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Schweizerisches Bundesblatt.

37. Jahrgang. III.

Nr. 23.

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23. Mai 1885.

Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend den Betriebsvertrag zwischen der Jura-Bern-Luzern-Bahngesellschaft und der Verwaltung der französischen Mittelmeerbahn hinsichtlich des Bahnstückes von Locle bis zur Landesgrenze.

(Vom 15. Mai 1885.)

Tit.

Im Artikel 4 des am 14. Juni 1881 zwischen der Schweiz und Frankreich zu Stande gekommenen Staatsvertrages betreffend den Anschluß einer Eisenbahn von Locle nach Besancon über Col-desRoches und Morteau ist vorgesehen : ,,Die beiden Regierungen werden zu ermöglichen suchen, daß die Strecke, welche zwischen der schweizerischen und der französischen Grenzstation, also zum Theil auf französischem und zum Theil auf schweizerischem Gebiete liegt, von einer und derselben Gesellschaft oder Verwaltung betrieben werde.

Sie sind damit einverstanden, daß die Gesellschaften oder Verwaltungen, denen der Betrieb der Linien auf den beiderseitigen Gebieten zusteht, sich mit Bezug auf den genannten Punkt unter sich verständigen. Die bezügliche Uebereinkunft soll der Genehmigung der vertragschließenden hohen Parteien unterstellt werden, welche sieh vorbehalten, sich, was diesen Betrieb anbetrifft, auf dem Wege der Korrespondenz abschließlich zu verständigen.

Bundesblatt. 37. Jahrg. Bd. III.

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98 Unter Bezugnahme hierauf haben sich die Gesellschaften, denen der Betrieb der Bahn konzessionsmäßig zusteht, (auf schweizerischer Seite die Jura-Bern-Luzern-Bahngesellschaft, in Prankreich die Gesellschaft der Mittelmeerbahn), arn 28. Mai 1884 auf einen Vertrag verständigt, durch welchen die schweizerische Gesellschaft den Fahrdienst auf der französischen Bahnstrecke von der Landesgrenze bis Morteau, also nicht blos bis zur nächsten, sondern bis zur zweiten französischen Station übernahm. Dieser Vertrag ist uns rechtzeitig vorgelegt worden und wir haben denselben unter der Bedingung genehmigt : a. daß die französische Regierung die Genehmigung auch ausspreche ; b. daß das Verfügungsrecht des Bundes hinsichtlich des Ortes der Zollabfertigung in keiner Weise beschränkt sein solle.

Zu einer Vorlage an die Bundesversammlung sahen wir uns nicht veranlaßt, da die Voraussetzung einer solchen Vorlage: ,,daß eine Konzession in ihrer Gesammtheit oder einzelne in derselben enthaltene Rechte und Pflichten in irgend welcher Form an einen Dritten übertragen werden" (Art. 10 des Eisenbahngesetzes vom 23. Dezember 1872), mangelte, indem eine Uebertra'OjungO solcher Rechte nur seitens der französischen Gesellschaft und mit Bezug auf eine auf französischem Boden liegende Bahnstrecke statthatte. Demgemäß haben wir auch keinen Austand genommen, der französischen Regierung auf eine seither eingelangte Anfrage zu erklären, daß wir gegen die Geltung jenes Vertrages nichts einzuwenden haben.

Inzwischen sah sieh die Direktion der Jura-Bern-Luzern-Bahn, durch die Folgen eines am 21. September 1884 in der Nähe von Morteau erfolgten schweren Unfalls (Entgleisung eines Zuges) veranlaßt, von der französischen Mittelmeerbahn eine Aenderung der Bestimmungen über die Schadenersatzpflicht (Art. 22) zu verlangen und, da die Verwaltung dieser Bahn nicht darauf einging, einen ganz neuen Vertrag mit derselben zu vereinbaren, wonach die Jura-Bern-Luzern-Bahn auf die Besorgung des Fahrdienstes zwischen Locle und Morteau verzichtet und die französische Gesellschaft denselben übernimmt, und zwar im Wesentlichen unter den gleichen Bedingungen, die im alten Vertrag für die Jura-BernLuaern-Btvhn als Betriebsführerin aufgestellt waren, und speziell hinisichtlieh allfälliger Unfälle mit derselben Verantwortlichkeit, die von der Jura-Bern-
Luzern-Bahn nicht weiter hatte getragen werden wollen. Die Aenderung, welche laut Art. 24 in der Richtung eintritt, daß die Jura-Bern-Luzern-Bahn für die Traktion von der

99 Grenze bis Lode Fr. 1. 20 per Zugskilometer mit einer und Fr. 2. 20 mit zwei Maschinen bezahlen muß, während sie nur resp.

Fr. 1. 05 und Fr. 1. 87 erhalten hatte, wird damit begründet, daß die Lokomotiven der Paris-Lyon-Mittelmeer-Bahn um so viel stärker seien, als die der Jura-Bern-Luzern-Bahn, so daß kein Vorspann mehr nöthig sein werde. Der Wagenwechsel findet nach wie vor an den hiefür am besten geeigneten Stationen Chaux-deFonds und Morteau statt; in Locle wird nur die Bespannung der Züge gewechselt. Und damit auf Schweizergebiet die weniger beliebten französischen Wagen so wenig als möglich zirkuliren, wird die Jura-Bern-Luzern-Bahn fortfahren, das Wagenmaterial für die ganze Strecke bis Morteau zu liefern (Art. 12, litt. c). Im Uebrigen bleibt der Bahnunterhalt und die Bedienung 3er Stationen wie bisher auf schweizerischem Gebiet Aufgabe der Jura-Bern-LuzernBahn, auf dem Gebiet der französischen Republik der Paris-LyonMittelmeer-Bahn.

Der neue Vertrag datirt vom 27. Januar/l. Februar 1885; er wurde am 6. Februar von den beiderseitigen Verwaltungräthen genehmigt und soll mit dem 1. Juni iu Kraft treten.

Wir beantragen die Genehmigung dieses Vertrages, welcher, wie derjenige von 1884, als eine im Rahmen des Staatsvertrags vom 14. Juni 1881 bleibende Vollziehung des Art. 4 eben dieses Staatsvertrages sich darstellt und nichts enthält, was mit der schweizerischen Eisenbahngesetzgebung im Widerspruch stünde.

Immerhin werden der Genehmigung die wenigen Vorbehalte anzufügen sein, welche im Beschlußentwurf unter Ziff. l, 2, 3 und 4 vorgesehen sind und mit Bezug auf welche wir folgende Bemerkungen anbringen : Ad 1. Es ist selbstverständlich, daß die Genehmigung der französischen Regierung, die noch aussteht, vorbehalten werden muß.

Ad 2. Der Vorbehalt des Verfügungsrechtes des Bundes betreffend den Ort der Zollabfertigung dürfte überflüssig erscheinen; da er aber angebracht worden ist bei der Genehmigung des Vertrags vom 28. Mai 1884, so könnte die Weglassung als Verzicht auf dieses unveräußerliche Recht des Staates ausgelegt werden wollen.

Ad 3. Die Unterstellung der Paris-Lyon-Mittelmeer-Bahn unter die eisenbahnrechtlichen Vorschriften des Bundes, soweit jene Rechte und Pflichten auf schweizerischem Gebiet an sich nimmt, ist die Konsequenz der hieraus resultirenden Verhältnisse.

100 Ad 4. Die daneben fortgesetzte Behaftung endlich auch der Jura-Bern-Luzern-Bahn im Sinn des Art. 28 des Eisenbabngesetzes ist in ähnlichen Fällen noch immer ausgesprochen worden.

Die Bestimmungen über die Regulirung des internationalen Verkehrs geben zu besondern Bemerkungen keinen Anlaß.

Indem wir noch beifügen, daß der Staatsrath des Kantons Neuenburg mit Schreiben vom 23. März 1885 erklärt hat, daß er über die Neuordnung der in Frage stehenden Verhältnisse nur günstig sich aussprechen könne, empfehlen wir Ihnen die Genehmigung des nachstehenden Beschlußentwurfes und benutzen diesen Anlaß, Sie, Tit., unserer vollkommensten Hochachtung zu versiehern.

B e r n , den 15. Mai 1885.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Schenk.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Bingier.

(Entwurf)

Bundesbeschluß betreffend

den Betriebsvertrag zwischen der Jura-Bern-Luzern-Bahngesellschaft und der Verwaltung der französischen Mittelmeerbahn hinsichtlich des Bahnstückes von Locle bis zur Landesgrenze.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1) einer Eingabe der Direktion der Jura-Bern-Luzern-Bahn, vom 16. März 1885, und der Beilagen ; 2} einer Botschaft des Bundesrathes, vom 15. Mai 1885,

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b e s c h l i e ß t ,: 1. Dem am 27. Januar und 1. Februar 1885 zwischen den Verwaltungen der Jura-Bern-Luzern-Bahn und der Paris-LyonMittelmeer-Bahn abgeschlossenen Vertrag betreffend den Betrieb der Strecke Morteau-Locle wird unter den nachstehenden Vorbehalten die Genehmigung ertheilt : 1) daß auch die französische Regierung die Genehmigung ausspreche ; 2) daß durch die hierseitige Genehmigung das Verfügungsrecht der schweizerischen Eidgenossenschaft in Betreff des Ortes oder der Orte der Zollabfertigung in keiner Weise beschränkt sein solle; 3) daß die Paris-Lyon-Mittelmeer-Bahngesellschaft, soweit sie Betriebsführerin auf schweizerischem Gebiet ist, allen bestehenden und künftigen Vorschriften der schweizerischen Eisenbahngesetzgebung und in gleicher Weise auch den Anordnungen der diesseitigen Aufsichtsbehörden, sowie als Waarenführerin den Vorschriften der Zollgesetzgebung und den diesfälligen Anordnungen der eidg. Behörden unterstellt wird ; 4) daß übrigens die Jura-Bern-Luzern-Bahngesellschaft, als Inhaberin der von der schweizerischen Eidgenossenschaft ertheilten Konzession im Sinn von Art. 28 des Bundesgesetzes über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen vom 23. Dezember 1872 für alle gesetzlichen und konzessionsmäßigen Pflichten verantwortlich bleibt.

2. Der Bundesrath wird mit der Vollziehung dieses Beschlusses, welcher sofort in Kraft tritt, beauftragt.

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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer Zahnradbahn von Alpnach-Stad auf die Höhe des Pilatus.

(Vom 22. Mai 1885.)

Tit.

Mit Schreiben vorn 16. April 1885 haben die Herren Locher & Cie.

und Ed. Gujer in Zürich das Gesuch um Konzessionirung einer Zahnradbahn von Alpnach-Stad auf die Höhe des Pilatus eingereicht.

Als wirtschaftliche Begründung des Unternehmens wird in diesem Gesuch die Hebung des Fremdenverkehrs bezeichnet.

Die Bahnlinie, ganz im Gebiet des Kantons Unterwaiden ob dem Wald projektirt, soll von Alpnach-Stad aus über die Alpen Emsingen und Matt nach dem Oberhaupt des Pilatusberges westlich vom bestehenden Gasthaus zum B e 11 e v u e geführt werden. Die Baukosten sind zu Fr. 420,000 pro Kilometer, bei einer Bahnlänge von 4,452 Kilometer daher auf Fr. l ,890,000, und unter Zuschlag von Fr. 110,000 für Unvorhergesehenes auf die runde Summe von zwei Millionen Franken veranschlagt.

Aus dem dem Konzessionsgesuch beiliegenden technischen Bericht ergibt sich, daß die Bahn nach einem bisher in der Schweiz noch nicht zur Anwendung gekommenen System gebaut werden soll. Der Oberbau nämlich soll aus einem von unten bis oben durchlaufenden, alle fünf Meter unterstützten kastenförmigen Balken von Stahl, circa 600 Millimeter hoch und 300 Millimeter breit, bestehen. Die obere Fläche dieses Balkens ist als zweitheilige

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1885

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23

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

23.05.1885

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97-102

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