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Kreisschreiben des

Bundesrathes an sämmtliche eidgenössische Stände, betreffend Anwendung des Gesetzes über das Versicherungswesen.

(Vom 9. Dezember 1885.)

Getreue, liebe Eidgenossen !

Das Bundesgesetz bei reffend Beaufsichtigung von Privatunternehmungen im Gebiete des Versicherungswesens gibt diesen Unternehmungen, welche bisher schon in der Schweiz Geschäfte betrieben haben und dieselhen fortzuführen gedenken, eine Frist von sechs Monaten von Inkrafttretung des Gesetzes an gerechnet (1. November), um der Bundesbehörde die im Artikel 2 des Gesetzes bezeichneten Ausweise einzureichen. In diesem Artikel ist detaillirt angegeben, welche Erfordernisse von den Versicherungsunternehrnungen zu erfüllen sind, um in der Schweiz Geschäfte betreiben zu können.

Eine genaue Untersuchung dieser Ausweise der zahlreichen Versicherungsgesellschaften wird längere Zeit in Anspruch nehmen, und es wird voraussichtlich dem Bundesrath nicht möglich sein, bis zum Ablauf der erwähnten Frist den im Artikel 3 des zitirten Gesetzes vorgesehenen Entscheid zu treffen. Bei einzelnen Versicherungsunternehmungen läuft die von den Kantonen ertheilte Konzession schon v o r jener Frist ab.

Bei dieser Sachlage entsteht die Frage, was z» thun sei, wenn eine kantonale Konzessionsbewilligung abläuft, bevor der Bundesrath sich über eine die ganze Schweiz umfassende Konzession ausgesprochen hat. Es ist selbstverständlich, daß diese Unternehmungen stark geschädigt würden, wenn inzwischen der Geschäftsbetrieb eingestellt werden müßte.

Wir haben daher folgende Verfugungen getroffen : 1) Wenn die von Kantonsbehörden einer- Versicherungsunternehmung zum Geschäftsbetrieb ertheilte Konzession abläuft, bevor der Bundesrath auf Grundlage der im Artikel 2 vorgeschriebenen Ausweise hinsichtlich einer für die ganze Schweiz gültigen Konzessionsbewilligung Beschluß gefaßt hat, so wird derBundesrathh entscheiden, ob die Unternehmung provisorisch bis zum erwähnten definitiven Beschlüsse im betreffenden Kanton den Geschäftsbetrieb fortsetzen dürfe oder nicht.

2) Bevor der Bundesrath diesen provisorischen Bescheid gibt, wird er der Kantonsregierung Gelegenheit geben, sich darüber auszusprechen, ob sie mit einer provisorischen Bewilligung einverstanden sei oder nicht und in letzterm Falle aus welchen Gründen.

3) Wenn der Bundesrath eine provisorische Bewilligung ertheilt, so dauern bis zum definitiven Entscheide (Art. B des Gesetzes) die von den Kantonen an die Konzession geknüpften Bedingungen und damit auch die von der Unternehmung geleistete Kaution fort.

Gemäß Artikel 15 des zitirten Gesetzes sind Gesuche um Konzessionsbewilligungen oder Erneuerungen, vom Tage der Inkrafttretung des Gesetzes an, der Bundesbehörde einzureichen, und wir haben als nothwendig erachtet, obige Vorschriften über das einstweilige Verfahren aufzustellen und die Kantonsregierungen sowohl als die Versicherungsunternehmungen über das Verfahren, welches bis zur definitiven Erledigung der Konzessionsgesuche einzuschlagen ist, zu verständigen.

Wir benutzen diesen Anlaß, um Sie, getreue, liebe Eidgenossen, samtnt uns in Gottes Machtschutz zu empfehlen.

B e r n , den 9. Dezember

1885.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Schenk.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft:

Ringier.

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Kreisschreiben des Bundesrathes an sämmtliche eidgenössische Stände, betreffend Anwendung des Gesetzes über das Versicherungswesen. (Vom 9. Dezember 1885.)

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Jahr

1885

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54

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12.12.1885

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544-545

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