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Bericht des

Bundesrates an den Ständerat über den Verlauf der Unterhandlungen betreffend den Rekurs des Initiativkomitees für eine durchgehende Wynentalbahn.

(Vom 23. März 1906.)

Tit.

Mittelst Schreibens vom 5. Oktober 1905 haben Sie die Angelegenheit betreffend den Rekurs des Initiativkomitees für eine durchgehende Wynentalbahn an den Bundesrat zurückgewiesen, mit dem Auftrage, insbesondere mit Rücksicht auf die Offerte der Direktion der Seetalbahn vom 3. Oktober 1905 betreffend Fortsetzung der Linie Reinach-Münster nach Rothenburg, eventuell nach Eschenbach, die in der Konferenz vom 2. Dezember 1904 vorgesehenen Unterhandlungen einzuleiten, um wenn möglich eine Verständigung unter den Interessenten herbeizuführen.

Gemäss der erwähnten Offerte vom 3. Oktober 1905 verpflichtete sich die Direktion der Seetalbahn, die Fortsetzung der Reinach-Münster-Bahn nach Rothenburg, eventuell nach Eschenbach unter den nachstehenden Bedingungen zu erstellen : ,,1. Der Kanton und die Gemeinden haben 60 °/o der Baukosten aufzubringen, für welchen Betrag Genussscheine analog denjenigen der Reinach-Münster-Bahn verabfolgt werden.

2. Sofern die Variante nach Rothenburg zur Ausführung kommen soll, so muss diese Station durch die Bundesbahnen vorerst in nördlicher Richtung verlegt werden.

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3. Der Rückkaufstermin für die Seetalbahn inklusive ReinachMünster-Bahn soll auf das Jahr 1927 verschoben werden.

4. Unter der Voraussetzung, dass die unter Ziffer l--3 genannten Bedingungen erfüllt werden, hat die Seetalbalm die Linie nach Rothenburg oder Eschunbach zu bauen, sobald nach Art. 24 der Konzession der Seetalbahn (das Ergebnis der Linie ReinachMilnster miteingerechnet) eine Taxreduktion stattfinden muss.

5. Sollte obiger Fall nicht eintreten, so hat die Seetalbahn unter den gleichen Voraussetzungen (Erfüllung der unter l--3 genannten Bedingungen) die Bahn nach Ablauf von 10 Jahren nach der Betriebseröffnung der Linie Reinach-Münster gleichwohl zu bauen, wenn seitens des Kantons und der Gemeinden die Betriebsausgaben und eine 2 °/o ige Verzinsung des von der Seetalbahn investierten Kapitals, und zwar nach Speisung des Reserveund Erneuerungsfonds garantiert werden.

6. Es ist Sache der Seetalbahn, zu bestimmen, ob die Bahn nach Rothenburg oder nach Eschenbach gebaut werden soll.a Diese Offerte wurde vom Eisenbahndepartement dem Initiativkomitee für eine durchgehende Wynentalbahn, sowie den Regierungen der beiden beteiligten Kantone Luzern und Aargau zur Keuatnis gebracht.

Unterm 15. November 1905 teilte das Initiativkomitee dem Eisenbahndepartement mit, dass eine aus den Delegierten der an einer durchgehenden Wynentalbahn interessierten Gemeinden bestehende Versammlung einstimmig beschlossen habe, es sei an dem Projekt einer Schmalspurbahn von Menziken nach E m m e n b r ü c k e festzuhalten und der Rekurs gegen den Bau der N o r m a l s p u r b a h n Reinach-Münster n i c h t z u r ü c k z u z i e h e n .

Mittelst Eingabe vom 5. Februar 1906 stellte dann die Direktion der Reinach-Munster-Bahn das Gesuch, das Eisenbahndepartement möchte veranlassen, dass die Bundesversammlung in der nächsten Session den Rekurs erledige, damit eine klare Rechtslage geschaffen werde.

n.

Das Eisenbahndepartement berief in der Absicht, womöglich noch eine Verständigung zu erzielen, auf den 15. Februar 1U06 eine Konferenz nach Bern ein, an welcher das Initiativkomitee für eine durchgehende Wynentalbahn, die Seetalbahn, sowie die beiden beteiligten Regierungen Luzern und Aargau vertreten waren.

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Nachdem die Vertreter des Initiativkomitees, sowie der Vertreter des Kantons Aargau die Offerte der Seetalbahn als unannehmbar erklärt hatten, ersuchte der Vertreter der Regierung des Kantons Luzern, unterstützt vom Vorsteher des Eisenbahndepartements, die Seetalbahn, ihre Offerte in folgenden Punkten zu modifizieren: Zu 1. Die vom Kanton Luzern und den Gemeinden aufzubringenden 60 °/o der Baukosten seien zu berechnen nach Massgabe einer Bausumme von im Maximum Fr. 100,000 per Kilometer. (Danach hätten Kanton und Gemeinden höchstens Fr. 60,000 per Kilometer zu leisten.)

Zu 2 und 6. Der Anschluss solle in Rothenburg sein, und zwar unabhängig davon, ob die Station Rothenburg der schweizerischen Bundesbahnen verlegt werde oder nicht.

Zu 4 und 5. Die Seetalbahn solle sich verpflichten, unter allen Umständen nach Ablauf von 10 Jahren die Linie MünsterRothenburg unter der in Ziffer l gestellten modifizierten Bedingungen (also Leistung einer Subvention von höchstens Fr. 60,000 per Kilometer) zu erstellen und das weitere Begehren, wonach der Kanton und die Gemeinden die Betriebsausgaben und eine 2 °/oige Verzinsung des von der Seetalbahn investierten Kapitals, und zwar nach Speisung des Reserve- und Erneuerungsfonds zu garantieren hätte, fallen zu lassen.

Die Vertreter des Initiativkomitees, der Seetalbahn und der Regierung des Kantons Luzern kamen überein, auf Grund dieser Vorschläge die gütlichen Unterhandlungen fortzusetzen, und dem Eisenbahndepartement bis zum 1. März 1906 Kenntnis zu geben, wenn eine Einigung zu stände komme.

Die weitern Verhandlungen fanden laut Schreiben des Baudepartementes des Kantons Luzern am 26. Februar 1906 statt, verliefen aber resultatlos. Der Vertreter der Seetalbahn habe sich nur zu folgenden Modifikationen der Offerte vom 3. Oktober 1905 bereit erklärt: Zu 1. Anstatt den Beitrag des Kantons und der Gemeinden auf 60 °/o der Baukosten festzustellen, könne der Beitrag auf Fr. 60,000 per Kilometer fixiert werden, unter der Bedingung jedoch, dass die Ausarbeitung eines Bauprojektes keinen höhern Aufwand als Fr. 100,000 per Kilometer aufweise und sodann noch unter der Voraussetzung, dass, wenn bis zur Bauausführung die Baupreise sich erhöhen sollten, auch der Beitrag entsprechend zu erhöhen wäre.

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Zu, 5. Reduktion der Garantie der Verzinsung des von der Seetalbahn investierten Kapitals von 2 % auf l j /2 %, unter der Bedingung, dass der Rückkaufsterinin um weitere 5 Jahre hinausgeschoben werde.

An der Freiheit der Entschliessung über den Anschlusspunkt Eschenbach oder Rothenburg habe dio Seetalbahn festgehalten.

Das Initiativkomitee lehnte die modifizierte Offerte der Seetalbahn ab und hält seinen Rekurs vom 28. August 1905 an dia.

Bundesversammlung aufrecht.

Indem wir Ihnen von diesem weitern Verlauf der Angelegenheit Kenntnis geben, beehren wir uns, beizufügen, dass unsere Stellungnahme zum Rekurs des Initiativkomitees für eine durchgehende Wynentalbahn durch den resultatlosen Versuch einer gütlichen Verständigung in keiner Weise beeinflusst wird.

Wir bestätigen daher unsern Bericht vom 22. September 1905 an die Bundesversammlung über den Rekurs des Initiativkomitees für eine durchgehende Wjrnentalbahn in vollem Umfange und beantragen Ihnen neuerdings, die B u n d e s v e r s a m m l u n g m ö g e auf die R e k u r s e i n g a b e des I n i t i a t i v k o m i t e e s für eine d u r c h g e h e n d e W y n e n t a l b a h n vom 28. Augus11905 wegen I n k o m p e t e n z nicht eintreten.

Genehmigen Sie, Tit. die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 23. März 1906.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : L. Forrer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Bingier.

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Bericht des Bundesrates an den Ständerat über den Verlauf der Unterhandlungen betreffend den Rekurs des Initiativkomitees für eine durchgehende Wynentalbahn. (Vom 23. März 1906.)

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28.03.1906

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