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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuch des wegen Übertretung des Bundesgesetzes betr.

die eidg. Oberaufsicht über die Forstpolizei bestraften Emil Wächli, Holzhändler in Lotzwil, Kanton Bern.

(Vom 8. Dezember 1906.)

Tit.

Wächli wurde von der Polizeikammer des Kantons Bern als Appellationsinstanz mit Fr. 480 Geld busse bestraft, weil er in der ihm gehörenden ,,Schlössliwaldung", Gemeindebezirk Wyssachengraben, ohne behördliche Bewilligung, zirka 120 Festmeter Holz geschlagen hatte, das er in Handel brachte. Der Polizeirichter von Trachselwald hatte irrtümlich das eidg. Gesetz von 1876 auf ·den Fall zur Anwendung gebracht und das nach diesem Gesetz .zulässige Strafminimum von Fr. l per Kubikmeter des unerlaubten Holzschlages verhängt; die Polizeikammer dagegen basierte ihr Urteil auf das Bundesgesetz von 1902, unter dessen Herrschaft -die Übertretung begangen wurde, und das in Art. 46, Ziff. 7, verbotenes Abholzen mit Bussen von Fr. 2--10 per Festmeter bedroht.

Die mit Fr. 4 per Festmeter bemessene Busse wurde damit motiviert, dass laut Expertenbericht der Holzschlag in höchst unvorsichtiger und stark schädigender Weise vorgenommen worden sei.

Wächli bemängelt diesen Expertenbericht mit der Behauptung, eine tatsächliche Schädigung des Nachwuchses könne kaum eingetreten sein, da die ganze geschlagene Fläche zurzeit vollständig wieder angepflanzt und also allfälliger Schaden an der natürlichen

203 Verjüngung ersetzt sei. Im fernem bringt er zu seiner Entschuldigung vor, er sei infolge missverstandener Auskunft eines Forstbeamten irrtümlich im Glauben gewesen, dass die ,,Schlössliwaldung"' nicht in der geschützten Zone liege und ohne behördliche Erlaubnis abgeholzt werden dürfe. Nach besserer Belehrung habe er vor Amtsgericht die Erklärung abgegeben, dass er sich einem milden Urteil unterziehen wolle und er sei bereit, die dort ausgesprochene Busse und Kosten zu bezahlen. Dagegen halle er dafür, das Urteil der zweiten Instanz habe die Busse in ungebührlicher Weise verschärft.

Aus diesen Gründen ersucht Wächli um Reduktion der Busse auf den Betrag von Fr. 120. Nach Zeugnis des Gemeinderates Lotzwil versteuert er ein Vermögen von gegen Fr. 24,000 und ein Einkommen von Fr. 1500. -- Oberförster Ammanti in Burgdorf hatte dem Polizeirichter auf Anfrage erklärt, die Behauptung, Wächlis, dass Ammann gesagt habe, es brauche für den Holzschlag keine Bewilligung, sei frei erfunden.

Dem Gesuche des Wächli um Reduktion der von der Polizeikammer verhängten Busse könnte nur dann in vollem Umfange entsprochen werden, wenn Gründe subjektiver oder objektiver Art vorlägen, um dieselbe unter das gesetzlich für Übertretungen dieser Art vorgeschriebene Mindestmass des Zweifachen der Menge der abgeholzten Festmeter herabzusetzen. Solche Gründe sind aber nicht vorhanden; gegenteils erscheint die Ansetzung der Strafe auf das Vierfache wohl begründet, denn Wächli als Holzhändler war verpflichtet, die für den von ihm beabsichtigten Holzschlag bestehenden Gesetzesbestimmungen zu kennen, bezw. soweit das nicht der Fall war, sich über dieselben vor Ausführung seines Projektes genau zu informieren. Dass er sich beim Forstbeamten ·erkundigt hat, zeigt, dass er selbst Zweifel über die Berechtigung zum Holzschlag ohne Bewilligung hegte, und es muss ihm jedenfalls als Mangel an der ihm zuzumutenden Aufmerksamkeit zur Last gelegt werden, dass er sich mit bloss unbestimmter Auskuuft begnügte, wenn man auch nicht annehmen will, dass er, wie der Forstbeamte behauptet, in dieser Beziehung direkte unwahre Angaben macht.

In objektiver Beziehung aber ist durch das richterliche Urteil festgestellt, dass der Holzschlag in einer Weise vollzogen wurde, die der Wiederaufforstung nachteilig war. Dieser Umstand lässt die zweitinstanzliche Busse als wohlberechtigt erscheinen.

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Wir stellen bei Ihrer hohen Versammlung den A ntr ag: Es sei das Begnadigungsgesuch des Emil Wächli abzuweisen.

B e r n , den 8. Dezember

1906.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

L. Forrer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuch des wegen Übertretung des Bundesgesetzes betr. die eidg. Oberaufsicht über die Forstpolizei bestraften Emil Wächli, Holzhändler in Lotzwil, Kanton Bern. (Vom 8. Dezember 1906.)

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Jahr

1906

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12.12.1906

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202-204

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