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Ablaufder Referendumsfrist: 26.Juni 1969

Bundesgesetz iiber den Verkehr mit Giften (Giftgesetz) # S T #

(Vom21.Marzl969) Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestutzt auf die Artikel 31bls, Absatz 2, 34blB, 34ter, 641"8 und bifl 69 derBundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 22.Mai 1968 1), beschliesst: I. Geltungsbereich und Begriffsbestimmungen

Geltungsberelch

BegtIff der Gltte

Art.l Der Verkehr mit Giften unterliegt den Bestimmungen dieses Gesetzes.

a Auf den Verkehr mit Stoffen, die den Korper ausschliesslich durch ionisierende Strahlen zu schadigen vermogen, ist dieses Gesetz nicht anwendbar.

3 Auf den Verkehr mit Giften, die als landwirtschaftliche Hilf sstoffe dienen, sind ausser diesem Gesetz die Bestimmungen iiber den Verkehr mit landwirtschaftlichen Hilfsstoffen und auf den Verkehr mit Giften, die der SchadlingsbekSmpfung dienen, ausserdem die Bestimmungen iiber den Natur- und Heimatschutz anwendbar.

4 Vorbehalten bleiben die eidgenossischen und kantonalen Bestimmungen iiber die Heilmittel sowie den Verkehr mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen.

1

Art. 2 Als Gifte gelten unbelebte Stoffe und daraus hergestellte Erzeugnisse, die, vom Korper aufgenommen oder mit ihm in Beriihrung gebracht, schon in verhaltnismassig geringen Mengen durch « BB1 1968 T 1429

571 chemische oder chemisch-physikalische Wirkung das Leben oder die Gesundheit von Menschen und Tieren gefährden können und deren Handhabung daher besondere Vorsicht verlangt.

Art. 3 Als Verkehr gilt insbesondere das Herstellen, Verarbeiten, Aufbewahren, Verwenden, Einführen, Abgeben, Beziehen, Anpreisen, Anbieten oder Beseitigen.

a Als Inverkehrbringen gilt das erstmalige Herstellen oder Einführen sowie das erstmalige Anpreisen oder Anbieten zum Zwecke des Verkaufs im Inland.

3 Beförderung im Inland, Durchfuhr und Ausfuhr gelten nicht als Verkehr im Sinne dieses Gesetzes ; sie richten sich nach der Bundesgesetzgebung über den Post-, Eisenbahn-, Strassen-, Luft- und Schiffsverkehr und die Rohrleitungsanlagen.

1

Begriffe des Verkehre und des Inverkehrbringens

II. Giftliste

Art. 4 Die zum Verkehr zugelassenen Gifte werden in einer Gifth'ste Aufnahme namentlich oder als Giftgruppen aufgeführt, mit Ausnahme jener, die ausschliesslich zu Forschungszwecken, als Ausgangsstoffe, Hilfsstoffe oder Zwischenprodukte für chemische Produktionsprozesse dienen, 2 In der Gifth'ste werden die Gifte in 5 Klassen eingeteilt, wobei die Klasse I dem höchsten, die Klasse 5 dem niedrigsten Gefährlichkeitsgrad entspricht.

3 Die Aufnahme in die Giftliste kann an Bedingungen oder Auflagen geknüpft werden.

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Art. 5 Ein Gift darf erst in den Verkehr gebracht werden, wenn es in die Giftliste aufgenommen ist.

Art. 6 Wer ein Gift in den Verkehr zu bringen beabsichtigt, das nach Artikel 4, Absatz l in die Giftliste aufzunehmen ist, hat es beim Eidgenössischen Gesundheitsamt anzumelden.

a Mit der Anmeldung sind geeignete Prüfungsausweise über die Giftigkeit und Gefährlichkeit des Stoffes oder Erzeugnisses und soweit nötig ein Muster des Giftes und die erforderlichen Unterlagen für die Beurteilung der Schutzmassnahmen beizubringen.

1

Wirkung der Aufnahme

Anmeldung

572 III. Berechtigung zum Verkehr mit Giften

Art. 7 Grundsatz der Verkehrsbewüligung

1

Der Verkehr mit Giften bedarf, unter Vorbehalt der Ausnahmen in Artikel 9, Absatz 2, Artikel 11 und 12, einer Bewilligung.

2 Gifte dürfen nur abgegeben werden, wenn der Bezüger sich über den Besitz der erforderlichen Bewilligung ausweist.

Art. 8 Allgemeine Bewilligung

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Der Verkehr mit Giften der Klassen l bis 4 sowie mit Giften, die ausschliesslich zu Forschungszwecken, als Ausgangsstoffe, Hilfsstoffe oder Zwischenprodukte für chemische Produktionsprozesse dienen, ist, unter Vorbehalt von Artikel 9, nur Inhabern einer allgemeinen Bewilligung erlaubt.

2 Die allgemeine Bewilligung ist Personen zu erteilen, die über die nötigen persönlichen und fachlichen Voraussetzungen für den Verkehr mit Giften verfügen, oder Firmen, Betrieben, Anstalten und Instituten, in denen Personen, welche diese Voraussetzungen erfüllen, für den Verkehr mit Giften verantwortlich sind.

3

Der Bundesrat kann die Bewilligung a. an zusätzliche Voraussetzungen knüpfen für den Verkehr mit Giften der Klasse l, deren Handhabung besondere Kenntnisse erfordert; b. an erleichterte Voraussetzungen knüpfen 1. für den Grosshandel, 2. für den Verkehr mit bestimmten Arten von G iften der Klassen l bis 4.

Art. 9 BezugsbewUllgung, Empfangsbestätigung

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Wer bestimmte Gifte der Klassen l bis 3 zur eigenen Verwendung oder Verarbeitung beziehen will, bedarf für deren Bezug, Verwendung oder Verarbeitung und Aufbewahrung keiner allgemeinen Bewilligung gemäss Artikel 8.

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Er kann beziehen a. für Gewerbe, Industrie, Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Unterricht und Wissenschaft 1. Gifte der Klassen l und 2 mit Bewilligung zum einmaligen Bezug(Giftschein)oder zum wiederholten Bezug(Giftbuch), 2. Gifte der Klasse 3 gegen Empfangsbestätigung ; b. im übrigen .1. Gifte der Klasse 2 mit Bewilligung zum einmaligen Bezug (Giftschein), 2. Gifte der Klasse 3 gegen Empfangsbestätigung.

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Der Bundesrat kann a. für Gifte der Klasse l die Bezugsbewilligung an zusätzliche Voraussetzungen knüpfen; b. bei besonderen Arten des Grossverbrauchs für Gifte der Klasse 2 Erleichterungen bei der Erteilung der Bezugsbewilligung festsetzen und unter besonderen Voraussetzungen für Gifte der Klasse 3 die Empfangsbestätigung erlassen.

Art. 10 Der Bundesrat regelt Gültigkeitsdauer, Erlöschen und Entzug Gùitigkdtsdaucrder der Bewilligungen.

Bewilligungen

Art. 11 Bezug und Auf bewährung von Giften der Klasse 4 zur eigenen Freier Bezug Verwendung oder Verarbeitung sind frei.

Art. 12 Der Verkehr mit Giften der Klasse 5 ist frei ; vorbehalten bleibt FTMTM verkehr Artikel 13.

Art. 13 1

Folgende Arten des Verkehrs mit Giften sind verboten : verbot des a. die Abgabe im Wanderhandel, durch Automaten, durch Selbstbedienung oder in offenen Verkaufsstellen ; b. die Aufnahme von Bestellungen durch Handelsreisende, soweit der Besteller die Gifte nicht wiederverkauft oder im eigenen Betrieb verwendet; c. der Kleinverkauf von giftigen Markenartikeln in anderen als Originalpackungen.

2 Der Bundesrat kann die Abgabe von Giften der Klasse 5 durch Selbstbedienung gestatten, wenn dies den Schutz von Leben oder Gesundheit nicht beeinträchtigt.

3 Er kann die Verwendung bestimmter giftiger Stoffe zu bestimmten Zwecken verbieten, wenn Leben oder Gesundheit auf keine andere Weise zu schützen sind.

FV. Schutzmassnahmen

Art. 14 Wer mit Giften verkehrt, ist verpflichtet, alle zum Schütze von Grundsatz Leben oder Gesundheit notwendigen Massnahmen zu treffen.

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Verpackungen und Behälter im besonûem

Unschädlichmachung

Art. 15 Verpackungen und Behälter von Giften müssen so beschaffen, bezeichnet und gekennzeichnet sein, dass eine Gefährdung von Leben oder Gesundheit, insbesondere durch Verwechslung mit Lebensmitteln, anderen ungiftigen Stoffen oder Heilmitteln, nach Möglichkeit ausgeschlossen ist.

2 Aus der Beschriftung von Verpackungen und Behältern, in denen Gifte abgegeben werden, müssen hervorgehen : a. die Art des Giftes; b. je nach dem Gefährlichkeitsgrad des Giftes der prozentuale Giftgehalt; c. die Giftklasse; d. unzulässige Verwendungsarten ; e. die Schutzmassnahmen bei der Verwendung des Giftes ; /. je nach dem Gefährlichkeitsgrad des Giftes die Massnahmen der ersten Hilfe für den Fall der Vergiftung; g, der Verkäufer, Hersteller oder Importeur.

3 Gifte der Klassen l bis 3 sind überdies durch Färbung, Warngeruch oder Vergällung zu kennzeichnen, sofern dies nötig und im Hinblick auf ihre chemischen Eigenschaften und ihre Verwendung möglich ist.

4 Der Bundesrat kann, soweit der Schutz von Leben oder Gesundheit nicht beeinträchtigt wird, die Verpflichtungen nach Absatz l bis 3 für bestimmte Arten des Verkehrs oder für den Verkehr mit bestimmten Giften erleichtern, insbesondere für den Verkehr innerhalb oder zwischen Betrieben der chemischen Industrie, des Chemikalien-Grosshandels und des Grossverbrauchs, die der obligatorischen Unfallversicherung gemäss dem Bundesgesetz über die Kranken- und Unfallversicherung1' unterstehen.

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Art. 16 Gifte, die der Besitzer nicht mehr aufbewahren will oder die er nicht mehr vorschriftsgemäss aufbewahren kann, sind unschädlich zu machen. Dabei sind alle Massnahmen zu treffen, die geeignet sind, eine Verunreinigung von Wasser, Luft und Boden auszuschliessen.

ì Die Unschädlichmachung obliegt, unter Vorbehalt von Absatz 3 und 4, dem Besitzer der Gifte.

3 Der Besitzer von im Kleinverkauf bezogenen Giften hat diese dem Abgeber zurückzugeben. Rückgabe und Rücknahme sind unentgeltlich.

1

^BS 8,281,319.

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* Soweit der Besitzer selbst die Gifte nicht unschadlich machen kann, sorgen daf iir die Kantone, notigenfalls unter Mitwirkung des Bundes und in Zusanimenarbeit mit den Fachverbanden. Sie konnen Gebiihren erheben, soweit es sich nicht um Gifte im Sinne von Absatz 3 handelt.

Art. 17 Die Inhaber von Betrieben, die mit Giften verkehren, sind BBesondere ausserdem verpflichtet, alle anderen nach der Erfahrung notwendi- Schutzj gen, nach dem Stands der Technik anwendbaren und den Verhalt- iin Betrieben nissen des Betriebes angemessenen Schutzmassnahmen gegen Vergiftungen der Arbeitnehmer zu treffen und Hinweise fur die erste Hilfe bekanntzumachen.

* Vorbehalten bleibt die eidgenossische Gesetzgebung iiber den Schutz der Arbeitnehmer und die Kranken- und Unfallversicherung.

1

V. Forderung der Kenntnisse iiber Gifte imd Vergiftungen

Art. 18 Der Bund errichtet eine toxikologische Dofcumentationsstelle.

Art. 19 Unter den vom Bundesrat festzulegenden Bedingungen gewahrt der Bund Beitrage an die Kosten von Giftauskunftsstellen.

a Der Bundesrat legt die Bedingungen fest, unter denen diesen Stellen vom Eidgenossischen Gesundheitsamt zum Zwecke der Auskunftserteilung Angaben iiber die Zusammensetzung von Erzeugnissen gemacht werden konnen.

1

Art. 20 Der Bund fordert die wissenschaftliche Lehre und Forschung auf dem Gebiete der Toxikologie.

Dokumentationestclle

Giftaustunftsstellen

Lebie und Forschung

VI. Beborden und Verfahren

Art. 21 Der Vollzug des Gesetzes obliegt, unter Vorbehalt der Artikel 22 bis 26, den Kantonen. Diese bezeichnen die zustandigen Vollzugsbehorden; sie erlassen die notwendigen organisatorischen Bestiramungen, die der Gcnchmigung durch den Bundesrat bediirfen.

2 Die zustandigen kantonalen Behorden iiberwachen den Giftverkehr auf ihrem Gebiet; sie erteilen die Bewilligungen gemass Artikel 8 und 9 und sorgen f iir die Durchfiihrung der Schutzmass1

Kantone

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nahmen gemäss Artikel 14 bis 17, unter Vorbehalt der Artikel 25, Absatz l und 27. Sie können für die Erteilung der Bewilligungen sowie für besondere Kontrollen innerhalb eines vom Bundesrat festzusetzenden Rahmens Gebühren erheben.

3 Der Bund ersetzt den Kantonen 30 bis 50 Prozent der ihnen aus dem Vollzug des Gesetzes entstehenden Auslagen. Für die Berechnung des Bundesbeitrages scheiden die Personalausgaben aus.

Bundesaufsictt

Bundesm

Eidgenössisches Departement des Innern

Eidgenftqsiccttes Gesundheitsamt

Art. 22 Der Bund übt die Oberaufsicht über den kantonalen Vollzug des Gesetzes aus. Er kann den Kantonen Weisungen erteilen.

Art. 23 Der Bundesrat bestellt eine Eidgenössische Giftkommission aus Vertretern der zuständigen eidgenössischen und kantonalen Amtsstellen, der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt, der Wissenschaft und der interessierten Kreise. Die Kommission begutachtet zuhanden der Bundesbehörden Fragen der Rechtssetzung und grundsätzliche Fragen des Vollzugs. Sie ist befugt, Anregungen zu machen.

2 Der Bundesrat bestellt ausserdem die in Artikel 31, Absatz 2 vorgesehene Expertenkommission.

3 Der Bundesrat bestimmt, in welcher Form die Giftliste und ihre Nachträge zu veröffentlichen sind und regelt die für Anmeldung und Prüfung zu entrichtenden Gebühren.

4 Der Bundesrat regelt die Zusammenarbeit zwischen der Zollverwaltung und dem Eidgenössischen Gesundheitsamt bei der Überwachung der Gifteinfuhr.

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Art. 24 Das Eidgenössische Departement des Innern setzt einen Fachausschuss aus Vertretern der zuständigen eidgenössischen und kantonalen Amtsstellen, der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt und der Wissenschaft ein, der sich mit der Begutachtung der Gifte, insbesondere hinsichtlich der Aufnahme in die Gifthste, der Einteilung in die Giftklassen und der daran zu knüpfenden Bedingungen oder Auflagen, befasst.

Art. 25 Das Eidgenössische Gesundheitsamt führt die Giftliste, citeilt die Bewilligungen für Betriebe des Bundes und sorgt, unter Vorbehalt von Artikel 27, für die Durchführung der Schutzmassnahmen in diesen Betrieben.

1

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Es verfiigt uber die Aufnatune angemeldeter Stoffe oder Erzeugnisse in die Giftliste gestiitzt auf das Gutachten des Fachausschusses.

3 Handelt es sich bei den angemeldeten Erzeugnissen um Publikumsprodukte, so entscheidet das Gesundheitsamt binnen zwei Monaten liber die Aufnahme in die Giftliste, ohne das Gutachten des Fachausschusses einzuholen. Im Zweifel iiberweist es die Anmeldung unverziiglich dem Fachausschuss zur Priifung; die Priifung der Publikumsprodukte geniesst den Vorrang.

4 Der Bundesrat bestimmt, welche Stoffe oder Erzeugnisse als Publikumsprodukte gelten.

5 Das Gesundheitsamt kann nicht angemeldete Stoffe oder Erzeugnisse von Amtes wegen auf ihre Giftigkeit priifen oder priifen lassen und die Aufnahme in die Giftliste verfiigen.

Art. 26 Die Gifteinfuhr wird von der Zollverwaltung im Einvernehmen mit dem Eidgenossischen Gesundheitsamt iiberwacht.

Art. 27 Der Vollzug der Massnahmen zum Schutze der Arbeitnehmer in Betrieben, die dem Bundesgesetz iiber die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel (Arbeitsgesetz)1) oder der obligatorischen Unfallversicherung gemass dem Bundesgesetz iiber die Krankenund Unfallversicherunga) unterstehen, richtet sich nach den Bestimmungen dieser Gesetze, Art. 28 Wer mit Giften verkehrt, ist verpflichtet, den Vollzugs- und Aufsichtsorganen, soweit esfiir die Durchf iihrung des Gesetzes und der Ausfuhrungsbestinimungen erforderhch ist, Auskunft zu erteilen, Einsicht in die Unterlagen zu gewahren, Zutritt zu den Betriebs- und Lagerraumen sowie Probcn-Entnahmen zu gestatten.

Art. 29 Die Vollzugs- und Aufsichtsorgane, die Mitglieder der Eidgenossischen Giftkommission, der Expertenkommission nachArtikel 31, Absatz 2 und des Fachausschusses sowie die Organe der Giftauskunftsstellen, soweit sie nicht auf Grund der vom Bundesrat gemass Artikel 19, Absatz 2 festgelegten Bedingungen zur Auskunftscrtcilung eraiachtigt sind, und die Empfanger von Auskünften der Giftauskunftsstellen unterstehen der Schweigepflicht.

"·> AS 1966, 57.

*>BS8,281,319.

Zollvetwaltung

Vollmgsbehorden fur Arbcitsgesetz und Krankcnund Unfallvcrsicherungsgeseiz

Auskunfcspflichc

Schweigepflicht

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Art. 30 Verfugungen der Vollzugsbehorden

Kommt jemand den Verpflichtungen nicht nach, die ihm auf Grand dieses Gesetzes oder seiner Ausfuhrungsbestimmungen obliegen, so trifft die zustandige Behorde nach Anhoren des Beteiligten die notigen Verfugungen.

Art. 31 Verwaltungsrechtspflege

1

Gegen Verfugungen des Eidgenossischen Gesundheitsamtes, die sich auf dieses Gesetz oder dessen Ausfuhrungsbestimmungen stiitzen, ist zunachst die Beschwerde an das Eidgenossische Departement des Innem nach Artikel 44 if. des Bundesgesetzes tiber das Verwaltungsverfahren 1), gegen Entscheide des Departements des Innern und letzter kantonaler Instanzen die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht nach Artikel 97 ff. des Bundesgesetzes uber die Organisation der Bundesrechtspflege 2> zulassig.

a

Das Departement des Innern hort vor der Beurteilung von Beschwerden, die sich gegen Verfugungen betreffend die Aufnahme in die Gifthste richten, auf Begehren des Beschwerdefiihrers und, wenn dieser unterliegt, auf dessen Kosten eine unabhangige Expertenkommission an.

VII. Strafbestimmungen

Widethandlungen: Vergehea

Art. 32 1. Wer ein noch nicht in die Giftliste aufgenommenes Gift, das nicht ausschliesslich zu Forschungszwecken, als Ausgangsstoff, Hilfsstoff oder Zwischenprodukt fiir chemische Produktionsprozesse dient, in den Verkehr bringt (Art. 5), wer mit Giften der Klassen 1 bis 4 verkehrt, ohne im Besitze der erforderlichen Bewilligung zu sein (Art. 3, Art.8 und Art. 9, Abs. 2, Buchstabe a, Ziff. 1 und Buchstabe b, Ziff. 1 sowie Abs. 3), wer Gifte der Klassen 1 bis 3 an einen Beziiger abgibt, der sich nicht liber den Besitz der erforderlichen Bewilligung ausweist, oder wer unbefugt Gifte der Klasse 3 ohne Empfangsbestatigung abgibt (Art. 7 bis 9), wer, urn sich oder einem andern Gifte zu verschafFen, eine Bewilligung erschleicht oder eine erschlichene Bewilligung verwendet, wer die vorgcschriebenen Schutzmassnahmen ganz oder teilweiseunterlasst (Art. 15 bis 17),

D BB11968, II, 1222.

2 > BS 3, 531; BB11968, II, 1200.

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wer die ihm auferlegte Schweigepflicht verletzt, sofern keine schwerere straf bare Handlung vorliegt (Art. 29), wird, wenn er vorsatzlich handelt, mit Haft oder mit Busse bis zu funftausend Franken bestraft. In schweren Fallen kann auf Gefangnis bis zu sechs Monaten erkannt werden; mit Gefangnis kann Busse bis zu zwanzigtausend Franken verbunden werden.

2. Handelt der Tater fahrlassig, so ist die Strafe Busse bis zu zweitausend Franken.

Art. 33 Wer in anderer Weise den Vorschriften dieses Gesetzes oder Übertretungen den gestiitzt darauf erlassenen Ausfuhrungsbestimmungen oder einer entsprechenden unter Hinweis auf die Strafandrohung an ihn gerichteten Einzelverfiigung (Art. 30) vorsatzlich zuwiderhandelt, wird mit Haft oder mit Busse bis zu fiinftausend Franken bestraft.

!

Handelt der Tater fahrlassig, so ist die Strafe Busse bis zu tausend Franken.

1

Art. 34 Wird eine Widerhandlung im Geschaftsbetrieb oder bei Besorgung der Angelegenheiten einer juristischen Person, einer Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft oder einer Einzelfirma oder sonst in Ausiibung geschaftlicher oder dienstlicher Verrichtungen fur einen andern begangen, so finden die Straf bestimmungen auf diejenigen Personen Anwendung, welche die Tat veriibt haben.

Art. 35 Hat der Tater durch eine Widerhandlung gemass Artikel 32 oder 33 einen unrechtmassigen Vermogensvorteil erlangt, so hat ihn der Richter zur Bezahlung des entsprechenden Betrages an den Staat zu verarteilen.

Art. 36 Der Richter kann ohne Rucksicht auf die Straf barkeit einer bestimmten Person die Einziehung von Giften, soweit sie zur Begehung einer Widerhandlung gemass Artikel 32 oder 3 3 gedient haben oder bestimmt waren oder durch eine solche Widerhandlung hervorgebracht worden sind, und notigenfalls der dazugehorigen Behalter verfiigen. Der Erlos aus eingezogenen Giften und deren Behaltern kann dem fruheren Eigentumer je nach dessen Verschulden ganz oder teilweise zuriickerstattet werden.

2 Die mit dem Vollzug dieses Gesetzes betrauten Behorden konnen als vorsorgliche Massnahme die Beschlagnahme verfiigen; 1

Juristische Personen* Goellschafien und Einzel·firmfel

Unrechtmassiger VcrmOgensvorteil

Rlchterlichc Einziehung: Beschlagnahme

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sie können zu deren Durchführung die Hilfe der örtlichen Polizeiorgane in Anspruch nehmen.

3 Die Einziehung durch eine kantonale Verwaltungsbehörde auf Grund kantonalen Rechts bleibt vorbehalten.

Art. 37 Strafverfolgung

Die Strafverfolgung ist Sache der Kantone.

VIII. Übergangs- und Schlussbestimmungen

Übergangsbestimmung

Inkrafttreten.

eidgenössische Ausführungsbestimmungen und Aufhebung kantonaler Vorschriften

Art. 38 Das Eidgenössische Gesundheitsamt stellt auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes nach Anhören von Experten erstmals die Giftliste auf. Diese Giftliste gilt als beschwerdefähige Verfügung; dagegen eingereichte Beschwerden haben keine aufschiebende Wirkung.

2 Wer im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes Gifte in den Verkehr gebracht hat, die noch nicht in die Giftliste aufgenommen sind, hat diese innert einer Frist von sechs Monaten beim Gesundheitsamt anzumelden. Für diese Anmeldung wird keine Gebühr erhoben. Die Widerhandlung ist gemäss Artikel 33 ff. strafbar.

3 Von der Anmeldung ausgenommen sind die Gifte, die ausschliesslich zu Forschungszwecken, als Ausgangsstoffe, Hilfsstoffe oder Zwischenprodukte für chemische Produktionsprozesse dienen.

1

Art. 39 Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt, in dem dieses Gesetz in Kraft tritt.

2 Er erlässt die notwendigen Ausführungsbestimmungen nach Anhören der Kantone und der zuständigen Organisationen der Wirtschaft.

3 Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes sind die kantonalen Vorschriften, die vom Gesetz geregelte Sachgebiete betreffen, aufgehoben.

1

Also beschlossen vom Ständerat, Bern, den 21. März 1969 Der Präsident : C.Clavadetscher Der Protokollführer: Sauvant

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Also beschlossen vom Nationalrat, Bern, den 21. Marz 1969 Der Prasident: M.Aebischer Der Protokollfuhrer: F.Koehler Der Sckweizerische Bundesrat beschliesst: Das vorstehende Bundesgesetz ist gemass Artikel 89 Absatz 2 der Bundesverfassung und Artikel 3 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874 betreffend Volksabstimmung iiber Bundesgesetze und Bundesbeschlusse zu veröffentlichen Bern, den 21. Marz 1969 Im Auftrag des Schweizerischen Bundesrates Der Bundeskanzler: Huber

Datum der Veroffentlichung: 28. Marz 1969 Ablauf der Referendumsfrist: 26. Juni 1969 0097

Bundesblatt. lll.Jahrg. Bd.I

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Bundesgesetz über den Verkehr mit Giften (Giftgesetz) (Vom 21.März l969)

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1969

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12

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

28.03.1969

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