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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Konzession einer Drahtseilbahn von der Matt auf den Bürgenberg.

(Vom 26. März 1906.)

Tit.

I.

Mittelst Eingabe vom 3. Januar 1906 stellten die Herreu Hans P f y f f e r in Luzern und Dr. Karl O d e r m a t t in Stans das Gesuch, es möchte ihnen zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft die Konzession für den Bau und den Betrieb einer Drahtseilbahn von der M a t t auf den B ü r g e n b e r g erteilt werden.

Der allgemeine Bericht geht davon aus, dass der Bürgenberg, welcher sich östlich der Harn metschwand bis zur untern Nase ausdehne und im allgemeinen sehr wenig bekannt sei, unstreitig einer der schönsten Punkte am Vierwaldstättersee sei. Die Temperaturverhältnisse seien durch die freie Lage im Sommer ausnahmsweise günstig; es sei möglich, in den Waldungen des Grates gegen die untere Nase hin einen Naturpark anzulegen, wie er selten zu treffen sei. Auf diesem Punkte (Mattgrat) solle ein Kuretablissement ersten Ranges erstellt werden. Damit das letztere auch leicht erreicht werden könne, müsse eine gute Verbindung mit dem See und Luzern hergestellt werden, und es werde dies einzig durch eine Drahtseilbahn erreicht. Die Bahn und das Kuretablisse-

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ment stehen in engem Zusammenhang und zwar in dem Sinne, dass die Erstellung des letztem von der Möglichkeit der Erstellung einer Bahnverbindung geradezu abhängig sei.

Gemäss dem technischen Berichte ist der Nordabhang des Burgenberges fUr die Anlage einer Drahtseilbahn im allgemeinen günstig, oben steil und unten flach auslaufend, dabei aber ziemlich regelmässig gestaltet, so dass das Längenprofil günstig gewählt werden könne. Die Lage der Endstation auf der Höhe des Plateaus sei durch die Lage der Hotelanlage gegeben, dagegen seien fUr die Wahl der Abgangsstation am See zwei Möglichkeiten vorhanden, entweder könne dieselbe zwischen Ober- und Untermatt angelegt und die Bahn von Nordosten her hinaufgeführt werden oder aber es könne dieselbe zirka ein Kilometer westlich der Untermatt angelegt und die Bahn von Nordwesten her hinaufgeführt werden. Bei beiden Varianten seien Länge und Steigungsverhältnisse nicht wesentlich verschieden, eine Landungsstelle für Dampfschiffe sei in beiden Fällen leicht zu erstellen und auch die Baukosten seien ungefähr die gleichen. Welchem der beiden Projekte der Vorzug zu geben sei, könne sich erst nach Vornahme der Geländeaufnahmen und detailliert ausgearbeiteter Projekte ergeben. Als Projekt I werde dasjenige bezeichnet, welches die Abgangstation am See in der Nähe der Obermatt habe, und als Projekt II dasjenige, welches die Abgangsstation westlich der Untermatt habe. Bei Projekt I betrage die maximale Steigung 56 °/o, bei Projekt II 53 % ; die Kurvenradien betragen 200, 300 und 350 m. Die Baulänge, schief gemessen, sei bei Projekt I ·968,6 und bei Projekt II 852,a m. Die Höhendifferenz zwischen der Anfangs- und Endstation betrage bei Projekt I 346 und bei Projekt II 351 m. Die Spurweite sei bei beiden Projekten l m.

Der Unterbau werde bei beiden Projekten grösstenteils felsigen Untergrund haben; wo dies nicht der Fall sei, solle der Untergrund aus solidem Mauerwerk bestehen. Projekt I weise zu unterst einen Tunnel von zirka 95 m. Länge auf, im übrigen aber sehr wenig Kunstbauten. Projekt II habe einen Tunnel von 145 m.

Länge und in der obern Partie einen Viadukt. Die Geländeverhältnisse seien nach dem generellen Projekt nicht so günstig wie bei Projekt I. Der Oberbau bestehe aus zwei Vignolschienen mit Spezialprofil für die Zangenbremsen der Wagen und eisernen
Querschwellen. In der Mitte der Bahn werde eine Ausweichstelle von zirka 120 m. Länge eingelegt mit automatischer Ausweichung.

Als motorische Kraft werde Elektrizität oder ein anderer Motor verwendet. Eine gute Elektrizitätsquelle, das Kraftwerk Engelberg, liege in der Nähe, auch könne ein selbständiger Motor erstellt werden. Die Wagen erhalten 40 Sitzplätze und etwa 10 Steh-

541 platze. Die Bahn werde mit den nötigen Telephon- und Signalleitungen versehen. An den Anfangs- und Endstationen werden Einsteigehalle, Warteraum und Bureaugebäude erstellt; an der untern Station zudem eine Wohnung für den Stationsbeamten und an der obera der nötige Raum für die Unterbringung der ·Getriebe und Motoren.

Der summarische Kostenvoranschlag enthält für beide Varianten folgende Hauptposten : Allgemeine Unkosten, Vorarbeiten, Projektausarbeitung etc Fr. 26,000 ·Unterbau einschliesslich Landerwerb etc ,, 227,000 Oberbau ,, 43,000 Hochbau ,, 26,000 Mechanische Einrichtungen ,, 30,000 Betriebs- und Rollmaterial ,, 21,000 Unvorhergesehenes und Verschiedenes ,, 52,000 Total der Baukosten

Fr. 425,000

Der Regierungsrat des Kantons Luzern teilte mittelst Ver·nehmlassung vom 20. Januar 1906 tnit, dass er gegen die Erteilung der Konzession keine Einwendungen erhebe.

Der Landrat des Kantons Nidwaiden beschloss unterm 8. Februar 1906, die Erteilung der Konzession unter folgenden Bedingungen zu empfehlen : 1. dass die im Projekt mit I bezeichnete, von der Obermatt ausgehende Linie ausgeführt werde; .2. dass den Bewohnern der Gemeinde Eonetbürgen eine Ermässigung von 60 °/o der vorgesehenen Taxen gewährt werde und Abonnementskarten nach noch näher zu besprechenden Bedingungen zur Ausgabe gelangen; 3. dass auf Kosten der Bahnunternehmung von der bestehenden Bürgenstockstrasse aus eine dem öffentlichen Verkehr dienende Verbindungsstrasse mit der Bahnstation erstellt werde; 4. dass der Sitz der Gesellschaft nach Nidwaiden verlegt werde.

Der Regierungsrat des Kantons Nidwaiden tibermittelte dem Eisenbahndeparternent diesen Beschluss mit Schreiben vom 14. Februar 1906, ohne seinerseits weitere Bemerkungen hinzuzufügen.

Die Konzessionsbewerber, denen der Beschluss des Landrates vom 8. Februar 1906 zur Kenntnis gebracht worden war, ersuchten hierauf den Regierungsrat des Kantons Nidwaiden, es möchte auf
Bundesblatt. 58. Jahrg. Bd. II.

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Der Regierungsrat teilte dann unterm 25. Februar dieses Jahres mit, er ändere Bedingung l insoweit ab, dass er den W u n s c h ausspreche, es möchte Projekt I Obermatt-Mattgrat (Bürgenberg> ausgeführt werden. Von der Bedingung 4 betreffend den Sitz der Gesellschaft sehe er ganz ab.

n.

Mittelst Eingabe vom 8. März 1906 erhob die Verwaltung der Bürgenstockbahn Einsprache gegen die Erteilung der Konzession mit im wesentlichen folgender Begründung: Die projektierte Drahtseilbahn diene keinem allgemeinen Verkehrsinteresse. Auf den Bürgengrat führe bereits eine allen Bedürfnissen und Ansprüchen genügende Bahn, nämlich die im Jahre188fi konzessionierte Drahtseibahn von Kehrsiteu auf den Bürgenstock. Es seien gegenwärtig Studien darüber im Gange, diese Bahn noch zu vergrössern, also noch leistungsfähiger zu machen als bisher. Schon dreimal seien Anstrengungen gemacht worden, eine Bahn von Weggis aus nach Rigi-Känzeli zu erstellen. Alle drei Projekte seien seitens des Bundesrates, sowie auch seitens der Bundesversammlung mangels eines allgemeinen Verkehrsinteresses abgelehnt worden, da auf der gleichen Seite der Rigi von Vitznau aus bereits eine leistungsfähige Bahn bestehe. Bei Anlass der Weggiser-Projekte sei von seilen der Regierung von, Luzern ganz zutreffend folgendes ausgeführt worden : ,,Zurzeit herrschen am Vierwaldstättersee geordnete, gesunde Verkehrsverhältnisse. Die Erteilung der heute neuerdings verlangten Konzession zur Erstellung einer dritten Rigibahn müsste mit Notwendigkeit zu einer argen Störung dieser Verhältnisse führen. E» müsste ein sehr intensiver Konkurrenzkampf entstehen, der sieb auch auf den Schiffsverkehr ausdehne. Ein solcher Konkurrenzkampf würde dem belästigenden Engageurwesen, das mit grosser Mühe unterdrückt worden sei, wieder Vorschub leisten. Die Einwendung, dass jeder derartige Konkurrenzkampf dem Publikum, zu gute komme, sei nur zum geringsten Teil zutreffend. Wenn an Stelle blühender Unternehmungen, die für die Sicherheit und Annehmlichkeit des Publikums die weitgehendsten Anstrengungen machen, Gesellschaften treten, die kaum zu vegetieren vermögen, und vor jeder Ausgabe für Bau, Betrieb, Unterhalt der Bahn und; des Rollmaterials aus Angst vor der drohenden Finanzkalamitäfe zurückschrecken, so werde das Publikum unter solchen Verhältnissen derart leiden, dass eine Verbilligung der Fahrtaxen wohl kaum ernstlich in Betracht fallen könne."

Diese Argumente seien gewiss auch für den konkreten Fall zutreffend. Selbst wenn der in Aussicht gestellte Bau eines Hotels.

543 auf dem Mattgrate realisiert werden sollte, so seien die Verkehrsmittel auf dem ganzen Bürgenberge derartige, dass die Erstellung einer zweiten Bahn für niemanden als ein Bedürfnis erscheinen könne. Und schliesslich dürfe eine Bahn, welche schon zwei Jahrzehnte lang den Verkehr in tadelloser Weise bewältigt habe, sicherlich Anspruch auf Schutz gegen nutzlose und bloss privaten Interessen dienende Konkurrenz erheben.

Diese Eingabe wurde den beiden beteiligten Regierungen von Luzern und Nidwaiden, sowie den Konzessiousbewerbern in Abschrift zugestellt.

III.

Bei den konferenziellen Verhandlungen, die am 14. März 1906 in Bern stattfanden, ersuchten die Konzessionsbewerber, die Einsprache der Bürgenstockbahn nicht zu berücksichtigen und den Bundesbehörden die Erteilung der Konzession zu empfehlen, indem sie geltend machten, die projektierte Bahn solle nicht ein Konkurrenzunternehmen zur bestehenden ßürgensiockbahn sein, sondern vielmehr dazu dienen, einen bisher nur wenig besuchten, sehr schönen Aussichtspunkt dem Verkehre zu erschliessen. Diese Bahn solle nicht nur dem zu erstellenden Hotel dienen, sondern auch dem allgemeinen Verkehre. Sie liege im öffentlichen Interesse; inabesondere sei sie von grosser wirtschaftlicher Bedeutung für die nächstgelegenen Gemeinden Ennetbürgen und Buoehs.

Der Vertreter der Regierung des Kautons Luzern bezeichnete die Auffassung der Verwaltung der Bürgenstockbahn, daß die Ablehnungsgrunde für die Konzessionierung der Drahtseilbahn Weggis-Rigi-Känzeli auch zutreffen auf die projektierte Drahtseilbahn von Matt auf den Bürgenberg als unrichtig. Die Verhältnisse seien vollständig andere. Während die Drahtseilbahn WeggisRigi-Känzeli bezweckt hätte, die bestehenden Rigibahnen zu konkurrenzieren, so handle es sich bei der Drahtseilbahn MattBürgenberg um Erschliessung eines neuen Verkehrsgebietes. Eine Konkurrenzierung der Bürgenstockbahn könne kaum in Betracht fallen. Wer den Bürgenstock besuchen wolle, werde nach wie vor die Bürgenstockbahn benutzen.

Der Vertreter des Kantons Nidwaiden betonte, daß die einheimische Bevölkerung, insbesondere die Einwohner von Ennetbürgen, ein entschiedenes Interesse an der projektierten Bahn haben, die eine willkommene Verkehrsverbesserung für dieselben bedeute.

Auf Wunsch des Vertreters der Regierung des Kantons Luzern erklärten die Konzessionsbewerber f\ zu Protokoll,' dass im Falle

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der Erteilung der Konzession beim Bau der Bahn alle Vorsiehtsmassregela angewendet werden sollen, um die nicht vollständig zu vermeidende Schädigung der Kulturen und Waldungen gegen den See hin auf ein Minimum zu reduzieren.

Was die Vorbehalte des Landrates von Nidwaiden anbelangt, so erklärten die Konzessionsbewerber, es solle die Variante I (Obermatt-Bürgenberg) ausgeführt werden, wenn sie in technischer Hinsicht ungefähr gleich günstige Verhältnisse aufweise wie die Variante II.

Dem Vorbehalt betreffend Erstellung einer dem öffentlichen Verkehre dienenden Verbindungsstrasse von der bestehenden Bürgenstockstrasse aus mit der Station Bürgenberg ist durch Art. 7, Absatz 3, des ßeschlussesentwurfes entsprochen. Diese Verbindungsstrasse entspricht laut Mitteilung des Vertreters des Kantons Nidwaiden einem w i r k l i c h e n B e d ü r f n i s s e . Aus diesem Grunde hat auch die fragliche Bestimmung in dem Beschlussesentwurfe Aufnahme gefunden.

Der vom Eisenbahndepartement vorgelegte Entwurf gab nur hinsichtlich des Artikels 16 zu Meinungsdifferenzen Anlass. Die Konzessionsbewerber wünschten nämlich, dass die im Konzessionsgesuche enthaltenen hohem Taxen, nämlich I. Klasse II. Klasse für die Bergfahrt Fr. 1. 80 Fr. 1. 20 für die Talfahrt ·« l- 20 ,, --. 70 bewilligt werden, und dass ferner Absatz 3, wonach die Gesellschaft zur Ausgabe von Retourbilletten mit mindestens 20 % Rabatt verpflichtet wird, gestrichen werde. Das Eisenbahndepartement hielt aber am Beschlussesentwurfe fest, indem es darauf hinwies, dass die vorgesehenen Taxen demjenigen der Bürgenstockbahn entsprechen, und dass kein Grund vorliege, höher zu gehen, da die Verhältnisse der neuen Bahn eher günstiger seien als diejenigen der Bürgenstockbahn. Die Verpflichtung zur Ausgabe von Retourbilletten zu ermässigten Preisen sei in allen neuern Konzessionen vorgesehen. Eine Verständigung fand nicht statt.

Am 19. März dieses Jahres traf noch die Vernehmlassung des Regierungsrates des Kantons Nidwaiden über die Einsprache der Bürgenstockbahn ein.

Der Regierungsrat empfiehlt die Erteilung der Konzession, indem er darauf hinweist, dass die Erstellung der Bahn im Interesse der einheimischen Bevölkerung, insbesondere der Gemeinde Ennetbürgen, liege.

545 IV.

Was nun zunächst die prinzipielle Frage anbetrifft, ob 'die Konzession erteilt oder verweigert werden solle, so haben wir kein Bedenken, Ihnen die Erteilung der Konzession zu empfehlen.

Wir lassen uns dabei' durch folgende Erwägungen leiten : Die Regierungen der beiden beteiligten Kantone Luzern und Nidwaiden empfehlen die Erteilung der Konzession. Die projektierte Drahtseilbahn dient nicht nur dem zu erstellenden Hotel auf dem Bürgenberg, sondern dem öffentlichen Verkehre. -Sie wird geeignet sein, eine bis dahin nur wenig besuchte Gegend dem allgemeinen Verkehre zu erschliessen. Die Erstellung der Baha liegt im Interesse der Gemeinde Ennetbürgen und der auf dem südlichen Abhang des Burgenberges gelegenen Gehöfte, die vermittelst dieser Bahn eine angenehme Verbindung mit dem Vierwaldstättersee erlangen.

Die vom Eisenbahndepavtement vorgeschlagenen Taxen sind hoch genug; sie entsprechen denjenigen der Bllrgenstockbahn, welch letztere prosperiert. Das gleiche wird voraussichtlich auch bei der neuen Bahn der Fall sein. Höhere Taxen zu bewilligen, als die bei der Bürgenstockbahn bestehenden, wäre nicht gerechtfertigt, zumal die Bahn von Matt auf den Bürgenberg kürzer ist und eine kleinere Höhendifferenz zu überwinden hat. Wir haben daher die vom Eisenbahndepartement vorgeschlagenen Taxen beibehalten. Ebenso haben wir auch die Verpflichtung zur Ausgabe von Hin- und Rückfahrtkarten mit 20 °/o Rabatt beibehalten, da kein Grund vorliegt, diese Bestimmung, die sich in allen neuern Konzessionen vorfindet, aus dem Beschlussesentwurfe wieder zu entfernen.

Schliesslich fügen wir noch bei, dass dem Begehren des Landrates von Nidwaiden, es möchte den Bewohnern der Gemeinde Ennetbürgen eine Ermässigung von 60 °/o der vorgesehenen Taxen gewährt werden, nicht entsprochen werden kann, und zwar aus den gleichen Gründen, die wir schon wiederholt auseinanderzusetzen Anlass hatten, so in den Konzessionsbotschaften VouvryLe Cormat (Bundesbl. 1902, IV, 501), Linthal-Braunwald fBundesblatt 1905,1, 27), und Gunten-Sigriswil (Bundesbl. 1905, IV, 232).

Die Konzessionsbewerber verpflichteten sich übrigens anlässlich der konferenziellen Verhandlungen, Abonnementsbillette mit 50 °/o Ermässigung auszugeben. Diese werden hauptsächlich von der einheimischen Bevölkerung benutzt werden.

Weitere Bemerkungen haben wir nicht anzubringen.

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Indem wir Ihnen den nachstehenden Beschlussesentwurf zur Annahme empfehlen, benutzen wir diesen Anlass, Sie Tit., unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 26. März 1906.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

L. Forrer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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«(Entwurf.)

Bundesbeschluß betreffend

Konzession einer Drahtseilbahn von der Matt auf den Bürgenberg.

·der

Die Bundesversammlung schweizerischen Eidgenossenschaft.

nach Einsicht

1. zweier Eingaben der Herren Hans Pfyffer in Luzern und Dr. Karl Odermatt in Stans vom 3. Januar und 20. Februar 1906 ; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 26. März 1906, beschliesst: Den Herren Hans P f y f f e r in Luzern und Dr. Karl O d e r m a t t in Stans wird zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft die Kpnzession für den Bau und den Betrieb «iner Drahtseilbahn von der M a t t auf den B ü r g e n b e r g unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen erteilt : Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Die Bahn wird als Nebenbahn im Sinne des Bundesgesetze» vom 21. Dezember 1899 erklärt.

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Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahre»,, vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet,, erteilt.

Art. 3. Der Sitz der Gesellschaft ist in Luzern.

Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrates oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

Ari. 5. Binnen einer Frist von 24 Monaten, vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, sind dem.

Bundesrat die vorschriftsmässigen technischen und finanziellen; Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft einzureichen.

Innert 6 Monaten nach der Plangenehmigung ist der Anfang; u mit den Erdarbeiten für die Erstellung a der Bahn zu machen.

Art. 6. Binnen 18 Monaten, vom Beginn der Erdarbeiten» an gerechnet, ist die ganze konzessionierte Linie zu vollenden, und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 7. Die Entscheidung über das endgültige Tracé steht dem Bundesrate zu.

Die Ausführung des Bahnbaues, sowie der zum Betriebder Bahn erforderlichen Einrichtungen darf nur geschehen auf Grund von Ausführungsplänen, welche vorher dem Bundesrat vorgelegt und von diesem genehmigt worden sind. Der Bundesrat ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch dieFürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Die Gesellschaft ist verpflichtet, von der bestehenden Bürgenstockstrasse aus eine dem öffentlichen Verkehre dienende Verbindungsstrasse mit der Station Bürgenberg zu erstellen.

Art. 8. Die Bahn wird mit Spurweite von l Meter und1 eingeleisig erstellt und mittelst Elektrizität betrieben.

Der Bundesrat kann jedoch auch ein anderes Betriebssystem gestatten.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie

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Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigentum desjenigen Kantons, auf dessen Gebiet sie gefunden werden und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den eidgenössischen Beamten, welchen die Überwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Teilen der Bahn, der Stationen und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nötige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 11. Der Bundesrat kann verlangen, dass Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlass geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigenfalls entlassen werden.

Ebenso hat er das Recht, zu verlangen, dass Mitglieder der Verwaltung, welchen vorübergehend oder dauernd Funktionen eines Beamten oder Angestellten übertragen sind und die in der Ausübung derselben Anlass zu begründeten Klagen geben, dieser Funktionen enthoben werden.

Art. 12. Die Gesellschaft übernimmt die Beförderung von Personen, Gepäck und Gütern ; zum Transport von lebenden.

Tieren ist sie nicht verpflichtet.

Art. 13. Die Gesellschaft hat ment der schweizerischen Eisenbahnmungen zu unterziehen. Soweit sie können solche erst eingeführt werden, rat genehmigt worden sind.

sich dem Transportregleund Dampfschiffunterneb.T Änderungen nötig findet, nachdem sie vom Bundes-

Art. 14. Es bleibt der Gesellschaft im allgemeinen anheimgestellt, die Zahl der täglichen Züge und deren Kurszeiten festzusetzen. Immerhin sollen alle daherigen Projekte, soweit sie sich auf fahrplanmässige Züge beziehen, dem Eisenbahndepartement vorgelegt werden und dürfen vor der Genehmigung nicht vollzogen werden.

Der Betrieb kann auf die Zeit vom 1. Mai bis 30. Seplember beschränkt werden.

Die Fahrgeschwindigkeit der Züge wird vom Bundesrat festgesetzt.

.'550 Art. 15. Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung "Wagen mit zwei Klassen aufstellen, deren Typus vom Bundesrat genehmigt werden muss.

Art. 16. Die Gesellschaft kann für die Beförderung von Personen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze beziehen: I. Klasse II. Klasse für die Bergfahrt Fr. 1. 50 Fr. 1. -- für die Talfahrt 1. -- ,, --.50 T, Für Kinder unter vier Jahren ist, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird, keine Taxe, für Kinder .zwischen dem vierten und dem zurückgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe in beiden Wagenklassen zu zahlen.

Der Bundesrat kann eine angemessene Ausdehnung der zur Hälfte der Taxe berechtigenden Altersgrenze verlangen.

Für Hin- und Rückfahrten sind die Personentaxen rnin·destens 20 % niedriger anzusetzen als für einfache und einmalige Fahrten.

Die Gesellschaft ist verpflichtet, zu Bedingungen, welche im Einvernehmen mit dem Bundesrat aufzustellen sind, Abonnementsbillette zu reduzierter Taxe auszugeben.

Art. 17. Jeder Reisende ist berechtigt, 10 Kilogramm Reisegepäck taxfrei zu befördern, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden untergebracht werden kann.

Für anderes Reisegepäck kann pro 100 Kilogramm eine Taxe von höchstens Fr. 2 bezogen werden.

Mit Zustimmung des Bundesrates kann für das Reisendengepäck ein Abfertigungsverfahren mit einer einheitlichen Taxe eingeführt werden. In diesem Falle setzt der Bundesrat die Taxe fest.

Art. 18. Für Güter kann pro 100 Kilogramm eine Taxe von höchstens Fr. l bezogen werden.

Art. 19. Die Minimaltransporttaxe für Gepäck und für Gütersendungen beträgt höchstens 20 Rappen.

Art. 20. Die vorstehenden Taxbestimmungen beschlagen feloss den Transport von Station zu Station. Die Waren sind

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von den Aufgebern an die Stationsverladplätze aufzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen.

Das Auf- und Abladen der Waren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür nicht erhoben ·werden.

Art. 21. Bezüglich des Gewichtes werden Gütersendungen bis auf 20 kg. für volle 20 kg. gerechnet und Gepäcksendungen bis auf 10 kg. für volle 10 kg. ; das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 kg. berechnet, wobei jeder Bruchteil von 10 kg. für eine ganze Einheit gilt.

Wenn die genaue Ziffer der so berechneten Taxe nicht ohne Rest durch 5 teilbar ist, so wird sie auf die nächsthöhere durch 5 teilbare Zahl aufgerundet, sofern der Rest mindestens einen Rappen beträgt.

Art. 22. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 23. Sämtliche Réglemente und Tarife sind mindestens zwei Monate, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, ·dem Bundesrat zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 24. Wenn die Bahmmternehmung drei Jahre nacheinander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zulässige Maximum der Transporttaxen verhältnismässig herabzusetzen. Kann diesfalls eine Verständigung zwischen dem Bundesrat und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschliesslich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrat eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 25. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Äufnung genügender Erneuerungs- und Reservefonds zu sorgen und für das Personal eine Kranken- und Unterstützungskasse einzurichten oder dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

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Ferner sind die Reisenden und das Personal bei einer Anstalt bezüglich derjenigen Verpflichtungen zu versichern, welche sich aus dem Haftpflichtgesetz vom 28. März 1905 mit Bezug auf Unfälle beim Bau, beim Betrieb und bei Hülfsgeschäftert ergeben.

Art. 26. Für die Ausübung des Rückkaufsrechtes des Bundes oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, des Kantons Luzern, beziehungsweise der Kantone Luzern und Nidwaiden, gelten folgende Bestimmungen : a. Der Rückkauf kann frühestens 30 Jahre nach Eröffnung: des Betriebes und von da an je auf 1. Januar eines Jahres erfolgen. Vom Entschluss des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntnis zu geben.

b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören. Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensions- und Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn samt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge getan werden, und sollte auch die Verwendung der Erneuerungs- und Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnismässiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Januar 1940 rechtskräftig wird, den 25fachen Wert des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Kalenderjahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifiziert wird, unmittelbar vorangehen ; -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Januar 1940 und 1. Januar 1955 erfolgt, den 22% fachen Wert ; -- wenn der Rückkauf zwischen dem 1. Januar 1955 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20fachen Wert des oben beschriebenen Reinertrages ; -- unter Abzug der Erneuerungs- und Reservefonds.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzessionierte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluss aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

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d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefonds einverleibt wurden.

«. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch buadesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die über " den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

Art. 27. Haben der Kanton Luzern, beziehungsweise die Kantone Luzern und Nidwaiden, den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein Riickkaufsrecht, wie es im Art. 26 definiert worden, jederzeit auszuüben, und der Kanton, beziehungsweise die Kantone haben uitter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzessionierten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

Art. 28. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieses Beschlusses, welcher am 15. April 1906 in Kraft tritt, beauftragt.

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Aenderung der Konzession einer Eisenbahn von Frutigen durch den Lötschberg nach Brig (Lötschbergbahn).

(Vom 26. März 1906.)

Tit.

Mittelst Eingabe vom 1. März 1906 unterbreitete der Regierungsrat des Kantons Bern dem Bundesrat zu Händen der Bundesversammlung das Gesuch, es möchten die in den Artikeln 15,, 17 und 18 dei- durch Bundesbeschluss vom 23. Dezember 1891 (E. A. S. XI, 535) erteilten, unterm 26. März 1897 (E. A. S. XIV, 338) erweiterten und durch Bundesbeschluss vom 23. Dezember 1899 (E. A. S. XV, 888) auf den Kanton Bern übertragenen Konzession einer Eisenbahn von Frutigen durch den Lötschberg nach Brig (Lötschbergbahn) vorgesehenen Taxen folgendermassen abgeändert werden: 1. für die Thalstrecken seien die im Bundesgesetz vom 27. Juni 1901, betreffend das Tarifwesen der schweizerischen Bundesbahnen für diese festgesetzten Ansätze zu berechnen; 2. für die Bergstrecken von 15 o/oo und darüber seien sämtliche in der Konzession aufgestellten Taxen um 60 °/o zu erhöhen.

Der Regierungsrat begründete dieses Gesuch wie folgt: Die in den Artikeln 15, 17 und 18 der Konzession für die Lötschbergbahn vorgesehenen Taxen für den Personen-, Gepäck-,,

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Konzession einer Drahtseilbahn von der Matt auf den Bürgenberg. (Vom 26. März 1906.)

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04.04.1906

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