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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Erteilung einer neuen Konzession für die Wengernalpbahn (Vom 13, August 1969)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen mit dieser Botschaft den Entwurf eines Bundesbeschlusses über die Erteilung einer neuen Konzession für die Wengernalpbahn zu unterbreiten.

I. Kurze Übersicht

Die Konzession der Wengernalpbahn erlischt am 26. Juni 1970. Die Unternehmung ersucht deshalb um deren Erneuerung. Das Prüflings- und Vernehmlassungsverfahren hat ergeben, dass von keiner Seite Einwendungen gegen die Konzessionserneuerung erhoben werden und dass die gesetzlichen Voraussetzungen dafür gegeben sind. Wir beantragen Ihnen deshalb, der Wengernalpbahn-Gesellschaft für die übliche Dauer von 50 Jahren eine neue Konzession zu erteilen.

Finanzielle Leistungen des Bundes bezieht die Wengernalpbahn nur für die Teilstrecke Lauterbrunnen-Wengen. Diese Leistungen wird sie auch in Zukunft beanspruchen können.

II. Geschichtlicher Rückblick

Bereits in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts Hessen die Verkehrsbedürfhisse des wachsenden Fremdenverkehrs Projekte für die Erschliessung der Jungfrauregion durch Bahnen entstehen. Am 24. September 1873 erteilte die Bundesversammlung der schweizerischen Baugesellschaft der Jurabahnen eine «Konzession für Touristenbahnen im Berner Oberland» (Eisenbahnaktensammlung [EAS] l 263), welche den Bau und Betrieb der Talbahnen Bönigen-Zweilütschinen-Lauterbrunnen und Zweilütschinen-Grindel-

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wald-Grindelwaldgletscher sowie der Bergbahn Lauterbrunnen-WengernalpGrindelwald vorsah. Der hohen Kosten wegen konnte damals keines dieser Bauvorhaben ausgeführt werden.

Neue Pläne für eine Bergbahn über die Kleine Scheidegg entstanden erst wieder im Jahre 1889, als die Eröffnung der auf Grund einer neuen Konzession erstellten Talbahnen nach Lauterbrunnen und Grindelwald (1. Juli 1890) kurz bevorstand, die Bauarbeiten für die Bergbahn Lauterbrunnen-Mürren weit fortgeschritten und der Bau einer Zahnradbahn auf die Schynige Platte beschlossen waren. Von verschiedenen Projekten erhielt schliesslich dasjenige den Vorzug, das den Bau einer von Lauterbrunnen bis Grindelwald durchgehenden, mit Dampf betriebenen schmalspurigen Zahnradbahn vorsah. Mit Beschluss vom 27. Juni 1890 erteilte die Bundesversammlung Herrn L. HeerBétrix in Biel zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft die Konzession für den Bau und Betrieb einer Zahnradbahn von Lauterbrunnen über die Wengernalp nach Grindelwald (EAS 11 52). Die Konzession wurde für die Dauer von 80 Jahren, d. h. bis 26. Juni 1970, erteilt. Gemâss Artikel 13 der Konzession war es der Gesellschaft anheimgestellt, den Betrieb der Bahn auf die Bergtouristensaison zu beschränken, doch wurde dem Bundesrat gleichzeitig das Recht vorbehalten, eine Verlängerung des Betriebes über die Saison hinaus zu verlangen. Damit wollte man die Möglichkeit offen lassen, die Bahnunternehmung zu verpflichten, Wengen auch im Winter zu bedienen. Der Finanzierungsplan sah ein Aktienkapital von 2 500 000 Franken und eine Obligationenanleihe von 2 000 000 Franken vor. Sowohl das Aktienkapital als auch die Obligationenanleihe wurden innert weniger Stunden mehrfach überzeichnet. Den Auftrag für den Bau der Bahn, den Landerwerb und die Lieferung der Betriebsmittel übertrug die Gesellschaft für eine Pauschalsumme von 4 000 000 Franken den Bauunternehmungen Pümpin & Herzog in Bern und Frey & Haag in Biel.

Die Bauarbeiten wurden gleichzeitig von Lauterbrunnen und von Grindelwald aus in Angriff genommen und so gefördert, dass bereits am 10. August 1892 die erste Lokomotive die Kleine Scheidegg erreichte und am 20. Juni 1893 der Betrieb eröffnet werden konnte. Für die Bahnanlage und die festen Einrichtungen waren 3 853 204 Franken, für das Rollmaterial 396 902 Franken und für Mobiliar und
Gerätschaften 22 287 Franken aufgewendet worden, insgesamt somit rund 4 300 000 Franken.

Auf der nur von Mitte Juni bis Ende September verkehrenden, ausschliesslich als Sommerbahn konzipierten Wengernalpbahn (WAB) wurden im Eröffnungsjahr mit einem Fahrzeugpark von 8 Dampflokomotiven, 9 Personen- und 3 Güterwagen täglich 7 Zugspaare auf der Lauterbrunnen- und 5 auf der Grindelwaldseite geführt. Die stetige Verkehrszunahme, die teilweise der 1898 erfolgten Inbetriebnahme der Jungfraubahn (vorerst auf der Teilstrecke Scheidegg-Eigergletscher) zu verdanken war, erforderte schon bald eine Vermehrung des Rollmaterials. Bis 1898 wurde der Fahrzeugpark auf 14 Lokomotiven und 15 Personenwagen und bis 1909 auf 20 Lokomotiven und 32 Personenwagen erhöht.

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Schon bald nach Inbetriebnahme der WAB verlangte vor allem Wengen, das sich bereits um die Jahrhundertwende immer mehr als Winterkurort entwickelte, nach einer wintersicheren Verkehrsverbindung mit dem Tal. Die damalige Teilstrecke Lauterbrunnen-Wengen war jedoch für den Winterbetrieb nicht geeignet. Es entstanden deshalb Projekte für den Bau einer Drahtseilbahn, zuletzt ein solches des Kurvereins Wengen, der am 13. Februar 1904 um die Erteilung einer Konzession für den Bau und Betrieb einer eingleisigen, einmeterspurigen Drahtseilbahn von Lauterbrunnen nach Wengen ersuchte.

Dieses Konzessionsgesuch veranlasste die Generalversammlung der WAB am 15. März 1906 zum Beschluss, auf der Teilstrecke Lauterbrunnen-Wengen ein neues, wintersicheres Trasse mit maximalen Neigungen von nur 180 Promille zu bauen. Mit Beschluss vom 27. September 1907 (EAS 23 266) wies die Bundesversammlung daraufhin das Gesuch des Kurvereins Wengen ab und lud die WAB gleichzeitig ein, die zur Einführung des Winterbetriebes auf der Strecke Lauterbrunnen-Wengen erforderlichen Massnahmen mit möglichster Beschleunigung durchzuführen. Nach zweijähriger Bauzeit konnte die neue Linie Lauterbrunnen-Wengen am 7. Juli 1910 in Betrieb genommen werden. Die alte Linie blieb bestehen und wird auch heute noch bei Bedarf benützt. Die Kosten für den Neubau betrugen fast 2 Millionen Franken, d. h. doppelt so viel, wie veranschlagt worden war.

1912 wurde der reguläre Winterbetrieb von Wengen bis Wengernalp, 1913 bis zur Kleinen Scheidegg und im Winter 1933/1934 bis Grindelwald ausgedehnt, allerdings mit der auch heute noch im Kursbuch enthaltenen Einschränkung, dass die Kurse nur ausgeführt werden, wenn es die Schnee- und Witterungsverhältnisse gestatten. Der hohen Aufwendungen wegen war der Wintersportverkehr bis 1924 zwar ein Verlustgeschäft, doch verhalf die ständige Weiterentwicklung des Wintersportes der Bahn in der Folge zu einem ungeahnten Aufschwung. 1926/1927 konnten die Scheidegg-Hotels erstmals auch im Winter offen gehalten werden, und 1938 waren die Einnahmen aus dem Wintersportverkehr erstmals grösser als die aus dem Sommerverkehr.

Die grossen Fortschritte im Bau von Triebfahrzeugen und nicht zuletzt auch die guten Erfahrungen mit der von Anfang an elektrisch betriebenen Jungfraubahn veranlassten die Gesellschaft im Jahre 1907,
die Elektrifikation der Bahn zu beschliessen. Am 5. November 1907 (EAS 23 294) stimmte der Bundesrat der Umstellung auf elektrische Traktion zu. Schon am 3. Juli 1909 konnte der elektrische Betrieb mit 1500 Volt Gleichstrom auf der Strecke Lauterbrunnen-Kleine Scheidegg und am 24. Juni 1910 auch auf der Strecke Kleine Scheidegg-Grindelwald aufgenommen werden. Die neu gebaute Linie Lauterbrunnen-Wengen wurde von Anfang an elektrisch betrieben. Die Elektrifikation kostete l 600 000 Franken.

Vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges beschlossen die WAB und die Jungfraubahn (JB), ihre Betriebsdirektionen zusammenzulegen und für Geschäftsführung und Zentralverwaltung eine einheitliche Organisation zu schaffen. Durch Betriebsvertrag vom 20. November 1964 (VAS 1965 216) erweiter-

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ten die beiden Gesellschaften diese Zusammenarbeit, indem sie, nach wie vor unter Wahrung ihrer aktienrechtlichen und konzessionsrechtlichen Selbständigkeit, für Verwaltung und Betrieb eine Gemeinschaft bildeten. Als Betriebsgemeinschaft führen die beiden Unternehmungen die Bezeichnung «Wengernalp-Jungfraubahn» (WAB/JB). Die gemeinsamen Interessen führten schon früh auch zu einer engen Zusammenarbeit der WAB/JB mit den Berner Oberland-Bahnen (BOB), die ihrerseits durch Betriebsverträge mit der Bergbahn Lauterbrunnen-Mürren und der Seilbahn Mürren-Allmendhubel verbunden sind. 1945 schlössen die WAB/JB mit den BOB eine Vereinbarung über die Wahl eines gemeinsamen Betriebsdirektors und über die etappenweise zu schaffende Betriebsgemeinschaft ab. Der Bund förderte diese Bestrebungen, indem er die BOB in den Vereinbarungen des Jahres 1948 über die Hilfeleistung an sie verpflichtete, mit den WAB/JB eine Betriebsgemeinschaft einzugehen.

Der Betriebsvertrag, mit dem sich die «Bahnen der Jungfrau-Region» zur heutigen Betriebsgemeinschaft der «Berner Oberland-Bahnen, Wengernalpbahn, Jungfraubahn, Bergbahn Lauterbrunnen-Mürren» (BOB/WAB/JB/BLM) zusammenschlössen, datiert vom 20./30. November 1964 (VAS 1965 224).

III. Verkehrsentwicklung und finanzielle Lage der Bahn

Die Rentabilitätsberechnung war von der Annahme einer Frequenz von 40 000 Reisenden je Saison ausgegangen. Diese Zahl wurde im Eröffnungsjahr 1893 annähernd erreicht (37742 Reisende) und bereits 1894 überschritten (45 684 Reisende). 1913 beförderte die Bahn 174 527 Personen. Vom Rückschlag während des Ersten Weltkrieges mit einem Tiefstand von 19 670 Fahrgästen im Jahre 1915 erholte sie sich rasch. Nicht zuletzt dank dem ständig zunehmenden Wintersportverkehr stiegen die Frequenzen auf 134043 Personen im Jahre 1921 und auf 361 759 Personen im Jahre 1929; sie sanken 1932 auf 174 013 Personen und stiegen auf 461 388 Personen im Jahre 1938. Nach dem Zweiten Weltkrieg mit einem Tiefstand von 196 026 Reisenden im Jahre 1940 erlebte die Unternehmung eine erfreuliche Entwicklung, die bis heute andauert. 1947 wurden erstmals mehr als eine halbe Million Fahrgäste befördert, und 1949 wurde die Millionengrenze überschritten. 1965 verzeichnete die Bahn l 544 194, 1967 l 783 517 und 1968 l 767 681 beförderte Personen. Der Güterverkehr folgte der Entwicklung des Personenverkehrs. 1894 wurden 1019 t Güter transportiert, 1932 waren es 5104 t und 1968 20 228 t.

Die Verkehrserträge, von den Gründern der Bahn auf 455 000 Franken geschätzt, stiegen von rund 300 000 Franken in den auf die Betriebseröffnung folgenden Jahren bis auf annähernd l 000 000 Franken in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg. In der gleichen Zeit stiegen die Betriebsüberschüsse bis auf 561 814 Franken im Jahre 1911 und ermöglichten Dividenden von 4 bis 9 Prozent. Von 1915 bis 1919 ergab sich, bei Verkehrserträgen von noch durchschnittlich 130 000 Franken im Jahr, ein Überschuss der Aufwendungen von insgesamt rund 280 000 Franken. Von 1924 bis 1939 schwankten die Ver-

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kehrserträge zwischen l 686 098 Franken im Jahre 1929 und 656 688 Franken im Jahre 1932. 1938 waren die Einnahmen aus dem Wintersportverkehr erstmals grösser als die aus dem Sommerverkehr. Während des Zweiten Weltkrieges sanken die Verkehrserträge auf 480 954 Franken im Jahre 1940. 1949 betrugen sie 2046 595 Franken, 1955 3 182409 Franken, 1959 4 138 187 Franken, 1961 5337508 Franken, 1965 6604030 Franken und 1968 7629747 Franken. Die Betriebsüberschüsse erreichten 1928 rund 900 000 Franken, sanken im Krisenjahr 1932 auf rund 100 000 Franken und 1940 im Zweiten Weltkrieg auf 21 885 Franken im Jahre 1940. 1950 waren es 437 027 Franken, 1960 l 112 489 Franken und 1968 l 186 141 Franken. Von 1951 an konnte die Unternehmung, erstmals seit 1937, wieder Dividenden ausschütten, von 1959 bis 1967 regelmässig 7 Prozent.

1968 setzte sich der Personenverkehrsertrag von 7211 657 Franken wie folgt zusammen: Einzelreiseverkehr 54,69 Prozent, Gruppenreiseverkehr 11,08 Prozent, Abonnementsverkehr 34,23 Prozent. Im Ertrag aus dem Personenverkehr ist die Entschädigung aus der Tarif annäherung (Bundesbeschluss über die Annäherung von Tarifen konzessionierter Bahnunternehmungen an jene der Schweizerischen Bundesbahnen vom 5. Juni 1959 (VAS 1959 551) enthalten. 1968 betrug diese Entschädigung, welche der WAB für die Strecke Lauterbrunnen-Wengen ausgerichtet wird, für den Personenverkehr 752 921 Franken. Zum Ertrag aus dem -Personenverkehr kamen im gleichen Jahr 59 792 Franken aus dem Gepäckverkehr, 14 107 Franken aus dem Postverkehr, 344 188 Franken aus dem Güterverkehr und 395 046 Franken aus Nebenerträgen. In den Nebenerträgen ist die Globalentschädigung des Bundes zur Abgeltung gemeinwirtschaftlicher Leistungen im Ausmasse eines Drittels der vorgeschriebenen Abschreibungen (Eisenbahngesetz Art. 51) enthalten. Diese Entschädigung, welche die WAB gemäss Bundesgerichtsentscheid vom 4. März 1966 (BGE 92 I 150) für die Teilstrecke Lauterbrunnen-Wengen beanspruchen kann, betrug 1968 53 020 Franken.

Zur Finanzierung der Bauaufwendungen in der Höhe von rund 4 300 000 Franken hatte die Gesellschaft im Jahre 1890 ein Aktienkapital von 2 500 000 Franken bereitgestellt und eine Obligationenanleihe von 2000000 Franken aufgenommen. Die Kosten für die Elektrifikation und für den Bau der neuen Linie Lauterbrunnen-Wengen sowie
andere Aufwendungen hatten eine Kapitalausweitung zur Folge. Bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges standen dem auf 5 000 000 Franken erhöhten Aktienkapital feste Verbindlichkeiten in annähernd gleicher Höhe gegenüber. Um den während des Krieges entstandenen Passivsaldo auszugleichen, beschloss die Generalversammlung im Jahre 1921, das Aktienkapital um l 500 000 Franken auf 3 500 000 Franken herabzusetzen. Die Obligationäre mussten auf fünf Jahreszinse verzichten, doch wurde Ihnen dafür für die folgenden Jahre ein erhöhter Zinsfuss zugesicheit, so dass sie bei dieser Sanierungsmassnahme praktisch keine Verluste erlitten. 1928 emittierte die Gesellschaft 2000 neue Aktien im Nominalwert von 350 Franken. Damit waren insgesamt 12 000 Aktien ausstehend, deren Nominalwert im

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Jahre 1930 von 350 auf 400 Franken erhöht wurde. Dieses Aktienkapital von 4 800 000 Franken blieb bis heute unverändert; Neben dem Aktienkapital figurieren in der Bilanz per 31. Dezember 1968 auf der Passivseite die Reserven mit l 215 000 Franken, das getilgte Schuldkapital mit 600 000 Franken und das Fremdkapital mit 14 416 020 Franken. Als Aktiven sind das Anlagevermögen mit 20 356 478 Franken und das Betriebsvermögen mit l 077 156 Franken ausgewiesen.

Im Eröffnungsjahr 1893 beschäftigte die WAS 61 Arbeitskräfte, 1913 114, 1915 43, 1932 59, 1940 61, 1949 115, 1961 151 und 1968 185. Das Personal ist bei der Schweizerischen Lebensversicherungs- und Rentenanstalt versichert und hat Anspruch auf Leistungen, die mit denen der Pensionskasse der Bundesverwaltung vergleichbar sind. Die Beiträge belaufen sich für die Versicherten auf 7 Prozent und für die Unternehmung auf 10 Prozent des versicherten Verdienstes. Für Arbeitskräfte, welche die Voraussetzungen für die Aufnahme in die Pensionskasse nicht erfüllen, besteht daneben eine Dienstalterskasse.

Die WAB kann auch in Zukunft mit guten Betriebserträgen rechnen, so dass sie voraussichtlich in der Lage sein wird, die erhöhten Abschreibungen vorzunehmen, die infolge der vorgesehenen weiteren Investitionen nötig sein werden. Wie bereits erwähnt, hat die Unternehmung für ihre Strecke Lauterbrunnen-Wengen Anspruch auf die Globalentschädigung für die gemeinwirtschaftlichen Leistungen und auf die Entschädigung aus der Tarifannäherung.

IV. Die Bahn und ihr technischer Zustand

Die WAB führt von Lauterbrunnen (796 m ü. M.) über Wengen (1274 m ü. M.) und die Kleine Scheidegg (2061 m ü. M.) nach Grindelwald (1034 m ü. M.). In Lauterbrunnen und Grindelwald vermittelt sie den Anschluss an die Linien Interlaken-Lauterbrunnen und Zweilütschinen-Grindelwald der Berner Oberland-Bahnen und auf der Kleinen Scheidegg an die Jungfraubahn. Das eine Eigentumslänge von 19 091 m aufweisende Gleis von 0,8 m Spurweite ist durchgehend mit Zahnstangen System Riggenbach versehen und liegt vollständig auf bahneigenem Trasse. Die Linie führt durch 7 Tunnel mit einer Gesamtlänge von 1471 m und über 27 Brücken mit einer Gesamtweite von 489 m. Es bestehen einzig in Grindelwald Grund zwei Kreuzungen mit Strassen von lokaler Bedeutung, die mit Andreaskreuzen gesichert sind. Auf der Strecke Lauterbrunnen-Kleine Scheidegg beträgt die mittlere Neigung 135 Promille und auf der Grindelwaldner Seite 147 Promille. Die grösste Neigung von 250 Promille wird zwischen Alpiglen und Grindelwald Grund auf einer Strecke von 1590 m Länge erreicht. Betrieben wird die Bahn mit Gleichstrom von 1500 Volt Spannung.

Von 1948 bis 1967 hat die WAB für die Verbesserung von Leistung und Fahrkomfort rund 29 Millionen Franken aufgewendet, davon gegen 16 Millionen Franken für die Beschaffung von modernem Rollmaterial. Neben 10

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Lokomotiven, die praktisch nur noch zur Führung von Extrazügen und von Güterzügen zwischen Lauterbrunnen und Wengen sowie für Schneeschleuderfahrten verwendet werden, besitzt die Bahn gegenwärtig 18 Triebwagen mit je 15 Plätzen erster und 37 Plätzen zweiter Klasse sowie 54 Personenwagen, von denen 28 seit 1962 in Betrieb genommen wurden. Insgesamt sind 3218 Sitzplätze vorhanden. Kürzlich wurden weitere 6 Triebwagen bestellt, die auf die Wintersaison 1970/1971 geliefert werden dürften. Dank den modernen Triebwagen konnte die Fahrzeit für die Strecke Grindelwald Grund-Kleine Scheidegg von 58 auf 35 Minuten und für die Strecke Lauterbrunnen-Kleine Scheidegg von 67 auf 40 Minuten reduziert werden. Für die Verbesserung der elektrischen Zugförderung durch neue Fahr- und Speiseleitungen und leistungsfähigere Transformer- und Gleichrichteranlagen sind rund 3 100 000 Franken, für den Ausbau von Betriebs- und Dienstgebäuden rund 3 900 000 Franken, für Lawinenverbauungen, Funk- und Fernmeldeanlagen rund 2 900 000 Franken und für den allgemeinen Unter- und Oberbau rund l 900 000 Franken aufgewendet worden. Zum gleichen Erneuerungsprogramm gehörte auch der Bau einer Spitzkehre auf der Kleinen Scheidegg, welche die Überfahrt der Züge von Grindelwald nach Lauterbrunnen und umgekehrt stark erleichtert. Vom Gesamtaufwand von rund 29 Millionen Franken vermochte die Unternehmung im Laufe der zwanzigjährigen Investitionsperiode mehr als 22 Millionen Franken selbst zu erwirtschaften, so dass nur etwas über 6 Millionen Franken über eine Obligationenanleihe und durch Kreditoren finanziert werden mussten.

1968 hat die Unternehmung beschlossen, bis Ende 1972 für Rationalisierung und Steigerung der Betriebsleistung weitere 23 Millionen Franken aufzuwenden. Bis zum Beginn der Wintersaison 1970/1971 sollen die Voraussetzungen geschaffen sein, um - vorerst nur im Winter - auf der ganzen Linie einen starren Fahrplan einzuführen.

V. Konzessionsgesuch, Vernehmlassungs- und Prüfungsverfahren

Am 7. Februar 1969 ersuchte die Direktion der Wengernalpbahn-Gesellschaft das Eidgenössische Verkehrs-- und Energiewirtschaftsdepartement um Erteilung einer neuen Konzession für die Dauer von 50 Jahren. Sie glaubt, dass es sich angesichts der im Gesuch dargelegten Entwicklung und heutigen Bedeutung der Bahn erübrige, das Bedürfnis für ihr Fortbestehen näher zu begründen.

Im Vernehmlassungsverfahren erklärte sich der Kanton Bern mit der Erneuerung der Konzession einverstanden. Seinem Wunsch, das kantonale Rückkaufsrecht in der neuen Konzession zu verankern, haben wir im Beschlussesentwurf entsprochen. Der Stab der Gruppe für Generalstabsdienste des Eidgenössischen Militärdepartementes und die Generaldirektion der Post-, Telephon- und Telegraphenbetriebe erklärten sich vorbehaltlos mit der Erteilung einer neuen Konzession einverstanden.

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Gemäss Artikel 5 Absatz l des Eisenbahngesetzes (AS 1958 335) kann eine Konzession erteilt werden, wenn die Interessen der Landesverteidigung nicht entgegenstehen und der Verkehr nicht zweckmässiger und wirtschaftlicher durch ein anderes Verkehrsmittel bedient werden kann. Die Interessen der Landesverteidigung werden durch die Konzessionserneuerung nicht beeinträchtigt. Für den Kurort Wengen ist der Weiterbetrieb der Bahn lebenswichtig. Aber auch der Unterhalt der wissenschaftlichen, militärischen und übermittlungstechnischen Anlagen auf dem Jungfraujoch wäre ohne den Zubringerdienst der WAB zur JB kaum möglich. Die Bahn entspricht somit einem Bedürfnis. Gestützt auf die geltende eisenbahnrechtliche Ordnung kann der Bund der WAB lediglich für die Strecke Lauterbrunnen-Wengen die Globalentschädigung für die gemeinwirtschaftlichen Leistungen und die Vergütung aus der Tarifannäherung gewähren. Der Ersatz der WAB durch einen Strassenverkehrsdienst wäre schon deshalb nicht möglich, weil sowohl von Grindelwald Grund als auch von Lauterbrunnen nur ein im Winter oft nicht begehbarer Saumweg nach der Kleinen Scheidegg führt.

Auf Grund der vorhergehenden Erwägungen kommen wir zum Schluss, dass die Bedingungen für die Erteilung einer neuen Konzession im Sinne von Artikel 5 Absatz l des Eisenbahngesetzes erfüllt sind.

VL Der Konzessionsentwurf

Der Wortlaut der Konzession entspricht den von Ihnen seit Inkrafttreten des neuen Eisenbahngesetzes angenommenen Bundesbeschlüssen.

Der Konzessionsentwurf sieht die für Eisenbahnkonzessionen normale Geltungsdauer von 50 Jahren vor.

Gemäss Artikel 38 Absatz 3 des Eisenbahngesetzes brauchen Nebenbahnen, welche nach der Konzession ihren Betrieb nicht ganzjährig zu führen haben, bei Betriebsunterbrüchen keine Ersatzbeförderung einzurichten. Nach der ablaufenden Konzession vom Jahre 1890 kann die WAB den Betrieb auf die Bergtouristensaison beschränken. Die neue Konzession enthält diese Erleichterung nicht mehr, weil die Unternehmung seit langem zum ganzjährigen Betrieb übergegangen ist. Damit sie trotzdem davon entbunden bleibt, auf der Strecke Wengen-Kleine Scheidegg-Grindelwald bei Betriebsunterbrüchen eine wegen der topografischen Verhältnisse ohnehin kaum mögliche Ersatzbeförderung einzurichten, enthält Artikel 7 des Beschlussesentwurfes eine entsprechende Ausnahmebestimmung.

Das in Artikel 13 der neuen Konzession enthaltene Rückkaufsrecht zugunsten des Kantons Bern entspricht dem von der kantonalen Behörde geàusserten Begehren.

Der Kanton Bern hat sich mit dem vorgeschlagenen Konzessionstext einverstanden erklärt.

Die Verfassungsmässigkeit der Vorlage - eines einfachen Bundesbeschlusses - beruht auf Artikel 5 Absatz l und 2 des Eisenbahngesetzes, das sich auf die Artikel 23, 24ter, 26, 34 Absatz 2, 36 und 64 der Bundesverfassung stützt.

701 VH. Antrag Gestutzt auf die vorhergehenden Ausführungen empfehlen wir Ihnen, dem Entwurf des Bundesbeschlusses über die Erteilung einer neuen Konzession für die Wengernalpbahn zuzustimmen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 13. August 1969 Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident : L. von Moos Der Bundeskanzler: Huber

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(Entwurf)

Bundesbeschluss über die Erteilung einer neuen Konzession für die Wengernalpbahn

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 5 des Eisenbahngesetzes vom 20. Dezember 1957 *>, nach Einsicht in ein Gesuch der Wengernalpbahn-Gesellschaft vom 7. Februar 1969, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 13. August 1969, beschliesst:

I Der Wengernalpbahn-Gesellschaft wird unter den nachstehend aufgeführten Bedingungen eine neue Konzession für Bau und Betrieb einer Zahnradbahn erteilt.

Gesetzgebung

Art. l Die Bundesgesetze sowie alle übrigen bundesrechtlichen Vorschriften über Bau und Betrieb der vom Bund konzessionierten Eisenbahnen sind zu beobachten.

Dauer Art. 2 Die Konzession wird für die Dauer von 50 Jahren, d. h. für die Zeit vom 27. Juni 1970 bis 26. Juni 2020, erteilt.

Sitz

Art. 3 Die Unternehmung hat ihren Sitz in Interlaken.

*> AS 1958 335

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Strecke

Art. 4 Die Konzession gilt für die Strecke Lauterbrunnen-Kleine ScheideggGrindelwald.

Lärmbekämpfung

Art. 5 Soweit es mit der Sicherheit des Betriebes vereinbar ist, hat die Konzessionärin die ihr zumutbaren Massnahmen zur Verminderung des durch ihren Betrieb bedingten Lärms zu treffen. Artikel 6 bleibt vorbehalten.

Pläne

Art. 6 Die dem Betrieb dienenden Anlagen sowie die Fahrzeuge dürfen nur nach Plänen und Vorlagen erstellt oder geändert werden, welche von der Aufsichtsbehörde genehmigt worden sind. Diese Behörde ist berechtigt zu verlangen, dass auch fertige Anlagen und Fahrzeuge geändert werden, wenn die Betriebssicherheit oder die Landesverteidigung es erfordert.

Fahrplan

Art. 7 Die Zahl der täglichen Fahrten und deren Verkehrszeiten haben sich nach den Bedürfnissen zu richten. Die Fahrpläne sind nach den geltenden Bestimmungen aufzustellen und vor dem Inkrafttreten durch die Aufsichtsbehörde genehmigen zu lassen.

2 Auf der Strecke Wengen-Kleine Scheidegg-Grindelwald kann die Bahnunternehmung den Betrieb bei ungünstigen Verhältnissen zeitweise einstellen.

1

Beförderungspflicht Art. 8 Die Konzessionärin übernimmt die Beförderung von Personen und Reisegepäck. Zur Güterbeförderung ist sie nur insoweit verpflichtet, als das vorhandene Wagenmaterial sich dazu eignet. Zum Transport von Tieren ist sie nicht verpflichtet.

Tarife

Art. 9 Die Tarife bedürfen vor ihrem Inkrafttreten der Genehmigung der Aufsichtsbehörde.

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Haftpflichtversicherung

Art. 10 1

Die Konzessionärin hat sich gegen die Folgen ihrer in der Bundesgesetzgebung über die Haftpflicht der Eisenbahn- und Dampfschiffahrtsunternehmungen und der Post umschriebenen Haftpflicht bei einer in der Schweiz zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmung oder einer ändern, von der Aufsichtsbehörde anerkannten Einrichtung zu versichern.

2 Die Verträge über die Haftpflichtversicherung sowie ihre nachträgliche Änderung bedürfen der Genehmigung der Aufsichtsbehörde.

Personalfürsorge

Art. 11 1

Die Konzessionärin hat für das ständige Personal eine Dienstalterskasse oder eine Pensionskasse einzureichten oder es bei einer in der Schweiz zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmung oder einer ändern, von der Aufsichtsbehörde anerkannten Einrichtung zu versichern.

2 Die Konzessionärin hat dafür zu sorgen, dass das Personal gegen die wirtschaftlichen Folgen von Krankheit versichert ist.

Kontrolle

Art. 12 Den eidgenössischen Beamten, denen die Aufsicht über Bau und Betrieb der Eisenbahnen obliegt, ist zu jeder Zeit freie Fahrt und freier Zutritt zu allen Teilen der Anlagen und der Fahrzeuge zu gewähren. Das zur Vornahme von Untersuchungen nötige Personal und Material, Pläne Inbegriffen, sind ihnen kostenlos zur Verfügung zu stellen. Die Konzessionärin und ihr Personal haben ferner den mit der Kontrolle betrauten Organen alle dafür notwendigen Auskünfte zu erteilen.

Rückkauf Art. 13

Dem Kanton Bern steht das Recht auf Rückkauf der Bahn zu. Der Rückkauf ist entsprechend den Bestimmungen des zehnten Abschnittes des Eisenbahngesetzes vorzunehmen.

II Der Bundesrat wird mit dem Vollzug dieses Beschlusses beauftragt.

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