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Schweizerisches Bundesblatt

37. Jahrgang. III.

Nr. 24.

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28. Mai 1885.

Bericht der

ständeräthlichen Kommission über die Geschäftsführung des Bundesraths und des Bundesgerichts im Jahre 1884.

(Vom 15. Mai 1885.)

Tit.

Es ist Ihrer Kommission der bundesräthliche Geschäftsbericht wie derjenige des Bundesgerichtes zu rechter Zeit vorgelegt und ist ihr jede gewünschte Auskunft in gehöriger Weise ertheilt worden.

Sie beehrt sich hiermit, Ihnen in Folgendem das Resultat ihrer Prüfung jener Vorlagen zu geben.

A. Geschäftsführung des Bundesraths.

I. Geschäftskreis des politischen Departements.

Die Aufgabe des Bundesraths, die Ehre des Vaterlandes nach Außen hin zu erhalten und zu fördern, ist auch im verflossenen Jahre von der h. Behörde in anerkennenswerther Weise gelöst worden. Es geschah dies in zwiefacher Weise: e r s t l i c h durch entschiedenes Einstehen für die Integrität des vaterländischen Bodens, Bundesblatt. 37. Jahrg. Bd. III.

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130 sowie durch unabläßiges Betreiben schweizerischer Rechtsansprüche an fremden Mächten ; s o d a n n in der Fürsorge für die Schweizer im Auslande.

In erster Beziehung heben wir folgende Punkte hervor, die uns Anlaß geben zu einigen Bemerkungen : 1. Die vorgekommenen Grenzverletzungen in den Kantonen Thurgau und Tessin. Während der erstere Fall leicht und in befriedigender Weise seinen Abschluß gefunden hat, verbindet sich im heißblütigen Süden jedes derartige Vorkommniß gar bald mit einer Gereiztheit, die nur die Verhandlung erschweren kann. Der Bundesrath hat im Falle Felloni den Faden schweizerischen Rechts durch alle Subtilitäten desselben hindurch unentwegt festgehalten.

2. Dem schon alten Streit über einige Grenzstrecken zwischen dem Kanton Wallis und Hochsavoyen ist trotz hoher Experten und gründlicher Berichterstattungen und vielfacher Verhandlungen noch immer kein Ende abzusehen, und bereits greifen die betheiligten Gemeinden zu den Mitteln der Selbsthülfe. Es kömmt Ihrer Kommission vor, daß der Bundesrath hier mit größerem Nachdruck als bisher auf einen endgültigen Abschluß dringen sollte. Das von ihm der französischen Regierung vorgeschlagene Mittel der Aufstellung von Kommissären, welche kontradiktorisch, mit den Rechtstiteln in Händen, an Ort und Stelle die streitige Grenze fesfzustellen hätten, erscheint uns als das zweckentsprechende.

3. Auch von dem ebenfalls schon alten Streit über die schweizerischen Freiplätze im Borromäum zu Mailand müssen wir leider sagen, daß im Grunde die Lage noch dieselbe ist wie vor Jahren.

Wenn frühere Kommissionen schon wiederholt auf ein ernstliches Vorgehen für endliche Erledigung schweizerischer Ansprüche drangen, so kann Ihre Kommission nichts Weiteres thun, als den alten Wunsch erneuern. Bin Auftrag an den Bundesrath oder nur eine Mahnung scheint uns nicht angezeigt, da diese Behörde im Einverständnis mit den betreffenden Kantonen die Sache ernstlich betreibt, während auf der italienischen Seite ein gleicher Ernst nicht erkennbar ist.

Es tritt vielmehr auch in diesen Verhandlungen, wie in so vielen andern, an unserer südlichen Grenze eine auffallende Schwerfälligkeit und ein Auftreten von Zwischenfragen auf, welche die Meinung unterstützen , es sei den italienischen Behörden nicht immer um eine rasche und offene Erledigung der Streitfragen
zu thun. Wieder schlägt der Bundesrath die Aufstellung eines Schiedsgerichts vory mit welchem Erfolge, kann gar nicht vorausgesagt werden.

4. Die lange schwebende Frage der Rekonstruktion des Bisthums Basel ist mit der noch altern der Regelung der kirchlichen

131 Verhältnisse im Kanton Tessin verbunden worden, und so haben diese beiden Anstände rasch ihren allerdings noch provisorischen Abschluß gefunden. Was nicht hätte vorausgesehen werden können, ist eingetroffen, wenn der Bundesrath im Schlußworte sagen kann, daß das Ziel erreicht ist ,,zur Befriedigung aller Parteien", und wir wollen gerne hoffen, daß die Durchführung des Abkommens auch in den folgenden Stadien nicht mehr auf Hindernisse stoßen werde.

5. Als beim Auftreten der Cholera die Regierung des Königreichs Italien zu der befremdenden Maßregel der Aufstellung von sanitarischen Grenzkordons und Quarantänen schritt in dem Maße, daß der Verkehr, namentlich für die Grenzbevölkerung, so viel als absolut abgeschnitten erschien, war das erste Auftreten des Bundesrathes zum Schütze des Verkehrs Anfangs ohne jedweden Erfolg; erst später wurde für die Grenzbewohner eine Erleichterung gewährt.

Wenn die öffentliche Meinung diesseits der Grenze auch noch so bestimmt sich gegen die Zweckmäßigkeit der Absperrung aussprach und die getroffenen Maßregeln noch so bitter verurtheilte, so ist nun einmal nicht zu übersehen, daß im betroffenen Königreich Italien die öffentliche Meinung eben so sehr diese von den Sanitätsbehörden geforderten Maßnahmen billigte. Wenn in der Zeit allgemeiner Aufregung im Lande die Regierung den dringenden Vorstellungen des Bundesrathes nicht entgegen kam, so haben wir kein Recht, gegen sie zu klagen ; aber wir hoffen, daß nun in ruhiger Zeit, da die unbefangene Prüfung der Rathschläge der Wissenschaft und der Erfahrung wieder möglich ist, der Bundesrath bedacht sein werde auf Herbeiführung einer Verständigung, welche in Tagen der Noth die sichernden und auch schonenden Maßregeln aufkommen läßt.

In zweiter Beziehung, d. h. zur Haltung des Bundesrathes in Wahrung der Interessen der Schweizerbürger in andern Ländern, konstatüen wir gerne, daß auch mit Portugal nun eine Konsularkonvention abgeschlossen ist und daß der Bundesrath mit den Republiken Ecuador und Transvaal in ein Vertragsverhältniß zu treten sucht. Ferner hat die Behörde in vorgekommenen Kollisionen und Nothlagen auf den Appell des auswärtigen Schweizers und auch vor demselben jeweilen diejenigen Sehritte gethan, welche zu seiner Sicherstellung erfordert sind. In denjenigen Ländern, wo die Eidgenossenschaft einen
diplomatischen Vertreter nicht hat und es den Schweizern überlassen ist, zu wählen, unter den Schutz welcher Macht sie selber sich stellen wollen, hat der Bundesrath die Mithülfe der betreffenden Schutzmächte angerufen und ist so zum Ziele gelangt. So in der Türkei, wo es sich um das Recht der Grunderwerbung handelte; in Japan, wo die vereinigten Vertreter der

132 Mächte seit Jahren umfassende Verhandlungen betrieben; in Aegypten, wo die Entschädigung der Bewohner des bombardirten Alexandrien nur langsam zur Ausführung kömmt. Hoffentlich wird auch der Weg gefunden, den in Chile beschädigten Schweizern zu ihrem Rechte zu verhelfen. -- Mit ganz andern Gefühlen als die bisher berührteu Verhältnisse haben wir die an den Bundesrath gerichteten zahlreichen Reklamationen um Befreiung betrachtet, welche die in fremden Militärdienst Uebergegangenen erheben. Es hat etwas Bemühendes, zu sehen, wie leicht diese Leute in das Vertragsverhältniß eintreten und wie bald und wie kläglich sie nach Hülfe und Auslösung rufen; es ist das kein guter Nachklang zum alten Rufe kriegerischen Ehrgefühls. Der Bundesrath hat wohl manchen vergeblichen Schritt gethan, bis er den Kantonen klar machte, unter welchen bloß ausnahmsweisen Bedingungen die jeweilige Entlassung gewährt wird.

Schließlich bedauern wir noch, daß das vom frühem Präsidenten der Vereinigten Staaten ausgesprochene und vom Bundesrath zum Zwecke der Verwirklichung aufgenommene Wort von dem schiedsgerichtlichen Austrag von Streitigkeiten zwischen Staat und Staat wieder verstummt ist. Am 24. Juli 1883 ist auf den Wunsch des Präsidenten der Vereinigten Staaten vom Bundesrathe ein Vertragsprojekt aufgestellt und in der Folge übergeben worden.

Nun muß der Bundesrath melden, daß von der Regierung der Vereinigten Staaten noch keine Antwort gegeben ist.

II. Geschäftskreis des Departements des Innern.

Centralverwaltung.

Referendumsangelegenheiten, eidgenössische Wahlen nnd Abstimmungen.

Dem Bundesrathe steht unzweifelhaft das Recht zu, ungültige Referendumsunterschriften zu streichen. Es kann aber vorkommen, daß echte Unterschriften irrthümlicher Weise als unecht angesehen

133 werden^ so ist z. B. nicht in allen Fällen von vorneherein anzunehmen, daß mehrere ähnlich geschriebene Unterschriften von einer und derselben Hand herrühren, indem häufig in Gemeinden, welche lange Zeit denselben Lehrer gehabt haben, Mehrere die gleiche Handschrift führen. Deßhalb ist zu erwarten, daß der Bundesrath, in zweifelhaften Fällen und namentlich wenn die Zahl der 30,000 Unterschriften um wenige überschritten ist, vorerst eine Untersuchung über die bestrittenen Unterschriften vornehmen lasse.

Der Umstand, daß in einem Kanton Eisenbahnangestellte zur Abgabe ihrer Stimme in eidgenössischen Angelegenheiten außerhalb ihrer Wohnsitzgemeinde zugelassen wurden, und daß aus einem andern Kanton die Ansicht sich äußerte, Eisenbahnangestellte sollten zwar immer in ihrem Wahlkreise, aber auch außerhalb ihres Wohnortes stimmen können, veranlaßt uns zu einer Bemerkung.

Bei der großen Ausdehnung der schweizerischen Eisenbahnen ist das Personal ein sehr zahlreiches geworden; daher hat man in vielen Kantonen eingesehen, daß für ihre Stimmabgabe Erleichterungen gestattet werden sollen. Dieselben genügen aber nicht. Es kommt vor, daß viele Eisenbahnangestellte gar nicht stimmen können, aus dem einfachen Grunde, weil sie innerhalb der Abstimmungszeit ihren Wohnsitzort nur einige Sekunden berühren oder außerhalb dieses Ortes ihren Dienst versehen. Diese Angestellten verdienen die gleiche Begünstigung wie die im Militärdienst stehenden Bürger; ihre Zahl dürfte an den meisten Abstimmungs- und Wahltagen mindestens eben so groß sein, als die der dienstthuenden Soldaten. Es s o l l t e d a h e r d u r c h e i n e R e v i s i o n d e s G e s e t z e s v o m 19. J u l i 1872 d a f ü r g e sorgt w e r d e n , daß das f a h r e n d e B i s e n b a h n p e r s o n a i auf ähnliche Weise wie die im Militärdienst stehenden Bürger bei eidgenössischen Wahlen und Abs t i m m u n g e n a u c h a u ß e r h a l b i h r e r W oh n s i t z g e m e i n d e das Stimm r echt a u s ü b e n könne.

Bundeskanzlei.

Sitzungen der Räthe und Protokolle.

Die Protokolle der Bundesversammlung des Nationalrathes und des St.änderathes für das Jahr 1884 sind in der Reinschrift fertig und eingebunden.

Das Protokoll des Bundesrathes für das gleiche Jahr ist in der Reinschrift, bis auf einige wenige Tage der Monate Juli und Dezember, fertig und zum großen Theil eingebunden, ebenso das

134 Missiveubueh des Bundesrathes; hier fehlen noch einige Tage der Monate August und Dezember.

Sämmtliche Arbeiten sind schön und sauber.

Die Register sind nachgeführt.

Die immer anwachsende Zahl der Geschäfte ist wohl der Grund, warum die für die eidgenössischen Räthen bestimmten Vorlagen so spät, in der Regel nur beim Beginn der Sessionen und während derselben, ausgetheilt werden. Dies hat schon mehreren Mitgliedern der Bundesversammlung Anlaß gegeben, zu reklamieren. Es ist in der That nicht wohl möglich, größere Vorlagen während der Sitzungen ruhig und gründlich zu studiren. Deßhalb beantragen wir Ihnen folgendes Postulat: Der B u n d esrath wird eingeladen, darauf bed a c h t zu sein, daß s e i n e B e r i c h t e und A n t r ä g e über wichtige Vorlagen jeweilen drei Wochen vor der Besammlung der Räthe den Mitglidern mitgetheilt werden.

Wir haben den Kontrolen der verschiedenen Departements entnommen, daß die Reiseentschädigungen in der Bundes Verwaltung zu 20 Centimes per Kilometer berechnet werden, wobei der Kilometer für die Hin- und Herreise doppelt gezählt wird. Wir halten diese Entschädigung, welche beinahe dreimal so viel macht, als ein Eisenbahnbillet zweiter Klasse kostet, für zu hoch, um so mehr, als die Taggelder schon sehr anständig sind. Wir beantragen Ihnen daher folgendes Postulat: D e r B u n d e s r a t h w i r d e i n g e l a d e n , sich d a r ü b e r zu ä u ß e r n , ob nicht die in der Bundes V e r w a l t u n g b e r e c h n e t e n R e i s e e n t s c h ä d i g u n g e n v o n 2 0 Cts.

p e r K i l o m e t e r a u f 1 0 Cts. a n g e s e t z t w e r d e n könnten.

Archive und Münzsammlung.

Wir sehen mit Befriedigung, daß die Sammlung der altern Abschiede, das Repertorium der Tagsatzungsabschiede aus der Zeit von 1803--1813 und die helvetische Aktensammlung ihrer Vollendung entgegengehen. Weniger günstig ist der Stand der Aktensammlung aus Paris, indem die betreffenden Abschriften langsam einlangen. Das Inventar des fertigen Materials mit summarischer Angabe des Inhalts jeder Urkunde ist zum Theil gedruckt.

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Es ist zu bedauern, daß die Abschriftensammlung aus dem Vatikan, welche die übrigen geschichtlichen Arbeiten vorteilhaft vervollständigen würde, noch nicht an die Hand genommen werden konnte. Dies veranlaßt uns, Ihnen das Postulat vorzuschlagen: Es sei der Bundesrath e i n z u l a d e n , n e u e r d i n g s S c h r i t t e zu t h un, d a m i t die in Auss i e h t g e s t e l l t e B e n u t z u n g des v a t i k a n i s c h e n A r c h i v s zur V e r w i r k l i c h u n g gelange.

Das Archiv befindet sich in guter Ordnung, und die Kontrole über den Eingang und Ausgang von Urkunden ist zuverläßig.

Leider können wir in Bezug auf die Räumlichkeiten selbst kein Lob spenden. Sind auch dieselben hell und hoch, so stehen diesen allerdings nicht zu unterschätzenden Eigenschatten große Mängel gegenüber. Einmal bieten dieselben gegen Feuersgefahr keine Garantie; sodann beginnt die Ueberfüllung bereits sich fühlbar zu machen; endlich werden die Aktenbände durch die Feuchtigkeit beschädigt. Dieselbe ist so bedeutend, daß der Hygrometer häufig 80--90 °/o Feuchtigkeit aufweist. Daß auch die Gesundheit der in diesen Räumen arbeitenden Angestellten leiden muß, versteht sich von selbst.

Wir glauben, daß die Verlegung des Archivs mit Rücksicht auf die Frage des Baues eines neuen Verwaltungsgebäudes einer ganz besondern Untersuchung unterbreitet werden soll. Bis die Frage gelöst ist, müssen aber gewisse Sanirungsarbeiten vorgenommen werden, denn die Feuchtigkeit wird den Unterbau des Bundesrathhauses beschädigen.

Wir sprechen daher den Wunsch aus, daß das A r c h i v mit thunlichster Beförderung in feuerfeste und t r o c k e n e R ä u m e u n t e r g e b r a c h t werde, und daß unterdessen die Oeffnungen des Souterrainsauf d e r N o r d s e i t e des B u n d e s r a t h h a u s e s e r w e i t e r t werden.

Primarunterricht.

Das der russischen Regierung ertheilte Patronat über eine Knabenpension in Ciarens ist nur eine Form. Es sind daran keine Rechte geknüpft, und die betreffenden jungen Leute stehen nach wie vor unter den Gesetzen unseres Landes.

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Freizügigkeit der Personen, welche wissenschaftliche Berufsarten ausüben; Medizinalprüfungen.

Wir begrüßen den Erfolg, welchen die Bemühungen des Bundesrathes bezüglich des Besuches der Hochschulen Zürich, Bern und Basel durch Studirende aus dem deutschen Reiche gehabt haben, und sprechen die Hoffnung aus, es möchte die den Hochschulen Bern , Zürich und Basel von Seite der Regierung des deutschen Reiches erwiesene Vergünstigung auch auf die Universität Genf ausgedehnt werden.

Civilstand and Ehe.

Die Verehelichung von Ausländern in der Schweiz und von Schweizern im Ausland begegnet immer großen Schwierigkeiten, indem der Heimatstaat sich weigert, eine Erklärung dahin abzugeben , daß die zu schließende Ehe mit allen ihren rechtlichen Folgen vom Heimatstaate anerkannt wird, wenn dieselbe unter Beobachtung aller im Auslande bestehenden Formalitäten abgeschlossen worden ist.

Es sollte nicht unmöglich sein, diesen Schwierigkeiten ein Ende zu machen. Hat das großherzoglich badische Staatsministerium die Erklärung abgeben können, daß der badische Staat Ehen, welche von seinen Angehörigen im Ausland eingegangen werden, als gültig anerkenne, wenn sie nach der im Lande der Eheschließung gültigen Form abgeschlossen worden sind, so katin das Gleiche von andern Staaten auch ausgewirkt werden, die gerichtliche Anfechtbarkeit immerhin vorbehalten.

Wir sprechen den Wunsch aus, d e r B u n d e s r a t h m ö c h t e untersuchen, ob es nicht möglich wäre, durch eine i n t e r n a t i o n a l e V e r e i n b a r u n g zu b e w i r k e n , daß die Ehen, w e l c h e von Angehörigen der betreffenden Staaten im Ausland eingegangen w e r d e n , ohne Weiter es a n e r k a n n t wer d e n , wenn s i e n a c h d e r i in L a n d e d e r E h e s c h l i e ß u n g g ü l t i g e n Form a b g e s c h l o s s e n w o r d e n sind.

Betreffend die Führung der Civilstandsregister wird gewünscht, daß dasFormular n i c h t mehr den g a n z e n Bericht über jeden Akt, sondern nur die tabellarische E i n t r a g u n g d e r G e b u r t e n , T o d e s f ä l l e u n d Eheschließungen vorschreibe; ferner, daß die Ang a b e d e r D a t e n i n Z a h l e n z u g e l a s s e n w e r d e . Letzteres bedingt allerdings eine Revision des Art. 6 des Gesetzes.

137 Es läßt sich nicht leugnen, daß die vorgeschriebenen Formulare wenig übersichtlich sind, und daß sie durch nach unserm Dafürhalten unnöthige Längen das Aktenmaterial sehr aufhäufen. Was das Verbot anbelangt, Daten in Ziffern auszudrücken, so ist zu bemerken, daß Irrthümer eben so leicht bei ausgeschriebenen Worten als bei Ziffern begangen werden können.

Gesundheitswesen.

Die vom Bundesrathe vorgeschriebenen Schutzmaßregeln gegen die Cholera sind nicht überall genau befolgt worden. Zwar berichteten die meisten Regierungen, es sei bei ihnen Alles in Ordnung; die Experten aber, welche an Ort und Stelle waren, konstatirten bedeutende Mängel. Der Bundesrath hat den Kantonen für die daherigen Kosten eine Entschädigung in Aussicht gestellt und wird der Bundesversammlung einen bezüglichen Antrag stellen.

Schweizerische geschichtsforschende Gesellschaft.

Schweizerisches Idiotikon.

Im Interesse der Finanzen des Bundes, sowie des Werthes des Unternehmens, müssen wir wünschen, d a s s die A r b e i t e n für das schweizerische Idiotikon rascher gefördert werden.

Hebung der Kunst, schweizerisches Nationalmuseum, schweizerischer Kunstverein.

Zur Ergänzung des Berichtes des Bundesrathes über die Petition des Herrn Buchser fügen wir hier die Beschlüsse hei, welche unter dem Vorsitz des Chefs des Departements des Tunern in einer Konferenz von Künstlern und Kunstfreunden gefaßt worden sind. Dieselben lauten: Durch die Initiative des Bundesrathes soll eine schweizerische Kunstausstellung instituirt und als offizielles Organ für die gesammten künstlerischen Bestrebungen eine Jury geschaffen werden ; es ist aber vorläufig vom Bau eines Museums abzusehen, ein solches aber auf dem Wege freier Leistungen einer schweizerischen Stadt im Auge zu behalten.

Damit haben die Vorarbeiten eine, nach unserer Ansicht, gute Lösung gefunden, und wir gewärtigen die bezüglichen Vorlagen des Bundesrathes.

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Polytechnische Schule.

Einige Departemente des Bundesrathes haben den Schulrath beauftragt, zu untersuchen, ob das Polytechnikum nicht durch Einführung einer besondern Fachschule für Télégraphie und Errichtung eines Lehrstuhls für Meteorologie erweitert werden sollte. Das Gutachten des Schulrathes ist gegenüber dem Lehrstuhl für Meteorologie ablehnend und spricht sieh für Errichtung eines Lehrstuhles fur Télégraphie aus; das Post- und Telegraphendepartement beschäftigt sich gegenwärtig mit dieser Angelegenheit.

Für die Sammlungen des Polytechnikums war, im Jahre 1884, ein Kredit von Fr. 80,450 ausgesetzt, der um Fr. 41,000 übersehritten worden ist. Die betreffenden Ausgaben kommen alle Jahre wieder und sind bedeutend; im Jahre 1883 beliefen sie sich auf Fr. 128,570. Im spezifizirten Budget des Polytechnikums wird der ganze Kredit in Summen von Fr. 19,150, Fr. 18,900, Fr. 29,000, Fr. 10,500, Fr. 2200 u. s. w. unter die Vorlagen- und Modellsammlungen, naturhistorischen Sammlungen, Werkstätten und Laboratorium, Bibliotheken, Kupfserstichsammlungen u. s. w. vertheilt.

Es steht dem Direktor der Sammlung oder detn interessirten Professor die i'reie Verfügung über den betreffenden Kredit zu. Wir glauben, es solllte diese Verfügung beschränkt u n d , für größere Ausgaben, dem Schulrath übertragen werden, und stellen folgendes Postulat: Der Bundesrath wird eingeladen, d u r c h ein R e g u l a t i v die V e r w e n d u n g d e s f ü r d i e S a m m lungen u n d wissenschaftlichen Anstalten des P o l y t e c h n i k u m s ausgesetzten Kredites zu ordnen, i n d e m er d i e K o m p e t e n z e n d e r b e t h e i l i g t e n P r o f e s s o r e n u n d des S c h u l r a t h e s b e s t i m m t .

In Folge der Reorganisation der polytechnischen Schule hat diese Anstalt sämmtliche Verträge, welche früher mit den auf dieselbe vorbereitenden Mittelschulen behufs direkten Eintrittes der Schüler abgeschlossen worden waren, aufgekündet und sich dann bereit erklärt, neue einzugehen. Es fällt uns dabei auf, daß rühmlich bekannte Gymnasien, Kantonsschulen u. s. w. es noch nicht haben dazu bringen können, dass auch mit, ihnen Verträge abgeschlossen werden, wahrend andere seit Jahr und Tag mit dem Polytechnikum im Vertragsverhältniß stehen. Die Direktion des letzteren seheint von einigen Kantonen nicht nur eine Reorganisation ihrer höheren Schulen, sondern sogar eine vollständige Neugestaltung des gesammten Schulwesens verlangt zu haben. Wir

139 halten dafür, es sei nicht am Platze, wenn kantonale Anstalten, welche den Ruf haben, daß ihre Schüler auf technische Studien gut vorbereitet werden, mit Rücksicht auf ihren direkten Ausschluß an das Polytechnikum auf Schwierigkeiten stoßen. Daher das Postulat : Der B u n d e s r a t h wird eingeladen, d a r a u f h i n z u w i r k e n , daß der Schulrath bei Abschluß seiner Verträge mit schweizerischen Schulen, welche auf das Polytechnikum vorbereiten, das Hauptgewicht nicht auf die innere Organis a t i o n d e r b e t r e f f e n d e n A n s t a l t e n , sondern a u f den in d e n s e l b e n e r z i e l t en L e h r e r f o l g lege.

Bauwesen.

Der bundesräthliche Bericht über diese Abtheilung veranlaßt keine andere als folgende Bemerkung.

In Bezug auf den Unterhalt der vom Bunde subventionirten Straßen wird im Berichte ein Anstand mit den Regierungen von Uri und Wallis über den Zeitpunkt, wann die Oeffnung der Oberalpund der Furkastraße für den Sommerpostdienst stattfinden soll, erwähnt.

Ohne auf diese Frage weiter einzutreten, spricht die Kommission die Hoffnung aus, daß eine gütliche Verständigung zwischen dem Bundesrathe und den Kantonen rechtzeitig zu Stande komme und diese Angelegenheit damit zu einer für alle Betheiligten befriedigenden Lösung gelange.

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III. Geschäftskreis des Justiz- und Polizeidepartements.

I. Allgemeines.

Wir begegnen hier zuerst der Mittheilung, daß die außergewöhnliche Inanspruchnahme für den Pflichtenkreis der Sicherheitspolizei die Arbeiten dieses Departements in hohem Maße vermehrte,, und leider ist es ja bekannt, wie die gleichen abnormen Verhältnisse sich auch auf das laufende Jahr ausgedehnt haben. Wir haben beizufügen, daß auch andere üble Zufälle, nämlich lange dauernde Erkrankungen unter dem Kanzleipersonal, auf die Leistungsfähigkeit dieser Bureaux sehr störend eingewirkt haben. Würde die Hoffnung täuschen, daß bald wieder eine ausgiebige Besserung dieser schlimmen Verhältnisse eintreten wird, so halten wir es für gerechtfertigt, auch auf die richtige Befriedigung der gesteigerten Bedürfnisse Bedacht zu nehmen.

II. Gesetzgebung.

Neben wichtigen gesetzgeberischen Vorlagen anderer Departemente harren auch mehrere Entwürfe des Justizdepartements ihrer Erledigung, so jener über die politischen Rechte der Schweizerbürger, über die civilreehtlichen Verhältnisse der Niedergelassenen und Aufenthalter, über das Verbot der Doppelbesteuerung und über die gesetzlichen Vorschriften bei eidgenössischen Abstimmungen und Wahlen. Außerdem verlangte eine im Nationalrath erheblich erklärte Motion vom Dezember 1884, der Buudesrath habe ein Gesetz über Sehuldbetreibung und Konkurs schon auf die Junisitzung von 1885 einzubringen, gegen welches Drängen das Departement bemerkt, über jede andere Erwägung müsse in dieser Materie die Herstellung eines genau erwogenen Gesetzeswerkes gestellt werden. Wir halten dieses überlegte Vorgehen für wohl begründet, einmal schon aus dem Motive, welches genannt wird, dann aber auch noch deßhalb., weil wir finden, es sei der Sache selbst nicht nützlich, die Ueberfülle des bereits vorhandenen gesetzgeberischen Stoffes für die Räthe noch um einen weitern einschneidenden Gegenstand zu vermehren.

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III. Gewährleistung von Kantonsverfassungen und IV. Konkordate veranlaßen zu keinen Bemerkungen.

Y. Verhältnisse zu auswärtigen Staaten.

Der Vertrag über Auslieferung von Verbrechern mit Frankreich, d. d. 9. Juli 1869, bestimmte in seiner ursprünglichen Redaktion in Art. 22 durch einen in allen seinen Theilen zusammengehörigen Satz, die Auslieferung sei bezüglich des Verbrechens der Fälschung von Münzen, Wertpapieren, Banknoten, öffentlichen Sigillen und Timbern ,,selbst danntt zu bewilligen, wenn diese Verbrechen auch außerhalb dem Gebiete des reklamirenden Vertragsstaates verübt worden seien. Durch einen Irrthum der Abschrift wurde das Verbrechen der Siegel- und Timberfälschung in ein eigenes, zweites Alinea gestellt, wodurch die Redaktion den Sinn erhielt, als wenn jenes ,, s e l b s t d a n n " nur auf das letztere Verbrechen Bezug genommen hätte. Ein in Basel verhafteter Fälscher französischer Tresorscheine, der nur die Werthziffern, nicht aber auch den Timber gefälscht hatte, nahm davon Veranlaßung, dem gegen ihn gerichteten Auslieferungsbegehren zu opponiren, und durch Bundesgerichtsurtheil vom 30. September 1882 wurde im Sinne der Verweigerung entschieden. Der Bundesrath stellte deßhalb im Einverständnisse mit Frankreich die ursprünglich richtige Redaktion wieder her, womit auch die Räthe vollständig einverstanden sein können.

Eine schon vor Jahren fruchtlos versuchte internationale Vereinbarung in Bezug auf die Vollziehung von G-erichtsurtheileu in Civil- und Handelssachen hat einigen Fortschritt gemacht, indem von Seite der italienischen Regierung eine Staatenkonferenz veranstaltet werden wird, zu deren Besuch die Zusagen von neun Staaten ertheilt worden sind. Auch der Bundesrath wird sie beschicken, was wir mit Beifall hervorheben wollen.

Ein dem österreichischen Generalkonsul als Schutzbefohlener unterstellter Schweizer wurde in Salonik ermordet, und der Heimatkanton desselben glaubte, den Ersatz der Untersuehungskosten verweigern zu können. Wir finden jedoch die Gesichtspunkte ganz gerechtfertigt, nach welchen vom Bundesrath derselbe gefordert worden ist und die auch schon in früherer Praxis begründet sind.

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VI. Rekurswesen.

Der Berieht hebt bezüglich des Wivthschaftswesens die Aenderung der bundesräthlichen Praxis hervor, indem gegen die Patentbewerber, im Vergleich zu früherer Zeit, mit viel größerer Strenge vorgegangen worden sei. Man darf außerdem darauf hinweisen, wie auch die Bundesversammlung in weiter gezogenen Rekursfällen sich den gleichen Anschauungen angeschlossen hat.

B. Polizeiverwaltung.

I. Auslieferung yon Terbrecherm und Angeschuldigten.

Die statistische Ziffer dieser Rubrik wächst, gleichwie auch überall jene der verübten Verbrechen zu höhern Zahlen fortgeschritten ist. Der Abschluß der Ausliel'erungsverträge bietet nicht geringe Schwierigkeiten :t sie wickeln sich deßhalb langsam ab und zeigen aus den nämlichen Gründen später oft sehr fühlbare Lücken in den Redaktionen. Auf der andern Seite ist es klar, daß die gegenseitige Rechtshülfe auf dem Gebiete der Strafjustiz für die Staaten von hohem Interesse und eine Forderung der Moral ist, gleichwie sie auch üherall von dem Reiihtsbewußtsein der Völker gefordert wird. Der Bundesrath pflegt nun die Praxis, bei mangelndem oder unvollkommenem Staatsvertrag' diesen Mißstand dadurch auszugleichen, daß für gleiche Fälle die Reziprozität gefordert oder durch Annahme der Auslieferung ausdrücklich oder stillschweigend zugesagt wird. Wir billigen dieses Verfahren vollkommen, und die politische Vollziehungsbehörde ist ganz in der Lage, sich in dieser Weise behelfen zu können. Selbstverständlich tritt für alle diese Fälle das Bundesgericht nicht in Funktion, indem dasselbe nach Art. 58 der Organisation für die Bundesrechtspflege nur dann K u entscheiden hat, wenn das Zutreffen und die Anwendbarkeit der Bestimmung eines b e s t e h e n d e n Staats Vertrags von interessirter Seite bestritten wird.

II. Bundesstrafrecht.

Hier werden einige Fälle mitgetheilt, die seiner Zeit auch in der Presse eine größere Aufmerksamkeit gefunden haben.

III. Lotterien und verbotene Spiele.

Das prompte Einschreiten des Bundesrathes gegen Vorkommnisse dieser Art ist sehr zu begrüßen, und es ist einleuchtend, wie gerade hier ein konsequentes Handeln von großer Bedeutung ist.

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IV. Fremdenpolizei.

Ohne Bemerkung.

T. Politische Polizei.

Die abscheulichen Mordthaten, welche das vergangene Jahr in Straßburg, Stuttgart ^vollendeter Versuch) und Wien verübt wurden, erregten in der Schweiz um so tiefere Sensation, weil einige der nachher ergriffenen ausländischen Verbrecher vorher hier sich aufgehalten und aus unsern Grenzen den Gang zu ihren Blutthaten angetreten haben. Bald verriethen sich auch ihre sympathisirenden Anhänger, und es enthüllte sich ein Nachtbild jenes anarchistischrevolutionären Wahnsinnes, der, von einer ebenfalls fremden Presse gleichen Charakters aufgestachelt, seinen utopischen Zielen mit Mord, Raub und Brand näher zu kommen wähnt. Hier gab es vollauf Arbeit für unser Justizdepartement, und die Kommission weiß sich im Einklang mit der ganzen öffentlichen Meinung unseres Landes, wenn sie gerne die Festigkeit anerkennt und verdankt, mit welcher der Bundesrath seine daherigen Pflichten geübt hat, und auf Grund gepflogener Untersuchung gegen eine Reihe dieser gemeingefährlichen Individuen mit der Ausweisung eingeschritten ist. Diese Energie des Handelns ab Seite des Bundes und der Kantone ist auch fürderhin noch nöthig, da es ja in Jedermanns Wissen ist, wie dringende Gründe dafür noch d i e s e s Frühjahr an den Tag getreten sind.

Tl. Heimatlosenwesen.

Die Statistik dieser Fälle weist, mit nahezu hundert, immer noch eine auffallend hohe Ziffer auf. Es war nicht möglich, auch nur mit jenen, welche schon alten Datums sind, aufzuräumen, denn es ist begreiflich, daß gerade die abnorme Mehrung der Arbeiten für die politische Polizei einer solchen Erledigung sehr hinderlich gewesen ist. Leider ist aber auch zu erwähnen, daß eine Anzahl von ganz neuen Fällen an Hand genommen werden mußte, welche viel Zeit und Mühe erheischen, und hinsichtlich deren bereits ein sehr großes Aktenmaterial vorhanden ist.

Die Ordnung der Akten und Führung der Register auf den Bureaux des Departements wird in lobenswertester Weise besorgt.

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IV. Geschäftskreis des Militärdepartements.

J. Pädagogische Prüfung der Wehrpflichtigen.

Die in den beideo Vorjahren stattgehabten Konferenzen der Experten und Gehülfen haben auf das ganze Institut der Rekrutenprüfungen , besonders in Erzielung bestmöglicher Gleichmäßigkeit in den Anforderungen und in der Taxation, einen guten Einfluß geübt. Die Wiederholung solcher Konferenzen, von Zeit zu Zeit, ist nothwendig, hauptsächlich zur Förderung ihrer praktischen Aufgaben, der Uebungen im Prüfen. Die Anforderungen an die Rekruten sind gegenwärtig gar n i c h t unbedeutend, so daß die Konferenz der Experten und Gehülfen es vermeiden soll, dieselben etwa noch zu steigern. Es heißt m i n d e s t e n s so viel, ja noch mehr, wenn ein Gebirgskanton bei schwierigen Verhältnissen die Gesammtdurchschnittsnote 10 aufweist, als wenn Städtekantone mit dem Durchschnitt 6--7 die ersten Plätze im statistischen Schema einnehmen.

Die Erfahrung hat gezeigt, daß es immer Rekruten gibt, welche in Bezug auf den Ort, in welchem sie im letzten Jahre der Schulpflicht die Schule besuchten, unrichtige Angaben machen. Wir sprechen deßhalb den Wunsch aus, der Bundesrath wolle in geeigneter Weise Sorge tragen, daß künftig solche Fälle nicht mehr vorkommen können.

II. Rekrutirung.

Ihre Kommission ist der Meinung, daß die Klagen über Benachtheiligung der Infanterie bei der Rekrutirung b e g r ü n d e t seien, und wünscht daher lebhaft, daß denselben Rechnung getragen und Abhülfe geschafft werde. Die erste Auswahl unter den Rekruten wird gewöhnlich der Artillerie zugestanden, welcher folgerichtig die intelligentesten Leute zugetheilt werden. Es ist dies ein entschiedener Fehler. Der Artilleriesoldat steht in allen Fällen unter dem Kommando seiner Offiziere; er muß nicht selbststilndig handeln. Anders liegen die Verhältnisse bei der Infanterie. Der Infanterist kommt oft und in kritischen Verhältnissen in die Lage, selbstständig handeln und auftreten zu müssen, so als Patrouille,

145 Ausspäher, äußerer Posten u. s. w. Wegen der Bevorzugung der Spezialwaffen bei der Rekrutirung hält es in manchen Gegenden der Schweiz schwer, tauglichen Nachwuchs für die Unteroffiziersgrade zu finden. Die Art und Weise, wie die Spezialwaffen rekrutirt werden, äußert aber auch fühlbare Nachtheile auf den Bestand der Infanteriebataillone, der mehrfach weit unter der gesetzlichen Vorschrift steht. Dieser Uebelstand rührt nicht zum Wenigsten davon her, daß Rekruten für Spezialwaffen in Kantonen ausgehoben werden, welche es nicht zu Stande bringen, ihre Bataillone gehörig zu kompletiren, während im nämlichen Rekrutirungskreis Kantone sind, in denen Ueberfluß an Rekruten herrscht. Alle diese Aussetzungen zusammengefaßt, darf die Aeußerung gethan werden, daß die Stellung und Aufgabe der verschiedenen Waffengattungen, der Infanterie als H a u p t w a f f e und der Spezialwaffen als Hülfswaffen, in praxi zu wenig "ö beachtet wird.

III. Unterricht, a. Instruktionspersonal.

Wir sprechen unsere volle Billigung aus, daß der Buudesrath ernstlich die Absicht hegt, einen Pensionsfond für invalide Instruktoren zu gründen. Gleichzeitig wollen wir jedoch nicht unterlassen, zu empfehlen, die Instruktoren zu angemessenen.Einschüssen in die Pensionskasse zu verpflichten.

b. Vorunterricht.

Die Einführung des T u r n u n t e r r i c h t s zweiter Stufe nimmt, angesichts der großen Schwierigkeiten, welche ihr im Wege stehen, einen befriedigenden Fortgang. Da in Gebirgsgegenden die Gefahr besteht, daß der 60stündige Turnunterricht der eigentlichen Schulzeit Eintrag thun könnte, so rechtfertigt sich in solchen Gegenden etwelche Nachsicht bezüglich der Innehaltung der vorgeschriebenen vollen Stundenzahl.

Ihre Kommission kann sich n i c h t e i n v e r s t a n d e n erklären, daß jetzt schon zur Einführung des Turnunterrichts d r i t t e r S t u f e , für die Jünglinge vom 16. bis 20. Altersjahre geschritten werden will. Noch sind wir mit dem Turnunterricht zweiter Stufe weit vom Ziele entfernt, und doch soll derjenige dritter Stufe schon eingeführt werden ! Die Einwände, welche sich hiegegen erheben, sind ebenso stichhaltig, wie die Schwierigkeiten groß sind, welche sich diesem Vorhaben entgegenstellen. Mit der Mehrzahl der Kantone Bundesblatt. 37. Jahrg. Bd. III.

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sagt auch Ihre Kommission, daß die finanzielle Situation der Gemeinden und die Ungunst der Zeit, welche mehr denn je den aus der Schule entlassenen Jüngling zum Broderwerb, in die Lehre oder zum Studium ruft, nicht angethan sind, einen neuen 60stündigen Turnunterricht für denselben einzuführen. Um diesen Gedanken eine wirksame Folge zu geben, beantragen wir Ihnen die Annahme des folgenden Postulats : Der Bundes r ath wird e i n g e l a d e n , von dem Erlaß einer V e r o r d n u n g über Einf ü h r u n g des zum Militärdienst vorbereitenden T u r n u n t e r r i c h t s für die schweizerischen J ü n g l i n g e v o m 16. b i s 20. A l t e r s j a h r a , 1 s verfrüht abzusehen.

c. Centralschulen.

Es ist wünschbar, daß der Bundesrath die Frage einer nähern Prüfung unterstelle, ob die Centralschulen I und II nicht allzu stark mit Unterrichtsfächern überhäuft seien, welche das gründliche Studium einzelner wichtiger Disziplinen fast unmöglich machen.

Dann aber ist zu empfehlen, daß der Besuch dieser Centralschulen vermehrt werde. Ganz besonders gilt diese Bemerkung für Offiziere der Artillerie und Kavallerie, die bei ihrer anerkannten militärischen Bildung und Befähigung doch nicht über d a s Maß von Kenntniß der Infanterietaktik verfügen, wie es auch von ihnen gefordert werden darf.

IV. Sanitätswesen.

Die lange pendent gewesene und doch für die Marschfähigkeit der Truppen äußerst wichtige Frage der F u ß b e k l e i d u n g geht in nächster Zeit ihrer Lösung entgegen. Die Abschaffung des Stiefels als obligatorische Fußbekleidung und die Ersetzung desselben durch den Schnürschuh bei den Fußtruppen ist sehr zu begrüßen. Da sonst alle Bekleidungs- und Ausrüstungsgegenstände entweder vom Bund geliefert werden, oder doch in staatlichen Depots bezogen werden können, so soll für die Fußbekleidung keine Ausnahme gemacht werden. Auf diese Weise wird es dem Soldaten möglich werden, ein besseres und billigeres Schuhwerk zu bekommen, als wenn er beim Ankauf desselben auf die Händler angewiesen wird. "Wir schlagen Ihnen deßhalb folgendes Postulat vor: D e r B u n d e s r a t h w i r d e i n g e l a d e n , d a f ü r besorgt sein zu w o l l e n , daß die T r u p p e n die o b l i -

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gatorische Fußbekleidung in eidgenössischen oder k a n t o n a l e n Depots zu mögliehst billigem Preise und in g u t e r Qualität beziehen können.

T. Kriegsmaterial.

Der Zustand der Kriegsfuhrwerke der Infanterie ist ein mangelhafter. Der Bundesrath beabsichtigt daher, auf eine Verbesserung und Ergänzung derselben Bedacht zu nehmen. Wir fügen den Wunsch bei, der Bundesrath wolle in diesem Falle die Anregung in Erwägung ziehen, ob das bisherige System nicht verlassen und die Neuanschaffung nach dem Grundsatz bewerkstelligt werden sollte, daß jede K o m p a g n i e für den Nachschub von Munition, Proviant und Werkzeug unabhängig zu stellen sei.

Die bestehenden Fuhrwerke sind s c h w e r f ä l l i g und unp r a k t i s c h konstruirt. Sie vermögen auf steilen Straßen und bei schlechter Witterung kaum nachzukommen und würden darum im Krigsfalle nicht genügende Gewähr bieten für einen regelmäßigen und sicher eintreffenden Munitionsnachschub. Die Kompagniefuhrwerke würden leichter und viel beweglicher sein und ohne große Anstrengung überall hin gelangen. Ein zweispänniger Wagen für die Bagage und den Proviant und ein einspänniges Wägelchen für die Munition würden vollständig ausreichen. Der Mehrbedarf an Zugpferden wäre ein geringer.

VI. Waifenplätze.

Wir sind vollkommen einverstanden, daß der Bundesrath von seinem Kündigungsrecht bei allen Waffenplatzverträgen Gebrauch gemacht hat, beziehungsweise noch Gebrauch machen wird. Bei Erneuerung derselben soll nur auf die militärischen und finanziellen Interessen des Bundes Rücksicht genommen und gleichzeitig getrachtet werden, bestehende Mißverhältnisse, welche dem Bund zwecklos beträchtliche Kosten und den Truppen unnütz vermehrte Dienstzeit verursachen, aufzuheben.

Besondere Bemerkungen.

1. Immer mehr tritt die Ansicht auf, die Existenz des Guidenk o r p s sei kein Bedürfniß und biete keine militärischen Vortheile.

Wir theilen diese Meinung. Der Dienst der Guiden kann ganz leicht von den Dragonern gethan werden. Die Leistungen und

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Disziplin der Guiden befriedigen vielfach nicht. Statt dei- jetzt bestehenden 12 Guidenkompagnien könnte jedes Dragouerregiinuiit um eine Schwadron vermehrt werden.

2. Wir wünschen, daß die Verordnung über die Verabfolgung der E r s a t z k l e i d e r an Unteroffiziere des Auszuges in dem Sinne revidirt werde, daß die Vergünstigung einer Ersatzkleidung nach der festgestellten Zahl effektiver Diensttage auch dem Korporal deiInfanterie zu Theil werde.

Die Thatsache, daß ein Korporal oft in geringer, abgenutzter Uniform in Reih' und Glied neben gutgekleideten Soldaten steht, wirkt unvortheilhaft auf das Ansehen des Erstem und dessen eigene Dienstfreudigkeit.

Anläßlieh möchten wir die Aufmerksamkeit des Bundesrathes noch auf die Frage lenken, ob nicht den O f f i z i e r e n nach Verfluß einer erhöhten Anzahl effektiver Diensttage eine Entschädigung für nothwendig gewordenen Kleiderersatz auszurichten sei? Ein Offizier muß ungefähr 200 Diensttage durchmachen, ehe er Hauptmann werden kann. Selbstverständlich wird seine erste Ausrüstung in dieser Zeit abgenützt, und er ist zu einem Ersatz genöthigt. Diese Neuanschaffung fällt einem unbemittelten Offizier immer schwer, so lange er die Mittel dazu nur aus seiner eigenen Börse holen muß.

V. Geschäftskreis des Finanz- und Zolldepartements.

A. Finanzwesen.

Die Zahlenverifikation der Rechnung schlägt nicht in die Kompetenz unserer Kommission. Dagegen erachten wir es dennoch als in unserer Pflicht liegend, unsere Finanzverhältnisse im Allgemeinen einer Prüfung zu unterwerfen.

149 Unsere Finanzzustände haben nichts Beängstigendes, sind im letzten Jahr sogar als sehr günstig zu bezeichnen Dagegen sind unsere Einnahmen höchst schwankend und hangen von verschiedenen zufälligen Umständen ab, so daß sie für die Zukunft nicht als sicher angesehen werden können. Es ist deßhalb Pflicht einer vorsichtigen Verwaltung, auch ungünstige Eventualitäten im Auge zu behalten.

Die Zölle, welche unsere Haupteinnahme bilden, sind von vielen Zufälligkeiten abhängig, und es kann namentlich das letzte Jahr nicht als maßgebend angesehen werden, indem eine Menge solcher Artikel, welche auf 1. Jänner 1885 mit erhöhtem Zoll betroffen wurden, in größern Quantitäten eingeführt wurden. Welches die Ergebnisse des neuen Zolltarifs sein werden, ist noch nicht mit Bestimmtheit vorauszusehen, während als ziemlich sicher angenommen werden kann, daß an den Bund immer größere Anforderungen werden gestellt werden. Auch die Schuldenamortisation darf nicht außer Acht gelassen werden, ja, es wäre sogar Wünschenswerther, wenn dieselbe rascher könnte vollzogen werden. Diese Umstände legen uns die Pflicht auf, den Finanzverhältnissen des Bundes vorsichtige Aufmerksamkeit zu schenken. Es scheint Ihrer Kommission, daß in der Richtung, welche die Räthe einschlagen, diesem Verlangen zu wenig Rücksicht getragen werde. Man ist von der Anschauungsweise, welche zur Zeit der sogenannten Ersparnißkommissionen in den Räthen vorherrschend war, ziemlich abgewichen, und doch können ähnliche Finanzzustände wieder eintreten.

Gesetzgebung und Réglemente.

Die Kommission hat sich überzeugt, daß dem Bundesbeschluss vom 21. Dezember 1884, zum Zweck der Liquidation der Nationalbahnschuld, vom Bundesrath auf richtige Weise nachgekommen worden ist. Die Eidgenossenschaft ließ sich von den Kantonen Zürich und Aargau direkt Obligationen, auf den Namen lautend, ausstellen. Die betheiligten Gemeinden kamen ihren Verbindlichkeiten nach und haben ihre Obligationen eingelöst. Diese für einige schweizerische Gemeinwesen so schwierige Angelegenheit wäre somit mit Hülfe des Bundes auf befriedigende Weise beigelegt worden.

Mit dem Jahr 1884 ist das neue Gesetz ü b e r d i e A n l a g e e i d g e n ö s s i s c h e r S t a a t s g e i d e r in Kraft getreten. Wir sind mit dem Gedanken, der dem Gesetz zu Grunde liegt, ganz einverstanden. Wir anerkennen das Richtige, daß Gelder in auswärtigen Schuldscheinen angelegt werden, um in Zeiten von Kriegsgefahr eher im Palle zu sein, Geld sich beschaffen zu können, ohne

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Beeinträchtigung der inländischen Geldinstitute, welche in einer solchen Zeit sonst stark in Anspruch genommen würden. Dagegen ist nicht zu übersehen, daß derartige Papiere vielen Schwankungen unterworfen sind, und daß die Sicherheit der Anlage bei der Auswahl immer als Hauptfaktor in den Vordergrund treten soll. Wir anerkennen das Vorgehen der Finanz Verwaltung, welche die anzukaufenden Titel durch fachkundige Experten prüfen läßt, als richtig. Wir haben uns auch durch die Prüfung der angekauften Valoren selbst überzeugt, daß die Anlagen in richtiger Weise gemacht werden.

Münzwesen.

.'. An verschiedenen Stellen klagt der bundesräthliche Bericht darüber, daß wir im Verkehr an Mangel der Silbermünzen leiden, und er fügt bei, daß derartigen Begehren um Ablieferung in den seltensten Fällen entsprochen werden könne, trotzdem daß Frankreich uns zu verschiedenen Malen durch Abtretung ausgeholfen habe.

Bei den Instruktionen zur Konferenz der Münzunion schlägt deßhalb der Bundesrath vor: Für die Schweiz, mit Rücksicht auf ihren innern Bedarf, die Ermächtigung KU verlangen zur Ausmünzung weiterer sechs Millionen Franken in Zwei-, Ein- und Halbfrankenstücken, was gleich wäre mit Fr. 2 per Kopf der Bevölkerung außerhalb des im Art. 10 der Konvention festgesetzten Kontingentes von 6 Franken.

Es erscheint Ihrer Kommission die Erhöhung von Fr. 2 per Kopf Bevölkerung als nicht genügend, und sie würde auf Fr. 10 per Kopf Bevölkerung abstellen. Hat doch Deutschland 10 Mark per Kopf. Auch für Italien scheint das gegenwärtige Kontingent nicht genügend zu sein, indem es noch immer am Ausschluß seiner Silberscheidemünzen in den randern Unionsstaaten festhält. Wir möchten die Prüfung dieser Erhöhung dem Bundesrathe empfehlen.

Waffenplatz in Thun.

Mit Befriedigung heben wir hervor, daß mit Ausnahme einer Parzelle von l llt ha. die programmgemäße Erweiterung des Waffen platzes in Thun vollendet ist. Wir geben der b e s t i m m t e n Hoffnung Raum, daß fernere Erweiterungen nun nicht mehr nöthig sind, und daß es beim ersten Programm sein Bewenden habe. Beim landwirthschaftlichen Bericht finden wir nur zu viele Details.

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Postulate.

Der bundesräthliche Bericht theilt mit, daß er, gestützt auf ein den 14. Dezember 1883 gestelltes Postulat, im laufenden Jahre einen Vorschlag über ein neues Besoldungsgesetz vorlegen werde. Die ständeräthliche Kommission, im Gegensatz zu der nationalräthlichen, glaubt, daß der Bundesrath mit dem Erlaß eines solchen Gesetzes nicht zu rasch vorgehen soll. Bis jetzt haben immerwährend Aenderungen am Gesetz stattgefunden. Der Bundesrath soll deßhalb eine reifliche Prüfung vorausgehen lassen. Ihre Kommission macht auch darauf aufmerksam, daß es im Postulat heißt: ,,In geeigneter Zeit". Wir erachten auch den gegenwärtigen Zeitpunkt für Erlaß eines solchen Gesetzes nicht für geeignet, und möchten dem Bundesrathe empfehlen, im Verlauf dieses Jahres von einer derartigen Vorlage abzusehen.

Finanzkontrole.

Die Kommission anerkennt, daß die Kontrole richtig geführt -wird. Sie empfiehlt jedoch der Finanz ver waltung, bei sämmtlichen Kassabeamten von Zeit zu Zeit regelmäßig Kassastürze zu machen.

Militärpflichtersatz.

Die Seite 422 im bundesräthlichen Bericht angeführte Contro verse, ob bei geleistetem Nachdienst die für die Veräumniß bezahlte Enthebungsgebühr zurückgefordert werden könne, ist vom Bundesrath durch Verordnung vom 24. April 1885 dahin entschieden worden, daß sie Anspruch auf Rückerstattung der Ersatzsleuer für dasjenige Jahr haben, in welchem sie den betreffenden Dienst mit ihrer Altersklasse hätten bestehen sollen. Ihre Kommission stimmt mit diesem Entscheide überein.

In Anwendung des Gesetzes bestehen zwischen den verschiedenen Kantonen immer noch große Verschiedenheiten. Das vom Bundesrathe eingeführte Verfahren der Revision der Ersatzregister ist ein zweckmäßiges Mittel, zu gleichmäßigerer Durchführung zu gelangen. Wir möchten den Bundesrath ermuntern, diese Revisionen, die bis jetzt nur in 8 Kantonen vorgenommen wurden, allgemeiner fortzusetzen.

Eine allgemein herrschende Schwierigkeit besteht in der steurung der außer der Schweiz wohnenden Steuerpflichtigen.

Gesetzesbestimmung ist neu, hat sich noch nicht eingelebt, wird von den Betroffenen nicht gerade günstig aufgenommen.

BeDie und Der

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Grundsatz ist jedoch richtig und wird sich immer mehr einleben, und mit der Zeit auch von den Pflichtigen als gerecht anerkannt werden. Als zweckmäßig würden wir es erachten, wenn der Bundesrath über den Bezug den Kantonen Anweisung oder doch Rathschläge ertheilen würde. Es würde von Vortheil sein, wenn er mit den Konsuln sich in's Einvernehmen setzen und die Art und Weise bestimmen würde, wie sie von den Kantonen in Anspruch genommen werden können.

Banknoten.

Die günstige Einwirkung des Banknotengesetzes auf die Banknotencirkulation in der Schweiz, läßt sich nicht verkennen. Die Untersuchung stellte heraus, daß die vorhandene Baarschaft und die Deckung bei allen Banken vorhanden war.

Die durchschnittliche Notencirkulation beträgt im Berichtjahr 114 Millionen Franken oder zirka Fr. 40 per Kopf. Unter den im Gesetz aufgestellten Cautelen hat diese Höhe nichts Bedenkliches. Die Banknoten sind das beliebteste und bequemste Cirkulationsmittel und beim Mangel von Geld beinahe unentbehrlich. Es ist deßhalb nur zu wünschen, daß eine entsprechende Zahl Noten in Cirkulation sei.

Spezialfonds.

Die Kommission stellt Ihnen hierüber folgendes Postulat: Der B u n d e s r a t h wird eingeladen, den Winkelriedfond und den Hülfsfond schweizerischer Wehrmänner mit dem Invaliden fond unter dem N a m e n : ,, I n v a l i d e n - u n d W i n k e l r i e d fond" z u vereinigen.

Wie es sich mit dem Winkelriedfond verhält, ist Jedermann bekannt. Mit dem Hülfsfond für schweizerische Wehrmänner hat es folgende Bewandtniß: Im Jahr 1859 ist der "Hülfsverein für schweizerische Wehrmänner und deren Familien" gegründet worden, welcher später seine Hülfe auch dem Kriegselend im Allgemeinen zuwendete.

Derselbe hat am 17. April 1871 seine letzte Sitzung gehalten, an welcher fast sämmtliche Kantonalvereine vertreten waren.

Weitere Einladungen, welche zum Zwecke der Abhaltung einer DelegirtenVersammlung in den Jahren 1873 und 1874 erlassen wurden, sind erfolglos geblieben.

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Das in der oben erwähnten Sitzung im Jahre 1871 neu bestellte Exekutivkomite, welches inzwischen die Geschäfte weiter besorgte, war zusammengesetzt aus den Herren Bundesrath D u b s, als Präsident, Professor Dr. A e b y, als Sekretär, Münzdirektor E s c h e r , als Kassier, Bundesrath S c h e n k , als Vize-Präsident, eidgenössischer Oberfeldarzt Dr. L e h m a n n , welcher später durch Hrn.

Dr. Z i e g l e r , Oberfeldarzt, ersetzt wurde.

Die in der nämlichen Sitzung erfolgte Rechnungsablage des Kassiers des Exekutivkomites ergab einen Aktivsaldo der Centralkasse im Betrag von Fr. 22,707. 19, bezüglich dessen Verwendung von der Versammlung beschlossen wurde, in der Centralkasse die Summe von Fr. 20,000 zu behalten, den Rest dagegen an den landwirtschaftlichen Hülfsverein, an den Verein für die Erziehung von Waisen und an das in Basel gebildete Institut zur Verfertigung von künstlichen Gliedmaßen für deutsche und französische Invaliden zu vertheilen, was auch geschah.

Seitdem haben keine außerordentlichen Ausgaben stattgefunden, mit Ausnahme derjenigen, welche durch die Bestrebungen für Hülfeleistung bei Anlaß des russisch-türkischen Krieges hervorgerufen wurden, und ferner eines jährlichen Beitrages von Fr. 300, welcher zufolge der dem Exekutivkomite zugestandenen Kompetenz seit drei Jahren dem schweizerischen Militär-Saniätsverein verabfolgt wurde.

Der Hülfsfond blieb inzwischen bei der Berner Handelsbank deponirt, und es verzeigt der bezügliche Ausweis dieser Bank auf 30. Juni 1884 ein Saldoguthaben von Fr. 26,844.

Was nun das Exekutivkomite anbelangt, so hat eine Neuwahl desselben infolge der fehlgeschlagenen Versuche, eine Delegirtenversammlung abzuhalten, nicht stattfinden können. Aus demselben Grunde ging auch jegliche Fühlung zwischen dein Komite und den Kantonen verloren. Von dan Mitgliedern selbst sind die Herren Dubs und Escher gestorben, Herr Professor Aeby ausgetreten, und es besteht das Komite somit heute aus den Herren Bundesrath Schenk und Dr. Ziegler. Die beiden Herren ersuchten nun den Bundesrath, die fernere Verwaltung des Hülfsfonds zu übernehmen.

Diesem Wunsche wurde entsprochen und das eidgenössische Finanzdepartement mit der Verwaltung dieses Fonds beauftragt.

Es fragt sich n u n , ob dieser Fond für alle Zeiten gesondert fortgeführt werden soll ohne eigentliche Zweckbestimmung. Ihre Kommission erachtet es als das Zweckmäßigste, wenn der Fond mit dem Invalidenfond verschmolzen und auch der Winkelriedfond

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dazu genommen wird. Außer dem Vortheile der Vereinfachung der Verwaltung sprechen auch materielle Gründe dafür. Der Zweck der drei Fonds ist derselbe : Unterstützung schweizerischer Militärs, welche im Militärdienst verunglücken. Es ist nun gewiß das Natürlichste, wenn statt der drei verschiedenen getrennten Fonds alle in e i n e n vereinigt werden.

B. Zollwesen.

Im Allgemeinen.

Die schweizerische Industrie hat durch die schutzzöllnerische Politik, welche die Staaten Buropas und Amerikas eingesehlagen haben, ganz empfindliche Schläge erlitten, und es drohen ihr noch größere, welche eine wahre Gefahr für die finanzielle Existenz und die Wohlfahrt unsers Landes sind. Es muß deßhalb unser Bestreben sein, n i c h t s unversucht zu lassen, um Mittel und Wege ausfindig zu machen, wie der drohenden Gefahr begegnet werden kann. Wir sind uns zwar wohl bewußt, welche große Schwierigkeiten die Frage bietet. Dagegen soll im Hinblick auf die enorme Wichtigkeit für unsere Volkswohlfahrt uns dieses nicht abschrecken, die Angelegenheit abzugreifen und das Bestmögliche zu erreichen.

Ihre Kommission glaubt daher, es sollte dieser Frage eine ganz ausnahmsweise Aufmerksamkeit geschenkt und sie nach allen Richtungen hin untersucht und bearbeitet werden. Sie stellt deßhalb das Postulat: D e r B u n d e s r a t h w i r d e i n g e l a d e n , u n t e r Beiz i e h u n g v o n E x p e r t e n zu u n t e r s u c h e n , w e l c h e Vorkehren (wenn nöthig, in Verbindung mit a n d e r n Staaten) g e t r o f f e n w e r d e n k ö n n e n , u m d e r d i e s c h w e i z e r i s c h e I n d u s t r i e schädigenden S c h u t z z o l l p o l i t i k der Großstaaten entgegenzutreten.

Wir gehen hiebei von folgenden Anschauungsweisen aus: Wenn die Großstaaten Europas und Amerikas der Schweiz ihren Markt durch hohe Schutzzollansätze auf die Dauer verschließen, so ist die Schweiz auf sich selbst angewiesen. Ihr Gebiet ist jedoch zu klein, um ihrer Industrie hinlänglich Absatz zu verschaffen, und wir werden das traurige Ereigniß erleben, daß unsere Industriellen ihre Geschäfte einstellen oder auswandern müssen. Am empfindlichsten würde unsere Landwirtschaft betroffen, wenn der Käsezoll von den andern Staaten auf eine Höhe gesetzt würde, der einein Einfuhrverbot gleich käme.

155 Die Schweiz einzig kann die \ f erhältnisse nicht umgestalten, ·und sie muß sich nach Bundesgenossen umsehen. Wir können diese vielleicht bei den kleinern, mehr neutralen Staaten finden und in der öffentlichen Meinung. Diese ist, selbst in monarchischen Staaten, zu einer Macht geworden, welche nicht zu unterschätzen ist, und welche in seinem Interesse zu beeinflussen und zu benutzen jeder Staat das Recht hat Es werden auch vielleicht andere Verhältnisse eintreten, welche die Staaten Europas zu einer vernünftigem Zollpolitik unter sich führen werden. Man müßte jeder Voraussicht blind sein, wollte man nicht anerkennen, daß in nicht ferner Zeit Amerika durch seine Konkurrenz das u n e i n i g e Europa unterdrücken wird. Bereits' hat Amerika den Markt seines eigenen Landes für viele auswärts herkommende Produkte verschlossen und dadurch die Produktion jener Länder, die mit ihm in reger Verbindung waren, mächtig geschädigt. Die Zölle in Amerika belaufen sich auf 35, 60, ja bis 80% des Werthes. Es wird sich aber Amerika hiemit nicht begnügen. Es wird für seine Industrien in Europa ein Absatzgebiet suchen und in unseren Staaten unserer Industrie Konkurrenz machen. Währenddem Rußland landwirthschaftlich und industriell von fremden Mächten unabhängig ist und England mit seiner riesigen Industrie die verschiedensten Märkte in Anspruch nimmt, werden die andern Staaten Europas von Amerika ausgebeutet werden. Der Fortsehritt, den die amerikanische Ausfuhr aus Amerika in den letzten Jahren gemacht hat, ist ganz enorm.

Die Ausfuhr der Vereinigten Staaten nach Frankreich z. B. hat sich in den Jahren von 1870 bis 1880 von 1880 Millionen Franken auf 4000 Millionen Franken vermehrt. Die Mehreinfuhr der Vereinigten Staaten nach England, Frankreich, Deutschland, Belgien, als die Ausfuhr diesel' Länder nach Amerika im Jahr 1880 beträgt 11,100 Millionen Franken. *) Daß dieses Uebergewicht der amerikanischen Einfuhr nach Europa mit der Zeit für die europäische Industrie erdrückend werden kann, wird durch die stets zunehmenden Zahlen ziemlich klar bewiesen. Die Brkenntniß dieses Faktums kann die Staaten Europas /u einer größern Einigung, ja vielleicht zu einer Zollunion führen, wie sie von Molinai-i, Leroy Beaulieu, Kaufmann Bergmann und Andern vorgeschlagen wurde. Wir wissen sehr wohl, daß diese Idee bei den maßgebenden
Kreisen in Europa noch keinen Boden gefunden hat. Dagegen erheben sich in den verschiedenen Ländern dafür immer mehr Stimmen, und auch in der Schweiz darf die Frage in Erwägung gezogen werden, weil sie für dieses Land von der größten Bedeutung ist.

*) Diese Zahlenangaben sind der Schrift von Dr. Alexander Peez, Mitglied des österreichischen Reichsrathes, entnommen.

156 Derartige Ideen müssen auf den verschiedenen Gebieten in verschiedenen Kreisen vorbereitet werden, ehe und bevor sie zur Verwirklichung gelangen können. Auch die Idee eines Alpendurchstiches brauchte lange Zeit, bis er in friedlichem Verein verschiedener Staaten zur Verwirklichung gelangte.

Wenn nun die verschiedenen Staaten Europas zur Einsicht gelangen, daß gegenüber Amerika nur durch ein gerneinsames Vorgehen ein Erfolg möglich ist, so wird auch die Zollpolitik im Bereich dieser Stauten eine wesentlich modifizirte werden.

Wir sind weit entfernt, die Schwierigkeiten der Ausführung au mißkennen. Wir wollen auch keine positiven Vorschläge bringen.

Wir wollen nur das Studium der Frage anregen. So gut als die Idee der lateinischen Münzunion, der Weltpostvereinigung, der Vereinigung des rothen Kreuzes durch Uebereinkommen v e r s c h i e d e n e r Staaten möglich war, ebenso gut liegt es nicht im Bereiche d e r Unmöglichkeit, d a ß e i n e A n n ä h e r u n g v e r s c h i e d e n e r S t a a t e n z u m Schutz i h r e r I n t e r e s s e n gegen die A u s b e u t u n g anderer Staaten möglich wird. Es ist das Studium dieser Frage das Ziel unsres Antrages.

Wir kennen auch die Einwendungen, welche gegen ein Vorgehen nach dieser Richtung hin gemacht werden : Bedenken politischer und kommerzieller Natur und Bedenken, die sich auf die Schwierigkeit der praktischen Ausführung beziehen.

Wenn mehrere Stauten in ihren zollpolitischen Interessen sich nähern, so können wir darin eben so wenig einen politischen Nachtheil erblicken, als wenn mit einzelnen grollen Nachbarstaaten einzelne Zoll vertrage abgeschlossen werden. So wenig als die lateinische Münzunion oder der Weltpostvertrag uns politische Gefahren gebracht hat, eben so wenig wird dies durch Vereinigung verschiedener Zollinteressen geschehen.

Vom kommerziellen Standpunkte aus ist eine Vereinigung nicht mit einem, sondern mehrern andern Staaten für kleinere Staaten von so eminentem und einleuchtendem V ortheil, daß eine Erörterung nicht nöthig ist. Sie bedeutet nichts Anderes als eine Vergrößerung ihres Absatzgebietes. Die praktische Ausführung begegnet schon vielen Hindernissen. Diese aber sind nicht unüberwindlich, und es können verschiedene mehr oder weniger weit gehende Ausführungen der Grundidee augewendet werden.

Einzelne Rubriken des Zollwesens.

Die Zollbezugskosten haben sich irnBerichtjahrr von 7,814% auf7,666%o vermindert Wenn auch diese Verminderung keine be-

157

deuteude ist, so glauben wir dennoch, darauf aufmerksam machen zu sollen. Ueber die Z o 11 ei n n ah m en enthalten wir uns jeder Bemerkung, da das Berichtsjahr ein Uebergangsjahr ist und der Einfluß des neuen Zolltarifs ersi mit dem Jahr 1885 beginnt.

Ueber das P o s t u l a t betreffend Ausfuhr von antiken Kunstgegenständen erklärt der Bundesrath, daß es fast unmöglich sei, auf dem Wege zolldienstlicher Maßnahmen die Ausfuhr von derartigen Gegenständen zu beschränken. Wir anerkennen, daß eine gänzliche Durchführung, namentlich für einzelne kleinere Gegenstände, von großer Schwierigkeit wäre, glauben aber dennoch, daß ein Verbot zur Folge hätte, daß größere Verkäufe von Sammlungen etc.

im Ausland nicht veräußert werden könnten.'

Mit den Entscheiden des Bundesrathes über Bezug von kantonalen Verbrauchssteuern erklären wir uns einverstanden.

VI. Geschäftskreis des Handels- und Landwirthschaftsdepartements.

Handel, Industrie und Gewerbe.

Handelsverträge.

Der Bundesrath widmet der Erneuerung und der Verbesserung unserer Handelsverträge mit auswärtigen Staaten eine beständige Sorgfalt. Wir hoffen, daß die Verträge mit Japan, der Türkei und Rumänien in einer für unsere Handelsinteressen günstigen Weise werden erneuert werden können, und wünschen, daß mit Griechenland ein Handelsvertrag zu Stande komme. Die Glarner Druckartikel allein weisen eine jährliche Ausfuhr nach Griechenland im Werthe von Fr. 600,000 auf.

Die Anwendung des Handelsvertrags mit Deutschland hat eine stete Zunahme sowohl der Einfuhr als der Ausfuhr bewirkt. Die Vermehrung der Ausfuhr beläuft sich im Jahr 1884 auf 49 Millionen Franken, wobei allerdings 25 Millionen auf Seide und 2 Millionen auf Edelmetalle fallen.

158 Dagegen hatte der Handelsvertrag mit Frankreich eine etwelche Abnahme der Ausfuhr von der Schweiz nach Frankreich zur Folge.

Die Ausfuhr fiel von 249 auf 229 Millionen ; doch ist dies nicht den Zollansätzen allein beizumessen, indem auch verschiedene andere Faktoren zu dieser Abnahme mitwirkten, welche wohl nur vorübergehend sein dürfte.

Internationale Beziehungen.

Die Zollanstände waren zahlreich, besonders an der italienischen Grenze. Wir zweifeln nicht, daß der Bundesrath auch ferner die Interessen des schweizerischen Handels wirksam wahren werde gegenüber einer Verwaltung, mit welcher der Verkehr besondere Schwierigkeiten zu bieten scheint.

Ausstellungen.

Die allgemeine Rechnung über die Landesausstellung in Zürich ist geschlossen.

Die Einnahmen belaufen sich auf .

. Fr. 3,637,973. 27 Die Ausgaben ,, ,, ,, . ,, 3,614,683. 43 Rechnungsüberschuß Fr.

23,289. 84 Ueber die Verwendung dieses Betrags ist im Jahr 1884 noch nicht verfügt worden. Von den Experten der verschiedenen Ausstellungsgruppen wurden 36 Spezialberichte publizirt. Das Handelsund Landwirthschaftsdepartement wird sich zur Pflicht machen, die in diesen Berichten ausgesprochenen Wünsche zu sortiren und praktisch zu verwerthen.

Konsulatsberichte.

Die Kommission bedauert, daß viele Konsuln ihre Handelsberichte so spät einsenden. Für den heimischen Handelsstand sind namentlich die überseeischen Konsulatsberichte von bedeutendem Interesse. Sie werden nicht nur im Handelsamtsblatt publizirt, sondern, was die Hauptstellen betrifft, auch in der Presse reproduzirt.

Wir sprechen den Wunsch aus, daß inskünftig alle unsere Konsuln sich zur Pflicht machen werden, alljährlich ihren Bericht an den Bundesrath einzusenden.

Handelsregister.

Die eidgenössische Inspektion der Handelsregister hat sich als nützlich erwiesen, indem durch sie mehr Gleichmäßigkeit und eine-

159 bessere Anwendung des Gesetzes in vielen Bureaux erzielt wurden.

Wir hoffen, es werden die diesfalls ertheilten Weisungen genau beobachtet werden und die eidgenössischen und kantonalen Behörden nicht in den Fall kommen, gegen fehlbare Beamte einzuschreiten.

Die Auslegungen, welche der Bundesrath in zweifelhaften Fällen aufstellte, geben der Kommission keinen Anlaß zu Bemerkungen.

Geistiges Eigenthum.

In Anwendung des Bundesgesetzes vom 23. April 1883 es im Berichtjahre zu 96 Einschreibungen schweizerischer Werke, und 40 ,, deutscher Literarwerke,

kam

Total 136.

Die Einschreibungen der Fabrik- und Handelsmarken belaufen sich auf 2294.

Das vom Departement errichtete Spezialbüreau weist gute Ordnung und Pünktlichkeit auf.

Der am 20. März 1883 in Paris abgeschlossenen internationalen Union zum Schütze des gewerblichen Eigenthums sind 15 Staaten beigetreten, umfassend 153,169,107 Einwohner. Dieses Ergebniß übertrifft die optimistischesten Erwartungen.

Gewerbliche Bildung.

Der Bundesbeschluß vom 27. Juni 1884 ist am 1. November gleichen Jahres in Kraft getreten. Es haben sieh für Bundesbeiträge 81 Anstalten gemeldet. Ihre Ausgaben belaufen sich auf Fr. 820,000, und die Jahresbeiträge der Kantone, Gemeinden oder Vereine auf Fr. 620,000; was für den Bund eine Ausgabe von Fr. 310,000 erheischt hätte, wenn alle diese Anmeldungen anspruchsberechtigt gewesen wären. Der Bundesrath mußte sich jedoch an den bestimmten Wortlaut von Art. 2 des Bundesbeschlusses halten und konnte daher nur gewerbliche Berufsbildungsanstalten zulassen. Ein Vollziehungsreglement, vom 27. Januar 1885, setzt die Bedingungen und das Verfahren für die Zulassung zu solchen Beiträgen fest.

Maß und Gewicht.

Der Bundesrath wird auch ferner darüber wachen, daß das Metersystem in allen Verkehrszweigen zur Anwendung kommt, insbesondere auch für Brennholz, Torf und Heu.

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Kontroliruiig des Feingehalts der Gold- und Silberwaaren.

Die Kontrolirung geschieht auf dein partements, welches bis jetzt 814 Stempel zerische Kontrolbureaux gibt es 12. Ihre Jahr zu Jahr zu. Die Einnahmen beliefen Fr. 143,902. 88.

Centralbüreau des Degeliefert hat. SchweiGeschäfte nehmen von sich im Jahr 1884 auf

Landwirthschaft.

Da der Bundesbeschluß vom 27. Juni 1884 erst seit dem 1. Januar 1885 in Kraft ist, so können wir uns jeder allgemeinen Bemerkung über die Landwirthschaft enthalten, welche letztere nun als eidgenössischer Verwaltungszweig in eine neue Bahn tritt.

Wir sehen mit Bedauern, daß die schweizerischen Pferdezüchter die Bundesbeiträge nicht gehörig benutzen wollen. Im Berichtjahr sind dem Departement nur vier Gesuche um Erlangung von Zuchthengsten eingegangen, deren Ankauf sodano stattfand. Wir glauben, der Bund sollte sieh nicht mit so unbedeutenden Ankäufen befassen, welche einerseits nichts leisten und anderseits doch namhafte Kosten verursachen. Würde derselbe zu solchen vereinzelten Verwendungen nicht Hand bieten, so dürften die Liebhaber von Zuchthengsten sich wohl zahlreicher präsentiren.

Zur Rubrik Viehseuchenpolizei bemerken wir, daß die Viehseuchenbülletins, welche man aus guten Gründen nunmehr zweimal im Monat erscheinen läßt, so eingerichtet werden sollten, daß ein und derselbe Fall nur einmal daselbst flgurirt, damit eine genaue Vergleichung ermöglicht wird.

Aus Petitionen, welche dem Departement zukamen, ist ersichtlich, daß man den Bund auch gegen das Umsichgreifen der, Blutlaus herbeiziehen will, wie dies bei der Reblaus geschah. Wir wollen uns nicht dagegen aussprechen, daß der Bund sich mit dieser Frage befasse, noch in eine Auslegung des Bundesbeschlusses vom 27. Juni 1884 eintreten; doch will uns scheinen, es wäre, da die Blutlaus ganz gut sichtbar ist und durch einfache Reinigung der Bäume vertilgt werden kann, zunächst Sache der Landwirthe oder Gutsbesitzer, die erforderlichen Vernichtungsmaßnahmen zu ergreifen.

Auswanderungswesen.

Es ist ein guter Gedanke des Bundesrathes, die Auswanderer auf die Gefahren und Uebelstände aufmerksam zu machen, denen

161 sie bei Niederlassung in gewissen Gegenden ausgesetzt wären. Noch besser war es, daß er ein Verbot wieder aufgehoben hat, das einer schweizerischen Agentur untersagte, Auswanderer nach Chili zu befördern.

Jagd und Fischerei.

Die Jagdpolizei wird irn Kanton Tessin in sehr ungenügender Weise gehandhabt. Die Zugvögel werden dort getödtet, und es scheint dieser Unfug von den Behörden geduldet zu werden. Wozu nützt es also, daß man in anderà Kantonen die Vögel schont, wenn dies nur dazu führt, die Speisekammer unserer Miteidgenossen jenseits des Gotthard zu füllen? Doch der Bundesrath wird das von den Umständen Gebotene vorzukekren wissen.

Die Fischzucht ist durch die Mitwirkung des Bundes bereits merklich gefördert worden. Durch eine fortgesetzte Berücksichtigung dieses wichtigen Zweiges unserer Nationalökonomie werden die eidgenössischen und kantonalen Behörden wesentlich zur Hebung -des Wohlstandes des Landes beitragen.

VII. Geschäftskreis des Post- und Eisenbahndepartements.

Postverwaltung.

Allgemeine Bemerkungen.

Die Gresammt-Posteinnahmen beliefen sich im Jahre 1884 auf Die Ausgaben auf Der Reinertrag beträgt .

Der Voranschlag sah vor

.

.

.

.

Fr. 15,384,150. 97 ,, 14,202,284. 33

.Fr.

. ,,

1,181,866. 64 1,271,200. --

Die Minusdifferenz beträgt .

.

.Fr.

Die Nachtragskredite belaufen sich auf ,,

89,333. 36 17,790. 90

Es bleibt also eine Differenz von .

Bundesblatt. 37. Jahrg. Bd. III.

. Fr.

71,542. 46 11

162 Die Rechnung für 1883 schloß mit einem Reinertrag von; Fr. 1,245,822. 83 ab; aber es ist zu bemerken, daß im Jahre 1883 in vier Postkreisen für Fr. 518,534. 25 Werthzeichen amortisirt wurden, während im Jahre 1884 behufs Beendigung dieser Reform in der Werthzeichen-Verrechnung in vier weitern Postkreiseri die Summe von Fr. 624,619. 13 aufgewendet wurde und diese Neuerung nun in sämmtlichen 11 Postkreisen durchgeführt ist.

Die Verminderung des Reinertrags der Postverwaltung ist daher nur eine scheinbare. Mit größter Befriedigung konstatiren wir, daßder wirkliche Reinertrag auf Fr. 1,456.485. 77 sich beläuft und den im Dezember 1883 aufgestellten Voranschlag um Fr. 185,285. 77 übersteigt.

Der Reisendenverkehr, mit den Transportkosten verglichen, ergibt allein einen um Fr. 65,000 höbern Ausfall als im Jahr 1883.

Dieses Ergebniß ist den Wirkungen der Cholera, welche in Frankreich und Italien herrschte, zuzuschreiben. Die andern Einnahmen sind im Steigen begriffen.

Die Zahl der unfrankirten Briefe vermindert sich von Jahr zu Jahr und betrug im Jahre 1884 nur noch 2,1 °/o.

Vorlagen an die Bundesversammlung und Erlasse derselben.

Der Bundesrath theilt uns mit, daß er sich lebhaft mit dem Postulat Nr. 146, Protestaufnahme durch die Post betreffend, befasse.

Wir sind der Ansicht, daß der Bundesrath in einer so wichtigen Angelegenheit nichts überstürzen soll und wohl daran thut, die Angaben über die in andern Ländern von dieser Einrichtung erzielten Resultate sich vervollständigen zu lassen.

Unterhandlungen und Yerträge.

Schon bis jetzt bestanden Verträge mit Deutschland, Belgien,.

Mederland und Luxemburg betreffend den Austausch von Geldanweisungen auf telegraphischem Wege. Unterm 8. Mai 1884 ist über den nämlichen Dienstzweig ein Uebereinkommen mit Frankreich getroffen worden. Der Lissaboner-Kongreß hat sich ebenfalls mit dieser Angelegenheit beschäftigt und wahrscheinlich werden durch ein allgemeines Uebereinkommen den Poststellen die nöthigen Garantien zur Ausführung dieser Maßregeln geboten.

Beiläufig bemerken wir, daß die Kosten des internationalenPostbureau im Jahr 1884 den Gesammtbetrag von Fr. 88,367. 3&

163 erreichten und daß die Schweiz sich mit Fr. 1540 daran zu betheiligen hatte, gewiß ein minimer Betrag im Verhältniß zu den Diensten, welche diese Einrichtung leistet.

Besoldungen.

Aus den vergleichenden Besoldungstabellen ergibt sich, daß die Ausgaben für Gehalte von 1882 bis 1884 um circa Fr. 530,000 gestiegen sind.

Diese Vermehrung ist die Folge von Gehaltsaufbesserungen, welche in den letzten Jahren auf dem Wege der Gesetzgebung successive eingeführt wurden. Diese Vermehrung kommt namentlich den Bureaux II. und III. Klasse, den Ablagen und Briefträgern zu Gute. Die Kondukteurbesoldungen waren schon in den Jahren 1880 und 1881 erhöht worden.

TJnfallentschädigangen.

Diese Entschädigungen sind durch die Verordnung vom 30. Dezember 1881 normirt. Die bezügliche Rechnung pro 1884 weist einen Aktivsaldo a u f v o n .

.

.

.

. F r . 56,895. 0 5 Ende 1883 betrug er ,, 48,955. 35 somit Vermögensvermehrung .

.

.

. F r . 7,939. 7 0 Die in 29 Fällen, für 892 Krankheitstage bezahlten Entschädigungen beliefen sich auf .

. ,, 2,449. 50, welcher Betrag verbleibt nach Abzug der von Eisenbahngesellschaften in 4 Fällen für 98 Krankheitstage rückbezahlten Entschädigungen.

Da der Bundesbeitrag sich auf

,,

8,000. --

beläuft, so bleibt ein Beirag von .

.

. F r . 5,550. 20 verfügbar, welcher, zu den Zinsen geschlagen, die obenerwähnte Vermögensvermehrung ausmacht.

Betrieb.

Unterm 7. Oktober 1884 hat der Bundesrath die Transportordnung für die schweizerischen Posten veröffentlicht und auf den 1. November das Posttaxengesetz vom 26. Juni 1884 in Kraft gesetzt. Die Kommission anerkennt, daß die neuen Gesetzesbestimmungen für das Publikum, den Handel und die Presse günstig

164

sind. Beim Inkrafttreten des Gesetzes vom 26. Juni 1884 war eine Einbuße von Fr. 516,200 auf den Posteinnahmen zu befürchten; nach den bis jetzt gernachten Erfahrungen glauben wir aber annehmen zu dürfen, daß diese Befürchtungen sich infolge Verkehrszunahme nicht erfüllen werden.

Die Stückzahl der im Transit durch die Schweiz beförderten Fahrpoststücke allein belief sich im Jahr 1884 auf 272,465, gegenüber 80,344 Stück im Jahr 1882. Die Einnahmen an Taxen von Postsendungen im März 1885 weisen in allen Postkreisen mit Ausnahme eines einzigen eine Vermehrung auf und ihr Betrag steht um Fr. 58,574 höher als im entsprechenden Monat von 1884.

Telegraphenverwaltung.

Die Depeschenzahl betrug im Jahr 1883 ,, ,, 1884

.

.

. 2,888,895 . 2,852,300

Es ist somit eine Verminderung um .

.

.

36,595 Depeschen eingetreten, mit einer Einnahmenverminderung- von Fr. 32,745. 51. Dessenungeachtet hat die Rechnung die Erwartungen des Voranschlags überstiegen.

Es betragen die Einnahmen Die Ausgaben Aktivsaldo D a s Budget s a h v o r Vermehrung

.

.

.

. F r . 2,225,994. 86 ,, 1,939,121. 22

.

.

.

Fr.

,,

286,873. 64 189,800. --

Fr.

97,073. 64

Die Verminderung der Depeschenzahl erklärt sich aus der Abnahme der Fremdenfrequenz und der Ausdehnung des Telephonnetzes. Die Anzahl der Stationen dieses Netzes ist auf 1124 angewachsen ; die Einnahmen betragen Fr. 338,000. 65, die Ausgaben Fr. 405,137. 57 und der Passivsaldo Fr. 67,136. 92. Es ist also noch nicht an der Zeit, auf Herabsetzung der Abonnementsgebühren und der Taxen für die telepbonische Korrespondenz zu dringen. Die Kommission anerkennt mit dem Bundesrath, daß unsere Taxen erheblich niedriger sind als diejenigen der Nachbarstaaten; daß ferner die Abonnementsgebühren von zwei Jahren nicht hinreichen können, die Einrichtungskosten zu amortisiren und daß jedenfalls erst nach einem fünfjährigen Bezug der Gebühren an eine Taxreduktion gedacht werden darf.

165

Eisenbahnabtheilung.

Gesetzgebung.

Das Wichtigste, was im Jahr 1884 im eidgenössischen Eisenbahnverwaltungswesen vorkam, ist ohne Zweifel das Bundesgesetz über das Rechnungswesen der Eisenbahngesellschaften, welches am 15. April gleichen Jahres in Kraft trat.

Wir können dein Bundesrathe nur lebhaft empfehlen, mit allen Eisenbahngesellschaften die Verhandlungen fortzusetzen, um eine gütliche Verständigung über Feststellung der Bilanz-Aktiven einer jeden Gesellschaft, gemäß Artikel 2 des genannten Gesetzes, zu erzielen, und zwar so, daß an das Bundesgericht nur im äußersten Falle zu rekurriren ist.

Internationale Verhältnisse.

Wir empfehlen dem Bundesrathe im Allgemeinen, Allem, was die internationalen Beziehungen betrifft, seine Fürsorge zu widmen, indem dieselben unbestreitbar einen bedeutsamen Faktor in unserer Nationalökonomie bilden.

Hier mag es am Platze sein, die Inbetriebsetzung der Arlbergbahn in Erinnerung zu bringen, die als ein wirkliches Ereigniß für unser Eisenbahnnetz und unsern Handel erscheint.

Hervorzuheben ist ein Irrthum in der Tabelle ,,iin Bau befindliche Linien"^ betreffend die Eröffnung der Strecke St. GingolphBouveret, welche durch den Vertrag auf den 1. Oktober 1885 festgesetzt ist.

Balinban.

Die Kommission ist der Ansicht, es sollten alle Eisenbahngesellschaften angehaltea werden, ein Kreuzungsgeleise, überall wo ein solches nicht bereits existirt, in allen, auch den unbedeutendsten, Bahnhöfen herzustellen.

Es wäre dies für gewisse Fälle das beste Mittel, übermäßige Verspätungen und vielleicht selbst schwere Unfälle zu verhüten.

Kontrole des Bahnzustandes.

Gerne wollen wir rtiit dem Bundesrathe annehmen, daß die Eisenbahnverwaltungen sich anstrengen, eine nach Möglichkeit weit-

166 gehende Sicherheit, sowohl der Bahn als der verschiedenen ßetriiebsEinrichtungen, zu erzielen.

Es ist diese Frage aber so wichtig für die Sicherheit der Reisenden, daß wir nicht genug empfehlen können, die Kontrole und Ueberwaehung des Zustandes der Bahnlinien und ihrer Zubehörden stetsfort mit minutiösester Wachsamkeit auszuüben.

E i n f r i e d u n g e n und B a r r i è r e n. Wenn eine strenge Verpflichtung, überall, der ganzen Bahn entlang, Einfriedungen herzustellen, vielleicht nicht besteht, so verhält es sich dagegen anders mit den Barrieren bei Bahnübergängen. Diese müssen hinlänglich solid erstellt sein, gut funktioniren und pünktlich überwacht werden.

S i g n a l e und B r e m s e n . Ebenso kann auch den Signalen und den mechanischen Einrichtungen, wie ihrer Handhabung, nicht genug Aufmerksamkeit geschenkt werden. Insbesondere muß die G-otthardgesellschaft neuerdings eingeladen werden, ein Signalsystem einzuführen, das dem Personal der langen Züge gestattet, mit dem Maschinisten zu verkehren. Was die Bremsen betrifft, so glauben wir, die betreffende eidgenössische Verwaltung sollte Untersuchungen über das beste System anstellen, und sodann die Frage in's Auge fassen, ob dessen Gebrauch nicht allen Gesellschaften vorgeschrieben werden sollte.

W e i c h e n . Der Bericht des Departements theilt unter Anderm mit, daß 30 °/o der Entgleisungen infolge ungenügender oder falscher Stellung der Weichen stattgefunden haben. Er fügt bei : die sicherste Abhülfe läge in dem besondern Sicherh'eitsverschluß bei Weichenspitzen, -welche Einrichtung aber bei den meisten der vorhandenen Weichen noch nicht bestehe.

Wenn aber durch dieses Mittel Sicherheit erzielt wird, so sollte der Bundesrath nach unserrn Dafürhalten ohne Verzug überall dessen Anwendung anordnen.

Auch das Rollmaterial ist beständig den genauesten Inspektionen zu unterwerfen. Es wäre wohl überflüssig, wollten wir hier noch eine besondere Empfehlung beifügen oder die Zweckmäßigkeit der unter dieser Rubrik erwähnten Sicherheitsvorkehrungen noch weiter betonen.

Bahnbetrieb.

F a h r t p l ä n e . Die Kommission spricht förmlich den Wunsch aus, daß die Festsetzung der Fahrtpläne stets im Einverständnisse

167 mit den Kantonsbehoïden und ia der Weise stattfinde, daß eine möglichste Coincidenz der Züge in den verschiedenen Richtungen ·erzielt werde.

T r a n s p o r t w e s e n . Wir haben mit Befriedigung ersehen, daß das Departement sich mit Verbesserungen der Transporteinrichtungen für Groß- und Kleinvieh befaßt, und hoffen, daß diesfalls in Bälde wirksame Maßnahmen werden angeordnet werden.

U n f ä l l e . Im Jahr 1884 kamen verbaltnißmäßig wenige Unfälle vor; freilich ist es auch an wenigen noch zu viel, und auch die unbedeutendem sind bedauerlich. Die geringe Zahl ist ein Beweis für die Wachsamkeit der Verwaltungsgesellschaften und ihrer Angestellten, Kranken- und TJnterstütznngskasse.

Die Kommission ist zwar im Falle, ihre Befriedigung über die Sorgfalt auszusprechen, womit einige große Gesellschaften diese Kasse speisen; gleichwohl wiederholt sie das Verlangen, daß die Verwaltung dieser Gelder von den eigentlichen Gesellsehaftsrechnungen vollständig gesondert werde. Es ist sehr gut, wenn der Bundesrath sich mit dieser Frage befaßt und im angedeuteten Sinne einschreitet. Diese Trennung ist übrigens durch das Bundesgesetz vom 21. Dezember 1883 über das Rechnungswesen der Eisenbahnen vorgeschrieben.

B. Geschäftsführung des Bundesgerichtes.

Das Bundesgericht betont auch diesmal wieder die schon in seinen frühern Geschäftsberichten angeregte Revision des Gesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege, im Sinne der Erweiterung seiner Kompetenzen, wobei insbesondere die jetzige Beschränkung des Weiterzuges auf die sogenannten Haupturtheile und einen Streitwerth von im Minimum 3000 Franken, die Fußung des Urtheils auf den von den kantonalen Gerichten festgestellten Thatbestand

168 und das bis zur Stunde theilweise gesetzliche mündliche Verfahre» in's Auge gefaßt sind. Diese Revision würde vorab die Art. 29 und 30 des genannten Gesetzes beschlagen müssen.

Faßt man die schon jetzt bestehende Arbeitsüberlastung des Bundesgerichtes in's Auge, die daher rührende Zahl der pendent bleibenden Fälle und die mittlere Zeit der Prozeßdauer, so ist man durchaus genöthigt, auch schwer wiegenden Bedenken gegenüber der angestrebten Erweiterung der Kompetenzen des Bungesgerichfes ihre große Berechtigung einräumen zu müssen.

In Ehescheidungsprozessen, welche von Deutschen bei schweizerischen Gerichten angebracht werden wollen, scheint dem Bundesgericht die Domizilfrage der Eheleute von großem Gewichte zu sein, da es gedenkbar sei, daß solche Prozessanten ein Donimi nui fingiren könnten, woraus Verwicklungen sehr unlieber Art sich ergeben würden. Die neue deutsche Civilprozeßordnung habe hierüber nicht volle Klarheit geschaffen. Der Art. 56 des Gesetzes vom 24. Dezember 1874 über Zivilstand und Ehe bei Scheidungs- und Nichtigkeitsklagen von Ausländern setzt bestimmt voraus, daß der Staat, dem die Eheleute angehören, das zu erlassende Urtliieil anerkennen werde, und es zielt die Bemerkung des Bundesgerichtes wohl dahin ab, den Kantonen in dieser Materie große Vorsicht zu empfehlen. Wir glauben, daß die Mahnung des Bundesgerichts von Seite der kantonalen Gerichte alle Nachachtung verdient, um so mehr, da die Note der deutschen Gesandtschaft vom 18. Januar an den Bundesrath unumwunden erklärt, daß weder sie, noch die Konsulate eine Bescheinigung für die Anerkennung eines solchen schweizerischen Urtheils auszustellen berechtigt seien, und daß die Betreffenden sich hiefür an ihre heimatliehen B e h ö r d e n zu wenden hätten.

In allen rechtskundigen Kreisen wird die Meldung mit Vergnügen begrüßt werden, daß das Generalregister über die Urtheile und Beschlüsse des Bundesgerichtes seit 1875 inklusive bis 1883, redigirt von Hrn. Bundesriohter Dr. Hafner, in seiner ersten Hälfte (Gesetzesregister) druckfertig ist, und daß die zweite Hälfte (das alphabetische Sachregister) noch in diesem Jahre vollendet wird.

Ebenso erfreulich ist, daß die Bauarbeiten des neuen Gerichtshauses ihrem vollen Abschlüsse nahen, und es wird dasselbe noch im laufenden Jahre bezogen werden können.

169

Zusammenstellung der Anträge der» Kommission.

A. Geschäftsführung des Bundesrathes.

Departement des Innern.

1. Der Bundesrath wird eingeladen, darauf bedacht zu seinT daß seine Berichte und Anträge über wichtige Vorlagen jeweilen drei Wochen vor der Besammlung der Räthe den Mitgliedern mitgetheilt werden.

2. Der Buudesrath wird eingeladen, sich darüber zu äußern, ob nicht die in der Bundesverwaltung berechneten Reiseentschädigungen von 20 Cts. per Kilometer auf 10 Cts. angesetzt werden, könnten.

3. Der Bundesrath wird eingeladen, neuerdings Schritte zu thun, damit die in Aussicht gestellte Benutzung des vatikanischen Archivs zur Verwirklichung gelange. · 4. Der Bundesrath wird eingeladen, durch ein Regulativ die Verwendung des für die Sammlungen und wissenschaftlichen Anstalten des Polytechnikums ausgesetzten Kredites zu ordnen, indem er die Kompetenzen der betheiligten Professoren und des Schulrathes bestimmt.

5. Der Bundesrath wird eingeladen, darauf hinzuwirken, daß der Schulrath bei Abschluß seiner Verträge mit schweizerischen Schulen, welche auf das Polytechnikum vorbereiten, das Hauptgewicht nicht auf die innere Organisation der betreffenden Anstalten sondern auf den in denselben erzielten Lehrerfolg lege.

Militärdepartement.

6. Der Bundesrath wird eingeladen, von dem Erlaß einer Verordnung über Einführung des zum Militärdienst vorbereitenden Turnunterrichts für die schweizerischen Jünglinge vom 16. bis 20. Altersjahr als verfrüht abzusehen.

170

7. Der Bundesrath wird eingeladen, dafür besorgt sein zu wollen, daß die Truppen die obligatorische Fußbekleidung in eidgenössischen oder kantonalen Depots zu möglichst billigem Preise und in guter Qualität beziehen können.

Finanz- und Zolldepartement.

8. Der Bundesralh wird eingeladen, den Winkelriedfond und den Hülfsfond schweizerischer Wehrmänner mit dem Invalidenfond unter dem Namen ,,Invaliden- und Winkelriedfond" zu vereinigen.

9. Der Bundesrath wird eingeladen unter Beiziehung von Experten zu untersuchen, welche Vorkehren (wenn nöthig in Verbindung mit andern Staaten) getroffen werden können, um der die schweizerische Industrie schädigenden Schutzzollpolitik der Großstaaten entgegenzutreten.

B. Im Allgemeinen.

10. Im Uebrigen wird der Geschäftsführung des Bundesrathes und des Bundesgerichtes im Jahr 1884 die Genehmigung ertheilt.

B e r n , den 15. Mai 1885.

Die Mitglieder der Kommission: Binnann.

Chappex.

Qobat.

v. Hettlingen.

Muheini.

Schaller.

Yigier.

-S*®S®)!ï$!S^X3-

171

# S T #

Nachtragsbotschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung betreffend Besteuerung von eidgenössischem Grundbesitz durch die Gemeinden.

(Vom 22. Mai 1885.)

Tit.

Anläßlich der Behandlung der Petitionen der Gemeinden Thierachern, Uebeschi, Amsoldingen und Bolligen, betreffend Steueransprüche an den Bund, hat die Bundesversammlung unterm 16. Dezember 1884 folgendes Postulat erlassen: ,,Der Bundesrath wird eingeladen, in Berücksichtigung der Petitionen von Thierachern, Amsoldingen, Uebeschi und Bolligen, beförderlich die Frage zu prüfen und darüber den Räthen Bericht und Antrag zu hinterbringen, welche Liegenschaften des Bundes als nach Art. 7 des Gesetzes über die poltischen und polizeiliehen Garantien zu Gunsten der Eidgenossenschaft vom 23. Dezember 1851 (Amtl. Samml. III, 33, ältere Folge) unmittelbar für ßundeszwecke bestimmt und daher steuerfrei, und welche dagegen, weil nur mittelbar Bundeszwecken dienend, als steuerpflichtig zu betrachten seien."

Wir beehren uns, Ihnen hierüber folgenden Bericht zu erstatten : Das Grundeigentum des Bundes besteht dermalen aus 1) den Waffenplätzen von Thun und Herisau und theilweise von Bière und Frauenfeld nebst Reitbahn ; 2) den Pestungswerken, Zeughäusern und Munitionsmagazinen ;

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht der ständeräthlichen Kommission über die Geschäftsführung des Bundesraths und des Bundesgerichts im Jahre 1884. (Vom 15. Mai 1885.)

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Jahr

1885

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24

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

28.05.1885

Date Data Seite

129-171

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10 012 753

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