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Bundesratsbeschluß über

die Beschwerde des Henri Albert Morerod, Kunstmalers in Genf, gegen die Verfügung des Staatsrates des Kantons Waadt, betreffend Aenderung des Namens ,,Morerod" in ,,Ambresin".

(Vom 20. Februar 1906.)

Der schweizerische Bundesrat hat

Über die Beschwerde des Henri Albert M o r e r o d , Kunstmalers in Genf, gegen die Verfügung des Staatsrates des Kantons Waadt, betreffend Änderung seines in den waadtländischen Zi viiStandsregistern eingetragenen Familiennamens ,,Morerod" in ,,Ambresin" ; auf den Bericht des Justiz- und Polizeidepartements, folgenden Beschluß gefaßt:

*

A.

In tatsächlicher Beziehung wird festgestellt:

I.

Am 5. Dezember 1903 teilte der Zivilstandsbeamte von Romanel dem Justiz- und Polizeidepartemente des Kantons Waadt mit, es sei am 27. November gleichen Jahres im Asyle von Cery, das in seinem Zivilstandskreise liege, eine Person verstorben Über

372 deren Familiennamen Ungewißheit schwebe. Während der Verstorbene in seinem Geburtsscheine als außereheliches Kind einer geschiedenen Frau Ambresin bezeichnet und auch unter dem Namen Ambresin im Jahre 1847 verkündet worden sei, hätte er doch stets bei Lebzeiten den Mädchennamen seiner Mutter, Morerod, getragen, welcher Name auch auf seine Kinder und deren Nachkommen übergegangen zu sein scheine. Auf diese Einfrage des Zivilstandsamtes Romanel erteilte das Justiz- und Polizeidepartement des Kantons Waadt, nach Prüfung der frühern, den Verstorbenen betreffenden Ziyilstaudseinträge, die Weisung, ihn unter dem Namen Ambresin in das Sterberegister einzutragen.

II.

Zu gleicher Zeit beauftragte es den Regierungsstatthalter des Bezirks Älen (Aigle), über die Namensverhältnisse der Familie des Verstorbenen Erhebungen zu veranstalten. In Erledigung dieses Auftrages berichtete das Regierungsstatthalteramt zurück : ,,Au registre des bans de mariage de la paroisse d'Ollon on trouve que les dimanches 11, 18 et 25 avril 1847 ont été publiées les promesses de mariage de David-Samuel A m b r e s i n , fils majeur de Julie née Morerod, d'Ollon, femme divorcée de François Ambresin, et en marge l'indication des noms des fiances, Ambresin-Warpelin. Il n'est pas possible de savoir ou le mariage a été célébré, malgré les recherches faites. Dès lors, il paraît que tous les actes de l'état civil concernant cette famille ont été faits au nom de Morerod. Quand ce changement a-t-il été opéré? On l'ignore, tous les acteurs étant morts. Il est probable que ce changement date du mariage."

Dieser Bericht des Regierungsstatthalteramtes Älen war im großen und ganzen richtig.

David Samuel Ambresin, oder Morerod, wie er sich nannte (Nr. 2 der genealogischen Tabelle, auf welche, des leichteren Verständnisses halber, für die Abstammungsverhältnisse verwiesen wird [Beilage]), stammte ab von Julie, gebornen Morerod, welche am 26. Juli 1816 vom Bezirksgerichte Älen von ihrem Ehemanne, François Gabriel Ambresin, geschieden worden war. David Samuel wurde den 25. Juni 1825 in Ollon geboren und mit Urteil des Bezirksgerichtes Älen vom 28. Januar 1826, bestätigt durch obergerichtliehes Urteil vom 23. Februar gleichen Jahres, als unehelich seiner Mutter zugesprochen.

Diese wird im erstinstanzlichen Urteile durchgängig bezeichnet als ,,Julie Morerod, femme divorcée de François Ambresin, d'01lontt

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oder ,,la dite Morerod"; im obergerichtlichen Urteile wird sie dagegen genannt ,,Julie, née Morerod, femme divorcée de François Ambresin", ,,femme Ambresina und ,,Julie Ambresin a .

Der Geburtseintrag, David Samuel betreffend, lautet, nach einem am 15. Mai 1852 von Pfarrer Blanchard erstellten Auszuge aus dem Geburtsregister der Kirchgemeinde Ollon: ,,Le vingt-sept juin mil huit cent vingt-cinq a comparu Jean David Gallaz, âgé de vingt-neuf ans, bourgeois d'Ormond-dessus et y domicilié, lequel m'a déclaré que le vingt-cinq juin mil huit cent, vingt-cinq, à une heure après-midi, est né à Ollon un enfant du sexe masculin, fils de Julie Morerod, fille de David Morerod, bourgeois d'Ormond-dessus, domicilié à Ollon, femme divorcée de François Ambresin, bourgeois d'Ollon et y domicilié, lequel enfant recevra les prénoms de David Samuel. Le susnommé a fait cette déclaration en qualité de beau-frère de la mère de l'enfant. Sig.

Hostache, Pastr.

,,Le quinze juillet mil huit cent vingt-cinq, l'enfant d'autre part inscrit a été batisé dans l'église d'Ollon par le ministre Henri Hostache, suffragant.

,,Parrain Pierre A . . . . Perret représentant le père de l'enfant, et Samuel Beroud. Marraine: Louise Chambovey. Sig. Hostache, pastr.

,,à la marge: ,,Par arrêt du tribunal d'appel en date du vingt-trois février mil huit cent vingt six, cet enfant a été adjugé à sa mère, Julie Ambresin, née Morerod, avec toutes les suites légales. L'extrait de cet acte m'a été communiqué par le lieutenant du Conseil d'Etat du district d'Aigle et du Pays d'En Haut. L'atteste le seize mars mil huit cent vingt-six. Sig. Hostache, Min., suffrag."

Am Rande des Geburtsscheines ist bemerkt ,,220 Ambresin" und auf Her Rückseite in Vordruck: ,,Extrait" und handschriftlich: ,,Morerod, Dd. Samuel". Sowohl der Randvermerk als der handschriftliche Vermerk auf der Rückseite des Scheines sind von älterer Hand, aber anscheinend nicht von der nämlichen, die den Auszug erstellt hat.

Das nächste amtliche Aktenstück, welches zum ersten Male den Familiennamen des Sohnes der Julie, geb. Morerod, abgeschiedenen Ambresin enthält, ist ein am 28. März 1846 vom Regieruagsstatthalteramte Älen in Bex ausgestelltes ,,Livret servant de passeport", worin der Träger ,,Morerod, David Samuel, originaire d'Ormont-dessus, âgé de 21 ans" bezeichnet wird.

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Laut Auszug aus dem Verkündregister von Ollon Nr. 498, fol. 194, wurde an den Sonntagen 11., 18. und 25. April 1847 verkündet: ,,David Samuel Ambresin d'Ollon, domicilié à Ollon, fils majeur (né le 27 (!) juin 1825) de Julie née Morerod, femme divorcée de François Ambresin", und ,,Marianne Warpelin".

Der Ort der Trauung des David Samuel Ambresin mit der Marianne Warpelin ist unbekannt, so daß nicht festgestellt werden konnte, auf welchen Namen der darauf bezügliche Eintrag in den Zivilstandsregistern lautet. Hingegen steht fest, wie dies aus der unten erwähnten Publikation des waadtländischen Justiz- und Polizeidepartements hervorgeht, daß die sämtlichen Kinder des David Samuel, nämlich David Alexis (Nr. 3 der genealogischen Tabelle), geb. 29. Oktober 1847, David Samuel (Nr. 4 der genealogischen Tabelle), geb. 23. April 1849, Charles Henri (Nr. 5 der genealogischen Tabelle), geb. 26. April 1851, François Louis (Nr.
28. April 1868, auf den Familiennamen Morerod in die Geburtsregister eingetragen sind.

Ebenso lauten die Eheakten derjenigen unter diesen Kindern des ' David Samuel (Nr. 2 der genealogischen Tabelle), welche sich in der Folge verheirateten (Nrn. 3, 4, 5, 6, und 8) auf den Familiennamen Morerod, ebenso wie auch die spätem Zivilstandsakten der aus diesen Ehen entsprossenen Kinder (Nrn. 11--31) ausnahmslos auf den Familiennamen Morerod ausgestellt sind.

Der Regierungsstatthalter des Bezirks Älen geht daher mit der Annahme nicht fehl, daß der Familienname Morerod für die Abkömmlinge der Julie, geb. Morerod, abgeschiedene Ambresin, ungefähr seit der Verheiratung des David Samuel üblich geworden sei. Jedenfalls ist er für die letzten zwei Generationen, d. h. die Kinder und Enkel des David Samuel (Nr. 2 der genealogischen Tabelle) a m t l i c h a u s s c h l i e ß l i c h im G e b r a u c h gewesen.

375 Auf den erwähnten Bericht des Regierungsstatthalteramtes Älen hin kam das Justiz- und Polizeidepartement des Kantons Waa.dt zum Schlüsse, daß die auf den Namen Morerod lautenden Zivilstandsregistereinträge offenbar irrtümlich erfolgt und daher von Amtes wegen und auf administrativem Wege zu berichtigen .seien.

Die Berichtigung fand denn auch auf dem von Art. 432 des waadtländischen Zivilprozeßgesetzes für die Berichtigung offenbarer Irrtümer vorgesehenen administrativen Wege statt, indem ·die beabsichtigten Änderungen, unter ausdrücklicher Bezeichnung der zu berichtigenden Akten in der Feuille des avis officiels du ·canton de Vaud, vom 22. Januar 1904, zur öffentlichen Kenntnis gebracht und eine Frist von 8 Tagen für Erhebung eines Einspruches gegen die beabsichtigte Maßregel festgesetzt wurde. Nach unbenutztem Ablauf dieser Frist und nach eingeholtem zustimmendem Gutachten der Staatsanwaltschaft, welches zwar nicht akteaktinriig ist, auf das jedoch in dem später zu erwähnenden zweiten Gutachten derselben Behörde Bezug genommen wird, verfügte der Staatsrat des Kantons Waadt unterm 2. Februar 1904 die Berichtigung der Zivilstandseinträge der damals noch lebenden Nachkommen des David Samuel, Sohnes der Julie, geb. Morerod, geschiedene Ambresin, von Ollon, in dem Sinne, daß der in denselben irrtümlicherweise aufgenommene Familienname Morerod ·durch Ambresin zu ersetzen sei.

Die Berichtigung betraf: 1. Die Eheakten des David Alexis Morerod-Moret (Nr. 3 der genealogischen Tabelle), sowie die Geburtsakten seiner damals noch lebenden Kinder, Nr. 11 (des heutigen Beschwerdeführers), 12, 13 und 16.

2. Die Geburts- und Eheakten des David Samuel MorerodGétaz (Nr. 4), sowie der Geburtsakten seiner Kinder, Nrn. 17, 18, 19, 20 und 21 der genealogischen Tabelle.

3. Die Geburts- und Eheakten des Charles Henri MorerodGattiker (Nr. 5), sowie der Geburtsakten seiner Kinder (Nrn. 22, 23, 24 und 25).

4. Die Geburts- und Eheakten des François Louis MorerodPerret (Nr. 6), sowie die Geburtsakten seiner Kinder (Nrn. 26 und 27).

5. Die Geburtsakten der Sophie Elise Morerod (Nr. 7).

-6. Die Geburts- und Eheakten des Marc Eugène Morerod-Jouvenet (Nr. 8) und die Geburtsakten dessen Kinder (Nrn. 28, 29, 30 und 31).

7. Die Geburtsakten des François Felix Morerod (Nr. 9), im ganzen 30 Zivilstandsregistereinträge.

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N i c h t b e r i c h t i g t wurde der ebenfalls auf den Namen Morerod lautende Geburtseintrag des David Alexis Morerod, des Vaters des heutigen Beschwerdeführers, sowie der Alice Emma Morerod (Nr. 10), Tochter des David Samuel (Nr. 2), die Geburtseinträge des Louis Alexis (Nr. 14) und des Marius (Nr. 15), der Kinder des David Alexis Morerod (Nr. 3), und der Todesakt der Marianne geb. Warpelin, Ehefrau des David Samuel (Nr. 2).

Unterm 10. Mai 1904 protestierte der in Genf domizilierte "Henri Albert Morerod, der heutige Beschwerdeführer, gegen die Änderung seines -Familiennamens beim waadtländischen Justiz- und Polizeidepartement. Dieses trat jedoch auf die Beschwerde nicht ein. Weitere Protestationen des Beschwerdeführers gegen Änderung seines Namens in den Militärkontrollen und in seinem Dienstbiiehlein wurden von den waadtländischen Behörden nicht beachtet.

III.

Mit Eingabe vom 28. Oktober 1905 reichte H e n r i A l b e r t M o r e r o d (Nr. 11 der genealogischen Tabelle) durch die Advokaten Lachenal & Hudry in Genf beim Buudesrate eine Beschwerde .gegen die, wie er annahm, vom waadtländischen Justiz- und Polizeidepartement ausgehende Verfügung ein, indem er die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden bestritt, · seinen Familiennamen Morerod, dessen Besitzstand durch wenigstens zwei Generationen hindurch nachzuweisen sei, durch Ambresin zu ersetzen. Er stellte das Begehren, es sei die Verfügung des Justiz- und Polizeidepartementes des Kantons Waadt aufzuheben und die Parteien nötigenfalls an die ordentlichen Gerichte zu weisen.

IV.

In seiner Beschwerdebeantwortung machte der Staatsrat des Kantons Waadt in Form einer Vorbemerkung geltend: 1. daß die angefochtene Verfügung nicht von seinem Justizund Polizeidepartement, wohl aber vom Staatsrate selber ausgegangen sei und auf seiner Schlußnahme vom 2. Februar 1904 beruhe; 2. daß nach der im Bundesratsbeschlusse vom 19. Mai 1890 in Sachen Orelli contra Corragioni d'Orelli (Bundesbl. 1891, II, 559 ff.) enthaltenen Definition die vorliegende Beschwerde als staatsrechtlicher Rekurs betrachtet werden müsse.

Daran anschließend wirft der Staatsrat die Einrede des verspäteten Anbringens der Beschwerde auf.

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Eintretendenfalls beantragt er die Abweisung der Beschwerde und bringt au, die in Betracht fallenden Zivilstandsregistereinträge seien irrtümlich auf den Namen Morerod erfolgt und der dabei begnngenfc Irrtum sei ein offenbarer. Der Staatsrat stützt diese Behauptung auf ein Gutachten der Staatsanwaltschaft seines Kantons vom 1. Dezember 1905, das im wesentlichen den nämlichen Standpunkt einzunehmen erklärt, wie dasjenige vom 30. Januar 1904, auf welches hin die Verfügung des Staatsrates vom 2. Februar gleichen Jahres erlassen worden war und das von der Ansicht ausgegangen zu sein scheint, der Geburtsschein des am 25. Juni 1825 gebornen David Samuel Morerod oder Ambresin, des Großvaters des heutigen Beschwerdeführers, lasse über den Familiennamen Ambresin keinen Zweifel zu, ,,wie dies unwidersprechlich die Bemerkung am Rande des Aktes beweise"1. Weiter wird aus dei- Tatsache, daß die Kinder der Julie Morerod, geschiedenen Ambresin das erheiratete Bürgerrecht der Mutter besitzen, gefolgert, daß diese nicht nur das Bürgerrecht ihres geschiedenen Ehemannes, sondern auch dessen Familiennamen ausschließlich behalten haben. Im Übrigen geht das Gutachten vom Standpunkt aus, daß die von den in Betracht fallenden Staudesbeumten begangenen Irrtümer, infolge deren die Abkömmlinge des David Samuel (Nr. 2 der genealogischen Tabelle) unter dem Namen Morerod, statt Ambresin, in die Zivilatandsregister eingetragen worden sind, damals als oifenbar haben angesehen werden müssen und diesen Charakter, trotz der. Länge der Zeit bis zu deren Entdeckung, nicht verloren haben. Die Staatsanwaltschaft sei zu dieser Annahme um so eher berechtigt gewesen, als das nach Art. 432 des waadtländischen Zivilprozeßgesetzes eingeleitete Berichtigungsverfahren keine Einsprache dagegen ergeben habe.

Seit dem ersten Gutachten der Staatsanwaltschaft, bemerkt der Staatsrat, hätten die Akten eine wesentliche Ergänzung erfahren durch Beibringung des Urteiles des Bezirksgerichtes von Älen, vom 28. Januar 1826, und namentlich desjenigen des Appellhofes vorn 23. Februar gleichen Jahres, welch letzteres den Familiennamen der Mutter in authentischer Weise als Ambresin bezeichne, so daß die Nennung ihrer Nachkommen unter dem Namen Morerod auf offenbarem Irrturn der Zivilstandsbeamten habe beruhen müssen.

Zur weitern Begründung der Qualifikation
des Irrtums als eines offenbaren im Sinne des Art. 9 des Zivilstandsgesetzes gibt die Beschwerdebeantwortung eine Darstellung des im Kanton Waadt geltenden Rechtes betreffend Familiennamen der geschiedenen Ehefrauen. Die seit 1803 im Kanton Waadt erlassenen

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Gesetze enthalten zwar keinerlei Bestimmungen, weder über den Familiennamen der geschiedenen Ehefrau noch über deren Bürgerrecht, doch sei es seit Entstehen des Kantons Regel gewesen, daß durch die Heirat die Frau endgültig ihren Familiennamen und ihr Bürgerrecht verliere, um den Namen und das Bürgerrecht ihres Ehemannes anzunehmen. Im Falle der Scheidung oder des Todes ihres Ehemannes behalte sie Namen und Bürgerrecht des geschiedenen oder verstorbenen Ehemannes. Die Anwendung dieser Regel sei bis zur heutigen Beschwerde kaum jemals bestritten worden.

Die Bestätigung dieser Ansicht des Staatsrates sei auch im Kommentar des Prof. Secretan zum Code civil vaudois zu finden, welcher Autor seinerzeit Mitglied der Vorbereitungskommission dieses Gesetzbuches gewesen sei und die Coutumes des Waadtlandes gründlich gekannt habe.

Zu Art. 15 des Gesetzes (Code civil vaudois) sage der erwähnte Kommentar: ,,Die Scheidung bringt so wenig den Waadt,,länderinnen ihr früheres Bürgerrecht zurück, daß die von einer ,,geschiedenen Frau gebornen und ihr zugesprochenen Kinder der ,,Gemeinde des Ehemannes dieser Frau angehören, da sie einzig ,,dieses Bürgerrecht besitzt; die Kinder tragen auch den Namen ,,dieses frühern Ehemannes. Kein neuer Name, keine neue Fa,,milie wird demnach ohne förmliche Aufnahme in eine Gemeinde ,,hineingebracht. Diese Regel ist ohne Ausnahme."

Der Tatsache, daß das Bezirksgericht von Älen in seinem Urteile von der ,,ternme Morerod1* spreche, komme keine Bedeutung zu, da dieses Gericht aus Personen zusammengesetzt gewesen sei, die nicht gewohnt gewesen, die im Urteile gebrauchten Ausdrücke juristisch abzuwägen. Desto größeres Gewicht sei auf die Bezeichnung der Julie geb. Morerod als ,,femme Ambresin, née Morerod"1 zu legen, die das Urteil des Appellhofes gebrauche.

Der Geburtsschein des David Samuel sei ganz in Übereinstimmung mit diesem Urteile abgefaßt, das auch am Rande desselben vorgemerkt sei. Dort befinde sich überdies noch der Familiennamen des Trägers, Ambresin, speziell erwähnt. Wenn demnach in spätem Eintragungen der Name Ambresin durch Morerod ersetzt sei, so werde dadurch am Urteile des Appellhofes von 1826 nichts geändert, das endgültig dem David Samuel den Familiennamen Ambresin, den die Mutter damals trug, erteilt habe.

Gestützt auf diese Erwägungen und die ihm vorgelegten
Akten hätte der Staatsrat nur konstatieren müssen, daß das von der geschiedenen Ambresin geb. Morerod am 25. Juni zu Ollon geborene Kind David Samuel den Namen Ambresin besitze und

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daß dessen Nachkommen diesen Namen zu tragen haben. Es sei demnach seine Pflicht gewesen, den offenbaren Irrtum, wonach diesen der Name Morerod beigelegt worden sei, zu berichtigen.

V.

Nachforschungen über den Eintrag der Ehe Morerod-Warpeliu, welche zum Zwecke der Aktenvervollständigung in den Registern der Kirchgemeinden des Amtsbezirkes Älen angestellt wurden, blieben, laut Bericht des ötaatsrates des Kantons Waadt, ohne Erfolg.

Hingegen wurde der Todesschein der Marianne geb. Wàrpelin noch beigeschafft, welche am 6. Mai 1896 in St. Tryphoo verstorben ist.

Die Verstorbene ist darin bezeichnet als M o r e r o d , Marianne, ménagère, fille de Warpelin, Jean Pierre, et de Catherine Sybenthal, mariée à M o r e r o d , David Samuel, de Ollon, domiciliée à St. Tiyphon, née le 30 avril 1824.

B.

In rechtlicher Beziehung fällt in Betracht: I. Bezüglich der Kompetenz : 1. Der vorliegende Streit dreht sich nicht, wie die hauptsächlichsten Anbringen der Parteien vermuten lassen, um eine Frage des Namensrechtes, ob die Nachkommen der Julie, geb.

Morerod, geschiedenen Ambresin, sich Morerod oder Ambresin zu neuneu haben, welche Frage, weil dem kantonalen Rechte unterstehend, sich der Kognition des Bundesrates entziehen würde, sondern darum, ob die Behörden des Kantons Waadt berechtigt gewesen seien, auf dem Wege des Administrativverfahrens die Berichtigung des einmal in den Zivilstandsregistern ihres Kantons ·eingetragenen Familiennamens Morerod anzuordnen und durchzuführen.

2. Von diesem Gesichtspunkte aus betrachtet, ist die -- übrigens nicht bestrittene -- Kompetenz des Bundesrates zur Behandlung der gegen die vom Staatsrate des Kantons Waadt angeordnete Berichtigung der Zivilstandsregister gerichtete Beschwerde des Henri Albert Morerod unzweifelhaft. Der Staatsrat des Kantons Waadt, von dem in Wirklichkeit die Verfügung vom 2. Februar 1904 ausgegangen war, infolge deren in 30, 25 verschiedene Mitglieder der Familie Morerod betreffenden Zivilstandsregistereintragen

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der Familienname ,,Morerod* in ,,Ambresin" umgeändert -- ^berichtigt11 -- wurde, stützt sich ausdrücklich auf Art. 9 des Bundesgesetzes betreffend Feststellung und Beurkundung des Zivilstandes und die Ehe, beziehungsweise auf Art. 432 des waadtländischen Zivilpvozessgesetzes, welcher seinerseits sich als Ausführungsbestimmung des Art. 9, Alinea 3, des genannten Bundesgesetzes darstellt.

Da dem Bundesrat nach Art. 12 dieses Gesetzes und Art. 102 der Bundesverfassung das Oberaufsichtsrecht über die Ausführung des Zivilstandsgesetzes zusteht (vgl. darüber die eingehenden Ausführungen des auch vom Staatsrate des Kantons Waadt angezogenen Bundesratsbeschlusses in Sachen Orelli contra Corragioni d'Orelli vom 19. Mai 1890, in seinen Erwägungen veröffentlicht im Geschäftsberichte des Bundesrates pro 1890, Bundesbl. 1891, IIr 560 ff.), so ist es außer Frage, daß er zuständig ist, Beschwerden zu beurteilen, die sich gegen die Art und Weise richten, wie -bestimmte Vorschriften des Gesetzes, über dessen Vollziehung ihm die Oberaufsicht zusteht, zur Ausführung gelangen.

II. Bezüglich der Einrede der verspäteten Beschwerde: Wenn die Eingabe des Henri Albert Morerod als staatsrechtliche Beschwerde im Sinne der Art. 178 und 189 des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege aufzufassen ist, so ist sie ohne Zweifel verspätet; denn am Tage, wo sie eingereicht wurde, am 28. Oktober 1905, waren sowohl seit der Publikation des Justiz- und Polizeidepartementes des Kantons Waadt, als auch seit der Verfügung des Staatsrates mehr als 60 Tage verflossen. Da aber der ßundesrat die Pflicht hat, von Amtes wegen einzuschreiten, wenn die kantonalen Aufsichtsbehörden, entgegen dem Art. 9, Alinea 3, des Zivilstandsgesetzes Veränderungen an den Zivilstandsregistereinträgen vornehmen, ohne daß ein offenbarer Irrtum vorliegt, so muß er auf die vorliegende Beschwerde in ihrem ganzen Umfange eintreten, auch wenn die Besehwerdefrist abgelaufen ist. Es liegt der Fall vor, ,,wo der Bundesrat als Vollziehungsbehörde auch von Amtes wegen einzusehreiten hat", und wonach Art. 190, Alinea l, des Organisationsgesetzes Art. 178 desselben Gesetzes nicht anwendbar ist. Gegenüber dieser Gesetzesbestimmung können die Ausführungen des Bundesrates in einem vor Inkrafttreten des Organisationsgesetzea entschiedenen Falle nicht
angeführt werden.

III. Bezüglich der Hauptsache: 1. Art. 9, Alinea 2, des Zivilstandsgesetzes bestimmt: ,,Berichtigungen in den Zivilstandsregistern können nur durch Urteile u fl der zuständigen kantonalen Gerichte angeordnet werden.

381 Für Änderungen von Zivilstandsregistereinträgen ist daher in der Regel stets ein kantonales gerichtliches Urteil nötig.

Eine Ausnahme läßt Alinea 3 des gleichen Artikels zu, sofern es sich um einen ,, o f f e n b a r e n I r r t u m " handelt, dessen Berichtigung die kantonale Verwaltungsbehörde im Verwaltungswege anordnen k a n n .

Die unerläßliche Vorbedingung für diese Art der Berichtigung ist daher, daß der zu berichtigende Irrtum ein ,, o f f e n barer" sei.

Die scharfe Definition des Begriffes des offenbaren Irrtums ist nun allerdings kaum möglich. Immerhin geht aus der Enstehungsgeschichte des Art. 9 des Zivilstandsgesetzes, wie sie im mehrerwähnten Bundesratsbeschlusse in Sachen Orelli eingehend dargestellt ist, so viel hervor, daß darunter nur diejenigen Fälle zu subsumieren sind, wo der Irrtum als unbestritten und unbestreitbar bezeichnet werden kann, wo es sich, nach gewöhnlichem Sprach gebrauche, urn einen Verschrieb des amtierenden Beamten handelt. Kann irgend welcher Widerspruch gegen die Berichtigung erwartet werden, oder ist der Irrtum, der in dem betreffenden.

Zivilatandsregistereintrage liegen soll, nicht außer allem und jedem Zweifel, so muß die Berichtigung auf Grund eines gerichtlichen Urteiles erfolgen; wird sie trotzdem auf dem Verwaltungswege vorgenommen, so stellt dieses Vorgehen eine Gesetzesverletzung dar (vgl. Bundesbl. 1891, II, 568--570).

Prüft rnao nun die vom Staatsrate des Kantons Waadt angeordneten Berichtigungen, die alle unter sich im Zusammenhange stehen, so ergibt sich folgendes: a . D e r G e b u r t s e i n t r a g des B e s c h w e r d e f ü h r e r s , der für sein persönliches Recht zur Führung eines bestimmten Familiennamens maßgebend ist, lautet auf Henri Albert M o r e r o d , ehelichen Sohn des David Alexis M o r e r o d . Unbestrittener Maßen führt das eheliche Kind den Familiennamen seines Vaters. Der Vater des Beschwerdeführers trug nach seinem eigenen Geburtsscheine! (Nr. 8 der Beweisbeilagen) den Namen David Alexis M o r e r o d . Es ist daher nicht einzusehen, worin der Irrtum .des Zivilstandsbeamten von Ollon gelegen haben soll, wenn er den ehelichen Sohn des David Alexis Morerod unter dem Familiennamen Morerod eintrug. Wenn aber überhaupt kein Irrtum, weder ein offenbarer noch ein anderer, seitens des Beamten vorlag, so konnte eine Änderung der mit dem Charakter öffentlicher Urkunden ausgestatteten Zivilstandsregistereinträge durch administrative Yerfügung überhaupt nicht vorgenommen werden.

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Hier mag des Umstandes erwähnt werden, daß die vom Staatsrate des Kantons Waadt angeordnete Berichtigung der Zivilstandsregister sich nicht auf den Geburtseintrag des David Alexis Morerod (Nr. 3 der genealogischen Tabelle) erstreckte, so daß.

heute noch, nach der erfolgten Änderung, der Beschwerdeführer unter dein Namen Ambresin rechtlich der eheliche Sohn des David Alexis Morerod geblieben ist, da der Name eines ehelichen Kindes nach dem Geburtseintrage seines Vaters sich bestimmt. Konsequenterweise hätten sämtliche nach der Ansicht des Staatsrates irrigen Eintragungen berichtigt werden sollen, ob die Interessenten noch am Leben waren oder nicht.

b. Was in bezug auf den Mangel eines Irrtums des Zivilstandsbeamten bei der Eintragung des Beschwerdeführers unter dem Familiennamen Morerod gesagt wurde, trifft nicht nur ebenfalls auf dessen G e s c h w i s t e r , sondern auch auf die K i n d e r des D a v i d S a m u e l (Nr. 4 der Tabelle), des C h a r l e s H e n r i (Nr. 5), des F r a n ç o i s L o u i s (Nr. 6), und des M a r c E u g è n e M o r e r o d (Nr. 8) zu. Sie alle sind eheliche Kinder von Vätern, deren sämtliche Zivilstandsakten auf den Namen Morerod lauten.

In ihrer Eintragung unter diesem Namen kann daher ebenfalls kein Irrtum des amtierenden Zivilstandsbeamten gefunden werden.

c. Ähnlich, wenn auch nicht ganz gleich, verhält es sich mit den Geburtseintragungen der K i n d e r (Nrn. 3--10 der Tabelle) des D a v i d S a m u e l M o r e r o d oder Ambresin (Nr. 2), welche, wie gesagt, sämtlich unter dem Namen Morerod in den Standesregistern aufgeführt sind.

Auf welche Ausweise gestutzt die damals verurkundenden Standesbeamten die Eintragungen auf den Namen Morerod vornahmen, läßt sich heute nicht mehr feststellen. Der Geburtsschein des Vaters, der hierfür in erster Linie in Betracht kommen kann, ist protokollarisch, nach dem noch heute in Frankreich geltenden Systeme erstellt, und bescheinigt nur, daß Jean David Gallaz am 27. Juni 1845 die Anzeige erstattete, daß am 25. gleichen Monats in 01 Ion ein Kind männlichen Geschlechtes geboren sei, Sohn der Julie Morerod, Tochter des David Morerod , abgeschiedenen Ehefrau des François Ambresin von Ollon, welchem Kinde die Vornamen David Samuel gegeben werden sollen. Eine nähere ·Bezeichnung oder nur eine Andeutung des Familiennamens,
welcher dem Kinde zukomme, enthält der Geburtseintrag nicht. Der Randbemerkung ,,Ambresin", welche der bei den Akten liegende Geburtsschein des David Samuel aufweist, kann keine beweisende Wirkung beigelegt werden, indem sie keinen Bestandteil des Originaleintrages ausmacht, abgesehen davon, daß sie nicht von der

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nämlichen Hand herrührt, welche den Geburtsschein ausstellte, und daß sie aufgewogen wird durch die ebenfalls alte und auch von fremder Hand herrührende Überschrift auf der Rückseite des Geburtseintrages ,,Extrait Morérod, Dd. Samuel".

Zur Verurkundung der Geburt der Kinder des David Samuel hatte demnach der Standesbeamte, beim Mangel an bestimmten Angaben im Geburtsscheine des Vaters die Frage selbständig zu entscheiden, welches deren Familiennamen beziehungsweise derjenige des Vaters sei.

Der Vater, David Samuel, war 1825, also unter der Herrschaft des Code civil vaudois von 1819, als außereheliches Kind der Julie geb. Morerod, abgeschiedenen Ambresin geboren. Nach Art. 185 des im Jahre 1821 in Kraft getretenen Gesetzbuches übertrug die Mutter auf ihr uneheliches Kind ,,ihren Namen".

Dieser war unstreitig derjenige, welcher der Mutter im Jahre 1816 nach ihrer Scheidung von François Ambresin zukam. Er bestimmte sich folgerichtig an Hand der d a m a l s , d. h. im Jahre 1816 im Kanton Waadt geltenden Gesetzesbestimmungen.

Im seiner Beschwerdebeantwortung gibt der Staatsrat nun zu, daß seit der Bildung des Kantons Waadt (1803) bis heute keine Gesetzesbestimmungen bestanden haben, welche sich über den Namen der waadtländischen Ehefrau oder einer Abgeschiedenen aussprec.hen. Auch der Code des loix du Gouvernement d'Aigle von 1772 und die (nach der Ansicht des Herrn B. Dumur bis 1821 angewandten) Loix consistoriales de la ville et république de Berne, welche Gesetzeskodifikationen möglicherweise in Betracht kommen könnten, enthalten keine positiven Bestimmungen über den Namen, den die geschiedene Ehefrau -rechtlich trage.

Aus der Judikatur der damaligen Zeit kann diese Frage ebenfalls nicht gelöst werden, da keine darauf bezüglichen Entscheide, weder der waadtländischen Gerichte, noch des Oberchorgerichtes in Bern, bekannt sind.

Der Staatsrat macht aber ein Gewohnheitsrecht geltend, wonach die geschiedene Ehefrau den Namen ihres Ehemannes behalte und nur diesen auf ihr uneheliches Kind übertragen könne. Zum Beweise dafür beruft er sich auf zwei Tatsachen. Einmal auf den im tatsächlichen Teile erwähnten Kommentar von Secretan, welcher sagt: .,,ces enfants (naturels) portent aussi le nom de cet ancien mariu, und dann auf das obergerichtliche Urteil vom 23. Februar 1826, :in welchem der Appellhof
des Kantons Waadt den im Jahre vorher gebornen unehelichen Sohn David Samuel der ,,Julie née Morerod, femme divorcée de François Ambresin11, auch genannt ,,Julie Ambresin" und ,,femme Ambresin* zugesprochen hat.

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Was den crsteu Punkt anbetrifft, so ist zu bemerken, daß die Arbeit des Herrn Prof. Secretan sich mit den Rechtszuständen befaßt, welche durch den Code civil vaudois von 1819/1821 geschaffen worden sind. Nach Art. l dieses Gesetzbuches besitzen desseo Bestimmungen keine rückwirkende Kraft, so daß für ein im Jahre 1816 entstandenes Recht die Bestimmungen des 1821 in Kraft getretenen Gesetzes nicht Anwenduog finden können, und noch weniger die aus diesen gezogenen, nicht auf positiven Oesetzesb°estimtmingen beruhenden Schlußfolgerungen und persönlichen Ansichten eines Kommentators. Für das Namensrecht der abgeschiedenen waadtländischen Ehefrau im Jahre 1816 kann daher nicht auf den Kommentar des Gesetzbuches von 1821 abgestellt werden.

Größere Bedeutung für die Bestimmung des dem unehelichen Kinde der Julie geb. Morerod zukommenden Familiennamens könnte der Nennung der Mutter als Julie Ambresin née Morerod in dem ebenfalls am Rande des Geburtseintrages vorgemerkten Auszuge aus dem Urteile des Appellhofes vom 23. Februar 1826 zugestanden werden, falls mit Sicherheit angenommen werden dürfte, daß dies der r e c h t l i c h e und nicht nur der g e b r ä u c h l i c h e Name der Mutter gewesen sei, und daß der Standesbeamte ihn unbedingt als den allein in Betracht fallenden angesehen habe.

Angesichts der inneren Verwandtschaft des Code Napoléon mit dem waadtländischen Recht und des Einflusses der französischen Praxis auf die waadtländische Standesregisterführung (wir verweisen nur auf den ganz im französischen Sinne abgefaßten Geburtseintrag des David Samuel im Geburtsregister von 01 Ion vom 27. Juni 1825) und auf die damit zusammenhängenden Namensfragen darf auch darauf verwiesen werden, daß in der französischen Praxis (der Code selbst enthält keine ausdrückliche Bestimmung") die herrschende Gerichtsmeinung dahin ging, daß nach der Scheidung die Ehefrau keinerlei Recht auf den Namen des frühern Ehemannes habe, der, wie viele Urteile annehmen, ihr nicht einmal während der Ehe zugestanden habe. Im bürgerlichen Leben werde ihr zwar oft noch der Name des geschiedenen Ehemannes beigelegt, ebenso sei derselbe zur Identifizierung noch von Nutzen, hingegen sei die Frau nicht berechtigt, sich desselben in notarialischen Akten z. B. zu bedienen und könne ihn auch nicht auf ihre adullerinen oder unehelichen Kinder übertragen (Sarrand, Commentaire de la loi du 6 février 1893 sur la séparation de corps, p. 37--62, vgl. auch Lansel, le nom en droit civil, n» 138).

385 Die Frage, ob nach dem im Jahre 181fi im Kanton Waadt gelten dea Recht die abgeschiedene Frau den Namen ihres frühern Ehemannes weiterführe oder ihren Mädchennamen wieder annehme, muß also als eine durchaus zweifelhafte betrachtet werden.

Wenn der Standesbeamte diese Frage bei der Eintragung der Geburt des unehelichen Kindes David Samuel dahin löste, daß die uneheliche Mutter ihren Mädchennamen auf ihr Kind übertrage, so mag dies ein Rechtsirrtum gewesen sein, der durch die ordentlichen Gerichte berichtigt werden könnte (Art. 9, 2, des Zivilstandsgesetzes), ein offenbarer Irrtum im Sinne des Alinea 3 des gleichen Artikels, der auch die späteren, auf die Eintragung von 1825 gestützten Einträge als offenbar unrichtig erscheinen ließe, ist es aber nicht.

So viel, wenn den in Frage stehenden Geburtseinträgen der Geburtsschein des Vaters zu Grunde lag.

Es ist jedoch die Wahrscheinlichkeit groß, daß dem Zivilstandsbeamten, der die Kinder des David Samuel auf den Namen Morerod als demjenigen des Vaters eintrug, nicht jener protokollarisch, abgefaßte, unsichere Auszug aus dorn Geburtseintrage des David Samuel vorlag, sondern ein anderes amtliches Aktenstück, das in unzweideutiger Weise diese Namensf'rage beantwortete, nämlich das obenerwähnte, am 28. März 1846 vom Regierungsstatthmlter des Amtsbezirkes Älen ausgestellte Livret servant de passeport (Nr. 4 der Beweisbeilagen"), in welchem der Träger amtlich als David Samuel Morerod bezeichnet ist.

In diesem Falle könnte, weil dieses Livret als Ausweispapier nicht zu beanstanden war, von einem offenbaren Irrtume des Zivilstandsbeamten noch viel weniger die Rede sein.

d. In bezug auf die ebenfalls von der Verfügung des Staatsrates des Kantons Waadt vom 2. Februar 1904 betroffenen E h e a k t e n der Nrn. 3, 4, 5, 6 und 8 der genealogischen Tabelle kann angesichts der Tatsache, daß sämtliche Legitimationspapiere beziehungsweise Zivilstandsregistereinträge der Bräutigame auf den Namen Morerod lauteten, ebensowenig ein Irrtum des Standesbeamten angenommen werden, als in den unter a und b erwähnten Fällen. Nach Art. 17 des Code civil vaudois sowohl, wie nach Art. 11 des schweizerischen Zivilstandsgesetzes gelten die zivilstandsamtlichen Einträge und Auszüge als öffentliche Urkunden, denen volle Beweiskraft zukommt, bis ihre Unrichtigkeit nachgewiesen
ist. Der Zivilstandsbeamte durfte sich daher für die Verkündung der Söhne des David Samuel Morerod einzig an die in ihren Geburtseinträgen oder Auszügen stehende Angaben halten, Bundesblatt. 58. Jahrg. Bd. I.

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die, wie sich aus der Berichtigungspublikation des Justiz- und Polizeidepartementes des Kantons Waadt ergibt, als Familiennamen der Interessenten den Namen Morerod aufwiesen.

2. Der Staatsrat des Kantons Waadt legt in Anlehnung an den erwähnten Kommentar von Secretan großes Gewicht auf die Behauptung, daß ein gewisser Familienname unzertrennlich mit einer bestimmten Gemeinde (förmliche Aufnahme vorbehalten) verknüpft sei, und schließt aus der Tatsache, daß David Samuel Morerod, oder Ambresin, und seine Nachkommen in Ollon, der Gemeinde des frühern Ehemannes der Stammmutter, Bürgerrecht besitzen oder besaßen, daß sie auch den Familiennamen desjenigen Gliedes der Familie besitzen müssen, durch das das Bürgerrecht von OHon in die Familie gelangt sei. Diese Ansicht mag richtigsein, schließt aber nicht jeden Zweifel über das.Gewohnheitsrecht von 1816 aus; und daß die von Prof. Secretan behauptete Regel nicht allgemein anerkannt und beobachtet wurde, geht aus der Tatsache hervor, daß sowohl im Jahre 1880, als auch 1896 die Gemeinde Ollon keinen Anstand nahm, dem David Alexis Morerod,, fils de David Samuel Morerod et de Marie-Anne Warpelin, bezw.

dem Louis Alexis Morerod, fils de David Alexis et de Louise Henriette née Moret, Heimatscheine auf den ursprünglich aus der Gemeinde Ormond-dessus stammenden Namen Morerod auszustellen.

3. Ist aber in den die noch lebenden Nachkommen des David Samuel Morerod oder Ambresin betreffenden und auf den Namen Morerod lautenden Zivilstandsregistereinträgen entweder gar kein, oder aber kein offenbarer Irrtum im Sinne des Art. 9,.

Alinea 3, des Zivilstandsgesetzes zu erblicken, so stellt sich die administrative Verfügung des Staatsrates des Kantons Waadt als gesetzwidrig dar. Sie ist deshalb aufzuheben.

Demnach wird erkannt: 1. Die Verfügung des Staatsrates des Kantons Waadt vom 2. Februar 1904, wonach die Berichtigung der Zivilstandsakten der lebenden Nachkommen des David Samuel, Sohn der Julie M o r e r o d , abgeschiedene Ehefrau des François Ambresin, von Ollon, in dem Sinne angeordnet wurde, daß der auf den Namen Morerod lautende Familiennamen durch Ambresin zu ersetzen sei-, wird aufgehoben.

Annexe

x\ .Iulie, née Morerod, divorcée Ambresin, le 2« juillet I81K.

Tableau généalogique de la famille Aorerod ou Ambresin.

Explication des signes: Encodrement rouge: Membres de U famille donc IR nom ;i été rcctitiê dmis I actes fie naissance; M -- et «lan.s !<·* ;i*;tcs di'. mariage.

-X\

O-

David-Samuel o' 25 V 1825 ï 27 \\ IHO:< à l'asyle de Cery.

4

1 David-Alexis

d 29 X 1847 t 6 IV 1903 n

;

12

13

Marianne Warpelin, d'OlUi O" 30 IV 1.824 ï H V IH9I1

5

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Louise -Henriette Höret

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15

David-Samuel tì 23 IV 1849

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/N, O O O / \ Henri-Albert; Fanny-Emma; Charleä-Henri ; Louis-Alexis: Marius; Lina 1888 0" 30 I« Ié7ïl d 18 IX 1871 d 3 III 1873 a 7 III 1875 ef 26 IV 1881
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Charles-Henri

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O Ó ^ \ / \ O / Louis-Samuel; Jules-Emile; Marguerite: Alice-Fanny; Henri tf 151" 74 cC 2 0 X 1 7 7 tf 15 III 187Ì) \- Ormeaux _^ tf 27 m 1881

22f

Ì

23 1

i Ó Ida-Elise; Alfred-Heuri ; ^ 16X111883 rf 13 I" ISSfi

Marie-Louise Gattiker

24

François-Louis o' 7 XI 1856 -x 25 ;

O O Lucien-Augusie: Robert-Edouard o" 2 f i l · 1891 o' 12 XII 1900

X" 26 i

^

Marie Fernet

~v 27

O O Beué-Marcel; Armand-Lucien d 2 V 1878
y\

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Alice Jouvenet

l'Yar.çois-Fclix
·^

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.

Sophie-Elise o" 22 XII 1858

rf

/28 1

Marc-Eugène 22 IX 18tìl

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10,

A

Alice-Emina o- 28 VI I8fls

·;· rx I86S 30

3l

O _/CS /Cs O René- Albert : Nelly-Hélèue ; Alice-tìermaiue : Alexis o' 29 IV 1833 cf 1 II 1898 d 12 VII 1900 3 ->t \ 19IK1

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2. Die infolge dieser Verfügung in den waadtländischen Zivilstandsregistern vorgenommenen Berichtigungen sind als nichtig zu annullieren.

B e r n , den 20. Februar 1906.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

L. Forrer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Riagier.

Beilage: Geneslogische Tabelle.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bundesratsbeschluß über die Beschwerde des Henri Albert Morerod, Kunstmalers in Genf, gegen die Verfügung des Staatsrates des Kantons Waadt, betreffend Aenderung des Namens ,,Morerod" in ,,Ambresin". (Vom 20. Februar 1906.)

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1906

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1

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08

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---

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21.02.1906

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371-387

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