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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Überwachung der Preise.

(Vom 18. März 1935.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen hiemit Bericht und Antrag über die Einführung, einer Preisüberwachung zu unterbreiten.

I.

Schon vor dem Kriege war die Preislage der Schweiz etwas höher als in vielen andern Ländern. Der Krieg und seine Folgen haben diese Differenzen noch verstärkt. Die Zerrüttung der ausländischen Valuten hat die Preisverhältnisse überdies in der Art zu unsern Ungunsten verändert, als durch sie intervalutarische Preisvorsprünge zugunsten des Auslandes eingetreten sind, die man vor dem Kriege nicht kannte.

Konnte man nach der Inflationskrise die Hoffnung hegen, dass sich die Differenzen in den Lebenshaltungs- und in den Produktionskosten sowie die intervahitarischen Differenzen ausgleichen würden, wozu während der Periode von 1925 bis 1929 auch deutliche Ansätze zu verzeichnen waren, so hat die mit 1929 einsetzende internationale Wirtschaftskrise durch die sinkende Konsumkraft unserer Absatzländer und das gewaltige Anwachsen der Arbeitslosigkeit neue Störungen gebracht. Als England mit seinen Dominions und eine Eeihe von andern Staaten, die zu seiner Einflusssphäre gehören, den Goldstandard verliessen, und als vollends später die Vereinigten Staaten von Amerika auf diesem Wege folgten, verschärften sich die bestehenden Differenzen noch in höherem Masse.

Zur Hochhaltung der Preise in der Schweiz trug aber auch bei, dass unsere Wirtschaft weitgehend durchorganisiert ist. Bestanden schon vor dem Kriege eine Anzahl starker wirtschaftlicher Verbände, so hat diese Entwicklung in den Jahren 1915 bis 1919 unter ausländischem Binfluss grosse Fortschritte

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gemacht, da alle Wirtschaftszweige, die auf den Warenbezug aus dem Ausland angewiesen waren, in der Société suisse de surveillance (S. S. S.) zusammengefasst wurden.

So war das Preisniveau der Schweiz, als die gegenwärtige Wirtschaftskrise auch unser Land erfasste, im Vergleich zum Auslande relativ hoch, obwohl im Laufe der Jahre gegenüber dem Höchststand (1919/20) ein starker Bückgang des Lebenskostenindex, nämlich von 224 im Jahresdurchschnitt 1920 auf 150 im Jahre 1930 eingetreten war.

Aus Gründen, die wir in unserri Botschaften zu den Bundesbeschlüssen über die Beschränkung der Einfuhr vom 23. Dezember 1931 und 30. September 1932, und zu dem Bundesbeschlusse über wirtschaftliche Massnahmen gegenüber dem Ausland vom 14. Oktober 1933, sowie in den Berichten über die auf Grund der erwähnten Bundesbeschlüsse getroffenen Massnahmen entwickelt haben, mussten wir nach und nach für nahezu 400 Zollpositionen, wovon indessen für rund 80 nur teilweise, Einfuhrbeschränkungen erlassen. Diese erfassen einen grossen Teil der gewerblichen und industriellen Wareneinfuhr, ähnliches gilt für die landwirtschaftlichen Erzeugnisse, für die teilweise in anderer Form besondere Massnahmen, verbunden mit energischen Stützungsaktionen, getroffen wurden.

Unsere Einfuhrbeschränkungen haben in erster Linie zum Zweck, die nationale Produktion zu schützen, ihr den innem Markt möglichst zu erhalten und so auch gegen die Arbeitslosigkeit anzukämpfen. Es wurden aber auch Einfuhrbeschränkungen für Waren erlassen, die wir vom Ausland zu beziehen genötigt sind. Dies geschah in der Absicht, unsere Konsumkraft auch in den Dienst des Exports zu stellen, mit andern Worten, unsere Bezüge aus dem Ausland sollen ausgenützt werden, um den Export zu fördern und für unsere Warenausfuhr nach dem Auslande Zahlung zu erreichen. Wir wollen an dieser Stelle auf den zurzeit schon stark entwickelten Kompensationsverkehr und die verschiedenen Clearingverträge und Verrechnungsabkommen nicht näher eintreten und verweisen dafür auf unsere Ausführungen, die wir in andern Berichten gemacht haben (vgl. Berichte betreffend die wirtschaftlichen Massnahmen gegenüber dem Auslande und den Bericht zur Kriseninitiative).

Diese Massnahmen trugen zur Aufrechterhaltung unserer Wirtschaft und zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, aber auch zur Konsolidierung
unserer, wie wir gezeigt haben, noch erhöhten Preislage bei. Unsere Preise folgten in den letzten Krisenjahren, soweit es sich um Waren handelt, die in der Schweiz hergestellt werden und die denVorteil der Einfuhrbeschränkungen gemessen, nur in beschränktem Masse der Entwicklung, wie sie sich in andern Staaten angebahnt hat. Was Importwaren betrifft, die in Konkurrenz mit inländischen Produkten hier verkauft "werden, so hat sich naturgemäss ihr Preisniveau auf das unsrige gehoben. Für Bohstoffe, Hilfsstoffe und Lebensmittel, die wir einführen müssen, sind die Grosshandelspreise in Übereinstimmung mit der internationalen Tendenz gesunken.

Die Kleinhandelspreise aber werden durch die Yerarbeitungs- und Verschleiss-

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spanne, d. h. durch die viel weniger bewegliche inländische Komponente, im Sinne der Hochhaltung beeinflusst.

Auch unser Preisniveau ist somit im Laufe der letzten Jahre im Durchschnitt gesunken, doch ist die Spanne zwischen inländischem und ausländischem Preisniveau trotzdem nicht bleiner, sondern eher grösser geworden, wie aus nachstehender Übersicht hervorgeht.

Im Vergleich zum Durchschnitt des Jahres 1929 ergeben sich für das Mittel von 1934 die nachstehenden Rückgänge der in Gold berechneten Lebenskostenindices r), wobei diese jeweilen auf dem dazumaligen Preisniveau des, betreffenden Landes berechnet sind: Frankreich (Paris) . . . -- ln % Schweiz -- 19,9 % Belgien -- 20,7 % (1934 Mittel aus 11 Monaten) Deutschland -- 21,4 % Italien ( M a i l a n d ) . . . . -- 21,5 % Tschechoslowakei (Prag) -- 22,0 % Österreich -- 25,a % Holland (Amsterdam) . -- 26,, % Polen -- 36,3 % Spanien (Madrid) . . . -- 44,2 % (1934 Mittel aus 8 Monaten) Ungarn ( B u d a p e s t ) . . . -- 47,0 % England -- 47,0 % Schweden -- 47,6 % Norwegen -- 50,0 % Dänemark -- 52,0 % U. S. A - 53,0 % Kanada -- 54,4 % Japan (Tokio) -- 68;5 % Wir stehen also vor der unbestreitbaren Tatsache, dass die Schweiz hinsichtlich Preisbildung und Preishöhe sehr vieler Waren ein Eigenleben führt.

Haben sich unsere Einfuhrschutzmassnahmen für die Inlandsproduktion günstig ausgewirkt, so trifft dies hinsichtlich der Exportindustrie weniger zu.

Das Ergebnis unserer handelspolitischen Massnahmen, das wir zugunsten der Exportwirtschaft erzielen konnten, ist naturgemäss bescheiden. Wohl haben wir durch den Kompensationsverkehr und durch Clearingverträge dafür sorgen können, dass gewisse Exporte ermöglicht und auch bezahlt wurden, aber es war gänzlich ausgeschlossen, die Folgen der ausländischen Wirtschaftszerrüttung und des Eückgangs der Nachfrage und der Zahlungsfähigkeit von unserer Exportindustrie abzuwenden, um so weniger, als der zugunsten der LilandsJ ) Weil die Konkurrenzfähigkeit auf dem Weltmärkte in Frage steht, sind die in Gold gerechneten Lebenskostenindices in Rechnung zu stellen.

·539 industrie notwendige Preisschutz selbstverständlich eine Versteifung der Lebenshaltungskosten und damit der Produktionskosten zur Folge hatte.

Es liegt in der Natur der Dinge, dass die Tendenz der Lohnentwicklung ähnlich ist wie die der Preise. Auch das Lohnniveau ist in der Schweiz im allgemeinen im Verhältnis zum Ausland hochgeblieben, obwohl in fast allen Berufsgruppen in den letzten Jahren gewisse Abstriche an den Norninallöhneri gemacht wurden. Der Grund für die Erhaltung des Lohnniveaus liegt u. a.

ebenfalls in verschiedenen staatlichen Massnahmen, wie den arbeitsschaffenden Einfuhrbeschränkungen, der Erschwerung der Einwanderung ausländischer Arbeitskräfte, und nicht zuletzt auch in gewissem Grade der Arbeitslosenfürsorge, welcher eine lohnerhaltende Wirkung nicht abgesprochen werden kann.

II.

Eine ähnliche Unausgeglichenheit der wirtschaftlichen Verhältnisse wie gegenüber dem Ausland lässt sich nun aber auch im Inland selbst konstatieren.

Der Schutz, den wir dem Inlandsmarkt gegen eine Überschwemmung mit billiger Auslandsware gewährt haben und der zur geschilderten Preissituation wesentlich beiträgt, wirkt sich für Bestand, Rendite und Beschäftigungsmöglichkeiten unserer Inlandsproduktion zwar günstig aus, so dass die direkt oder indirekt von dem Inlandsgewerbe abhängigen Personen und Betriebe gewissermassen privilegiert sind. Aber die durch diesen Schutz bewirkte Hochhaltung unserer Lebenskosten verschärft umgekehrt zweifellos die aus den internationalen wirtschaftlichen Verhältnissen hervorgehende gewaltige Krisis der vermindert konkurrenzfähigen Exportindustrie und der Fremdenindustrie, Während auf der einen Seite bis jetzt ein wesentlicher Teil unserer Binnenwirtschaft in ziemlich günstiger Position sich halten konnte -- Preise und namentlich Löhne sind in einzelnen Zweigen zwar nicht unverändert, aber doch verhältnismässig wenig zurückgegangen -- so ist auf der andern Seite in jenen Wirtschaftszweigen, denen wir durch unsere Massnahmen nicht oder ungenügend helfen konnten, ein Eückgang der Preise und Löhne und in Verbindung damit oft eine Reduktion der Arbeitszeit und somit ein auf doppelten Gründen beruhender Rückgang des Einkommens zu verzeichnen.

Haupteinbruchsgebiet für die Krise sind die Exportindustrie und die Fremdenindustriezentren.1 Die Unternehmungen dieser Wirtschaftszweige weisen, sofern sie nicht schon zusammengebrochen sind, die geringsten Erträge auf, und alle direkt oder indirekt von ihnen Abhängigen sind zurzeit Hauptleidtragende.

In besonders schwerer Weise betroffen sind die ganz und teilweise Arbeitslosen sowie eine beträchtliche Zahl von Exportarbeitern, deren Einkommen so zurückgegangen ist, dass sie ihre Lebenshaltung in mehr oder weniger hohem Masse einschränken müssen. Dazu gesellen sich die am Fremdenverkehr Beteiligten, eine grosse Zahl von Landwirten, von Kleingewerbetreibenden und

-540 Leuten aus dem Kleinhandel. Alle diese Kreiße empfinden die relative Höhe unserer Preislage schmerzlich.

Schon ein kurzer Blick auf die Statistik offenbart eine starke Differenzierung bezüglich der Lohnrückgänge in den verschiedenen Zweigen der Arbeiterschaft. Aus der Statistik der Löhne verunfallter Arbeiter ist beispielsweise zu entnehmen, dass der durchschnittliche Stundenverdienst für gelernte and angelernte Arbeitskräfte von 1930 bis 1933 gefallen ist, in der Metall- und Maschinenindustrie um 9 Ep. oder 6 %, in der Textilindustrie um 12 » » 10 %, in der Schuhindustrie um 11 » » 9%, während sich für das Baugewerbe nur ein Bückgang von 4 Ep. oder 3 % ergibt.

Die Eesultate für 1934 stehen zurzeit noch aus. Aber auch in den Angaben der Industrieberichterstattung ist der Eückgang der Löhne bei den vorwiegend exportorientierten Industriezweigen im allgemeinen stärker ausgeprägt als in den Betrieben der Inlandsproduktion.

Ähnliche Divergenzen zeigen sich auch auf dem Gebiete der Preise. Abgesehen von natürlich marktbedingten Unterschieden in der Preisentwicklung verschiedener Waren und Warengruppen, lassen sich auch solche beobachten, ·die nach der Lage der Dinge sich kaum rechtfertigen lassen. Wir verweisen in dieser Hinsicht im besonderen auf die Berichte über die wirtschaftlichen Massnahmen gegenüber dem Ausland.

Eine nicht immer gerechtfertigte Preisgestaltung ist, wie wir bereits gesagt haben, vor allem dort festzustellen, wo entweder der Staat direkt durch seine Schutz- und Stützungsmassnahmen die freie Marktpreisentwicklung beeinflusst hat, oder wo -- indirekt gefördert durch Zölle oder andere günstige Voraussetzungen infolge staatlicher Einfuhrschutzmassnahmen -- Kartelle oder ähnliche Gebilde bestehen, welche die Preise auf einer Höhe halten können, die im Interesse des Volksganzen heute nicht mehr tragbar erscheinen.

Wenn somit ein bedeutender Teil unserer Bevölkerung sich noch in einer befriedigenden Situation befindet, während ein anderer die ganze Schwere der Lage auf sich ruhen fühlt, so ist dies, sofern nicht das öffentliche Personal in ·der Verwaltung in Frage steht, auf die Hochhaltung von Preisen und Tarifen zurückzuführen, und wir stehen vor der unbestreitbaren Tatsache, dass solche, die unter der Krise in ihren eigenen Interessen schwer leiden, überdies noch in .Form
höherer Preise dazu beitragen müssen, das Einkommen anderer, glücklicherer Volksgenossen zu halten. Wir erachten eine derartige Unausgeglichenheit der Verhältnisse für ungesund und die aus ihnen entstehenden innern Spannungen für den Zusammenhalt unseres Volkes für gefährlich.

III.

Die bereits erwähnten Einfuhrschutz- und Stützungsmassnahmen beweisen, dass der Bundesrat weder jemals Befürworter eines generellen staatlichen Abbaues, der selbst die bereits gesenkten Preise und Löhne treffen

541 doute, war, noch sich das weitgehende Abbauprogramrn einer einzelnen Inter
Schon im Bericht zur Kriseninitiative haben wir ausgeführt, dass, falls 4er Bundesrat schlechthin für Preis- und Lohnsenkung wäre, er seit langem ·eine andere Stellungnahme in bezug auf Einfuhr ausländischer Waren, die Einwanderung ausländischer Arbeiter und die Stützungsaktionen für Preise ·der inländischen Produkte eingenommen hätte. Es gäbe ja ein eminent einfaches Mittel, um unser Preisniveau auf weiten Gebieten herunterzudrücken.

Es würde genügen, einfach dasjenige aufzuheben, was zur Stützung unserer Wirtschaft und der Preise getan worden ist und heute noch getan wird. Würden die Zölle reduziert und die Einfuhrbeschränkungen beseitigt oder auch nur erheblich gelockert, so fielen die Preise im Innern des Landes sturzartig, und .zugleich würden wohl die meisten bestehenden Preisbindungen der Industrie, des Gewerbes und des Handels gesprengt. Die Öffnung der Grenzen für ausländische Arbeiter brächte wahrscheinlich eine Senkung des Lohnniveaus mit sich, wie sie auf keine andere Weise erreicht werden könnte. Was die landwirtschaftlichen Produkte anbetrifft, so würden deren Preise vollends zusammenbrechen, wenn wir die t besondern Stützungsaktionen, wie sie hauptsächlich für die Milch und das Vieh auf breiter Basis durchgeführt werden, unterdrücken würden.

Aber an so weitgehende Massregeln hat selbstverständlich weder der Bundesrat noch eines seiner Mitglieder jemals gedacht. Denn der Verzicht auf unsere Schutzmassregeln würde einen vollständigen Zusammenbruch unserer Wirtschaft zur Folge haben. Landwirtschaft, Gewerbe und Inlandsindustrie würden erdrückt, und unser Land ginge den schwersten wirtschaftlichen, sozialen und politischen Erschütterungen entgegen. Auch Export- und Fremdenindustrie würden einer radikalen Aufhebung aller Schutzmassnahmen auch nicht froh, ida sie in den allgemeinen Zusammenbruch rniteinbezogen würden.

Deshalb standen und stehen wir auf dem Boden, dass alles, was hinsichtlich der Preise zu geschehen hat, sich im Eahmen unserer derzeitigen Wirtschaftspolitik und grundsätzlich im Bahmen der getroffenen Massnahmen abwickeln müsse. Das soll nicht heissen, dass wir starr an allem festhalten wollen, aber es sollen die allgemeinen Richtlinien nicht geändert
werden. Hinsichtlich unserer Stützungsmassnahmen gilt eben, was wir schon so oft zu sagen Gelegenheit hatten, dass sie, wie alle Wirtschaftspolitik, eine Sache des Masses sind und nicht ewig weiterbestehen können.

Im Sinne einer freiwilligen Anpassung haben wir im März 1932 durch eine Publikation «Wirtschaftliche Probleme» an Produzenten und Warenvermittler die Aufforderung gerichtet, mit Eücksicht auf die schwere Krise, -.die unser Land ergriffen, Tausende vollständig arbeitslos gemacht und das Einkommen anderer bedeutend geschmälert habe, im Eahmen des Möglichen durch eine Preisreduktion entgegenzukommen. Diese Aufforderung haben wir durch Kreisschreiben an die Kantone und durch zahlreiche Aussprachen mit Wirtschaftsverbänden unterstützt, ohne aber selbst zu Zwangsmassnahmen Bundesblatt. 87. Jahrg. Bd. I.

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zu greifen. Die einzige Massregel, die wir getroffen haben, war der Bundesbeschluss vom 13. Oktober 1933 über die ausserordentlichen und vorübergehenden Massnahmen zur Wiederherstellung des finanziellen Gleichgewichts im Bundeshaushalt, in welchem laut Art. 9 im Einverständnis mit den Vertretern der Arbeitnehmerschaft beim Bundespersonal ein befristeter Lohnabbau eingeführt wurde.

Zur wissenschaftlichen Abklärung verschiedener Preisfragen haben wir ferner 1926 die Preisbildungskommission eingesetzt, die durch eine Beihe bedeutender Arbeiten auf dem Gebiete der Preisbildung durch objektive Darlegung der Verhältnisse versachlichend wirkte, aber -- dazu war sie auch nicht berufen -- direkten Einfluss auf die Preisgestaltung nicht nahm1).

Wir haben auch unmittelbar mit der Wiedereinführung des ausserordentlichen Einfuhrschutzes im Dezember 1931 im Volkswirtschaftsdepartement eine Preiskontrolle für die kontingentierten Waren eingerichtet. Diese hat die Aufgabe, den Einfluss der Einfuhrmassnahmen auf die Preisentwicklung und die Preislage zu beobachten, Anfragen und Klagen von Produzenten, Händlern oder Konsumenten über ungerechtfertigte Preisgestaltung bei einfuhrgeschutzten Waren zu beurteilen sowie insbesondere zu verhindern, dass die einfuhrgeschützten Betriebe ihre privilegierte Stellung zu ungerechtfertigter Erhöhung oder Hochhaltung der Preise ausnützen. Ebenso hat die Preiskontrolle zahlreiche Gesuche um Erteilung von Sonderkontingenten zu begutachten, sofern sich die Petenten darauf berufen, dass zwischen den Preisen in der Schweiz und im Auslande eine ungerechtfertigt hohe Spanne bestehe oder dass der schweizerische Produzent einen ungerechtfertigt hohen Gewinn erziele. In einigen Fällen hatte zudem die Preiskontrolle vor Erlass der Schutzmassnahmen genau zu prüfen, ob die Preislage dieses Artikels in der Schweiz einen solchen Schutz rechtfertige oder nicht. Bei einer Anzahl von Artikeln stellt die Preiskontrolle fest, welches der vom Importeur für die Abnahme von Inlandsware zu bezahlende Übernahmepreis ist. Endlich wurde der Preiskontrolle eine Anzahl anderer Fragen, die nichtkontingentierte Artikel betreffen, zur Begutachtung überwiesen.

In den Berichten Nr. I, II, III, V, VII, Vili und X des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Einfuhrmassnahmen wird ausführlich über die
Tätigkeit und die Erfahrungen der Preiskontrolle berichtet. Diese versuchte, durchwegs auf freiwilligem Wege, die von ihr als richtig erachtete Anpassung der Preise zu erreichen, und es muss anerkannt werden, dass diese Art der Preisüberwachung beim gesamten Volke, insbesondere bei den Beteiligten selbst, volles Verständnis fand und als eine unbedingte Notwendigkeit empfunden wurde. Die Wirkung der Preiskontrolle war aber durch das Fehlen der Eechtsgrundlage sowie der Unmöglichkeit, bei Nichtx ) Die bisherigen 11 Arbeiten behandelten die Preisverhältnisse bei Milch, Brot.

Fleisch, Zement, Hausbrandkohle, Kafi'ee, Wem, Zucker, Tapeten, ferner die Warenhausfrage und die Verhaltnisse im Lebensmittelkleinhandel,

543 befolgung ihrer Weisungen immer die nötigen Sanktionen ergreifen zu können, in starkem Masse eingeschränkt. Namentlich musste sie sich fast durchwegs auf die geschützten Produzenten beschränken, da dem Handel, der in der Regel die Einfuhrbeschränkungen -- wenigstens anfänglich -- nicht billigte, mit der Aufhebung der Einfuhrbeschränkungen nicht wirksam gedroht werden konnte. Über die Ergebnisse der Preiskontrolle kann gesagt werden, dass sie eine grosse Zahl von Versuchen, die Preise ungerechtfertigt zu erhöhen, zu verhindern in der Lage war, jedoch konnte sie nicht darauf hinwirken, dass der letzte Konsument immer in den Genuss der Preisrückgänge gelangte oder vor Preiserhöhungen verschont blieb.

Wohl können wir schon jetzt, wenn die Preiskontrolle zur Überzeugung kommt, dass ein durch Einfuhrbeschränkungen geschützter Wirtschaftszweig seine Preise überspannt oder dass ein Händler, dem ein Kontingent zugeteilt wird, überfordert, entweder die Einfuhrbeschränkung aufheben oder im zweiten Fall weitere Kontingente verweigern. Allein die Dinge liegen in der Praxis nicht so einfach. Wir können schon aus internen Eücksichten nicht deshalb, weil ein Produzent oder eine Gruppe von Produzenten ihre Stellung missbrauchen, eine Einfuhrbeschränkung fallen lassen, denn andere Interessen, die Bücksicht verdienen, dürfen nicht unter dem Fehler von einzelnen leiden. Daneben bestehen aber auch oft noch handelspolitische Erwägungen, die uns hindern, solche Massregeln zu treffen. Gegenüber dem Handel genügten die bestehenden Grundlagen nicht. Deshalb müssen unseres Erachtens die bezüglichen Bestimmungen geschaffen werden. Gewährt der Staat einem seiner Bürger den Vorteil besonderer Massnahmen, so hat er auch das Eecht, ja sogar die Pflicht, darüber zu wachen, dass kein Missbrauch getrieben und dass andere nicht in ungerechtfertigter Weise unter diesen Massnahmen leiden müssen.

IV.

Von der Erwägung ausgehend, dass die heutigen Eechtsgrundlagen und Kompetenzen der Preiskontrolle nicht genügen, hat das eidgenossische Volkswirtschaftsdepartement, in Ausführung des Bundesratsbeschlusses vom 3. Dezember 1934, Ende Dezember eine Expertenkommission eingesetzt, die aus den Herren Nationalrat Dr. Wetter, Vizepräsident des Schweizerischen Handelsund Industrievereins, Nationalrat Schirmer, Präsident des Schweizerischen Gewerbeverbandes, Dr. A. Borei, Vizedirektor des Schweizerischen Bauernverbandes, Caspar Jenny. Fabrikant, und Dr. M. Weber, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes, bestand. Die Kommission wurde beauftragt, die gegenwärtig bestehenden Einfuhrbeschränkungen nachzuprüfen und sich darüber auszusprechen, ob die Schutzmassnahmen (auch Zölle) aufrechterhalten, gelockert oder abgebaut werden müssen oder ob an den Weiterbestand dieser Massnahmen neue und verschärfte Bedingungen und Preisvorschriften zu knüpfen sind. Die Expertenkommission hat dem eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement am 20. Februar einen Bericht erstattet.

544 den wir im Anhang veröffentlichen und dem in der Hauptsache die folgenden Punkte zu entnehmen sind: 1. Die Kommission erklärt sich ausserstande, auf Grund des vorhandenen Materials endgültige Anträge in hezug auf die Lockerung oder Aufhebung der Einfuhrbeschränkungen oder anderer Massriahmen (Zölle, Bewilligungszwang) zu stellen. Sie hat sich jedoch über die Auswirkungen der Einfuhrbeschränkungen auf die Preise ein Bild machen können, und zwar konstatiert sie, dass «unzweifelhaft die Tatsache der Behinderung der freien Einfuhr die Tendenz zu einer Versteifung der Preise auf einem noch zu hohen Niveau nach sich zieht».

2. Die preisversteifende Wirkung der Einfuhrbeschränkungen, die im allgemeinen aus dem Mangel an Konkurrenz und der Verminderung des Warenangebotes zu erklären ist, wird nach Auffassung der Kommission dadurch verstärkt, dass unter dem Eegime des Einfuhrschutzes Preisabreden der Produzenten und des Handels begünstigt werden, dass sich ferner trotz der Unübertragbarkeit der Kontingente eine Art Handel mit solchen entwickelt hat, der ebenfalls verteuernd wirkt, dass die Tatsache der «Länderkontingente», d. h. der Zwang, gewisse Warenmengen in einem bestimmten Lande anzukaufen, den sonst handelsüblichen Einkauf im billigsten Lieferungsland verhindere und dass endlich auch Gebühren verteuernd wirken.

Den erstgenannten Verteuerungsursachen (Preishochhaltung durch Einzelne oder durch Preisabreden von Produzenten und Handelsgruppen) sollte nach Auflassung der Kommission durch eine vermehrte Preiskontrolle abgeholfen werden, die als absolut notwendig erachtet wird.

3. Auf Grund einlässlicher Prüfung der bisherigen Befugnisse und Tätigkeit der Preiskontrolle kommt die Kommission zum Schluss, dass durch Eevision und Ergänzung des dringlichen Bundesbeschlusses über wirtschaftliche Massnahmen gegenüber dem Ausland vom 14. Oktober 1933 die Preiskontrolle rechtlich verankert und ausgebaut werden solle. Im einzelnen wird vorgeschlagen : «a. Der Bundesrat unterstellt die einer Einfuhrbewilligung unterworfenen Waren einer Preiskontrolle. Zu dem Zwecke wird beim Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement eine Preiskontrolle errichtet.

b. Der Bundesrat erlässt über die Einrichtung und die Organisation der Preiskontrolle die nötigen Vorschriften.

o. Die Preiskontrolle erstreckt sich auf die
Produzenten, den Grossund den Kleinhandel.

d. Die Preiskontrolle kann zur Durchführung ihrer Aufgabe alle notigen Erhebungen durchführen. Amtsstellen, in Betracht fallende Verbände und Firmen sind gehalten, ihr jede zweckdienliche Auskunft zu erteilen und nötigenfalls Einblick in die Bücher und Belege zu gewähren.

e. Wird durch die Untersuchungen festgestellt, dass gewisse Preise unter Berücksichtigung angemessener Produktionsbedingungen übersetzt

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sind, so hat die Preiskontrolle darauf hinzuwirken, dass die Anpassung auf freiwilligem Wege geschieht.

/. Erreicht die Preiskontrolle die gewünschte Preisveränderung nicht, so ist das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement ermächtigt, die für die Preisanpassung notwendigen Massnahmen zu ergreifen.» Ferner macht die Kommission Vorschläge betreffend die nötigen. Sanktionen und verlangt insbesondere eine Bussenkompetenz des Bundesrates.

4. Wenn die Kommission sich im allgemeinen nicht über Lockerang oder Aufhebung von Einfuhrbeschränkungen ausspricht, so hat sie doch feststellen können, dass bei einzelnen Positionen die Ausnützung der Einfuhrkontingente bei weitem nicht erfolgt, und vertritt die Auffassung, dass Einfuhrbeschränkungen in diesen Fällen aus Gründen des Produktionsschutzes kaum mehr nötig sein dürften. Wenn nicht besondere handelspolitische Motive für ihre Aufrechterhaltung vorhanden seien, so könne deren Lockerung oder Authebung jedenfalls geprüft werden.

Der Bericht der Expertenkommission bestätigt die von uns in den letzten Jahren gemachten Wahrnehmungen, nämlich, dass die Preiskontrolle, abgesehen von den sich aus der Natur der Sache ergebenden Schwierigkeiten, bei ihrer Arbeit wegen Mangel an Kompetenzen einer Eeihe von Hindernissen begegnet und deshalb ihre Funktion, die missbräuchliche Ausnützung der Einfuhrmassnahmen zu verhindern, nur sehr unvollkommen erfüllen kann. Insbesondere sind es folgende Tatsachen, die zu dieser Lage beitragen : das Fehlen einer Auskunftspflicht, die Beschränkung der Kontrolle auf die Produktion, während ihre Ausdehnung auf den Handel wünschenswert wäre, und namentlich der Mangel an wirksamen Sanktionsmöglichkeiten.

Anfänglich waren wir in bezug auf die Produzenten der Auffassung, daßs die von ihnen eingegangene Verpflichtung, nach der Gewährung des Einfuhrschutzes die Preise niedrig zu halten, eine genügende Basis für wirksame Preiskontrolle und -regulierung bilden könne. Dies hat sich aber in der Folge aus verschiedenen Gründen als unzutreffend erwiesen.

Aber auch beim Iniport- wie beim Inlandhandel besteht die Gefahr der missbräuchlichen Ausnützung der zum Schutze der inländischen Produktion und-zur Förderung des Exportes getroffenen Einfuhrregelung mindestens in ebenso hohem Masse wie bei den Produzenten, da hier wie dort die freie Konkurrenz
eingeschränkt wird. Seit dem Erlass der Einfuhrbeschränkungen ist eine verstärkte Tendenz zur Kartellierung und zu Preisabreden festzustellen, und zwar betrifft ein grosser Teil davon Abmachungen unter Händlern oder zwischen Produzenten und Händlern.

Wir gehen mit der Kommission auch einig in bezug auf ihre Anregungen betreffend die D u r c h f ü h r u n g der E i n f u h r m a s s n a h m e n , denn es muss zugegeben werden, dass tatsächlich die Handhabung der Einfuhrmassnahmen ebenfalls Ursache für die Preisversteifung bilden kann.

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Wir werden dieser Frage unsere vollste Aufmerksamkeit widmen und überall dort, wo handelspolitische Erwägungen und die innerwirtschaftlichen Verhältnisse es zulassen, die Möglichkeit der Lockerung der starren Länderzuteilung prüfen. Das gleiche gilt in bezug auf die Erteilung von Kontingentsbewilligungen auf nur kurze Fristen und das Verfallen dieser Bewilligungen am Ende der Frist, wodurch die Disposition des Importhandels und oft die Ausnutzung einer günstigen preislichen Situation verunmöglicht wird.

Es werden auch gewisse andere Fragen der Durchführung von uns geprüft werden, darunter das in der Öffentlichkeit häufig als ungerecht kritisierte System der «Stichjahre», mit dem die Kommission sich übrigens auch bgfasst hat, ohne jedoch in ihrem Schlussbericht darauf einzutreten. Die Einfuhrbewilligungen werden in der Eegel auf Grund der Einfuhr in einem bestimmten Stichjahr -- meist 1931 -- erteilt. Wir haben in unsern Berichten über die Einfuhrbeschränkungen die Gründe, die uns zur Wahl dieses Systems bewegen haben, erörtert. Je weiter wir uns jedoch vom Stichjahr entfernen, um so weniger entsprechen dessen Verhältnisse der heutigen Realität und um so mehr besteht die Gefahr, dass ein Teil der Einfuhr nur noch formell über die kontingentberechtigten Firmen geht, in Wirklichkeit aber eine Anzahl unter ihnen ihre Bewilligung verfallen lässt, oder an andere -- aufstrebende ·-- Firmen abtritt oder sogar an diese verkauft. Dieser Gefahr wird heute schon dadurch Eechnung getragen, dass von Jahr zu Jahr grössere Kontingentsreserven geschaffen werden, woraus die Ansprüche neuer oder aufstrebender Firmen befriedigt werden können. Die Erfahrung zeigt aber, dass auch von solchen neuen oder kleinen Firmen Kontingente nicht immer deshalb verlangt werden, um wirklich zu importieren, sondern auch einfach, um sie den alten Firmen gegen Entgelt abzutreten. Eine gewisse Vorsicht ist daher auch gegenüber jungen Firmen am Platze. Bei Waren, deren Einfuhr grosse Eisiken in sich schliesst und gediegene kaufmännische Kenntnisse und Erfahrungen, namhafte Kapitalien und Beziehungen zu den ausländischen Lieferanten erfordert, aber auch, wo die regehnässige und gesicherte Landesversorgung von grosser Bedeutung ist, wird vor der Erteilung der Bewilligungen geprüft werden müssen, ob der Gesuchsteller allen diesen Erfordernissen
gerecht zu werden vermag. Eine oft vorgeschlagene, vielfach aber auch bekämpfte Möglichkeit des Einbezugs junger Firmen in den Grosshandel liegt darin, dass an Stelle der Basierung auf ein bestimmtes Stichjahr Kontingente denen erteilt werden, die sich über einen bestimmten Bezug im Inland ausweisen können. Wo und soweit dies möglich ist, wird dieses Verfahren schon heute angewandt und wird teilweise auch noch weiterausgebaut werden.

Wir haben oben unter Ziff. 4 angegeben, dass die Kommission in bezug auf die Lockerung von Einfuhrbeschränkungen zum Schlüsse gekommen ist, dass eine solche in allen jenen Fällen nach und nach und unter handelspolitischer Ausnützung erfolgen solle, wo keine handelspolitischen Gründe oder Eücksichten auf die zu schützende Inlandswirtschaft für die strenge Handhabung sprechen.

547 Mit der Lockerung derjenigen Einfuhrbeschränkungen, die sich binnenwirtschaftlich oder handelspolitisch nicht als unbedingt notwendig erweisen, können wir uns ebenfalls einverstanden erklären. Wir haben ja immer darauf hingewiesen, dass die Einfuhrbeschränkungen eine vorübergehende, ausserordentliche Massnahme darstellen. Wie mit der Gesamtheit der Massnahmen, so verhält es sich auch mit einzelnen Positionen. Für die Lockerung oder die Aufhebung von Einfuhrbeschränkungen bedürfen wir keiner weiterer Vollmachten, da die Kompetenzen hiefür dem Bundesrat durch den Bundesbeschluss vom 14. Oktober 1933 bereits zustehen.

Die Kommission ist wegen der kurzen ihr zur Verfügung stehenden Zeit nicht auf die Frage der Zölle eingetreten. Unsererseits möchten wir hierüber bemerken, dass in den letzten anderthalb Jahrzehnten kein neuer Zolltarif in Kraft getreten ist. Immerhin sind eine Reihe von Ansätzen aus fiskalischen Interessen erhöht worden. Im Gesamten ist das Niveau unserer Zölle höher als früher, und es ist klar, dass dieser Faktor mit ein wichtiger Grund ist für die im Vergleich zum Ausland hohe Preislage der Schweiz. Ebenso dürften nähere Untersuchungen ergeben, dass auch die binnenwirtschaftliche Unausgeghchenheit unserer Preise teilweise auf das je nach der Position sehr verschiedene Ausmass des Zollschutzes zurückzuführen ist, da bei hohen Zöllen wegen der Erschwerung ausländischer Konkurrenz ebenfalls Preisabreden leichter möglich sind.

Aber nicht nur die absolute Höhe der Zölle hat sich in manchen Fällen geändert, sondern durch den erfolgten internationalen Preisabbau sind sie in den letzten Jahren relativ aufgewertet worden und stellen im Werte der Waren einen viel grösseren Anteil dar als früher. So wenig es sich jedoch darumhandeln kann, die bestehenden Einfuhrbeschränkungen aufzuheben, ebensowenig werden wir -den bestehenden Zollschutz beseitigen können. Wo aber gewisse Erwerbsgruppen mittels Zöllen gegenüber andern Volksgenossen eine privilegierte Stellung einnehmen, rechtfertigt es sich ohne Zweifel, dass der Staat es verhindert, dass dieser Schutz zu übermässigen Gewinnen verwendet wird.

Es ist somit richtig, wenn die Preiskontrolle auch auf Waren ausgedehnt 'wird, die einen hohen Zollschutz gemessen.

Auch den übrigen hier nicht erwähnten, weil weniger wichtigen Anregungen ·der Expertenkommission glauben wir in Zukunft im allgemeinen Rechnung iragen 211 können.

V.

Auf Grund unserer eigenen Erfahrungen und der Feststellungen und Anträge der Expertenkommission gelangen wir dazu, den Bäten den Erlass eines dringlichen Bundesbeschlusses b e t r e f f e n d die Ü b e r w a c h u n g der Preise vorzuschlagen. Er wird in erster Linie den Zweck haben, zu einer geïechteren Ausgleichung der heutigen Preislage zu führen, d. h. einen Abbau ·offensichtlich überhöhter Preispositionen in die Wege zu leiten i zugunsten der heute bereits in ihrem Einkommen geschmälerten Kreise unserer Bevölkerung.

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Er wird auch die Handhabe bieten, um missbräuchliche Ausnützung des staatlichen Binfuhrschutzes zu verhindern.

Der vorgeschlagene Bundesbeschluss beschränkt die Tätigkeit der Preiskontrolle auf diejenigen Waren, die unter dem Einfluss von besonderen Einfuhrmassnahmen, eines hohen .Zollschutzes oder von Preisabreden stehen.

Nicht unter den Bundesbeschluss fällt somit die Kontrolle von Löhnen, von Tarifen für Dienstleistungen, von Mietzinsen sowie von Warenpreisen, bei denen die genannten Voraussetzungen nicht gegeben sind.

1. Innerhalb der e i n f u h r g e s c h ü t z t e n Waren wird die Preiskontrollewie schon jetzt sich nicht nur auf jene Artikel beziehen, die zum Zwecke des Schutzes der inländischen Produktion kontingentiert sind, sondern auch auf Warenpositionen, bei denen die Eegulierung der Einfuhr teilweise oder ganz^ auf handelspolitische Gründe zurückgeht, oder wo dieser Zweck später in.

den Vordergrund getreten ist. Sie wird sich also insbesondere auch auf Waren, beziehen müssen, deren Einfuhr zu Kompensationszwecken dient, auch wenn diese eventuell im Inland gar nicht produziert werden.

Die Kontrolle wird sich auch in Zukunft nicht mehr nur auf Preise im Stadium der Produktion beziehen, sondern sich auch auf alle Stadien der Weiterverarbeitung und des Handels ausdehnen. Sie wird sich auf Grund ihrer neuen Kompetenzen auch mit der Frage des Kontingenthandels befassen.

Bei der grossen Preisdifferenz zwischen den noch zur Einfuhr zugelassenen ausländischen Waren und den entsprechenden der schweizerischen Produktion besteht nämlich die grosse Gefahr, dass der importberechtigte Handel dadurch Vorteile aus seiner Sachlage zieht, indem er einen regelrechten Handel mit den Einfuhrbewilligungen treibt. Die Erfahrung hat gezeigt, dass es mittels dem in der Verordnung des Bundesrates über die Beschränkung der Einfuhr vom 1. Eebruar 1932 (Art. 3, lit. c) vorgesehenen Verbot und dem entsprechenden Strafverfahren (Art. 6) nicht möglich ist, dieses die Öffentlichkeit beunruhigende und die Moralität des Handels untergrabende Treiben zu verhindern.

Die radikale Verhinderung des Kontingentshandels ist nur möglich durch entsprechende large Handhabung der Kontingentierung, wodurch das Eecht zu importieren keinen Geldwert mehr darstellt, weil der importhungrige Händler seine Bewilligung ohne weiteres
von den zuständigen Behörden bekommt. Da diese large Handhabung der Kontingentierung nun aber aus handelspolitischen und andern Gründen in vielen Fällen nicht möglich ist, wird es Aufgabe der Preiskontrolle sein, derartige Falle festzustellen und durch geeignete Massnahmen zu verhindern.

Die Preiskontrolle wird auch verhindern, dass bei Waren, bei denen wir trotz der Einfuhrbeschränkung noch in erheblichem Umfange auf den Importangewiesen sind, die Kalkulation des Handels sich ausschliesslich auf der Basis des Inlandspreises aufbaut und die Preisdifferenz nicht an die Abnehmer weitergegeben wird.

Die Preiskontrolle wird in Zukunft auch da eingreifen, wo unter tìem Schutze der Einfuhrmassnahmen das Einverständnis von Abnehmern mit der

54»1 Hochhaltung von Preisen dadurch erkauft wird, dass ihnen, respektive massgebenden Gruppen unter ihnen, Konzessionen gemacht werden, sei es in bezug auf ihre Weiterverkaufspreise oder in bezug auf andere Vorteile.

Ferner wird es notwendig sein, dass die Preiskontrolle künftig, wenn möglich, vorgängig dem eventuellen Erlass neuer Einfuhrbeschränkungen die Preislage in dem betreffenden, Schutz nachsuchenden Wirtschaftszweige auf ihre Angemessenheit und insbesondere daraufhin prüfe, ob bereits ein normaler Abbau stattgefunden hat.

2. Ein Einbezug der durch private Abmachungen gebundenen Preise unter die gleiche Kontrolle drängt sich aus Gründen der Konsequenz und Gerechtigkeit auf, weil in zahlreichen Fällen das Bestehen einer kartellmässigen oder kartellähnlichen Organisation zwischen Produzenten oder Verkäufern die gleichen oder noch stärkeren Wirkungen auf die Preisgestaltung auszuüben imstande ist, wie die Beschränkung der Einfuhr oder staatlicher Zollschutz. Zudem ist es kaum bestreitbar, dass ein grosser Teil derartiger Preisschutzorganisationen nur möglich sind unter der Voraussetzung eines der betreffenden1 Branche gewährten Zollschutzes und dass viele Solcher Organisationen erst möglich und voll wirksam wurden unter der mit der Einfuhrkontingentierung bzw. dem Kompensationsverkehr zwangsläufig notwendig gewordenen Branchenorganisation.

Bei diesem Anlass scheint es uns gegeben, unsere Stellungnahme gegenüber Kartellen und ähnlichen Gebilden etwas näher zu umschreiben.

Wir halten dafür, dass die Frage, ob Kartelle, die in erster Linie als private Preisregulatoren zu werten sind, wünschbar seien oder nicht, nicht generellbeantwortet werden kann. Vom Gesichtspunkt einer gesunden Wirtschaft aus sind Kartellbildungen mit den damit verbundenen Preisfestsetzungen bald zweckmässig, bald wirken sie für das wirtschaftliche Gedeihen eines Landesverderblich. So gut wie die freie Konkurrenz nicht unter allen Umständen ein für alle Zeiten und alle Verhältnisse zu befolgendes Prinzip sein kann, so gut ist auch die Kartellbildung mit ihren Folgen je nach den Umständen und dem Inhalt der Vereinbarungen gut oder schlecht. Daraus folgt, dass wir weder für noch gegen die freie Preisbildung, weder für noch gegen Preisbindungen grundsätzlich Stellung nehmen. Die Möglichkeit muss bestehen, bald dem Grundsatz
der freien Preisentwicklung Eaum zu verschaffen, bald Preisbindungen gutzuheissen, je nach den Umständen. Denn die freie Konkurrenz hat als natürliche Korrektur die Verbandsbildung; wo aber diese zum Schaden der Volkswirtschaft überbordet und die wirtschaftliche Elastizität dadurch zu erstarren droht, hat der Staat dafür zu sorgen, dass wieder eine Korrektur in der Eichtung freierer Preisbildung eintreten kann.

Artikel 31 der Bundesverfassung, der, nach überwiegender Auffassung^ die Handels- und Gewerbefreiheit nur gegen Beschränkungen durch den Staat gewährleistet, nicht aber gegen private Beschränkung, hat uns bisher von einer Kontrolle des Kartellwesens oder Eingriffen gegen Überspannungen desselben absehen lassen. Während im Auslande die Kartelltätigkeit weitgehend einer

550 gewissen Kontrolle unterstellt ist, herrscht bei uns noch immer der Grundsatz der uneingeschränkten, unbeaufsichtigten und völlig freien Verbandsbildung.

War schon in normalen Zeiten dieser rechtliche Zustand angesichts der zunehmenden Durchorganisierung unserer Wirtschaft vom volkswirtschaftlichen Standpunkt aus unbefriedigend, so ist er in Notzeiten, wie wir sie heute haben, absolut ungenügend, da er weder den Konsumenten noch den ausserhalb der Kartellorganisation stehenden Konkurrenten gegen Missbrauch und Übercaass in der Ausnützung einer monopolistischen Machtstellung zu schützen gestattet. Besonders im Zusammenhang mit der vorliegenden Preisaktion sind Massnahmen, welche verhindern, dass derartige Monopolstellungen zum Schaden der Öffentlichkeit ausgenützt werden können, dringlich geboten.

Als während des Krieges infolge der durch die Verhältnisse erzwungenen .Zusammenschlüsse die Möglichkeit der Aussenseiterkonkurrenz sich erschwerte und die Erreichung einer monopolistischen Stellung der Kartelle erleichterte, begegnete der Bund der daraus fliessenden Gefahr für die Abnehmerschaft durch die «Verordnung gegen die Verteuerung von Nahrungsmitteln und andern unentbehrlichen Bedarfsgegenständen, vom 10. August 1914». Unseres Erachtens ist es bei der heutigen äusserst ernsten Wirtschaftslage und bei der gegenwärtigen grossen Bedeutung des Preisproblems für unsere Volkswirtschaft absolut unerläßlich, eine Eechtsgrundlage zu schaffen, um dem Staate zu ermöglichen, gegen volkswirtschaftsschädigende, die Handels- und Gewerbefreiheit oft völlig ausschaltende Überspannungen in der Kartellpraxis nötigenfalls einzuschreiten. Hat doch der Staat die wichtige Aufgabe, namentlich in Zeiten wirtschaftlicher Bedrängnis, ordnend in die Wirtschaft einzugreifen und das allgemeine Wohl zu verteidigen.

Aus diesen Gründen sind wir dazu gelangt, durch den vorgeschlagenen Bundesbeschluss auch die kartellrnässig oder auf ähnliche Weise gebundenen Preise der gleichen Überwachung und Kontrolle zu unterstellen, wie die Preise der einfuhr- und stark zollgeschützten Waren.

Diese Unterstellung hat keineswegs den Zweck, die Kartellbildung überliaupt zu verunmöglichen oder auch nur in ernster Weise zu gefährden. Wie wir ja bereits gesagt haben, verkennen wir ihre guten Seiten nicht. Was dagegen im Interesse des
allgemeinen Wohls und im Hinblick auf die Verfolgung ·einer möglichst anpassungsfähigen Wirtschaftspolitik dringend von Nöten ist.

das ist die Überwachung der Kartelle und ein Einfluss im Sinne der Mässigung dort, wo die Macht der Organisation die Interessen der Allgemeinheit zu überwuchern droht.

3. Warum auch die Preise stark zollgeschützter Waren der Kontrolle unterstellt werden sollen, haben wir oben begründet. Ähnlich wie in bezug auf neue Einfuhrbeschränkungen soll in Zukunft auch vor Erlass neuer Schutzzollerhöhungen geprüft werden, ob die Lage im betreffenden Wirtschaftszweige eine Erhöhung des Zollschutzes rechtfertige, wie stark eine geplante Erhöhung den Konsum belasten wird und ob eine solche Belastung volkswirtBchaftlich tragbar erscheint.

551 VI.

Schlusswort.

Der vorliegende Bundesbeschluss regelt einen wichtigen Ausschnitt aus dem Gesamtkomplex der Preisfrage, deren Prüfung durch den Bundesratsbeschluss vom 8. Dezember 1934 ins Auge gefasst worden ist. Wir sind davon überzeugt, dass seine praktischen Auswirkungen zur Verbilligung der Lebenshaltung beitragen helfen, ohne dass darob Produktions- oder Handelsinteressen geschädigt werden. Denn es ist selbstverständlich, dass der Staat nicht verlangen wird, es seien die Preise auf das Niveau von Schleuderpreisen zu reduzieren, sondern dass er sich vielmehr damit begnügen wird, Missbräuchen und Überforderungen entgegenzutreten.

Neben der wirtschaftlichen Bedeutung des Bundesbeschlusses ist die psychologische nicht zu vergessen. Es ist unverständlich und wirkt ini Volke bedrückend, wenn der eine Teil unter der Krise leidet, sein Einkommen schwinden sieht und überdies das Gefühl hat, dass er in Form A~on höheren Preisen dazu beitragen rnuss, einem andern Teile des Volkes.

der durch staatliche Massnahmen wirtschaftlich geschützt wird oder sich in einer selbsterrungenen Monopolstellung befindet, nicht nur ein genügendes, sondern ein reichliches Auskommen zu sichern oder sogar die Schaffung bedeutender Gewinne zu ermöglichen. Deshalb ist es eine Forderung der sozialen Gerechtigkeit, dass der Staat, wenn er aus guten Gründen hinsichtlich der "Wareneinfuhr Beschränkungen aufstellt und Kontingentierungen einführt, auch darüber wacht, dass die Begünstigten keinen Missbrauch treiben und ihre privilegierte Stellung nicht missbrauchen können. Wir sind aber auch davon überzeugt, dass der weitaus überwiegende Teil derjenigen, die an den Einfuhrbeschränkungen interessiert sind, mit uns hierin vollständig einiggeht und es sogar begrüsst, wenn Auswüchse beseitigt werden. Dabei hat es überdies die Meinung, dass auch der Frage alle Aufmerksamkeit geschenkt werden soll, o,b einzelne Einfuhrbeschränkungen gelockert oder mit der Zeit abgeschafft pverden können. Über diese Frage sollen, wie es auch das eingeholte Gutachten der Expertenkommission wünscht, noch Erhebungen gemacht werden.

Zieht man in Betracht, dass der Bund auch überall dort, wo er durch Stützungsaktionen eingreift, einen Einfluss auf die Preise geltend machen kann, so ist ein grosser Teil der Preise der Kontrolle unterstellt. Wir dürfen wohl ·7>agen,
dass sozusagen die sämtlichen Waren, die für Nahrung und Bekleidung in Betracht kommen, sowie ein grosser Teil der übrigen lebensnotwendigen Artikel der Kontrolle unterstehen, die, wie bereits hervorgehoben, nicht schikanös, sondern klug und gemässigt ausgeführt werden soll. Wir sind uns übrigens durchaus bewusst, dass viele Preise stark zurückgegangen sind, und dass auch hinsichtlich der Verschleissspanne des Detailhandels starke iind angemessene Eeduktionen gemacht wurden. Man muss ferner in Betracht ziehen, dass gerade der Zwischenhandel an den Warenlagern und in anderer Weise im Laufe der Jahre grosse Verluste erlitten hat, und es

552

muss endlich auch angesichts unserer Verhältnisse mit hohen Unkosten gerechnet werden. Wir möchten also gerade auch gegenüber dem Zwischenhandel nicht ungerecht sein, weil wir seine Schwierigkeiten kennen, und geben gerne zu, dass vielfach eine stärkere Eeduktion der Verschleissspanne erst möglich sein wird, wenn, wie wir im vorhergehenden Abschnitt ausführten, hinsichtlich gewisser preisbildender Paktoren erhebliche Änderungen eingetreten sind.

Der vorliegende Bundesbeschluss regelt unseres Erachtens die Preisfrage; insoweit sie heute geordnet werden kann. Die geplanten Massnahmen sind auch von den schweizerischen wirtschaftlichen Spitzenverbänden, mit denen unser Volkswirtschaftsdepartement im Januar dieses Jahres Fühlung genommen hat, durchwegs gutgeheissen worden.

VII.

Erläuterungen zu den Artikeln des Bundesbeschlusses.

Art. 1. Dieser Artikel wird durch Abschnitt IV! und V der Botschaft eingehend erläutert.

Art. 2. Es handelt sich hier nicht um eine neue Amtsstelle, sondern um den Ausbau und die rechtliche Verankerung der schon seit Jahren bestehenden Preiskontrolle im eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement.

Während jedoch diese Stelle bis jetzt keine klar umschriebenen Kompetenzen hatte, wird sie nunmehr ermächtigt, alle nötigen Erhebungen durchzuführen. Sie kann zu diesem Zwecke andere Amtsstellen des Bundes sowie solche der Kantone und Gemeinden zur Mitwirkung heranziehen. Überdies wird für die Beteiligten die Auskunftspflicht eingeführt, ähnlich wie dies für die eidgenössische Fachkommission betreffend das Schuhmachergewerbe (siehe Bundesbeschluss vom 28. September 1934) geschehen ist. Diese Bestimmungen sind notwendig, wenn die Preiskontrollstelle ihre Aufgabe erfüllen soll.

Art. 3. Es liegt auf der Hand, dass es nicht möglich ist, in einem Bundesbeschluss die Organisation der Preiskontrolle definitiv festzulegen und ihre Kompetenzen im einzelnen zu umschreiben. Deshalb wird dem Bundesrat die Ermächtigung erteilt, dies zu tun, ähnlich wie dies auch schon in analogen Fällen geschehen ist. Es muss endlich die Möglichkeit eingeführt werden, speziell in Fällen, in denen die Batschläge und Anweisungen der Preiskontrolle nicht befolgt werden, Strafen auszusprechen. Auch diese Fragen können im Bundesbeschluss nicht in Einzelheiten geregelt werden und sind einem Beschlüsse des Bundesrates vorbehalten.

Art. 4. Hier wird vorgesehen, dass der Bundesrat auch Aufgaben und Kompetenzen der beim eidgenössischen Volkswirtschaftsdepattement bestehenden Preisbildungskommission ordnet. Insbesondere ist zu prüfen, ob sie mit den Funktionen eines beratenden und begutachtenden Organs der Preisiontrolle betraut werden soll. Es erscheint auf jeden Fall als zweckmässig,

553

die langjährigen und wertvollen Erfahrungen der Preisbildungskommissicm in der objektiven Abklärung wirtschaftlicher Tatbestände der Administrative zur Verfügung zu stellen.

Art. 5. Im Grunde genommen ist der vorliegende Beschluss eine Ergänzung des Bundesbeschlusses über wirtschaftliche Massnahmen gegenüber dem Auslande (siehe Bundesbeschluss vom 14. Oktober 1933). Es ist daher ohne weiteres gegeben, dass wie jener Beschluss auch dieser dringlich erklärt wird, wie dies übrigens für die Eegelung der sämtlichen wirtschaftlichen Materien in
Wir ersuchen Sie, den in der Beilage beigefügten Entwurf eine» dringlichen Bundesbeschlusses anzunehmen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 18. März 1935.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: R. Minger.

Der Bundeskanzler: G. Boyet.

554 (Entwurf.)

Bimdesfoeschliiss betreffend

die Überwachung der Preise.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 18. März 1935, beschliesst :

Art. 1.

Die Preise der Waren, deren Einfuhr auf Grund des BundesbescMusses vom 14. Oktober 1938 über wirtschaftliche Massnahmen gegenüber dem Ausland eingeschränkt oder für welche ein starker Zollschutz gewährt ist, unterstehen einer Überwachung.

Den in Abs. l erwähnten Waren werden gleichgestellt solche, für die zwischen Produzenten oder Wiederverkäufern Abreden über Preise oder preisbestimmende Paktoren bestehen.

Der Bundesrat ist ermächtigt, Preisvorschriften aufzustellen.

Art. 2.

Zur Durchführung dieser Aufgabe wird im eidgenössischen Volkswirtsehaftsdepartement eine Preiskontrollstelle geschaffen.

Diese ist ermächtigt, alle nötigen Erhebungen durchzuführen. Sie kann Amtsstellen des Bundes, der Kantone und Gemeinden zur Mitwirkung heranziehen und dem Bundesrat Preisvorschriften beantragen.

In Betracht fallende Verbände, Vereine, Firmen und Einzelpersonen sind gehalten, ihr jede zweckdienliche Auskunft zu erteilen und nötigenfalls Einblick in Bücher und Belege zu gewähren.

Art. 8.

Der Bundesrat ist ermächtigt, die Preiskontrollstelle zu organisieren, auf dem Wege der Verordnung ihre Kompetenzen zu umschreiben und die erforder-

555 liehen Vollzugs- und Strafbestimmungen zu erlasben, wobei er Bussen bis auf zehntausend Franken und Gefängnis bis auf drei Monate androhen kann.

Art. 4.

Der Bundesrat ordnet Aufgaben und Kompetenzen der Preisbildungs kommission. Er kann dabei auch ihr die in Art. 2, Abs. 2 und 3, erwähnten Befugnisse verleihen.

Die Preisbildungskommission kann insbesondere mit den Funktionen eine& beratenden und begutachtenden Organs der Preiskontrolle betraut werden.

Art. 5.

Dieser Beschluss wird als dringlich erklärt und tritt sofort in Kraft.

Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge beauftragt.

556 Beilage.

Bericht der

vom Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement zur Prüfung der bestehenden Einfuhrmassnahmen eingesetzten Kommission.

(Vom 20. Februar 1935.)

Bern, den 20. Februar 1935.

Sehr geehrter Herr Bundesrat!

I.

Mit Schreiben vorn 29. Dezember 1934 haben Sie die Unterzeichneten «rsucht, die gegenwärtig bestehenden Einfuhrbeschränkungen a a c h z u p r ü f e n und sich darüber auszusprechen, ob die Schutzmassnahmen (auch Zölle) a u f r e c h t e r h a l t e n , gelockert oder abgebaut werden müssen, oder ob an den Weiterbestand dieser Massnahmen neue und v e r s c h ä r f t e Bedingungen und Preisvorschriften .au k n ü p f e n sind.

Sie haben ferner den Wunsch ausgesprochen, die Kommission möchte ihre Arbeiten so rasch fördern, dass sie ihren Bericht ·womöglich bis Ende Januar abgeben könnte. Sie haben überdies erklärt, dass auch die dem Kompensationsverkehr unterstellten Waren, bei denen der freie Import ebenfalls gehemmt ist, in die Untersuchung einbezogen werden möchten.

Der unterzeichnete Präsident der Kommission hat Ihnen schon bei der Übernahme der Aufgabe erklärt, dass es nicht nur ihm, sondern auch den abrigen Mitgliedern der Kommission unmöglich sein werde, ihre sonstige berufliche Tätigkeit derart einzuschränken, dass eine Fertigstellung der Untersuchung auf Ende Januar möglich werde. Immerhin haben wir uns bemüht, die Arbeit so rasch zu fördern, dass wir bald einen Überblick über die Möglichkeiten erhielten und auch die Grenzen der Tätigkeit unserer Kommission erkannten.

II.

Die Kommission, die sich von der Preiskontrolle Ihres Deparlementes and der Sektion für Einfuhr, aber auch von den übrigen Organen zur Kontrolle der Einfuhr einen raschen Überblick geben liess, kam bald zur Erkenntnis,

557 dass sie in der ihr zur Verfügung stehenden Zeit nicht in der Lage sein werde, bestimmte und e i n w a n d f r e i e Anträge zu stellen in bezug auf Lockerung oder Aufhebung bestimmter Einfuhrbeschränkungen oder auf Erlass bestimmter Vorschriften über die konkrete Preisgestaltung einzelner Artikel oder einzelner Warengruppen. Aber auch abgesehen davon, dass die Zeit für diese Arbeit zu knapp war, wurde sich die Kommission auch dessen bewusst, dass das Material über die Preisgestaltung, das die Preiskontrolle zur Verfügung hielt, nicht genügte, um irgendwelche, für die Beteiligten folgenschwere Beschlüsse zu fassen. Dieses vorliegende Material ist zu lückenhaft und ohne Schuld der Preiskontrolle zu wenig umfassend, weil die bestehende Stelle gar nicht die Möglichkeit hatte, ihre Aufgabe voll zu erfüllen. Sie ist zur Hauptsache bis heute eher eine Preisbeobachtungsstelle, die weitgehend auf den guten Willen der Beteiligten angewiesen ist. Das auf dieser Basis zustandegekommene Material ist dementsprechend auch zu wenig konkret und zu wenig sicher.

Der Kommission war es natürlich auch unmöglich, in der kurzen Frist eigene E r h e b u n g e n o d e r E r g ä n z u n g e n v o r z u n e h m e n oder durch die Preiskontrolle vornehmen zu lassen. Abgesehen davon, dass die bestehenden rechtlichen Grundlagen, die ja durch die Einsetzung der Kommission nicht verändert wurden, eine genügende Abklärung der Preisbildung nur im günstigsten Falle ermöglichen, hätte die Sammlung des Materials, seine Prüfung und eine eventuell nötig werdende Einvernahme der Interessenten zu viel Zeit weggenommen.

Wenn also die Kommission so nach der negativen Seite hin nicht zu direkrekten Anträgen über Lockerung oder Aufhebung der Einfuhrbeschränkungen oder andern Zwangsmassnahmen gekommen ist. so glaubt sie doch, eine nützliche Arbeit damit geleistet zu haben, dass sie sich ein Bild machte über die Möglichkeit der Errichtung einer wirksamen Preiskontrolle und über die Faktoren, die geeignet sind, die Preisgestaltung der einfuhrgeschützten Waren zu beeinflussen. Die Kommission will also im nachstehenden Bericht dem Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement ihren Eindruck wiedergeben über die A u s w i r k u n g der E i n f u h r b e s c h r ä n k u n g auf die Preise und sie versucht, V o r s c h l ä g e a u f z u s t e l l e n für eine w i r k s a m e k ü n f tige G e s t a l t u n g der Preiskontrolle.

III.

Die gemachten Beobachtungen bringen die Kommission dazu, eine Preiskontrolle f ü r e i n f u h r g e s c h ü t z t e Waren u n d W a r e n , d i e a u s K o m p e n s a t i o n s g r ü n d e n der f r e i e n E i n f u h r e n t z o g e n sind, als absolut n o t w e n d i g zu erklären. Die Tatsache, dass die Einfuhr reguliert ist, übt auf die Preisbildung einen gewissen Einfluss aus, sowohl beim Produzenten als auch beim Handel. Der Produzent, der der Konkurrenz des Auslandes -- vor allem der preislichen Konkurrenz -- nur noch beschränkt ausBundesblatt. 87. Jahrg. Bd. I.

40

558 gesetzt ist, kommt leichter in Versuchung, unter dem Schutz der verminderten Einfuhr und des dàherigen beschränkten Warenangebotes seine Preise zu hoch zu halten-. Unter dem Schutz der Einfuhrbeschränkung sind auch Preis abreden der Produzenten sehr viel leichter durchzuführen, als bei der freien Einfuhr. Die Kommission hält deshalb eine genaue Kontrolle der Produzentenpreise für notwendig. Aber auch der Handel ist in der Lage, die Situation auszunützen. Auch hier tritt eine Beschränkung der Konkurrenz ein, im Sinne der Verminderung der Zahl der Import berechtigten. Während sonst im allgemeinen eine Kartellierung des Handels ziemlich erschwert ist.

sind unter dem Schutz der Einfuhrbeschränkung Preisabreden wesentlich leichter möglich. Wir sehen denn auch oft, dass der Handel, der anfangs ein Gegner der Einfuhrbeschränkung war, sie heute zum Teil nicht mehr gerne missen würde, weil er unter ihrem Schutz eine gewisse Konsolidierung, oft auch eine wirkliche Sanierung erreicht hat. Dass die Konsolidierung und Sanierung nicht zu einem ungerechten Preisschutz werde, dafür hat die Preiskontrolle durch ihre Ausdehnung auf den Handel und auf die Preisabreden zu sorgen.

Wenn so die Kommission anhand der ihr zur Verfügung stehenden Preiserhebungen konstatierte, dass unzweifelhaft die Tatsache der Behinderung der freien E i n f u h r die Tendenz zu einer V e r s t e i f u n g der Preise auf einem noch zu hohen Niveau nach sich zieht, so hat sie des weitern festgestellt, dass eine Steigerung oder Hochhaltung der Preise auch da eintreten kann, wo Produzent oder Verteiler nicht etwa darauf ausgehen, eine gegebene Situation auszunützen. Diese Preisbeeinflussungen resultieren aus der Art der D u r c h f ü h r u n g der E i n f u h r b e s c h r ä n k u n g e n und der Handhabung des Kompensationsverkehrs. Wir möchten nicht unterlassen, auf einige dieser Momente hinzuweisen. Trotzdem die erteilten Bewilligungen nicht übertragbar sind (Verordnung des Bundesrates über die Beschrankung der Einfuhr vom 1. Februar 1982, Art. 3, lit. c), hat sich in der Praxis doch ein Handel mit Kontingenten entwickelt. Wenn er auch wohl in der Mehrzahl der Fälle unter Formen vorgenommen wird, dass ihm schwer beizukommen ist, so existiert doch die Tatsache, dass Leute geneigt sind, für die Überlassung von Kontingenten beträchtliche
Entschädigungen zu bezahlen, die sicher auf den Preis der importierten Waren zugeschlagen werden. So liegt im bestehenden Kontingentshandel unzweifelhaft ein preisverteuerndes Element.

Die weitere Tatsache, dass die Kontingente in L ä n d e r k o n t i n g e n t e aufgeteilt sind und dass es in der Eegel schwer hält, eine Übertragung der Länderkontingente auf andere Länder zu erreichen, kann zu einer wesentlichen Verteuerung der eingeführten Waren führen. Die Kommission ist sich bei dieser Feststellung bewusst, dass handelspolitische Momente und Bücksichten auf bestehende V e r r e c h n u n g s a b k o m m e n einer Korrektur dieser Verhältnisse bedeutende Hindernisse entgegenstellen. Sie weiss auch, dass speziell auf dem Gebiet des Kompensationsverkehrs -- aber auch für andere einfuhrgeschützte Waren -- die Eücksicht auf bestehende Verrechnungsabkommen

559 eine Übertragung der Einfuhrkontingente von Landern der teureren Preise auf das Land der billigeren erschwert und jedenfalls in grösserem Masstab kaum gestattet. Die Kommission muss aber doch auf die Gefahr hinweisen die für die Preisbildung auf dem schweizerischen Markt dadurch entsteht, dass Waren zwangsweise auf Märkten mit erheblich höherem Preisniveau gekauft werden müssen, während der Bedarf von gleichen Waren auf andern ausländischen Märkten zu bedeutend vorteilhafteren Preisen zu befriedigen wäre.

Und endlich das Gebiet der Gebühren. Wenn auch auf diesem Gebiet heute die Klagen seltener geworden sind als früher, so dürfte doch zu prüfen sein, ob nicht noch weitere Erleichterungen eintreten könnten, speziell auch für Waren, die zur Hauptsache aus dem Ausland bezogen werden.

IV.

Die Kommission hat die j e t z i g e Organisation der Preiskontrolle geprüft, ihre gesetzlichen Grundlagen, die A r t , wie die Kontrolle d u r c h g e f ü h r t wird, und die Kompetenzen, die sie gegenüber Produktion und Handel besitzt. Sie hat auch von den bisherigen Ergebnissen der Preiskontrolle Kenntnis genommen. Sie konstatiert gerne die fleissige und gewissenhafte Arbeit und die zum Teil wertvollen Ergebnisse, die die bisherige Tätigkeit der Preiskontrolle erreicht hat. Sie ist aber der Ansicht, dass die Preiskontrolle in ihrer bisherigen rechtlichen Fundierung und Organisation nicht diejenigen Kontrolltatigkeiten ausüben kann, die die Kommission für die einfuhrgeschützten und kontingentierten Waren als unerlässlich erachtet.

Die bisherige Stellung und Tätigkeit der Preiskontrolle kann wie folgt zusammengefasst werden : 1. Die heutige Preiskontrolle entbehrt der gesetzlichen Grundlage.

Sie ist weder im Bundesbeschluss vom 23. Dezember 1931 noch vom 14. Oktober 1933 noch auch in der Verordnung des Bundesrates vom 1. Februar 1932 erwähnt. Aber auch in den Botschaften zu den oben erwähnten Bundesbeschlüssen ist ihrer mit keinem Worte Erwähnung getan.

Als einzige Grundlage kann die am 9. März 1932 vom Vorsteher des Volkswirtschaftsdepartementes im Nationalrat abgegebene Erklärung angesehen werden, «dass die Einfuhrbeschränkungen, verschwindende Ausnahmen vorbehalten, zu keinen Preiserhöhungen führen, ja nicht einmal die gegenwärtigen Preise unverändert garantieren sollen». (Vgl. Stenographisches Bulletin der Bundesversammlung, Frühjahrssession 1932, S. 40). Auf Grund dieser Erklärung richtete der Bundesrat zur Überwachung der Preisbewegung kontingentierter Waren die Preiskontrolle bei der Handelsabteilung ein.

2. Die D u r c h f ü h r u n g der Preiskontrolle erfolgte demnach mit den einfachsten Mitteln. Die den Einfuhrschutz verlangenden Verbände oder Firmen gaben in der Eegel der Handelsabteilung -- bevor diese der Zollexpertenkommission den Antrag auf Einfuhrbeschränkung stellte -- die Erklärung

560 ab, dass sie die zu treffenden Massnahmen nicht zu Preiserhöhungen ausnützen werden.

Die Preiskontrolle behandelte Mitteilungen und Klagen, die bei ihr oder andern Amtsstellen über überhöhte Preise eingingen, sowie Gesuche der geschützten Firmen um Preiserhöhungen. Ferner suchte sie durch eigene Erhebungen und U m f r a g e n einen Überblick über die Bewegung der Preise und der Kostenstruktur der geschützten Waren zu erhalten.

Die Beurteilung der Preise durch die Preiskontrolle erfolgte nach möglichst genauer Untersuchung der Verhältnisse in einer Anzahl geschützter Betriebe sowie nach Anhörung der beteiligten (klagenden, beklagten oder sonst interessierten) Firmen und Verbände.

Konnte die Preisanpassung nicht auf freiwilligem Wege erreicht werden, so blieb der Preiskontrolle nur übrig, der Handelsabteilung davon Kenntnis zu geben und ihr eventuell Anträge in bezug auf die Handhabung der Einfuhrbeschränkungen zu unterbreiten.

3. Die Preiskontrolle begegnete bei der Durchführung ihrer Aufgabe einer Reihe von Schwierigkeiten. Wir erwähnen davon lediglich diejenigen, die sich durch bestimmte gesetzliche oder organisatorische Massnahmen vermindern oder beseitigen Hessen.

a. Das Fehlen der V e r a n k e r u n g der Preiskontrolle in einem Bundesgesetz schwächte ihre Stellung gegenüber den Kreisen, mit denen sie verkehren musste.

b. Das Fehlen der gesetzlich statuierten A u s k u n f t s p f l i c h t erschwerte oder vemnmöglichte die richtige Abklärung und infolgedessen auch die Beurteilung der Preisfragen.

c. Infolge des Umstandes, dass die Preiskontrolle sich nur auf die Produktion erstreckte und nicht auch auf den Handel (Import, Gross- und Detailhandel), konnte nicht verhindert werden, dass l e t z t e r e r in einzelnen Fällen die getroffenen Massnahmen zur ungerechtfertigten Erhöhung oder Hochhaltung der Preise -- namentlich importierter Waren -- ausnützte. Aus dem gleichen Grunde konnte die Preiskontrolle auch den sogenannten Kontingentshandel in keiner Weise verhindern.

d. Da der Preiskontrolle nur das Eecht zustand, bei Nichtbefolgung ihrer Wünsche und Entscheide der H a n d e i s a b t e i l u n g die L o c k e r u n g bzw.

A u f h e b u n g der E i n f u h r m a s s n a h m e n zu beantragen, so musste sie in allen jenen Fällen versagen, wo diese Drohung nicht fruchtete, oder wo
der Verwirklichung der Drohung wichtige -- handelspolitische u. a. -- Gründe entgegenstanden. In Berufsgruppen, wo eine grössere Zahl von Produzenten besteht, weiss z. B. der einzelne Produzent, dass die Schutzmassnahmen mit Eücksicht auf die Gesamtheit der Branchenangehörigen nicht gelockert oder aufgehoben werden können. In Fällen, wo es aus zolltechnischen oder andern Erwägungen notwendig ist, zum Schutze eines einzelnen Artikels die

561 Einfuhr einer Mehrzahl von Artikeln zu beschränken -- z. B. bei Sammelpositionen -- bleibt die Drohung ohne jeden Eindruck. Das gleiche gilt bei Waren, deren Kontingentierung nur zum Teil dein Schutze der Inlandsproduktion, zur Hauptsache aber K o m p e n s a t i o n s z w e c k e n oder handelspolitischen Zwecken dient.

Aus dem Gesagten geht hervor, dass das Fehlen von sogenannten Individuai d. h. auf die einzelne fehlbare Firma anwendbare -- S a n k t i o n e n den Erfolg der Preiskontrolle wesentlich behindert. Dies bewirkt auch, dass ein wirksames Vorgehen gegen unangemessene Preisvereinbarungen auf Grund der heutigen Kompetenzlage nur in seltenen Fällen möglich ist.

e. Die Tätigkeit der Preiskontrolle wird auch dadurch erschwert, dass die oben erwähnte Verpflichtung der einen Schutz verlangenden Gruppen oder Firmen nicht immer zur V o r a u s s e t z u n g der Bewilligung des Einfuhrschutzes gemacht wurde und dass da, wo die Verpflichtung zwar eingegangen wurde, sie sich nur auf die Nichterhöhung der Preise, nicht aber auf deren weitere Ermässigung bezog, auch wenn diese möglich und berechtigt gewesen wäre.

Dem Erlass der Einfuhrmassnahmen ging ferner nur in den seltensten Fällen eine gründliche P r ü f u n g der Preis Verhältnisse bei der betreffenden Ware voraus, so dass die Preisbasis, auf die die später einsetzende Preiskontrolle abstellen musste. eine rein schematische und oft unklare und unrichtige war.

/. Die Mitarbeit der Ö f f e n t l i c h k e i t , auf die bei der Gründung der Preiskontrolle grosse Hoffnungen gesetzt worden waren, hat sich, soweit es Kreise des Handels, des Gewerbes und der Industrie betrifft, als sehr wertvoll erwiesen. Die Mitarbeit der eigentlichen K o n s u m e n t e n blieb aber trotz mehrfacher Publikationen der Preiskontrolle fast völlig aus.

4. Die Ergebnisse der Preiskontrolle sind infolge der soeben aufgeführten Schwierigkeiten nicht in jeder Beziehung befriedigend.

a. Was die Aufgabe der Preisbeobachtung anbetrifft, so konnte diese infolge der mangelnden Auskunftspflicht und wegen der Beschränkung der Funktion der Preiskontrolle -- Kontrolle der Preisbewegung bei den Fabrikanten seit dem Erlass der E i n f u h r m a s s n a h m e n im Vergleich zur letzten Zeit vor deren E r l a s s -- n u r unvollkommen sein. Immerhin hat die Preiskontrolle
auf dem Wege der Freiwilligkeit zahlreiches Material gesammelt und verarbeitet.

b. Auf dem Gebiete der Preisbeeinflussung konnte die Preiskontrolle sowohl durch ihr blosses Bestehen als auch durch ihre Interventionen zahlreiche Preiserhöhungen verhindern. Darüber hinaus konnte sie auf vielen Gebieten Preisreduktionen veranlassen, die ohne ihr Dazwischentreten nicht oder nicht im gleichen Ausmasse eingetreten wären. Dagegen musste die Preiskontrolle nach eingehenden Prüfungen auch einzelne Preiserhöhun-

562

gen zugestehen in Fällen, wo der bisher praktizierte Preis für die Beteiligten verlustbringend war.

Die Preiskontrolle konnte auch in manchen Fällen die Ausnützung der Binfuhrmassnahmen zu ungerechtfertigter Preisgestaltung beim Handel verhindern. Dies war jedoch nur möglich durch freiwilliges Entgegenkommen infolge von Verhandlungen oder durch Androhung von Sanktionen, die im Ernstfälle gar nicht hätten angewendet werden können.

c. Z u s a m m e n f a s s e n d muss deshalb gesagt werden, dass die Preiskontrolle bei der heutigen rechtlichen Fundierung ihre H a u p t a u f g a b e , die missbräuchliehe Ausnützung der Einfuhrmassnahmen sowohl bei der Produktion als beim Handel zu verhindern, nicht e r f ü l l e n kann.

V.

Was die interne Organisation der Preiskontrolle anbetrifft, macht die Kommission nachstehende Vorschläge: Die bisherige Amtsstelle, die wohl noch einen gewissen Ausbau wird erfahren müssen und die weiter eine Abteilung des Volkswirtschaftsdepartementes zu bleiben hat, erhält eine kleine Kommission von zirka drei Mitgliedern vorgesetzt. Wir schlagen eine kleine Mitgliederzahl vor, damit diese Preiskommission, die im Bundesratsbeschluss verankert werden könnte, rasch aktionsfähig ist. Die Kommission soll aus den Branchen, die sie genauer untersuchen will, die ihr nötig scheinenden Experten zuziehen. Die Mitglieder der Kommission müssen praktisch erfahrene Männer sein, die nicht an Einfuhrbeschränkungen oder Kontingenten irgendwelche persönliche oder geschäftliche Interessen haben und über die nötige Zeit verfügen. Die Kommission hätte der mit der Preiskontrolle betrauten Amtsstelle die nötigen Weisungen mit Bezug auf die vorzunehmenden Untersuchungen zu geben und soweit sie es als notwendig erachtet, Interessenten einzuvernehmen. Sie stellt zuhanden des Volkswirtschaftsdepartementes ihre A n t r ä g e mit Bezug auf die Preisgestaltung und die eventuell zu ergreifenden Massnahmen. Sie würde also beispielsweise bestimmte Anträge auf Lockerung oder Aufhebung von Einfuhrbeschränkungen, auf Kürzung oder Sperre von Kontingenten, auf Milderung oder Aufhebung der Verpflichtung zum Inlandsbezug, auf Publikation der Preisverhältnisse in einer bestimmten Branche usw. anbringen.

Die Kommission hat auch die Frage geprüft, ob eventuell die skizzierte Aufgabe ganz oder teilweise dem betriebswissenschaftlichen Institut der E. T. H. übertragen werden könnte. Sie glaubt aber, dass es rationeller und richtiger sei, den bisherigen Apparat der Preiskontrolle beim Volkswirtschaftsdepartement zu belassen und das betriebswissenschaftliche Institut der E. T. H. mit gewissen SpezialUntersuchungen zu beauftragen.

563 Es ist klar, dass der Preiskommission alle Amtsstellen, die mit den Einfuhrbeschränkungen oder dem Kompensationsverkehr zu tun haben, zur Auskunft und Hilfeleistung verpflichtet sein sollen.

VI.

Wie steht es mit den notwendigen Kompetenzen der Preiskontrolle?

Es scheint der Kommission als selbstverständlich und notwendig, dass sich die Kontrolle der Preise nicht darin erschöpfen darf, nur den Produzenten und die von ihm selber verlangten Preise zu kontrollieren, um mit Bezug auf ihn Massnahmen zu beantragen oder zu ergreifen. Oft wird unter Umständen ein ungerechtfertigter Preis nicht beim Produzenten, wohl aber beim Verteiler, beim Grossisten oder beim Detaillisten zu konstatieren sein. Die Kontrolle der Preise hat sich also zu erstrecken vom Produzenten bis zum Konsumenten, und der Preiskontrolle müssen Kompetenzen eingeräumt werden, die auch beim Verteiler wirksam, sind.

Die Kommission hat auch die Situation mit Bezug auf b e s t e h e n d e Preis abreden geprüft. Sie liess dabei Preisabreden ausser Betracht, die nicht kontingentierte Waren betreffen. Bei einfuhrgeschützten und kontingentierten Waren erleichtert es der Schutz vor übermässiger Konkurrenz, der vom Staate der Produktion und damit sehr oft dem Handel gegeben wird, Preisabreden zu schhessen und durchzuführen.

Die Grundsätze, welche die Preiskontrolle bei ihren Arbeiten zu berücksichtigen haben wird, sind von der Kommission im einzelnen nicht behandelt worden; sie hangen zum Teil von der Einstellung zur gesamten Wirtschaftspolitik ab, über die in der Kommission eine Einigung nicht zu erzielen gewesen wäre.

VII.

Es ist nach unserer Ansicht für ein richtiges Funktionieren der Preiskontrolle absolut notwendig, dass eine klare gesetzliche Grundlage geschaffen werde. Es könnte dies jedenfalls am besten durch eine Eevision und Ergänzung des dringlichen Bundesbeschlusses über w i r t schaftliche Massnahmen gegenüber dem Ausland, vom 14. Oktober 1933, geschehen. Die Kommission gestattet sich, Ihnen nach dieser Eichtung hin folgende Anregungen zu machen: 1. Es sind in dem Bundesbeschlus s Bestimmungen über die S c h a f f u n g und die Organisation der Preiskontrolle etwa folgender Art aufzunehmen : a. Der Bundesrat unterstellt die einer Einfuhrbewilligung unterworfenen Waren einer Preiskontrolle. Zu dem Zwecke wird beim Eidgenössischen
Volkswirtschaftsdepartement eine Preiskontrolle errichtet.

b. Der Bundesrat erlässt über die Einrichtung und die Organisation der Preiskontrolle die nötigen Vorschriften.

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e. Die Preiskontrolle erstreckt sich auf die Produzenten, den Gross- und den Kleinhandel.

d. Die Preiskontrolle kann zur Durchführung ihrer Aufgabe alle nötigen Erhebungen durchführen. Amtsstellen, in Betracht fallende Verbände und Firmen Bind gehalten, ihr jede zweckdienliche Auskunft zu erteilen und nötigenfalls Einblick in die Bücher und Belege zu gewähren.

e. Wird durch die Untersuchungen festgestellt, dass gewisse Preise unter Berücksichtigung angemessener Produktionsbedingungen übersetzt sind, so hat die Preiskontrolle darauf hinzuwirken, dass die Anpassung auf freiwilligem Wege geschieht.

/. Erreicht die Preiskontrolle die gewünschte Preisveränderung nicht, so ist das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement ermächtigt, die für die Preisanpassung notwendigen Massnahmen zu ergreifen.

2. Der Artikel 6 der Verordnung des Bundesrates über die Beschränkung der Einfuhr, vom 1. Februar 1932, ist in dem Sinne zu revidieren, dass bei Verstössen gegen die Weisungen der Preiskontrolle als Sanktionen u.a. vorgesehen sind: Publikation der Preisverhältnisse, Milderung bzw. Aufhebung der Verpflichtung zum Inlandsbezug, Lockerung bzw.

Aufhebung von Einfuhrbeschränkungen, Kürzung oder Sperre von Einfuhrkontingenten, und zwar auch ohne dass vorher die im heutigen Art. 6 vorausgesetzte Bestrafung wegen vorsätzlicher Widerhandlung gegen die Vorschriften über die Beschränkung der Einfuhr erfolgt ist.

3. Der Artikel 6 des Bundesbeschlusses über wirtschaftliche Massnahmen gegenüber dem Ausland, vom 14. Oktober 1933, ist in dem Sinne zu ergänzen, dass dem Bundesrat eine Bussenkompetenz bis auf einen festzusetzenden Betrag zusteht, ähnlich wie z. B. in den Bestimmungen der «Verordnung über die Erhebung einer Gebühr auf Konsummilch», vom 20. April 1934. Art. 10 ff., oder der «Verordnung über die Verbesserung und Einschränkung der Milchproduktion und über die Beaufsichtigung des Milchhandels und der Milchverwertung», vom 28. April 1933, Art. 14 ff.

VIII.

Die Kommission hat bei der Prüfung der Preise, die ihr zur Verfügung standen, und bei der Durchsicht der Ausnützung der erteilten Kontingente eine Beihe von Beobachtungen gemacht, die sie der künftigen Preiskontrolle zur N a c h p r ü f u n g empfiehlt. Sie hat den Preisstand der einfuhrgeschützten Waren, soweit das Material beigebracht werden konnte,
durchgangen. Wie schon bemerkt, scheint ihr das Material auf den meisten Gebieten nicht so schlüssig, dass sie daraus schon bestimmte Anträge auf Lockerung oder Aufhebung von Einfuhrbeschränkungen oder auf andere Massnahmen hätte stellen dürfen. Sie hat aber festgestellt, dass die Preisgestaltung bei den einfuhrgeschützten Waren sich ausserordentlich verschieden entwickelt hat, auch

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da, "wo ein Grund dafür nicht eingesehen werden kann. Sie hat sich auf Grund des ihr zur Verfügung stehenden Materials eine Eeihe von Waren und Warengruppen vorgemerkt, deren Preisgestaltung eine genaue Prüfung als notwendig erscheinen lässt.

Die Kommission hat des fernem konstatiert, dass es Positionen und ganze Gruppen von Waren gibt, bei denen eine A u s n ü t z u n g der E i n f u h r k o n tingente bei weitem nicht e r f o l g t e . Wenn die Kommission sich auch bewusst ist, dass die Gründe dafür verschiedener Art sein können, so befinden sich doch unter diesen Warenkategorien unzweifelhaft Positionen, bei denen der Schluss naheliegt, dass die Einfuhrbeschränkung aus Gründen des Produktionsschutzes kaum mehr nötig ist. Sehr oft mag der Grund dafür der sein, dass der Zollschutz schon an und für sich genügend ist. Wenn nicht besondere handelspolitische Motive für die Aufrechterhaltung solcher Einfuhrbeschränkungen vorhanden sind, so ist jedenfalls zu prüfen, ob nicht mit Bezug auf solche Positionen eine Lockerung oder eine A u f h e b u n g in Frage kommen kann. Schliesslich hat es keinen Sinn, ohne Not Einfuhrbeschränkungen aufrechtzuerhalten, ein kompliziertes Bewilligungssystem zu betätigen und durch Einfuhrgebühren die Waren zu verteuern, wenn ein wirklicher Grund für die Aufrechterhaltung der Einfuhrbeschränkungen nicht mehr besteht.

IX.

Wir f a s s e n wie folgt kurz z u s a m m e n : 1. Der Kommission ist es in der kurzen, ihr zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich gewesen, bestimmte Antrage über Lockerung oder Aufhebung von Einfuhrbeschränkungen zu stellen.

2. Die Prüfung des vorliegenden Materials hat der Kornmission gezeigt, dass dieses als Grundlage solcher eventueller Anträge nicht genügt.

3. Die Kommission stellt fest, dass die T a t s a c h e der E i n f u h r b e s c h r ä n kungen oder der Unterstellung von Waren unter den Kompensationsverkehr eine Importregelung schafft, die Produktion und Verteilung dazu führen können, die Preise zu hoch zu halten. Die Kommission macht auf die grossen Vorteile aufmerksam, die die geschützten Produktionszweige im Vergleich zu denen gemessen, die die Auslandskonkurrenz ohne Einschränkung aushalten müssen, oder die ihre Produkte auf dem Weltmarkt abzusetzen genötigt sind. Diese Vorzugsstellung erfordert eine entsprechende E ü c k s i c h t nahme auf die übrigen Produktionszweige und die Konsumenten bei der Preisgestaltung der einfuhrgeschützten Waren.

Die gemachten Erfahrungen bringen die Kommission zu dem Antrag, dass eine w i r k s a m e r e Preiskontrolle der einfuhrgeschützten oder einfuhrregulierten Waren und auch der auf diesem Gebiete bestehenden Preisabreden notwendig ist.

566 4. Diese Preiskontrolle Soll derart organisiert sein, dass sie ihre Aufgaben richtig erfüllen kann. Die heute beim Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement bestehende Preiskontrolle bedarf also eines gewissen Ausbaues. Es muss ihr eine kleine Kommission von zirka drei Mitgliedern, die im Wirtschaftsleben praktisch tätig sind, vorgesetzt werden. Sie bestimmt, auf welche Gebiete die Kontrolle sich zu erstrecken hat und welche Anträge bei nicht befriedigender Gestaltung der Preise dem Bundesrat zu stellen sind.

Die Preiskontrolle muss sich auf die Produzenten und den Handel bis zum Konsumenten erstrecken. Alle beteiligten Amtsstellen und die in Betracht fallenden Verbände und Firmen sind gehalten, der Preiskontrolle jede zweckdienliche A u s k u n f t zu erteilen und nötigenfalls Einblick in die Bücher und Belege zu gewähren.

Erreicht die Preiskontrolle eine angemessene Anpassung der Preise nicht auf freiwilligem Wege, so sind vom Volkswirtschaftsdepartement die nötigen Massnahmen zu ergreifen, sei es Publikation der Preisverhältnisse, Milderung bzw. Aufhebung der Verpflichtung zum Inlandsbezug, Lockerung bzw. Aufhebung der Einfuhrbeschränkungen, Kürzung oder Sperre von Einfuhrkontingenten etc.

In gleicher Weise müssen der Preiskontrolle alle auf dem Gebiet einfuhrgeschützter Waren bestehenden Preisabreden bekanntgegeben werden.

5. Der dringliche Bundesbeschluss über wirtschaftliche Massnahmen gegenüber dem Ausland, vom 14. Oktober 1933, und die Verordnung des Bundesrates über die Beschränkung der Einfuhr, vom 1. Februar 1932, müssen in dem Sinne abgeändert und ergänzt werden, dass für die Preiskontrolle und ihre Tätigkeit eine einwandfreie, gesetzliche Grundlage geschaffen wird und dass der Bundesrat die nötigen Kompetenzen mit Bezug auf Masonahmen zur Vermeidung überhöhter Preise erhält.

Kommission zur Überprüfung der Einfuhrbeschränkungen: Die Mitglieder:

gez. Wetter.

gez. C. Jenny.

gez. Aug. Schinner.

gez. A. Borei.

gez. M. Weber.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Überwachung der Preise. (Vom 18. März 1935.)

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