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Schweizerisches Bundesblatt

58. Jahrgang. IV.

Nr. 38.

19. September 1906.

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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuche der wegen Übertretung des Fischereigesetzes bestraften Jakob und Adolf Zobrist, Bahnarbeiter in Rupperswil (Aargau).

(Vom 14. September 1906.)

Tit.

Das Obergericht des Kantons Aargau erklärte durch Urteil vom 7. April 1906 die Brüder Zobrist der Übertretung des Bundesgesetzes vom 21. Dezember 1888 schuldig, indem es als erwiesen annahm, dass sowohl Jakob als Adolf Zobrist während der durch Art. 9, Ziff. l, cit. bestimmten Schonzeit Forellen gefangen und Jakob Zobrist solche Fische während verbotener Zeit verkauft habe (Art. 13, Lemma l, eod.). In Anwendung von Art. 31, Ziff. l, bei Jakob Zobrist überdem in Berücksichtigung der Wiederholung der Übertretung (Art. 32) und wiederholter Vorstrafen wegen Polizeiübertretungen verfällte das Gericht den Jakob Zobrist in eine Geldbusse von Fr. 150, den Adolf Zobrist in eine solche von Fr. 50 und zu solidarischer Tragung der Fr. 60. 30 betragenden Kosten.

Die Bestraften ersuchen um Nachlass der ihnen auferlegten Bussen im Wege der Begnadigung, indem sie vorbringen: Der Bundesblatt. 58. Jahrg. Bd. IV.

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550 Richter habe mit Unrecht angenommen, dass sie sich der Gesetzesübertretung schuldig gemacht hätten ; er habe sich dabei auf eine Expertise über das Alter der in ihrem Besitze gefundenen Fische gestützt, die nicht nur tatsächlich unrichtig gewesen, sondern auch unter Ausserachtlassung gesetzlicher Formvorschriften zu stände gekommen sei und daher überhaupt nicht hätte berücksichtigt werden sollen. Im weitern wird die Höhe der verhängten Bussen bemängelt und bemerkt, die Potenten hätten als Bahnarbeiter ein bescheidenes Einkommen, mit dem jeder von ihnen sich selbst und eine Familie ernähren müsse, wofür der tägliche Verdienst kaum ausreiche. Sie wüssten nicht, wie sie die Busse erschwingen sollen; die entsprechende Gefangenschaft aber würde sie um die Stelle bringen und zwei Familien der Not preisgeben.

Auch wenn sie schuldig wären, so seien die hohen Kosten eine harte Strafe und der angerichtete Schaden stünde jedenfalls in keinem richtigen Verhältnisse zu dem ökonomischen Ruin.

Der Gemeinderat Rupperswil berichtet über Vorleben und Ökonomie der Petenten: Jakob Zobrist sei bestraft worden: Am 8. Juni 1899 wegen Übertretung des Forstgesetzes mit Fr. 20 Busse; am nämlichen Tag wegen Fischereivergehen bezw. Diebstahl mit Fr. 40 Busse ; am 26. September 1901 wegen Jagdfrevel mit Fr. 80 Busse; am 20. März 1902 wegen Jagdfrevel mit Fr. 250 Busse. Er versteuere Fr. 3000 Kapital. Adolf Zobrist sei nicht vorbestraft und versteuere kein Vermögen, sei aber wie sein Bruder ein Bahnangestellter, der nur für eine kleine Familie zu sorgen habe.

Es ist nicht Sache der Begnadigungsinstanz, den Richterspruch hinsichtlich der Schuldfrage zu überprüfen, wenn gegen denselben bloss prozessrechtliche Einreden erhoben werden. Es kann sich vielmehr in diesem Verfahren nur darum handeln, ob unter den richterlich festgestellten Verhältnissen Grund vorliege,, eine Ermässigung der Strafe zu gewähren.

Was den Jakob Zobrist anbetrifft, so besteht keine Veranlassung, die ihm auferlegte Geldbusse zu mildern, da der Richter mit vollem Grunde bei ihrer Ausmessung auf die wiederholten Vorstrafen Rücksicht genommen hat, die dem Fehlbaren bereits früher wegen Polizeiübertretungen auferlegt wurden und da seine ökonomischen Verhältnisse ihm dio Zahlung auch einer grösseren Summe ermöglichen. Dagegen rechtfertigt es sich, die Busse des vermögenslosen Adolf Zobrist etwas zu mildern. Er ist nicht vorbestraft, und das Gesetz bedroht die ihm zur Last

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fallende Handlung mit Busse von Fr. 5--400, so dass wohl gesagt werden muss, der Richter sei bei seiner Beurteilung im Strafmass ungewöhnlich hoch gegangen.

Wir stellen daher bei Ihrer hohen Versammlung den Antrag: Es sei das Begnadigungsgesuch des Jakob Zobrist abzuweisen, dagegen die dem Adolf Zobrist auferlegte Geldbusse auf Fr. 20 herabzusetzen.

B e r n , den 14. September 1906.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

I. Forrer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuche der wegen Übertretung des Fischereigesetzes bestraften Jakob und Adolf Zobrist, Bahnarbeiter in Rupperswil (Aargau). (Vom 14. September 1906.)

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1906

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19.09.1906

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