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Bundesblatt

Bern, den 1. August 1969

121. Jahrgang

Bandii

Nr. 30 Erscheint wöchentlich. Preis : Inland Fr. 40.- im Jahr, Fr. 23.- im Halbjahr, Ausland Fr. 52.im Jahr, zuzüglich Nachnahme- und Postzustellungsgebuhr. Inseratenverwaltung: Permedia, Publicitas AG, Abteilung für Periodika, Hirschmattstrasse 42,6002 Luzern, Tel. 041/23 66 66

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Botschaft

des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Erhaltung des Landesbestandes an diensttauglichen Trainpferden und Maultieren (Vom 2. Juli 1969) Herr Präsident, Hochgeehrte Herren, Wir haben die Ehre, Ihnen den Entwurf eines Bundesbeschlusses über die Erhaltung des Landesbestandes an diensttauglichen Pferden und Maultieren zu unterbreiten.

I. Übersicht

Das Trainpferd ist ein wichtiges Hilfsmittel der militärischen Landesverteidigung, das vor allem im Gebirge unentbehrlich ist. Die fortschreitende Mechanisierung der Landwirtschaft und der damit verbundene Rückgang der Nachfrage nach Zugpferden, insbesondere nach ausgewachsenen Freiberger Pferden, erheischen dringende Massnahmen zur Erhaltung des Landesbestandes an diensttauglichen Tieren. Die Ihnen unterbreitete Vorlage sieht deshalb die Ausrichtung einer jährlichen Prämie an die Halter solcher Tiere vor.

H. Vorgeschichte

Am 3. März 1965 hat Nationalrat Bienz eine Motion folgenden Wortlautes eingereicht: «Anlässlich der Diskussion um die neue Truppenordnung befürchtete man, als Folge der zunehmenden Motorisierung, einen starken Rückgang des Pferdebestandes in der Armee.

Die Erfahrungen der Truppe, ganz besonders der Gebirgstruppe, haben aber gelehrt, dass wir nach wie vor auf einen bestimmten Pferdebestand angewiesen sind.

In den letzten Jahren hat nun der Pferdebestand in der Landwirtschaft bedeutend abgenommen.

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Erhebungen haben gezeigt, dass, bei gleichmässigem Rückgang des Pferdebestandes, bis zum Jahre 1970 die nötigen Pferde für die Belieferung der Armee kaum mehr vorhanden sein werden.

Der Bundesrat wird deshalb gebeten, Bericht und Antrag zu stellen, welche Massnahmen er zu ergreifen gedenkt, um den Rückgang der zivilen Pferdezucht und Pferdehaltung aufzufangen und die Versorgung der Armee mit diensttauglichen Pferden sicherzustellen.» Der Bundesrat hat diesen Vorstoss in der Sommersession 1966 am 23. Juni in der Form eines Postulates entgegengenommen mit der Erklärung, dass die Frage geprüft werde. Bereits damals wurde die Ausrichtung von Halteprämien in Erwägung gezogen.

Sodann reichte Ständerat Buri am 9. März 1967 eine Kleine Anfrage ein, die sich auf das gleiche Problem bezog. In seiner Antwort vom 14. August 1968 konnten wir bestätigen, dass die Frage der Erhaltung eines genügenden Bestandes an diensttauglichen Trainpferden und Maultieren die Bundesbehörden nach wie vor beschäftige. Auf Grund eingehender Studien sei ein Bundesbeschluss betreffend Halteprämien in Vorbereitung.

Im Abschnitt «Förderung der Tierzucht» des zweiten Teils unseres vierten Berichtes über die Lage der schweizerischen Landwirtschaft und die Agrarpolitik des Bundes vom 26. Februar 1969, haben wir auf das Verschwinden des Zugpferdes hingewiesen und erneut eine Vorlage betreffend die Ausrichtung von Halteprämien angekündigt (vgl. BB119691441, letzter Abs.).

Auch der Generalstabschef hat verschiedentlich auf die besorgniserregende Lage und auf die Dringlichkeit von Massnahmen zur Erhaltung des Landesbestandes an armeetauglichen Trainpferden und Maultieren aufmerksam gemacht.

III. Heutige Lage Der schweizerische Bestand an Gebrauchspferden ist in den letzten Jahren dauernd gesunken und betrug Ende 1968 nur noch rund 52 000 Stück, d. h.

nicht einmal mehr die Hälfte des Vorkriegsbestandes. Dieser Rückgang betrifft beinahe ausschliesslich Zucht und Bestand von Kaltblutpferden. In den letzten fünf Jahren hat sich ihre Gesamtzahl jährlich um mehr als 6000 vermindert.

Dagegen zeigt sich bei den Halbblutpferden eine Aufwärtsentwicklung. Ihr Bestand nimmt jährlich um etwa 1000 Stück zu. Der jährliche Netto-Verlust an Gebrauchspferden beträgt somit rund 5000 Stück.

Die voraussichtliche Bestandesentwicklung für die Gebrauchspferde
ergibt folgendes Bild, wobei die Zahlen für das laufende und das nächste Jahr als sehr optimistisch zu bezeichnen sind : Total davon schätzungsweise Gebrauchspferde Kaltblut Halbblut

1966 1967 1968 1969 1970

59300 54800 51 500 49000 46500

45300 39800 35 500 32000 28500

14000 15000 16 000 17000 18000

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Der Bedarf der Armee an Trainpferden und Maultieren im Fall einer Kriegsmobilmachung kann ab 1. Janur 1969 wie folgt berechnet werden: Gebirgsarmeekorps 3 , 6 471 Feldarmeekorps l, 2, 4 2 247 Veterinärtruppen l 280 Sollbestand 9 998 d. h. rund 10 000 Mobilmachungsreserve 15 % l 500 Insgesamt 11 500 Die wünschbare Kriegsreserve wird in unseren Berechnungen ausser acht gelassen.

Für die Beschaffung der für den Traindienst erforderlichen Tiere ist die Armee ausschliesslich auf die Requisition angewiesen. Da sich der Einsatz des Trainpferdes immer mehr auf den Dienst im Gebirge konzentriert, müssen Pferde requiriert werden, die auch als Saumtiere verwendbar sind. Dazu eignen sich vor allem die Kaltblutpferde und nur ausnahmsweise Tiere des Halbblutes.

Erfahrungsgemäss sind nur rund 45 Prozent des Kaltblut- und etwa ein Drittel des Halbblutpferdebestandes - letztere vorwiegend als Reitpferde diensttauglich.

Nach den Ergebnissen der militärischen Pferdeinspektionen ging in den letzten Jahren der Bestand an diensttauglichen Trainpferden und Maultieren wie folgt zurück: 1954: 43 614 Pferde und 970 Maultiere 1962: 23 625 Pferde und 607 Maultiere 1964: 17 803 Pferde und 466 Maultiere 1966: 16 197 Pferde und 381 Maultiere 1968: 11 205 Pferde und 270 Maultiere Der gegenwärtige Bestand an diensttauglichen Trainpferden und Maultieren deckt also knapp den Armeebedarf. Ohne Massnahme zur Erhaltung dieses Bestandes ist damit zu rechnen, dass bei gleichen Anforderungen an die Diensttauglichkeit die von der Armee unbedingt benötigten Trainpferde nicht mehr gestellt werden können. Beim Halbblut bestehen dank der durch die zivile Nachfrage bedingten Bestandeserweiterung für die Deckung des Armeebedarfes an Reitpferden keine Schwierigkeiten.

IV. Die Massnahmen

Die Hauptursache des Rückgangs des Pferdes als Zugkraft liegt in der Verteuerung der Arbeitskräfte und im technischen Fortschritt. Das Pferd wurde vom leistungsfähigeren Motor verdrängt. Dadurch wurde die Produktivität der eingesetzten Arbeitskräfte erheblich gesteigert. Es ist anzunehmen, dass die betriebswirtschaftliche Tendenz zum Ersatz des Pferdes durch den Motor auch in nächster Zeit andauern wird.

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Unter bestimmten Voraussetzungen hat aber das Pferd nach wie vor als Zugkraft eine Bedeutung, so vor allem in Betrieben mit genügend familieneigenen Arbeitskräften und mit ungünstigen Geländeverhältnissen. Auch wird festgestellt, dass selbst in landwirtschaftlichen Gebieten des Flachlandes, wo Arbeiten mit Traktoren günstig ausgeführt werden können, viele Landwirte nicht auf die Haltung eines Pferdes verzichten. Sie halten aber meist ältere, dienstuntaugliche Pferde. Es ist deshalb eine Lösung in Aussicht zu nehmen, die das Interesse am Kauf und an der Haltung eines jüngeren Zugpferdes wieder hebt.

Eine Erhöhung des Bestandes an diensttauglichen Pf erden ist kaum zu er warten und wird auch nicht angestrebt. Es handelt sich vielmehr darum, den Rückgang zu bremsen und nach Möglichkeit den gegenwärtigen Zustand zu erhalten, unter gleichzeitiger Verjüngung des Bestandes. So wurde die jetzt vorgeschlagene Lösung, d. h. die Ausrichtung von Halteprämien für diensttaugliche Trainpferde und Maultiere ins Auge gefasst. Diese Lösung wurde mit Vertretern der Abteilung für Landwirtschaft, des Bauernsekretariates und des Schweizerischen Pferdezuchtverbandes besprochen. Um auch die Pferdehalter zum Wort kommen zu lassen, wurde zuhanden der Pferdestellungsorgane ein Kreisschreiben erlassen mit dem Ersuchen, die Frage bei den Pferdeinspektionen im Jahre 1968 mit den Haltern zu erörtern.Die begrüssten Kreise stehen der Ausrichtung einer jährlichen Halteprämie positiv gegenüber und glauben, dass es dadurch eher möglich sein werde, den Armeebedarf an Trainpferden zu sichern.

V. Finanzielle Auswirkungen Über die Höhe der auszurichtenden Prämie gehen die Meinungen stark auseinander. Im Durchschnitt betrachtet man eine jährliche Prämie von 500 bis 600 Franken als ausreichend. Die Haltung eines Pferdes kostet jährlich etwa 2000 bis 2300 Franken. Eine Prämie im erwähnten Betrag würde also zweifellos die Haltung eines Pferdes erleichtern. Bei einem Bestand von 10 000 bis 12 000 diensttauglichen Trainpferden und Maultieren kann also der jährliche Zahlungsbedarf auf etwa 6 Millionen Franken geschätzt werden.

Es bleibt abzuwarten, ob sich diese Voraussage als richtig erweist, mit ändern Worten, ob die Ausrichtung von Prämien den erhofften Anreiz zur Haltung diensttauglicher Trainpferde und Maultiere bildet. Sollte dies
nicht der Fall sein, müssten andere Lösungen gesucht werden. Es erscheint daher angebracht, die nun vorgeschlagene Regelung zeitlich zu begrenzen, wobei zwei Jahre als angemessen erscheinen. Aus diesem Grunde wird ein Rahmenkredit für die Jahre 1970-1971 beantragt. Je nach den Erfahrungen wird zu gegebener Zeit zu entscheiden sein, ob und in welchem Ausmass weiterhin Halteprämien ausgerichtet werden sollen.

Die verfassungsmässige Zuständigkeit der Bundesversammlung ergibt sich aus den Artikeln 20 und 85 Ziffer 10 der Bundesverfassung. Da der Beschluss

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befristet ist, rechtssetzende Normen enthält und auch den Bundesrat beauftragt, solche zu erlassen, hat er in der Form eines allgemeinverbindlichen Bundesbeschlusses zu ergehen (Art. 6 Abs. l des Geschäftsverkehrsgesetzes).

Mit der Beschlussfassung über diesen Antrag wird dem Postulat No. 9196 (Bienz) vom 23. Juni 1966 betreffend Versorgung der Armee mit Pferden Rechnung getragen. Dieses kann abgeschrieben werden.

Gestützt auf diese Ausführungen beehren wir uns, Ihnen den beiliegenden Entwurf zu einem Bundesbeschluss zur Annahme zu empfehlen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 2. Juli 1969 Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: L. von Moos Der Bundeskanzler: Huber

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(Entwurf)

Bundesbeschluss über die Erhaltung des Landesbestandes an diensttauglichen Trainpferden und Maultieren

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf die Artikel 20 und 85 Ziffer 10 der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 2. Juli 1969, beschliesst:

Art. l Zur Erhaltung des Landesbestandes an zu requirierenden diensttauglichen Trainpferden und Maultieren kann der Bundesrat Prämien ausrichten.

2 Empfänger der Prämien sind die Halter von diensttauglichen Trainpferden und Maultieren.

1

Art. 2 Für die Jahre 1970-1971 wird ein Rahmenkredit von 12 Millionen Franken bewilligt.

Art. 3 1

Der Bundesrat setzt Art und Höhe der Prämien und die Bedingungen für deren Ausrichtung fest.

2

Der jährliche Zahlungsbedarf ist im Voranschlag einzustellen.

1

Dieser Beschluss tritt am 1. Januar 1970 in Kraft und gilt bis Ende 1971.

Art. 4 2

Der Bundesrat wird beauftragt, gemäss den Bestimmungen des Bundes gesetzes vom 17. Juni 1874 betreffend Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse die Bekanntmachung dieses Beschlusses zu veranlassen.

0869

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