hat unserem Beschluss am 27. März 1969 zugestimmt.

Der Entscheid in den Räten wird damit nicht präjudiziert ; denn die PTT müssten den grössten Teil dieser Arbeiten als Bestandteil einer unumgänglichen Übergangslösung auch dann ausführen, wenn das Parlament den Gesamtkredit ablehnen würde.

Gestützt auf diese Ausführungen beantragen wir Ihnen, den beiliegenden Entwurf eines Bundesbeschlusses zu genehmigen.

Die Verfassungsmässigkeit der Vorlage ergibt sich aus der Zuständigkeit der Bundesvei Sammlung gemäss Artikel 13 Buchstabe f des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 1960 (AS 1961 17) über die Organisation der Post-, Telephonund Telegraphen-Betriebe, das sich seinerseits auf Artikel 36 der Bundesverfassung stützt.

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Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 7. Mai 1969 Im Namen des schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: L. von Moos Der Bundeskanzler: Huber

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(Entwurf)

Bundesbeschluss über die Bewilligung eines Verpflichtungskredites für die Erweiterung des Fernmeldegebäudes auf dem Säntis Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 7. Mai 1969, beschliesst: Art. l

Für die Erweiterung des Fernmeldegebäudes auf dem Säntis wird ein Verpflichtungskredit von 18 550 000 Franken bewilligt.

« Art. 2 1 2

Dieser Beschluss ist nicht allgemeinverbindlich und tritt sofort in Kraft.

Der Bundesrat wird mit dem Vollzug beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Bewilligung eines Verpflichtungskredites für die Erweiterung des Fernmeldegebäudes auf dem Säntis (Vom 7. Mai 1969)

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1969

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10268

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30.05.1969

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