181

# S T #

Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend den Neubau einer Speiseanstalt für die eidgenössischen Militärwerkstätten in Thun.

(Vom 16. März 1906.)

Tit.

Um den Angestellten und Arbeitern der eidgenössischen Militärwerkstätten in Thun Nahrungsmittel in guter Qualität zu möglichst billigen Preisen verabfolgen zu können, wurde im Jahre 1876 die bestehende Speiseanstalt erbaut und im Januar 1877 eröffnet (Budgetbotschaft pro 1876, 6. Neubauten, b, 4).

Zur Zeit der Eröffnung der Speiseanstalt beschäftigten die sämtlichen eidgenössischen Werkstätten in Thun zusammen 340 Arbeiter, nämlich die Munitionsfabrik 270, die KonstruktionsWerkstätte 60, das Kriegsdepot 10 und es genügten die Räumlichkeiten im Brdgeschoß der jetzigen Speiseanstalt für die damals noch sehr bescheidenen Ansprüche vollständig.

Es betrug bis zum Jahre 1882 die Abonnentenzahl für die tägliche Suppe mit Fleisch höchstens 100 Mann, und der tägliche Bedarf an Milch und Kaffee stellte sich auf bloß 30--40 Liter.

Mit dem Anwachsen der Arbeiterzahl in den eidgenössischen Werkstätten und deren Vergrößerung steigerte sich die Abonnenten-

182 zahl der Speiseanstalt stetig; sie betrug im Jahre 1887, also 10 Jahre nach Eröffnung derselben, bereits 350 Abonnenten für Suppe und Fleisch.

Schon im Jahre 1890 genügte der Speisesaal im Erdgeschoß nicht mehr, und es mußte, um weitere Speiseräume zu erhalten, der über dem Speisesaal befindliche Dachraum zu Speiseräumen umgebaut werden.

Mit dem Beginn der Neubewaffnung der Infanterie 1890/92 erhöhte sich die Abonnentenzahl für den Mittagstisch auf 600 Arbeiter für Suppe mit Fleisch und 200 für Milch und Kaffee, wozu noch 300 Abonnenten der Nachtschicht kamen.

Nach der Neubewaffnung reduzierte sich die Zahl der Konsumenten der Speiseanstalt wieder, so daß der nördliche neben der Küche gelegene Teil im Erdgeschoß der Speiseanstalt im Jahre 1894 in eine ßadanstalt umgebaut werden konnte und der südliche Teil als Arbeitslokal zur Verwendung gelangte.

Vom gleichen Jahr an wurde neben dem bestehenden Mittagstisch (Suppe mit Fleisch) eine Mahlzeit verabfolgt, bestehend aus Suppe, Fleisch, Brot und Gemüse, mit Abwechslung der Speisen.

Seither haben sich die eidgenössischen Militäranstalten kontinuierlich vergrößert und damit auch der Betrieb der Speiseanstalt.

Auf Ende 1905 stellt sich der Arbeiterbestand der auf dem Platze Thun befindlichen Staatsetablissemente auf 1500 Mann, nämlich : 920 Mann der Munitionsfabrik, 450 ,, ,, Konstruktionswerkstätte, 90 ,, des Kriegsdepots und 40 ,, der übrigen Etablissemente.

Total 1500 Mann.

Pro 1904/05 belief sich die Abonnentenzahl : für den Mittagstisch (Suppe mit Fleisch) . . auf 350 ,, die vollständige Mahlzeit (das sog. Menü) ,, 350 ,, Milch und Kaffee ,, 400 Total 1100 Diese im Verhältnis zur Totalzahl der Arbeiter so große Frequenz der Speiseanstalt rührt daher, daß die Mehrzahl der Arbeiter nicht in Thun selbst, sondern in den umliegenden Ort-

183 Schäften wohnt und dort auch ansässig ist; mit Rücksicht auf die große Entfernung der Wohnorte von den Werkstätten sind daher die Arbeiter auf die Speiseanstalt angewiesen.

Ein Bild von der stetigen Zunahme der Frequenz der eidgenössischen Speiseanstalt gibt auch die Tatsache, daß der jährliche Kassenumsatz, der in den Jahren 1877 bis 1.884 Fr. 20,000 bis Fr. 30,000 betrug, nun nach und nach auf zirka Fr. 300,000 gestiegen ist.

Die Verwaltung der Speiseanstalt steht unter der Direktion der Munitionsfabrik. Nach Eröffnung der Speiseanstalt im Jahre 1877 besorgte während l'/s Jahren der Direktor der Munitionsfabrik dieselbe persönlich. Im Juli 1878 wurde dann aus der Mitte der Konsumenten eine Verwaltungskommission gewählt, bestehend aus einem Präsidenten, einem Sekretär, einem Kassier und zwei Beisitzern. Alljährlich wird an der Hauptversammlung der Konsumenten der Speiseanstalt dieses Komitee neu gewählt oder bestätigt; dasselbe besteht derzeit aus Präsident, Sekretär, Kassier und 4 Beisitzern. Kassa- und Buchführung der Speiseanstalt werden auf dem zur Direktion gehörenden Komptabilitätsbureau der Munitionsfabrik besorgt, unter Aufsicht des Komitees.

Der Kassier ist ein Angestellter aus dem Bureaupersonal der Munitionsfabrik, während für die übrigen Mitglieder des Komitees die Wahl frei ist.

Für die Abgabe der Lebensmittel, die Hausordnung, die Verwaltung, Kassa- und Buchführung und die Leistungen der eidgenössischen Munitionsfabrik an die Speiseanstalt sind die Statuten der Speisegenossenschaft für die Angestellten und Arbeiter sämtlicher auf dem Waffenplatze Thun dem schweizerischen Militärdepartement unterstellten Werkstätten und Verwaltungen, wie auch derjenigen des eidgenössischen Bauinspektorats bestimmend; dieselben sind letztmals vom schweizerischen Militärdepartement am 31. Dezember 1902 genehmigt worden.

Wenn nun in Betracht gezogen wird, daß die zunehmende Entwicklung der eidgenössischen Militärwerkstätten auch in bezug auf die Speiseanstalt den vermehrten Anforderungen entsprechen muß, daß es gegenwärtig aber nicht möglich ist, denselben gerecht zu werden, wenn auch alle verfügbaren Räume wie Gänge und Korridore zu den Speise- und Küchenräumen zugezogen werden, daß ferner sämtliche Räumlichkeiten der bestehenden Speiseanstalt bezüglich Licht, Luft und Heizung zu wünschen übrig lassen, so ergibt sich die Erstellung eines Neu-

184

baues für eine Speiseanstalt als ein wirkliches Bedürfnis. Dieser Neubau wird um so dringender, als nach Art. 11 des Bundesgesetzes betreffend die Arbeit in den Fabriken, vom 23. März 1877, auch den Arbeitern, welche ihr Mittagsmahl mitbringen oder dasselbe sich bringen lassen, außerhalb der gewohnten Arbeitsräume angemessene, im Winter geheizte Lokalitäten unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden sollen.

Wir fügen noch bei, daß auch Studien und Berechnungen für den Umbau der bestehenden Speiseanstalt gemacht worden sind, daß aber dieses Projekt aufgegeben wurde, hauptsächlich aus dem Grunde, weil der mit einem Umbau zu erreichende Gewinn nicht im Verhältnis zu den Kosten steht, abgesehen von den erheblichen Auslagen für einen provisorischen Betrieb der Speiseanstalt während dem Umbaue.

Die in der bestehenden Speiseanstalt befindlichen Duschenyolksbäder können daselbst belassen und später nach Erstellung der neuen Speiseanstalt erweitert werden.

Die übrigen frei werdenden Räumlichkeiten können sehr zweckmäßig für Arbeitsräume, sowie zur Deponierung von Packund Transportmaterial für die Infanteriemunitionsfabrikation verwendet werden.

Für den Neubau der Speiseanstalt wird der Platz in Vorschlag gebracht, auf dem gegenwärtig der sogenannte Pontonschuppen steht. Vorgesehen ist, diesen letztern seinem bisherigen Zweck zu erhalten, d. h. denselben als Materialienmagazin der Munitionsfabrik weiter zu benutzen. Derselbe soll zwischen die beiden Munitionsmagazine Nr. II des Munitionsdepots und Nr. IV des Kriegsdepots unterhalb den Werkstätten verlegt werden. Die Kosten für diese Verlegung sind bereits im Baubudget pro 1906 mit Fr. 11,000 eingestellt.

Das vorliegende Neubauprojekt entspricht den Anforderungen des durch die Chefs der Militäretablissemente in Thun aufgestellten Programmes.

Das Gebäude, aus Kellergeschoss, Erdgeschoss, erstem Stock und Dachstock bestehend, ist in ganz einfachen Formen gehalten.

Dasselbe hat eine Länge von 35, so m. und eine Breite von 18,50 m. Die überbaute Fläche hält 659 m2.

Das Kellergeschoss und das Erdgeschoss werden massiv in Bruchstein, der erste Stock in Backstein mauerwerk und der Dachstock mit den Giebelaufbauten in Riegelkonstruktion mit Baeksteinhintermauerung ausgeführt. Der Untersockel, der Sockel-

185 gurt, die Treppen und die Türeinfassungen sind in Hartstein, alle übrigen Gesimse und Einfassungen in Kunststein vorgesehen.

Als Bedachungsmaterial sind rote Nasenziegel mit einfach fassonierten Firstziegeln in Aussicht genommen.

Die Räume verteilen sich auf: Kellergeschoss.

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

Grosse Rüche Milch- und Kafleeküche Handmagazin Abwasch- und Gemüseputzraum Weinkeller Speisekammer (Milchkeller) Keller für Felderzeugnisse Magazin für Kellergerätschaften Heizraum (Zentralheizung) Kohlenraum Abortanlage

120 m* 47 ,, 46 r 46 ,, 120 ,, 13 ,, 27 ^ 19 ,, 24 ,, 23 ,, 11 ,,

Erdgeschoss.

12. Speisesaal für Arbeiter mit Selbstverpflegung . .

13. Zwei Speisesäle für reduzierte Mahlzeiten, zusammen 14. Zwei Abortanlagen, zusammen

174 m a 288 ,, 19 ,,

I. Stock.

15. Zwei gleich grosse Speisesäle für ,,komplette" Mahlzeiten, zusammen 16. Office mit Spülerei 17. Gedeckte Terrasse 18. Zwei Abortanlagen, zusammen

19.

20.

21.

22.

23.

24.

Dachstock.

Speisesaal für Angestellte Office mit Spülerei Magazin für Lebensmittel aller Art Kleinere Magazine, zusammen Wärterzimmer Abortanlage

354 44 98 19

m2 ,, ,, ,,

60 18 180 98 21 15

ms ,, n

,, ,, ,,

186 Das Kellergeschoss hat einen eigenen direkten Zugang von aussen, auch sind der Weinkeller und das Handmagazin direkt von aussen zugänglich, damit sich der ganze Verkehr mit Küche und Keller unabhängig vom Haupteingang des Gebäudes abwickeln kann. Für die Arbeiter mit Selbstverpflegung ist ebenfalls ein eigener Eingang zu ihrem im Erdgeschoss gelegenen Speisesaal vorgesehen.

In Anbetracht der günstigen Erfahrungen, die man anderweitig in grossen Etablissementen mit der Gasküche für Grossbetrieb gemacht hat, wird für die neue Speiseanstalt die Küchengasfeuerung in Aussicht genommen. Diese hat gegenüber der Kohlenfeuerung wesentliche Vorteile; als solche dürfen hervorgehoben werden : Ersparnis an Platz, Bedienung, Zeit und an Unterhaltungskosten, leichte Regulierbarkeit des Feuers und daher bessere Ausnützung der erzeugten Wärmeenergie. Bei richtiger Instruktion des Küchenpersonals und bei einigermassen sparsamem Betriebe wird sich daher die Gasfeuerung in ökonomischer Hinsicht günstiger stellen als die Kohlenfeuerung. Zürn Transport der Speisen und Getränke in die verschiedenen Speisesäle und zur Beförderung der Lebensmittelvorräte in die irn Dachstock gelegenen Magazine dienen zwei hydraulische Aufzüge.

Die ganze Anstalt, die offene Terrasse nicht mitgerechnet, bietet bequem Platz zur gleichzeitigen Speisung von 800 Personen.

Zur Sicherung gegen Feuersgefahr sind Hydranten in unmittelbarer Nähe bereits vorhanden ; überdies sind auf jedem Stockwerke Feuerhahnen vorgesehen. Sechs Blitzableiter sollen das Gebäude gegen Blitzgefahr schützen. Das ganze Gebäude erhält elektrische Beleuchtung aus der eidgenössischen Kraft·zentrale.

Die Kosten des Neubaues inklusive innerer Einrichtung und Mobiliar werden laut detaillierter Kostenberechnung betragen : Gebäude.

Erd- und Maurerarbeiten . .

Lieferung der Kunst- und Hausteinarbeiten Lieferung der I-Balken und Gusssäulen

Fr. 69,237.65

Übertrag

Fr. 100,088. 50

,, 19,458. 15 ,, 11,392. 70

187

Übertrag Fr. 100,088. 50 Zimmerarbeiten ,, 20,840.70 Spenglerarbeiten ,, 2,770.95 Blitzableitung ,, 1,024.50 Dachdeckerarbeiten . . . . ,, 4,699.40 Schreiner- und Glaserarbeiten ,, 25,420.60 Schlosserarbeiten ,, 3,868.10 Gipser- und Malerarbeiten . . ,, 10,647.60 Parkettarbeiten ,, 5,001. --· Pflästerungsarbeiten . . . . ,, 1,369. -- Klosetteinrichtung und Wasserzuleifcung ,, 7,356. -- Gasleitungen ,, 575. -- Beleuchtungseinrichtung. . . ,, 2,589.65 Heizeinrichtung ,, 7,120. -- Holzrolljalousien ,, 997.50 Total Gebäude 'Fr. 194,368.50 Innere Einrichtungen.

Gaskücheneinrichtung . . . Fr. 13,157. 10 Hydraulische Aufzüge ,, 5,200. -- Total innere Einrichtungen ,,

18,357.10

Mobiliar.

Buffettische, Küchenschränke, Bibliothekschränke, Schiefertische und Tabourets für die Speisesäle etc Total Mobiliar

Fr.

8,838.75

Unvorhergesehenes

,,

8,838.75

,,

3,435.65

Gesamtkosten Fr. 225,000.-- Da die Speiseanstalt eine Wohlfahrtseinrichtung für die in den eidgenössischen Militärwerkstätten des Platzes Thun beschäftigten Angestellten und Arbeiter ist, können die daherigen Kosten aus deren Betrieben bestritten werden.

188

Wir beehren uns demnach, Ihnen, Tit., die Annahme des nachstehenden Beschlußentwurfes zu beantragen, und benützen den Anlaß, um Sie unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

Bern, den 16. März 1906.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

L. Forrer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Bingier.

189

(Entwurf.)

Bundesbeschluß betreffend

den Neubau einer Speiseanstalt fUr die eidgenössischen Militärwerkstätten in Thun.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 16. März 1906, beschließt: Art. 1. Dem Bundesrat wird die Ermächtigung zur Erstellung einer neuen Speiseanstalt für die eidgenössischen Militärwerkstätten in Thun nach den vorgelegten Plänen und auf dem Platze, auf dem jetzt der sog. alte Pontonschuppen steht, erteilt.

Die daherigen Kosten im Betrage von Fr. 225,000 sind aus der Betriebsrechnung der eidgenössischen Militärwerkstätten in Thun zu bestreiten.

Art. 2. Dieser Beschluß tritt, als nicht allgemein verbindlicher Natur, sofort in Kraft.

Art. 3.

beauftragt.

Der Bundesrat ist mit dessen Vollziehung

- - - - -

. ^--t^%,*--*.

, -jTf**._.f

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend den Neubau einer Speiseanstalt für die eidgenössischen Militärwerkstätten in Thun. (Vom 16. März 1906.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1906

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

13

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

28.03.1906

Date Data Seite

181-189

Page Pagina Ref. No

10 021 864

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.