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Aus den Verhandlungen des Bundesrates.

(Vom 3. Juli 1906.)

Während bisanhin auf dem Gebiete des vom Bunde geförderten Berufsbildungswesens das konfessionelle Element keine Rolle gespielt hatte, traten letztes Jahr bei Einreichung der Budgets für 1906 neue Erscheinungen zu Tage, noch nicht auf dem Gebiete der gewerblichen, wohl aber auf demjenigen der weiblichen Berufsbildung. Unter den zirka 350 Subventionsgesuchen letzterer Art gingen 6 solche ein.

In diesen Fällen handelte es sich um Kurse für die hauswirtschaftliche und berufliche Bildung des weiblichen Geschlechts, also um einen Zweck, der an und für sich den Voraussetzungen des Bundesbeschlusses vom 20. Dezember 1895 entspricht. Bedenken hinsichtlich der Unterstützung des Bundes erweckt aber die offensichtliche konfessionelle Grundlage der Veranstaltungen.

Der Bundesrat hat nun, gestützt auf nachfolgende Erwägungen die Subventionierung von Veranstaltungen für berufliche Bildung, die auf konfessioneller Grundlage beruhen, seitens des Bundes als unstatthaft erklärt.

Es ist sehr wohl möglich, dass es bei den erwähnten Gesuchen konfessioneller Vereinigungen nicht sein Bewenden haben, sondern dass eine Vermehrung derselben eintreten wird, sobald die ersten von Erfolg begleitet wären. Auf dem Gebiete des gewerblichen Bildungswesens kann die nämliche Erscheinung sich kund geben, da ja unter der männlichen Bevölkerung auch konfessionelle Vereinigungen (Jünglingsvereine, evangelisch-soziale Arbeitervereine, katholischer Gesellenverein u. s. w.) bestehen. Um welches Glaubensbekenntnis es sich handle, ist Nebensache. Die Frage kennzeichnet sich für den Bund nur in der Weise, ob er Veranstaltungen für berufliche Bildung Beiträge zuerkennen könne und solle, deren Träger sich nach einem konfessionellen Gesichtspunkt organisiert haben. Wird diese Frage für das eine Bekenntnis bejaht, so ist ein anderes gleich zu behandeln.

Die Antwort muss aber verneinend lauten. Die objektive Stellung des Staates hat zur Folge, dass er nur solchen Bildungsanstalten seine Unterstützung zuwende, die auf neutraler Grundlage

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beruhen. Die gerechte Verwaltung der dem Bunde zu Gebote steheden Mittel schliesst deren Verwendung im Interesse einer Konfession oder einer Partei aus. Nicht etwa um die grössere oder kleinere Summe handelt es sich, sondern um den Grundsatz. Nebenbei sei zwar bemerkt, dass jetzt nur einige hundert Franken beansprucht werden. Niemand aber weiss, welchen Umfang solche Begehren in Zukunft annehmen würden.

Die Errichtung und der Betrieb von beruflichen Unterrichtskursen auf konfessioneller Grundlage oder auch bloss mit konfessionellem Hintergrunde ist als ein einseitiges, den Interessen der Allgemeinheit zuwiderlaufendes Unternehmen zu betrachten.

Man wirft ein, es sei gerade im Interesse der unbemittelten Bevölkerung, dass möglichst zahlreiche Bildungsgelegenheiten geschaffen und ihr leicht zugänglich gemacht werden, besonders für die hauswirtschaftliche Ausbildung des weiblichen Geschlechts. Sobaldaber solche Schöpfungen von konfessionellen Vereinigungen ausgehen, ist damit dem anders gesinnten Teil der Bevölkerung nicht gedient und jener Zweck wird nicht erreicht. Dazu kommt der schwerwiegende Nachteil, dass dort, wo gleichartige Anstalten, aber mit neutralem Charakter, schon bestehen, Neugründungen ihnen, sogar bis zur empfindlichen Schädigung oder gar Verunmöglichung des Betriebes, die Alimente entziehen, oder dass, wo keine andere Anstalt vorhanden ist, die konfessionelle die Errichtung einer allgemeinen Anstalt erschwert oder ganz verhindert.

In erster Hinsicht ist zu sagen, dass überhaupt Bildungsgelogeuheiten mit gleichen Zielen am gleichen Ort in 'der Regel nicht einzeln unterstützt werden sollten. Für eine einheitliche Anstalt ist offenbar eine zweckmässigere Unterrichtsorganisation möglich, als wenn Konkurrenzinstitute bestehen; sie erhält eher die für die Einrichtung verschiedenartiger Kurse notwendige Schülerzahl, sie kann die Parallelisierung überladener Kurse früher vornehmen, und die Vorbildung der Eintretenden bei der Organisation des Unterrichts besser berücksichtigen. Natürlich darf der Bund gegen die Gründung irgend einer Berufsbildungsanstalt keinen Einspruch erheben, aber er soll ihr nicht durch Gewährung finanzieller Unterstützung Vorschub leisten, wenn das öffentliche Interesse nicht gewahrt ist.

Die Vollziehungsverordnung zu den Bundesbeschlüssen betreffend Berufsbildung,
vom 17. November 1900,, verlangt in Art. 8 : ,,Die vom Bunde subventionierten Anstalten, Kurse und sonstigen Einrichtungen sollen die von ihnen zu bietende Bildungsgelegenheit möglichst allgemein und leicht zugänglich machend

221 Nach den gegebenen Erklärungen ist allerdings anzunehmen, dass in den zur Subventionierung angemeldeten Kursen der konfessionellen Arbeiterinnen vereine auch Nichtmitglieder Aufnahme finden würden. Diesem Umstand, sowie dem ändern, dass in diesen Vereinen Minderheiten anderer Konfession vorhanden seien, ist aber keine erhebliche Bedeutung beizumessen. Die bezeichnete Erlaubnis wird wenig wirksam sein und die ganze Veranstaltung ein ausgesprochen konfessionelles Gepräge einer und derselben Richtung behalten. Unter allen Umständen ist und bleibt die den Kursen gegebene Grundlage eine einseitig-konfessionelle, und in den Akten ist eine Äusserung des Sekretariats der christlichsozialen Arbeiterorganisationen zu finden, dahingehend, es sei unmöglich, die Kurse des Vereins mit ändern zu verschmelzen ; ,,es hiesse dies, einen guten Teil unseres Programms aufgeben, und diese Kurse wirken fördernd auf die übrigen Bestrebungen unseres Vereinslebens"-. Welcher Art dieses Vereinsleben sei, ist wohl unzweifelhaft, namentlich wenn man in Vereinsstatuten liest, dass u. a. ,,treue Erfüllung der religiösen Pflichten11 angestrebt wird, und dass als Präses dem Verein ,,der Ortspfarrer oder sein Stellvertreter"1 zur Seite steht. Die Propaganda wird übrigens auf breiter Basis betrieben, da die lokalen Vereine sich Zentralverbänden angliedern. So bilden verschiedene Ortsvereine einen Zentralverband, dessen Leitung ,,ein vom Diözesanbischof bestimmter Präses"1 hat, und über dessen Vermögen bei der Auflösung ,,der römisch-katholische Diözesanbischof in zwecken^sprechender Weise"1 verfügt. Den Statuten eine« ändern katholischen Arbeiterinnenvereins ist zu entnehmen, dass er ,,ein Glied des Zentralverbandes christlich-sozialer Arbeiterorganisationen der Schweiz" sei.

Der Bund darf zum Betrieb von beruflichen Bildungskursen, deren neutraler Charakter nicht gesichert ist, keineswegs Hand bieten: er soll sich vielmehr davor hüten, in die stets fortschreitende und gedeihliche Entwicklung des von ihm subventionierten Bildungswesens eine Störung zu bringen.

Dem Kanton St. G a l l e n wird an die Fr. 100,000 betragenden Mehrkosten für die Korrektion der Simmi und des Felsbaches bei Garns ein Bundesbeitrag bewilligt von 50 % oder Fr. 50,000.

222 Dem Kanton B e r n wird au die zu Fr. (51,000 veranschlagten Kosten der Korrektion und Weiterleitung des Dorfbaches in Lyssach, verbunden mit einer Weganlage und Güterregulierung, unter Voraussetzung einer mindestens gleichen Leistung seitens des Kantons, sowie der Einwohnergemeinde Lyssach, ein Bundesbeitrag von 40 °/o, im Hüchstbetrag von Fr. 24,400 zugesichert.

(Vom 5. Juli 1906.)

Der Schweiz. Bundesrat hat an die Leichenfeier des Herrn Nationalrat und Staatsrat Dr. V i n c e n t von Genf, der als schweizerischer Delegierter an den Verhandlungen der internationalen Konferenz betreffend Revision der Genferkonvention in Genf teilgenommen hat, die Herren Bundesrätc Brenner und Ruchet abgeordnet.

(Vom 6. Juli 1906.)

Nachdem die Referendumsfrist für das unterm 4. April 190J» im Bundesblatt veröffentlichte Bundesgesetz vom 26. März a. c.

über die Neuordnung der Gebirgsartillerie am 3. dies unbenutzt abgelaufen ist, wird das Gesetz als in Kraft getreten erklärt und in die amtliche Gesetzsammlung aufgenommen.

Oberstlieutnant Jakob S c h ä r in Laugnau wird entsprechend seinem Gesuche vom Kommando des Infanterieregiments 16 entlassen und zu den nach Art. 58 der Militärorganisation dem D" Bundesrat zur Verfügung stehenden Offizieren versetzt.

Hr. Walter AI e y e r in Thun wird, entsprechend seinem Gesuche und unter Verdankung der geleisteten Dienste, auf 1. August 1906 als Buchhalter-Kassier des eidg. Kriogsdepots in Thun entlassen.

Zum Kommandanten der Fositionsartillorieabteilung III wird ernannt : Major Gustav A l b re c h t , bisher II. Stabsoffizier dieser Abteilung, in Basel.

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Gestützt auf Art. l der Verordnung über die Organisation der Zentralanstalt für das forstliche Versuchswesen, vom 25. Juni 1906 hat der Bundesrat auf eine neue Amtsdauer von 5 Jahren die bisherigen zwei Mitglieder der Aufsichtskommission dieser Anstalt, die Herren Friedrich von Wattenwil, Regierungsrat in Bern, und Hermann Liechti, Forst- und Domänenverwalter in Murten, als solche bestätigt und neu gewählt Herrn Henri Biolley, Kreisforstinspektor in Couvet (Neuenburg). Alle drei genannten Herren sind als sogenannte ständige Mitglieder zu betrachten.

Es werden folgende Bundesbeiträge zugesichert: 1. Dem Kanton Schwyz an die Kosten des Aufforstungsprojektes Kirchenried, Gemeinde Alptal (Voranschlag Fr. 37,081. 80) : 80 % an die Kultur- und Entwässerungskosten, mit Einschluss der Planaufnahme zu Fr. 36,161. 80 veranschlagt = Fr. 28,929. 44 50 % an die Umzäunungskosten von Fr. 920 = ,, 460. -- Zusammen Fr. 29,389. 44 2. Dem Kanton G r a u b ü n d e n an die Kosten des Lawinenverbau- und Aufforstungsprojektes Scorsolo, Gemeinde Sta. Domenica (Voranschlag Fr. 43,000): a. an die Kosten für Verbau, Aufforstung, Aufsicht, Versicherung, Unvorhergesehenes im Betrage von Fr. 41,560, 80 % = Fr. 33,248; b. an die Einfriedigungskosten von Fr. 1440, 50 % = Fr. 720.

(Vom 10. Juli 1906.)

Von den Hinterlassenen des kürzlich in Winterthur verstorbenen Herrn Oberst S u l z e r - S t e i n e r ist der Herzogstiftung eine Gabe von Fr. 2000 y.ugegangen.

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Wahlen.

(Vom 6. Juli 1906.)

Post- und Eiseribalmdepartement, P o s t v o r w a l t u n g.

Postcommis in Basel :

Postcommis in Glarus: Dienstchef in Bellinzona:

Ali Barbezat, von Les Bavards und Côte-aux-Fées (Neuchâtel), Postaspirant in Basel.

Paul Hans De Bruin, von Goldiwil (Bern), Postaspirant in Basel.

Jakob Fuchs, von Littau (Luzern), Postaspirant in Luzern.

Charles Golay, von Bretigny sur Morrens (Waadt), Postaspirant in Ponti-esina.

Arnold Graber, von Dornach (Solothurn), Postaspirant in Basel.

Albert Heinze, von Basel, Postaspirant in Basel.

Ernst Hofmann, von Sutz-Lattrigen (Bern), Postaspirant in Bern.

Fritz Oberli, von Rüderswil(Bern), Postaspirant in Saignelégier.

Otto Stuber, von Nennigkofen (Solothurn), Postaspirant in Ölten.

Fritz Jakober, von Grlarus, Postcommis in St. Gallen.

Johann Dominik Locarnini, von Monte Carasso (Tessin), Postcommis in Bellinzona.

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(Vom 10. Juli 1906.)

Militärdepartement.

Adjunkt der Munitionsfabrik Thun:

Hans Keller, Maschineningenieur, von Zürich, zurzeit Assistent am eidg. Polytechnikum.

Adjunkt der Kriegspulverfabrik Worblaufen : Dr. Erwin Gisiger, von Hauenstein, in Bern, bisher Hülfsassistent der agrikulturchemischen Anstalt auf dem Liebefeld.

Post- und Eisenbalmdepartement.

T e l e g r a p h e n v er w a l t u n g.

Telegraphist in Limpach (Bern) : Emma Kummer, Posthalter von und in Limpach.

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11.07.1906

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