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Schweizerisches Bundesblatt.

37. Jahrgang. IV.

Nr. 54.

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12. Dezember

1885.

Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend die Ratifikation der Münzkonvention vom 6. November 1885.

(Vom 4. Dezember 1885.)

Tit.

Wir beehren uns, mit gegenwärtiger Botschaft die unterm 6. November abbin in Paris mit Frankreich, Italien und Griechenland neu abgeschlossene Münzkonvention Ihrer Prüfung und Genehmigung zu unterbreiten.

Der im Jahre 1865 abgeschlossene und im Jahre 1878 revidirte Münzvertrag zwischen der Schweiz, Belgien, Frankreich, Griechenland und Italien geht mit dem 31. Dezember 1885 zu Ende.*) *) Vide Vertrag vom 23. Dezember 1865, Amtl. Samml. VIII, 825, Botschaft des Bundesratlies an die Bundesversammlung vom 2. Februar 1866, Bundesbl. 1866, I, 133, Bericht der nationalräthlichen Kommission vom 21./22. Februar 1866, Bundesbl. 1866,1, 317. Accession Griechenland, A. S. IX, 530. Zusatzvertrag vom 31. Januar 1874, A. S. n. F. 1, 97. Botschaft des Bundesrathes vom 25. Mai 1874, Bundesbl. 1874,1, 1027 und 1035, und Bericht der Schweiz. Delegirten. Zusatzvertrag vom 5. Februar 1875, A. S. n. F. I, 797. und Botschaft des BR. an die BV. vom 14. Mai 1875, Bundesbl. 1875, III, 161 und 165. Znsatzvertrag vom 3. Februar 1876, A. S. n. P. II, 498 und Botschaft des Bundesrathes vom 30. Mai 1876, Bundesbl. 1876, II, 978 und 981.

Münzvertrag vom 5. November 1878, A. S. n. F. IV, 392, Botschaft des Bundesrathes vom 6. Dezember 1878, Bundesbl. 1878, IV, 497. Zusatzübereinkunft vom 20. Juni 1879, A. S. n. P. IV, 328, Botschaft des Bundesrathes vom 19. Juni 1879, Bundesbl. 1879, III, 65.

Ueber die internationalen Münzkonferenzen von Paris, 1867, 1878 und 1881, vide Bundesbl. 1878, IV, zu Nr. 52, und Bericht (Oktober 1881) des Herrn Ad. Burckhardt-Bischoff, Mitglied der schweizerischen Delegation.

Bundesblatt. 37. Jahrg. Bd. IV.

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454 Die Schweiz hat sich, ohne indessen den Austritt aus der Union zu beabsichtigen, veranlaßt gesehen, im Frühjahr 1884 den Vertrag zu künden, weil ihr gewisse Aenderungen hinsichtlieh der Kontingente von Scheidemünzen, der Rücknahme der abgenutzten silbernen Fünffrankenstücke etc , unentbehrlich erschienen. Die Vertragsstaaten haben sich genöthigt gesehen, mit Rücksicht auf Hindernisse, die wir nicht abwenden konnten, den Zusammentritt der Konferenz mehrere Mal zu verschieben. Die Delegirten der fünf Staaten haben sich endlich unterm 20. Juli in Paris versammelt und am 8. August die Sitzungen abgebrochen, in der Meinung, daß durch Besprechungen der verschiedenen Delegirten mit ihren respektiven Regierungen eine Annäherung über streitige Punkte erleichtert werden möchte. Unterm 22. Oktober trat die Konferenz zum zweiten Male zusammen, ohne jedoch von Belgien beschickt zu werden. Nach langen offiziellen und offiziösen Debatten ist endlich unterm 6. November ein neuer Vertrag und eine Uebereinkunft betreffend die Vollziehung des Art. 14 des Vertrages nebst Spezialerklärung und Schlußprotokoll unterzeichnet worden.

Die lateinische Münzunion ist seit einer Reihe von Jahren Gegenstand heftiger Kritik geworden, welche so weit ging, einem derartigen Verbände das Recht zur Existenz überhaupt abzusprechen.

Forscht man der innern Begründung solcher Anfechtungen nach, so ergibt sich als Grundursache die mit der Situation des Silbermarktes im Allgemeinen zusammenhängende Uebersättigung des Geldumlaufs mit silbernen Fünffrankenstücken in einem Theile der Union und die hieraus entspringende Befürchtung eines endlichen Verlustes auf jenen, ihrem Nennwerthe nicht mehr entsprechenden Silberstücken; im Fernern die Nothwendigkeit, gegenüber solchen Mißverhältnissen den Vorrath an Goldmünzen, auf welche der internationale Baargeld-Verkehr sich mehr und mehr basirt, zu schützen.

Der eigentlichen Berichterstattung über die Vertragsunterhandlungen erlauben wir uns einen kurzen Hinweis auf einige Momente im gegenwärtigen Stand der internationalen Münzfrage vorauszuschicken.

T. Notizen zum gegenwärtigen Stand der internationalen Münzfrage.

Die Schätzungen über die P r o d u k t i o n und den V e r b r a u c h der beiden Edelmetalle stellen sich nach den Untersuchungen des.

um die objektive Ergründung aller mit der Münzfrage zusammenhängenden Erscheinungen hochverdienten Dr. A. Soetbeer in Göttingen wie folgt :

455 G o l d : Die Produktion ist von 201,787 Kilo fein oder rund 700 Millionen Franken an Werth jährlich während der Periode von 1851--1860 successive auf 140,000 Kilo oder 490 Millionen Franken Werth im Jahre 1884 gefallen. Sie bleibt aber immer noch weit über dem Doppelten des vor jener ersten Periode je gewonnenen Quantums. Im Jahre 1846 wurde sie auf nicht über 214 Millionen Franken geschätzt. Nicht ganz ohne Bedeutung ist, daß nach den Berichten des Münzdirektors der Vereinigten Staaten, Burc.hard, die Goldgewinnung daselbst im Jahre 1884 wieder um 800,000 Dollars zugenommen hat.

Der Verbrauch des gegenwärtig erzeugten Quantums wird gesehätzt auf: ca. 275 Millionen Franken für industrielle Zwecke, ,, 90 ,, ,, ,, den Export nach dem Orient, ,, 125 ,, ,, y, die monetären Bedürfnisse der übrigen Länder.

Besondere Anzeichen für eine fernere erhebliehe Verminderung der Produktion liegen zur Zeit nicht vor.

Dagegen verdient die Thatsache Erwähnung, daß im Laufe der letzten 6 Jahre der Goldvorrath der Vereinigten Staaten von ungefähr 280 Millionen Dollars im Jahre 1879, dem Datum der Wiederaufnahme der Baarzahluogen, auf 580 Millionen irn November 1884 gewachsen ist; die weitere Thatsache, daß innert des nämlichen Zeitraums Italien behufs Abschaffung des Zwangskurses seinen Goldvorrath um etwa 450 Millionen Franken erhöhte, während auch der durchschnittliche Goldvorrath der großen französischen, englischen, deutschen und andern Notenbanken (der in den siebenziger Jahren auf annähernd 300 Millionen gesunkene Goldvorrath der Banque de France beträgt gegenwärtig ungefähr 1150 Millionen) gegen früher eher eine Zunahme als eine Abnahme erfahren hat.

S i l b e r . Die Produktion, welche während der Periode von 1851--60 durchschnittlich 895,000 Kilo fein oder zum damaligen Normalpreise von Fr. 218. 89 per Kilo ungefähr 200 Millionen Franken per Jahr betrug, hat sieh successive vermehrt und im Jahre 1884 trotz des gesunkenen Preises rund 2,800,000 Kilo im Werthe von über 600 Millionen Franken nach dem frllhern Normalpreise oder von über 500 Millionen nm-h dem ungefähren Durchschnittspreise der letzten Jahre erreicht.

Der jährliche Verbrauch vertheilt sich wie folgt:

456 circa 80 Millionen Franken für die Bedürfnisse der Industrie.

,, 140 ,, ,, für Ausmünzungen in den Vereinigten Staaten (circa 28 Millionen Dollars).

,, 300 ,, ,, für den Export nach dem Orient und Ausmünzungen in Mexiko und übrigen Ländern.

circa 520 Millionen Franken, zum Preise von ungefähr Fr. 180 das Kilo gerechnet.

Der Silberpreis auf dem Londoner Markte, der sich früher auf 60 18/16 dn. per Unze Standard stellte, ist mit der Steigerung der Produktion, wenn auch mit Schwankungen und stabilen Intervallen, stetig zurückgegangen. Von den schroffsten Aenderungen während der Jahre 1876 bis 1880 abgesehen, welche eine höchste Notirung v o n 5 8 1/2s dn. und eine niedrigste v46 3/43/4 dn. sahen, schwankte d e r Durchschnittspreis zwischen 1.881 u n d 1884 bloß v 5 1 11/167i6

S t a n d 4 7 8/847 3 /s dn. à 47Va dn. erreicht. Dem entsprechend ist somit das thatsächliche Werthverhältniß zwischen Gold und Silber, das in den Ländern der lateinischen Union gesetzlich m i 1 5 1/2 15 normirt war, auf l : 181/* im Durchschnitt des Jahres 1881 und auf circa l : 19 Va in den ersten zehn Monaten des laufenden Jahres zurückgegangen.

Im Fernern ist Folgendes hervorzuheben : In den Vereinigten Staaten hat sich der im Schatzamt und im Umlauf befindliche Vorrath an Silberdollars von 106 Millionen Dollars im Jahr 1879, dem Datum der Wiederaufnahme der Baarzahlungen, auf 275 Millionen im Jahr 1884 erhöht und dürfte Ende 1885 ungefähr 300 Millionen Dollars erreichen. Davon liegen etwa zwei Dritttheile müßig in den Schatzgewölben des Staates, da der Verkehr das Silber zurückstößt. Der Fortbestand der Bland Bill scheint in nicht sehr ferner Zukunft fraglich zu werden. Damit würde die jährliche Verwendung von Silber im Werthe von 24 bis 28 Millionen Dollars, oder wenigstens eines Theils derselben, zu Münzzwecken dahinfallen.

In Deutschland wurden wiederholt und namentlich im Frühjahr 1885 von einer volkswirtschaftlichen Partei Versuche gemacht, durch eine bimetallistische internationale Union den Silberpreis zu heben. Diese Versuche blieben erfolglos, und es ist nicht anzunehmen, daß Deutschland von seiner Goldwährung abkommen werde.

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Endlich ergeben sich aus Vergleichuogen zwischen den Verhältnissen dei1 Länder der lateinischen Münzunion und denjenigen einiger anderer hervorragender Staaten, welche wie Erstere faktisch die Goldwährung besitzen, zugleich aber mit einem unter Umständen die Aui'rechthaltung der Währung und die darauf basirten internationalen Wechselkurse gefährdenden Vorrath von Silbercourant belastet sind, folgende Thatsachen: D e u t s c h l a n d mit 45 Millionen Einwohnern hat einen Vorrath von Silbercourant irn Betrage von 400 bis 450 Millionen Mark oder 500 bis 560 Millionen Franken = Fr. 12 per Kopf der Bevölkerung.

Die V e r e i n i g t e n S t a a t e n mit 50 Millionen Einwohnern besitzen einen Vorrath von 300 Millionen Silberdollars oder 1500 Millionen Franken = Fr. 30 per Kopf der Bevölkerung.

Für die S t a a t e n der l a t e i n i s c h e n U n i o n mögen sich nach verschiedenen Schätzungen die Bestände an silbernen FünffrankenstUcken dermalen belaufen auf: circa 2500 à 3000 Millionen Franken in französischen Stücken = Fr. 70 à 85 per Kopf der 38 Millionen betragenden Bevölkerung Frankreichs.

,, 400 Millionen Franken an belgischen Stücken = Fr. 70 per Kopf der Bevölkerung Belgiens von 53/* Millionen.

380 Millionen Franken an italienischen Stücken = Fr. 13 T per Kopf der 29 Millionen betragenden Bevölkerung Italiens ; ,, 15 Millionen Franken an griechischen Stücken = Fr. 6 per Kopf der 2 Va Millionen zählenden Bevölkerung Griechenlands; ,, 9 à 10 Millionen Franken an schweizerischen Stücken = Fr. 3 per Kopf der Bevölkerung von circa 3 Millionen.

An die vorgeführten Thatsaehen knüpfen sich folgende Betrachtungen mehr allgemeiner Natur an: 1. Die gegenwärtige Produktion von Gold, auch wenn sie sich noch etwas vermindern sollte, scheint für absehbare Zeit -- den Bedürfnissen genügen y,u können, wenn nicht plötaliche, tief eingreifende Maßregeln, wie etwa eine beinahe gleichzeitige Abschaffung der Papierwährung in Oesterreich und Rußland und deren Ersetzung durch die Goldwährung, die Nachfrage nach diesem Metall außerordentlich steigen sollte.

458 2. Mit der als wahrscheinlich anzusehenden Aufhebung oder Beschränkung- der Bland Bill in den Vereinigten Staaten müßte nach aller Voraussicht ein weiteres Sinken des Silberpreises eintreten. Daraus dürfte einerseits eine etwelche Verminderung in der Produktion hervorgehen ; anderseits darf die Absorbirung des durch die besagte Maßregel in Nordamerika frei werdenden Quantums von Silber durch Indien, China, Japan u. s. w. als sicher angenommen werden. Diese Länder sind vermöge ihrer wirtschaftlichen Entwicklung in erhöhtem Maße produktions- und exportfähig geworden und würden demnach auch in Zukunft größere Mengen von Silber aufzunehmen vermögen. Nach etwelchen Schwankungen dürfte dann wieder eine gewisse Stabilität des Silberpreises, allerdings auf einem vermuthlich etwas tiefern als dem jetzigen Niveau eintreten.

3. Jeder Versuch, dieser natürlichen Entwicklung der Dinge in den Weg zu treten, kann nur unzulängliche Resultate zu Tage fördern. Münzpolitische Verbesserungen sind daher auch nur auf dem Boden dieser thatsächlichen Verhältnisse angezeigt.

4. Hieran anschließend und im Hinblick auf die oben arigestelltenVergleichungen zwischen den Silbervorräthen der lateinischen Union und denjenigen anderer Länder ist zu konstatiren, daß bei Ersterer, das Münzgebiet derselben als ein Ganzes betrachtet, die Gefahr für die Aufrechterhaltung dei' internationalen Goldwährung und somit der Wechselkurse viel größer ist, als bei jenen andern Ländern. Es erscheint demnach als angezeigt, nach Maßregeln zu suchen, welche geeignet sind, diese Gefahr abzuschwächen. Es läßt sich zwar nicht verkennen, daß, Dank der umsichtigen Leitung der französischen Bank, welche das Hauptreservoir der Edelmetalle im Gebiete der Union bildet, es bis anhin in einem Maße, wie man es kaum erwarten durfte, gelungen ist, die internationalen Wechselkurse auf ihrer Höhe und eine enorme Menge in ihrem innern Gehalte entwertheter Silbermünzen zum Nominalwerthe im Umlauf zu erhalten.

Als zweifelhaft darf es gelten, ob diese günstigen Verhältnisse auch in schwierigen Zeiten und bei erschüttertem Vertrauen aufrecsht zu erhalten wären.

II. Schweizerische Instruktionen.

Die schweizerischen Delegirten hatten den Auftrag, im Wesentlichen folgenden Postulaten in dem zu erneuernden Vertrage Geltung zu verschaffen, und von der Gewährung einzelner derselben überhaupt die Zustimmuûg zur Erneuerung abhängig zu machen.

459 1) Die goldenen Fünffrankenstücke sind von der Konvention auszusehließen und die im Umlauf befindlichen Stücke von denjenigen Staaten, welche sie ausgegeben haben, zu ihrem Nennwerthe gegen nach Vorschrift der Konvention ausgeprägte Goldstücke von 10 Franken und darüber einzuwechseln.

2) Die von einem der kontrahirenden Staaten ausgegebenen silbernen Fünffrankenstücke, deren Gewicht durch Abnutzung l °/o unter die Toleranz gesunken, oder deren Gepräge verschwunden ist, sollen nicht mehr blos, wie Art. 3 des bisherigen Vertrages stipulirt, von den andern Staaten zurückgewiesen werden dürfen, sondern derjenige Staat, der sie eiuittirt hat, soll auch verpflichtet werden, solche Stücke gegen normale Gold- oder Silbermünzen einzuwechseln. Derartige abgenützte, und aus denn Verkehr in die Kassen des emittirenden Staates eingegangene Stücke sollen nicht wieder ausgegeben, sondern eventuell eingeschmolzen werden.

3) Der in Griechenland, Italien und der Schweiz bestehende gesetzliche Kurs der nach Maßgabe der Konvention geprägten silbernen Fünffrankenstücke und Goldmünzen, soll auch von Frankreich und Belgien ausgesprochen, eventuell aber durch eine dem Vertrage anzufügende Verpflichtung seitens der Banque de France und der Banque nationale de Belgique ersetzt werden, welche die ungehinderte Annahme und Zirkulation jener Münzen im ganzen Oebiete des Verbandes zu garantiren geeignet ist.

4) Die Bestimmung in Art. 9, Alinea 2 des bisherigen Vertrages, welcher die Ausprägung von silbernen Fünffrankenstücken verbietet, soll auch für die ganze Dauer einer neuen Konvention in Kraft bleiben.

Diesbezüglich soll indessen der Schweiz das Recht gewahrt sein: a. ihre eigenen Fiinl'frankenstücke nach einem neuen Typus umzuprägen , wenn sie dieses zur Verhütung von Fälschungen nothwendig erachten sollte; b. die derselben durch die Zusatzkonventionen von 1874, 1875, 1876 und"1877 zugestandenen, aber für einen Betrag von Fr. 20,800,000 nicht ausgenützten Kontingente an neu zu prägenden Fünffrankenstücken nachträglich ausmünzen zu lassen, sofern sie dieses den Umständen gemäß für zweckmäßig befinden möchte.

5) Behufs Konsolidirung und Verbesserung des Geldumlaufes in den Konventionsstaaten soll

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a. ein erster Schritt zur Verminderung des denselben belastendem Ueberschusses an silbernen Fünffi-ankenstücken gethan werden seitens derjenigen kontrahirenden Staaten, deren diesbezügliche Prägungen die Bedürfnisse der internen Zirkulation überschreiten. Der Anfang wäre mit den abgenützten und unter die Toleranz gesunkenen Stücken zu machen; b. es sollen von den vertragschließenden Staaten nicht nur keineneuen Banknoten unter 50 Franken mehr ausgegeben, sondern, auch die gegenwärtig im Umlauf befindlichen zurückgezogen werden. Jedenfalls sei Italien zu verpflichten, seine aus der Epoche des Zwangskurses herrührenden Staatsnoten von 5 und 10 Franken im Totalbetrage von 340 Millionen Franken zurückzuziehen.

6) Es ist eine Klausel in die neue Konvention aufzunehmen,, kraft welcher jeder Kontrahent verpflichtet sein soll, mit Ablauf dea Vertragesund Auflösung des Münzverbandes die von ihm geprägten und in den andern Staaten des Münzverbandes zirkulirenden silbernen Fünffrankenstücke zum Nominalwerthe zurückzunehmen und gegen Fünffrankenstücke auszuwechseln, welche den Stempel dea die Auswechslung verlangenden Staates tragen. Ein Ueberschuß.

ist in Gold zu begleichen.

7) Die Schweiz ist zu ermächtigen, ausnahmsweise weitere 6 Millionen Franken in 2, \ und 1/a Frankenstücken, also ungefähr 2 Franken per Kopf der Bevölkerung, üher das in Art. 10 desbisherigen Vertrages festgesetzte Kontingent hinaus, zu prägen.

8. Die Administration der Münzstätte in Paris ist zu beauftragen, alle auf die Produktion und den Verbrauch der Edelmetalle, auf den metallenen Geldumlauf und die Nachahmung und Fälschung der Münzen bezüglichen administrativen und statistischen Dokumente zu sammeln und zu sichten, dieselben den Regierungen der Vertragsstaaten mitzutheileu und behufs Aufklärung der öffentlichen Meinung darüber periodische Publikationen zu veranstalten.

9. Die neue Konvention soll für eine Dauer von ungefähr sechs Jahren abgeschlossen werden.

Außer diesen allgemeinen und ursprünglichen Instruktionen, sind im Laufe der Unterhandlungen zu wiederholten Malen noch spezielle und ergänzende Instruktionen vom Bundesrathe erlasse» worden, -- welche sich nebst den bezüglichen Einfragen der Delegirten im vorgelegten Aktenheft gesammelt finden.

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Ueber die Instruktionen der verbündeten Staaten, den Verlauf und die Ergebnisse der Konferenz erstatten uns die Delegirten, Herr Minister Dr. Lardy und Herr Nationalrath Cramer-Frey, folgenden Bericht.

III.

Instruktionen der verbündeten Staaten.

Italien schloß sich speziell der unter Punkt 2 der schweizerischen Instruktionen gestellten Forderung insoweit an, als die durch Abnützung unter die vertragliehe Toleranz gesunkenen silbernen Fünffrankenstücke aus dem Verkehr zurückzuziehen seien.

Mit der Aufrechthaltung der Bestimmung, daß die Ausprägung silberner Fünffrankenstucke während der Dauer der Konvention suspendirt bleibe, erklärten sich die übrigen Staaten vorläufig einverstanden, bloß wünschte Griechenland einen auf Rechnung der ihm bis 1878 zugetheilten Kontingente nicht benützten Restbetrag von Fr. 3,337,135 nachträglich ausmünzen zu dürfen. Im Fernern wünschte Frankreich doch jedem einzelnen Staate das Recht gewahrt, unter gewissen, die Interessen seiner Mitverbündeten möglichst, sichernden Bedingungen die freie Ausprägung von silbernen Fünffrankenstücken auch während der Dauer der Konvention und ohne* daß letztere damit hinfällig werde, wieder aufnehmen zu dürfen.

Betreffend die Garantien für eine ungehinderte Circulation der Goldmünzen und silberneu Fünffrankenstücke erklärten sich Belgica und Frankreich zur Beibringung von Dokumenten bereit, in welchen ihre großen Nationalbanken, wie es im Jahre 1878 geschehen war, bestimmte Verpflichtungen zur Annahme der Münzen der andern Staaten eingingen. Dagegen verlangt Frankreich in Form einer internationalen Verpflichtung die Aufreehthaltung des gesetzlichen Kurses für die silbernen Fünt'frankenstücke aller Konventionsstaaten in Griechenland, Italien und der Schweiz.

Italien seinerseits wollte sich für den Fall der Aufhebung des gesetzlichen Kurses in seinem eigenen Lande bloß herbeilassen, einen Ersatz in Form einer ähnlichen Verpflichtung seitens seiner Emissionsbanken beizubringen, wie sie die Banque de France und die Banque Nationale de Belgique eingehen würden.

Die im Punkt 6 der schweizerischen Instruktionen erwähnte sogenannte Liquidations- oder Kornpensationsklausel wurde namentlich von Frankreich als Conditio sine qua non einer Erneuerung der Konvention befürwortet, von Italien und Griechenland ebenfall» acceptirt, von BeJgien aber bestimmt abgelehnt.

462 Betreffend Ausprägung von Silberscheidemünzen (Punkt 7 der ·schweizerischen Instruktionen) verlangte Frankreich, einen Rest von noch in seinem Besitze sich befindlichen, seiner Zeit vom Verkehr ausgeschlossenen päpstlichen Silbermünzen von ungefähr 8 Millionen Franken ausnahmsweise und über das im bisherigen Vertrage festgesetzte Kontingent hinaus in Silberscheidemünzen der Union umprägen zu dürfen.

Griechenland wünschte eine Vermehrung entsprechend seinem Bevölkerungszuwachs und überdies eine Erhöhung des auf den Kopf berechneten Maximalkontingentes von Fr. 6 auf Fr. 8.

Italien erbat sich das Recht, ausnahmsweise einen noch in seinem Besitze befindlichen Rest alter bourbonischer Silbermünzen im Betrage von ungefähr SOVa Millionen Franken in Silberscheidemünzen der Union umprägen zu dürfen, in der Meinung, daß hieran annähernd 12^2 Millionen Franken auf Rechnung der voraussichtlichen Bevölkerungszunahme bei Ablauf der Konvention zu setzen seien.

Hinsichtlich der Dauer der Konvention waren Frankreich und Italien geneigt, dieselbe auf fünf bis sechs Jahre zu beschränken.

IY. Verlauf und Ergebnisse der Konferenz.

1. Die Goldmünzen und deren Abnützung mit besonderer Berücksichtigung der Stücke von 5 Franken.

Nach Art. 2 der bisherigen Konvention können diejenigen von ·einem der kontrahirenden Staaten ausgeprägten Goldmünzen von der Annahme in den andern Staaten ausgeschlossen werden, welche ·durch Abnützung 1la°lo um Gewicht über die festgesetzte Fabrikationsgrenze hinaus verloren haben oder deren Gepräge verschwunden sein sollte. Es besteht jedoch keine Vorschrift darüber, daß der emittirende Staat solche deteriorirte Stücke zurückzunehmen und gegen normale einzuwechseln habe.

Die Frage ist von etwelcher Bedeutung rücksichtlich der Stücke von 5 Franken, deren Abnützung wegen der im Verhältnis zum Gewicht und Werth großen Fläche eine enorme ist.

Während neuere, im Jahre 1884 durch den Generaldirektor der Pariser Münzstätte, Herrn Ruau, vorgenommene Untersuchungen dargethiin haben, daß die zirkulirende Masse von Zwanzigfrankenstücken bis zur Stunde ziemlich auf der r?abrikationstoleranz stehen geblieben, die Zehnfrankenstücke sich wenigstens innerhalb der Ab-

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nützungsgrenze gehalten haben, ergab eine Prüfung auf 25,000 Stücke von 5 Franken (wovon 99 °,'o französischer und l % belgischer Nationalität) nachstehendes Resultat; Gewichtsproben der französisohen Stücke: Gewicht in Tausendsteln des richtigen Gewichts.

Schwere Stücke (über der B'abrikationstoleranz) 1.64°/o Gute Stücke: 1) innerhalb der Grenzen der Fabrikationstoleranz .

.

.

.

9.00 ° / o 2) innerhalb der Abnützungsgrenze 25.64 °/o Leichte Stücke unterhalb der Abnützungsgrenze .

.

. 68.90 °/o ··»»ö1

lOOU.is

994.4 993.* 984.6

Es sind somit ungefähr zwei Drittel aller existirenden goldenen Fünffrankenstücke, von denen Frankreich im Ganzen für 2l l Millionen Franken geprägt hat -- Belgien hat nur ganz wenige, andere Staaten haben gar keine geprägt -- unterwichtig.

Die starke Abnützung und zum Theil auch die beim Publikum herrschende geringe Beliebtheit dieser Münze führte schon im Jahre 1878 zu dein in Art. 9 der Konvention aufgenommenen Beschluß, deren Ausprägung zu suspendiren. Nunmehr hielten die italienischen Delegirten dafür, daß bei Beibehaltung der Suspen
Die schweizerischen Delegirten befürworteten den völligen Rückzug und Ersetzung derselben durch gröbere Goldmünzen nicht nur aus den oben citirten Gründen der großen Abnützung überhaupt und des deteriorirten Zustandes der gegenwärtig existirenden Stücke im Besondern, sondern auch, weil dieselben den Bedarf an silbernen Fünffrankenstücken, mit denen die Staaten der lateinischen Union übersättigt sind, einschränkten.

Frankreich wollte diese Frage mehr als eine inlerne, der Initiative der einzelnen Staaten zu überlassende, betrachtet wissen.

Von sich aus habe Frankreich schon seit Jahren und zum Theil ebenfalls wegen der verhältnißmäßig erheblichen Abnützung die Ausprägung sogar der Zehnfrankenstücke provisorisch suspendirt.

Die französische Regierung würde in der Annahme des Vorschlages ein Präjudiz für die prinzipielle, im Schooße der frühern Kon-

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ferenzen wiederholt diskutirte und noch eingehenderer Prüfung bedürftige wichtige Frage sehen, wer, ob der Staat oder das Publikum, den Verlust aus der Abnützung der Zahlungsmünzen oder Courantmünzen im Allgemeinen zu tragen habe. Auch wäre Frankreich gegenwärtig unzugänglich für eine Belastung seines Budgets durch irgendwelche' größere Ausgabe, welche etwaige Aenderungen oder Verbesserungen auf dem Gebiete des Münzwesens nach sich ziehen könnten.

Bin im spätem Verlaufe der Verhandlungen erneuerter Versuch der schweizerischen Delegirten, wenigstens eine den Beschlüssen der Konferenz mit Bezug auf die Behandlung der abgenützten silbernen Fünffrankeustücke analoge Bestimmung in den Vertrag aufzunehmen, wonach jeder Staat verpflichtet würde, seine abgenützten Goldmünzen zurückzunehmen, scheiterte ebenfalls, zumal die italienischen Delegirten sich nun auf Seite Frankreichs stellten.

Die Einwendungen gipfelten in dem Satze, daß die Analogie zwischen den goldenen und silbernen Fünffrankenstücken deshalb nicht bestehe, weil bei erstem dem Publikum neben dem geringen Verluste infolge der Abnützung ein unverhältnißmäßig größerer mit Rücksicht auf die Entwerthung des Metalls, aus dem sie angefertigt seien, zugemuthet würde.

Die schweizerischen Delegirten insistirten nicht weiter, zumal die Sache keine sehr erhebliche praktische Tragweite hat, indem die abgenützten Stücke, wenn zu Zahlungen nach Frankreich verwendet, nie zurückgewiesen werden (vide Erklärung des Gouverneurs der Banque de France, Herrn Magnin, Seite 185 des Mtinzprotokolls) und die Banque de France in Wirklichkeit die in ihre Kassen fließenden goldenen Fünffrankenstücke in der Regel nicht wieder in Umlauf setzt. Auf Antrag der schweizerischen Delegirten wurde schließlich der Wunsch zu Protokoll genommen, es möchten die verschiedenen Regierungen vor Ablauf der neuen Konvention und im Hinblick auf eine spätere Wiedererneuerung derselben, die Frage des völligen Rückzuges und der Einschmelzuug der goldenen u Fünffrankenstücke einer einläßlichen Prüfung ö unterwerfen.

2. Die silbernen Fünffrankenstücke.

A. Die Frage betreffend

die abgenützten Stücke.

Nach Maßgabe des Art. 3 der bisherigen Konvention können diejenigen silbernen Fünffrankenstücke, deren Gewicht unter das vertraglich festgestellte Minimum von 24,5725 g. gesunken, oder deren Gepräge verschwunden ist, von der Annahme ausgeschlossen werden.

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Es mangelt jedoch eine Vorschrift, welche den Staat, der sie ausgegeben hat, zur Zurücknahme und Auswechslung gegen normale Silber- oder Goldmünzen verpflichtet.

Im Verlaufe der letzten Jahre hatte sich ein erhebliches Quantum solcher unterwichtiger Stücke französischen Ursprungs, aus den Zeiten der ersten Republik, des ersten Kaiserreichs, Ludwigs XVIII., Karls X. und Louis Philipp's, namentlich im Verkehr Italiens und der Schweiz bemerkbar gemacht. Nach den Mittheilungen des Herrn Ruau, Generaldirektor der französischen Münzverwaltung, sind circa 121/*°/o aller französischen Fünffrankenstücke unter der Gewichtstoleranz. Diese Erscheinung hatte mancherorts um so mehr eine etwelche Beunruhigung hervorgebracht, als der h. Bundesrath bei der französischen Regierung auf eine Einfrage, welche die Zurücknahme und Auswechslung derartiger deteriorirter Stücke anregte, kein geneigtes Gehör fand.

Die italienischen und schweizerischen Delegirten betonten, daß, wenn zwar hinsichtlich der Goldmünzen die Frage, ob der Staat oder das Publikum dea Verlust aus der Abnützung zu tragen habe, als eine noch nicht abgeschlossene betrachtet werden möge, obwohl sie in verschiedenen Ländern zu Lasten des Staates gelöst ist, dieselbe hinsichtlich der silberneu Füuf'frankenstücke vom Momente an als entschieden angesehen werden müsse, da nicht bloß ein Verlust von ungefähr l °/o in Folge Abnützung, sondern ein solcher von 20 % und mehr, in Folge der innern Entwerthung, sich aufdränge.

Ein derartig kumulirter Verlust könne unmöglich dem Inhaber, dem Publikum aufgebürdet werden, sondern sei vom Staate KU übernehmen, der diese Münzen ausgegeben und also auch die Pflicht habe,' die unterwichti^en Stücke zurückzunehmen und auf seine O Kosten einzuschmelzen, wie das bezüglich der Scheidemünzen der Fall sei, deren Charakter die Stücke von 5 Franken in Folge der Silberentwerthung angenommen hätten.

Die französische Delegation konnte nicht bestreiten, daß hier ein Uebelstand vorliege. Da aber auch in diesem Falle wieder die schon erwähnte Prinzipienfrage, sowie der Kostenpunkt der vorgeschlagenen Lösung entgegenträten, im Weitern der bemängelte Gewichtsverlust auf den Prägungen altern Datums durch ein in jenen Stücken enthaltenes gewisses Quantum Gold kompensirt werde, das man jetzt in Folge vervollkommneter Prozeduren daraus
extrahiren könne, so erscheine das gestellte Verlangen nicht acceptabel und materiell überhaupt nicht sehr begründet.

Der französischerseits proponirte Ausweg, die konventionelle Gewichtstoleranz für die Fünffrankenstücke, welche doch nur kraft

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einer Fiktion im Bereiche der den Münzverbaod bildenden Staaten zu ihrem Nennwerthe zirkulirten, auf 5 %, wie sie für die Zwei-, Einund Halbfrankenstücke besteht, zu erhöhen, fand keinen Anklang.

Allerdings trat Herr Ruau dem Einwand, daß die Erhöhung der Toleranz einer weniger strengen Ueberwachung der Zirkulation und bei der ohnehin bestehenden großen Differenz zwischen dem innern und dem Nennwerthe der Fünffrankenstücke der Falschmünzerei rufen möchte, mit der Bemerkung entgegen, daß die Falschmünzerei sehr wenig auf Silber operire, da die Fabrikationsschwierigkeiten ganz bedeutende seien.

Man einigte sich dahin, daß die öffentlichen Kassen desjenigen Staates, dessen Gepräge die unter die bisherige konventionelle Gewichtsgrenze gesunkenen Stücke tragen, diese künftig jederzeit auf Verlangen zurückzunehmen haben. Damit ist dem gerügten Uebelstande in der Hauptsache -abgeholfen.

Die schweizerischen Delegirten sprachen überdies zu Protokoll den Wunsch aus, es möchten, trotzdem eine formelle Verbindlichkeit nicht bestehe, solche von den öffentlichen Kassen zurückgenommene abgenützte Stücke künftig nicht wieder in den Verkehr gebracht und dadurch der letztere daran völlig purifizirt werden.

Es scheint übrigens, daß man in Frankreich auch seitens der Banque de France bereits seit einiger Zeit in diesem Sinne vorgeht.

B. Die Mittel zur Aufrechterhaltung der ungehinderten Zirkulation speziell der Fünffrankenstücke. Gesetzlicher Kurs.

Während Griechenland, Italien und die Schweiz nicht nur den eigenen, sondern auch den in der Konvention näher bezeichneten Münzen der Mitkontrahenten gesetzlichen Kurs zuerkennen, haben Frankreich und Belgien es bisanhin stets abgelehnt, völlig gleiches Recht zu halten. Man hatte sich mit, dem Vertragsinstrument beigefügten, Erklärungen der Belgischen Nationalbank und der Banque de France zu begnügen, laut welchen sich diese beiden Centralinstitute mit ihren über das ganze Land verbreiteten Filialen zur Annahme verpflichteten. Vorn Momente an, da der gesetzliche Kursder Münzen eines andern Vertragsstaates in Italien, Griechenland und der Schweiz abgeschafft wurde, fielen auch die bezeichneten Verpflichtungen der belgischen oder der französischen Bank dahin.

Wie bei frühem Anlässen, so drangen dieses Mal wieder die schweizerischen Delegirten auf Einführung des
gesetzlichen Kurses in allen Vertragsstaaten. Belgien schien sich gegen die Forderung nicht ablehnend zu verhalten. Frankreich dagegen wiederholte seine frühern Erklärungen, daß die Kammern sich kaum je dazu ver-

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stehen würden, da das Land keine derartige Verantwortlichkeit gegenüber den von andern Staaten geprägten, seiner Kontrole schon mit Bezug auf die Fabrikation entzogenen Münzen übernehmen könne. Noch viel weniger günstige Aussichten auf Annahme als früher hätte eine solche Verpflichtung im jetzigen Momente, da anderweitige Befürchtungen, nämlich diejenigen hinsichtlich de» innern Werthes der Fünffrankenstücke, wachgerufen worden seien.

Praktisch sei die anerbotene Bestätigung der Annahmepflicht seitens der Banque de France gleichbedeutend mit einem gesetzlichenZwange, da es dem französischen Publikum nicht einfalle, Miinzea zu refüsiren, welche die Bank jederzeit annehme.

Hinsichtlich der Goldmünzen ward in allseitigem Einverständnis die Aufstellung anderer Vorschriften, als sie bereits im bisherigen Vertrage enthalten sind, überflüssig erachtet.

Mit Bezug auf die silbernen Fünffrankenstucke hatte die Banque de France mit der französischen Regierung vereinbar!, daß an die Stelle der bisherigen Spezialdeklaration die Annahmepflicht der Bank mit dem Zusätze: ,,für Rechnung des Staatsschatzes'1 in der Konvention selbst statuirt werde. Die Bank will sich damit jedes Risiko's enthoben wissen, das sich für dieselbe etwa in der Zukunft einmal aus der unbeschränkten Annahme der entwertheteu Silberthaler ergeben könnte.

Zu längern und mühsamen Verhandlungen führte das Bestreben der Banque de France einerseits sich nicht über die feste Vertragsdauer von 5 Jahren hinaus zu binden, andererseits sich schon vorher der Annahmepflicht zu entledigen, wenn eine der andern, nicht französischen, Vertragsmächte den gesetzlichen Kurs aufheben und nicht durch eine gleichwerthige, die unbeschränkte Annahme der silbernen Fünffrankenstücke sichernde Maßregel ersetzen .sollte. Die letztere Forderung wurde namentlich mit dem Hinweis auf einige Vorkommnisse in Italien und speziell auf das vielbesprochene Dekret vom Jahre 1883 motivirt, das den italienischen Emissionsbanken vorschreibt, die Baardeckung der Noten zu 2la aus Gold und zu bloß Vs aus Silber zu komponiren. Als gleiehwerthigen Ersatz für die eventuelle, den andern Staaten freistehende Abschaffung des gesetzlichen Kurses wollte Frankreich ein Engagement seitens der Emissionsbanken der betreffenden Staaten nicht anerkennen, da die Ebenbürtigkeit einer von diesen
Banken zu übernehmenden Verpflichtung mit der durch die Banque de France anerboteneu nicht vorhanden wäre.

Die schweizerischen Delegirten erklärten sich in Folge der bestimmten Weigerung Frankreichs, den gesetzlichen Kurs einzuführen, zu.

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jeder Transaktion bereit, welche geeignet sei, die unbeschränkte Annahme der Fünffrankenstücke aller Vertragsstaaten zu sichern. Das schließlich zu Stande gekommene Uebereirikommen, wonach einerseits -- wie aus den besondern, der Konvention beigefügten Erklärungen zwischen der französischen Regierung und der Banque de France hervorgeht -- letztere sich verpflichtet, die silbernen Fünffrankenstücke anderer Staaten wie die französischen anzunehmen, während andererseits Griechenland, Italien und der Schweiz das Recht zugesichert ist, den bestehenden gesetzlichen Kurs durch analoge Verpflichtungen zu ersetzen, wie sie die Banque de France eingegangen ist, entspricht offenbm- allen praktischen Bedürfnissen.

Die Frage hat überhaupt an Wichtigkeit von dem Momente an eingebüßt, da die Aufnahme der die silbernen Fünffrankenstücke betreffenden Liquidationsklausel die schwerwiegendsten Gründe gegen die ungehinderte Annahme dieser Münze aus dem Wege räumt.

Eine besondere Bestimmung fand in Art. 12 der Konvention Aufnahme, wonach die Vertragsstaaten zu Maßregeln verpflichtet werden, welche den Ausschluß von Silbermünzen anderer, dem Münzverband nicht angehörender Staaten bezweckten. Es haben sich in neuerer Zeit namentlich die nach den Typen der Fünffrankenstücke des Münzvereins geprägten Silbermünzen spanischen und rumänischen Ursprungs in der Zirkulation der Vereinsstaaten bemerkbar gemacht, und es liegt im Interesse der letztern, fremder unterwerthiger Münze die Thüre zu versehließen.

Gegen die von Italien und Frankreich nachdrücklich gewünschte und in die Konvention aufgenommene Vorschrift, daß nicht nur den öffentlichen Kassen, auch den Emissionsbanken die Annahme solcher Münzen verboten werde, machte die Schweiz mit Rücksieht auf ihre diesbezügliche, nicht ausreichende Gesetzgebung den nöthigen Vorbehalt, von welchem in einer besondern Deklaration Vormerkung genommen wurde.

C. Die Aufrechterhaltung der Sistirung von Neuprägungen.

Die Delegirten aller Staaten waren darüber einig, die Vorschrift in der bisherigen Konvention, daß die Prägung silberner Fünffrankenstücke vorderhand suspendirt bleiben solle, aufrecht zu erhalten. Auch die meisten der bekannten Freunde der Doppelwährung in Frankreich geben heute unumwunden z u , dali ohne jene Maßregel der Goldbestand der Länder der lateinischen Union völlig
durch Silber ersetzt worden wäre und somit diese Länder heute einer im Vergleich zu derjenigen Englands, Deutschlands u. s. w.

«ntwertheten Valuta gegenüber stehen würden. Einzig Griechen-

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land und die Schweiz wünschten sich das Recht reviadizirt, diejenigen nicht benutzten Restbeträge nachträglich ausprägen zu dürfen, für welche ihnen durch die successiven Kontingentirungen bis 1878 die Prägungsfakultät zugestanden worden war. Diese Restbeträge belaufen sich auf Fr. 3,337,135 für Griechenland und Fr. 20,800,000 für die Schweiz. Letztere beschränkte ihre Ansprüche eventuell darauf, einen Betrag von 6 bis 8 Millionen Pranken ausprägen zu dürfen, wenn etwa Belgien aus dem Münzverbande austreten sollte.

Auf diesen Betrag wird nämlich der Umlauf belgischer Fünffrankenstücke in der Schwein geschätzt, und der Bundesrath erachtete es für angemessen, im Falle eines Ausschlusses der belgischen Stücke, Ersatz durch solche schweizerischen statt französischen oder italienischen Gepräges zu schaffen.

Man wird nicht behaupten können, daß solche quantitativ so engbegrenzte Neuprägungen, gegenüber einem im Gebiete der lateinischen Union existirenden Totalvorrath von über 3 Va Milliarden Franken in silbernen Fünffrankenstücken, die Hauptfrage irgend nennenswerth präjudiziren könnten, abgesehen davon, daß es sich hier mehr bloß um die Revindikation eines seiner Zeit nicht ausgeübten Rechtes handelte. Da indessen Frankreich und Italien sich gegen die Gewährung des Zugeständnisses sträubten, so lug immerhin für die Schweiz, welche stets für alle auf die Vertheidigung des Goldvorrathes hinzielenden Schritte eingetreten war, keiae besondere Veranlassung vor, zu insistiren. Letzteres um so weniger, nachdem ihr, wie später auseinandergesetzt werden soll, ein verhältnismäßig höheres Kontingent von Zwei-, Ein- und Halbfrankeustüeken zugestanden worden war und sie von dem begrenzten Rechte, das man ihr mit Bezug auf die Ausprägung von Fünffraukenstücken zurückgegeben hätte, doch kaum oder dann nur in einem geringen Umfang Gebrauch gemacht haben würde.

G r i e c h e n l a n d zog sein identisch motivirtes Gesuch ebenfalls zurück.

Zu erwähnen bleibt an dieser Stelle, daß dur Bundesrath behut'a Verhütung von Fälschungen die Umprägung der bisher emittirten silbernen Fünffrankensti'icke nach einem neuen Typus mit Randschrift in Aussicht genommen hatte und zu dem Ende die Münzverbündeten begrüßte. Die früheren Prägungen belaufen sich auf Fr. 10,478,000.

In der Annahme, daß ein Theil, besonders die altern
Emissionen, eingeschmolzen worden, oder sonst versehwunden seien, verlangten und erhielten die schweizerischen Delegirten die Aufnahme eines Paragraphen, kraft welchem die Schweiz zm- Umprägung bis zum Betrage von 10 Millionen ermächtigt wird.

Bnndesblatt. 37. Jahrg. Bd. IV.

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Diese Fassung des betreffenden Paragraphen gestattet eine gewisse wünseheuswerthe Freiheit hinsichtlich des Rückzuges der alten Stücke und der Prozedur für die Neuprägung. Es ist billig, daß die Kosten für den Rückzug der in den Staaten unserer Münzverbündeten zirkulirenden alten Stücke von der Schweiz getragen werden.

D. Vorschläge zur Entlastung des mit silbernen Fünffrankenstücken übersättigten Geldumlaufs.

Die Aufrechterhaltung der Bestimmung der Konvention von 1878, wonach die Ausprägung silberner Fünf'frankenstücke in irgend nennenswertem Betrage vorläufig auch ferner suspendirt zu bleiben habe, sofern sich die Staaten der lateinischen Union nicht der Gefahr einer Degradirung ihrer Währung ausgesetzt sehen wollten, erschien allseitig als selbstverständlich. Indessen gingen die Ansichten und Bestrebungen mit Bezug auf die Zukunft zum Theil doch diametral auseinander, wenn man es in der Konferenz auch vermied, die eigentliche Währungsfrage eingehend und ausdrücklich zu diskutiren.

Die eine, hauptsächlich von den s c h w e i z e r i s c h e n Delegirten, in völliger Uebereinstimmung mit der bisherigen Münzpolitik ihres Landes vertretene Ansicht neigte dahin, es dürfte in Berücksichtigung der ganzen monetären Situation die Logik weitere Maßregeln in Befolgung desselben Zweckes gebieten, welcher der Sistirung der Silberprägungen zu Grunde lag.

Die andere Meinung, vertreten durch einen Theil der f r a n z ö s i s c h e n Delegation, hat ihre Hoffnungen auf eine Umkehr der Verhältnisse, auf eine Rückkehr zu der frühern Werthrelation zwischen Gold und Silber durch das Mittel der Wiederaufnahme der freien Silberprägung in Verbindung mit einigen großen Staaten, nicht aufgegeben. Die Vertreter dieser Meinung an der Konferenz wünschten sich daher diesbezüglich die möglichste Freiheit der Entschließung, ohne an die Zustimmung aller Vertragsstaaten gebunden zu sein, auch während der Dauer der Konvention gewahrt.

Unter Hinweis auf einige aus der monetären Situation sich ergebenden Thatsachen unterbreiteten die schweizerischen Delegirten der Konferenz nachstehende Vorschläge: a. Diejenigen Vertragsstaaten, deren Prägungen die Bedürfnisse ihrer innern Zirkulation übersteigen, also namentlich Belgien und Frankreich, schreiten zu einer Verminderung der von ihnen ausgegebenen silbernen Fünffrankenstücke. Die in Aussicht zu nehmende

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Zurückziehung solcher Stücke wäre für einmal bis auf einen Belauf von 400--450 Millionen Franken durchzuführen. Davon kämen auf Frankreich 250--300 Millionen, auf Belgien 100--150 Millionen.

Dieser Vorschlag, so betonten die schweizerischen Delegirten, bedeute keineswegs, die große Währungsfrage für die Zukunft prinzipiell zu entscheiden. Einstweilen handle es sich mehr darum, für eine absehbare Zeit das Risiko zu vermindern, das in der Existenz eines allzu großen Vorraths an einer entwertheten, nach Außen zu Zahlungen nicht verwendbaren Milnze liege. Die proponirte Maßregel könne auch, da sie sich auf das vom Eintritt der größern Silberbaisse bis zum Jahre 1878 trotz der Einsprache der Schweiz ausgeprägte Quantum beschränke, keine irgendwelche Störungen im Geldmarkte verursachen, da annähernd ein solcher Betrag unnütz und unbeweglich in den Kellern der Banque de France liege. Ebensowenig dürfe das aus der Einziehung und eventuellen Einschmelzung zum Verkauf resultirende pekuniäre Opfer ein sehr erhebliches genannt werden. Denn einerseits müsse ohnedem der Zinsverlust auf den todt bei der Banque de France liegenden, als Deckung der Noten nicht benöthigteu paar Hundert Millionen Franken an silbernen Fiinffrankenstücken in Rechnung gebracht werden; anderseits hätten die betreffenden Staatskassen seiner /eit an dem Gewinnst aus der Prägung mit einem entwertheten Metall ebenfalls partizipirt, wenn auch allerdings der Hauptgewinnst in die Taschen privater Spekulanten geflossen sei. Man könne ferner auf das Beispiel von Holland, einem kleinen Lande von blos 4 Millionen Einwohnern, verweisen, das ohne Zögern seine Regierung zum Verkaufe von über 50 Millionen Franken in Silbergulden autorisirt habe, wenn derselbe zur Sicherung seiner Währung uöthig werde. Den betreffenden Staaten könnte übrigens volle Freiheit in Bezug auf die Wahl günstiger Verkaufskonjunkturen gelassen werden ; die Hauptsache sei, daß ein größerer Betrag von Fünffrankenstücken, welche zu einem Theil doch an der Stelle von Gold die Deckung der Noten bildeten, zurückgezogen werde.

b. Nicht nur sollten keine neuen Banknoten unter Fr. 50 mehr ausgegeben, sondern die gegenwärtig im Umlaufe befindlichen zurückgezogen werden. Jedenfalls wäre wenigstens Italien zu verpflichten, seine Staatsnoten von Fr. 5 und 10 im Betrage von zusammen 340
Millionen nach und nach einzuziehen.

Diese Operation würde die Silberplethora auf dem Gebiete des Münzverbandes um einen entsprechenden Betrag erleichtern, da an Stelle der kleinen Noten zum größten Theil silberne Fünffrankenstücke träten. Sie sei um so mehr angezeigt, als die gewünschte Demo-

472 netisirung eines Betrages von 400--450 Millionen Franken den gewollten Zweck nur sehr theilweise erfüllen könnte. Ein besonderes Gewicht werde darauf gelegt, daß wenigstens Italien die besagte Verpflichtung mit Bezug auf die kleinen Noten übernehme. Dieselbe dürfte als eine Kompensation für das finanzielle Opfer angesehen werden, das sich Belgien und Frankreich mit der Demonetisirung eines gewissen Quantums silberner Fünffrankenstücke auferlegen würden. Dabei werde Italien in seinem eigenen Interesse wohl schwerlich übersehen, daß die Existenz jener 340 Millionen an kleinen Staatsnoten mit sehr leichter Metalldeckung stets noch als eine Bedrohung seiner, im Uebrigen mit so glänzendem Erfolg wieder aufgenommenen Baarzahlung betrachtet werden müsse. In diesem Sinne hätten sieh wenigstens letztes Frühjahr gewichtige Stimmen aus Finanzkreisen des Auslandes vernehmen lassen.

In der Zustimmung der Konferenz zu diesen beiden Vorschlägen, so erklärten die schweizerischen Delegirten schließlich, sähen sie nicht nur die natürliche Konsequenz des einmüthigen Einverständnisses über die Notwendigkeit der Sistirung der Silberprägungen, sondern auch eine für den einen und andern Mitkontrahenten bedeutungsvolle materielle Abschwächung der etwaigen Folgen der sogenannten Liquidationsklausel, und endlich eine gewisse Garantie für den Fortbestand der Münzunion überhaupt.

Die Vertreter B e l g i e n s gaben unumwunden die Wünschbarkeit der Annahme der schweizerischen Vorschläge zu. Belgien werde sich zur Erreichung des damit angestrebten Zieles ohne Zweifel zu großen finanziellen Opfern bereit finden. Bios könnte es sich nicht dazu verstehen, den Verlust aus der Demonetisirung von Fünffrankeustücken belgischen Gepräges allein zu tragen. Denn die belgische Münzstätte habe nicht nur für die einheimischen Bedürfnisse, sondern auch für diejenigen anderer Staaten gearbeitet.

Der Vertreter I t a l i e n s , Herr Luzzatti, theilt die ausgesprochenen Ansichten mit Bezug auf die Silberfrage und die Demonetisirung eines gewissen Quantums silberner Fünffrankenstücke nicht ganz. Die Aufhebung der Blandbill sei unwahrscheinlich, da die Vereinigten Staaten noch während einer größern Reihe von Jahren im bisherigen Maßstahe Dollars ausprägen könnten, bevor ihr Vorrath an gemünztem Silber auf die Höhe desjenigen von Frankreich
angewachsen sei. Dagegen vermöchte eine Maßregel, wie die vorgeschlagene einen Sistirungsbeschluß der Vereinigten Staaten eher zu fördern, was für die mit Silbermünzen belasteten Staaten nicht wünschbar sei.

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Was den Rückzug der kleinen Noten anbelange, so müsse Italien diese Angelegenheit als eine interne betrachten; seine nationale Würde könnte die diesbezügliche Auflegung eines Zwanges durch das Mittel einer internationalen Vereinbarung nicht zulassen.

Im Uebrigen sehe man in Italien allerdings seihst ein, daß ein Schritt in der berührten Richtung zu geschehen habe; die Angelegenheit werde seit geraumer Zeit einläßlich geprüft und solle mit dem Zeitpunkt des Ablaufs der bestehenden Konzessionen der Emissionsbanken und der dannzumaligen Erneuerung derselben ihre Erledigung finden.

F r a n k r e i c h s Vertreter, darunter auch Anhänger der Doppelwährung, gaben zwar zu, daß man sich seiner Zeit mit Bezug auf die Silberfrage getäuscht habe ; allein man sei französiseherseits auf finanziell und prinzipiell so weit tragende Maßregeln durchaus nicht vorbereitet. Vorab seien schon die finanziellen Opfer, welche das Budget jetzt absolut nicht zu tragen vermöchte, ein hinreichender Grund für Frankreich, dem Vorschlage betreffend Demonetisirung von Fünffrankenstücken nicht beitreten zu können.

Die s c h w e i z e r i s c h e n Vertreter wiesen ohne Anders das b e l g i s c h e Ansinnen, am Verlust auf den von andern Staaten geprägten Münzen zu partizipiren, von der Hand. Nicht für die Bedürfnisse des schweizerischen Publikums habe die Brüsseler Münzstätte größere Quantitäten silberner Fünffrankenstücken geprägt, sondern für diejenigen einiger Spekulanten. Eigentümlich wäre es, die Schweiz dafür bestrafen zu wollen, daß sie sich der Prägung enthalten u n d damit ihre Handlungsweise d e u von i h r a u f zutreffend erwiesenen Anschauungen angepaßt habe. Im Gegensatz hiezu habe sich Belgien zwar zu denselben Grundsätzen bekannt, in der Praxis aber durch Zulassung übermäßigerSilberprägungenu der gegenwärtigen fatalen Situation den größtmöglichen Vorschub geleistet.

Angesichts des ziemlich allseitigen Widerstandes hinsichtlich der Demonetisirung von Silbercourant und angesichts der ErklärungItaliens, daß die Einziehung der kleineu Noten in bestimmter Weise in Aussicht genommen sei, konnten die schweizerischen Delegirten sich weitern Drängens enthalten. Sie haben es aber als eine Ehrenpflicht angesehen, bei dem Anlasse die von der Schweiz an deu frühern Konferenzen eingenommene, im eigenen Lande von ihr selbst befolgte Münzpolitik neuerdings zu betonen.

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E. Antrag betreffend etwaige Wiederaufnahme der freien Prägung von silbernen Fünffrankenstücken.

Wie schon angedeutet, wird im Gegensutz zu oben entwickelten Anschauungen, in gewissen Kreisen, die auch in Frankreich ihre eifrigen Vertreter haben, der Gedanke, durch eine Wiederaufnahme der Silberprägungen im Bereiche einer Anzahl großer Staaten dein weißen Metall zu seinein frühem Werthe zu verhelfen, festgehalten.

F r a n k r e i c h wünschte, in einem neuen Vertrage nicht mehr an die Zustimmung aller Verbündeten gebunden zu sein, wie es bis anhin der Fall war, wenn es den Augenblick für gekommen erachten sollte, mit andern Staaten sich zum Zwecke der Bildung einer sogenannten bimetallistischen - Union zu vereinigen.

Zwar wurde unumwunden zugestanden, daß die frühem Konferenzen zur Herbeiführung eines allgemeinen internationalen Doppelwährungsverbandes deswegen hätten scheitern müssen, weil die große Frage damals noch nicht reif gewesen sei. Ebenso wurde zugegeben, daß eine besondere Wahrscheinlichkeit, sie in Bälde der Reife entgegenzubringen, irn Hinblick auf die "enorme Differenz zwischen dem jetzigen Preise des Silbers und der anzustrebenden frühern Werthrelation von 1: ISVa, nicht vorhanden sei. Frankreich würde auch nie die Hand zu einem Experimente bieten, dessen Gelingen nicht ziemlieh sicher vorausgesehen werden dürfe. Aber die Möglichkeit des Eintrittes einer Aenderung in den Verhältnissen sei doch nicht ausgeschlossen, und in diesem Falle wolle Frankreich in seinen Entschlüssen nicht durch das Veto eines einzigen der verbündeten Staaten gehindert sein. Als Aequivalent anerbiete es seinen Verbündeten -- im Uebrigen sich durch die Konvention für gebunden erachtend -- vom Momente der Wiederaufnahme der freien Silberprägung an, und während der ganzen übrigen Dauer der Konvention, alle ihm von denselben gemachten Zusendungen von französischen Fünffrankenstücken, jederzeit und bei Vorweisung, gegen Gold auszuwechseln. Ebenso ermächtige es in diesem Falle seine Mitverbündeten, den französischen Fünffrankenstücken die Aufnahme, wozu sie sonst durch die Konvention verpflichtet seien, zu verweigern. Das von Frankreich verlangte Zugeständniß schließe demzufolge jeden Nachtheil und jede Gefahr für seine Mitkontrahenten aus.

Für den Vorschlag, für den ursprünglich blos der eine der französischen
Delegirten, Herr Magnin, Gouverneur der Banque de France, einzustehen schien, traten im spätem Verlaufe der Verhandlungen auch die der Regierung näher stehenden Vertreter mit größter Wärme ein, und legten auf dessen Annahme ein ganz besonderes Gewicht.

47 5 Die i t a l i e n i s c h e n Delegirten, in ihren grundsätzlichen Meinungen über die Währungsfrage im Allgemeinen etwas getheilt, verhielten sich anfänglich dem Antrage gegenüber etwas kühl, stimmten dann aber gelegentlich bei mit (1er Begründung, daß sie demselben nur eine geringe praktische Bedeutung beizulegen und also dem Wunsche Frankreichs nicht entgegenzutreten vermöchten.

Die Delegirten G r i e c h e n l a n d s gaben stillschweigend ihre Zustimmung und verzichteten auch auf den Wunsch Italiens und Frankreichs in einer Spezialerklärung (Annexe) auf das im Texte der Klausel jedem einzelnen Kontrahenten zugestandene Recht, von sich aus, und ohne Zustimmung der andern Staaten, während der Dauer der Konvention die Silberprägung wieder aufzunehmen.

Die seh w e i z e r i s ch en Delegirten verhielten sich, gemäß den erhaltenen Instruktionen, entschieden ablehnend gegen den Vorschlag. Die neue Konvention, bemerkten sie, nehme nach ihrer Auffassung vor Allem die Kosolidirung der Union in Aussicht; sie bezwecke die Herstellung der im Interesse von Handel und Wandel liegenden größtmöglichen Stabilität auf dem Gebiete des Münzwesens für eine bestimmte, mit Rücksicht auf die gegenwärtigen Verhältnisse nicht auf eine sehr lange Reihe von Jahren auszudehnende Dauer. Eine der Säulen dieser neuen Vereinbarung bilde die von Allen als nothwendig anerkannte Aufrechterhaltung der Suspendirung der Silberprägungen, und nun wolle man im gleichen Momente, in bestimmtester Form, die Thüre aufmachen, um während der Dauer des Vertrages einen solchen Hauptpfeiler aus dem mühsam zusammengefügten Gebäude herausbrechen zu dürfen. Zugegeben, daß, auch nach Ansicht der italienischen Delegirten , die Klausel einen ziemlich utopistischen und theoretischen Charakter an sich tragen möge, so sei schon die sichere Aussicht auf eine bloße Agitation zu Gunsten der thatsächlichen Geltend machung derselben Bedenken erregend und geeignet, neuerdings das Publikum zu beunruhigen. Für die Schweiz handle es sich aber noch um eine andere Frage höherer Ordnung: um die Frage nämlich, ob der Grundsatz der völligen Gleichberechtigung in internationalen Vereinbarungen durchlöchert werden solle. Wenn daher die Schweiz, um sich entgegenkommend zu zeigen, den eindringlichen Wünschen der andern Staaten schließlich nicht entgegentreten wolle,
so verlange sie wenigstens gegenüber der geforderten Aktionsfreiheit Anderer die gleiche Aktionsfreiheit für sich selbst.

Mit anderen Worten: es sei ihr eventuell, hei Wiederaufnahme der Silberprägung seitens des einen oder andern der Mitkontrahenten, der Rücktritt vom Vertrag vor Ablauf desselben, und unter Anrufung der Liquidationsklausel und der bezüglichen Ausführungs-

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bestimmungen gegenüber denjenigen Staaten der Union, welche die Prägung nicht wieder aufgenommen hätten, freizustellen. Damit allein erlange sie im gegebenen Momente die Fakultät, ihre Münzgesetzgebung nach eigenem Ermessen zu ordnen.

Hieran knüpfte die Schweiz das weitere Verlangen, daß vorgängig einer entscheidenden Aktion derjenige Staat, welcher die Initiative zur Wiederaufnahme der Silberprägungen ergreife, die Angelegenheit einer zur Prüfung derselben einzuberufenden Konferenz der Vertragsparteien zu unterbreiten habe.

Letztere Forderung wurde gewährt.

Gegen den eventuellen Rücktritt der Schweiz vor Ablauf der Konvention trat besonders I t a l i e n auf, das sich nicht dem Rückfluß seiner auf schweizerischem Gebiete zirkulirenden silbernen Fünffrankenstücke vor einer Frist, die es zur Regulirung seiner Geldumlaufsverhältnisse benöthige, aussetzen wolle.

Die längern Verhandlungen führten endlich zu einem Kompromiß, in Folge dessen bei Wiederaufnahme der Silberprägungen seitens eines der andern Mitkontrahenten die Schweiz schon 4 Jahre nach Inkrafttreten der Konvention die volle Freiheit erlangt, selbstständig ihre münzpolitischen Wege zu gehen, wenn sie nicht für gut finden sollte, die Wege der Mitverbündeten zu betreten. Dabei verzichtet sie bis zu jenem Termin auf das Recht, selbstständig die Prägung von silbernen Fünffrankenstücken wieder aufzunehmen.

Dieser Kompromiß erscheint für die Schweiz um so annehmbarer, als die etwaigen Vorbereitungen zu einem internationalen bimetallistischen Bund, die diesbezüglichen Konferenzen, wie die vorgesehene besondere Konferenz der Staaten der lateinischen Union, und endlich, sofern die Schweiz ihre eigene Münzgesetzgebung ändern wollte, die Durehberathung der daherigen Maßnahmen völlig die Zeit in Anspruch nehmen würden, während welcher ihre Aktionsfreiheit bis zu einem gewissen Grade gebunden bliebe. In materieller Beziehung wie vom Standpunkt unserer Autonomie aus wahrt der Kompromiß der Schweiz die von ihren Delegirten verfochtenen Interessen in ausreichender Weise.

F. Die Liquidations- oder Kompensationsklausel.

Die Bestrebungen, eine Liquidations- oder Kompensationsklausel in die Münzkonventiou aufzunehmen, verdanken ihre Entstehung der Gefahr, es möchte angesichts der bereits eingetretenen und möglicherweise fortschreitenden Bntwerthung des

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Silbers, bei einer eventuellen Auflösung der lateinischen Union, der schließliehe Verlust auf den silbernen Fünffrankenstücken welche, von einem der Vertragsstaaten geprägt, im Gebiete der andern zirkuliren, zum Theil auf Letztere übergewälzt werden.

Schon anläßlich der Konferenz von 1878 wurde, namentlich mit Rücksicht auf Italien, dessen Papiergeldwährung die italienischen Fünffrankenstücke (und Silberscheidemünzen) zu einem großen Betrage nach den übrigen Konventionsländern hingedrängt hatte, eine derartige Klausel von Seite Belgiens lebhaft befürwortet. Die Sache wurde aber dannzumal wieder fallen gelassen, da alle Aussicht vorhanden war, daß die unmittelbare Gefahr, soweit sie wenigstens vom italienischen Zwangskurs herrührte, in naher Zeit durch Wiederaufnahme der Baarzahlungen einerseits und durch die damals getroffenen Uebereinkunft betreffend d i e Rücksendung d e r Seitdem sind aber die bezüglichen weitergehenden Befürchtungen und Beunruhigungen nicht aus der Welt zu schaffen gewesen, da auch nach Wiederaufnahme der Baarzahlungen in Italien ein bedeutendes, den Betrag der fremden, in Italien zirkulirenden Stücke übersteigendes Quantum italienischer Fünffrankenstücke besonders in Frankreich und der Schweiz abgelagert blieb.

Dasselbe, und in noch höherm Grade, ist der Fall mit Fünffrankenstücken b e l g i s c h e n Gepräges. Die Schätzungen der in den verschiedenen Staaten des Münzverbandes existirenden Vorräthe an solchen Mün/.en sind bereits an anderer Stelle dieses Berichtes wiedergegeben worden. Erhebungen, die in Frankreich möglichst genau gemacht wurden, konstatiren nur daß zur Zeit an belgischen Fünffrankenstücken in Frankreich für circa 300 Millionen Franken, dagegen an französischen Stücken höchstens für 150 Millionen in Belgien cirkuliren, daß also Frankreich einen Ueberschuß von mindestens 150 Millionen Franken belgischer Stücke beherbergt.

Ein ziemlich ähnliches Verhältniß existirt zwischen italienischen in Frankreich, und umgekehrt, franzözsischen in Italien zirkulirenden Stücken.

F r a n k r e i c h glaubte, die Konvention nur unter der Bedingung erneuern zu können, daß es, da einmal der Münzvertrag die Verpflichtung zur Annahme der Fünffrankenstücke aller Staaten im gesammten Territorium der Union enthalte und ohne eine solche Verpflichtung der Vertrag überhaupt die
Existenzberechtigung verlöre, für jeden schließlichen Verlust aus der Annahme der von den andern Staaten geprägten Stücke für die Zukunft sicher gestellt werde. Es schlug daher zur Aufnahme in den Vertrag eine Klausel

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vor, besagend, daß im Falle der Auflösung der Union jeder der kontrahirenden Staaten verpflichtet sei, die von ihm geprägten und im Gebiete der andern Staaten umlaufenden silbernen Fünffrankenstücke zum Nominalwert!) zurückzunehmen, beziehungsweise den Saldo, der sich nach Auswechslung der Stücke eigenen und fremden Gepräges ergebe, in Gold oder Wechseln auf den guthabenden Staat auszugleichen.

I t a l i e n ging mit Frankreich einig, ebenso G r i e c h e n l a n d .

Die S c h w e i z , deren gegenwärtiger Umlauf an .silbernen Fünffrankenstücken auf 80--100 Millionen Pranken geschätzt wird, welche sich aus circa 44 °/o französischen, 43 % italienischen, 10/o° belgischen, l °/o griechischen und 2 °/o schweizerischen Stücken komponiren hatte allen Grund, sich Frankreich anzuschließen.

B e l g i e n allein sprach sieh, und zwar mit aller Entschiedenheit, gegen die Aufnahme einer derartigen Bestimmung aus, da es von derselben unter Umständen am allerhärtesten betroffen werden könnte. Während nämlich Italien mit der ohnehin notwendigen und geplanten Einziehung der kleinen Staatsnoten von 5 und 10 Franken im Betrage von 340 Millionen Pranken mehr als genügend Raum für seine gegenwärtig noch im Auslande umlaufenden Fünffrankenstücke schaffen wird, wäre Belgien, das weit über seinen eigenen Bedarf hinaus geprägt hat, nicht im Stande, den aus den andern Staaten eventuell zurückkehrenden Ueberschuß aufzunehmen, ohne sich ziemlichen Opfern oder Störungen seines Geldumlaufs auszusetzen.

Die belgischen Delegirten argumentirten folgendermaßen : Aus der bisherigen Konvention lasse sich weder moralisch noch rechtlich eine Pflicht des die Münzen ausgebenden Staates zur Schadloshaltung für den aus der Vorminderung des innern Werthes derselben sieh etwa ergebenden Verlust herleiten. Die Grundlage der Konvention sei -- entgegen den Wünschen und Forderungen Belgiens, welches stets für die einheitliche Goldwährung eingetreten sei -- die Doppelwährung gewesen. Dieselbe habe, wenigstens bis zu dem Zeitpunkte, da auf Grund besonderer Vereinbarung die Prägung silberner Fünffrankenstücke limitirt worden sei, die unbeschränkte Zahlkraft der letztern so gut wie die der Goldmünzen garantirt und die freie Ausprägung der beiden die Währung gleichberechtigt bildenden Metalle in sich geschlossen.

Nicht der Staat, sondern das
Publikum lasse, je nach seinen Interessen und Bedürfnissen, Münzen prägen. Es sei das eine industrielle Operation, deren Ausfall das Publikum auch zu tragen habe, da die Münze eine in ihrem Werthe veränderliche Waare,

47!)

wie Jude andere Waare, sei. Indem also grundsätzlich dio belgische Münzstätte, wie die französische, die ihr von Privaten behufs Umwandlung in Fünffrankenstücke zugebrachten Silberbarren acceptirt, habe, sei der belgische Staat keine Verpflichtung mit Bezug auf den innern Werth (Metallwerth) auf dem Weltmarkte eingegangen, sondern habe mit seinem Stempel blos den Feingehalt und das Gewicht nach gesetzlichen Vorschriften garantirt. Die Richtigkeit dieses Satzes werde auch dadurch bestätigt, daß in den bisherigen Konventionen die Ausprägung der Silberscheidemünzen, die einen blos fiduciär Charakter haben, quantitativ ausdrücklich beschränkt und dem entsprechend auch die Auswechslungspflicht des Staates statuirt worden sei.

Es müsse beigefügt werden, daß Belgien Silber und in noch bedeutenderem Maße Gold speziell für den Bedarf der andern Vertragsstaaten, ohne Gewinnst zu suchen, geprägt habe, wie namentlich auch für die Schweiz, welche sich zum großen Theil der Münzen anderer Staaten bediene. Wenn man daher am gegenwärtigen Münzregime etwas ändern und verbessern w o l l e , wozu sich Belgien schon bereit erklärt habe, so seien die Opfer auch unter alle Staaten der Union zu vertheilen.

Wenn endlich aus dem Umstände, daß Belgien im Jahre 1878 selbst eine Liquidationsklausel zur Sprache gebracht h a b e , eine Waffe gegen dasselbe gesehmiedet werden wolle, so übersehe mau, daß sieh die Frage damals um ganz andere Gründe gedreht habe, nämlich um die Ueberfluthtung der italienischen Fünffrankenstücke infolge des Zwangskurses, der überhaupt einen Bruch in den Sinn und Geist der ursprünglichen Konvention bedeutet habe.

Seitens der Vertreter der übrigen Konventionsstaaten wurde ohne Weiteres zugegeben , daß die Liquidationsklausel für Belgien von einer großen Tragweite werden könne. Allein dem gegenüber sei hervorzuheben, daß gerade die Aufnahme einer solchen sichernden, allseitig beruhigenden Bestimmung die beste Garantie für eine sozusagen unbegrenzte Fortdauer der Konvention und daher für den Nichteintritt der von Belgien befürchteten Folgen in sich sehließe.

Denn eben die Jedermann zu gebende Beruhigung sichere dem übergroßen Vorrath an silbernen Fünffrankenstücke auch ferner die größtmögliche Umlaufsfähigkeit der ihrem Werthe nicht mehr entsprechenden Münze und beseitige zugleich einen der
hauptsächlichsten G r ü n d e , welche für die Auflösung der Union in's Feld geführt werden.

Unmöglich könnten die Vertragsstaaten je dem Publikum, d. h. dein Inhaber, der in der Regel nicht diese be Person sei,

480 welche Barreu zur staatlichen Münzstätte gebracht habe, um sie in seinem privaten Interesse ausmünzen zu lassen, den aus der großen Entwerthung dieser Münze entstehenden Verlust, der gegenwärtig ungefähr 20 °/o betrage, überbinden. Das würde, trotz dahin gefallener Aeußerungen, Belgien als Staat auch nicht einmal für den Fall zu thun wagen , als es sich entschlösse, dem Münzverbande ferner nicht mehr angehören zu wollen.

Allerdings habe die Doppelwährung die gegenwärtige fatale Situation im Gebiete der lateinischen Union im Allgemeinen und in Belgien im Speziellen hervorgerufen, eine Situation, wie sie in einem Lande mit einem einheitlichen Standard nie möglich werde.

Denn nur bei der Doppelwährung, kraft welcher der Staat den Bürger verpflichtet, beide Metalle in einem bestimmten Werthverhältniß an Zahlung zu nehmen, trifft den Staat die Verantwortlichkeit für den gesetzlich stipulirten Werth. Allein, so betonte besonders die schweizerische Delegation, kein Staat habe die Pflicht -- und diesbezüglich sei auch nie nur ein Versuch gemacht worden, in den Münzkonventionen eine Vorschrift aufzustellen -- seine Münzstätten dem Publikum aller Länder zur Verfügung zu halten, am allerwenigsten ein kleiner Staat vom Umfange Belgiens. Die Schweiz habe denn auch die Prägung von silbernen Fünffrankenstücken nie freigegeben, sondern wie die der Silberscheidemünzen dem Staate reservirt; eine Ausnahme sei durch Gesetz bloß für die Goldmünzen statuirt worden. Wenn Belgien sich zwar im Verein mit der Schweiz auf den Münzkonferenzen stets für die einheitliche Goldwährung ausgesprochen habe, so wäre es logisch gewesen, die Theorie durch die Praxis zu bestätigen.

Uebrigens ist Belgien selbst dem heute von ihm vertheidigten Prinzip der freien Ausprägung untreu geworden, als es schon im Jahre 1873 von sich aus, und ohne die andern Vertragsstaaten anzufragen , die Ausprägung silberner Fünffrankenstücke theilweise sistirte. Die belgische Regierung hatte eben -- freilich spät genug -- eingesehen, daß das System der Freigebung, bei Aufrechthaltung der gesetzlichen Bestimmung, wonach das Verhältniß vom Goldwerthe zum Silberwerthe ein für alle Male wie l : 15 Va zu bleiben habe, bloß den Taschen der Edelmetallspekulanten enorme Gewinne zuführe, und daß das volkswirtschaftliche Gesetz, wonach das minderwerthige Metall
stets das höherwerthige verdränge, neuerdings in eklatantester Weise sieh Geltung verschafft habe.

Noch weniger als Italien, dessen Vertreter sich neuerdings entschieden gegen die Zumuthung einer Partizipation am Verlust auf Silberthalern anderer Staaten verwahrte, konnten die schweizerisch Delegirten auf die diesbezügliche belgische Forderung ein-

481 treten, denn die Schweiz hat sich der Ausprägung silberner Fünffrankenstücke in irgendwie bedeutendem Umfange enthalten , zu einer Zeit, da sie, wie die andern Staaten, erhebliche momentane Gewinnste, freilich schließlich ganz fiktive Gewinnste,i daraus hätte ziehen können.

Allerdings anerkannten die schweizerischen Delegirten, daß es billig sei, wenn die Schweiz an die Kosten für Abnützung der von ihr gebrauchten Münzen künftig ebenfalls in etwas größerm Maßstabe beitrage. Dem entsprechend habe sie aber schon seit einiger Zeit begonnen, mit erheblichen Kosten Goldmünzen auszuprägen, und sie hege die Absicht, diese Prägungen fortzusetzen. Für die Vergangenheit erachte sie sich durch die Enthaltung von der Prägung silberner Fünffrankenstücke durch ihren Willen, auch fernerhin etwa 80 Millionen in entwertheten silbernen Fünffrankenstücke anderer Staaten im Umlauf zu behalten, gegen die Vorwürfe Belgiens völlig gedeckt. Diese Vorwürfe sind übrigens von Seite Belgiens um so weniger am Platze, da der Umlauf belgischer Fünffrankenstücke im Durchschnitt der seit 1865 verflossenen 20 Jahre kaum über 5 Millionen betragen hat, die wir sicherlich leicht durch französische Stücke hätten ersetzen können. Erst sait einer Reihe von Jahren, d. h. seit der durch die Entwerthung herbeigeführten Plethora, ist die Circulation belgischer Stücke in der Schweiz bis auf 8--10 Millionen angestiegen.

Abgesehen davon, daß Belgien durch nationalgesetzgeberische Maßregeln und internationale Vereinbarung die Abschaffung des Doppelwährungssystems, damit das Herunterdrücken des silbernen Fünffrankenstückes auf die Stufe der Scheidemünze und implicite also auch die Auswechslungspflicht gegen vollwerthiges Zahlgeld dokumentirt hat, wäre es faktisch auch nicht einmal möglich, die Verlustbetreffnisse der einzelnen Staaten festzustellen.

Benützten nicht andere, der lateinischen Union nicht angehörende Staaten die silbernen Fünffrankenstücke die dann mit der Entwerthung des Metalls von überall her.> aus den fernsten Ländern des Ostens, in die Heimat zurückgekehrt sind? Ist nicht ein großer Theil der belgischen Fiinffrankenstücke v o r 1865, also vor der Gründung des lateinischen Münzverbandes, schon vorhanden gewesen? Soll bei der Berechnung eines Verlustbetreffnisse , wenn dasselbe dem Publikum außerhalb Belgiens oder einem
Staate aufgebürdet werden könnte, eine Ausscheidung der vor und nach 1865 geprägten Stücke stattfinden? Und wenn j a , wie ätellt sich das Verlangen Belgiens der Thatsache gegenüber, daß dessen Gesammtausprägungen an silbernen Fünffrankenstücke zu mehr als der Hälfte in die Periode fallen, da der Niedergang des Silberpreises

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bereits bedeutendere Dimensionen angenommen hatte? Ist doch auch dio Behauptung nicht richtig, daß der belgische Staat an diesen Prägungen keinen Gewinnst gemacht habe, indem nach den eigeneu 1881 gemachten Angaben des Hm. Pirmez---siehe Otto mär Haupt im Londoner", 1 Eeonoinist a vom 31. Oktober 1885 -- der belgische Fiskus in den drei Jahren 1874, 1875 und 1876 an seinen Silbereinkäufen zur Ausprägung von Fünffrankenstücken Fr. 1,365,138 gewonnen hat.

Von welcher Seite man auch diese Frage auffasse, sie wird sich nicht zu Gunsten der belgischen Anschauungen entscheiden lassen. Wohl aber legten diese Anschauungen, nachdem denselben durch die Delegirten Belgiens in so bestimmter Weise Ausdruck gegeben worden war, den übrigen Staaten die gehegten Befürchtungen nur um so näher, und es erwuchs ihnen daraus nur um so mehr die Pflicht, sich dagegen für die Zukunft zu schützen.

Den schweizerischen Delegirten drängte sich diese Pflicht ganz besonders auf, da wohl die Hälfte der schweizerischen Metallzirkulation in Fünffrankenstücken fremden Gepräges besteht.

Man hat nicht verfehlt, die belgischen Vertreter auf die Folgen des Austrittes aus der Union aufmerksam zu machen. Man wies darauf hin, daß an die Stelle einer vertraglichen Liquidation, die im schlimmsten Fall erst auf den Moment der Auflösung des nunmehr für eine neuere längere Dauer festzukittenden Verbandes in Aussicht stände, die sofortige natürliche Liquidalion träte, da die übrigen Staaten ohne Verzug die belgischen Fünffrankenstücke aus ihrem Verkehr ausschließen müßten. Den Gegenwerth hätten die Gläubiger eben in belgischen Waaren, Wertpapieren u s. w. zu suchen. Während auf vertraglichem Wege für die Begleichung eines Saldos alle möglichen langen Termine und sonstigen Erleichterungen stipulirt werden könnten, vermöchte eine durch den Rücktritt provozirte kurzfristige Liquidation der Fünffrankenstücke in viel höherem Maße die von Belgien befürchteten Nachtheile nach sich zu ziehen.

Im Laufe der Verhandlungen hat B e l g i e n seine ablehnende Haltung zu wiederholten Malen modiflzirt. Die verschiedenen von ihm gemachten Vorschläge, als : Verlängerung der bisherigen Konvention um ein Jahr behufs weitern Studiums der Frage; Verpflichtung Belgiens, während einer Reihe von Jahren nach Ablauf der neuen Konvention seine Fünffrankenstücke nicht
zu demonetisiren und der Rückkehr derselben vom Auslande dannzumal keine Hindernisse in den Weg zu legen ; Annahme der Liquidationsklausel, jedoch mit der Bedingung, daß dieselbe nur dann gegen

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Belgien in Kraft trete, wenn es selber die Konvention künde, fanden keinen Anklang bei den übrigen Konferenzmitgliedern.

Nachdem die Vertreter Belgiens sich von der Konferenz zurückgezogen, wurde zwischen den übrigen Staaten die Liquidationsklausel fixirt und über die nähere Ausführung des bezüglichen Art. 14 ein der Konvention beigelegtes besonderes Abkommen vereinhart.

Man war allseitig damit einverstanden, daß für die Ausgleichung des Saldos von silbernen Fünffrankenstücken, der sich nach Auswechslung der von jedem einzelnen Staate emiltirten Stücke ergeben würde, möglichste Erleichterungen, sowohl mit Bezug auf die Termine als die Zinsvergütungen, zugestanden werden sollten.

Diese Zugeständnisse entsprachen einerseits der Billigkeit, anderseits dem Interesse von Gläubiger und Schuldner insofern, als etwaige Störungen in den Geld Verhältnissen, besonders in benachbarten Ländern, gegenseitig schädlich wirken müssen. Frankreich, das aller Voraussetzung nach einst Hauptgläubiger bleiben dürfte, fiel ein Entgegenkommen um so weniger schwer, als ihm in seinem großen Vorrath an metallenen Zirkulationsmitteln auch Hie nöthigen Hülfsquellen zur Verfügung stehen.

In einer durchaus ausnahmsweisen Stellung befindet sich die Schweiz.

Ihr metallener Geldumlauf besteht -- von den Scheidemünzen abgesehen -- zur Stunde, und wahrscheinlich auch für die nächste Zukunft, zu mehr als der Hälfte aus silbernen Fünffrankenstücken.

Von denselben sind ungefähr 98 °/o ausländischen Gepräges. Wenn die lateinische Münzkonvention ihr Ende erreichen sollte, so würde die Schweiz, in Folge der geringen Ziffer ihrer eigenen Prägung von Fünffrankenthalern (10 Millionen Franken) und vermöge der Bestimmungen von Art. 3 und 4 des erwähnten Abkommens, in die unerträgliche Lage versetzt, binnen 9 Monaten die bei ihr zirkulirenden Fünffrankenthaler, nach dem Durchschnitt verschiedener Schätzungen vielleicht 80 Millionen Franken betragend, einzulösen, dagegen aus dem Auslande an schweizerischen Fünffrankenthaler h ö c h s t e n s 8 Millionen Franken in Austausch zu empfangen und den Rest von 70 Millionen vielleicht während fünf Jahren gegen l resp. l 1 1/2 % Zinsvergütung den U r s p r u n g s s t a a t z u r z u i Verfügung zu halten. Ein solcher Liquidationsmodus war für die Schwein selbstverständlich nicht annehmbar, indem er
entweder eine sehr onerose Anleihensoperation oder eine ganz unzuläßige Verminderung unseres metallenen Umlaufs auf die Dauer mehrerer Jahre zur Folge gehabt hätte.

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Deßhalb schlugen die schweizerischen Delegirten die Aufnahme eines besondern Artikels vor, wonach einmal Frankreich die Liquidation aller in der Schweiz zirkulirenden Fünffrankenstücke nicht schweizerischen Ursprungs zentralisiren \vurde. Sodann übernähme Frankreich die Verpflichtung, der Schweiz gleich von Beginn des Liquidationsjahres an, das für dio übrigen Staaten blos als die zur Einziehung und Ansammlung bestimmte Epoche dient, alle ihm gemachten Sendungen von französischen, italienischen und griechischen Stücken von 5 Franken, in runden Summen von \--10 Millionen Franken, jeweils sofort in Gold heimzuzahlen Zur Ausgleichung könnten natürlich vorab auch die in den Vertragsstaaten außerhalb der Schweiz zirkulirenden schweizerischen Fünl'frankenstücke verwendet werden ; dagegen sollten Wechsel und Anweisungen, wie sie die allgemeine Klausel zuläßt, für die Rückzahlung ausgeschlossen sein.

F r a n k r e i c h lehnte, trotz anfänglicher Geneigtheit und trotzdem die übrigen Staaten sich einverstanden erklärt hatten, den Vorschlag betreffend die Zentralisirung ab, gab aber die Bereitwilligkeit zu erkennen, den schweizerischen Wünschen im Uebrigen in gefälligster Weise entgegen kommen zu wollen. Immerhin müsse für den der Schweiz in Gold zu begleichenden Saldo eine Maximalsumme stipulirt werden, welche nicht allzusehr den gegenwärtigen in der Schweiz muthmaßlich umlaufenden Betrag an französischen Fünffrankenstücken übersteige. Ohne eine derartige Einschränkung, so wurde bemerkt, würden sich Frankreich und die übrigen Staaten der Gefahr ausgesetzt sehen, im Laufe eines Jahres ein paar Mal den Betrag seiner in der Schweiz zirkulirenden Fünffrankenstücke mit Gold einzulösen; da gerade in der Schweiz eine gewisse, sehr rührige Spekulation bestehe, welche mit dem kleinsten erdenklichen Nutzen und sogar unter Vermeidung der gewöhnlichen Transportmittel die Hin- und Herbewegung von Baarschaft zwischen Frankreich und der Schweiz zu bethätigen wisse.

Es war gegen diese Gründe nicht aufzukommen; indessen ist wohl anzunehmen, daß, wenn einmal zu der vereinbarten Auswechslung der in der Schweiz zirkulirenden fremden Fünffrankenstücke gegen Gold Zuflucht genommen werden muß, das von Frankreich zugestandene Maximum von 60 Millionen Franken völlig ausreichen wird, sofern auch die Bundesbehörden seiner Zeit die
richtigen Mittel zur Verhinderung weitgehender Spekulationen auf Gewinnung eines dannzumal vielleicht erheblichen Goldagios zeitig aufsuchen.

Bin ganz ähnliches Separat-Abkommen, wie mit Frankreich, wurde auch mit Italien getroffen. Allerdings war es nicht möglich,

485 ein der muthmaßlichen gegenwärtigen Zirkulation italienischer Fünffrankenstücke in der Schweiz entsprechendes Maximum für die Saldoausgleichung zu erhalten. Die italienischen Delegirten sind der Ansicht, daß mit der Durchführung des Rückzuges der kleinen Noten von 5 und 10 Franken ein großer Theil der gegenwärtig im Auslande weilenden italienischen Fünffrankenstücke den Weg in die Heimat -finden werde. Erforderlichen Falls ständen der Schweiz die natürlichen Wege des Handels, bei den lebhaften Ver kehrsbeziehungen zwischen den beiden Ländern, immer offen, um einen Ueberschuß nach Italien zurück zu senden. Im Weitern mußte auch zugestanden werden, daß ungefähr ein Drittel des auf 30 Millionen fixirten Maximums in Wechseln, zahlbar in Gold, auf die ersten schweizerischen Bankplätze angewiesen werden dürfe.

Mit G r i e c h e n l a n d ein besonderes Liquidationsabkommen zu treffen, erschien mit Rücksicht auf die geringe Betragsziffer deiin unserm Lande umlaufenden griechischen Fünffrankenstücke als nicht erforderlich.

Ganz abgesehen von der Hauptfrage, daß durch die Konvention das Prinzip der Verantwortlichkeit jeden Staates für die von ihm ausgeprägten silbernen Fünffrankenstücke nun festgestellt ist, können die getroffenen Abkommen, wenn selbe auf ihren Gesammtinhalt, geprüft werden, als eine beruhigende Garantie für alle mit Auflösung der Union etwa sich neugestaltenden Münz Verhältnisse in unserm Lande betrachtet werden.

3. Die Silberscheidemünzen.

Gemäß der bisherigen Konvention war das auszuprägende Kontingent der Silberscheidemünzen von Zwei- und Einfrankenstücken, Fünfzig- und Zwanzigcentimesstücken auf das Maximum von 6 Franken per Kopf der Bevölkerung in allen kontrahirenden Staaten festgesetzt.

In der S c h w e i z machte sich seit Jahren ein Mehrbedarf geltend, namentlich von dem Zeitpunkte an, da nach der im Jahre 1878 zwischen Italien und seinen Mitverbündeten getroffenen Vereinbarung die große Masse der in Folge des italienischen Zwangskurses nach Frankreich und der Schweiz ausgewanderten Scheidemünzen den Rückzug in die Heimat angetreten hatte. Das eidg.

Finanzdepartement und die eidg. Kassen werden oft um Abgabe von kleinem Silbergeld ersucht, ohne daß es immer möglich wäre, ganz zu entsprechen. Ein Versuch des Bundesrathes, auf dein Korrespondenzwege von den Mitkon tra honten die Bewilligung zu Bundesblatt. 37. Jahrg. Bd. IV.

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486 einer ausnahmsweise!! schweizerischen Mehrprägung von einer Million Franken zu erhalten, scheiterte, und es wurde nun eine momentane Aushülf'e darin gefunden, daß die französische Staatskasse der Schweiz von Zeit zu Zeit größere Beträge abgab. Der Bundesrath glaubte, hierauf gestützt, mit Recht ein Supplementar-Kontingent von 6 Millionen Franken, oder 2 Franken per Kopf der Bevölkerung, beanspruchen zu dürfen.

Die schweizerischen Delegirten betonten, daß, wenn zwar das . Verhältniß von 6 Franken per Kopf dei' Bevölkerung für die Gesammtheit der den Münzverband bildenden Staaten genügen möge, die besonderen Verkehrsbedürfnisse der Schweiz unbedingt eine größere Quote erforderten. So habe man auch in Deutschland die Erfahrung gemacht, daß die Bedürfnisse der verschiedenen Landestheile zwischen 8 bis 12 Franken per Kopf varirten.

Die italienischen Silberscheidemünzen, welche früher in der Schweiz zirkulirteu und dann zurückgesandt wurden, erreichten den Betrag von 13 Millionen ; darnach dürfe man wohl annehmen, daß ein Gesammtbetrag von 10 Franken per Kopf dem wirklichen Bedarf der Schweiz ziemlich entsprechen würde. Da indessen eine gewisse Vorsicht mit Bezug auf die Ausdehnung der Prägung und Zirkulation von Silberscheidemünzen immer am Platze sei, so beschränke sich der Bundesrath auf eine Mehrforderung von 2 Pranken per Kopf.

Wenn eingewendet werde, daß die nunmehr in Italien durchgeführte Einlösung der kleinen Noteuabschnitte unter 5 Franken (die diesbezüglichen Bestimmungen der bisherigen Konvention sind deßhalb auch dahingefallen) die Zirkulation der italienischen Silberscheidemiinzen im Gebiete der andern Staaten wieder frei gebe, und die Schweiz sich überhaupt noch mehr der kleinen Münzen der übrigen Staaten bedienen möge, so sei darauf zu erwidern: Mehr als alle andern Münzen tragen die Silberscheiderflünzen einen speziell nationalen Charakter, und von diesem Gesichtspunkte aus würde es sich sogar rechtfertigen, dieselben ganz von der Konvention auszuschließen, wenn nicht Rücksichten anderer Art deren Beibehaltung als angezeigt erachten ließen.

Die Forderung der Schweiz wurde bewilligt, besonders in Berücksichtigung ihrer seinerzeiLigen vorsichtigen, nun allerdings ihr selbst am meisten zu statten kommenden Zurückhaltung in der Ausprägung der bis 1878 bewilligten Kontingente an silbernen Fünffrankenstücken.

Im Hinblick auf die Vermehrung der Bevölkerungszahl, welche sich bei Ablauf des auf die Dauer von 5 Jahren berechneten neuen

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Vertrages einstellen dürfte, und auf diejenige Zunahme, welche seit 1878, namentlich in Griechenland und Italien, bereits eingetreten ist, wurden sodann die auf das Verhältniß von Fr. 6 per Kopf der Bevölkerung basirten Kontingente neu festgestellt, wonach für die Schweiz eine weitere Quote von l Million Franken entfällt.

Hieran anschließend verlangte und erhielt I t a l i e n die besondere Bewilligung, einen sich noch in seinem Besitze befindlichen Rest von zirka 30 Millionen Franken an altern bourbonischen Silbermünzen in Silberscheiderniinzen der Union umprägen zu dürfen.

Dabei hat es die Meinung, daß daran ungefähr 12Vz Millionen als Italien in Folge Bevölkerungszunahme zukommendes Mehrkontingent zu betrachten seien, während der Rest von etwa 20 Millionen sich als außerordentliche Vermehrung darstellt. Ebenso hat es die Meinung, daß hiemit ähnliche Forderungen Italiens hinsichtlich seiner altern Silbermünzen, welche im Berichte der schweizerischen Delegirten vom Jahre 1878 zu einläßlicher Erörterung Veranlassung gaben, ein für alle Mal erledigt seien.

F r a n k r e i c h wurde ebenfalls ausnahmsweise gestattet, einen Betrag von ungefähr 8 Millionen Franken alter päpstlicher Silbermünzen, welche sich nach Abrufung derselben in seinen öffentlichen Kassen gesammelt hatten, in Silberscheidemünzen der Konvention über das fixe Kontingent von Fr. 6 per Kopf hinaus umzuprägen.

Dem Begehren G r i e c h e n l a n d s um Gewährung eines außerordentlichen Kontingentes von 2 Franken per Kopf der Bevölkerung, wie es die Schweiz zugestanden erhielt, wurde nicht entsprochen, trotzdem dessen Vertreter im Laufe der Diskussion die Einschränkung anerbot, es solle von der Erlaubniß zur Prägung erst nach Wiederabschaffung des Zwangskurses Gebrauch gemacht werden.

IV. Kreirung einer Centralstelle.

Nach Art. 12 der Konvention von 1878 verpflichteten sich die vertragsschließenden Regierungen, einander alljährlich von ihren Münzprägungen und allen auf das Münzwesen bezüglichen administrativen Dokumenten, sowie namentlich auch von allf'älligen Münzialschungen und den dagegen getroffenen Vorkehren, im gegenseitigen Interesse Mittheilung zn machen. Mangels eines Centralorgans war dieise Vorschrift jedoch ein todter Buchstabe geblieben.

Es ist offenbar höchst \vunscbenswerth, daß nicht nur alle derartigen Dokumente der Konventionsstaaten, sondern auch dieieuigen anderer Länder, nebst denjenigen, welche sich über die Produktion und den Verbrauch der Edelmetalle verbreiten, ge-

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sammelt und gesichtet und den Regierungen der Münzunion zur Verfügung gestellt werden. Unzweifelhaft ist auch die Generaldirektion der französischen Münzstätte die geeignetste Stelle, um in sachkundiger Weise diese Aufgabe durchzuführen, und es hat sich in Folge einer von der schweizerischen Delegation ausgehenden Initiative die französische Regierung in verdankenswerther Weise bereit gezeigt, dieselbe auf ihre Kosten zu übernehmen.

Dem entsprechend hat auch der Art. 12 der bisherigen Konvention nun eine andere, erweiterte Form erhalten.

V. Dauer der Konvention.

Der dermaligen monetären Situation im Allgemeinen entsprechend, welche nach verschiedenen Richtungen, hauptsächlich aber hinsichtlich der Silberfrage, einer Abklärung bedarf, welche die nächsten Jahre vielleicht schon bringen, wurde allseitig die Festsetzung einer nicht allzu langen Dauer der neuen Konvention für richtig befunden. Einzig Belgien mochle, wohl aus besondern Gründen, ein viel länger dauerndes Engagement für zweckmäßig erachten. Der vorläufig in Aussicht genommene Zeitraum von 5 Jahren trägt namentlich auch denjenigen Anschauungen Rücksicht, welche in der Liquidationsklausel die Hauptstütze einer Fortdauer der Union sehen.

Auf Anregung der schweizerischen Delegation wurde behufs Vermeidung von Uebelständen, wie sie dießmal in Folge wiederholter Verschiebung der Konferenzberathungen zu Tage getreten sind, der Wunsch zu Protokoll genommen, es sollen in der Zukunft im Falle einer Kündigung die Vertragsmächte mindestens ein Jahr vor Ablauf der Konvention zusammentreten.

VI. Schlußbemerkungen.

Fassen wir die in obiger Berichterstattung eingehend erörterten Vertragspunkte zusammen und stellen solche in Vergleichung mit uusern Instruktionen und mit den Bestimmungen des bisherigen Vertrages, um erwägen zu können, ob für die Schweiz die Gründe für Genehmigung oder diejenigen für Ablehnung des neuen Vertrages die überwiegenden seien, so gelangen wir dazu, auf folgende wesentliche Momente als Grundlage für ihre Würdigung hinzuweisen.

1. Die Münzgemeinschaft mit unsern bisherigen Verbündeten, mit Ausnahme von Belgien, mit welchen wir theihveise in leb-

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haftem nachbarlichen Verkehr stehen, ist für eine Reihe von Jahren wieder gesichert.

2. Der neue Vertrag enthält gegenüber dem bisherigen wesentliche, die Schweiz interessirende Verbesserungen und auch der Schweiz speziell gemachte Zugeständnisse.

Wir führen namentlich auf: a. Die revidirten Bestimmungen betreffend die abgenützten silbernen Fünffrankenstücke ; b. die erweiterten Vorkehren für den ungehinderten Umlauf der silbernen Fünffrankenstücke im ganzen Gebiete der Münaunion ; c. die in der Liquidationsklausel enthaltene Garantie, welche die Schweiz vor allen etwaigen Verlusten sichert, die ihr in der Eutwerthung der umlaufenden silbernen Fünffrankenstücke ausländischen Gepräges erwachsen könnten; d. die in den Ausführungsbestimmungen zur Liquidationsklausel der Schweiz an die Hand gegebenen Mittel, für den Fall eines Austrittes aus der Union mit einer gewissen Leichtigkeit zu einer selbstständigen Haltung im Münzweseu übergehen zu können; e. die der Schweiz gewährte ausnahmsweise Vermehrung ihres Prägungskontingentes von Silberscheidemünzen ; 3. Die Dauer des Vertrages ist der gegenwärtigen Lage der Währungszustände im Allgemeinen und den besondern Verhältnissen der verbündeten Staaten augepaßt.

4. In die Währungsverhältnisse wird durch die Bestimmungen der Liquidationsklausel das Gold als eigentlicher Werthmesser und die Garantie der Staaten für den konventionellen Werth (l : 15Va) des gemünzten Silbers eingeführt.

5 Durch die vorbehaltene Möglichkeit der Wiederaufnahme der freien Silberprägung wird einer künftigen Regelung der Währungsfrage in keiner Richtung vorgegriffen, -- insbesondere bleibt auch der Schweiz die Aktionsfreiheit auf diesem Gebiete ausdrücklich, gesichert, anderseits wird die Wiederaufnahme der freien Silberprägung mit Garantien umgeben, welche eine Ueberstiirzung in dieser Richtung auszuschließen geeignet sind.

Gegenüber diesen erzielten Verbesserungen des Münzvertrages haben wir einige unserseits gestellte Postulate zu verzeichnen, deren Verwirklichung an der ablehnenden Haltung der mit uns verbündeten Staaten scheiterte, als :

490 Rückzug der goldenen und Einschmelzung der unterwichtig gewordenen silbernen Fünffrankenstücke. Rückzug aller Staatsoder Banknoten unter Fr. 50. Einführung des Legalkurses der Fünffrankenthaler in sämmtlichen verbündeten Staaten. Erhöhung des Schweizerischen Liquidationssaldo's gegenüber Italien u. s. w.

Wir erachten diese ohne Erfolg geltend gemachten Postulate als von sekundärer Bedeutung und deren Nichtbefriedigung keineswegs als einen zureichenden Beweggrund, die Ratifikation des neuen Vertrages in Frage zu stellen. Wir halten gegentheils dafür, daß durch diese neuen Verträge das gesammte Münzwesen der Schweiz für die Gegenwart und die Zukunft auf eine, mehr als je zuvor, Sicherheit gewährende Basis gestellt worden sei.

Wir beehren uns daher, zu beantragen, die Bundesversammlung wolle im Sinne des hienach folgenden Beschlußentwurfes ihre Genehmigung der unterm 6. November abhin in Paris abgeschlossenen Münz vertrage aussprechen.

Wir benutzen den Anlaß, Sie, Tit., unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 4. Dezember 1885.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Schenk.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Bingier.

491 (Entwurf)

Bundesbeschlnß betreffend

Genehmigung des unterm 6. November 1885 in Paris abgeschlossenen Münzvertrages sammt Annexen.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 4. Dezember 1885, beschließt: 1. Die vorbehaltene Genehmigung wird ertheilt : a. dem Münzvertrag und der besondern Vereinbarung über Ausführung des Art. 14 dieses Vertrages, abgeschlossen zu Paris am 6. November 1885 zwischen der Schweiz, Frankreich, Griechenland und Italien ; b. der hierauf bezüglichen Deklaration und dem Protokoll vom nämlichen Datum.

2. Der Bundesrath ist mit der Vollziehung des gegenwärtigen Beschlusses beauftragt.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend die Ratifikation der Münzkonvention vom 6. November 1885. (Vom 4. Dezember 1885.)

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Bundesblatt

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1885

Année Anno Band

4

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54

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

12.12.1885

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453-491

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