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Bundesversammlung.

Die gesetzgebenden Eäte sind am Montag, den 2. Dezember 1935, um 10% Uhr, zur ersten Tagung der 80. Legislaturperiode zusammengetreten.

Im N a t i o n a l r a t eröffnete Herr Dr.b.c. Heinrich Walther, geboren 1862, von Sursee und Kriens, in Kriens, als Alterspräsident die Tagung mit einer Ansprache (Wortlaut siehe hiernach).

Nach Vereidigung des Eats wurde der bisherige Vizepräsident, Herr Eudolf Eeichling, von und in Stäfa, zum Präsidenten gewählt.

Am 4. Dezember wurde Herr Maurice Troillet, von Bagnes, in Sitten, zum Vizepräsidenten gewählt und zu Stimnienzählern die Herren: Karl Killer, Marcel Krügel, John Mermod, Karl Muheirn. Henri Perret, Eiccardo E ossi, Eudolf Schmutz und Karl von Weber.

Im Ständerat eröffnete der abtretende Präsident, Herr Ernest Béguin, mit einer Ansprache die Tagung (s. Wortlaut in der französischen Ausgabe des Bundesblattes, 1935, Bd. II, 991).

Nach Vereidigung der neuen Mitglieder bestellte der Eat sein Bureau wie folgt: P r ä s i d e n t : Herr Walter A m s t a l d e n , von und in Samen, bisher Vizepräsident.

V i z e p r ä s i d e n t : Herr Edwin Hauser, von und in Glarus.

Stimmenzähler: Herren Hugo Dietschi und Pierre Barman.

Die Präsidenten der beiden Eäte haben am 5. Dezember einen Nachruf auf Herrn Bundesrichter A. Ursprung gehalten (Wortlaut siehe hiernach).

In den S t ä n d e r a t sind neu eingetreten die Herren: Walter A c k e r m a n n . Landammann, von und in Herisau, an Stelle des Herrn Dr. H. Sonderegger: Paul Altvregg. Dr. iur.. Eegierungspräsident, von Frauenfeld und Herrenhof, in Frauenfeld, an Stelle des zurückgetretenen Herrn A. Böhi; Arnaldo Luigi Bolla, Dr. iur., Fürsprecher, von Castro, in Bellinzona, an Stelle des zurückgetretenen Herrn Dr. B. Bertoni; Leo Meyer, Dr. iur., Fürsprecher und Staatsanwalt, von Andermatt, in Altdorf, an Stelle des zurückgetretenen Herrn I. Meyer ; Eduard Pfister, bisher Mitglied des Nationalrats, an Stelle des zurückgetretenen Herrn A. Schmid; Jakob Eudolf Weber, bisher Mitglied des Nationalrats, an Stelle des zurückgetretenen Herrn Dr. C.Moser; Gustav Wenk, Eegierungsrat, von und in Basel, an Stelle des Herrn Dr.

E. Thalmann.

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Ansprache des Herrn Dr. Walthcr, Alterspräsident, im Nationalrat, bei Eröffnung der Tagung1 am 2. Dezember 1935.

Meine sehr vorehrten Herren Kollegen Im Dezember des Jahres 1928 hat das Vertrauen der Herren Kollegen die Leitung des Nationalstes in meine Hand gelegt. Als ich sie ein Jahr später meinem Nachfolger übergab, dachte ich nicht daran, dass mir die Ehre des Vorsitzes noch einmal zuteil werden könnte. Ich verdanke sie heute allerdings nicht Ihrem Vertrauen, sondern sie ist mir automatisch durch die Bestimmungen des Geschäftsreglements zugefallen. Sie werden es verstehen, dass es gemischte Gefühle sind, mit denen ich von diesem privilegiurn odiosum des Alterspräsidiums Gebrauch mache!

Die Neugestaltung des Parlaments hat sich unter schweren Kämpfen vollzogen. Hinsichtlich der personellen Veränderungen war das Ergebnis von aussergewöhnlichem Ausmass. Vor den Wahlen haben 88 Mitglieder ihren Rücktritt erklärt, 25 Mitglieder sind in den Maschen des Proporzes hängen geblieben, so dass heute 63 neue Mitglieder ihren Einzug halten. Der ganze Rat wird wohl mit mir übereinstimmen, wenn ich den ausgeschiedenen Kollegen ein Wort freundlichen Abschiedes widme und dankbar der Dienste gedenke, die sie dem Lande geleistet haben. Einen herzlichen Willkomrngruss entbiete ich den neuen Mitgliedern. Neues Blut und neue Kraft! Hoffnungen und Erwartungen schwellen manche Brust. Motionen, Postulate und Interpellationen liegen wohl schon in mancher Tasche bereit, um dem Tatendrang und dem Erneuerungswillen Luft zu machen. Vielleicht, dass auch der eine oder andere bereits mit einer stillen Resignation seinen Einzug hält. Mein Gruss gilt jedem, der den ernsten Willen hegt, Land und Volk sein Bestes zu geben.

Meine verehrten Herren Kollegen! Während der 26 Jahre, da ich die Ehre habe, dem Nationalrat anzugehören, hat sich dessen Antlitz gewaltig geändert.

Nur ein Kollege, mein lieber Freund Regierungsrat Grünenfelder, weist vier Dienst jähre mehr auf als der Sprechende, da er schon 1905 im Alter von 32 Jahren in den Nationalrat gewählt wurde. Bald nach uns ist dann dem Nationalrat eine wertvolle Arbeitskraft zugeführt worden. Es sind gerade 25 Jahre, dass Herr Dr. George Bovet das Amt eines Sekretärs unseres Rates übernommen hat, aus dem er vor anderthalb Jahren zum Kanzler der Eidgenossenschaft vorrückte, gleichzeitig aber Sekretär des Nationalrates geblieben ist. Hohe Intelligenz, umfassende allgemeine Bildung, grosses
juristisches Wissen und eine aussergewöhnliche Darstellungsgabe in WTort und Schrift sind das geistige Rüstzeug, mit dem Herr Dr. Bovet in vorbildlicher Hingabe und Pflichttreue seinem nicht leichten Amte gerecht geworden ist. Eine nie versagende freundliche Dienstbereitwilligkeit haben seine Mitarbeit für die Mitglieder des Nationalrates doppelt wertvoll und angenehm gestaltet. Ich bin überzeugt, dass

992 alle bisherigen Kollegen -- die neuen Herren werden sich schon nach kürzester Zeit uns anschliessen -- mit mir einig sind, wenn ich Herrn Bundeskanzler Dr. Bovet für alle seine ausgezeichneten dem Parlament geleisteten Dienste den herzlichsten Dank ausspreche und damit den Wunsch verbinde, dass Herr Dr. Bovet noch ungezählte Jahre in seiner heutigen geistigen und körperlichen Kraft unser getreue Mitarbeiter bleiben werde.

Meine verehrten Herren Kollegen! Kaum je einmal hat eine Legislaturperiode unter so schweren Auspizien ihren Anfang genommen wie die gegenwärtige. Wenn auch die Nationalratswahlen vom 27. Oktober parteipolitisch keine starken Verschiebungen gebracht haben, ist doch festzustellen, dass die politische und soziale Zerklüftung im Schweizervolk wohl noch grösser ist, als sie im eigentlichen parteipolitischen Wahlergebnis zum Ausdruck kam. Die Ursachen sind unschwer zu erkennen. Schon bei Beginn der vergangenen Legislaturperiode hatte, wie der damalige Alterspräsident, Herr Nationalrat Dr. von Streng, hervorgehoben hat, die aus dem Weltkriege, dem Misstrauen und dem Eigennutz der Völker geborene Weltkrise ihre Schatten über unser kleines Land geworfen. Der Export war ins Stocken geraten, Einschränkung der Produktion ergab sich als notwendige Folge. Handel, Gewerbe und Landwirtschaft hatten unter dem Eückgang der Kaufkraft sehr fühlbar zu leiden.

Und doch würden wir uns heute mit dem Stand der Wirtschaft in den Jahren 1929 bis 1981 abfinden können. Noch waren Geld und Kredit in ausreichendem Masse vorhanden, um das Schlimmste von der notleidenden Wirtschaft abzuwenden. In den letzten vier Jahren haben sich die Verhältnisse ununterbrochen zum Bösem gewendet. Einschneidende Massnahmen zur Herstellung des finanziellen Gleichgewichts und zum Schutze von Währung und Wirtschaft sind das dringendste Gebot der Stunde geworden. Und doch geht ein Widerstreit der Meinungen durch das Land, der eine baldige und glückliche Abwehr der Gefahr fast als unmöglich erscheinen lässt. Dazu kommt, dass der gegenwärtige Übergang von einer Legislaturperiode in die andere mit einer ausserordentlich kritischen Weltlage zusammenfällt. Die internationale Lage wirkt unwillkürlich auch auf das Schicksal unseres eigenen Landes ein. Wir fühlen und wissen es, dass wir diesmal von der Gestaltung der aussenpolitischen
Dinge mehr als je berührt werden und dass unser Land bereits von den neuesten aussenpolitischen Geschehnissen in Mitleidenschaft gezogen worden ist. Das neue Parlament wird daher innen- und aussenpolitisch schwere Entscheidungen zu treffen haben. Der neue Nationalrat weist eine Struktur auf, die sich kaum mit jener seines Vorgängers deckt. Gleich wie dieser bildet diese Struktur aber ein Spiegelbild der Einstellung des Volkes. Dem Willen des Volkes Ausdruck zu geben, wird auch heute Aufgabe des Parlamentes sein. Seine Entschlüsse sind in schwerem Widerstreit der Meinungen vorzubereiten. Der Mehrheitswille wird die Entscheidung bringen. Für die Mitwirkung der Eegierung bei der Parlamentsarbeit haben Verfassung und Gesetz die Eichtlinien gegeben.

Aufgabe des Bundesrates ist es, die Grundlagen für die Arbeit und Entschlüsse des Parlamentes zu fassen, führend und schöpferisch mitzuwirken. --

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Meine Herren Kollegen! Einleitend sprach ich vom privilegmm odiosum des Alterspräsidenten. Dieses hat aber auch den Vorteil, mir das ephemere Recht zu verleihen, Ihnen, liebe alte und verehrte neue Kollegen, die Wahrheit zu sagen, die so oft Gemeingut jedes einzelnen ist, aber öffentlich nicht ausgesprochen werden «darf» oder «soll».

Wir 187 Nationalräte sind hier mit der verfassungsmässigen Mission, die Landesregierung zu beaufsichtigen und zu kontrollieren. Aber ebenso wichtig als diese kritische Aufgabe ist die andere konstitutionelle Punktion der parlamentarischen positiven Mitarbeit am administrativen und legislativen Werk im Bunde.

Hier tut sich nun eine der Schwächen der politischen Entwicklung der letzten Jahre auf: man kritisiert die Regierung und man stutzt sie zu wenig.

Man macht die Exekutive für alles verantwortlich und flüchtet selbst in die Büsche. Man ist nicht Träger und Säule, sondern überlasst den Bundesrat seinem Schicksal. Es gibt keine Regierungspartei mehr und keine Regierungspresse. Überall eine Negation sondergleichen, so dass es fast aussieht, als ob alle Kräfte zentrifugal tätig seien.

Nirgends ist diese Entwicklung verhängnisvoller als in der direkten Demokratie, die konstruktiv die solidarische und zentripetale Zusammenarbeit aller Organe verlangt. Nie war aber diese Entwicklung widerspruchsvoller als zur Stunde, da von der äussersten Rechten bis zur äussersten Linken eine starke Regierung nachdrücklichst verlangt wird.

Ich stelle hier nur eine tatsächliche Beobachtung fest und erlaube mir die Schlussfolgerung, das schweizerische Bundesparlament möge in der bedeutsamen neuen Legislaturperiode die lebenswichtige Voraussetzung nicht aus dem Auge lassen, dass die von uns allen gewollte demokratische Regierungsform ohne Vertrauen des Volkes und des Parlamentes nicht existieren und nicht arbeiten kann.

In der letzten Session der abgelaufenen Legislaturperiode hat eine interessante Konferenz zwischen einer zahlreichen Delegation der Oxfordbewegung und einer solchen der eidgenössischen Räte hier im Parlamentsgebäude stattgefunden. War es Zufall oder Absicht, dass bei diesem parlamentarischen Anlass von den Oxfordleuten der Unterschied zwischen aboluter und relativer Ehrlichkeit auseinandergesetzt und ersterer mit grösster Wärme das Wort geredet wurde ? Möge diese absolute
Ehrlichkeit die Grundlage und Trägerin aller unserer Verhandlungen sein. Auch beim grossen Streit der Meinungen wird, wenn ehrliche Überzeugung dessen Ausgangspunkt bildet, die Möglichkeit zu gemeinsamer Arbeit sich finden lassen. Salus rei publicae suprema lex.

Das gemeinsame Wohl aller, das Wohl von Land und Volk muss das grosse Ziel bleiben, dem unsere Arbeit und unser Streben gilt. Möge Gott der Allmächtige, in dessen Namen wir im Sinne unserer Verfassung die Arbeit aufnehmen, uns seinen Schutz und Segen nicht versagen.

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Bevor wir in unsere Tagesordnung eintreten, habe ich noch einer Pflicht der Pietät zu genügen. Drei Mitglieder des Nationalrates sind seit unserer letzten Session aus dem Leben geschieden. Es sind die Herren Jules Mayor, Edouard Steinmetz und Emil Hardmeier. drei Kollegen, mit denen viele von uns, speziell auch Ihr heutiger Vorsitzender, jahrelang freundliche Beziehungen unterhalten haben. So verschieden geartet die uns entrissenen Kollegen auch waren, in einer Eichtung waren sie ungernein ähnlich: in ihrer Güte, ihrer Offenheit und ihrern gesunden Sinn. Alle drei hatten auch eine Ader jenes Humors, der das Leben leichter und in jeder Lage erträglicher gestaltet. Die Herren Steinmetz und Hardmeier hatten, veranlasst durch gesundheitliche Störungen, auf eine Wiederwahl verzichtet, während Herr Mayor zur Wiederwahl sich gestellt hatte und auch einer glänzenden Bestätigung sicher gewesen wäre.

Jules Mayor.

war in seinem Heimatkanton eine bekannte und überaus beliebte Persönlichkeit. Er wurde geboren im Jahre 1884 in derwaadtländischen Gemeinde Villarzel als der Sohn eines Landwirtes. Seine Eltern, deren Güte in der ganzen Umgebung fast sprichwörtlich bekannt geworden war, bestimmten ihn ebenfalls für die Landwirtschaft, für die er grosse Neigung und Veranlagung zeigte.

Seine Ausbildung suchte und fand er in den Schulen seiner Heimat sowie in Schulen der deutschen Schweiz. Nach Übernahme eines Gutes in seiner Heimat wurde er schon mit 20 Jahren in den Gemeinderat von Villarzel gewählt, dessen Präsidium er im Jahre 1918 übernahm. Mit grosser Gewandtheit und mit Sachverständnis führte er die ihm übertragenen Gemeindestellen, wobei er namentlich auch dem Schulwesen seine Aufmerksamkeit widmete, wozu sich in der ihm übertragenen Stelle eines Präsidenten der Schulkommission Gelegenheit bot. Im Jahre 1921 wurde er in den Grossen Eat gewählt, wo er sich durch seine Gründlichkeit und Sachkenntnis grosses Ansehen und durch seine freundliche Art, verbunden mit Mutterwitz, viele Freunde erwarb. Zufolge seiner Wahl zum Präsidenten des waadtländisch-freiburgischen Milchverbandes, zum Mitglied des Milchproduzentenverbandes und zum Mitglied des Ausschusses der Käsereigenossenschaft Zollikofen AG. hatte er Gelegenheit, der Landwirtschaft seines Heimatkantons weitgehende Dienste zu leisten.

Im Jahre 1928 trat Jules
Mayor in den Nationalrat ein. Auch hier wurde sehr rasch seine Arbeit als wertvoll anerkannt. Er war ein eifriger Verfechter aller landwirtschaftlichen Interessen, wobei er nicht zu jenen gehörte, die übertriebene Forderungen stellen. Stets stellte er sich auf den Standpunkt, dass es keine einseitigen wirtschaftlichen Interessenvertretungen geben dürfe, sondern der Ausgleich aller Interessen anzustreben sei. In zahlreichen Kommissionen konnte er seine landwirtschaftlichen Kenntnisse und Erfahrungen verwerten. In ausgezeichneter Weise hat er speziell als Berichterstatter für die verschiedenen Vorlagen betreffend Hilfsmassnahmen für die Milchproduzenten seine nicht leichte Aufgabe erfüllt. Ebenso trefflich verstand er es, in den Köm-

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missionen betreffend rechtliche Schutzruassnahmen für die Landwirtschaft und betreffend Entschuldung der Landwirtschaft seine Meinung zur Geltung zu bringen.

Vor einiger Zeit hatte Jules Mayor den schmerzlichen Verlust eines Töchterchens zu beklagen. Das versetzte seiner bereits angegriffenen Gesundheit einen schweren Stoss. Eine Lungenentzündung führte dann unerwartet schnell zur Katastrophe. Das Parlament, sein Heiinatkanton und seine Familie haben einen treuen Patrioten, senkrechten Mann und gütigen Menschen verloren. Es ist so, wie uns seine Freunde ihn charakterisierten: Mit Jules Mayor ist uns ein richtiger Mann, ein edler, pilichtgetreuer Schweizer genommen worden.

Edouard Steinmetz.

Edouard Steinmetz war ein geborener Genfer. In seiner Heimatstadt erwarb er sich die kaufmännischen Kenntnisse, welche die Grundlage für seine spätere Wirksamkeit und Betätigung bildeten. Längerer Auslandsaufenthalt vervollständigte seine kommerzielle Bildung, so dass er in manchen Fragen als eigentliche kaufmännische Autorität gelten konnte. So kam es denn auch, dass er nicht nur bei wichtigen kaufmännischen Unternehmungen in Genf eine führende Bolle spielte, sondern seine Dienste auch für die Öffentlichkeit gesxicht wurden. Er war längere Zeit Mitglied und Vizepräsident der Genfer Handelskammer und trat auch als spezieller kaufmännischer Vertreter in den Genfer Grossen Rat ein. Dem Nationalrat hat er zweimal angehört. 1918--1919 und dann seit 1929 bis heute, und zwar als Vertreter der liberaldemokratischen Gruppe. Auch im Nationalrat interessierten ihn vor allem aus die Fragen, welche mit Handel und Industrie im Zusammenhang stehen, dann aber auch alle Geschäfte, welche für die allgemeine Wirtschaftslage von Bedeutung sind. An den Verhandlungen wichtiger Kommissionen, die dieses Gebiet betrafen, namentlich auch beim Zolltarifkampf, nahm er regsten Anteil. Sein Wort und sein Urteil wurden hochgeschätzt, und die kluge feine Art, wie er seine Meinung zur Geltung brachte, sicherten ihm oft den Erfolg. Im Nationalrat sprach er nicht sehr häufig, stets aber mit gründlicher Vorbereitung und weitgehender Sachkenntnis. Er sprach sehr klar und allgemein verständlich und wusste namentlich auch durch einen gewissen fernen Humor stets zu fesseln. Wie sehr man seine Kenntnisse und Erfahrungen an den zuständigen Stellen
schätzte, geht daraus hervor, dass er vom Bundesrat für die Jahre 1915--1919 mit den Kollegen Grobet-Roussy und Henri Bersier in den leitenden Ausschuss der Société suisse de surveillance économique (S. S. S.) gewählt wurde. Es war eine schwere, ungemein verantwortliche Aufgabe, die ihm vom Bxindesrat übertragen wurde, der er aber auch mit grösster Gewissenhaftigkeit in tadelloser Weise gerecht geworden ist. Es führte dies auch dazu, dass ihm vom Bundesrat wichtige Auslandsmissionen übertragen wurden.

Mit Edouard Steinmetz ist ein liebenswürdiger, vom ganzen Rat überaus geschätzter Kollege von uns geschieden. Die Zahl seiner Freunde hier in Bern

996 war auch deshalb gross, weil er zu jenen Menschen gehörte, die beim Mitmenschen immer nur das Gute voraussetzen und mit nie versagender Güte sich der Allgemeinheit zur Verfügung stellen.

Emil Hardmeier.

Mit Emil Hardmeier ist ein Kollege von besonderem Ausmass von uns gegangen. Wer mit ihm in Berührung kam, stand sofort unter dem Eindruck einer starken Persönlichkeit. Dieser Eindruck verstärkte sich, wenn man ihn beobachten konnte, mit welcher Kraft der Überzeugung, die an Leidenschaft grenzte, er für alles eintrat, wa's er als gut erkannt hatte. Und als gut galt für ihn vor allem das, was nach seiner Meinung dem ganzen Volke, im besondern aber jenen, die mit des Lebens Not zu kämpfen haben, von Nutzen sein konnte.

Er war eine durch und durch demokratisch veranlagte Natur, Demokrat vom Scheitel bis zur Sohle, nicht bloss der Gesinnung nach, sondern auch in seinem äusserlichen Gehaben. Es mag das schon mit dem Milieu in Beziehung gestanden haben, dem er entstammte und das er zeitlebens nie verleugnet hat. Er war als Sohn eines kleinen Landwirts und Sägenfeilers im Jahre 1870 in Wallikon bei Pfäffikon geboren und dort unter der Obhut braver Eltern aufgewachsen.

Nach einer tüchtigen Schulung und nach Erlangung des Primarlehrerpatentes kam Emil Hardmeier im Jahre 1890 an die Sekundärschule in Uster, dann an die Primarschule Einbrach und nachher, zum Teil aus gesundheitlichen Gründen, an die Deutschschwei/erschule nach Locamo. Nach zweijährigem Studium in Lausanne und Zürich bestand er das Zürcher Sekundarschulexamen und wurde endgültig an die Sekundärschule in Uster gewählt, wo er 85 Jahre lang der Jugend sein bestes Wissen und Können vermittelte. Daneben hat er, wie es seiner durchaus religiösen Einstellung entsprach, eine Eeihe kirchlicher Ämter betreut. So war er fast zwei Jahrzehnte lang Präsident der Kirchen- und Armengemeinde Uster, mehrere Jahre Mitglied der Kirchensynode und etwa 8 Jahre lang Mitglied des Kirchenrates. Mit seiner erzieherischen Wirksamkeit verband er das lebhafteste Interesse für alle Schulfragen überhaupt und auch für die Interessen des Lehrerstandes. So kam es, dass er der eigentliche Vertrauensmann der zürcherischen Lehrerschaft wurde, die ihm die Treue bis zum Grabe gewahrt hat und ihn auch in den Erziehungsrat abordnete. Diese Interessen zu vertreten gab ihm
besonders die Mitgliedschaft im zürcherischen Kantonsrat Gelegenheit, dem er von 1908 bis 1926 angehörte.

Im Jahre 1918 wurde Emil Hardmeier als Vertreter der demokratischen Partei seines Heimatkantons in den Nationalrat abgeordnet. Es war eine Zeit gewitterschwüler Spannung, als er in unsern Eatssaal eintrat. Wie durch seine Wirksamkeit im Heimatkanton wusste er durch sein offenes, gerades und zielbewusstes Auftreten nach kurzer Zeit sich Ansehen zu verschaffen. Wie es seinem Wesen und seiner beruflichen Funktion entsprach, galt seine Aufmerksamkeit allen Fragen, die die Kultur unseres Volkes und die Jugenderziehung betreffen. Dann aber auch war er mit ganzem Herzen dabei, wenn es galt,

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den sozialen Bedürfnissen des Volkes gerecht zu werden. So trat er bei jeder Gelegenheit für die Förderung des Volksschulwesens ein. Er war einer der parlamentarischen Vorkämpfer namentlich auch bei der Festlegung der Primarschulsubventionen, die er als die unbedingte Voraussetzung der Schulförderung betrachtete. Der Kampf für die Ausgestaltung dieser Subvention, namentlich auch zugunsten der Lehrer und deren Angehörigen in finanziell bedrängten Gegenden, war für ihn Herzenssache. Auch das entsprach seinem ganzen Wesen, tlass er mit einer gewissen Leidenschaft für den staatsbürgerlichen Unterricht im Sinne der Motion Wettstein und für die Wiedereinführung der pädagogischen Eekrutenprüfungen eintrat. Es war für ihn ein eigentlich schmerzliches Empfinden, als viele seiner Kollegen, mit denen er in freundschaftlicher Beziehung stand -- der Sprechende hat auch dazu gehört -- sich in diesen beiden Fragen von ihm trennten. Gerade aber bei den diese Probleme betreffenden Debatten hat er gezeigt, dass er kein doktrinärer Parteimann und kein Freund von Schlagworten war. Der Ausbau unserer Sozialgesetzgebung war für ihn ein Teil seines humanitären Ideals, weshalb er sich mit aller Kraft für die Ausgestaltung der Alters- und Hinterbliebenenversicherung einsetzte und namentlich sich in vorderste Eeihe stellte, als es galt, den Kampf gegen die Tuberkulose auf dem Boden der Bundesgesetzgebung mit Bundesgeld zu führen.

Uns allen, die das Wirken Emil Hardmeiers aus der Nähe verfolgen konnten, wird die Erinnerung an diesen senkrechten Patrioten, aufrichtigen und überzeugten Freund des Volkes, den liebenswürdigen Kollegen mit dem gütigen Herzen unvergänglich bleiben.

Meine Herren, ich bitte Sie,1 sich zu Ehren der verstorbenen Kollegen Mayor, Steinmetz und Hardmeier von Ihren Sitzen erheben zu wollen.

Rede des Nationalratspräsidenten, Herrn Reichling, znm Hinscheid des Herrn Bundesrichter Dr. Albert Ursprung.

Mitte November dieses Jahres ist auf der Bundeskanzlei die Eücktrittserklärung von Bundesrichter Dr. Albert Usprung eingegangen. Diese Erklärung war begründet mit vorgerücktem Alter und mit durch Krankheit geschwächter Arbeitskraft. Bereits hatten sich die Eatspräsidenten gerüstet, einem in langem und erfolgreichen öffentlichem Dienste ergrauten Manne den Dank der Bäte und des Landes abzustatten und ihm einen ruhigen Lebensabend zu wünschen. Aus dem Abschied von einer Arbeit in höchster Stellung unseres Landes und Übertritt in den wohlverdienten Euhestand ist ein Abschied für immer geworden.

Vergangenen Dienstag früh, kurz nach Eintreffen im gewohnten lieben Arbeitszimmer im Bundesgerichtsgebäude, hat der Tod dem unermüdlichen Arbeiter Dr. Albert Ursprung ein Ziel gesetzt. Ein Schlaganfall, als Folge des durch eine tückische Krankheit geschwächten Körpers, hat Albert Ursprung im wahrsten Sinne des Wortes in den Sielen sterben lassen. Ein harmonischer Abschluss eines arbeitsreichen Lebens, ein schöner Tod für einen mit eiserner Energie und höchstem Arbeitswillen ausgestatteten Menschen.

Bundesblatt. 87. Jahrg. Bd. II.

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998 Albert Ursprung wurde im Jahre 1862 in der kleinen aargauisclien Gemeinde Ueken im Fricktal geboren. Von dort aus besuchte er das Gymnasium in Aarau. Mit der Matura ausgestattet, wandte er sich, einer inneren Neigung und Berufung folgend, dem Studium der Eechte zu. Sein juristisches Eüstzeug holte er sich an den Universitäten Basel und München. Schon mit 22 Jahren, ausserordentlich jung nach unseren Begriffen, bestand Albert Ursprung das aargauische Fürsprecherexarnen. Die erste praktische Tätigkeit führte Albert Ursprung ins Richteramt, das er durch alle Stufen durchlief und dem er mehr als 50 Jahre Treue hielt und seine besten Kräfte widmete.

1883 begann Albert Ursprung als Gerichtsschreiber in Zurzach; schon drei Jahre später, im Jahre 1886, wählt das Volk den als für das Eichteramt hochbegabt erkannten jungen Juristen zum Präsidenten des Bezirksgerichtes Zurzach. Nur 4 Jahre blieb er in dieser Stellung; die hohe Eignung für den Richterberuf führte ihn im Jahre 1892, erst 30 Jahre alt. durch das Vertrauen des Grossen Rates, dessen Mitglied er geworden war, ins kantonale aargauische Obergericht. Hier nahm er bald eine angesehene Stellung ein; durch die Herausgabe des Bandes II der Schneiderschen Sammlung obergerichtlicher Entscheidungen hat sich Albert Ursprung um die aargauische Rechtspflege ein bleibendes Verdienst erworben.

Der Übertritt von Albert Ursprung ins Bundesgericht fällt in das Jahr 1902. Es bedeutete diese Wahl eine wohlverdiente Krönung der glänzenden Richtertätigkeit, über die sich Albert Ursprung schon damals in nahezu 20jähriger, erfolgreicher Rechtsprechung ausgewiesen hatte.

Während 33 Jahren hat Dr. A. Ursprung unserem Lande im höchsten Richteramte seine hervorragenden Dienste geleistet. Eine seltene natürliche Begabung für das verantwortungsvolle Amt des Richters, gepaart mit aussergewöhnlicher Energie und grösster Arbeitskraft, begründeten den Respekt und die Wertschätzimg, deren sich der Verstorbene in den Fachkreisen und insbesondere bei seinen Kollegen erfreute.

Im Bundesgericht ist Ursprung vor allem in den Zivilabteilungen tätig gewesen. Als wegen der Einführung des Schweizerischen ZGB die Zweiteilung dieser Kammer vorgenommen werden musste, wurde Ursprung der ersten Zivilabteilung, deren Hauptaufgabe die Anwendung des Obligationenrechtes ist, zugeteilt. In
den Jahren 1918 und 1919 bekleidete er als Bundesgerichtspräsident die höchste richterliche Würde, die unser Land zu vergeben hat.

1927 könnt er sein 25jähriges Amtsjubiläum feiern. Die aargauische Gemeinde Zurzach schenkte ihm bei diesem Anlass das Ehrenbürgerrecht ; ein sprechendes Zeichen dafür, wie sehr Bundesrichter Ursprung auch in höchster Stellung mit dem Volke seiner engsten Heimat durch Bande der Liebe und Verehrung verbunden blieb. Diese Volksverbundenheit hat ihn auch in seiner richterlichen Tätigkeit die Fühlung mit praktischem Leben nie verlieren lassen. Er war jedem überspitzten Formalismus, jedem Schematismus und jeder übertriebenen Anlehnung an Präzedenzfälle abhold. Neben absoluter Wahrung der juristischen Form kam in der Rechtsprechung Ursprungs auch das Mensch-

999 liehe und Wirtschaftliche zu gebührender Geltung. Seine Redewendung «Nehmen wir den Fall, wie er ist» soll am Bundesgericht beinahe sprichwörtlich geworden sein.

Dass ein Eichter solcher Art und Begabung in allen Kreisen zu höchster Anerkennung und Verehrung gelangte, kann nicht Wunder nehmen. Die Universität Basel verlieh Dr. Albert Ursprung bei Anlass seiner 25jährigen Zugehörigkeit zum Bundesgericht in Anerkennung seiner Verdienste um die Förderung des heimischen Eeehts den Ehrendoktor der Eechtswissenschaft.

Wenn auch die Eichtertätigkeit das Lebenselement Ursprungs war, dem er sich mit voller Hingabe widmete, so erlaubten doch Energie und Arbeitskraft dem Verstorbenen auch eine erfolgreiche Tätigkeit in der Politik und auf militärischem Gebiete. Dr. Ursprung gehörte von 1886--1892 dem Grossen Eat des Kantons Aargau und von 1890 bis 1902 dem Nationalrate als angesehenes und einflussreiches Mitglied an. In letzterem Eate war Ursprung Mitglied des Zentrums. Im Militär avancierte Ursprung bis zürn Oberstleutnant, er kommandierte das mehrheitlich fricktalische Bataillon 58 und als Oberstleutnant das Aargauer Eegiment 24. Auch in diesen Stellungen hat sich die kraftvolle und energische Art des Verstorbenen in einem Masse durchgesetzt, die vollen Erfolg verbürgte.

Wenn v» ir das Lebensbild des Verstorbenen zusammenfassen, so ersteht vor uns eine Persönlichkeit, die in seltenem Masse Begabung, Energie und Arbeitskraft in sich vereinigte, eine Persönlichkeit, die unserem Land und Volk ein ungewöhnliches Mass wertvollster Dienste geleistet hat. Als Eichter, als Politiker und Militär eine Führerpersönlichkeit in bestem Sinne des Wortes.

Der Nationalrat spricht den Angehörigen ^von Bundesrichter Dr. Albert Ursprung sein aufrichtiges Beileid aus. Er wird sein ehemaliges Mitglied, den hervorragenden Eichter und Eidgenossen, in bestem Andenken bewahren.

Meine Herren, ich bitte Sie, sich zu Ehren des Verstorbenen von Ihren Sitzen zu erheben.

Rede des Stäiideratspräsideuteii, Herrn Anisüildeu, zum Hiiischcid YOII Herrn Bundesrichter Dr. Albert Ursprung.

Dienstag, den 3. Dezember, traf aus Lausanne an die eidgenössischen Eäte der Drahtbericht ein, Bundesrichter Dr. A l b e r t U r s p r u n g sei plötzlich, bei seiner Ankunft im Bundesgerichtsgebäude, zufolge eines Schlaganfalles gestorben. Geboren am 16. August 1862, hat der Verstorbene ein Alter von 73 Jahren erreicht. Ein Leben voller Arbeit im Dienste des Landes und der Eechtspflege vor allem hat damit seinen Abschluss gefunden.

Die Wiege Ursprungs stand im kleinen fricktalischen Dorfe Ueken an der Strasse von Frick nach Aarau. In der Kantonshauptstadt besuchte er das Gymnasium und erwarb sich nachher die juristischen Kenntnisse an den Universitäten Basel und München. Schon mit 22 Jahren bestand er das aargauische Fürsprecherexamen. Seine praktische Tätigkeit begann er im Jahre 1883 als

1000 Gerichtsschreiber in Zurzach, und schon 1886 wählte ihn das Volk zum Präsidenten des Bezirksgerichtes. 1892 berief ihn der Grosse Bat, dem er selbst auch angehörte, als Mitglied in das kantonale Obergericht. Hier nahm er bald eine führende und angesehene Stellung ein, und durch die Herausgabe des II. Bandes der Schneiderschen Sammlung obergerichtlicher Entscheidungen hat er sich um die aargauische Eechtspflege ein bleibendes Verdienst erworben.

Am 16. Juni 1902 wählten die eidgenössischen Bäte den damaligen Nationalrat Albert Ursprung, als Nachfolger des verstorbenen Zürchers Heinrich Hafner, zum Mitgliede des schweizerischen Bundesgerichtes, dem er bis zu seinem plötzlichen Tode, also volle 38 Jahre, angehörte. Im Amtsjahre 1917/18 hat er den obersten Gerichtshof präsidiert.

Seine richterliche Tätigkeit war in überwiegendem Masse der Bechtssprechung auf dem Gebiete des Zivilrechtes gewidmet und es war Ursprung bis zu seinem Tode Mitglied der I. zivilrechtlichen Abteilung. Seit 1921 präsidierte er dabei noch die Anklagekammer und die eidgenössische Zollrekurskommission. Im Jahre 1927 konnte Bundesrichter Ursprung das 25jährige Amtsjubiläum als Bundesrichter feiern, wobei ihm seine Kollegen eine Dankesurkunde überreichten als warme und tiefempfundene Anerkennung und Hochschätzung der im Dienste der Bechtsprechung geleisteten tüchtigen und gewissenhaften Arbeit. Schon im Jahre 1910 hatte ihm die Universität Basel, in Anerkennung seiner grossen Verdienste um die Förderung des heimischen Bechtes, den Titel eines Doktors der Beehte honoris causa verliehen.

Auch seiner politischen Tätigkeit soll an der Bahre dieses verdienten Mannes in Dankbarkeit gedacht werden. Vor seiner Übersiedelung nach Lausanne gehörte Dr. Ursprung von 1886 bis 1892 dem Grossen Bäte des Kantons Aargau an und von 1890 bis 1902 dem Nationalrate. Vermöge seiner grundsatzfesten Gesinnung und seiner zielsichern Art hatte er sich im Bäte rasch hohes Ansehen verschaffen können.

Im Militär bekleidete der Verstorbene den Bang eines Oberstleutnants der Infanterie und kommandierte zuletzt ein aargauisches Infanterieregiment.

Bundesrichter Ursprung war auch ein grosser Freund und wohlwollender Berater der Presse. Als vor ca. 30 Jahren die grössern Blätter sich um die Bechtsprechung des Bundesgerichtes zu interessieren begannen,
da war es Bundesrichter Ursprung, der die jungen Pressevertreter gewissermassen in Pflicht nahm, ihnen die Wichtigkeit ihrer Aufgabe wie auch ihre Verantwortung vor Augen führte. Jederzeit war er mit Bat und Tat bereit, wenn ein Mann der Presse bei ihm vorsprach. So hat er sich denn auch um die Popularisierung der Bechtsprechung des Bundesgerichtes ein bleibendes Verdienst erworben.

Mitte November abbin hat Dr. Ursprung dem hohen Bundesrate seinen Bücktritt aus dem obersten Gerichtshofe auf das kommende Neujahr angezeigt.

Die abnehmenden physischen Kräfte haben ihn bewogen, nach fast 50 Jahren richterlicher Tätigkeit seine ihm so liebgewordene Lebensarbeit niederzulegen.

Bis auf den letzten Augenblick blieb er aber auf seinem Posten, und er ist als

1001 Mann pünktlicher, gewissenhafter Arbeit im wahren Sinne des Wortes in den Sielen gestorben.

Die ganze Lebenstätigkeit des Verstorbenen war der Kechtsprechung gewidmet. Mit Leib und Seele hing er am Berufe des Bichters, und er hat dieses nobile Officium bis zum letzten Augenblicke seines Lebens in hervorragender Art erfüllt. Ursprung war ein gottbegnadigter Eichter, ein hochgebildeter und feinkultivierter Jurist. Ihm lag stets daran, in jedem einzelnen Falle, der sein Urteil verlangte, die richtige praktische und gerechte Lösung zu finden, um damit die Forderungen einer höhern Gerechtigkeit zu verwirklichen, einer Gerechtigkeit die sich nicht in der Unterordnung unter Formeln und Texten erschöpft. Das materielle Eecht zu finden, war dem gewissenhaften Eichter erste und heilige Pflicht. Ein ausgeprägtes Eechtsgefühl und die genaue Kenntnis der Volksseele erleichterten ihm diese schwere Aufgabe. Der Name Ursprung wird mit dem Bundesgerichte auf alle Zeiten in ehrenhaftester Weise verbunden sein.

Seine vornehmen Charaktereigenschaften, sein loyales und tolerantes Wesen Hessen ihn den Kontakt mit dem Volke und seiner Heimat nie verlieren. Eine kraftvolle Lebensauffassung, verbunden mit einer bis zur Selbstaufopferung reichenden Energie, ausgerüstet mit einem reichen Schatze an Wissen und Können gaben dem Menschen Ursprung ein eigenes Gepräge. Ein mit vornehmem Charakter, mit grundgütigem Herzen, aber zäher Willenskraft versehener Mann ist von uns gegangen.

Land und Volk der Eidgenossenschaft werden dem Verstorbenen ein dankbares Andenken bewahren.

Ich bitte die Herren Kollegen, zur Ehrung des Abgeschiedenen sich von den Sitzen zu erheben.

Die vereinigte Bundesversammlung hat am 11. Dezember 1935 den B u n d e s rat für die 30. Amtsdauer (1. Januar 1936 bis 31. Dezember 1939) bestellt aus den Herren: Giuseppe M o t t a , von Airolo; Marcel P i l e t - G o l a z , von Chàteau-d'Oex: Rudolf M i n g e r , von Mülchi und Schupfen; Albert M e y e r : von Fällanden und Zürich: Johannes B a u m a n n , von Herisau: Philipp E t t e r , von Menzingen; Hermann O b r e c h t , von Grenchen.

Zum B u n d e s p r ä s i d e n t e n für daa Jahr 1936 ist Herr M e y e r und zum V i z e p r ä s i d e n t e n des Bundesrates Herr M o t t a gewählt worden.

Als B u n d e s k a n z l e r für die ueue Amtsdauer ist Herr George B o v e t , von Fleurier, bestätigt worden.

1002 Als Mitglieder des E i d g e n ö s s i s c h e n V e r s i c h e r u n g s g e r i c h t s für die Amtsdauer 1936/1941 sind gewählt worden die Herren : Paul P i c c a r d , von Lutry und Villars Ste-Croix (Waadt); Ludwig S e g e s s e r , von Luzern; Werner L a u b er. von Marbach (Luzern); Fernando P e d r i n i , von Osco (Tessin); Hermann K i s t l e r , von Aarberg (Bern).

Zum P r ä s i d e n t e n des Eidgenössischen Versicherungsgerichts für 1936/1937 ist Herr Ludwig S e g e s s e r und zum V i z e p r ä s i d e n t e n Herr Fernando P e d r i n i gewählt worden.

Als E r s a t z m ä n n e r des Eidgenössischen Versicherungsgerichts für die Amtsdauer 1936/1941 sind gewählt worden die Herren: Karl K o c h , in Wohlen (Aargau): Otto L a n g , in Zürich; Friedrich B u r i , in Fraubrunnen : Louis P r o d ' h o m, in Lausanne ; Paul A l l e m a n n , in Solothurn.

Die Wintersession ist am Mittwoch, den 11. Dezember 1935, geschlossen worden. Die Übersicht der Verhandlungen wird nächstens dem Bundesblatt beigelegt.

Eine ausserordentliche Session wird am 6. Januar 1936 beginnen.

Bekanntmachungen von Departementen und andern Verwaltungsstellen des Bandes.

# S T #

Kreditkassen mit Wartezeit,

I.

Die eidgenössische Aufsichtskommission für Kreditkassen mit Wartezeit hat der K r e g e l d a - G e n o s s e n s c h a f t in Zürich, Kreditkasse mit Wartezeit ohne grundpfändliche Sicherheiten, die erteilte vorläufige Bewilligung zur Weiterführung ihres Betriebes entzogen. Die Kasse wird unter Kontrolle des eidgenössischen Aufsichtsamtes liquidiert.

II.

Die Hyba, Hypotheken-, Bau- und Ablösungs-AG. in Bern wird unter Kontrolle des Aufsichtsamtes liquidiert.

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Bundesversammlung.

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Bundesblatt

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Foglio federale

Jahr

1935

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

51

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

18.12.1935

Date Data Seite

990-1002

Page Pagina Ref. No

10 032 833

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