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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Vermehrung der Munitionsbestände.

(Vom 20. Februar 1906.)

Tit.

Durch den Bundesbeschluß betreffend die Kriegsbereitschaft der schweizerischen Armee, vom 29. Januar 1892 (A. S. n. F.

XII, pag. 502), wurde der Bundesrat ermächtigt, den Patronenvorrat der Infanterie für jeden Gewehrtragenden des Auszuges und der Landwehr auf 500 Stück, für jeden Gewehrtragenden des Landsturms auf 200 Stück zu erhöhen, wobei 1/5 bis ]/4 dieses Vorrates aus unlaborierten, aber zur raschen Laborierung vorbereiteten Bestandteilen bestehen durfte. Die Munitions Vorräteder Artillerie wurden durch den nämlichen Beschluß auf 500 Schuß für jedes Feldgeschütz und auf 400 Schuß für jedes Positions- und Gebirgsgeschütz festgesetzt, wovon J /s bis 1/i unlaboriert im Rohgeschoßdepot liegen durfte. Diese Vorräte wurden seither stets bereit gehalten und in den letzten Jahren ist auch der nicht fertig laborierte Teil der Infanteriemunition ganz und von der Artilleriemunition der größte Teil fertig laboriert worden.

Das Bundesgesetz über die Neuordnung der Feldartillerie vom 15. April 1904 bestimmt, daß für jedes Geschütz wenigstens800 Schuß vorrätig sein sollen.

'362 Wenn nun auch über den Munitionsverbrauch im russischjapanischen Kriege noch keine amtlichen Angaben vorliegen, so geht doch aus zahlreichen Berichten unzweifelhaft hervor, daß -der stetig wachsende Munitionsverbrauch eine erneute und ganz ·bedeutende Steigerung erfahren hat. Es ist zu einem beinahe unbestrittenen Axiom der modernen Kriegführung geworden, daß die Schlachten, caeteris paribus, durch das M a s s e n f e u e r der Infanterie und Artillerie entschieden werden. Der Feuerkampf wird auf Entfernungen eröffnet, auf denen nur durch mächtige, ·dichte Geschoßgarben ein Erfolg erzielt werden kann, und wenn ·auch das Bestreben dahin gehen muß, kraft einer guten Feuer·disziplin der Munitionsverschwendung, insbesondere auf große Distanzen, vorzubeugen, so wird doch gegebenenfalls der im Vorteil sein, der mit so viel Munition versehen ist, daß er dem Gegner auf j e d e r E n t f e r n u n g mit ausreichender Patronenzahl entgegentreten kann. Eine charakteristische Erscheinung mancher Kriege der Neuzeit ist auch die, daß der Kampf um befestigte Feldstellungen immer häufiger wird und nicht zuletzt werden es die numerisch schwachen Armeen sein, die in die Lage kommen können, zu diesem Auskunftsmittel greifen zu müssen. Erste Bedingung aber für einen erfolgreichen Widerstand in verschanzter Stellung ist ein reicher Munitionsvorrat.

Es gibt manche Vorbereitungen für den Krieg, in denen -unser kleines Land mit seinem Milizheere es den Nachbarstaaten ·nie wird gleichtun können. Daran aber hindern uns keine zwin.genden Rücksichten, wenigstens hinsichtlich der Munitionsausrüstung für die Anforderungen jedes Kriegsfalles gerüstet zu sein. Nie-mand wird auch die Verantwortung auf sich nehmen wollen, -daß in einem Kriege um unsere staatliche Existenz oder Unabhängigkeit der opferfreudige Widerstand des Volkes möglicherweise seine Grenze fände in der zu Gebote stehenden Munitionsmenge. Wenn aber irgend eine Kriegs Vorbereitung im Augenblicke der Gefahr nicht nachgeholt werden kann, so ist es die ·der Munitionsbeschaffung.

Bezüglich der Bewaffnung hat die Bundesversammlung jederzeit in weitblickender Weise nicht nur das bewilligt, was uns .-auf der Höhe der .Nachbarstaaten erhielt, sondern es war stets ihr Bestreben, daß wir, soweit irgend tunlich, um einen Schritt voraus sein sollten. Das Korrelat dazu ist die Beschaffung der -nötigen Munitionsmenge, ohne die alle übrigen Kriegsvorbereirtungen wertlos werden können.

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Auf Grund eingehender Untersuchungen und bezüglicher Berichte der Abteilungen des Militärdepartements gelangen wir zu dem Vorschlage, die stets zur Verwendung bereitliegenden Vorräte an vollständig laborierter Kriegsmunition wie folgt festzusetzen: Infanteriernuniti on : 750Patronen per Gewehr für Auszug und Landwehr, 300 Patronen per Gewehr für den Landsturm, 80,000 Patronen per Maschinengewehr der Kavallerie und der Festungstruppen; Artilleriemunition: 1200 Schüsse per neues Feldgeschütz.

Die daherige einmalige Ausgabe beziffert sich nach den Berechnungen unseres Militärdepartements auf ungefähr zehn Millionen Franken. Die Ausgaben variieren, .je nachdem wir im stände sind, den Mehrbedarf selbst zu fabrizieren oder uns genötigt sehen, denselben teilweise im Auslande zu beschaffen. Denn es sollten nach unserm Dafürhalten die neuen Munitionsbestände möglichst rasch und längstens binaen drei Jahren beschafft werden. Wir sind daher auch der Ansicht, daß der erforderliche Kredit auf die Jahre 1906 bis 1908 verteilt und in den Voranschlag eingestellt werden soll.

Der Umsatz dieser Munition wird sich nach den bisherigen Erfahrungen in nützlicher Frist vollziehen, so daß auch von diesem Gesichtspunkte aus keine Bedenken zu erheben sind.

Für die Unterbringung der vermehrten Bestände bedürfen ·wir acht Munitionsmagazine, deren Kosten mit Inbegriff des Landerwerbs auf Fr. 400,000 berechnet werden.

Die Gebirgsartillerie haben wir nicht in diese Vorlage einbezogen, weil deren Neubewaffuung und Organisation gleichzeitig Gegenstand besonderer Vorlagen sein wird. Auch die Positionsartillerie bedarf besonderer Behandlung, für die indessen die Vorarbeiten noch nicht abgeschlossen' sind. Wir halten dafür, daß die vorhandenen Munitionsbestände der Positionsartillerie ausreichend sind und daß eine Vermehrung derselben sich zur Zeit nicht empfiehlt.

Wir verweisen im übrigen auf die Akten, in denen die näheren Angaben zur Begründung dieser Vorlage enthalten sind, die aber der Natur des Gegenstandes nach konfidentiellen Charakter haben. Diese Akten stehen zur Verfügung der vou den Räten zu ernennenden Kommissionen.

Bndlich machen wir auf die Dringlichkeit der gegenwärtigen Torlage noch besonders aufmerksam.

364

Wir beantragen der Bundesversammlung die Genehmigungdes nachfolgenden Beschlusses-Entwurfs und benutzen den Anlaß,, Sie unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 20. Februar 1906.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

L. Porrer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

365 {Entwurf.)

Bundesfoeschluß betreifend

die Vermehrung der Munitionsbestände.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 20. Februar 1906, beschließt: Art. 1. Der Bundesrat wird ermächtigt, den Patronenvorrat' der Infanterie für jeden Gewehrtragenden des Auszugs und der Landwehr auf 750 Stück; für jeden Gewehrtragenden des Landsturms auf 300 Stück und für jedes Maschinengewehr der Kavallerie und der Festungstruppen auf 80,000 Stück, die Munitionsvorräte der neuen Feldartillerie auf 1200 Schuß per Geschütz zu erhöhen. Er wird errniichtigt, für die Unterbringung dieser Vorräte die nötigen Munitionsmagazine zu erstellen.

Art. 2. Dem Bundesrate wird zu diesem Zwecke ein Kredit von Fr. 10,400,000 eröffnet, der auf die Betriebsbudgets der Jahre 1906 bis 1908 zu verteilen ist.

.Art. 3. Dieser Bundesbeschluß wird dringlich erklärt und tritt sofort in Kraft.

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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuche des wegen Übertretung des Jagdgesetzes bestraften Adolf Zbinden, Landarbeiters im FallackerGuggisberg (Kt. Bern).

(Vom 20. Februar 1906.)

Am 6. März 1905, morgens um 7% Uhr, als Aebischer, Wilhelm, Sohn, im Fall zu Guggisberg sich auf dem Wege nach der Käserei befand und bei der Schutzweid einen Seitenweg benutzte, krachte plötzlich ein dort gerichtetes Selbstgeschoss, sogenannter "Büffel" ; zwei Schrotkörner drangen ihm in den linken FUSS, während andere durch die dicken Halbleinhosen und Schuhe abgewiesen wurden.

Die polizeilichen Nachforschungen ergaben, dass der Selbstschuss angebracht worden war durch den 24 Jahre alten Landarbeiter Adolf Z b i n d e n im Fallacker, Guggisberg. Er anerkannte dies auch vor Polizeirichter mit der Behauptung, er sei im Hühnerhof wiederholt durch Marder geschädigt und gefährdet worden. Der Selbstschuss habe diesen Tieren gegolten und sei 5 bis 6 Schritte vom Fussweg entfernt gewesen. Zbin-

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Vermehrung der Munitionsbestände. (Vom 20. Februar 1906.)

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1906

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21.02.1906

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361-366

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