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Botschaft des

Bundesrathes au die Bundesversammlung, betreffend den Ankauf eines Bauplatzes zum Zwecke der Erstellung eines neuen Post- und Telegraphengebäudes in Interlaken.

(Vom 4. Dezember 1885.)

Tit.

Wir sehen uns genöthigt, die Erwerbung größerer und geeigneterer Post- und Telearaphenlokalitäten in Interlaken in Aussicht zu nehmen. Die Lage des jetzigen Postbureau, neben dem ,,Oberländerhof", hart an der Hauptstraße und in richtiger Mitte zwischen den Fremden-Etablissements um Höheweg und dem Bahnhofe, läßt zwar nichts zu wünschen übrig; dagegen entsprechen die Raumverhältnisse den dermaligen Verkehrsanforderungen entschieden nicht mehr, und als besonders mißlich erzeigt sich je länger jo mehr der Uebelstand, daß die Schalter direkt in's Freie führen, mithin das mit der Post verkehrende Publikum nicht i n's Gebäude selbst (.intreten kann. Dieser Umstand, der beim gegenwärtigen Postgebäude nicht beseitigt werden kann, hat begreilcherweise, namentlich bei schlechter Witterung, seine bedenklichen Inkonvenienzen und bildet besonders bei den Fremden einen beständigen Stein des Anstoßes.

Was das Telegraphenbüreau betrifft, so ist die Luge desselben insoweit ebenfalls eine centrale, als es in einem Hause neben resp.

hinter dem Postgebäude untergebracht ist; allein der Zugang liegt an einer Seitenstraße, der "Poststrasse" ist nicht leicht auffindbar und daher ganz ungeeignet. Der Apparatensaal ist beengt, und es gestattet der verfügbare Kaum die Aufstellung weiterer Apparate,

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wofür sich die Notwendigkeit in den nächsten Jahren erzeigen kann, nicht. Auch das Aufgabelokal sollte größer sein.

Zu diesen speziellen Uebelständen kommt der allgemeine, da& Post und Telegraph sich nicht im gleichen Gebäude befinden, was unter den gegenwärtigen Verhältnissen nicht geändert werden kann.

Der Miethvertrag betreffend das Postbüreau hat eine feste Dauer bis 1. Juni 1888, derjenige betreffend das Telegraphenbüreau bis l, Januar 1888, so daß nicht gezögert werden darf, sich um neue Lokale umzusehen.

Die Bedürfnisse hinsichtlich der Post- und Telegraphenlokale in Interlaken lassen sich selbstverständlich nicht nach dem Maßstabe des Winterverkehrs bemessen, indem der enorme Fremdenverkehr im Sommer ganz andere Verhältnisse schafft. Das Personal beider Bureaux (Post und Telegraph) muß im Sommer, um den Dienstanforderungen genügen zu können, mehr als verdoppelt werden.

Um die Lebhaftigkeit des Sommerverkehrs zu konstatiren, führen wir beispielsweise an, daß beim Postbüreau Interlaken zu gleicher Zeit durchschnittlich circa 3000 poste-restante-Gegenstände lagern.

Es läßt sich leicht ermessen, welch' regen Verkehr nur dieser eine Dienstzweig, welcher in der Schweiz einzig in Luzern noch größere Dimensionen aufweist, mit sich bringt. Das dortige Telegraphenbüreau nimmt mit seinem Sommerverkehr den neunten Rang unter circa 1200 Bureaux ein.

Aber auch im Allgemeinen stellt der Charakter Interlakens als Fremdeuort ersten Ranges an die Beschaffenheit der Dienstlokale in gewissen Richtungen höhere Anforderungen und macht in der That besondere Rücksichtnahme nothwendig.

Bei den vielfältigen Interessen, die sich in Interlaken an die Fremdenindustrie und damit in gewisser Beziehung an die Lage der Post- und Telegraphenbüreaux knüpfen, muß mit Nachdruck darauf Redacht genommen werden, daß die gegenwärtige, in Ansehung des Gesammtortes sehr günstige Lage möglichst wenig verändert werde.

Es liegt dies auch entschieden im Interesse der beiden Verwaltungen selbst.

Diese Erwägung wird es aber sehr schwierig, wenn nicht unmöglich machen, mi e t h w e i s e absolut geeignete, für eine lange Reihe von Jahren ausreichende Lokale zu erlangen, auch wenn dafür, was bei den Verhältnissen von Interlaken nicht zu verhindern wäre, sehr hohe Miethpreise bezahlt würden.

Wir sind daher der Ansicht, es sei auch hier das weitaus Richtigste, daß sich der Bund in die Stellung des H a u s e i g e n -

513 t h ü m e r s begebe, d. h. in eigenen Kosten die nöthigen Lokalu erstelle.

Die Gelegenheit zum Ankaufe eines passenden Bauplatzes hat sieh bereits gefunden. Die Gemeinde Aarmühle hat nämlich das Grundstück der alten Parqueteriefabrik in Interlaken angekauft und offerirt uns ab diesem Grundstücke Bauterrain im Gesammt-Flächeninhalte von 826 m 2 zum Preise von Fr. 65,000, also zu ca. Fr. 79 per m 2 , ein Preis, der im Verhältniß zur Ankaufssumme für das Ganze, der Lage des Terrains und der Liegenschaftspreise in Interlaken im Allgemeinen als annehmbar erscheint.

Das Post- und Telegraphengebäude käme hiebei auf die westliehe Seite des Oberländerhofes zu stehen (während die jetzigen Dienstlokale in den östlichen Nachbarhäusern des Oberländerhofes untergebracht sind), d. h. in unmittelbare Nähe der Vereinigung der Straßen vom Höheweg, von Unterseen und vom Bahnhof. Die Lage könnte daher nicht günstiger sein.

Unsere eingehende Prüfung hat ergeben, daß dieses Bauterrain nach allen Richtungen zweckentsprechend wäre und die Erstellung eines Post- und Telegraphengebäudes (Erdgeschoß und 2 Etagen) mit allen wünschbaren Diensträumen, eines genügend großen Hofes und einer Remise, welch' letztere zur Unterbringung des Reserve Parkes für die Oberländer- und Simmenthaler-Postkurse nothwendig ist, bequem gestatten würde.

Nachdem wir auch bereits die Baufrage einer einläßlichen Untersuchung unterzogen haben, können wir mittheilen, daß im Hauptgebäude das ganze Erdgeschoß zu Postzwecken und ein Theil des ersten Stockes für den Telegraphendienst verwendet würde, während der übrige Theil als Wohnungen (des Postverwalters und des Telegraphisten) vermiethet werden könnte.

Die Baukosten müssen wie folgt berechnet werden: 1) Hauptgebäude, Kubikinhalt 3542 rn3, vom Trottoir bis zum Dachgesims gemessen, à Fr. 23 per m 8 . Fr. 81,466 2) Postremise ,, 7,000 3) Erstellung der Trottoirs und der Pflasterung im Hofe ,, 2,000 4) Einfriedigung des Posthofes inklusive zwei Einfahrtsthore ,, 1,500 Fr.

91,966

rund Dazu Bauplatz

Fr. 92,000 ,, 65,000

Gesammtkosten

Fr. 157,000

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Hienach ergäbe sich, indem wie üblich für die Bauten als Amortisationsquote und für den Unterhalt zusammen 2 °/o der Baukosten und im Uebrigen von den Gesammtkosten ein Kapitalzins von 4 °/o in Anschlag gebracht werden, folgende Ausgabenberechnung per Jahr : 4 % der Gesammtkosten von Fr. 157,000 .

.

2 % der Baukosten von Fr. 92,000 für Amortisation und Unterhalt

Fr. 6,280

Total Davon ab für Untermiethe von zwei Wohnungen

Fr. 8,120 " 1,000

verbleiben für Dienstzwecke Die gegenwärtigen Miethen betragen : Postbüreau Fr. 3,000 Remise .

.

.

.

.

.

.2 0 0 Telegraphenbüreau ,, 700

Fr. 7,120

,, 1,840

,, 3,900 Mehrausgabe gegenüber jetzt

Fr. 3,220

Diese Mehrausgabe ist eine verhältnißmäßig hohe, aber keine zu hohe im Vergleich zu den Vortheilen, die dadurch erzielt werden und durch welche die schwierige Lokalfrage für Interlaken auf Jahre hinaus ihre befriedigendste Lösung findet.

Wir übermitteln Ihnen die Grundrisse sammt Querschnitt für das projektirte Postgebäude und fügen gegenwärtigem Berichte den Situationsplan über das von der Gemeinde Aarmühle offerirte Bauterrain bei. Zu letzterem Plane bemerken w i r , daß im Kaufvertrage zu Gunsten des Käufers folgende Vorbehalte gemacht würden : 1) der öffentliche Platz A soll als Bin- und Ausfahrt für die Postfuhrwerke dienen, und es darf derselbe niemals überbaut werden ; 2) die Bedachung des Postgebäudes darf auf dessen Ostseite über den öffentlichen Platz hervorragen ; auch soll der Eidgenossenschaft gestattet sein, auf dieser Seite des Postgebäudes ein Trottoir zu erstellen ; 3) die Baulinie auf der Südseite des Bauplatzes B darf nicht über die Alignementslini der Südfaçade des Postgebäudes vorspringen ; 4) auf der Ostseite des Bauplatzes B darf nicht näher als auf 2,5 m. Distanz an die Marehlinie des Postgebäudeplatzes ge-

.

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baut werden; dev 7 m. breite Raum zwischen dein Post- und dem gegenüberliegenden Gebäude soll als gemeinschaftliche Zufahrt zum Posthofe und zu dem hinter dem Bauplatz B liegenden Eigenthum des Verkäufers dieneo ; 5) die Erstellung und der Unterhalt der Kanalmauer auf der Westseite der Postremise ist Sache des Verkäufers, resp.

seiner Nachbesitzer; 6) das Dach der Postremise darf auf der Nordseite l m. über den öffentlichen Weg hinausragen.

Da das Bauterrain dem Bunde erst gegen Ende 1886 zur Verfügung gestellt werden könnte, so kämen die Baukosten erst auf Kechnung des Jahres 1887. Für jetzt handelt es sich demnach nur um Bewilligung zum Ankaufe des Bauplatzes und um bezügliche Kreditertheilung.

Wir empfehlen Ihnen den nachstehenden Entwurf eines Bundesbeschlusses zur Annahme, und benutzen diesen Anlaß, Sie, Tit..

unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 4. Dezember

1885.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Schenk.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Kiiigier.

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(Entwurf)

Bundesbeschluß betreffend

den Ankauf eines Bauplatzes zum Zwecke der Erstellung eines neuen Post- und Telegraphengebäudes in Interlaken.

Die Bundesversammlung d e r sch w ei K e risch h en E i d g e n o s s e n s c h a f t , nach Einsieht einer Botschaft des Bundesrathes vom 4. Dezember 1885, beschließt: 1. Der Bundesrath ist ermächtigt, auf Rechnung des Budgets für 1886, von der Gemeinde Aarmühle (Bern) zum Zwecke der Erstellung eines neuen Post- und Telegraphengebäudes in Interlaken durch den Bund den von besagter Gemeinde offerirten Bauplatz ab dem Grundstücke der alten Parqueteriefabrik Interlaken mit einem GesammtFlächeninhalt von 826 m 2 um den Preis von Fr. 65,000 anzukaufen.

2. Der gegenwärtige Beschluß tritt, als nicht allgemein verbindlicher Natur, sofort in Kraft.

3. Der Bundesrath ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend den Bau eines Post- und Telegraphengebäudes in Luzern.

(Vom 9. Dezember 1885.)

Tit.

Nachdem Sie uns durch Bundesbeschluß vom 26. Juni 1885 zum Ankaufe eines Bauplatzes für das Post- und Telegraphengebäude in Luzern ermächtigt hatten, ordneten wir nach Vollendung der nothwendigen Vorarbeiten schon unterm 7. Juli eine Preisausschreibung zur Erlangung von Plänen für diese Baute an. Bis zum vorgeschriebenen Termine, den 10. Oktober, gingen 48 Arbeiten ein, von denen die zur Beurtheilung derselben bestellte Jury drei Projekte mit Preisen bedachte, nämlich dasjenige der Architekten von Muralt und Gull in Zürich mit dem ersten, den Entwurf der Architekten Hirsbrunner und Baumgart in Bern mit dem zweiten und denjenigen der Architekten Mauerhofer, Vater und Sohn, i n , Lausanne und Paris mit dem dritten Preise.

Die weitere Bearbeitung der Pläne wurde den Verfassern des mit dem ersten Preise gekrönten Entwurfes übertragen und solche gleichzeitig als bauleitende Architekten in Aussicht genommen.

Dem Projekte, welches wir Ihnen hiemit vorlegen, liegen die Ideen im erstprämirten Konkurrenzentwurfe, welcher infolge einläßlicher Berathungen zwischen den interessirten Verwaltungen und den Architekten im Grundplane in verschiedener Beziehung wesentlich verbessert werden konnte, zu Grunde. Das Projekt entspricht nun bezüglich der Grundrissanordnung den an eine zweckmäßig eingerichtete Postbaute gestellten Anforderungen, und es paßt sich Bundesblatt. 37. Jahrg. Bd. IV.

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Botschaft des Bundesrathes au die Bundesversammlung, betreffend den Ankauf eines Bauplatzes zum Zwecke der Erstellung eines neuen Post- und Telegraphengebäudes in Interlaken. (Vom 4. Dezember 1885.)

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1885

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4

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54

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

12.12.1885

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511-517

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