(542

# S T #

Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend den Vertrag über die Abtretung des jetzigen Post-, Telegraphen- und Telephongebäudes in St. Gallen an die dortige politische Gemeinde und die Expropriation eines Bauplatzes für Errichtung eines neuen Post-, Telegraphen- und Telephongebäudes in St. Gallen.

(Vom 15. November 1906.)

Tit.

Das jetzige Post-, Telegraphen- und Telephongebäude in St. Gallen wurde am 30. November 1887 bezogen. Der bezügliche Bundesbeschluss vom 20. März 1884 (A. S. n. F. VII, 437), betreffend den Ankauf eines Bauplatzes zum Zwecke der Erstellung eines neuen Post- und Telegraphengebäudes in St. Gallen, wurde nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 10. März 1884 (Bundesblatt von 1884, Band I, Seite 397) gefasst.

Bei der Begründung der Bedürfnisfrage stützte sich der Bundesrat in seiner Botschaft auf den P o s t v e r k e h r vom Jahr 1883 und dessen Vermehrung gegenüber dem vorangegangenen Zeitabschnitte seit dem Jahre 1869.

Wenn wir nun die Verkehrszahlen des abgelaufenen Jahres 1905 mit denjenigen des Jahres 1883 in Vergleichung bringen, so ergibt sich abermals eine ausserordentlich grosse, kaum in diesem Masse vorauszusehende Vermehrung des Postverkehrs auf dem Hauptpostbureau St. Gallen, nämlich:

643

Korrespondenzen . . .

Abonnierte Zeitungen .

Pakete . . . ' . . .

Nachnahmen (Aufgabe) .

Postanweisungen . . . .

Einzugsmandate . . .

Wertzeichenverbrauch .

.Zahl des verwendeten Personals

1883*) 2,722,131 3,352,302 568,442 106,085 96,727 3,451 Fr.

--

1905 10,28.6,098 .5,340,086 1,448,206 185,659 361,820 37,769 Fr. 943,620.--

81

273

Der Paketverkehr hat sich somit seit dem Jahre 1883 fast' verdreifacht, derjenige der Korrespondenzen und Postanweisungen vervier- und derjenige der Einzugsmandate sogar verzehnfacht. Das Personal hat sich eenfalls mehr als verdreifacht.

Ähnliche Verhältnisse in bezug auf die Verkehrsvermehrung bestehen bei der T e l e g r a p h e n - und der T e l e p h o n v e r w a l tung.

Es betrug im Jahre Die Zahl der Telegramme Die Zahl der Telegi-aphenbeamten u. Ausläufer

1883

1905

397,455 29

566,802 47

Die Zahl der Telegramme hat sich somit um ungefähr 43 °/o vermehrt und diejenige der Telegraphenbeamten und -augestellten urn zirka 62 °/'o.

Das T e l e p h o n n e t z St. Gallen wurde im Juli 1883 finden Lokalverkehr dem Betriebe übergeben mit einem Personalbestand von einem Chef und zwei Telephonistinnen. [m Laufe des folgenden Jahres erhielt dasselbe Anschluss an andere Netze.

Die Verkehrsziffern des Jahres 1885, in welchem das Personal um zwei Telephonistinnen vermehrt wurde, sind folgende im Vergleich zu denjenigen des Jahres 1905 : *) Die Abweichungen in den vorstehenden Verkehrszahlen vom Jahre 1883 gegenüber denjenigen der Beilage zur Botschaft vom 10. März 1884 haben ihren Grund darin, dass bei den Korrespondenzen in dieser Botschaft die Pakete von 250 g. bis 2 kg., sowie die Rebüts und Expressrückscheine mitgezählt sind, während erstere in obigen Angaben bei den Paketen und letztere überhaupt nicht mehr aufgeführt sind ; ferner fehlt bei den Angaben der obigen Botschaft die Zahl der aufgegebenen ausländischen, der. in St. Gallen bestellten und umspedierten Pakete ; bei den Angaben der abonnierten Zeitungen ist sodann in der Botschaft von 1884 nur der Versand, nicht aber auch der Empfang aufgeführt. Der Wertzeichenverbräuch ist im Jähre 1883 noch nicht ermittelt worden.

644 1885

Zahl der Lokaigespräche 330,394 Interurbane Gespräche, Ausgang . . . .

17,181 Interurbane Gespräche, Eingang und Transit -- Total Anzahl d e r Stationen . . . . . . . .

,, ,, interurbanen Linien . . . .

,, ,, männlichen Beamten . . . .

,, ,, Telephonistinnen

1905

1,524,69& 269,b34 390,715

347,575 2,185,245 1885

1905

293 5 l 4

2,091 43 7 30

Die Zahl der Telephongespräche hat sich somit in dem Zeitraum von 1885 bis 1905 versechsfacht, die Zahl der Stationen versiebenfacht und die Zahl der interurbanen Linien sogar mehr als verachtfacht. Auch das Personal war Ende 1905 siebenmal grösser als im Jahre 1885.

Bei dieser Sachlage kann es nicht auffallen, dass die Raumverhältnisse irn Post- und Telegraphengebäude in St. Gallen den ausserordentlich gesteigerten Verkehrshedürfnissen nicht mehr genügen und dass es für die ordentliche Ausübung der verschiedenen öffentlichen Dienstzweige unbedingt geboten erscheint, in anderer Weise für Beschaffung genügender und dem fernem Anwachsen des Verkehrs Rechnung tragender Diensträume zu sorgen.

In erster Linie waren die Verwaltungen bestrebt, durch möglichst allgemeine und zweckmässige Ausnutzung der im Gebäude selbst vorhandenen Räume auf die gesteigerten Bedürfnisse Rücksicht zu nehmen. Zu diesem Zwecke wurden nach und nach die vier in Privatimele vergebenen Wohnungen im zweiten Stockwerke gekündet und der Telegraphen- und Telephonverwaltung zur Verfugung gestellt. Die Hauswartwohnung wurde in den Turm verlegt. Die Treppe, welche von der Schalterhalle der Hauptfassade aus in die obera Stockwerke führte, wurde unterdrückt, um auf diese Weise mehr Platz im Aufgaberaum für den Telegraphen und die Abteilungen der Postanweisungen und des Postcheckdienstes zu schaffen. Ferner wurde im Erdgeschoss ein Gang in die Briefdistribution eingebaut, um die Schlossfächer dort unterzubringen und auf diese Weise eine Vermehrung der Briefpostschalter zu ermöglichen. Schliesslich wurde auch die Frage eines Anbaues gegen den Hof zum Zwecke der notwendigen Vergrösserung der Räume für die Paketpostabteilung näher geprüft und die bezüglichen Pläne ausgearbeitet. Die Ausführung dieses Anbaues unterblieb in Anbetracht einesteils der damit verbundeneu, nicht

645 unbedeutenden Kosten (zirka Fr. 55^000) und andernteils, weil man sich sagen muzste, dass dies nur als ein Notbehelf zu betrachten wäre, der nicht geeignet sein würde, eine befriedigende und auf die Dauer die Übelstände hebende Lösung herbeizuführen.

Eine wesentliche Verbesserung der Lokalverhältnisse im Postund Telegraphengebäude in . St. Gallen hätte erreicht werden können, wenn es möglich geworden wäre, im Areal des Bahn·hofes neue Räume für die Unterbringung der Transitpaketpost und ·der Stadtpaketbestellung zu schaffen.

Die Oberpostdirektion ist diesfalls mit der Generaldirektion der Bundesbahnen wiederholt und in eindringlicher Weise in Verbindung getreten. Allein ungeachtet des guten Willens, den letztere Behörde in dieser Frage bekundete, und deren Bestreben, den Wünschen der Postverwaltung entgegenzukommen, rnusste dieses Projekt fallen gelassen werden, weil nach den endgültigen Plänen für den Umbau des Bahnhofes in St. Gallen der erforderliche Platz in geeigneter Lage für Errichtung eines Transitpostgebäudes nicht erhältlich zu machen war. Die Bundesbahnen sind, wie der Postverwaltung dargetan ·wurde, mit dem ihnen für ihre Bahnhofanlagen in St. Gallen zur Verfügung stehenden Terrain ohnehin beengt, so dass sie auch nach Vollendung der bevorstehenden Neuanlagen und Umbauten verhältnismässig rasch wieder mit Raummangel zu kämpfen haben werden, wenn der Verkehr sich weiterhin in der bisherigen Weise ·entwickelt.

Als Hauptübelstände, welche dem jetzigen Post- und Telegraphengebäude in St. Gallen für dessen zweckgemässe Inanspruchnahme anhaften, erlauben wir uns im einzelnen zu bezeichnen:

A. Postlokale.

1. Schalterhalle.

Die Zahl der Schalter ist viel zu klein, und zwar sowohl bei der Brief- als bei der Paketpostabteilung. Trotzdem jeweilen arn Abend, wenn die Aufgabe am stärksten ist, der Passagier-, Poste restante- und Reklamationsschalter für die Paketaufgabe mitbenutzt und so viel Beamte an die Schalter gestellt werden, als nur immer möglich ist, sind erhebliche Stauungen eine tägliche Erscheinung. Wenn das Publikum, das oft sehr lange auf die Bedienung warten muss, bis jetzt nicht mehr mit Reklamationen hervorgetreten ist, so ist das einzig darauf zurückzuführen, dass es einsieht, dass eine Besserung bei den jetzigen Verhältnissen nicht möglich ist. Die Schalterzahl sollte wenigstens ver-

646

doppelt werden. Die Schreibgelegenheit für das Publikum ist ebenfalls zu sehr beschränkt. Am Abend genügen jeweilen auch die Zugänge zur Halle nicht; die Zirkulation des Publikums ist dort durch die Massenzufahr von Paketen gehemmt. Die Einrichtung einer automatischen Telephonsprechstation in der Schalterhalle hat kurzlich wegen Mangel an Platz abgelehnt werden müssen Der vor kurzem erstellte Einbau für die 300 Schlossfächer, von' welchem hiervor bereits die Rede war, ist zu eng.

2. Betriebslokale.

Der Raum für die P a k e t a n k u n f t und D i s t r i b u t i o n ist ungenügend. Eine Ausdehnung ist unmöglich, weil bereits vergrössert worden ist, soweit dies irgendwie angängig war. Der Einlad in die Bestellfourgons kann nicht mit der erforderlichen Raschheit erfolgen, weil der Vorhof zu klein ist. Der letztere bietet überdies ungenügend Schutz gegen die Unbilden der Witterung. Für den Verkehr dieses Bureaus mit dem Publikum, der ein reger ist, steht kein Schalter zur Verfügung, so dass sich dieser Verkehr im Bureau abwickeln muss, wodurch das Postgeheimnis gefährdet wird. Zur Besorgung der schriftlichen Arbeiten und Behandlung von Reklamationen des Publikums fehlt ein vom starken Bureaulärrn und Karrenverkehr abgeschlossener Raum. Ferner fehlt der Platz zur Einrichtung einer genügenden Garderobe, welche notwendig wäre. Da die Karren in den Bureauraum hineingeführt werden müssen, wird Strassenstaub und -kot dahin verschleppt. Auch ist das Personal dieses Bureaus schädlichem Zugwind ausgesetzt.

In der P a k e t a u f g a b e und - e x p é d i t i o n herrscht ebenfalls empfindlicher Platzmangel. Der Raum sollte fast doppelt so gross sein. Die Poste-restante-Abteilung, der Übergang von Aufabe zur Expedition und die letztere selbst sind beengt, und die ackwechselarbeiten müssen zurzeit in einem wenig geeigneten Winkel besorgt werden.

Die Räume für die B r i e f a u f g a b e und - e x p é d i t i o n sind beide zu klein. Die Möglichkeit einer Ausdehnung fehlt. Bei der Briefexpedition besteht der erhebliche Übelstand, dass zur Entgegennahme der Zeitungen kein Schalter vorhanden ist, was bedingt, dass die Überbringer der zu spedierenden Zeitungen den Bureauraum betreten müssen.

Im M a n d a t b u r e a u leidet hauptsächlich die Abteilung für die Mandatträger an Raummangel. Das ganze Bureau ist sodann ungenügend beleuchtet.

§

647 Der B r i e f t r ä g e r saal, der zurzeit im I. Stock sich befindet, ist bedeutend zu klein. Er sollte doppelt so gross sein, um den Bedurfnissen der Gegenwart und der nächsten Zukunft zu genügen.

Im B a h n p o s t b u r e a u , ebenfalls im I. Stock, fehlen Garderoberäume für die Packer und die Kondukteure.

Das Z e i t u n g s b u r e a u ist im I. Stock ungünstig placiert..

Es sollte in Verbindung stehen mit den Briefabteilungen und dem> Publikum leichter zugänglich sein.

Der Hof des jetzigen Postgebäudes ist so klein, dass die Aufstellung der Fourgons für die Paketbestellung, ' deren Zahl fortwährend zunimmt, auf Schwierigkeiten stössr. Auch der Verkehr der Kurswagen ist gehemmt. Die R e m i s e ist ganz ungenügend.

Zurzeit ist eine gehörige Realisierung der alltäglich im Gebrauche stehenden Hand- und Pferdefuhrwerke nicht möglich. Beständig stehen Fuhrwerke ungeschützt im innern und äussern Hof und beengen den ohnehin knappen Raum noch mehr. Die gegenwärtige Remise mit einem Flächeninhalt von 44 m 2 hat ausschliesslich als Aufbewahrungsraum für vorrätiges Trainmaterial zu dienen ; sie dient auch diesem Zwecke nur notdürftig.

Im Postgebäude fehlen sodann eine Badeeinrichtung und eineKleidertröcknungsanlage, wie sie in den neuern Postgebäuden eingerichtet worden sind. Ferner ist kein Platz vorhanden Jür Unterkunfts- und Ruhezimmer für das auswärtige Fahrpersonal. Es sind solche zurzeit in einem Privathause gemietet. Die Aborte sind von alter Konstruktion und ohne Wasserspülung. Die Konstruktion, der Ablaufrohre ist eine mangelhafte. Die Handwascheinrichtungen sind ungünstig placiert.

Im Souterrain ist ebenfalls Raummangel, so dass es z. B. nicht möglich ist, den ganzen Bedarf an Kohlen für die Heizung schon im Sommer, zu den billigern Sommerpreisen, zu decken.

3. Diensträume der Kreispostdirektion.

Das Bureau für die K r e i s p o s t k a n z l e i ist zu klein. In einem Raum von 47 m 2 sind zurzeit 8 Beamte untergebracht.

Für einen weitern Beamten, für den das Bedürfnis schon jetzt, besteht, ist kein Platz mehr.

Empfindlicher Raummangel herrscht beider M a t e r i a l - und W e r t z e i c h e n a b t e i l u n g . Es sollten dort notwendigerweise weitere Kasten und Gestelle aufgestellt werden können, der Platz fehlt aber hierzu. Dieser Abteilung sollte wenigstens doppelt so viel Raum zur Verfügung stehen. Eine räumliche Erweiterung wäre

·648 auch bei der K r e i s p o s t k o n t r o l l e und der K r e i s p o s t k a s s e dringend notwendig. Bei der erstem fehlt schon jetzt der Platz zur Aufstellung einer weitern Additionsmaschine. Die Kreispostkasse ist zudem ungenügend beleuchtet. In allen diesen Bureaux fehlen auch richtige Garderoben.

Das Bureau für die C h e c k k o n t o s t e l l e wird bald nicht mehr genügen, wenn der neue Dienstzweig sich weiter in dem Masse entwickelt, wie es bisher der Fall war.

Es fehlt endlich ein Z i m m e r für die Abhaltung der A u f n a h m s p r ü f u n g für Postlehrlinge. Das Lokal, das früher diesem Zwecke gedient hat, musste dem Bahnpostbureau überlassen werden.

Die Diensträume der T r a i n - und D i e n s t k l e i d u n g s a b t e i l u n g genügen nur knapp mehr.

B. Telegraphen- und Telephonlokale.

Das Telegraphen bureau und die Dienstlokale d e r T e l e g r a p h e n i n s p e k t i o n St. G a l l e n , welche anlässlich des Bezuges des neuen Postgebäudes im Jahre 1888 im I.Stocke untergebracht wurden, mussten infolge der Beanspruchung ·erweiterter Diensträumlichkeiten seitens der Postverwaltung im Jahre 1899 in den II. Stock des Gebäudes verlegt werden. Im allgemeinen sind die jetzigen Lokale nicht zweckentsprechend eingerichtet, indem dieselben früher als Privatwohnungen verwendet wurden; es konnten daher nicht alle wünschenswerten Abänderungen in der Einteilung der einzelnen Räumlichkeiten und Dependenzen erzielt werden. Vor allem aus erweisen sich der Morseund der Hughessaal als zu klein; in ersterm ist kaum noch Platz für die Aufstellung von zwei weitern Apparaten, während letzterer vollständig ausgenützt ist. Ferner ist auch der Batterieraum so beschränkt, dass die Placierung neuer Batterien in zweckmässiger Weise kaum, möglich wäre. Ein weiterer Übelstand besteht in der ungenügenden Anzahl der Aborte, indem gegenwärtig dem Telegraphenbureau, dessen definitives Personal während der strengsten Verkehrsperiode im Sommer stets durch Zuzug von Aushülfsbeamten noch vermehrt wird, nur zwei Aborte zur Verfügung stehen. Auch die Räumlichkeiten der Telegrapheninspektion sind zu knapp bemessen, speziell die Bureaux des Telegrapheninspektors und seines Adjunkten.

In der im Erdgeschoss gelegenen Telegrammaufgabe macht sich der Platzmangel in noch erhöhtem Masse bemerkbar. Die

649 Frequenz der in diesem Räume installierten öffentlichen Sprechstation würde die Aufstellung von drei bis vier derartigen Kabinen rechtfertigen ; diese Erweiterung ist indessen der misslichen Platzverhältnisse wegen zurzeit nicht möglich.

Die Materialmagazine der Telegrapheninspektion im Kellergeschoss sind ebenfalls unzulänglich und im Zugang unbequem.

Das Material muss oft im westlichen Treppenhaus gelagert werden, wodurch dort die Zirkulation gehemmt wird.

Was die T e l e p h o n l o k a l e anbelangt, konzentrieren sich die Übelstände hauptsächlich auf den Mangel an Platz sowohl im Erdgeschoss, wo die unterirdischen Kabel eingeführt sind und die Materialmagazine sich befinden, als auch im II. Stocke, welcher die lokale und interurbane Zentralstation und die Verwaltungsbureaux enthält.

Die Räume im Souterrain sind zu niedrig und unter dem Deckgewölbe von einer Anzahl Röhren der Dampfheizung und der Gas- und Wasseranlage durchzogen. Der Durchgang durch diese Lokale in aufrechter Haltung wird dadurch verunmöglicht.

Die Telephonzentralstation wurde im Jahre 1892 vom Regierungsgebäude in den II. Stock des Postgebäudes verlegt. Anlässlich des Umzuges des Telegraphenbureaus im Jahre 1899 war auch die Erweiterung der Telephonlokale, speziell die Abtrennung des Lokaldienstes vom interurbanen Dienste, zur dringenden Notwendigkeit geworden. Gegenwärtig erweisen sich alle diese Räumlichkeiten neuerdings als zu klein. Sowohl die lokale als die interurbane Station sind beim jetzigen Apparatensystem nicht mehr erweiterungsfähig. Zudem ist die Tagesbeleuchtung dieser Lokale der ungenügenden Fenster wegen sehr mangelhaft. Die Anzahl der Aborte sollte mindestens doppelt so gross sein (gegenwärtig nur z w e i für beide Zentralstationen). Auch der Verteilerraum, die Kontrolle der Zentralstation und das Garderobezimmer entsprechen den dienstlichen Anforderungen bei weitem nicht mehr.

Die ebenfalls sehr wünschenswerte Vergrösserung der Telephonverwaltungsbureaux ist wegen der Beschaffenheit des westliehen Flügels undurchführbar. Der Korridor ist zu schmal und zu dunkel, und die links davon gelegenen Lokale sind viel zu eng.

Nachdem, wie wir weiter vorn erklärt haben, eine Vergrösserung des jetzigen Postgebäudes, die einen für längere Zeit befriedigenden Zustand schaffen würde, nicht möglich ist und auch im Bahnhof keine Lokalitäten und kein Platz erhältlieh ist für Bundesblatt. 58. Jahrg. Bd. V.

42

650 die Unterbringung des Transitpostdienstes und der Paketbestellung, wodurch das Postgebäude in genügender Weise entlastet werden könnte, musate dem Gedanken der Erstellung eines neuen Postgebäudes näher getreten werden. Der Gemeinderat von St. Gallen kam nun von sich aus der Postverwaltung in dieser Frage insofern entgegen, als er unterm 5. August vorigen Jahres an die Oberpostdirektion die Anfrage richtete, ob die eidgenössische Postverwaltung willens wäre, gemeinsam mit der politischen Gemeinde St. Gallen südlich eines vor dem neu projektierten Bahnhofaufoahmsgebäude durch die schweizerischen Bundesbahnen noch zu schaffenden Vorplatzes das nötige Bauareal zu expropriieren, um daselbst ein Verwaltungsgebäude zu errichten, welches sowohl der Postverwaltung als auch städtischen öffentlichen Zwecken zu dienen hätte. Eventuell könnte die Postverwaltung, sofern die Stadtgemeinde St. Gallen das Gebäude erstellen Hesse, einen Teil der neuen Lokalitäten auf längere Zeit mietweise übernehmen. In dritter Linie bliebe zu prüfen, ob es der Post nicht konvenieren könnte, an der fraglichen Baustelle ein neues Postgebäude zu errichten, vorausgesetzt, dass sie für das jetzige Postgebäude einen annehmbaren Abnehmer fände. Der Gemeinderat sagte am Schlüsse seines Schreibens, die Entwicklung des Postverkehrs auf dem Platze St. Gallen bedinge nach seinen Beobachtungen ganz allgemein neue Räume, welche in der einen oder ändern Form zu schaffen, die Gelegenheit sich nun zu bieten scheine.

Dem Gemeinderat wurde von der Postverwaltung die Prüfung der von ihm angeregten Lösung der Postgebäudefrage zugesagt. Inzwischen hatte die Generaldirektion der schweizerischen Bundesbahnen das definitive Projekt für den Umbau des Personenbahnhofes in St. Gallen und die Einführung der Schmalspurbahnen daselbst angeregt. Zur Besprechung dieses Projektes und der Postgebäudefragen veranstaltete das eidg. Post- und Eisenbahndepartement am 24. März 1906 eine Konferenz, an welcher Landammaun und Regierungsrat des Kantons St. Gallen, die Generaldirektion der schweizerischen Bundesbahnen, die Betriebsdirektion der Appenzeller Strassenbahn, die Betriebsdirektion der Strassenbahn St. Gallen-Speictier-Trogen, die Direktionskommission der Bodensee-Toggenburgbahn und die Oberpostdirektion vertreten waren.

In dieser Konferenz, die der Vorsteher
des eidg. Post- und Eisenbahndepartementes präsidierte, wurde die Notwendigkeit eines Neubaues für die geeignete Unterbringung des Post-, Telegraphenund Telephondiensles in St. Gallen anerkannt. Dabei wurde die Expropriation, seitens des Bundes, des Häuserblockes gegenüber dem neu zu errichtenden Aufnahmsgebäude in Aussicht genommen und daran die Bedingung geknüpft, dass die Gemeindebehörde

651 von St. Gallen bei der Erwerbung des Bauplatzes auf dem Expropriationswege in irgend einer Form einen namhaften Beitrag leiste. Ferner verständigte man sich dahin, dass der Gemeinderat von St. Gallen einen bestimmten Finanzplan über die Erwerbung und Verwendung des Terrains für den Vorplatz vor dem neuen Aufnahrnsgebäude, die Einführung der Nebenbahnlinien (St. Gallen-Gais und St. Gallen-Trogen) in den neuen Bahnhof und den Bau eines neuen Post-, Telegraphen- und Telephongebäudes in St. Gallen den beteiligten Behörden und Verwaltungen vorlege und dabei der Postverwaltung gleichzeitig für die Verwertung des bisherigen Postgebäudes bestimmte Vorschläge oder Offerten einreiche.

Der Gemeinderat von St. Gallen unterbreitete mit Schreiben vom 8. Mai 1906 den beteiligten Verwaltungen das Ergebnis seiner Studien über die Bahnhof- und Postgebäudefrage und machte gleichzeitig Vorschläge betreffend die Leistungen der Stadt St. Gallen. Der Vorlage war ein Situationsplan beigelegt. Es ergab sich daraus, dass für ein Verwaltungsgebäude ein disponibler Platz von 3360 m a vorhanden wäre, von dem zirka 2900 m 2 effektiv überbaubar sein würden.

Für die Durchführung des ganzen Projektes des Gemeinderates St. Gallen ist das zwischen der jetzigen südlichen Bahnhofgrenze, der Gutenbergstrasse und der St. Leonhardstrasse liegende Terrain .erforderlich. Den Wert dieses Terrains bezifferte die Gemeindebehörde auf Fr. 2,118,680. Sie brachte dabei auch den der Gemeinde gehörenden, für die Verbreiterung der Strassen zu verwendenden Boden, mit einem Flächeninhalt von 5840m2 zu Fr. 100 per m 2 = Fr. 584,000, in Anrechnung und bemerkte, dass die Erwerbung des im Privatbesitz sich befindlichen Terrains nur auf dem Expropriationswege denkbar sei. Der Praxis der eidgenössischen Expropriationsschatzung entsprechend, bei welcher der Mittelwert aus dem eigentlichen Liegenschaftswert und dem Verkehrswert gezogen wird, kam sie so auf eine Expropriationsentschädigung von Fr. 1,350,000 für eine Fläche von 6562 m 2 . Ferner wurden in die Berechnung einbezogen zwei von den schweizerischen Bundesbahnen einzuwerfende Parzellen im Flächeninhalt von 796 m 2 zu Fr. 100 per m 2 = Fr. 79,600, der Wert des für die Verbreiterung der Gutenbergstrasse auf der Ostseite notwendigen Bodenstreifens von 116 m 2 zu Fr. 130 per m 2 = Fr. 15,080 und das disponibel werdende Besitztum der Gaiserbahn mit einer Aversalsumme von Fr. 90,000.

652 Für die Aufstellung eines Kostenverteilungsplanes ging die Gemeindebehörde von folgenden Voraussetzungen aus: 1. Der verbleibende Bauplatz für ein Verwaltungsgebäude ·soll von einem der Interessenten (Bund oder Stadt) zu einem billigen, den Bauplatzwerten jener Lage entsprechenden Einheitspreise übernommen werden. Als solcher erscheine ein Ansatz von Fr. 300 per m 2 als durchaus angemessen, indem in jener Lage Käufe zu Fr. 305 und Fr. 312 abgeschlossen worden seien.

2. Die schweizerischen Bundesbahnen seien pflichtig, vor dem neuen Aufnahmsgebäude einen Vorplatz von gleicher Breite, wie vor dem alten Aufnahmsgebäude (14 m.), zu belassen und die Poststrasse entsprechend zu verlegen.

3. Die Stadtgemeinde übernehme die Verbreiterung der Poststrasse, der Gutenbergstrasse, der Gäbrisstrasse und die Verlegung der St. Leonhardsstrasse beim Schulhauspark. Ferner trete sie die dinglichen Rechte betreffend Baubeschräukung auf den zur Expropriation gelangenden Privatliegenschaften, welche zu ihren Gunsten lauten, unentgeltlich an das Gesamtunternehmen ab, und endlich übernehme sie die Liegenschaft der Gaiserbahn zum Schatzungswerte von Fr. 90,000 (Kaufpreis Fr. 70,000).

4. Jeder Interessent übernehme die auf seinem Areal zu erstellenden Bauten.

Auf Grund dieser Voraussetzungen stellte der Gemeinderat eine Kosten Verteilung auf, nach welcher die schweizerischen Bundesbahnen, nach Abzug des Wertes des von ihnen eingelegten Bodens noch Fr. 283,593, die Schmalspurbahnen nach Abzug des Erlöses aus der Besitzung der Gaiserbahn noch Fr. 214,400 zu bezahlen gehabt hätten. Der Gemeinde wäre für den von ihr einzuwerfenden Boden, nach Anrechnung ihres Anteiles an den Enverbungskosten, ein Guthaben von Fr. 162,913 verblieben. Für den Bauplatz für das Verwaltungsgebäude wurde ein gesonderter Posten von Fr. 1,008,000 eingestellt. Der Gemeinderat fügte die Erklärung bei, dass die Stadt willens sei, auf den ihr zukommenden Überschuss von rund Fr. 163,000 zugunsten der schweizerischen Bundesbahnen und der Schmalspurbahnen zu verzichten, wenn diese allfällige Mehrkosten der Erwerbung des Privatgrundbesitzes übernehmen.

In einem besondern Schreiben an das eidgenössische Postund Eisenbahndepartement gab der Gemeinderat von St. Gallen sodann die Erklärung ab, das jetzige Hauptpostgebäude in St. Gallen um die Summe von Fr. 900,000 übernehmen zu wollen. Er versicherte, zurzeit noch nicht zu wissen, welche Verwendung er dem

653 Gebäude werde geben können und die Offerte nur zu stellen, um die Lösung der ganzen Bahnhof- und Postgebäudefrage nicht neuerdings auf unbestimmte Zeit hinausgeschoben zu sehen. Mit Sicherheit ergebe sich für ihn vorläufig nur, dass das für eine ganz besondere Zweckbestimmung erstellte Gebäude nur schwer und jedenfalls nur mit bedeutenden Umbaukosten anderweitig verwendet werden könne.

Das Projekt und die Vorschläge der Stadtgemeinde St. Gallen wurden von den Interessenten einzeln geprüft und es fanden zwischen ihnen Besprechungen statt, worauf das Post- und Eisenbahndepartement sie zu einer weitern Konferenz einberief, welcher das Projekt der Stadtgemeinde zugrunde gelegt werden sollte.

Mit Bezug auf die Postgebäudefrage machte das Departement unter Ratifikationsvorbehalt gleichzeitig folgende Vorschläge: 1. Die Post Verwaltung ist bereit, die Parzellen A und B der Planskizze des Gemeinderates zum Zwecke der Erstellung eines neuen Postgebäudes expropriationsweise zu erwerben.

2. Die Postverwaltung (Bund) überlässt der Stadtgemeinde St. Gallen auf den Zeitpunkt des Bezuges des neuen Postgebäudes das gegenwärtige Postgebäude zu Eigentum. Als Kaufpreis zahlt die Käuferin dem Bunde diejenige Summe, welche dieser für die Expropriation .des neuen Bauplatzes von 3360 m 2 , zuzuglich die daherigen Gerichts- und Prozesskosten, auszulegen haben wird.

An der Konferenz, die am 8. August 1906 in Bern stattfand, wurde vom Vertreter der Stadtgcmeinde St. Gallen erklärt, dass die Landpreise seit der ersten Berechnung gestiegen seien und dass sich infolgedessen die Totalkosten für das gesamte, zur Durchführung des Projektes erforderliche Terrain nun auf Fr. 2,448,980 beziffern. Der Wert des zu expropriierenden Privatbesitzes wurde dabei mit Fr. 300 per m 2 für Liegenschaften in besserer Lage und mit Fr. 200 per m 2 für solche in minder guter Lage in Rechnung gestellt. Der Stadt St. Gallen wäre nach der neuen Berechnung ein Guthaben für den von ihr einzuwerfenden Boden von Fr. 113,520 verblieben, auf welches der Vertreter der Stadtbehörde zu verzichten erklärte, indem er gleichzeitig vorschlug, das Risiko für allfällige Mehrkosten bei der Expropriation wie folgt zu verteilen: Stadt St. Gallen 3/io, Post 3 /io, Bundesbahnen 3 /io und Nebenbahnen Vio.

Der Vorsteher des eidgenössischen Postdepartementes und
die Vertreter der Generaldirektion der Bundesbahnen erklärten, mit der Rechnungsgrundlage der Stadtgemeinde St. Gallen nicht einig zu gehen. Es gehe nicht an, dass die Stadt den öffentlichen Grund

654

und Boden, den sie einzuwerfen habe, verrechne. Auch die schweizerischen Bundesbahnen sollten ihre Einlage nicht verrechnen. Es sei also folgendermassen zu rechnen: Zu expropriierende Liegenschaften Fr. 1,785,380 Abzuziehen der von der Postverwaltung zu bezahlende Preis für den Postbauplatz, mit Inbegriff des Abbruchwertes der darauf stehenden Gebäude, der auf Fr. 22,000 veranschlagt wird ,, 1,030,000 Verbleiben zu decken

Fr.

755,380

An diese Summe seien von den Bundesbahnen bis jetzt offeriert Fr. 400,000, so dass noch rund Fr. 355,400 fehlen. Die Interessenten, insbesondere die Vertreter der Stadt St. Gallen und der schweizerischen Bundesbahnen, wurden ersucht, ihre Offerten möglichst zu erhöhen, um zu einem Abschlüsse zu gelangen. Der Vorsteher des Postdepartementes erklärte auch, dass die Postverwaltung mit ihrem Angebot von Fr. 1,008,000 für den Postbauplatz die äusserste Offerte gemacht habe und dass sie schon aus prinzipiellen Gründen die ihr zugedachten 8 /io des Risikos nicht übernehmen könne. Nach längerer Diskussion unterbreitete der Vertreter des Gemeinderates von St. Gallen der Konferenz folgende letzten Vorschläge: Die schweizerischen Bundesbahnen bezahlen Fr. 300,000 und übernehmen 2 /io des Risikos für allfällige Mehrkosten der Expropriation.

Die Gaiserbahn bezahlt Fr. 235,000, die Trogenerbahn bezahlt Fr. 120,000 und die beiden übernehmen zusammen Vio des Risikos für allfällige Mehrkosten der Expropriation.

Die Stadt St. Gallen bezahlt Fr. 100,000 und übernimmt 7/io des Risikos für allfällige Mehrkosten der Expropriation.

Dieser Vorschlag wurde von den Vertretern der Generaldirektion der Bundesbahnen und der Gaiser- und Trogenei-bahn unter Vorbehalt der Ratifikation der Oberinstanzen angenommen.

Das eidgenössische Eisenbahndepartement stellte sodann auf der so geschaffenen Grundlage einen Vertragsentwurf auf und unterbreitete denselben den Interessenten zur Prüfung und Genehmigung.

Dem Entwurf wurde mit einigen unwesentlichen Abänderungen zugestimmt, worauf der Vertrag ausgefertigt und von den beteiligten Verwaltungen unterzeichnet wurde. Für die Postverwaltung erfolgte die Unterzeichnung durch das eidgenössische Post- und Eisenbahndepartement, unter Vorbehalt der Ratifikation durch den Bundesrat und die Bundesversammlung.

655

Art. l des Vertrages verweist auf die Projektskizze der Gemeinde St. Gallen vom 25. Oktober 1905, welche als^ Grundlage des Vertrages bezeichnet wird.

Art. 2 bezieht sich auf die Situation des Bahnhofaufnahmegebäudes.

In Art. 3 ist bestimmt, dass die schweizerischen Bundesbahnen und die politische Gemeinde St. Gallen das zur Ausführung des Projektes erforderliche Land, soweit dasselbe bereits in ihrem Besitz ist, unentgeltlich zur Verfügung zu stellen haben.

Art. 4 und 5 enthalten die Verteilung der Kosten für das von Dritten expropriationsweise oder freihändig zu erwerbende Land und des Risikos für allfällige Mehrkosten bei der Expropriation (einschliesslich allfälliger Mindererlös für den Abbruch).

Die Verteilung entspricht der auf Seite 654 Hervor angeführten, ·wie sie anlässlich der Konferenz vom 8. August 1906 festgestellt worden ist. Die Postverwaltung hat nach derselben für den Postbauplatz die Summe von Fr. 1,008,000 (3360 m 2 à Fr. 300) zu bezahlen und zwar ohne Rücksicht darauf, ob sich der Preis für den Platz bei der Expropriation höher oder niedriger stelle. Es ist nämlich mit bezug auf die Expropriation in Art. 5 noch vereinbart, dass für den Fall, als dieselbe unter dem Kostenvoranschlag sollte durchgeführt werden können, die Ersparnis im Verhältnis des in Art. 4 festgestellten Verteilers jedem Kontrahenten gutgeschrieben werden soll.

In Art. 6 wird die politische Gemeinde mit den Expropriafionsverhandlungen im Namen des Bundes und der Schmalspurbahnen betraut.

Art. 7 regelt das Eigentumsrecht des zur Durchführung des Projektes erforderlichen Terrains. Der Postbauplatz innerhalb der Trottoirgrenzen geht darnach in das Eigentum des Bundes über.

Art. 8 bestimmt, dass die Postverwaltung (Bund) der politischen Gemeinde St. Gallen auf den Zeitpunkt des Bezuges des neuen Gebäudes das gegenwärtige Postgebäude in dem dannzumaligen Zustande zu Eigentum Uberlässt. Als Kaufpreis zahlt die Käuferin dem Bunde bei Übernahme des Gebäudes den Betrag von Fr. 1,008,000, abzüglich allfälliger Abstriche für Ersparnisse gemäss Art. 5.

656 Art. 9 regelt die Erstellung und den Unterhalt der Strassen und Plätze, die vom Projekt berührt werden. Für die Postverwaltung entstehen diesfalls keine Pflichten.

Art. 10 betraut die schweizerischen Bundesbahnen mit der Erstellung eines neuen Planes auf Grund der Projektskizze vom 25. Oktober 1905 und der erforderlichen Expropriationspläne.

Art. 11 bestimmt, dass über die Platzgestaltung und den einheitlichen Fassadenbau des Hauptaufnahmsgebäudes und des Posthausblockes, sowie der übrigen Hochbauten eine öffentliche Konkurrenz auszuschreiben und dem Gemeinderat der Stadt St. Gallen Gelegenheit zu geben sei, sich über die defiaitive Platz- und Fassadengestaltnng vernehmen zu lassen. Über die Tragung der Kosten einer öffentlichen Konkurrenz werden sich der Gemeinderat der Stadt St. Gallen, die schweizerischen Bundesbahnen und die Postverwaltung verständigen.

Gemäss Art. 12 tritt der Vertrag nach allseitiger Ratifikation durch die zuständigen Oberinstanzen in Kraft. Die Ratifikation soll bis zum 31. Dezember 190ö eingeholt werden.

Wir haben den Vertrag unterm 15. November 1906 ratifiziert und empfehlen Ihnen hiermit, ihm gefälligst ebenfalls die Genehmigung erteilen zu wollen. Die Frage der Beschaffung genügender Lokale für die Unterbringung des Betriebes von Post, Telegraph und Telephon in St. Gallen, sowie der Kreispostdirektion und der Kreistelegrapheninspektion, die sich zu einer recht schwierigen zu gestalten drohte, nachdem sich gezeigt hatte, dass eine auf die Dauer genügende Vergrößerung des jetzigen Post- und Telegraphengebäudes nicht mehr möglich ist und dass im Bahnhof absolut · kein Platz erhältlich gemacht werden kann für Postzwecke, diese Frage wird durch die Annahme des vorliegenden Vertrages einer Lösung entgegengeführt, die als eine für die Eidgenossenschaft günstige bezeichnet werden darf. Allerdings wird die letztere für die Durchführung des Projektes noch eine namhafte Summe aufzuwenden haben, indem sie die Kosten für die Erstellung des neuen Post- und Telegraphengebäudes zu bestreiten haben wird.

Es darf aber als sicher angenommen werden, dass jede andere Lösung der Postgebäudefrage mit allen ihren Konsequenzen schliesslich den Bund nicht kleinere Opfer kosten würde. Wollte man z. B. das jetzige Postgebäude als solches weiter verwenden und für einzelne Dienstzweige von
Post, Telegraph oder Telephon in der Nähe ein zweites Dienstgebäude erstellen, so wären, abgesehen von der Erschwerung und Unbequemlichkeit des Dienstganges, zu den Kosten der Erstellung des zweiten Gebäudes, mit

657 Inbegriff des Ankaufes des Bauplatzes, die nicht unbeträchtlichen Mehrkosten hinzuzurechnen, die jede Trennung der Dienste unvermeidlich mit sich bringt. Beim vorliegenden Projekt werden diese Übelstände und solche Mehrkosten gänzlich vermieden, da sämtliche Dienstzweige im nämlichen Gebäude vereinigt bleiben, was auch für das Publikum von grossem Vorteil ist. Die Lage des projektierten neuen Postgebäudes gegenüber dem Hauptbahnhof und neben der Anfangs-, beziehungsweise Endstation der Schmalspurbahnen ist überdies eine solche, wie sie sich für den Postbetrieb nicht günstiger gedacht werden kann.

Was den Preis für den Platz für das neue Postgebäude anbelangt, so ist er bei der ausserordentlich günstigen Lage mit Fr. 300 per m 2 nicht zu hoch. Die Postverwaltung hätte jedenfalls einen höhern Preis zu bezahlen gehabt, wenn sie einen Bauplatz in ebenso vorteilhafter Lage selbst und aus freier Hand von privaten Eigentümern hätte erwerben wollen.

Man könnte sich noch fragen, ob das jetzige Postgebäude in St. Gallen, für das Sie s. Zt. mit Einschluss des Bauplatzes einen Gesamtkredit von Fr. 1,046,500 bewilligt haben und das im Liegenschaftenkonto der Eidgenossenschaft gemäss dem Budget für das Jahr 1906 noch mit einer Summe von Fr. 860,000 figuriert, der Stadtgemeinde St. Gallen mit Fr. 1,008,000 nicht zu billig überlassen wird. Hierauf ist zu erwidern, dass der heutige Verkehrswert des gut erhaltenen Gebäudes allerdings ein höherer ist. Da das Gebäude aber speziell für den Post- und Telegraphendienst gebaut und eingerichtet worden ist, so lässt es sich, wie der Gemeinderat von St. Gallen richtig bemerkt hat, nur schwer und jedenfalls nur unter Aufwendung grosser Summen für den innern Umbau zu einem ändern Zweck verwenden. Dieser Umstand muss notwendigerweise den Verkaufswert herunterdrücken. Trotzdem es in weitern Kreisen bekannt geworden ist, dass die Frage der Erstellung eines neuen Postgebäudes geprüft wird, hat sich kein Käufer für das jetzige Gebäude gemeldet. Mit seinem Hochparterre eignet es sich nicht wohl für Magazine mit Schaufenstern, auch für ein Hotel passe die Anlage und Einrichtung nicht. Die grosse Stockwerkhöhe soll sodann einer guten Rendite des Gebäudes sehr im Wege stehen. In Anbetracht dieser Umstände halten wir den stipulierten Verkaufspreis von Fr. 1,008,000 als einen den
Verhältnissen angemessenen. Wir glauben kaum, dass die Stadtgemeinde auf eine höhere Forderung eingetreten sein würde, nachdem sie, wie aus der vorstehenden Darstellung des Sachverhaltes erhellt, anfangs für das Gebäude bloss eine Summe von Fr. 900,00 0 offeriert hatte. Die Gemeindebehörde von St. Gallen hat sich sonst in der Angelegenheit der Postverwaltung gegenüber entgegen-

658 kommend gezeigt und es ist zum guten Teil diesem Entgegenkommen zu verdanken, dass sich die Lösung der Postgebäudefrage, wie sie die Annahme des vorliegenden Vertrages bedeutet und die wir, wie früher schon bemerkt, als eine für die Eidgenossenschaft günstige glauben bezeichnen zu dürfen, gefunden hat.

Vom e i s e n b a h n l i c h e n S t a n d p u n k t aus bietet der Vertrag den grossen Vorteil, dass die schwierige und seit Jahren pendente Frage des gänzlichen Umbaues nebst Erweiterung des Personenbahnhofs in St. Gallen, sowie des Anschlusses der schmalspurigen Nebenbahnen, d. h. der Appenzeller Strassenbahn und der elektrischen Strassenbahn St. Gallen-Speicher-Trogen, an den neuen Bundesbahnhof in einer für alle Parteien günstigen und für den Bahnbetrieb zweckmässigen Weise gelöst wird.

Das neue, gleichzeitig zur Aufnahme der Bureaux der Kreisdirektion IV bestimmte Aufnahmsgebäude der B u n d e s b a h n e n erhält dabei eine viel freiere und übersichtlichere Lage mit einem geräumigen, ohne Abbruch der bestehenden störenden Häuserreihen zwischen Leonhard- und Poststrasse schlechthin nicht zu erzielenden Vorplatz mit breitern Zufahrtsstrassen. Ferner werden die Bundesbahnen der von ihnen übrigens nie anerkannten Verpflichtung zur Aufnahme der zwei Schmalspurbahnen in ihren Personenbahnhof endgültig enthoben und können daher über das hierzu nötige Bahnareal für ihre eigenen Bedürfnisse frei verfügen {Eilguttinlage, u. s. w.).

Für die beiden S c h m a l s p u r b a h n e n wird zwischen dem Postbauplat/- und der Leonhardsbrücke Platz für einen eigenen rationellen Bahnhof in unmittelbarer Nähe des Bundesbahnhofes geschaffen.

Unserer Ansicht nach rechtfertigen diese Vorzüge die verhältnismässig bedeutenden Opfer, welche sich die drei beteiligten Eisenbahnverwaltungen auferlegen müssen, umsomehr als durch die erfolgte allseitige Gutheissung des Vertrages die bezüglich der Gestaltung der neuen Bahnhofanlage und der Übernahme der daherigen Kosten aufgetauchten, zum Teil weittragenden Differenzen zwischen den beteiligten ßahnverwaltungen unter sich und mit den Lokal- und Kautonsbehörden anderseits auf einmal endgültig gehoben werden. Zu erledigen bleiben in technischer Beziehung nur noch die in Art. 2 des Vertrags aufgeführten, zwischen den Bundesbahnen und den st. gallischen Behörden streitigen
Fragen verhältnismässig untergeordneter Bedeutung, deren Lösung wohl ohne grosse Schwierigkeiten anlässlich der Genehmigung der definitiven Baupläne durch das Eisenbahndepartement wird herbeigeführt werden können.

659 Gestutzt auf vorstehende Ausführungen gestatten wir :uns, Ihnen den nachfolgenden Beschlussesentwurf zur gefälligen Annahme zu empfehlen.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vorzüglichen Hochachtung.

B e r n , den 15. November 1906.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: L. Forrer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Bingier.

660 (Entwurf.)

JBundesbeschluss betreffend

die Ratifikation des Vertrages betreffend den Ausbau des Personenbahnhofes in St. Gallen und die Verlegung des dortigen Hauptpostgebäudes.

Die B u n d e s v e r s a m ml u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 15. November 1906, beschliesst: Art. 1. Dem Vertrag zwischen dem eidgenössischen Post- und Eisenbahndepartement (Postabteilung), der politischen Gemeinde St. Gallen, vertreten durch den Gemeinderat St. Gallen, der Generaldirektion der schweizerischen Bundesbahnen in Bern, der elektrischen Strassenbahn St. GallenSpeicher-Trogen in Speicher und der Appenzeller Strassenbahn in Teufen vom 11. Oktober 1906, betreffend den Ausbau des Personenbahnhofes in St. Gallen und die Verlegung des dortigen Hauptpostgebäudes, wonach

661 die Postverwaltung das jetzige Postgebäude in St. Gallen der politischen Gemeinde St. Gallen um die Summe von Fr. 1,008,000 verkauft und den Erlös in seinem Gesamtbetrag verwendet für den Ankauf eines Bauplatzes für ein neues Post- und Telegraphengebäude daselbst, wird, soweit dabei die schweizerische Postverwaltung in Betracht kommt, die Genehmigung erteilt.

Art. 2. Der Bundesrat wird mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt, der, weil nicht allgemein verbindlicher Natur, sofort in Kraft tritt.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend den Vertrag über die Abtretung des jetzigen Post-, Telegraphen- und Telephongebäudes in St. Gallen an die dortige politische Gemeinde und die Expropriation eines Bauplatzes für Errichtung ...

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1906

Année Anno Band

5

Volume Volume Heft

47

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

21.11.1906

Date Data Seite

642-661

Page Pagina Ref. No

10 022 162

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.