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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend das Haager Übereinkommen über die Unterhaltspflichten (Vom 27. August 1975) Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, , Wir unterbreiten Ihnen mit dieser Botschaft den Entwurf eines Bundesbeschlusses über die Genehmigung der beiden folgenden internationalen Übereinkommen: a. Übereinkommen über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht, abgeschlossen in Den Haag am 2. Oktober 1973; b. Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen, abgeschlossen in Den Haag am 2. Oktober 1973.

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Übersicht

Am 1. Oktober 1964 hatte die Bundesversammlung den Bundesrat ermächtigt, das Haager Übereinkommen über das auf Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern anzuwendende Recht vom 24. Oktober 1956 (AS 1964 1279; im folgenden Übereinkommen von 1956 genannt) sowie das Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern vom 15. April 1958 (AS 1964 1283; im folgenden Übereinkommen von 1958 genannt) zu ratifizieren.

Beide Übereinkommen sind für die Schweiz am 17. Januar 1965 in Kraft getreten.

Heute gehören dem Übereinkommen von 1956 12 Staaten an, dem Übereinkommen von 1958 deren 17. Dies zeigt, welcher Erfolg diesen beiden internationalen Übereinkommen beschieden war und in welch hohem Mass sie humanitären Interessen und sozialen Bedürfnissen im internationalen Verkehr entsprachen.

Sowohl die schweizerische als auch die ausländische und die internationale Rechtsprechung zeigen denn auch eindrücklich die zunehmende Bedeutung, die

1396 den auf die Geltendmachung und Eintreibung von Unterhaltsbeiträgen für Kinder gerichteten Klagen zukommt. Wenn auch die Haager Konferenz für internationales Privatrecht die Unterhaltspflichten gegenüber Kindern aus naheliegenden kinderschutzpolitischen Gründen mit Vorrang zu regeln hatte, so erwies es sich seitdem als unausweichlich, auch für die übrigen Unterhaltsansprüche eine internationale Regelung zu finden.

Dies war übrigens picht nur ein Anliegen der Haager Konferenz, sondern bereits vor ihr des Völkerbundes und des Internationalen Instituts für die Vereinheitlichung des Privatrechts (UNIDROIT) in Rom, das für sämtliche Unterhaltspflichten familienrechtlicher Natur eine einheitliche materiellrechtliche Regelung anstrebte.

In der Tat erfassen die vorliegenden Übereinkommen alle Unterhaltspflichten, die sich aus der Eheschliessung und ihrer Auflösung ableiten, die gegenseitig zwischen Eltern und Kindern bestehen sowie jene, die sich aus anderen verwandtschaftlichen Bindungen, einschliesslich der Verschwägerung ergeben. Die Haager Konferenz wollte keine dieser Unterhaltspflichten ausklammern; sie war aber gleichzeitig darauf bedacht, den Vertragsstaaten die Möglichkeit zu wahren, die Tragweite der von ihr an der zwölften Tagung erarbeiteten Übereinkommen einzuschränken.

Diese Tagung hat vom 2. bis zum 21. Oktober 1972 in Den Haag stattgefunden, gefolgt von einer ausserordentlichen Tagung, während der eine Sonderkommission, die vom 19. bis zum 28. März 1973 beriet, den endgültigen Entwurf des Übereinkommens über das auf Unterhaltspflichten anwendbare Recht annahm.

Beide Übereinkommen wurden den Mitgliedstaaten der Konferenz am 2. Oktober 1973 zur Unterzeichnung aufgelegt; deshalb tragen sie das gleiche Datum.

Die beiden Übereinkommen von 1956 und 1958 waren die erste wichtige Etappe auf dem Weg zur Vereinheitlichung der Vorschriften auf dem Gebiet der Unterhaltspflichten, die beiden Übereinkommen von 1973 sind die folgende, wenn vermutlich auch noch nicht die letzte. Aus den Präambeln der beiden Übereinkommen von 1973 geht hervor, dass man bemüht war, eine feste Grundlage für die enge Koordination aller vier Übereinkommen zu schaffen. Deshalb finden sich verschiedene Vorschriften der Übereinkommen von 1956 und 1958 in den neuen Übereinkommen wieder, bisweilen verdeutlicht oder erweitert, wenn ihr Anwendungsbereich oder die diesbezügliche Rechtsprechung es erforderte.

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Übereinkommen vom 2. Oktober 1973 über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht

(im folgenden Rechtsanwendungsübereinkommen 1973 genannt) Dieses Übereinkommen bestimmt das auf die in ihm vorgesehenen Unterhaltsklagen anwendbare Recht; es ist ein Übereinkommen mit sogenanntem Einheitscharakter (loi uniforme), da es, unabhängig vom Erfordernis der Gegenseitig-

1397 keit, auch dann anzuwenden ist, wenn es sich um das Recht eines Nichtvertragsstaates handelt (Art. 3).

Wenn es mehr als doppelt so viel Artikel zählt wie das Übereinkommen von 1956, so ist dies vor allem darauf zurückzuführen, dass es einerseits nicht nur die Unterhaltspflichten gegenüber Kindern, sondern auch diejenigen zwischen Erwachsenen zum Gegenstand hat, und es andererseits in seiner Systematik umfassender gestaltet ist, indem es vier Abschnitte aufweist. Der erste Abschnitt behandelt den Anwendungsbereich des Übereinkommens, der zweite das anzuwendende Recht, der dritte enthält «verschiedene Bestimmungen» und der vierte die Schlussbestimmungen. Bei diesen handelt es sich um die in den Haager Übereinkommen üblichen Bestimmungen protokollarischer Natur. Sie bedürfen keiner Erläuterung.

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Anwendungsbereich des Übereinkommens

Das Rechtsanwendungsübereinkommen 1973 regelt das Kollisionsrecht ausschliesslich auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht, ohne aber den Begriff «Unterhaltspflicht» genau festzulegen.

Artikel l begnügt sich mit dem Hinweis, es handle sich dabei um Unterhaltspflichten, die sich aus «Beziehungen der Familie, Verwandtschaft. Ehe oder Schwägerschaft ergeben, einschliesslich der Unterhaltspflicht gegenüber einem nichtehelichen Kind». Es bleibt somit dem aufgrund des Übereinkommens anzuwendenden Recht überlassen, zu bestimmen, was im einzelnen unter «Unterhaltspflicht» zu verstehen ist.

Das schweizerische Recht versteht darunter sowohl die allgemeinen verwandtschaftlichen Unterstützungspflichten als auch die eigentlichen Unterhaltspflichten.

Das Übereinkommen umfasst somit sämtliche Bestimmungen des schweizerischen Zivilgesetzbuches über die Unterstützung oder die Unterhaltspflicht zwischen Eltern und Kindern (vgl. Art. 156 Abs. 2; 159 Abs. 2 und 3 ; 160 Abs. 2; 263 Abs. l ; 267 Abs. l ; 272 ; 289 und 319 ZGB), zwischen geschiedenen Ehegatten (vgl. Art. 134 Abs. 2; 145; 152; 153; 159 Abs. 3; 160 Abs. 2 und 170 Abs. 3 ZGB), zwischen dem Vater und dem nichtehelichen Kind sowie dessen Mutter (vgl. Art. 317 Ziff. 2 ; 321 ; 321 a und b ZGB) sowie die Verwandtenunterstützungspflicht nach den Artikeln 328 ff. ZGB.

Das Rechtsanwendungsübereinkommen 1973 ist demnach sowohl auf die Unterstützungspflicht gegenüber Kindern als auch auf diejenige gegenüber Erwachsenen anzuwenden. Die Aufzählung in Artikel l nennt auch die Unterhaltspflichten, die sich aus der Seitenverwandtschaft und der Schwägerschaft ergeben.

Dies bedeutet, dass das Übereinkommen grundsätzlich auch den Fall einer Klage zwischen Geschwistern oder zwischen Schwiegervater und Schwiegersohn erfasst.

Unser Recht kennt zwar die Unterhaltspflicht zwischen Geschwistern (vgl.

Art. 328 ZGB), doch nur in der engen Begrenzung von Artikel 329 Absatz 2 ZGB («... wenn sie sich in günstigen Verhältnissen befinden»): die weitere Unterhaltspflicht zwischen Seitenverwandten und Verschwägerten hat der Gesetzgeber be-

1398 wusst ausgeschlossen. Der Kreis der Unterhaltspflichtigen ist in den Artikeln 328 ff.

also abschließend aufgezählt, was die Rechtsprechung schon sehr früh feststellte (vgl. BGE 39 I 18; 42 l 346; 49 I 506; 59 II 1). Das Übereinkommen von 1956 hat die Unterstützungspflicht zwischen Seitenverwandten ausdrücklich aus seinem Anwendungsbereich ausgeschlossen. Mit deren Einführung in das Rechtsanwendungsübereinkommen von 1973 wollte man - im Bemühen um die angestrebte Vereinheitlichung - alle Arten von Unterhaltspflichten erfassen, wobei es aber den Vertragsstaaten freigestellt bleiben sollte, einzelne Unterhaltspflichten nach Artikel 24 des Übereinkommens durch Erklärung eines oder mehrerer der in den Artikeln 13-15 vorgesehenen Vorbehalte auszuschliessen. Von den Vorbehalten, die wir im Fall der Ratifikation vorschlagen möchten, wird später die Rede sein.

Artikel 2 greift den bereits im Übereinkommen von 1956 (vgl. Art. 5 Abs. 2) festgelegten Grundsatz, dass das Übereinkommen nur das Kollisionsrecht auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht regelt, wieder auf. Die gestützt auf das Rechtsanwendungsübereinkommen ergangenen Entscheidungen greifen also dem Bestand einer der in Artikel l genannten Beziehungen der Familie nicht vor. Ein Unterhaltsgläubiger, dem aufgrund des Übereinkommens durch die Entscheidung einer Behörde ein Unterhalt zugesprochen wurde, kann sich infolgedessen nicht auf diese Entscheidung berufen, um darauf eine gerichtliche Klage auf Feststellung einer wie immer gearteten familienrechtlichen Beziehung zwischen ihm und dem Unterhaltsschuldner zu stützen. Die Feststellung einer solchen Beziehung hängt ausschliesslich vom Recht ab, das nach den allgemeinen autonomen Kollisionsnormen eines Vertragsstaates auf diese Beziehung anwendbar ist.

Artikel 3 stellt gegenüber dem Übereinkommen von 1956 eine wesentliche Neuerung dar. Hatte dieses seine Anwendbarkeit noch auf die Fälle beschränkt, in denen das nach dem Übereinkommen anzuwendende Recht dasjenige eines Vertragsstaates war, so lässt das Rechtsanwendungsübereinkommen 1973 diese Beschränkung wegfallen. Die Haager Konferenz hat den Grundsatz der Gegenseitigkeit besonders deshalb aufgegeben, weil im Rechtsanwendungsübereinkommen 1973 zusätzlich zum gewöhnlichen Aufenthalt noch weitere Anknüpfungen vorgesehen worden sind (vgl. Art. 4-9). Der
universalistische Charakter des Rechtsanwendungsübereinkommens von 1973 vereinfacht seine Anwendung, da der Praktiker nicht mehr den jeweiligen Stand der Ratifikationen - einschliesslich den Stand der Vorbehalte, die durch diesen oder jenen Staat angebracht worden sind - zu beachten hat, sondern sich auf die Feststellung beschränken kann, ob sein eigener Staat Vertragspartei des Übereinkommens ist und ob die Vorbehalte, die dieser angebracht hat, die Anwendbarkeit des Übereinkommens im gegebenen Fall ausschliessen.

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Das anzuwendende Recht 221 Grundsatz

Wie schon das Übereinkommen von 1956, sieht auch das Rechtsanwendungsübereinkommen von 1973 in Artikel 4 Absatz l für die in Artikel l genannten

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Unterhaltspflichten den Grundsatz der Anwendbarkeit des Rechts am gewöhnlichen Aufenthalt des Unterhaltsberechtigten vor. Dieser Grundsatz erschien als geeignetster Begegnungspunkt zwischen den Staaten, die dem Heimatprinzip verpflichtet sind und denen, die dem Wohnsitzprinzip den Vorzug geben. Die Verwendung des Begriffs «gewöhnlicher Aufenthalt» hat sich in der Haager Konferenz eingebürgert. Zu bestimmen, wann und ob ein solcher gewöhnlicher Aufenthalt vorliegt, ist indessen Aufgabe des angerufenen Richters. Bereits in seiner Botschaft zum Übereinkommen von 1956 hat der Bundesrat auf die Einflüsse hingewiesen, die die Bestimmungen des Übereinkommens auf unser internationales Privatrecht ausüben werden (vgl. BB1 1964 l 516). Die damaligen Erwägungen haben auch jetzt noch ihre Gültigkeit, mit dem Unterschied, dass sie wegen des universalistischen Charakters des Rechtsanwendungsübereinkommens 1973 nunmehr sowohl auf Unterhaltsberechtigte, die Angehörige eines Vertragsstaates sind, als auch auf solche, die keinem Vertragsstaat angehören, und schliesslich auf die bedürftigen Auslandschweizer, gleichgültig, in welchem Staat sie leben, bezogen werden müssen.

Artikel 4 Absatz 2 behandelt den Statuten«echsel. Er entspricht - in neuer Fassung - der Regelung, wie sie sich schon im Übereinkommen von 1956 findet (vgl. Art. l Abs. 2). wonach das Recht des neuen gewöhnlichen Aufenthaltes, vom Zeitpunkt seiner Begründung an. anzuwenden ist.

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Sonderanknüpfungen

Die Anknüpfung an das Recht des gewöhnlichen Aufenthalts kann unter Umständen für den Unterhaltsglänbiger nachteilig sein. Im Bestreben, dem Unterhaltsberechtigten den grösstinöglichen Schutz zu bieten, sind daher in das Rechtsanwendungsübereinkommen von 1973 einige weitere Sonderanknüpfungen aufgenommen worden.

Zunächst wird in Artikels die Anwendbarkeit des gemeinsamen Heimatrechtes des Unterhaltungsberechtigten vorgesehen, sofern der Unterhaltsberechtigte aufgrund des nach Artikel 4 anwendbaren Rechtes vom Unterhaltspflichtigen keinen Unterhalt erhalten kann.

Für den Fall, dass der Unterhaltsberechtigte weder in Anwendung des Rechtes am Ort seines gewöhnlichen Aufenthaltes noch aufgrund des gemeinsamen Heimatrechtes Unterhalt erhalten kann, verweist Artikel 6 auf das Recht des Gerichtsortes (lex fori). Der Unterhaltsberechtigte, der dieselbe Heimatangehörigkeit wie der Unterhaltspflichtige hat. erhält damit eine zusätzliche Möglichkeit, sich auf ein weiteres anwendbares Recht zu berufen.

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Die Sonderregelung über die Seitenverwandten und die Verschwägerten

Artikel 7 berechtigt den Unterhaltspflichtigen, sich dem Anspruch des Unterhaltsberechtigten zu widersetzen, sofern es sich um eine Unterhaltspflicht zwi-

1400 sehen Seitenverwandten oder Verschwägerten handelt, indem er geltend macht, «dass nach dem Recht des Staates, dem sie angehören, oder, mangels einer gemeinsamen Staatsangehörigkeit, nach dem innerstaatlichen Recht am gewöhnlichen Aufenthalt des Verpflichteten eine solche Pflicht nicht besteht». Durch den Widerspruch des Unterhaltspflichtigen wird der materielle Rechtsgrund der Schuld bestritten. Die Bestimmung von Artikel 7 setzt die Anwendung des in den Artikeln 4-6 vorgesehenen Anknüpfungen oder zumindest ihrer Anrufung durch den Bedürftigen voraus. Die Bestreitung der Schuld ist für den Unterhaltspflichtigen fakultativ, da hier eine «Kann-Vorschrift» vorliegt. Nehmen wir als Beispiel den Fall einer Schweizerin mit gewöhnlichem Aufenthalt in Italien, die von ihrem Bruder, ebenfalls mit gewöhnlichem Aufenthalt in Italien, Unterhalt fordert.

Nach den Vorschriften des italienischen Kollisionsrechts wird der italienische Richter das gemeinsame Heimatrecht der beiden Parteien, d.h. schweizerisches Recht, anwenden. Wenn in diesem Fall die Voraussetzungen des Artikels 329 Absatz2 ZGB (u.a. gute wirtschaftliche Situation des entsprechenden Geschwisterteils) nicht erfüllt sind, muss die Klage abgewiesen werden. Unter der Voraussetzung, dass Italien das Rechtsanwendungsübereinkommen 1973 ratifiziert, wird der italienische Richter jedoch zunächst das italienische Recht als Recht am Ort des gewöhnlichen Aufenthalts des Unterhaltsberechtigten (Art. 4 des Übereinkommens) anwenden, das die Unterhaltsverpflichtungen zwischen Geschwistern nicht den gleichen Beschränkungen unterwirft wie das schweizerische Recht. In diesem Fall könnte der Bruder die Forderung der Schwester bestreiten, indem er in Anwendung von Artikel 7 das Fehlen seiner Unterstützungspflicht nach schweizerischem Recht vorbringt. Beruft er sich aber nicht auf Artikel 7, so wendet der italienische Richter dessen Bestimmung nicht von Amtes wegen an, sondern er wird seine Entscheidung nach italienischem Recht als dem nach Artikel 4 grundsätzlich anwendbaren Recht fällen. Daraus folgt, dass Artikel 7 im Fall eines Versäumnisverfahrens (wenn der Unterhaltspflichtige nicht vor Gericht erscheint) nicht anwendbar ist, so dass der Richter, um bei unserem Beispiel zu bleiben, seine Entscheidung nach italienischem Recht treffen wird.

Mit dieser bei
der Geltendmachung von Unterhaltspflichten zwischen Seitenverwandten und Verschwägerten fakultativen Widerspruchsmöglichkeit durch den Unterhaltsschuldner konnten die Bedenken mehrerer Staaten zerstreut werden, die befürchteten, dass ihre im Ausland wohnenden Angehörigen Unterhalt in Anwendung eines fremden Rechtes erlangen könnten, obschon in ihrem eigenen Recht eine solche Unterhaltspflicht nicht besteht.

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Die Sonderregelung über geschiedene Ehegatten

Artikels sieht für die Unterhaltspflicht zwischen geschiedenen oder ohne Auflösung des Ehebandes getrennten Ehegatten oder solchen, deren Ehe als nichtig oder ungültig erklärt worden ist, eine Sonderregelung vor, die den Artikeln 4-6 als lex specialis vorgeht. Jedoch bezieht sich Artikel 8 nicht auf alle nach der Scheidung, Trennung, Ungültig- oder Nichtigerklärung der Ehe entstehenden Unterhaltspflichten, denn die Unterhaltspflicht gegenüber den solchen Ehen ent-

1401 sprossenen Kindern bleibt weiterhin dem nach den Artikeln 4-6 anzuwendenden Recht unterstellt. Nach Artikel 8 muss der Richter eines Vertragsstaates, der die Ehe selber geschieden oder eine ausländische Scheidung anerkannt hat - auch wenn diese in einem Nichtvertragsstaat ausgesprochen worden ist -. auf die Unterhaltspflicht gegenüber den Kindern aus einer solchen Ehe das nach den Artikeln 4-6 massgebliche Recht anwenden. Der Richter hat dagegen auf die Unterhaltspflichten zwischen geschiedenen oder getrennten Ehegatten oder von solchen, deren Ehe als ungültig oder nichtig erklärt worden ist (einschl. späterer Änderungen bereits festgelegter Pflichten), nach dem m Artikel 8 enthaltenen Grundsatz der Fortdauer des massgeblichen Rechts («perpetuano luns»), das Recht des Staates anzuwenden, in dem die Scheidungs- oder Trennungsentscheidung ergangen ist. Sollte der mit Bezug auf Unterhaltspflichten zv* ischen geschiedenen oder getrennten Ehegatten angerufene Richter deren Scheidung oder Trennung nicht anerkennen, so hat er seine Entscheidung nach dem gemäss den Artikeln 4-6 anzuwendenden Recht zu treffen.

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Die Sonderregelung über Einrichtungen, die öffentliche Aufgaben wahrnehmen

Artikel 9 stellt eine der bemerkenswerten Neuerungen des Rechtsanwendungsübereinkommens 1973 dar. Fast alle Delegierten aus dem kontinentaleuropäischen Rechtskreis (deren Rechte im allgemeinen die Subrogation der öffentliche Aufgaben wahrnehmenden Einrichtungen in die Rechtsstellung des Bedürftigen, dem sie Unterhalt gew àhrt haben, vorsehen) haben auf der Aufnahme einer solchen Bestimmung beharrt. Sowohl der Bestand als auch die Höhe der einer solchen Einrichtung geschuldeten Erstattung von Unterhaltsbeträgen beurteilen sich nach Artikel 10 Ziffer 3 in Verbindung mit Artikel 9 nach dem Recht, dem die Einrichtung untersteht. Im schweizerischen Recht handelt es sich bei der «öffentliche Aufgaben wahrnehmenden Einrichtung» meist um die entsprechende Behörde der Wohnsitz- oder Heimatgemeinde des Unterhaltsberechtigten. Nach Artikel 329 Absatz 3 ZGB ist sie befugt, die dem Unterhaltsberechtigten ausgerichteten Unterhaltsbeträge von den unterhaltspflichtigen Verwandten zurückzufordern. Wenn die Schweiz das Rechtsanwendungsübereinkommen ratifiziert, würde somit die Rückforderangsklage der Heimatgemeinde eines schweizerischen Unterhaltsberechtigten gegenüber seinen unterhaltspflichtigen Verwandten, die in einem anderen Vertragsstaat wohnen, sowohl hinsichtlich des Bestandes wie auch der Höhe des Erstattungsbetrages dem schweizerischen Recht unterstehen.

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Der Geltungsbereich des anwendbaren Rechts 231 Grundsatz

Artikel 10 des Rechtsanwendungsübereinkommens 1973 greift die bereits in Artikel l Absätze l und 3 des Übereinkommens von 1956 getroffene Regelung wieder auf. Er ersänzt sie aber mit der Vorschrift, die durch die Einführung des

Bundeiblait 127 Jahig Bd II

1402 Rechts der öffentlichen Einrichtungen auf Erstattung der von ihnen ausgerichteten Unterhaltsbeträge notwendig geworden ist. Im Unterschied zum Übereinkommen von 1956 legt Artikel 10 den Geltungsbereich des anwendbaren Rechts nicht abschliessend fest. Es heisst denn auch dort «insbesondere», da es den Schöpfern des Übereinkommens unmöglich schien, den Geltungsbereich des anwendbaren Rechts im einzelnen genau zu umschreiben. '

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Ausnahmen

Die Nichtanwendung des nach dem Übereinkommen anwendbaren Rechts kann eine teilweise oder vollständige sein.

Sie ist vollständig, wenn die Anwendung des ausländischen Rechts zu einem Ergebnis führen würde, das mit der schweizerischen öffentlichen Ordnung (Ordre public) offensichtlich unvereinbar ist. Der Vorbehalt des Ordre public in Artikel 11 Absatz l findet sich in jedem Haager Übereinkommen und bedarf daher keiner weiteren Erläuterung; er entspricht dem des Artikels 4 des Übereinkommens von 1956.

Die Nichtanwendung kann nach der Sachnorm von Artikel 11 Absatz 2 teilweise sein, wenn das nach dem Übereinkommen anzuwendende Recht dieser Sachnorm entgegensteht. Wenn auch die Schöpfer des Rechtsanwendungsübereinkommens 1973 vor allem bestrebt waren, dem Unterhaltsberechtigten den grösstmöglichen Schutz zu gewähren, so konnten sie sich dennoch nicht der Einsicht verschliessen, dass auch der Unterhaltspflichtige eines gewissen Schutzes bedarf, insbesondere dann, wenn die Forderungen eines Unterhaltsberechtigten als übertrieben scheinen. Um dem Grundsatz der Ausgewogenheit zwischen den Bedürfnissen des Unterhaltsberechtigten und der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen Geltung zu verschaffen, verlangt das Rechtsanwendungsübereinkommen, daß diese beiden Gesichtspunkte bei der Festsetzung der Höhe des Unterhalts durch die befasste Behörde berücksichtigt werden. Die Formulierung des Grundsatzes des Gleichgewichts, wie er beispielsweise in Artikel 208 des französischen Zivilgesetzbuchs (CCF) zu lesen ist («Der Unterhalt darf nur entsprechend den Bedürfnissen desjenigen, der sie beantragt, und den wirtschaftlichen Verhältnissen desjenigen, der sie schuldet, zugesprochen werden»), wurde als zu starr erachtet. Die ausgewogenere Regelung des Artikels 11 Absatz 2 entspricht sowohl jener, die Artikel 329 Absatz l ZGB vorsieht, wonach die Unterstützung des Unterhaltsberechtigten mit den wirtschaftlichen Verhältnissen des Unterhaltspflichtigen im Einklang stehen soll, als auch der Auslegung, die das Bundesgericht in seiner Rechtsprechung dieser Vorschrift gegeben hat.

Der Richter ist daher, wenn das aufgrund des Übereinkommens anzuwendende Recht dem Erfordernis des Gleichgewichts zwischen den Bedürfnissen des Unterhaltsberechtigten und den wirtschaftlichen Verhältnissen des Unterhaltspflichtigen nicht
Rechnung trägt oder es gar ausschliesst, nicht verpflichtet, dieses Recht bei der Festlegung der Höhe des Unterhaltsbetrages anzuwenden. Der Richter ist vielmehr an die Beachtung der Sachnorm des Artikels 11 Absatz 2

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gebunden ; im übrigen handelt es sich dabei um die einzige Bestimmung materiellrechtlicher Natur, die in das Übereinkommen aufgenommen worden ist. Artikel 11 Absatz 2 kann in dem Fall, in dem eine öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtung einem Unterhaltsberechtigten einen höheren Unterhalt ausgerichtet hat, als der Unterhaltspflichtige selbst hätte aufbringen können, auch Auswirkungen auf Artikel 9 haben. Wenn nämlich von der öffentliche Aufgaben wahrnehmenden Einrichtung die wirtschaftlichen Verhältnisse des Unterhaltspflichtigen bei der Festsetzung des Unterhaltsbetrages, den sie dem Unterhaltsberechtigten ausgerichtet hat. nicht berücksichtigt worden sind, so hat der Richter auf die gegen den Unterhaltspflichtigen angestrengte Erstattungsklage ein anderes als das in Artikel 9 bezeichnete Recht anzuwenden, soweit der Richter das Ausmass der Erstattungsforderung zu beurteilen hat.

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Verschiedene Bestimmungen

Zeitlicher Geltungsbereich des Übereinkommens

Das Übereinkommen von 1956 sah für die Frage der intertemporalen Anwendung keine Regelung vor, was zu Unsicherheiten in der Rechtsprechung der Vertragsstaaten geführt hat. Artikel 12 des Rechtsanwendungsübereinkommeris 1973 schliesst diese Lücke, indem er den Zeitraum, für welchen der Unterhalt geschuldet wird, objektiv bestimmt. Wird der Unterhalt für einen Zeitraum geschuldet, der vor dem Inkrafttreten des Übereinkommens für den Vertragsstaat liegt, so ist das Übereinkommen nicht anwendbar und das auf die Unterhaltspflicht anzuwendende Recht bestimmt sich nach dem autonomen Kollisionsrecht dieses Staates. Tritt das Übereinkommen für den erwähnten Staat in der Zwischenzeit in Kraft, so wird die Unterhaltspflicht von diesem Zeitpunkt an nach dem vom Übereinkommen bestimmten Recht beurteilt. Das kann dazu führen, dass eine Unterhaltspflicht unter Umständen zwei verschiedenen Rechten untersteht. Die Schöpfer des Übereinkommens waren sich dieses Widerspruchs bewusst, haben ihn aber gleichwohl in Kauf genommen, da er ja im Lauf der Zeit zwangsläufig an Bedeutung \erliert. Der objektive Bezug auf den Zeitraum, für den der Unterhalt geschuldet wird, ist jedenfalls demjenigen, der auf den rein prozessualen Faktor des Zeitpunkts der Klageerhebung abstellt, eindeutig vorzuziehen, und wäre es nur deshalb, weil er sich viel sicherer feststellen lässt. In der Tat würde der Begriff der «Klageeinleitung» aufgrund der verschiedenen Auslegungen, die die Mitgliedstaaten der Haager Konferenz ihm zulegen. Anlass zur Unsicherheit in der Rechtsprechung geben. Ausserdem wäre das Übereinkommen nur dann anwendbar, wenn der Anspruch vor einem Gericht erhoben wird.

242 Vorbehalte Die Haager Konferenz hat eine grosse Anzahl von Vorbehaltsmöglichkeiten in das Rechtsanwendungsübereinkommen aufgenommen, um dadurch möglichst

1404 vielen Staaten die Ratifikation des neuen Übereinkommens zu gestatten Andererseits wollte man vemieiden, dass diejenigen Vertragsstaaten, für die sich die Erklärung von Vorbehalten im Hinblick auf ihi autonomes Kollisionsrecht und innerstaatliches Recht nicht aufdrangt, nun ebenfalls von den zahheichen Vorbehaltsmoghchkeiten Gebrauch machen wurden, damit wäre nämlich die Tragweite des Übereinkommens derart emgeschiankt, dass daduich auch die mit ihm erstrebte Vereinheitlichung m Mitleidenschaft gezogen wurde Im übrigen betreffen die Vorbehalte wegen dei universalistischen Natui des Übereinkommens ausschhesslich den Staat, der sie anbringt, sie sind ohne Emfluss auf die übrigen Veitiagsstaaten Wenn die Schweiz das Ubeieinkommen ratifiziert so sollte unseies Eiachtens von den m den Artikeln 13-15 vorgesehenen Vorbehalten em möglichst geringer Gebrauch gemacht werden AI tikel 13 ermöglicht die Beschrankung der Anwendung des Übereinkommens auf die Unterhaltspflichten zwischen geschiedenen oder getrennten Ehegatten sowie gegenüber Kindern, ja selbst nur auf eine dieser beiden Unterhaltsarten Wu meinen, dass die Schweiz von diesem Voibehalt keinen Gebrauch machen sollte Wenn die Schweiz das Übereinkommen ratifiziert, so unterstreicht sie damit ihr Interesse am Versuch der von der Haager Konferenz erstrebten Vereinheitlichung Es wäre doch wenig sinnvoll, em Übereinkommen zu ratifizieren, um sogleich seine Tragweite zu begrenzen Man stelle sich m diesem Zusammenhang nur vor, dass das Übereinkommen auf den von den Kindern ihren Eltern geschuldeten Unterhalt nicht anwendbar waie Hingegen sollte sich die Schweiz das Recht vorbehalten, das Übereinkommen auf die Unterhaltspflichten zwischen Seitenverwandten und Verschwägerten nach den in Artikel 14 Ziffern l und 2 vorgesehenen Vorbehalten nicht anzuwenden Es scheint uns m der T at wenig sinnvoll, auf dem Umweg über das Rechtsanwendungsubereinkommen 1973 Unterhaltspflichten wieder einzuführen, die im Bundesrecht bewusst ausgeschlossen worden sind Im übrigen ist hervorzuheben, dass die m den Artikeln 328 und 329 Absatz 2 ZGB geregelte Unterstutzungspflicht zwischen Geschwistern in der Praxis viel an Bedeutung verloren hat Wenn ein Unterhaltsberechtigter mit gewohnlichem Aufenthalt m einem anderen Vertiagsstaat seinen Bruder (oder seine Schwester) m der
Schweiz belangt, so wäre auf eine solche Klage jedenfalls schweizerisches Recht anzuwenden Es wäre nämlich sonst möglich, dass das aufgrund des Übereinkommens anzuwendende Recht dem Unterhaltsberechtigten Anspruch auf einen Unterhalt gewahrt, den das schweizerische Recht ablehnt Wie schon erwähnt, wurde dieser Vorbehalt ausschhesslich die schweizerischen Behörden betreffen Wenn beispielsweise ein ausländischer Richter mit einer Klage eines schweizerischen Unterhaltsberechtigten gegen seinen ausländischen Onkel befasstist und beide im auslandischen Vertragsstaat bzw Forumstaat ansässig sind, so hatte der Richter auf die Klage das Recht des gewöhnlichen Aufenthaltsortes des Unterhaltsberechtigten anzuwenden, d h sein eigenes Recht, das - als Hypothese eine Unterhaltspflicht zwischen solchen Seitenverwandten vorsieht, der Richter hatte

1405 in diesem Fall keine Rücksicht darauf zu nelunen. dass die Schweiz, als HeimatStaat des Unterhaltsberechtigten, die Anwendung des Übereinkommens auf diese Unterhaltspflicht ausgeschlossen hat.

Artikel 14 Ziffer 3 ist aufgrund von Einwendungen der Delegierten der Vereinigten Staaten und Irlands aufgenommen worden, die gewünscht hatten, dass auf die Unterhaltspflicht zwischen geschiedenen oder getrennten Ehegatten die allgemeinen Vorschriften der Artikel 4-6 anstatt Artikel 8 angewendet werden, wenn die Scheidung. Trennung. Nichtig- oder Ungültigerklärung der Ehe in einem Säumnisverfahren in einem Staat erfolg: ist. in welchem die abwesende Partei keinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Der Vorbehalt von Absatz 3 geht jedoch < wesentlich weiter, als ihn die erwähnten Delegierten eigentlich haben wollten, da nun nach dem Wortlaut des Absatzes die Anwendbarkeit des Übereinkommens überhaupt entfallt. Die Schweiz sollte diesen Vorbehalt, an dessen Einführung sie in keiner Weise beteiligt war, jedenfalls nicht erklären.

Hingegen sollte die Schweiz den Vorbehalt \ on Artikel 15 anbringen. Dieser Artikel nimmt die «Erklärung», wie sie in Artikel 2 des Übereinkommens von 1956 niedergelegt war und von der Schweiz damals auch abgegeben wurde, nun in Form eines echten Vorbehaltes wieder auf. Inhaltlich sind der alte und der neue Artikel gleich geblieben; beide gestatten die Anwendbarkeit des Rechts des Gerichtsortes (lex fori), wenn die internationale Verknüpfung des Sachverhalts so gering ist. dass sich die Anwendung des Übereinkommens nicht mehr rechtfertigt.

Wenn also ein schweizerischer Unterhaltsberechtigter mit gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland beim schweizerischen Richter Unterhalt von einem schweizerischen Unterhaltspflichtigen mit gewöhnlichem Aufenthalt in'der Schweiz verlangt, so muss das ausländische Recht am gewöhnlichen Aufenthalt des Unterhaltsberechtigten, das nach Artikel 4 des Übereinkommens anwendbar wäre, wegen der überwiegenden Beziehungen des Sachverhalts zur Schweiz vor der Anwendung des schweizerischen Rechts zurücktreten. Dazu sei noch bemerkt, dass die in Artikel 15 genannten Voraussetzungen kumulativ" erfüllt sein müssen.

Die Artikel 16 und 17, die ebenso wie die Artikel 18 und 19 unser Land nicht berühren, bedürfen keiner Erörterung. Das gleiche gilt für die üblichen protokollarischen Bestimmungen der Artikel 20-27.

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Übereinkommen vom 2. Oktober 1973 über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen (im folgenden Vollstreckungsübereinkommen 1973 genannt)

Vom Gesichtspunkt der Bemühungen um die Vereinheitlichung des internationalen Privatrechts - zu der die Haager Konferenz nach ihrer Satzung verpflichtet ist - aus gesehen, bilden das Vollstreckungs- und das Rechtsanwendungsübereinkommen von 1973 zwei sich ergänzende Gegenstücke, dessen Bindungen und Ähnlichkeiten es als erforderlich erscheinen lassen, das eine nicht ohne das andere zu ratifizieren. Denn nur die gemeinsame Ratifikation kann die volle Wirksamkeit

1406 dieses Haager Vertragswerks sicherstellen. Dazu kommt, dass auch ein drittes internationales Übereinkommen, das Ihnen kürzlich zur Genehmigung vorgelegt worden ist - das,New Yorker Übereinkommen über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland vom 20. Juni 1956 (vgl. BB1 7975 1566) -, es gestattet, dem Unterhaltsberechtigten durch Vereinfachung des Verfahrens und enger behördlicher Zusammenarbeit die grösstmögliche Gewähr für die Erlangung der nötigen Unterhaltsbeträge zu bieten.

Das Vollstreckungsübereinkommen von 1973 erstrebt, wie schon das Übereinkommen von ] 958, «die Schaffung gemeinsamer Voraussetzungen für die Anerkennung und die Vollstreckung ausländischer Entscheidungen auf dem Gebiet der familienrechtlichen Unterhaltspflicht». Hier sind zunächst zwei Erklärungen nötig: Mit «Anerkennung» ist gemeint, dass der Staat, in dem die Entscheidung geltend gemacht wird (Anerkennungsstaat), der Entscheidung die gleiche Rechtsverbindlichkeit auf seinem Gebiet zubilligt, wie ihr auf dem Gebiet des Vertragsstaates, in dem sie ergangen ist (Urteilsstaat), zukommt. Unter «Vollstreckung» ist zu verstehen, dass die Behörde des Anerkennungsstaates eine Entscheidung, die im Sinne des Übereinkommens anerkannt worden ist, für vollstreckbar erklärt.

Es handelt sich hier also noch nicht um die eigentliche Vollstreckung der ausländischen Entscheidung: Diese wird ausschliesslich von den innerstaatlichen Vorschriften des Vollstreckungsstaates bestimmt. In der Schweiz richtet sich demzufolge die Vollstreckung einer Unterhaltsentscheidung, die ja immer auf Zahlung einer Geldsumme gerichtet ist, nach den Vorschriften des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG).

In diesem Zusammenhang muss noch auf einen wesentlichen Unterschied zwischen den beiden Übereinkommen von 1973 hingewiesen werden: das Vollstreckungsübereinkommen - wie übrigens auch dasjenige von 1956 - ist nur auf Entscheidungen anwendbar, die in einem anderen Vertragsstaat ergangen sind ; es setzt also im Gegensatz zum Rechtsanwendungsübereinkommen die Gegenseitigkeit voraus.

Da es hier um die Vereinheitlichung der Kollisionsregeln auf dem Gebiet der Gerichtsbarkeit zwischen verschiedenen Staaten geht, rechtfertigt es sich ohne weiteres, dass die Vorschriften des Vollstreckungsübereinkommens nur zwischen den Vertragsstaaten
gelten.

Das Vollstreckungsübereinkommen von 1973 zählt 37 Artikel, aufgeteilt in sieben Abschnitte : Anwendungsbereich des Übereinkommens, Voraussetzungen der Anerkennung und Vollstreckung, Verfahren der Anerkennung und Vollstreckung, ergänzende Vorschriften über öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtungen, Vergleiche, verschiedene Bestimmungen und Schlussbestimmungen.

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Der Anwendungsbereich

Der erste Teil von Artikel l Absatz l bezieht sich auf die gleichen Unterhaltspflichten wie Artikel l des Rechtsanwendungsübereinkommens von 1973. So-

1407 mit wurden in den neuen Übereinkommen, in bezug 'auf den Rechtsgrund, die bereits in den Übereinkommen von 1956 und 1958 vorgesehenen Unterhaltspflichten beibehalten: darunter sind die gesetzlichen Unterhaltspflichten zu verstehen.

Diese Pflichten können sich aus einer Entscheidung ergeben, die von einer Gerichts- oder Verwaltungsbehörde erlassen wurde, oder auch aus einer Vereinbarung, die vor solchen Behörden geschlossen worden ist. Nach Festlegung der Unterhaltspflichten, auf die das Übereinkommen anwendbar sein will, ist noch zu bestimmen, wer sie beanspruchen kann und wer sie schuldet. Artikel l beschränkt sich darauf, von Unterhaltspflichtigen und Unterhaltsberechtigten zu sprechen, zu denen auch die öffentliche Aufgaben wahrnehmenden Einrichtungen gehören, wenn sie die Erstattung von Leistungen fordern, die sie dem Unterhaltsberechtigten an Stelle des zahlungsunwilligen Unterhaltspflichtigen erbracht haben.

Absatz 2 stellt die Vergleiche den Entscheidungen gleich. Die Aufnahme der Vergleiche in das Übereinkommen entsprach dem Wunsch mehrerer Regierungsdelegationen der Haager Konferenz, insbesondere auch der schweizerischen. Schon bei der Ratifikation des Übereinkommens von 1958 hatten wir die diesbezügliche Lücke beklagt (vgl. BB1 1964 I 509). so wie sie in der Folge auch in der internationalen Doktrin wiederholt bedauert worden ist. Dass nun die Vergleiche in das neue Übereinkommen aufgenommen wurden, erfüllt uns mit Genugtuung. Unter «Vergleich» ist eine Vereinbarung zu verstehen, die zwischen iden Parteien vor einer zuständigen, Behörde geschlossen wird, um eine Unterhaltsverpflichtung festzulegen, die nicht mehr bestritten wird. Wenn diese Vereinbarung in einer den Vorschriften der zuständigen Behörde entsprechenden Urkunde niedergelegt ist, bildet sie - und das ist das wesentliche - im Staat dieser Behörde einen VoUstrekkimgstitel. Um im Sinne des Übereinkommens einer behördlich ergangenen Entscheidung gleichgestellt und damit vollstreckbar zu sein, ist ies daher unerlässlich, dass der Vergleich vor einer zuständigen Behörde geschlossen wird.

Wenn auch Artikel2 Absatz l keine Definition der Ausdrücke «Entscheidungen» und «Vergleiche» gibt, so enthält er doch eine nützliche Verdeutlichung, indem er verbietet, dass dabei die Bezeichnung, welche die beiden Ausdrücke im Ursprungsstaat
im einzelnen haben, massgebend ist («... ohne Rücksicht auf ihre Bezeichnung...»). Jedenfalls werden also sowohl die von einer Gerichts- oder Verwaltungsbehörde gefällten Entscheidungen als auch die vor einer dieser Behörden geschlossenen Vergleiche von den Bestimmungen des Übereinkommens erfasst.

Absatz 2 dehnt den Grundsatz der Gegenseitigkeit auf die Abänderungsentscheide aus. Wie bereits gesagt, gilt das Übereinkommen aufgrund dieses Prinzips nur für Entscheidungen und Vergleiche, die in Vertragsstaaten ergangen sind. Eine die Unterhaltspflicht betreffende Entscheidung aus einem Nichtvertragsstaat kann daher in einem Vertragsstaat nur in Anwendung seines eigenen Kollisionsrechts anerkannt werden. Sollten die Behörden dieses Staates aber in der Folge berufen sein, die ausländische Entscheidung aus diesem Drittstaat durch ein Änderungsurteil neuen Verhältnissen anzupassen, so wird dieser Änderungsentscheid - weil er in einem Vertragsstaat ergangen ist - in den anderen Vertragsstaaten gemäss dem Vollstreckungsübereinkommen 1973 anerkannt und vollstreckt.

1408 Absatz 3 greift in einer verbesserten Formulierung den bereits im Übereinkommen von 1958 enthaltenen Grundsatz wieder auf, wonach es einzig auf die «Nationalität» der Entscheidung ankommt. Diese Vorschrift erlaubt es, den Anwendungsbereich des Übereinkommens auch auf Fälle auszudehnen, in denen die Parteien Angehörige eines Nichtvertragsstaates sind, sowie auf Entscheidungen, die in einem Vertragsstaat zwischen Angehörigen dieses Staates gefällt worden sind.

Artikel 3 grenzt, wie Artikel 2 des Rechtsanwendungsübereinkommens von 1973, den sachlichen Geltungsbereich des Übereinkommens ab. Gemäss dieser Vorschrift kann im Anerkennungsstaat nur derjenige Teil einer Entscheidung nach den Regeln des Übereinkommens anerkannt und vollstreckt werden, der sich auf die Unterhaltspflicht als solche bezieht.

32

Die Voraussetzungen der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen

Die Voraussetzungen der Anerkennung und Vollstreckung unterscheiden sich nicht von denjenigen, die in Artikel 2 des Übereinkommens von 1958 verlangt werden. Lediglich die Systematik ist anders gestaltet.

Artikel 4 zählt die positiven Voraussetzungen für die Anerkennung und Vollstreckung (Zuständigkeit der Behörden des Ursprungsstaates, endgültiger Charakter der Entscheidung) auf. Ferner enthält Absatz 2 eine Bestimmung von erheblicher praktischer Tragweite, wonach vorläufig vollstreckbare Entscheidungen und einstweilige Massnahmen im Vollstreckungsstaat dann anzuerkennen oder für vollstreckbar zu erklären sind, wenn dort gleichartige Entscheidungen erlassen und vollstreckt werden können.

Artikel 5 umschreibt die negativen Voraussetzungen, d. h. jene, die die Anerkennung und Vollstreckung ausschliessen (Unvereinbarkeit mit der öffentlichen Ordnung, schwere Verfahrensmängel, Bestehen einer früheren Entscheidung in derselben Sache zwischen denselben Parteien). Wir dürfen hierzu auf die an der Ratifikation des Übereinkommens von 1958 dargelegten Erwägungen verweisen (vgl.

BB11964 510-511), die heute noch volle Gültigkeit haben.

Artikel 6 bezieht sich auf die Versäumnisentscheidungen und bezweckt die Wahrung der Rechte der säumigen Partei - sei dies der Unterhaltsberechtigte oder -Pflichtige - im Verfahren im Ursprungsstaat der Entscheidung (Urteilsstaat).

Nachdem in Artikel 4 des Übereinkommens als erste Voraussetzung für die Anerkenn- und Vollstreckbarkeit einer in einem Vertragsstaat ergangenen Entscheidung die Zuständigkeit der Behörde im Ursprungsstaat verlangt wird, sind nun diese zuständigkeitsbegründenden Voraussetzungen im einzelnen zu bestimmen. Demgemäss sieht Artikel 7 Ziffer l zunächst zwei alternative Zuständigkeiten vor, nämlich diejenige der Behörde am Ort des gewöhnlichen Aufenthaltes entweder des Unterhaltspflichtigen (in der Regel der Beklagte) oder des Unterhaltsberechtigten (in der Regel der Kläger) jeweils zum Zeitpunkt der Klageeinleitung. Wir hatten bereits Gelegenheit, Ihnen die Gründe für die Einführung

1409 dieser indirekten Zuständigkeiten auf dem Gebiet der Unterhaltspflichten, insbesondere die Zuständigkeit am Ort des gewöhnlichen Aufenthalts des Klägers, darzulegen (vgl. BB1 7964 I 512-513). Jene Erwägungen gelten entsprechend auch für die Vollstreckungsübereinkommen von 1973.

In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass mit der Einführung einer indirekten Zuständigkeit dem Vertragsstaat nicht ein zwingender Gerichtsstand vorgeschrieben wird (direkte Zuständigkeit), sondern dass die Beachtung der indirekten Zuständigkeit lediglich eine Voraussetzung für die Anerkenn- und Vollstreckbarkeit einer Entscheidung ist; der Anerkennungs- und Vollstreckungsstaat hat daher grundsätzlich die Zuständigkeit der Behörde des Ursprungsstaates anzuerkennen, wenn sie nach den Bestimmungen des Übereinkommens gegeben war.

In Ziffer 2 wird die Zuständigkeit der Behörden des gemeinsamen Heimatstaates der Parteien zum Zeitpunkt der Klageeinleitung voigesehen.

Ziffer 3 bringt gegenüber Artikel 3 Ziffer 3 des Übereinkommens \ on 1958 eine deutliche Verbesserung, indem nunmehr der Ausdruck «Beklagter» statt «Unterhaltspflichtiger» \erwendet wird. Dadurch wird auch der Fall, in dem der Unterhaltsberechtigte sich beispielsweise der vom Unterhaltspflichtigen bei einer unzuständigen Behörde gegen ihn erhobenen Herabsetzungsklage widersetzt, der Regelung von Artikel 7 Ziffer 3 unterstellt.

Artikel 8 ist nur in den eher seltenen Fällen subsidiär anwendbar, in denen die in Artikel 7 festgelegten Zuständigkeiten entfallen; am Schluss des Artikels 8 heisst es denn auch: «.. ; Artikel 7 bleibt unberührt». Folgendes Beispiel möge die Tragweite der Bestimmung erläutern; Die Staaten A und B sind Mitgliedstaaten des Vollstreckungsübereinkommens von 1973. Im Staat A ist ein Scheidungsurteil ergangen, in dessen Dispositiv die an einen Ehegatten zu leistende Unterhaltsrente geregelt wird. Einzig dieser Teil des Urteils soll im Staat B anerkannt und vollstreckt werden. Die Behörde des Staates B wird zunächst prüfen, ob aufgrund der Vorschriften des eigenen autonomen Kollisionsrechts oder aufgrund von internationalen Übereinkommen die Behörde des Staates A zuständig war. die Scheidung auszusprechen. Bejaht sie diese Zuständigkeit, so hat die Behörde des Staates B anzuerkennen, dass diese Scheidungszuständigkeit auch für die
Verurteilung des Ehegatten zu Unterhaltszahlungen gegeben war, und hat daher diesen Teil der Entscheidung gemäss dem Vollstreckungsübereinkommen von 1973 anzuerkennen und zu vollstrecken. Es liegt hier also gewissermassen eine erweiterte Zuständigkeit vor.

Artikel 9 will verhindern, dass die angerufene Behörde unter dem Vorwand, die Zuständigkeit der Behörde des Ursprungsstaates zu überprüfen, in Wirklichkeit eine sachliche Nachprüfling der Entscheidung, wie sie von Artikel 12 ausdrücklich ausgeschlossen wird. \ ornimmt.

Artikel 10 regelt den Fall der teilweisen Anerkennung und Vollstreckung.

Sind zum Beispiel in derselben Entscheidung dem geschiedenen Ehegatten und dem Kind Unterhaltsbeiträge zugesprochen worden und veibietet der Ordre public des ersuchten Staates aus irgendeinem Grund die Vollstreckung von Entscheidun-

1410 gen über die Leistung von Unterhalt an den geschiedenen Ehegatten (z. B. weil sie offensichtlich überhöht ist), so ist das Übereinkommen auf die Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind gleichwohl anzuwenden.

Artikel 11 entspricht dem Artikel 7 des Übereinkommens von 1958, wonach sich die Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen sowohl auf die bereits verfallenen als auch/guf die künftig fällig werdenden Zahlungen erstreckt. Als wir Ihnen das Übereinkommen von 1958 zur Genehmigung vorlegten, haben wir die Aus- · Wirkungen dieser Vorschrift auf unser Recht ausführlich erörtert (vgl. BB1 1964 I 513-515). Wir bestätigen hier unsere damals vertretene Auffassung und be-."

tonen von neuem die Notwendigkeit der Aufnahme einer Erklärung in den zu fassenden Bundesbeschluss, mit der festgestellt wird, dass im Sinne von Artikel 11 des Übereinkommens der von den Kantonen für den Entscheid in Rechtsöffnungssachen (Art. 22 und 80 ff. SchKG) bezeichnete Richter zuständig ist, über ein Rechtsöffnungsbegehren zu entscheiden, das sich auf eine Entscheidung stützt, deren Vollstreckung nach dem genannten Artikel zu gewähren ist, und der auf dieses Begehren das durch die Kantone geregelte summarische Verfahren anwendet.

33

Das Anerkennungs- und Vollstreckungsverfahren

Die Artikel 13, 14, 16 und 17 sind mehr beschreibender und erläuternder Natur und bedürfen keiner Auslegungshinweise. Gleichwohl sei hervorgehoben, dass Artikel 13 das Verfahren der Vollstreckbarerklärung als solches und nicht etwa die Voraussetzungen für die Erteilung des Exequaturs dem Recht des Gerichtsortes unterstellt. Im Zusammenhang mit Artikel 17 Absatz 3 ist zu bemerken, dass selbst die «Apostille», die durch das Haager Übereinkommen vom 5. Oktober 1961 zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Beglaubigung (AS 1973 348) eingeführt worden ist, nicht verlangt werden kann.

Artikel 15 schreibt vor, dass der ersuchte Staat (Anerkennungs- und Vollstrekkungsstaat) dem Unterhaltsberechtigten «die günstigste Verfahrenshilfe oder die weitestgehende Befreiung von Verfahrenskosten, die im Recht des Vollstreckungsstaates vorgesehen ist», gewährt. Wenn auch diese Bestimmung sich an Artikel 9 des Übereinkommens von 1958 über das Armenrecht anlehnt, so bezweifeln wir dennoch, dass die damals hierzu gemachten Darlegungen noch immer gültig sind (BB1 1964 I 515). Es ist in der Tat nicht einzusehen, weshalb dem Unterhaltsberechtigten die Verfahrenshilfe und die Befreiung von Verfahrenskosten in der Schweiz nur aus dem Grund zu verweigern sei, weil es hier der Rechtsöffnungsrichter ist, der im summarischen Verfahren auch als Exequaturrichter amtiert. Die Aufgabe, die bei uns der Rechtsöffnungsrichter zu erfüllen hat, entspricht durchaus jener des ausländischen Exequaturrichters und ist für ihn bestimmt nicht leichter als für den ausländischen.

1411 34

Ergänzende Vorschriften über öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtungen

In diesem Abschnitt werden zwei verschiedene Fallgruppen in Betracht gezogen. Die erste betrifft die Fälle, in denen eine öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtung (die in der Regel gesetzlich zur Unterhaltsleistung an Bedürftige verpflichtet ist) gegen einen unterhaltspflichtigen und zahlungsfähigen Verwandten geklagt hat und eine Entscheidung ergangen ist, die diesen zur Erstattung der dem Unterhaltsberechtigten erbrachten Leistungen verpflichtet (Art. 18). Die zweite betrifft die Fälle, in denen der Unterhaltsberechtigte selbst eine Unterhaltsentscheidung erwirkt hat ''Art. 19). Wenn der Unterhaltspflichtige die Unterhaltsbeiträge nicht bezahlt hat. ist die zuständige Einrichtung genötigt, sie an seiner Stelle zu erbringen. Dadurch subrogiert sie in die Rechtsstellung des Unterhaltsberechtigten und kann demzufolge vom Unterhaltspflichtigen die Erstattung der von ihr erbrachten Leistungen verlangen, indem sie sich auf die zwischen dem Unterhaltsberechtigten und dem Unterhaltspflichtigen ergangene Entscheidung beruft. Die Artikel 18 und 19 begrenzen die Höhe des rückforderbaren Betrages auf den dem Unterhaltsberechtigten tatsächlich ausgerichteten Unterhaltsbeitrag. Hier muss jedoch präzisiert werden, dass unter «Erstattung der dem Unterhaltsberechtigten erbrachten Leistungen» nicht nur die bereits erbrachten Leistungen zu verstehen sind, sondern auch diejenigen Leistungen, die künftig noch fällig werden. Wollte man den Artikeln 18 und 19 diese Tragweite absprechen, so würde dies zu einer Verwässerung bzw. Ausnahme von Artikel 11 über die Unterhaltsleistung durch periodisch wiederkehrende Zahlungen führen. Die Artikel 18 und 19 schaffen überdies die Möglichkeit der Überprüfung des Rechts des Ursprungsstaates, indem sie der Behörde des Vollstreckungsstaates gestatten, das die öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtung beherrschende Recht daraufhin nachzuprüfen, ob es dieser Einrichtung erlaubt, eine Erstattungsklage gegenüber dem Unterhaltspflichtigen zu erheben'(Art. 18 Ziff. 1), oder im Sinne des Artikels 19, ob nach dem Recht des Ursprungsstaates die öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtung berechtigt ist, die Anerkennung oder Vollstreckung der zwischen dem Unterhaltsberechtigen und Unterhaltspflichtigen ergangenen Entscheidung zu beantragen.

Artikel 18 Ziffer 2 sieht eine noch
strengere Kontrolle in dem Sinne vor, dass die Entscheidung durch, die Behörde des Vollstreckungsstäates aufgrund eines Rechts nachgeprüft werden kann, das die Behörde des Ursprungsstaates nicht in Betracht zu ziehen hatte. Die praktische Tragweite dieser Vorschrift ist jedoch gering, da sich die Rechte der verschiedenen Länder in bezug auf die wichtigsten Unterhaltspflichten nicht grundlegendunterscheiden. Nur bei der L'nterhaltspfücht zwischen Seitenverwandten und Verschwägerten - die aber in der Praxis ohnehin nicht von grosser Bedeutung ist - könnten sich gewisse Probleme ergeben.

Artikel 20 zählt die Urkunden auf. die die öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtung, zusätzlich zu den bereits in Artikel 17 genannten, vorzulegen hat.

1412 35

Die Vergleiche

Wie bereits unter Ziffer 31 ausgeführt, stellt das Vollstreckungsübereinkommen die Vergleiche den Entscheidungen gleich. Demzufolge sind die Voraussetzungen der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auch auf die Vergleiche anwendbar (vgl. Art. 21), 36

Verschiedene Bestimmungen

Die Bestimmung von Artikel 22 über die Überweisung von Geldbeträgen wurde fast unverändert von Artikel 10 des New Yorker Übereinkommens über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland übernommen. Auch hier zeigt sich das Bestreben der Schöpfer des Vollstreckungsübereinkommens von 1973, die verschiedenen internationalen Übereinkommen zu koordinieren, um den Unterhaltsberechtigten die grösstmögliche Hilfe bei der Durchsetzung ihrer Rechte leisten zu können.

Artikel 23 stellt eine Verbesserung des Artikels 11 des Übereinkommens von 1958 dar. Das Vollstreckungsübereinkommen von 1973 hindert den Unterhaltsberechtigten nicht, sich auf eine andere Übereinkunft, die auf den gleichen Fall anwendbar ist, oder direkt auf das nichtvertragliche Recht (Kollisionsrecht) des Vollstreckungsstaates zu stützen, wenn sich dadurch eine für ihn günstigere Regelung ergibt.

Artikel 12 des Übereinkommens von 1958 sah vor, dass das Übereinkommen nur auf Entscheidungen anzuwenden ist, die nach seinem Inkrafttreten ergangen sind. Artikel 24 hat diese Vorschrift dahingehend geändert, dass das Übereinkommen selbst auf Entscheidungen anzuwenden ist, die vor dem Inkrafttreten des Übereinkommens für den Vollstreckungsstaat ergangen sind, jedoch nur insoweit, als die Unterhaltsleistungen nach dem Inkrafttreten des Übereinkommens fällig geworden sind.

Artikel 25 räumt den Vertragsstaaten die Möglichkeit ein, die Anwendung des Übereinkommens auf öffentlich errichtete Urkunden zu erstrecken. Da die Schweiz das Exequatur für solche Urkunden nicht kennt, sollte die hier vorgesehene Erklärung nicht abgegeben werden. Im übrigen würden durch eine derartige Erklärung auch Unsicherheiten bei der Anerkennung und Vollstreckung der Vergleiche entstehen.

Artikel 26 betrifft die Vorbehalte, die jeder Staat bei der Ratifikation anbringen kann. Bei der Erörterung des Rechtsanwendungsübereinkommens von 1973 haben wir Ihnen bereits vorgeschlagen, die Anwendbarkeit des Übereinkommens für die Unterhaltspflichten zwischen Seitenverwandten und Verschwägerten auszuschliessen. Im Hinblick auf den engen Zusammenhang zwischen den beiden neuen Übereinkommen schlagen wir Ihnen daher vor, die in Artikel 26 Absatz l Ziffer 2 Buchstaben a und b vorgesehenen Vorbehalte anzubringen und mithin zu erklären, dass die Schweiz das Vollstreckungsübereinkommen von 1973 auf Entscheidungen und Vergleiche über die Verpflichtung zu Unterhaltszahlungen zwischen Seitenver-

1413

wandten und Verschwägerten nicht anwenden wird. Weitere Vorbehalte drängen sich nicht auf.

Die Artikel 27 und 28 betreffen die Staaten mit verschiedenen Rechtsordnungen wie z. B. die Vereinigten Staaten.

37

Die Schlussbestimmungen

Hinsichtlich der Artikel 30-37 sei lediglich hervorgehoben, dass ieder Vertragsstaat die' Möglichkeit hat. gegen den Beitritt eines Staates Einspruch zu erheben, der zur Zeit der zwölften Tagung der Haager Konferenz nicht deren Mitglied war (Art. 31 und 32 Abs. 4); eine solche Möglichkeit der Einwendung besteht, mit Rücksicht auf seinen universalistischen Charakter, im Rechtsanwendungsübereinkommen von 1973 nicht (vgl. dessen A.n. 21).

4

Finanzielle und personelle Auswirkungen

Aus der Ratifikation der Übereinkommen ergeben sich weder für den Bund noch für die Kantone Änderungen in finanzieller und personeller Hinsicht.

5

Verfassungsniässigkeit der Übereinkommen

Die zwei Übereinkommen, die wir Ihnen zur Genehmigung vorlegen, sind auf eine Gültigkeitsdauer von fünf Jahren beschränkt und können stillschweigend um je fünf Jahre verlängert werden (vgl. Art. 26 des Rechtsanwendungsübereinkommens von 1973 und Art. 36 des Vollstreckungsübereinkommens von 1973). Ihr Bundesbeschluss wird daher dem Staatsvertragsreferendum nach Artikel 89 Absatz 4 der Bundesverfassung nicht unterworfen sein.

Artikel 8 der Bundesverfassung verleiht dem Bund die Kompetenz zum Abschluss von Staatsverträgen mit dem Ausland und Artikel 85 Ziffer 5 weist sie in den Geschäftsbereich der Bundesversammlung.

6

Schlussfolgerungen und Anträge

Als wir Ihnen die beiden Übereinkommen von 1956 und 1958 vorlegten, gaben wir unserem Bedauern darüber Ausdruck, dass in diesen die Unterhaltspflicht unter Erwachsenen nicht geregelt worden war. Die beiden neuen internationalen Übereinkommen, die wir Ihnen heute zur Genehmigung unterbreiten, werden diese Lücke schliessen. Damit wird einem grösseren Kreis Unterhaltsberechtigter eine befriedigende internationale Regelung ihrer Ansprüche gesichert.

Wir dürfen an dieser Stelle hervorheben, dass bereits neun Staaten (Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Italien. Luxemburg. Niederlande, Portugal, Gross-

1414 britannien, Tschechoslowakei, Türkei) das Vollstreckungsübereinkommen von 1973 und sechs Staaten (Frankreich, Italien, Luxemburg, Portugal, Niederlande, Türkei) das Rechtsanwendungsübereinkommen von 1973 unterzeichnet haben.

Die Schweiz hat beide am 23. Juli 1975 unterzeichnet.

Wenn die Schweiz die Übereinkommen ratifiziert, so würden sie in den Beziehungen zu den anderen Vertragsstaaten diejenigen von 1956 und 1958 ersetzen (Art. 18 des Rechtsanwendungsübereinkommens von 1973; Art. 29 des Vollstrekkungsübereinkommens von 1973). Mit diesen beiden neuen Haager Übereinkommen würde unser Land, zusammen mit dem Ihnen kürzlich zur Genehmigung vorgelegten New Yorker Übereinkommen vom 20. Juni 1956 über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland, über ein geeignetes Instrumentarium verfügen, um den in besonderem Masse schutzbedürftigen Unterhaltsberechtigten wirksam beistehen zu können. Mit der Ratifikation würde die Schweiz aber auch zur Vereinheitlichung der internationalen Regeln auf einem Gebiet beitragen, in dem der humanitäre Gesichtspunkt vorherrscht.

Aus diesen Gründen beantragen wir, das Rechtsanwendungs- und das Vollstreckungsübereinkommen von 1973 zu genehmigen und ersuchen Sie, uns zu deren Ratifikation zu ermächtigen. Dabei werden wir folgende Vorbehalte anbringen: 1. für das Rechtsanwendungsübereinkommen von 1973 behält sich die Schweiz nach Artikel 24 das Recht vor: - das Übereinkommen nicht auf die Unterhaltspflichten zwischen Seitenverwandten und Verschwägerten anzuwenden (Art. 14 Ziff. l und 2); - auf Unterhaltspflichten schweizerisches Recht anzuwenden, wenn sowohl der Unterhaltsberechtigte als auch der Unterhaltspflichtige Schweizerbürger sind und der Unterhaltspflichtige seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz hat (Art. 15); 2. für das Vollstreckungsübereinkommen von 1973 behält sich die Schweiz nach Artikel 34 das Recht vor, das Übereinkommen nicht auf die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und Vergleichen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht zwischen Seitenverwandten und Verschwägerten anzuwenden (Art. 26 Abs. l Ziff. 2 Est. a und b).

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

Bern, den 27. August 1975 Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Graber

4285

Der Bundeskanzler: Huber

1415 (Entwurf)

Bundesbeschluss betreffend das internationale Haager Übereinkommen über die Unterhaltspflichten

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 8 der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 27. August 1975'*.

beschliesst:

*

Art. l 1

Das von der Schweiz am 23. Juli 1975 unterzeichnete Haager Übereinkommen über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht vom 2. Oktober 1973 wird genehmigt: bei der Ratifikation bringt der Bundesrat die folgenden Vorbehalte an : 1. Nach Artikel 24 behält sich die Schweiz das in Artikel 14 Ziffern l und 2 vorgesehene Recht vor. das Übereinkommen nicht auf die Unterhaltspflichten zwischen Seitenverwandten und Verschwägerten anzuwenden.

2. Die Schweiz behält sich nach Artikel 24 das in Artikel 15 vorgesehene Recht vor, das schweizerische Recht auf Unterhaltspflichten anzuwenden, wenn der Unterhaltsberechtigte und der Unterhaltspflichtige Schweizerbürger sind und der Unterhaltspflichtige seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz hat.

2 Der Bundesrat wird ermächtigt, das Übereinkommen mit diesen Vorbehalten zu ratifizieren.

Art. 2 1

Das von der Schweiz am 23. Juli 1975 unterzeichnete Haager Übereinkommen vom 2. Oktober 1973 über die Anerkennung und Vollstreckung von Unter-

» BB11975II 1395

1416 haltsentscheidungen wird genehmigt; bei der Ratifikation bringt der Bundesrat den folgenden Vorbehalt an: Nach Artikel 34 behält sich die Schweiz das in Artikel 26 Absatz l Ziffer 2 Buchstaben a und b vorgesehene Recht vor, Entscheidungen und Vergleiche auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht zwischen Seitenverwandten und Verschwägerten nicht anzuerkennen und für nicht vollstreckbar zu erklären.

2

Der Bundesrat wird ermächtigt, das Übereinkommen mit diesem Vorbehalt zu ratifizieren.

3 Im Sinne von Artikel 11 des Übereinkommens ist der von den Kantonen für den Entscheid in Rechtsöffnungssachen (Art. 22 und 80 ff. SchKG) bezeichnete Richter zuständig, über ein Rechtsöffnungsbegehren zu entscheiden, das sich auf eine Entscheidung stützt, deren Vollstreckung nach dem genannten Artikel zu bewilligen ist, und der auf dieses Begehren das durch die Kantone geregelte summarische Verfahren anwendet.

Art. 3 Dieser Beschluss untersteht nicht dem Staatsvertragsreferendum.

1417

Übereinkommen über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht Abgeschlossen in Den Haag am 2 Oktober 1973

Die Unterzeichner Staaten dieses Übereinkommens, in dem Wunsch, gemeinsame Bestimmungen über das auf Unterhaltspflichten gegenüber Erwachsenen anzuwendende Recht aufzustellen.

in dem Wunsch, diese Bestimmungen an die des Übereinkommens vom 24. Oktober 1956 über das auf Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern anzuwendende Recht anzupassen, haben beschlossen, zu diesem Zweck ein Übereinkommen zu schliessen, und haben die folgenden Bestimmungen vereinbart:

Abschnitt I Anwendungsbereich des Übereinkommens Artikel l Dieses Übereinkommen ist auf Unterhaltspflichten anzuwenden, die sich aus Beziehungen der Familie. Verv, andtschaft, Ehe oder Schwägerschaft ergeben, einschliesslich der Unterhaltspflicht gegenüber einem nichtehelichen Kind.

Artikel 2 Dieses Übereinkommen regelt das Kollisionsrecht nur auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht.

Die in Anwendung dieses Übereinkommens ergangenen Entscheidungen greifen dem Bestehen einer der in Artikel l genannten Beziehungen nicht vor.

Artikel 3 Das von diesem Übereinkommen bestimmte Recht ist unabhängig vom Erfordernis der Gegenseitigkeit anzuwenden, auch wenn es das Recht eines Nichtvertrags Staates ist.

Bundesblatt 127 Jahre Bd II

1418

Abschnitt II Anzuwendendes Recht Artikel 4 Für die in Artikel l genannten Unterhaltspflichten ist das am gewöhnlichen Aufenthalt des Unterhaltsberechtigten geltende innerstaatliche Recht massgebend.

Wechselt der Unterhaltsberechtigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist vom Zeitpunkt des Aufenthaltswechsels an das innerstaatliche Recht am neuen gewöhnlichen Aufenthalt anzuwenden.

Artikel 5 Kann der Berechtigte nach dem in Artikel 4 vorgesehenen Recht vom Verpflichteten keinen Unterhalt erhalten, so ist das Recht des Staates, dem sie gemeinsam angehören, anzuwenden.

Artikel 6 Kann der Berechtigte nach den in den Artikeln 4 und 5 vorgesehenen Rechten vom Verpflichteten keinen Unterhalt erhalten, so ist das innerstaatliche Recht der angerufenen Behörde anzuwenden.

Artikel 7 Bei Unterhaltspflichten zwischen Verwandten in der Seitenlinie oder Verschwägerten kann der Verpflichtete dem Anspruch des Berechtigten entgegenhalten, dass nach dem Recht des Staates, dem sie angehören, oder, mangels einer gemeinsamen Staatsangehörigkeit, nach dem innerstaatlichen Recht am gewöhnlichen Aufenthalt des Verpflichteten eine solche Pflicht nicht besteht.

Artikel 8 Abweichend von den Artikeln 4 bis 6 ist in einem Vertragsstaat, in dem eine Ehescheidung ausgesprochen oder anerkannt worden ist, für die Unterhaltspflichten zwischen den geschiedenen Ehegatten und die Änderung von Entscheidungen über diese Pflichten das auf die Ehescheidung angewandte Recht massgebend.

Der vorstehende Absatz ist auch im Fall einer Trennung ohne Auflösung des Ehebandes und im Fall einer für nichtig oder als ungültig erklärten Ehe anzuwenden.

Artikel 9 Für das Recht einer öffentliche Aufgaben wahrnehmenden Einrichtung auf Erstattung der dem Unterhaltsberechtigten erbrachten Leistungen ist das Recht massgebend, dem die Einrichtung untersteht.

1419 Artikel 10 Das auf eine Unterhaltspflicht anzuwendende Recht bestimmt insbesondere, 1. ob, in welchem Ausmass und von wem der Berechtigte Unterhalt verlangen kann; 2. wer zur Einleitung des Unterhaltsverfahrens berechtigt ist und welche Fristen für die Einleitung gelten; 3. das Ausmass der Erstattungspflicht des Unterhaltsverpflichteten, wenn eine öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtung die Erstattung der dem Berechtigten erbrachten Leistungen verlangt.

Artikel 11 Von der Anwendung des durch dieses Übereinkommen bestimmten Rechtes darf nur abgesehen werden, wenn sie mit der öffentlichen Ordnung offensichtlich unvereinbar ist.

Jedoch sind bei der Bemessung des Unterhaltsbetrages die Bedürfnisse des Berechtigten und die wirtschaftlichen Verhältnisse des Unterhaltsverpflichteten zu berücksichtigen, selbst wenn das anzuwendende Recht etwas anderes bestimmt.

Abschnitt III Verschiedene Bestimmungen Artikel 12 Dieses Übereinkommen ist nicht auf Unterhalt anzuwenden, der in einem Vertragsstaat für die ^ or dem Inkrafttreten des Übereinkommens in diesem Staat liegende Zeit verlangt wird.

Artikel 13 Jeder Vertragsstaat kann sich gemäss Artikel 24 das Recht vorbehalten, dieses Übereinkommen nur anzuwenden auf Unterhaltspflichten 1. zwischen Ehegatten und zwischen früheren Ehegatten; 2. gegenüber einer Person, die das einundzwanzigste Lebensjahr noch nicht vollendet hat und unverheiratet ist.

Artikel 14 Jeder Vertragsstaat kann sich gemäss Artikel 24 das Recht vorbehalten, dieses Übereinkommen nicht anzuwenden auf Unterhaltspflichten 1. zwischen Verwandten in der Seitenlinie; 2. zwischen Verschwägerten;

1420 3. zwischen geschiedenen oder ohne Auflösung des Ehebandes getrennten Ehegatten oder zwischen Ehegatten, deren Ehe für nichtig oder als ungültig erklärt worden ist, wenn das Erkenntnis auf Scheidung, Trennung, Nichtigkeit oder Ungültigkeit der Ehe in einem Versäumnisverfahren in einem Staat ergangen ist, in dem die säumige Partei nicht ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte.

Artikel 15 Jeder Vertragsstaat kann gemäss Artikel 24 einen Vorbehalt anbringen, dass seine Behörden sein innerstaatliches Recht anwenden werden, wenn sowohl der Berechtigte als auch der Verpflichtete Staatsangehörige dieses Staates sind und der Verpflichtete dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

Artikel 16 Kommt das Recht eines Staates mit zwei oder mehr Rechtsordnungen mit räumlicher oder personeller Anwendung auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht in Betracht - beispielsweise, wenn auf das Recht des gewöhnlichen Aufenthalts des Berechtigten oder des Verpflichteten oder auf das Recht des Staates, dem sie gemeinsam angehören, verwiesen wird - so ist die Rechtsordnung anzuwenden, die durch die in diesem Staat geltenden Vorschriften bestimmt wird, oder mangels solcher Vorschriften die Rechtsordnung, zu der die Beteiligten die engsten Bindungen haben.

Artikel 17 ' Ein Vertragsstaat, in dem verschiedene Gebietseinheiten ihre eigenen Rechtsvorschriften über die Unterhaltspflicht haben, ist nicht verpflichtet, dieses Übereinkommen auf Kollisionsfälle anzuwenden, die nur seine Gebietseinheiten betreffen.

Artikel 18 Dieses Übereinkommen ersetzt in den Beziehungen zwischen den Staaten, die Vertragsparteien sind, das Haager Übereinkommen vom 24. Oktober 1956 über das auf Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern anzuwendende Recht.

Jedoch ist der vorstehende Absatz nicht auf Staaten anzuwenden, die durch einen Vorbehalt nach Artikel 13 die Anwendung dieses Übereinkommens auf Unterhaltspflichten gegenüber Personen ausgeschlossen haben, die das einundzwanzigste Lebensjahr noch nicht vollendet haben und unverheiratet sind.

Artikel 19 Dieses Übereinkommen berührt nicht andere internationale Übereinkünfte, deren Vertragspartei ein Vertragsstaat des Übereinkommens ist oder wird und die Bestimmungen über die durch dieses Übereinkommen geregelten Angelegenheiten enthalten.

1421

Abschnitt IV Schlussbestimmungen Artikel 20 Dieses Übereinkommen liegt für die Staaten zur Unterzeichnung auf, die Mitglieder der Haager Konferenz für Internationales Pnvatrecht zur Zeit ihrer Zwölften Tagung waren.

Es bedarf der Ratifikation. Annahme oder Genehmigung: die Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunden sind beim Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande zu hinterlegen.

Artikel 21 Jeder Staat, der erst nach der Zwölften Tagung Mitglied der Konferenz geworden ist, oder der Mitglied der Vereinten Nationen oder einer ihrer Sonderinstitutionen ist, oder der Satzung des Internationalen Gerichtshofs angehört, kann diesem Übereinkommen beitreten, nachdem es nach Artikel 25 Absatz l in Kraft getreten ist.

Die Beitrittsurkunde ist beim Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande zu hinterlegen.

Artikel 22 Jeder Staat kann bei der Unterzeichnung, der Ratifikation, der Annahme, der Genehmigung oder dem Beitritt erklären, dass sich dieses Übereinkommen auf alle Gebiete, deren internationale Beziehungen er wahrnimmt, oder auf eines oder mehrere dieser Gebiete erstreckt. Diese Erklärung wird wirksam, sobald das Übereinkommen für den betreffenden Staat in Kraft tritt.

Jede spätere Erstreckung dieser Art ist dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande zu notifizieren.

Artikel 23 Ein Vertragsstaat, der aus zwei oder mehr Gebietsemheiten besteht, in denen verschiedene Rechtsordnungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht gelten, kann bei der Unterzeichnung, der Ratifikation, der Annahme, der Genehmigung oder dem Beitritt erklären, dass sich dieses Übereinkommen auf alle diese Gebietseinheiten oder nur auf eine oder mehrere dieser Gebietseinheiten erstreckt ; er kann diese Erklärung jederzeit durch Abgabe einer neuen Erklärung ändern.

Diese Erklärungen sind dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande unter ausdrücklicher Bezeichnung der Gebietseinheit, für die das Übereinkommen gilt, zu notifizieren.

1422 Artikel 24 Jeder Staat kann spätestens bei der Ratifikation, der Annahme, der Genehmigung oder dem Beitritt einen oder mehrere der in den Artikeln 13 bis 15 vorgesehenen Vorbehalte anbringen. Andere Vorbehalte sind nicht zulässig.

Jeder Staat kann ferner, wenn er eine Erstreckung des Übereinkommens nach Artikel 22 notifiziert, die Wirkung eines oder mehrerer dieser Vorbehalte auf alle oder einige der von der Erstreckung erfassten Gebiete beschränken.

Jeder Vertragsstaat kann einen von ihm angebrachten Vorbehalt jederzeit zurückziehen. Ein solcher Rückzug ist dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande zu notifizieren.

Die Wirkung des Vorbehalts endet am ersten Tag des dritten Kalendermonats nach der in Absatz 3 genannten Notifikation.

Artikel 25 Dieses Übereinkommen tritt am ersten Tag des dritten Kalendermonats nach der in Artikel 20 vorgesehenen Hinterlegung der dritten Ratifikations-, Annahmeoder Genehmigungsurkunde in Kraft.

Später tritt das Übereinkommen in Kraft 1. für jeden Unterzeichnerstaat, der es später ratifiziert, annimmt oder genehmigt, am ersten Tag des dritten Kalendermonats nach Hinterlegung seiner Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde; 2. für jeden beitretenden Staat am ersten Tag des dritten Kalendermonats nach Hinterlegung seiner Beitrittsurkunde; 3. für die Gebiete, auf die das Übereinkommen nach Artikel 22 erstreckt worden ist, am ersten Tag des dritten Kalendermonats nach der im genannten Artikel vorgesehenen Notifikation.

Artikel 26 Dieses Übereinkommen gilt für die Dauer von fünf Jahren, vom Tag seines Inkrafttretens nach Artikel 25 Absatz l an gerechnet, und zwar auch für die Staaten, die es später ratifiziert, angenommen oder genehmigt haben oder ihm später beigetreten sind.

Die Geltungsdauer des Übereinkommens verlängert sich, ausser im Fall der Kündigung, stillschweigend um jeweüs fünf Jahre.

Die Kündigung ist spätestens sechs Monate vor Ablauf der fünf Jahre dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande zu notifizieren. Sie kann sich auf bestimmte Gebiete beschränken, für die das Übereinkommen gilt.

Die Kündigung wirkt nur für den Staat, der sie notifiziert hat. Für die anderen Vertragsstaaten bleibt das Übereinkommen in Kraft.

1423 Artikel 27 Das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande notifiziert den Mitgliedstaaten der Konferenz sowie den Staaten, die nach Artikel 21 beigetreten sind: 1. jede Unterzeichnung. Ratifikation, Annahme und Genehmigung nach Artikel 20; 2. den Tag, an dem dieses Übereinkommen nach Artikel 25 in Kraft tritt; 3. jeden Beitritt nach Artikel 21 und den Tag, an dem der Beitritt wirksam wird; 4. jede Erstreckung nach Artikel 22 und den Tag, an dem sie wirksam wird; 5. jede Erklärung nach Artikel 23 und jede Änderung derselben sowie den Tag, an dem diese Erklärung und ihre Änderung wirksam werden; 6. jede Kündigung nach Artikel 26; 7. jeden Vorbehalt nach den Artikeln 13-15 und 24 sowie den Rückzug von Vorbehalten nach Artikel 24.

Zu Urkund dessen haben die gehörig Bevollmächtigten dieses Übereinkommen unterzeichnet.

Geschehen in Den Haag am 2. Oktober 1973 in französischer und englischer Sprache, wobei beide Texte in gleicher Weise massgebend sind, in einer Urschrift, die im Archiv der Regierung der Niederlande hinterlegt wird; diese übermittelt jedem Staat, der Mitglied der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht zur Zeit ihrer Zwölften Tagung war. auf diplomatischem Weg eine beglaubigte Abschrift.

1424

Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen Abgeschlossen in Den Haag am 2. Oktober 1973

Die Unterzeichnerstaaten dieses Übereinkommens, in dem Wunsch, gemeinsame Bestimmungen zur Regelung der gegenseitigen Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen über die Unterhaltspflicht gegenüber Erwachsenen aufzustellen, in dem Wunsch, diese Bestimmungen an die des Übereinkommens vom 15. April 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern anzupassen, haben beschlossen, zu diesem Zweck ein Übereinkommen zu schliessen, und haben die folgenden "Bestimmungen vereinbart :

Abschnitt I Anwendungsbereich des Übereinkommens Artikel l Dieses Übereinkommen ist anzuwenden auf Entscheidungen über Unterhaltspflichten aus Beziehungen der Familie, Verwandtschaft, Ehe oder Schwägerschaft, einschliesslich der Unterhaltspflicht gegenüber einem nichtehelichen Kind, die von Gerichten oder Verwaltungsbehörden eines Vertragsstaates erlassen worden sind entweder 1. zwischen einem Unterhaltsberechtigten und einem Unterhaltsverpflichteten oder 2. zwischen einem Unterhaltsverpflichteten und einer öffentliche Aufgaben wahrnehmenden Einrichtung, die die Erstattung der einem Unterhaltsberechtigten erbrachten Leistung verlangt.

Es ist auch anzuwenden auf Vergleiche auf diesem Gebiet, die vor diesen Behörden und zwischen diesen Personen geschlossen worden sind.

1425 Artikel 2 Das Übereinkommen ist auf Entscheidungen und Vergleiche ohne Rücksicht auf ihre Bezeichnung anzuwenden.

Es ist auch auf Entscheidungen oder Vergleiche anzuwenden, durch die eine frühere Entscheidung oder ein früherer Vergleich geändert worden ist, selbst wenn diese Entscheidung oder dieser Vergleich aus einem Nichtvertragsstaat stammt.

Es ist ohne Rücksicht darauf, ob der Unterhaltsanspruch international oder innerstaatlich ist, und unabhängig von der Staatsangehörigkeit oder dem gewöhnlichen Aufenthalt der Parteien anzuwenden.

- Artikel 3 Betrifft die Entscheidung oder der Vergleich nicht nur die Unterhaltspflicht, so bleibt die Wirkung des Übereinkommens auf die Unterhaltspflicht beschränkt.

Abschnitt II Voraussetzungen der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen Artikel 4 Die in einem Vertragsstaat ergangene Entscheidung ist in einem anderen Vertragsstaat anzuerkennen oder für vollstreckbar zu erklären/zu vollstrecken, 1. wenn sie von einer Behörde erlassen worden ist, die nach Artikel 7 oder 8 als zuständig anzusehen ist, und 2. wenn gegen sie im Ursprungsstaat kein ordentliches Rechtsmittel mehr zulässig ist.

Vorläufig vollstreckbare Entscheidungen und einstweilige Massnahmen sind, obwohl gegen sie ein ordentliches Rechtsmittel zulässig ist, im Vollstreckungsstaat anzuerkennen oder für vollstreckbar zu erklären/zu vollstrecken, wenn dort gleichartige Entscheidungen erlassen und vollstreckt werden können.

Artikel 5 Die Anerkennung oder Vollstreckung der Entscheidung darf jedoch versagt werden, 1. wenn die Anerkennung oder Vollstreckung mit der öffentlichen Ordnung des Vollstreckungsstaates offensichtlich unvereinbar ist; oder 2. wenn die Entscheidung das Ergebnis betrügerischer Machenschaften im Verfahren ist;

1426 oder 3. wenn ein denselben Gegenstand betreffendes Verfahren zwischen denselben Parteien vor einer Behörde des Vollstreckungsstaates anhängig und als erstes eingeleitet worden ist ; oder 4. wenn die Entscheidung unvereinbar ist mit einer Entscheidung, die zwischen denselben Parteien über denselben Gegenstand entweder in dem Vollstrekkungsstaat oder in einem anderen Staat ergangen ist, im letztgenannten Fall jedoch nur, sofern diese Entscheidung die für die Anerkennung und Vollstreckung im Vollstreckungsstaat erforderlichen Voraussetzungen erfüllt.

Artikel 6 Eine Versäumnisentscheidung wird nur anerkannt oder für vollstreckbar erklärt/vollstreckt, wenn das das Verfahren einleitende Schriftstück mit den wesentlichen Klagegründen der säumigen Partei nach dem Recht des Ursprungsstaates zugestellt worden ist und wenn diese Partei eine nach den Umständen ausreichende Frist zu ihrer Verteidigung hatte ; Artikel 5 bleibt unberührt.

Artikel 7 Eine Behörde des Ursprungsstaates ist als zuständig im Sinn des Übereinkommens anzusehen, 1. wenn der Unterhaltsverpflichtete oder der Unterhaltsberechtigte zur Zeit der Einleitung des Verfahrens seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ursprungsstaat hatte; oder 2. wenn der Unterhaltsverpflichtete und der Unterhaltsberechtigte zur Zeit der Einleitung des Verfahrens Staatsangehörige des Ursprungsstaates waren ; oder 3. wenn sich der Beklagte der Zuständigkeit dieser Behörde entweder ausdrücklich oder dadurch unterworfen hat, dass er sich, ohne deren Unzuständigkeit geltend zu machen, auf das Verfahren in der Sache selbst eingelassen hat.

Artikel 8 Die Behörden eines Vertragsstaates, die über ein Unterhaltsbegehren entschieden haben, sind als zuständig im Sinn des Übereinkommens anzusehen, wenn der Unterhalt infolge einer von einer Behörde dieses Staates ausgesprochenen Scheidung, Trennung ohne Auflösung des Ehebandes, Nichtigkeit oder Ungültigkeit der Ehe geschuldet und wenn die diesbezügliche Zuständigkeit der Behörde nach dem Recht des Vollstreckungsstaates anerkannt wird ; Artikel 7 bleibt unberührt.

1427 Artikel 9 Die Behörde des Vollstreckungsstaates ist an die tatsächlichen Feststellungen gebunden, auf welche die Behörde des Ursprungsstaates ihre Zuständigkeit gestützt hat.

Artikel 10 Betrifft die Entscheidung mehrere Ansprüche in einem Unterhaltsbegehren und kann die Anerkennung oder Vollstreckung nicht für alle Ansprüche bewilligt werden, so hat die Behörde des Vollstreckungsstaates das Übereinkommen auf denjenigen Teil der Entscheidung anzuwenden, der anerkannt oder für vollstreckbar erklärt/vollstreckt werden kann.

Artikel 11 Ist in der Entscheidung die Unterhaltsleistung durch regelmässig wiederkehrende Zahlungen angeordnet, so ist die Vollstreckung sowohl für die bereits fälligen als auch für die künftig fällig werdenden Zahlungen zu bewilligen.

Artikel 12 Die Behörde des Vollstreckungsstaates darf die Entscheidung in der Sache selbst nicht nachprüfen, sofern das Übereinkommen nicht etwas anderes bestimmt.

Abschnitt III Verfahren der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen Artikel 13 Das Verfahren der Anerkennung oder Vollstreckung der Entscheidung richtet sich nach dem Recht des Vollstreckungsstaates, sofern das Übereinkommen nicht etwas anderes bestimmt.

Artikel 14 Es kann auch die teilweise Anerkennung oder Vollstreckung einer Entscheidung beantragt werden.

Artikel 15 Der Unterhaltsberechtigte, der im Ursprungsstaat ganz oder teilweise Verfahrenshilfe oder Befreiung von Verfahrenskosten genossen hat, geniesst in jedem Anerkennungs- oder Vollstreckungsyerfahren die günstigste Verfahrenshilfe oder die weitestgehende Befreiung, die im Recht des Vollstreckungsstaates vorgesehen ist.

1428 Artikel 16 In den durch das Übereinkommen erfassten Verfahren braucht für die Zahlung der Verfahrenskosten keine Sicherheit oder Hinterlegung, unter welcher Bezeichnung auch immer, geleistet zu werden.

Artikel 17 Die Partei, die die Anerkennung einer Entscheidung geltend macht oder ihre Vollstreckung beantragt, hat folgende Unterlagen beizubringen : 1. eine vollständige, mit der Urschrift übereinstimmende Ausfertigung der Entscheidung ; 2. die Urkunden, aus denen sich ergibt, dass gegen die Entscheidung im Ursprungsstaat kein ordentliches Rechtsmittel mehr zulässig ist und, gegebenenfalls, dass die Entscheidung dort vollstreckbar ist ; 3. wenn es sich um eine Versäumnisentscheidung handelt, die Urschrift oder eine beglaubigte Abschrift der Urkunde, aus der sich ergibt, dass das das Verfahren einleitende Schriftstück mit den wesentlichen Gründen des Begehrens der säumigen Partei nach dem Recht des Ursprungsstaates ordnungsgemäss zugestellt worden ist; 4. gegebenenfalls jedes Schriftstück, aus dem sich ergibt, dass die Partei im Ursprungsstaat Verfahrenshilfe oder Befreiung von Verfahrenskosten erhalten hat ; 5. eine beglaubigte Übersetzung der genannten Urkunden, wenn die Behörde des Vollstreckungsstaates nicht darauf verzichtet.

Werden die genannten Urkunden nicht vorgelegt oder ermöglicht es der Inhalt der Entscheidung der Behörde des Vollstreckungsstaates nicht, nachzuprüfen, ob die Voraussetzungen dieses Übereinkommens erfüllt sind, so setzt sie eine Frist für die Vorlegung aller erforderlichen Urkunden.

Eine weitere Beglaubigung oder ähnliche Förmlichkeit darf nicht verlangt werden.

Abschnitt IV Ergänzende Vorschriften über öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtungen Artikel 18 Ist die Entscheidung gegen den Unterhaltsverpflichteten auf Antrag einer öffentliche Aufgaben wahrnehmenden Einrichtung ergangen, welche die Erstattung der einem Unterhaltsberechtigten erbrachten Leistungen verlangt, so ist diese Entscheidung nach dem Übereinkommen anzuerkennen und für vollstreckbar zu erklären/zu vollstrecken,

1429 1. wenn die Einrichtung nach dem Recht, dem sie untersteht, die Erstattung verlangen kann; 2. wenn das nach dem internationalen Privatrecht des Vollstreckungsstaates anzuwendende innerstaatliche Recht eine Unterhaltspflicht zwischen dem Unterhaltsberechtigten und dem Unterhaltsverpflichteten vorsieht, Artikel 19 Eine öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtung darf, soweit sie dem Unterhaltsberechtigten Leistungen erbracht hat, die Anerkennung oder Vollstrekkung einer zwischen dem Unterhaltsberechtigten und dem Unterhaltsverpflichteten ergangenen Entscheidung verlangen, wenn sie nach dem Recht, dem sie untersteht, kraft Gesetzes berechtigt ist, an Stelle des Unterhaltsberechtigten die Anerkennung der Entscheidung geltend zu machen oder ihre Vollstreckung zu beantragen.

Artikel 20 Die öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtung, welche die Anerkennung geltend macht oder die Vollstreckung beantragt, hat die Urkunden \orzulegen, aus denen sich ergibt, dass sie die in Artikel 18 Ziffer l oder Artikel 19 genannten Voraussetzungen erfüllt und dass die Leistungen dem Unterhaltsberechtigten erbracht worden sind; Artikel 17 bleibt unberührt.

Abschnitt V Vergleiche Artikel 21 Die im Ursprungsstaat vollstreckbaren Vergleiche sind unter denselben Voraussetzungen wie Entscheidungen anzuerkennen und für vollstreckbar zu erklären/zu vollstrecken, soweit diese Voraussetzungen auf sie anwendbar sind.

Abschnitt VI Verschiedene Bestimmungen Artikel 22 Bestehen nach dem Recht eines Vertragsstaates Beschränkungen für die Überweisung von Geldbeträgen, so hat dieser Vertragsstaat der Überweisung von Geldbeträgen, die zur Erfüllung von Unterhaltsansprüchen oder zur Deckung von Kosten für Verfahren nach diesem Übereinkommen bestimmt sind, den grösstmöglichen Vorrang zu gewähren.

1430 Artikel 23 Dieses Übereinkommen schliesst nicht aus, dass eine andere internationale Übereinkunft zwischen dem Ursprungsstaat und dem Vollstreckungsstaat oder das nichtvertragliche Recht des Vollstreckungsstaates angewendet wird, um die Anerkennung oder Vollstreckung einer Entscheidung oder eines Vergleiches zu erwirken.

Artikel 24 Dieses Übereinkommen ist unabhängig von dem Zeitpunkt anzuwenden, in dem die Entscheidung ergangen ist.

Ist die Entscheidung ergangen, bevor dieses Übereinkommen zwischen dem Ursprungsstaat und dem Vollstreckungsstaat in Kraft getreten ist, so ist sie im letztgenannten Staat nur hinsichtlich der nach diesem Inkrafttreten fallig werdenden Zahlungen für vollstreckbar zu erklären/zu vollstrecken.

Artikel 25 Jeder Vertragsstaat kann jederzeit erklären, dass er in seinen Beziehungen zu den Staaten, die dieselbe Erklärung abgegeben haben, alle vor einer Behörde oder einer Urkundsperson errichteten öffentlichen Urkunden, die im Ursprungsstaat aufgenommen und vollstreckbar sind, in das Übereinkommen einbezieht, soweit sich dessen Bestimmungen auf solche Urkunden anwenden lassen.

Artikel 26 Jeder Vertragsstaat kann sich nach Artikel 34 das Recht vorbehalten, weder anzuerkennen noch für vollstreckbar zu erklären/zu vollstrecken: 1. Entscheidungen und Vergleiche über Unterhaltsleistungen, die ein Unterhaltsverpflichteter, der nicht der Ehegatte oder der frühere Ehegatte des Unterhaltsberechtigten ist, für die Zeit nach der Eheschliessung oder nach dem vollendeten einundzwanzigsten Lebensjahr des Unterhaltsberechtigten schuldet; 2. Entscheidungen und Vergleiche in Unterhaltssachen a) zwischen Verwandten in der Seitenlinie; b) zwischen Verschwägerten; 3. Entscheidungen und Vergleiche, die die Unterhaltsleistung nicht durch regelmassig wiederkehrende Zahlungen vorsehen.

Ein Vertragsstaat, der einen Vorbehalt angebracht hat, kann nicht verlangen, dass das Übereinkommen auf Entscheidungen und Vergleiche angewendet wird, die er durch seinen Vorbehalt ausgeschlossen hat.

1431 Artikel 27 Sieht das Recht eines Vertragsstaates m Unterhaltssachen zwei oder mehr Rechtsordnungen vor, die für verschiedene Personenkreise gelten, so ist eine Verweisung auf l das Recht dieses Staates als Verweisung auf die Rechtsordnung zu verstehen, die nach dem Recht dieses Staates für einen bestimmten Personenkreis gilt.

Artikel 28 Besteht ein Vertragsstaat aus zwei oder mehr Gebietseinheiten, in denen verschiedene Rechtsordnungen für die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen gelten, so ist 1. eine Verweisung auf das Recht, das Verfahren oder die Behörde des Ursprungsstaates als Verweisung auf das Recht, das Verfahren oder die Behörde der Gebietseinheit zu verstehen, in der die Entscheidung ergangen ist; 2. eine Verweisung auf das Recht, das Verfahren oder die Behörde des Vollstreckungsstaates als Verweisung auf das Recht, das Verfahren oder die Behörde der Gebietseinheit zu verstehen, in der die Anerkennung oder Vollstreckung beantragt wird ; 3. eine Verweisung nach Ziffer l und 2 auf das Recht oder das Verfahren des Ursprungsstaates oder des Vollstreckungsstaates in dem Sinne zu verstehen, dass auch auf die einschlägigen Rechtsvorschriften und -grundsätze des Vertragsstaates, die für dessen Gebietseinheiten gelten, verwiesen ist; 4. eine Verweisung auf den gewöhnlichen Aufenthalt des Unterhaltsberechtigten oder des Unterhaltsverpflichteten im Ursprungsstaat als Verweisung auf den gewöhnlichen Aufenthalt in der Gebietseinheit zu verstehen, in der die Entscheidung ergangen ist.

Jeder Vertragsstaat kann jederzeit erklären, dass er eine oder mehrere dieser Vorschriften auf eine oder mehrere Bestimmungen dieses Übereinkommens nicht anwenden wird.

Artikel 29 Dieses Übereinkommen ersetzt in den Beziehungen zwischen den Staaten, die Vertragsparteien sind, das Haager Übereinkommen vom 15. April 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern.

1432

Abschnitt VII Schlussbestimmungen Artikel 30 Dieses Übereinkommen liegt für die Staaten zur Unterzeichnung auf, die Mitglieder der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht zur Zeit ihrer Zwölften Tagung waren.

Es bedarf der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung ; die Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunden sind beim Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande zu hinterlegen.

Artikel 31 Jeder Staat, der erst nach der Zwölften Tagung Mitglied der Konferenz geworden ist, oder der Mitglied der Vereinten Nationen oder einer ihrer Sonderinstitutionen ist, oder der Satzung des Internationalen Gerichtshofes angehört, kann diesem Übereinkommen bei treten, nachdem es nach Artikel 35 Absatz l in Kraft getreten ist.

Die Beitrittsurkunde ist beim Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande zu hinterlegen.

Der Beitritt wirkt nur im Verhältnis zwischen dem beitretenden Staat und den Vertragsstaaten, die innerhalb von zwölf Monaten nach Empfang der in Artikel 37 Ziffer 3 vorgesehenen Notifikation keinen Einspruch gegen den Beitritt erhoben haben. Nach dem Beitritt kann ein solcher Einspruch auch von einem Mitgliedstaat in dem Zeitpunkt erhoben werden, in dem er das Übereinkommen ratifiziert, annimmt oder genehmigt. Die Einsprüche sind dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande zu notifizieren.

Artikel 32 Jeder Staat kann bei der Unterzeichnung, der Ratifikation, der Annahme, der Genehmigung oder dem Beitritt erklären, dass sich dieses Übereinkommen auf alle Gebiete, deren internationale Beziehungen er wahrnimmt, oder auf eines oder mehrere dieser Gebiete erstreckt. Diese Erklärung wird wirksam, sobald das Übereinkommen für den betreffenden Staat in Kraft tritt.

Jede spätere Erstreckung dieser Art ist dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande zu notifizieren.

Die Erstreckung wirkt im Verhältnis zwischen den Vertragsstaaten, die innerhalb von zwölf Monaten nach Empfang der in Artikel 37 Ziffer 4 vorgesehenen Notifikation keinen Einspruch dagegen erhoben haben, und dem oder den Gebieten, deren internationale Beziehungen von dem betreffenden Staat wahrgenommen werden und für die die Notifikation vorgenommen worden ist.

1433 Nach der Erstreckung kann ein solcher Einspruch auch von einem Mitgliedstaat in dem Zeitpunkt erhoben werden, in dem er das Übereinkommen ratifiziert, annimmt oder genehmigt.

Die Einsprüche sind dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande zu notifizieren.

Artikel 33 Ein Vertragsstaat.' der aus zwei oder mehr Gebietseinheiten besteht, in denen verschiedene Rechtsordnungen für die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen gelten, kann bei der Unterzeichnung, der Ratifikation, der Annahme, der Genehmigung oder dem Beitritt erklären, dass sich dieses Übereinkommen auf alle diese Gebietseinheiten oder nur auf eine oder mehrere dieser Gebietseinheiten erstreckt ; er kann diese Erklärung jederzeit durch Abgabe einer neuen Erklärung ändern.

Diese Erklärungen sind dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande unter ausdrücklicher Bezeichnung der Gebietseinheit, für die das Übereinkommen gilt, zu notifizieren.

Die anderen Vertragsstaaten können die Anerkennung einer Unterhaltsentscheidung ablehnen, wenn das Übereinkommen m dem Zeitpunkt, in dem die Anerkennung geltend gemacht wird, für die Gebietseinheit, in der die Entscheidung ergangen ist, nicht gilt.

Artikel 34 Jeder Staat kann spätestens bei der Ratifikation, der Annahme, der Genehmigung oder dem Beitritt einen oder mehrere der in Artikel 26 vorgesehenen Vorbehalte anbringen. Andere Vorbehalte sind nicht zulässig.

Jeder Staat kann ferner, wenn er eine Erstreckung des Übereinkommens nach Artikel 32 notifiziert, die Wirkung eines oder mehrerer dieser Vorbehalte auf alle oder einige der von der Erstreckung erfassten Hoheitsgebiete beschränken.

Jeder Vertragsstaat kann einen von ihm angebrachten Vorbehalt jederzeit zurückziehen. Ein solcher Rückzug ist dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande zu notifizieren.

Die Wirkung des Vorbehalts endet am ersten Tag des dritten Kalendermonats nach der in Absatz 3 genannten Notifikation.

Artikel 35 Dieses Übereinkommen tritt am ersten Tag des dritten Kalendermonats nach der in Artikel 30 vorgesehenen Hinterlegung der dritten Ratifikations-. Annahmeoder Genehmigungsurkunde in Kraft.

1434 Später tritt das Übereinkommen in Kraft 1. für jeden Unterzeichnerstaat, der es später ratifiziert, annimmt oder genehmigt, am ersten Tag des dritten Kalendermonats nach Hinterlegung seiner Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde; 2. für jeden beitretenden Staat am ersten Tag des dritten Kalendermonats nach Ablauf der in Artikel 31 bestimmten Frist; 3. für die Gebiete, auf die das Übereinkommen nach Artikel 32 erstreckt worden ist, am ersten Tag des dritten Kalendermonats nach Ablauf der im genannten Artikel bestimmten Frist.

Artikel 36 Dieses Übereinkommen gilt für die Dauer von fünf Jahren, vom Tag seines Inkrafttretens nach Artikel 35 Absatz l an gerechnet, und zwar auch für die Staaten, die es später ratifiziert, angenommen oder genehmigt haben oder ihm später beigetreten sind.

Die Geltungsdauer des Übereinkommens verlängert sich, ausser im Fall der Kündigung, stillschweigend um jeweils fünf Jahre.

Die Kündigung ist spätestens sechs Monate vor Ablauf der fünf Jahre dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande zu notifizieren. Sie kann sich auf bestimmte Gebiete beschränken, für die das Übereinkommen gilt.

Die Kündigung wirkt nur für den Staat, der sie notifiziert hat. Für die anderen Vertragsstaaten bleibt das Übereinkommen in Kraft.

Artikel 37 Das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande notifiziert den Mitgliedstaaten der Konferenz sowie den Staaten, die nach Artikel 31 beigetreten sind: 1. jede Unterzeichnung, Ratifikation, Annahme und Genehmigung nach Artikel 30; 2. den Tag, an dem dieses Übereinkommen nach Artikel 35 in Kraft tritt; 3. jeden Beitritt nach Artikel 31 und den Tag, an dem der Beitritt wirksam wird; 4. jede Erstreckung nach Artikel 32 und den Tag, an dem sie wirksam wird; 5. jeden Einspruch gegen einen Beitritt oder eine Erstreckung nach den Artikeln 31 und 32; 6. jede Erklärung nach den Artikeln 25 und 32; 7. jede Kündigung nach Artikel 36 ; 8. jeden Vorbehalt nach den Artikeln 26 und 34 sowie den Rückzug von Vorbehalten nach Artikel 34.

1435 Zu Urkund dessen haben die gehörig Bevollmächtigten dieses Übereinkommen unterzeichnet.

Geschehen in Den Haag am 2. Oktober 1973 in französischer und englischer Sprache, wobei beide Texte in gleicher Weise massgebend sind, in einer Urschrift, die im Archiv der Regierung der Niederlande hinterlegt vvird; diese übermittelt jedem Staat, der Mitglied der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht zur Zeit ihrer Zwölften Tagung war, auf diplomatischem Weg eine beglaubigte Abschrift.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend das Haager Übereinkommen über die Unterhaltspflichten (Vom 27. August 1975)

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