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10403 Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung

über die Genehmigung des Zusatzabkommens zu dem zwischen der Schweiz und Frankreich abgeschlossenen Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (Vom 15. Dezember 1969)

Herr Präsident !

Hochgeehrte Herren !

Am 3. Dezember 1969 ist in Paris ein Zusatzabkommen zu dem am 9. September 1966 zwischen der Schweiz und Frankreich abgeschlossenen Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen unterzeichnet worden. Wir beehren uns, Ihnen dieses Zusatzabkommen, das die Bestimmungen des geltenden Abkommens über die Besteuerung von Dividenden wesentlich verbessert, hiemit zur Genehmigung zu unterbreiten.

I. Allgemeines 1. Das schweizerisch-französische Abkommen vom 9. September 1966 zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (AS 1967 1079) hat für die Schweiz gegenüber dem vorangegangenen Abkommen vom 31. Dezember 1953 eine spürbare Verschlechterung mit sich gebracht. Um einen vertragslosen Zustand zu vermeiden, musste die Schweiz Quellensteuerrückbehalten von 15 Prozent auf Dividenden, 10 Prozent auf Zinsen und 5 Prozent auf Lizenzgebühren zustimmen (Art. 11, 12 und 13 des Abkommens). Im weiteren ist der Wohnsitzstaat des Empfängers solcher Einkünfte verpflichtet, die dem Quellenstaat zugestandene Steuer an seine eigenen Steuern anzurechnen (für die Schweiz vgl. Art. 25 Buchst. B Abs. 2 des Abkommens). Trotz den Bemühungen der schweizerischen Unterhändler konnte damals für die schweizerischen Aktionäre eine Vergünstigung, die der nach internem französischen Steuerrecht den in Frankreich ansässigen Aktionären zustehenden Steuergutschrift («avoir fiscal») ent-

1475 spricht, nicht erreicht werden (vgl. Botschaft vom 18. Okt. 1966; BB1 7965 II 580/81, 584 und 588). Die französische Delegation hatte dagegen zugesichert, die Frage in einem späteren" Zeitpunkt erneut zu erörtern, falls Frankreich einem dritten Staat für dort ansässige Aktionäre französischer Gesellschaften einen besonderen Vorteil zugestehe, der der Steuergutschrift Rechnung trage, sofern dieser Vorteil ,sich nicht auf (besondere, dem dritten Staat gegenüber bestehende Gründe stütze. Die Bundesversammlung (am 8. März 1967 der Ständerat und am 7. Juni 1967 der Nationakat) hat die Genehmigung des Abkommens vom 9. September 1966 nur unter grössten Bedenken ausgesprochen. In Postulaten ihrer Kommissionen haben der Nationalrat und der Ständerat den Bundesrat u. a. eingeladen, bei nächster Gelegenheit neue Verhandlungen mit Frankreich einzuleiten, mit dem Ziel, ein den schweizerischen Auffassungen besser entsprechendes Abkommen abzuschliessen. Ferner hat Nationakat Eisenring den Bundesrat in einem Postulat ersucht, Aufschluss zu geben über den Stand der Anstrengungen zur baldigen Revision des Abkommens, die namentlich den Gesellschaften mit wesentlichen Beteiligungen eine günstigere Regelung verschaffen sollte, wie sie inzwischen Frankreich den Vereinigten Staaten von Amerika zugestanden hat (Postulat Nr. 9910 vom 12. März 1968).

2. Die Gelegenheit, Verhandlungen über eine solche Revision zu eröffnen, zeigte sich im November 1967, als die französische Generaldirektion der Steuern der Eidgenössischen Steuerverwaltung mitteilte, Frankreich habe mit verschiedenen europäischen Staaten Gespräche darüber aufgenommen, wie die steuerliche Belastung der Empfänger französischer Dividenden auszugleichen sei, und anregte, dieses Problem auch im Hinblick auf die schweizerisch-französischen Beziehungen zu untersuchen. Eine erste Begegnung zwischen schweizerischen und französischenExperten fand am 30. und 31. Januar 1968 in Bern statt ; sie beschränkte sich auf einen Meinungsaustausch. Die französischen Unterhändler unterstrichen von vornherein, dass es nicht Zweck der Verhandlungen sein könne, die im Abkommen von 1966 vereinbarten Bestimmungen wieder aufzugreifen, sondern nur, eine Lösung zur Milderung der von der französischen Gesetzgebung bewirkten Benachteiligung schweizerischer Empfänger von französischen
Dividenden gegenüber französischen Aktionären zu suchen.

3. Am 27. März 1968 bestellte der Bundesrat eine schweizerische Delegation aus Vertretern der Eidgenössischen Steuerverwaltung, des Eidgenössischen Politischen Departements und der interessierten Wirtschaftskreise; sie wurde beauftragt, über die teilweise Revision des Abkommens von 1966 zu verhandeln. Die Besprechungen wurden im April 1968 in Paris weitergeführt.

Die französischen Unterhändler erklärten sich zwar bereit, die Steuergutschrift («avoir fiscal») im Betrage von 50 Prozent der erklärten Dividende auch den in der Schweiz ansässigen Empfängern französischer Dividenden zu gewähren; sie wollten aber ursprünglich den Kreis der Begünstigten auf schweizerische Aktionäre beschränken, die auf diesen Einkünften die vollen schweizerischen Steuern entrichten. Dadurch wären alle in der Schweiz ansässigen Gesellschaften, die für ihre Dividendeneinkünfte eine Entlastung (Holdingprivileg) gemessen, von der Steuergutschrift ausgeschlossen worden. Die schweizerische Dele-

1476 gation konnte diesem französischen Vorschlag nicht zustimmen, da er die bedeutendsten schweizerischen Aktionäre von der Anwendung günstigerer Bestimmungen auf dem Gebiet der Dividendenbesteuerung ausgeschlossen hätte.

Die Ereignisse vom Frühjahr 1968 verhinderten eine Fortführung der Verhandlungen; sie wurden erst im Herbst 1969 wieder aufgenommen, nachdem Frankreich mit der Bundesrepublik Deutschland ein Abkommen mit weit günstigeren Bestimmungen abgeschlossen hatte, als sie bisher der Schweiz angeboten worden waren.

Auf schweizerisches Begehren wurden die Verhandlungen vom 6. bis 9. Oktober 1969 in Bern fortgesetzt. Die französische Delegation bestand darauf, dass die Änderung des Abkommens für den schweizerischen und den französischen Fiskus ausgewogen sei; die französische Regierung könne nicht einer Änderung zustimmen, die in der französischen Öffentlichkeit und im Parlament, die beide für wirtschaftliche und budgetäre Zusammenhänge sehr hellhörig seien, Kritik hervorrufen könnte. Den schweizerischen Unterhändlern wurde auch bedeutet, dass das französisch-deutsche Abkommen vom 9. Juni 1969 keinesfalls als Grundlage für die Verhandlungen mit der Schweiz dienen könne, da dieses Abkommen eher auf politischen denn auf technischen Überlegungen beruhe und unter Umständen abgeschlossen worden sei, die im schweizerisch-französischen Verhältnis keine Parallelen fänden. Die französische Delegation sicherte aber zu, dass die Lösung für die Schweiz keinesfalls ungünstiger ausfallen werde als für andere Staaten, mit welchen Frankreich gegenwartig über dasselbe Problem verhandle.

Die schweizerische Delegation strebte hierauf zugunsten der in der Schweiz ansässigen Personen, die auf den Dividenden keine Steuern entrichten und die Frankreich beharrlich von der Steuergutschrift ausschliessen wollte, einen Ausgleich für diese Benachteiligung an. Die französische Delegation konnte sich nicht dazu entschliessen, den Quellensteuerrückbehalt auf Dividenden ganz aufzuheben, wie dies schweizerischerseits gewünscht worden war; sie war aber schliesslich bereit, diesen Rückbehalt für die von der Steuergutschrift ausgeschlossenen Gesellschaften von 15 auf 5 Prozent herabzusetzen.

Die schweizerische Delegation stimmte dieser Lösung erst zu, nachdem sie ihre Gesprächspartner hatte veranlassen können, diesen Satz
von 5 Prozent für beide Seiten (unter Vorbehalt der in Ziff. 4 Buchst, b Abs. 2 hienach erwähnten Fälle) und für alle in einem Vertragsstaat ansässigen Empfänger von aus dem anderen Vertragsstaat stimmenden Dividenden anzunehmen. Dieser allgemein anwendbare Satz von 5 Prozent wird anstelle des gegenwärtig gültigen Satzes von 15 Prozent treten und auch dann weitergelten, wenn in der französischen Gesetzgebung die Steuergutschrift fallengelassen würde. Es gelang der schweizerischen Delegation ferner, die Steuerlast schweizerischer Gesellschaften mit Betriebsstätten in Frankreich herabzusetzen, indem die Bestimmungen des Artikels 10 des Abkommens gemildert wurden. So konnten die Besprechungen vom Oktober 1969 mit der Paraphierung des Entwurfs zu einem Zusatzabkommen abgeschlossen werden; dieses Zusatzabkommen wurde, wie erwähnt, am 3. Dezember 1969 in Paris unterzeichnet.

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4. Kurz zusammengefasst enthält dasZusatzabkommen folgende Lösungen : a. Natürliche Personen und Gesellschaften ohne wesentliche Beteiligungen Es wird vorgesehen, die den in Frankreich ansässigen Aktionären zustehende Steuergutschrift («avoir fiscal») auf die in der Schweiz ansässigen natürlichen Personen und Gesellschaften mit einer Beteiligung von weniger als 20 Prozent am Kapital der die Dividenden zahlenden Gesellschaft auszudehnen, wobei aber der Steuerrückbehalt, berechnet zum Satz von 15 Prozent auf dem um die Steuergutschrift erhöhten Betrag der ausgeschütteten Dividende, abgezogen wird. Im Ergebnis erhält, nach dem heutigen Stand der französischen Gesetzgebung, der schweizerische Aktionär bei einer erklärten Dividende von 100 insgesamt 127,50 (nämlich 150 abzüglich des Rückbehalts von 22,50, d. h.

eine Erhöhung um 42,50; dies ist die Hälfte mehr als nach der zur Zeit geltenden Regelung, unter der der schweizerische Aktionär bei gleicher Dividende nur 85 erhält); ferner kann er für 22,50 (d.h. 15% von 150) beim schweizerischen Fiskus die pauschale Steueranrechnung beanspruchen. Damit wird der schweizerische dem französischen Aktionäi gleichgestellt.

b. Gesellschaften mit wesentlicher Beteiligung Ausser in dem im zweiten Absatz genannten Fall können die in der Schweiz ansässigen Gesellschaften, die eine wesentliche Beteiligung am Kapital der die Dividenden zahlenden französischen Gesellschaft besitzen, für die Dividenden eine Herabsetzung des Quellensteuerrückbehalts auf 5 Prozent beanspruchen, sofern sie die Bedingungen von Artikel 14 Absatz l des Abkommens erfüllen. Diese Gesellschaften erhalten bei einer erklärten Dividende von 100 in Zukunft 95 statt nur wie bisher 85. Ausserdem können sie die Rückerstattung der allenfalls erhobenen Vorauszahlung («précompte») unter Abzug von nur 5 (statt wie bisher 15) Prozent verlangen.

Die Schweiz musste einer Ausnahme zustimmen: Denjenigen in der Schweiz ansässigen Gesellschaften mit wesentlicher Beteiligung, an denen nicht in der Schweiz ansässige Personen überwiegend, unmittelbar oder mittelbar, durch Beteiligung oder in anderer Weise interessiert sind, wird die Herabsetzung des Steuerrückbehalts auf den normalen Satz von 5 Prozent nur dann zugestanden, wenn sie die Bedingungen von Artikel 14 Absatz l des Abkommens erfüllen und wenn ausserdem
entweder ihre Aktien oder diejenigen der die Dividenden zahlenden Gesellschaft an der Börse kotiert sind oder ausserbörslich gehandelt werden. Ausländisch beherrschte Gesellschaften, die diese zusätzliche Bedingung nicht erfüllen, bleiben dem bisherigen Quellensteuerrückbehalt von 15 Prozent unterworfen.

c. Besteuerung französischer Betriebsstätten schweizerischer Gesellschaften Die Änderung von Artikel 11 des Abkommens machte eine Anpassung von Artikel 10 nötig. Die schweizerische Delegation hat bei dieser Gelegenheit die Aufhebung von Artikel 10 des 1966 abgeschlossenen Abkommens verlangt,

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der Frankreich erlaubt, von schwei/erischen Gesellschaften mit Betriebsstätte in Frankreich den Quellensteuerrückbehalt zum Satz von 15 Prozent auf zwei Dritteln des Betriebsstättegewinns zu erheben. Die französischen Unterhändler erklärten, der völligen Streichung dieser Besteuerung nicht zustimmen zu können. Es war jedoch möglich, die erwähnte Bestimmung in dem Sinne zu mildern, dass der Steuersatz künftig auf 5 Prozent herabgesetzt, aber auf den Gesamtgewinn angewendet wird. Im Vergleich zum heutigen Zustand bedeutet das immerhin eine Herabsetzung der Steuerlast auf die Hälfte.

d. Inkrafttreten des Zusatzabkommens Das Zusatzabkommen findet ab 1. Januar 1970 Anwendung. Die französische Delegation hat eine rückwirkende Anwendung seiner Bestimmungen wegen administrativer Schwierigkeiten und vor allem deshalb abgelehnt, weil sie die französische Staatskasse zu teuer zu stehen käme.

Die schweizerische Delegation stand in engem Kontakt mit den Vertretern der Kantone und der interessierten Kreise der Wirtschaft, mit denen sie die französischen Vorschläge und das Vorgehen in den Verhandlungen unter Beachtung der Instruktionen des Bundesrates besprochen hat. Die zuständigen Vertreter der befragten Kantone und Kreise der Wirtschaft haben das mit Frankreich erzielte Verhandlungsergebnis positiv aufgenommen.

II. Bemerkungen zum Zusatzabkommen

Artikel l Die zur Zeit geltende Fassung des Artikels 11 wird wie folgt geändert : Artikel 11 Absatz 2 sieht vor, dass der Quellenstaat in der Regel auf Dividenden keine 5 Prozent übersteigende Steuer erheben kann (Buchst, b). Von dieser Regel sind Dividenden ausgenommen, die den unter Buchstabe a fallenden Gesellschaften mit wesentlicher Beteiligung zufliessen, welche die zusätzlichen Bedingungen nicht erfüllen (vgl. 14 b hievor). In diesem Fall unterliegen die Dividenden dem vollen Quellensteuerrückbehalt von 15 Prozent. Eine weitere Ausnahme gilt für Dividenden, welche Aktionären zufliessen, die im Genuss der Steuergutschrift («avoir fiscal») stehen (Abs. 3).

Absatz 3 handelt von den in der Schweiz ansässigen Aktionären, denen die Steuergutschrift («avoir fiscal») zugestanden wird. Diese Bestimmung ist derart abgefasst, dass allfällige Änderungen des Satzes der Steuergutschrift durch die französische Gesetzgebung auch unter dem schweizerisch-französischen Abkommen Anwendung finden, ohne dass eine Abkommensänderung nötig wäre. Es ist auch darauf hinzuweisen, dass für die in Absatz 3 genannten, in der Schweiz ansässigen Personen nur Artikel 11 Absatz 2 Buchstabe b gelten wird, falls die französische Gesetzgebung die Steuergutschrift («avoir fiscal») einmal fallen lassen sollte. Dies gibt zumindest die Gewissheit, dass der Quellensteuerrückbehalt auf ausgeschütteten Dividenden künftig 5 Prozent nicht mehr übersteigen wird.

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Absatz 4 wird aus dem geltenden Abkommen (Abs. 6) übernommen, wird aber auf die von der Vergünstigung der Steuergutschrift ausgeschlossenen Gesellschaften beschränkt.

In Absatz 5 wird die Definition des Ausdrucks «Dividenden» durch die ausdrückliche Erwähnung der Steuergutschrift und der Vorauszahlung («précompte») ergänzt, die praktisch als Bestandteile der Dividende betrachtet werden können.

Absatz 6 entspricht Absatz 5 des geltenden Artikels 11 ; er wurde durch einen zweiten Unterabsatz ergänzt, welcher eine französische Verwaltungspraxis zugunsten französischer Betriebsstätten ausländischer Gesellschaften verankert.

Hervorzuheben ist schliesslich, dass Absatz 3 des geltenden Artikels 11, der nach Auffassung beider Delegationen überflüssig ist, in der neuen Fassung von Artikel 11 fehlt.

Die beiden Delegationen konnten sich über die Grundsätze des Verfahrens zur Anwendung des revidierten Abkommens einigen. Die Steuerreduktion wird künftig für alle Aktionäre auf dem Weg der Rückerstattung erfolgen. Die Aktionäre erhalten den Betrag des Quellensteuerrückbehalts, der den abkommensmässigen Satz übersteigt, und gegebenenfalls auch den Betrag der Steuergutschrift zurück. Für die in der Schweiz ansässigen Aktionäre, denen die Steuergutschrift zusteht, ist folgendes Verfahren vorgesehen: Die französische Dividende von beispielsweise 100 wird ihnen vorerst unter Abzug des von der französischen Gesetzgebung vorgesehenen Quellensteuerrückbehalts von 25 Prozent überwiesen, d.h.

die Aktionäre erhalten beim Einlösen ihrer Coupons einen Betrag von 75. Daraufhin müssen sie einen Rückerstattungsantrag auf Formular R-F stellen. Auf Grund dieses Antrags werden ihnen einmal der Quellensteuerrückbehalt (25) zurückerstattet und ausserdem, als Steuergutschrift, 27,50 Prozent der von der Gesellschaft erklärten Dividende, insgesamt also ein Betrag von 52,50 Prozent der von der Gesellschafterklärten Dividende, vergütet. Die schweizerischen Empfänger müssen eine Bruttodividende von 150 deklarieren und können für den französischen Quellensteuerrückbehalt von 22,50 (d. h. 15% von 150) die pauschale Steueranrechnung verlangen. Es ist vorgesehenen, dass die französischen Zahlstellen diese Rückerstattung im Lauf des zweiten Quartals des Kalenderjahres vornehmen, welches auf das Jahr der effektiven Dividendenzahlung
folgt. Eine kurzfristigere Rückerstattung würde die schweizerischen Aktionäre gegenüber den französischen bevorzugen, was die französische Delegation nicht zugestehen konnte.

Artikel 2 Die Änderung des Artikels 10 Absatz l des Abkommens durch Artikel 2 des Zusatzabkommens bewirkt eine Herabsetzung der gegenwärtigen Steuerlast schweizerischer Gesellschaften mit französischer Betriebsstätte auf die Hälfte.

1480 III. Finanzielle Auswirkungen Obwohl das Zusatzabkommen auf einen Gegenstand begrenzt ist, bringt es doch eine fühlbare Verbesserung des Abkommens von 1966, und zwar in einem Punkt, der in der Schweiz zu heftigen Kritiken Anlass gegeben hatte. Es konnte zwar die Diskriminierung zwischen schweizerischen und französischen Aktionären nicht voll (vor allem nicht für Gesellschaften mit wesentlichen Beteiligungen) beseitigt, aber doch eine starke Herabsetzung der Steuerlast erreicht werden.

Nutzniesser der Änderung sind nicht nur die in der Schweiz ansässigen Empfänger von französischen Dividenden, sondern auch die schweizerischen Fisken; denn den höheren Einkünften der Steuerpflichtigen entspricht ein steigender Steuersatz auf einer erhöhten Besteuerungsbasis. Man darf auch nicht unterschätzen, dass bei dieser Änderung des Abkommens die Quellensteuer auf Dividenden' allgemein auf einen Satz herabgesetzt werden konnte, der wesentlich näher bei dem von der Schweiz von jeher angestrebten Niveau liegt. Die strengeren Anforderungen an gewisse in der Schweiz ansässige Gesellschaften für die Herabsetzung des Quellensteuersatzes auf 5 Prozent treffen die angestammten schweizerischen Interessen nicht. Schliesslich sei daran erinnert, dass die Steuerlast für aus französischen Betriebsstätten stammende Gewinne schweizerischer Gesellschaften nochmals halbiert werden konnte.

IV. Verfassungsmässigkeit Das Zusatzabkommen vom 3. Dezember 1969 zur Änderung des Abkommens vom 9. September 1966 hat seine verfassungsmässige Grundlage in Artikel 8 der Bundesverfassung, der dem Bund die Befugnis verleiht, Staatsverträge mit dem Ausland abzuschliessen. Für die Genehmigung des Abkommens ist nach Artikel 85 Ziffer 5 der Bundesverfassung die Bundesversammlung zuständig. Das zur Genehmigung unterbreitete Zusatzabkommen wird einen integrierenden Bestandteil des Abkommens von 1966 bilden; dieses Abkommen ist auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, kann aber, unter Einhaltung einer Frist von mindestens 6 Monaten, auf das Ende jedes Kalenderjahres gekündigt werden. Der Genehmigungsbeschluss unterliegt deshalb nicht dem Staatsvertragsreferendum von Artikel 89 Absatz 4 der Bundesverfassung.

V. Antrag auf Abschreibung eines Postulats Mit der Änderung des Abkommens wird das Postulat von Nationalrat Eisenring vom 12. März 1968 (Nr. 9910),
welches die Verbesserung des Abkommens von 1966 anstrebte, mehr als erfüllt; wir beantragen deshalb, es abzuschreiben.

Anderseits war es aber zur Zeit noch nicht möglich, die in den Postulaten der ständerätlichen und der nationalrätlichen Kommission (die vom Ständerat am 8. März 1967 und vom Nationalrat am 7. Juni 1967 angenommen worden sind) vorgebrachten Wünsche voll zu verwirklichen, da die französische Delega-

1481 tion darauf bestand, die Verhandlungen auf die mit der Besteuerung von Dividenden zusammenhängenden Fragen zu beschränken. Einige der in diesen Postulaten aufgeworfenen Fragen werden zur Zeit noch geprüft.

VI. Schlussfolgerung Da das vorliegende Zusatzabkommen das schweizerisch-französische Abkommen vom 9. September 1966 zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen fühlbar verbessert, beantragen wir Ihnen, dem beiliegenden Entwurf zu einem Bundesbeschluss zuzustimmen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 15. Dezember 1969 Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: L. von Moos Der Bundeskanzler: Huber

Bundesblatt. 121.Jahrg.Bd.n

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(Entwurf)

Bundesbeschluss über die Genehmigung des Zusatzabkommens zu dem zwischen der Schweiz und Frankreich abgeschlossenen Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf die Artikel 8 und 85 Ziffer 5 der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 15. Dezember 1969, beschliesst: Einziger Artikel 1

Das am 3. Dezember 1969 unterzeichnete Zusatzabkommen zum Abkommen vom 9. September 1966 zwischen der Schweiz und Frankreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen wird genehmigt.

2 Der Bundesrat wird ermächtigt, das Zusatzabkommen zu ratifizieren.

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Übersetzung des französischen Originaltextes

Zusatzabkommen zum Abkommen zwischen der Schweiz und Frankreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen Der Bundesrat der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Präsident der Französischen Republik, vom Wunsche geleitet, das Abkommen zwischen der Schweiz und Frankreich vom 9. September 1966 abzuändern, haben zu diesem Zweck zu ihren Bevollmächtigten ernannt : Der Schweizerische Bundesrat: Herrn Pierre Dupont, ausserordentlichen und bevollmächtigten Botschafter der Schweizerischen Eidgenossenschaft in Frankreich, Der Präsident der Französischen Republik: Herrn Gilbert de Chambrun, bevollmächtigten Minister, Direktor der Verwaltungsabkommen und der Konsularangelegenheiten im Ministerium für auswärtige Angelegenheiten, die nach Austausch ihrer in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten folgendes vereinbart haben :

Art. l Artikel 11 des Abkommens wird durch folgende Bestimmungen ersetzt : Art. 11 «1. Dividenden, die eine in einem Vertragstaat ansässige Gesellschaft an eine in dem anderen Vertragstaat ansässige Person zahlt, können in dem anderen Staat besteuert werden.

2. Diese Dividenden können jedoch, vorbehaltlich des Absatzes 3, in dem Vertragstaat, in dem die die Dividenden zahlende Gesellschaft ansässig ist, nach dem Recht dieses Staates besteuert werden; die Steuer darf aber nicht übersteigen : a. 15 vom Hundert des Bruttobetrages der Dividenden, wenn der Empfänger eine Gesellschaft ist, die im Zeitpunkt der Ausschüttung unmittelbar über mindestens 20 vom Hundert des Kapitals der die Dividenden zahlenden Gesellschaft verfügt, und wenn an der die Dividenden empfangenden Ge-

1484 Seilschaft nicht im anderen Staat ansässige Personen überwiegend, unmittelbar oder mittelbar, durch Beteiligung oder in anderer Weise interessiert sind und die Aktien weder der einen noch der anderen in Rede stehenden Gesellschaft an der Börse kotiert sind oder ausserbörslich gehandelt werden; b. 5 vom Hundert des Bruttobetrages der Dividenden in allen anderen Fällen.

3. Die von einer in Frankreich ansässigen Gesellschaft gezahlten Dividenden, die zu einer Steuergutschrift («avoir fiscal») berechtigten, falls sie von in Frankreich ansässigen Personen bezogen würden, geben Anspruch auf eine Vergütung in Höhe der Steuergutschrift, nach Abzug des Quellensteuerrückbehalts zum Satze von 15 vom Hundert, berechnet auf den aus der ausgeschütteten Dividende und der Steuergutschrift gebildeten Bruttodividenden, wenn die Dividenden gezahlt werden a. an eine in der Schweiz ansässige natürliche Person; b. an eine in der Schweiz ansässige Gesellschaft, die im Zeitpunkt der Ausschüttung über weniger als 20 vom Hundert des Kapitals der ausschüttenden Gesellschaft verfügt.

4. Eine in der Schweiz ansässige Person, die Dividenden von einer in Frankreich ansässigen Gesellschaft bezieht, kann, wenn sie keinen Anspruch auf die in Absatz 3 vorgesehene Vergütung hat, die Rückerstattung der auf diese Dividenden entfallenden Vorauszahlung («précompte») verlangen, die gegebenenfalls von der ausschüttenden Gesellschaft erhoben worden ist.

Frankreich kann auf den zurückzuerstattenden Beträgen den in Absatz 2 dieses Artikels vorgesehenen Quellensteuerrückbehalt zu dem Satz abziehen, der für die Besteuerung der Dividenden, auf die die Rückerstattung entfällt, gilt.

5. Der in diesem Artikel verwendete Ausdruck «Dividenden» bedeutet Einkünfte aus Aktien, Genussaktien oder Genussscheinen, Kuxen, Gründeranteilen oder anderen Rechten - ausgenommen Forderungen - mit Gewinnbeteiligung sowie aus sonstigen Gesellschaftsanteilen stammende Einkünfte, die nach dem Steuerrecht des Staates, in dem die ausschüttende Gesellschaft ansässig ist, den Einkünften aus Aktien gleichgestellt sind. Im Falle von französischen Dividenden umfasst der Ausdruck auch die Steuergutschrift («avoir fiscal») und die Vorauszahlung («précompte»).

6. Die Absätze l, 2, 3 und 4 sind nicht anzuwenden, wenn der in einem Vertragstaat ansässige Empfänger der
Dividenden in dem anderen Vertragstaat, aus dem die Dividenden stammen, eine Betriebstätte hat und die Beteiligung, für die die Dividenden gezahlt werden, tatsächlich zu dieser Betriebstätte gehört. In diesem Fall ist Artikel 7 anzuwenden.

Der französischen Betriebstätte einer in der Schweiz ansässigen Gesellschaft wird jedoch die Vorauszahlung («précompte») unter Abzug des zum Satz des internen Rechts berechneten Quellensteuerrückbehalts erstattet. »

Art. 2 Artikel 10 Absatz l des Abkommens wird durch folgende Bestimmung ersetzt:

1485 «In der Schweiz ansässige Gesellschaften, die in Frankreich eine Betriebstatte haben, bleiben in Frankreich dem Quellensteuerrückbehalt nach Massgabe des innerstaatlichen französischen Rechts unterworfen, wobei Einverständnis darüber besteht, dass der anwendbare Satz 5 vom Hundert beträgt. »

Art. 3 Dieses Zusatzabkommen soll ratifiziert und die Ratifikationsurkunden sollen so bald wie möglich in Bern ausgetauscht werden.

Es tritt mit dem Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft.

Seine Bestimmungen finden erstmals Anwendung auf Dividenden, die am oder nach dem 1. Januar 1970 zahlbar werden.

Art. 4 Dieses Zusatzabkommen bildet einen integrierenden Bestandteil des Abkommens und bleibt in Kraft, solange das Abkommen anwendbar ist.

Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten der beiden Staaten dieses Zusatzabkommen unterzeichnet und mit ihren Siegeln versehen.

Ausgefertigt in doppelter Urschrift, in Paris, am 3. Dezember tausendneunhundertneunundsechzig.

Für den Schweizerischen Bundesrat, (gez.) Pierre Dupont

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Für den Präsidenten der Französischen Republik, (gez.) Gilbert de Chambrun

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1969

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10403

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31.12.1969

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1474-1485

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