65 Es wird über das Memorial und die Petition im Sinne der in dem bundesräthlichen Berichte enthaltenen Ausführungen zur Tagesordnung geschritten.

B e r n , den 17. Dezember 1884.

Der französische Berichterstatter der ständeräthlichen Kommission : Alph. Bory.

Mitglieder der Kominission: EH. Fischer.

Bory.

Tschudi.

Für getreue Uebersetzung ; Brüstlein.

# S T #

Bundesrathsbeschluß über

den Rekurs des Ludwig Best, aus Udenheim (Großh. Hessen), betreffend Wegweisung aus der Gemeinde Ölten, Kantons Solothurn.

(Vom 11. November 1884.)

Der schweizerische Bundesrath hat in Sachen des Ludwig B e s t , nus Udenheim (Großh. Hessen), betreffend Wegweisung aus der Gemeinde Ölten; auf den Bericht des Justiz- und Polizeidepartements und nach Feststellung folgender aktenmäßiger Sachverhältnisse:

r 66 I. Durch Verfügung des solothurnischen Regierungsrathes vom 11. Juli 1884 wurde die von der Gemeindebehörde von Ölten beschlossene Ausweisung des seit 13. Oktober 1877 in genannter Gemeinde niedergelassenen Rekurrenten bestätigt. Der Regierungsbeschluß stützt sich auf Art. l , 2 und 7 des Niedeïlassungsvertrages zwischen der Schweiz und dem Deutschen Reiche vom 27. April 1876, indem er ausführt: Ludwig Best sei infolge Geltstages seiner bürgerlichen Rechte und Ehren beraubt; derselbe sei schlecht beleumdet; er verweigere die Zahlung der Gemeindesteuer wegen Hablosigkeit, lebe somit den Gesetzen und Verordnungen nicht nach und verfehle sich übei-dies gegen die Armenpolizei.

II. Ludwig Best rekurrirte mittelst Eingaben vom 24. Juli, 7. August und 4. September 1884 gegen die Verfügungen der Gemeinde- und Kantonsbehörden an den Bundesrath.

Er bestreitet, daß irgend welcher vertragsmäßige Ausweisungsgrund gegen ihn vorliege , und legt amtliche Bescheinigungen vor, daß er in Ölten niemals der öffentlichen Wohlthätigkeit zur Last gefallen und niemals wegen Gemeindebelästigung oder aus einem sonstigen Grunde gerichtlich bestraft worden sei.

Nicht Art. l und 2, sondern einzig Art. 7 des schweizerischdeutschen Niederlassungsvertrages könne in Frage kommen. Jene Artikel handeln vom Erwerb, dieser vom Entzug der Niederlassung.

Keiner der im letztgenannten Artikel aufgezählten Ausweisungsgründe treffe in seinem Falle zu.

ITI. Der Gemeinderath von Ölten hatte im \rerfolg der Angelegenheit vom Rekurrenten die Beibringung des in Art. 2 des Niederlassungsvertrages vorgeschriebenen Zeugnisses über den Vollgenuli der bürgerlichen Ehrenrechte und einen unbescholtenen Leumund verlangt.

Der Rekurrent hat jedoch dieses Dokument nicht beigebracht, übrigens bestritten, daß dasselbe von ihm verlangt werden könne,' nachdem seine Niederlassung seit sieben Jahren eine ,,perfekte juristische Thatsacheu sei.

IT. Auf das Gesuch der Regierung des Kantons Zürich bewilligte der solothurnische liegierungsrath unterm 22. Oktober 1884 die Auslieferung des Best wegen Anklage auf Betrug. Die Auslieferung wurde am 27. Oktober vollzogen; in Erwägung: 1) Nachdem der Rekurrent, des Betruges angeklagt, an die Strafgerichtsbehörde in Zürich ausgeliefert worden ist, kann die

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Frage, ob er auf Grund des Art. 7 des schweizerisch - deutschen Niederlassungsvertrages vom 27. April 1876 aus der Gemeinde Ölten weggewiesen werden durfte, nicht mehr zweifelhaft sein. Die Wegweisung erscheint als eine nicht weiter anfechtbare Maßnahme.

2) Obgleich unter diesen Umständen für den Bundesrath eine unmittelbare praktische Veranlassung, sich mit den übrigen von den solothurnischen Behörden angeführten Wegweisungsgründen zu beschäftigen, nicht mehr vorliegt, so ist dennoch hierorts, des Grundsatzes wegen, die Theorie des Rekurrenten als eine irrthümliche zurückzuweisen , nach welcher eine trotz Nichterfüllung der in Art. 2 des Niederlassungsvertrages vorgeschriebenen Requisite bewilligte Niederlassung eines Deutschen in der Schweiz eine ,,juristische Thatsache" wäre und den kompetenten Behörden das Zurückkommen auf die Forderung der vertragsmäßigen Ausweise in der Folgezeit nicht mehr gestattet sein würde. Der Bundesrath hat schon einmal, im Rekursfalle Benedix (Bundesblatt 1884, II, S. 744), für den gegentheiligen Standpunkt sich ausgesprochen, beschlossen: 1.

Der Rekurs wird als unbegründet abgewiesen.

2. Dieser Entscheid ist der Regierung des Kantons Solothurn zu Händen der Gemeinde Ölten, sowie dem Rekurrenten -- unter Aktenrückschluß -- schriftlich mitzutheilen.

B e r n , den 11. November

1884.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Welti.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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Bundesrathsbeschluß über den Rekurs des Ludwig Best, aus Udenheim (Großh. Hessen), betreffend Wegweisung aus der Gemeinde Olten, Kantons Solothurn. (Vom 11. November 1884.)

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