207

# S T #

Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuch der wegen Übertretung des Bundesgesetzes, betreffend Jagd und Vogelschutz bestraften: Johann.

Kienholz, Ulrichen, von und in Brienz, geb. 16. Februar 1891; Heinrich Flück, Heinrichen, von und in Brienz, geb. 21. Februar 1887; und Paul Flück,, Heinrichen, von und in Brienz, geb. 9. Mai 1889.

(Vom 8. Dezember 1906.)

Tit.

Die 3 vorbenannten jungen Leute befanden sich Sonntag; den 14. Oktober 1906 mit Kameraden auf einem Spaziergang im heimatlichen Gemeindebezirke, als sie nacheinander 2 Eichhörnchen bemerkten, die sie und mit ihnen ein Emil Larenser mit Hetzen eines Hundes und Werfen von Steinen und Holzstücken jagten. Das eine der Tierchen wurde gefangen und getötet, das andere entging seinen Verfolgern.

Durch Polizeirapport gelangte die Sache als Übertretung des Jagdgesetzes vor den Polizeirichter von Interlaken, welcher jeden der 4 Fehl baren wegen verbotener Sonntagsjagd (Art. 21, Ziffer 4 a, des Gesetzes) mit Fr. 35 und wegen Jagen ohne Patent (Art. 21, Ziffer 5 a) daselbst mit weiteren Fr. 45, im ganzen also mit je Fr. 100 Geldbusse bestrafte.

Die Petenten ersuchen um Nachlass der ihnen auferlegten, Strafen. Zur Begründung bringen sie vor, sie hätten nicht gewusst, dass das Jagen von Eichhörnchen verboten sei. Sie und ihre Eltern s eien vollständig mittellos und auf den Ertrag ihrerArbeit angewiesen, daher die Bezahlung der Bussen unmöglich.

20S

Die Umwandlung in Gefängnis aber und die mit Erstehung dieser Strafe verbundene Schande wäre für sie ein unerträglicher Gedanke.

Die Gemeindebehörde von Brieuz bezeugt, dass die Gesuchsteller gut beleumdet und mittellos seien.

Die den Petenten zur Last fallenden Handlungen bilden eine Übertretung des Art. 21, Ziffer 4, lit. a, des Bundesgesetzes vom 24. Juni 1904 und zogen nach dieser Bestimmung eine Strafe von Fr. 50--200 Busse nach sich. Dagegen war bei richtiger Interpretation des Gesetzes damit die Strafbarkeit der Tat konsumiert und nicht erforderlich, eine besondere Ahndung deswegen erfolgen zu lassen, weil das Jagen ohne Patent erfolgte. In jedem Falle ·war nach Art. 22 des Jagdgesetzes und dem daselbst angerufenen Art. 33 des Bundesstrafrechtes von 1853 bei Konkurrenz mehrerer Gesetzesübertretungen nicht eine Kumulation der Strafen vorzunehmen, sondern die Strafe des schwersten Vergehens anzuwenden und wie Konkurrenz als blosser Schärfungsgrund zu berücksichtigen.

Diese rechtlichen Argumentationen und der Umstand, dass der Gegenstand des Frevels der Petenten nur ein Eichhörnchen war, ferner das jugendliche Alter der Fehlbaren und ihre prekäre ökonomische Situation lassen eine erhebliche Ermässigung der vom Polizeirichter ausgesprochenen Bussen als gerechtfertigt erscheinen.

Wir stellen daher bei Ihrer hohen Versammlung den A ntr ag:

Es seien die dem Johann Kienholz und dem Heinrich und Paul Flück aufgelegten Geldbussen auf je Fr. 15 zu reduzieren, im Falle der Unerhältlichkeit gemäss Art. 8 des Bundesstrafrechtes umgewandelt io je 3 Tage Gefangenschaft.

B e r n , den S.Dezember 1906.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

L. Forrer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

re-O-zä-

.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuch der wegen Übertretung des Bundesgesetzes betreffend Jagd und Vogelschutz bestraften: Johann.

Kienholz, Ulrichen, von und in Brienz, geb. 16. Februar 1891; Heinrich Flück, Heinric...

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1906

Année Anno Band

6

Volume Volume Heft

50

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

12.12.1906

Date Data Seite

207-208

Page Pagina Ref. No

10 022 203

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.