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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Verweigerung der Konzession einer elektrischen Drahtseilbahn von der Tellsplatte (Landungsplatz) zur Axenstraße (Hotel Tellsplatte).

(Vom 6. April 1906.)

Tit.

Mittelst Eingabe vom 23. Oktober 1905 unterbreitete Herr J. P. R u o s c h , Besitzer des Hotel Tellsplatte, dem Eisenbahndepartement au Händen der Bundesbehörden das Gesuch um Erteilung der Konzession für den Bau und Betrieb einer elektrischen Drahtseilbahn von der T e l l s p l a t t e ( L a n d u n g s p l a t z ) zur A x e n s t r a ß e (Hotel T e l l s p l a t t e ) .

Der allgemeine Bericht geht davon aus, daß der Urnersee, der schönste Teil des Vierwaldstättersees, verhältnismäßig nur schwach von Fremden besucht werde, weil bequeme Verkehrsmittel fehlen. Das Teilstück Tellsplatte-Flüelen sei weitaus die schönste Partie der Axenstraße und angenehm und mühelos zu passieren.

Wer aber mit dem Dampfboot bei der Tellskapelle anlange und noch wünsche, die Axenstraße zu begehen, müsse zu diesem Zwecke vorerst einen zirka 20 Minuten langen ermüdenden Fußpfad erklimmen, was vielen beschwerlich erscheine und zum Nachteil der eigenen Hotelindustrie wirke. Diesem Übelstande solle nun die projektierte Drahtseilbahn abhelfen.

813 Die Tellskapelle werde von der Bahn nicht berührt, und die Anlage werde so gestaltet, daß die Ruhe und Würde der Stätte, sowie die Schönheit der Natur nicht im geringsten beeinträchtigt werde. Das Tracé verlaufe im untersten Teil in einem Tälchen und sei durch einen großen bewaldeten Felsvorsprung vom Kapellenplatz total getrennt. Das ohnehin sehr ruhig arbeitende Bähnchen sei so nahe wie möglich an den Ausgang des Tellsplattentuncels der Gotthardbahn gerückt, so daß das Geräusch der letztern viel Störender wirke, als dasjenige der projektierten Anlage, sofern von einem störenden Geräusch überhaupt die Rede sein könne. Die ganze Anlage werde auf dem Grundbesitz des Konzessionsbewerbers erstellt, ohne fremdes Besitztum zu berühren, und solle vor allem den urnerischen Fremdenverkehr fördern helfen.

Gemäß dem technischen Berichte wird das Tracé eingeleisig mit Ausweichstelle in der Mitte ausgeführt.

Die Spurweite betrage l Meter, die Bahnlänge, horizontal gemessen, 110 Meter. Die Maximalsteigung sei 70 °/o, die mittlere Steigung 63 s °/o. Es sei ein Minimalradius von 125 Meier vorgesehen. Der Unterbau werde durchweg gemauert. Die Antriebmaschine solle durch elektrische Energie betrieben werden.

Der Kostenvoranschlag enthält folgende Hauptposten : Organisation, Projekt etc Fr.

8,000 Landerwerb ,, 3,200 Bahnbau : Unterbau , . Fr. 20,000 Oberbau . ,, 10,800 Hochbau . .

_ 16 000 Verschiedenes 1,500 48 300 r> Rollmaterial, Seil und maschinelle Einrichtungen . ^ 41,500 Gerätschaften und Mobiliar 3,000 Allgemeine Baureserve, Bauleitung etc 6,000 ,, Total Baukosten Fr. 110,000 oder per Kilometer Fr. 1,000,000.

Der Regierungsrat des Kantons Uri erklärte laut seiner Vernehmlassung vom 26. Jauuar 1906, daß er gegen das Konzessionsgesuch keine Einwendungen zu erheben habe, obwohl er es lieber gesehen hätte, daß in der Nähe der Teilskapelle die Anlage einer Drahtseilbahn unterblieben wäre. Das Einverständnis

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mit der Konzessionserteilung werde nur unter der Bedingung erklärt, daß durch die Anlage und den Betrieb der Bahn die bestehenden Zugänge vom See und von der Axenstraße zur Tellskapelle und der öffentliche Verkehr auf denselben in keiner Weise beeinträchtigt werde. Es dürfe auch die Umgebung der Tellskapelle keine Verunstaltung erleiden. Im Interesse des Schutzes der Tellskapelle und der zu ihr führenden Zugänge sollen dem Kanton Uri ausdrücklich alle bezüglichen Rechte gewahrt bleiben.

Der Konzessionsbewerber, dem die Vernehmlassung des Regierungsrates zur Kenntnis gebracht worden war, erklärte anläßlich der konferenziellen Verhandlungen, die am 23. Februar 1906 in Bern stattfanden, daß er den Wünschen und Begehren der Regierung in allen Punkten nachkommen werde und daß er auch in seinem eigenen Interesse alles vermeiden werde, was irgendwie die Ruhe und Würde der Stätte, sowie die Schönheit der Natur stören könnte.

Wir können uns bei dieser Erklärung des Konzessionsbewerbers nicht beruhigen und haben vielmehr die Überzeugung, daß die projektierte Drahtseilbahn, auch wenn mit größter Sorgfalt jede Verunstaltung der Umgebung der Tellskapelle vermieden wird, dennoch der Würde und Weihe jener Gegend Eintrag täte.

Ganz wesentlich fällt dann weiter in Betracht, daß der Regierungsrat des Kantons Uri, wenn er auch nicht direkt die Verweigerung der Konzession beantragte, sich immerhin dahin äußerte, daß er es lieber gesehen hätte, wenn in der Nähe der Tellskapelle die Anlage einer Drahtseilbahn unterblieben wäre.

Gründe, die uns veranlassen könnten, Ihnen entgegen dem Wunsche der Regierung des Kantons Uri gemäß Artikel 4 des Eisenbahngesetzes die Erteilung der Konzession zu beantragen, haben wir keine. Insbesondere ist zu betonen, daß durch die Verweigerung der Konzession keine öffentlichen Interessen beeinträchtigt werden.

Es handelt sich um eine Drahtseilbahn, die hauptsächlich im Interesse des Hotel Tellsplatte an der Axenstraße, also im Privatinteresse erstellt werden soll.

Die Verhältnisse liegen hier ganz ähnlich, wie bei den Konzessionsgesuchen der Herren Bücher & Durrer in Kägiswil vom 26./30. Oktober 1886 und des Verwaltungsrates der Aktiengesellschaft ,,Kuretablissement Sonnenberg a auf Seelisberg vom 22. Februar 1901 für eine Drahtseilbahn vom Ufer des Vierwaldstättersees, bezw. vom Sändli
nach Seelisberg. Wir erlauben uns, auf die Ausführungen in unseren Botschaften vom 12. April 1887 (Bundesbl. 1887, II, 242) und vom 25. Oktober 1901 (Bundesbl.

1901, IV, 441) zu verweisen. Die Herren Bucher
815 seinerzeit nach Erlaß der Botschaft ihr Konzessionsgesuch zurückgezogen. Auf das Konzessionsgesuch des Verwaltungsrates der Aktiengesellschaft ,,Kuretablissement Sonnenberg" sind Sie durch Bundesbeschluß vom 20. Dezember 1901 (E. A. S. XVII, 259) nicht eingetreten.

Wir beantragen Ihnen, auf das vorliegende Konzessionsgesuch ebenfalls nicht einzutreten, und benutzen den Anlaß, Sie, Tit., unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 6. April 1906.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: L. Porrer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluß betreffend

Verweigerung der Konzession einer elektrischen Drahtseilbahn von der Tellsplatte (Landungsplatz) zur Axenstraße (Hotel Tellsplatte).

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. einer Eingabe des Herrn J. P. Ruosch, Besitzer des Hotel Tellsplatte, vom 23. Oktober 1905 ; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 6. April 1906, beschließt: I. Auf das Konzessionsgesuch des Herrn J. P. R u o s c h , Besitzer des Hotel Tellsplatte, für eine elektrische Drahtseilbahn von der T e l l s p l a t t e ( L a n d u n g s p l a t z ) zur A x e n s t r a ß e (Hotel Tellsplatte), vom 23. Oktober 1905, wird nicht eingetreten.

H. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge dieses Beschlusses beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Verweigerung der Konzession einer elektrischen Drahtseilbahn von der Tellsplatte (Landungsplatz) zur Axenstraße (Hotel Tellsplatte). (Vom 6. April 1906.)

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