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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Gewährleistung der Abänderung der Verfassung des Kantons Unterwalden ob dem Wald vom 27. April 1902.

(Vom 28. Mai 1906.)

Tit.

Mit Schreiben vom 7. Mai 1906 haben uns Landammann und Regierungsrat des Kantons Unterwaiden ob dem Wald mitgeteilt, dass die Landsgemeinde am 29. April 1906 folgende Abänderungen der Kantonsverfassung vom 27. April 1902 beschlossen hat, welchen die eidgenössische Gewährleistung erteilt werden soll: In dem den Geschäftskreis des Kantonsrates umschreibenden Art. 32 werden unter lit. c die Worte ,,und Festsetzung des Salzpreises" gestrichen und dafür dem Art. 25, in welchem die Befugnisse der Landsgemeinde aufgezählt sind, unter der neuen lit. f die Worte angefügt: ,,die Festsetzung des Salzpreises".

Dieses Geschäft fällt somit inskünftig nicht mehr in die Kompetenz des Kantonsrats, sondern in diejenige der Landsgemeinde.

Nach der zweiten von der Landsgemeinde beschlossenen Verfassungsänderung fällt der dritte Absatz des Art. 30 der Verfassung dahin. Er lautete: ,,Sofern indessen innert zwei Monaten nach amtlicher Veröffentlichung eines solchen Gesetzes 400 stimmfähige Bürger bei dem Kantonsrate das Begehren stellen, dass das Gesetz der Lands-

839 gemeinde vorgelegt werde, so muss dasselbe der nächsten ordentlichen Landsgemeinde zur Annahme oder Verwerfung unterstellt werden. In diesem Falle ist bis zum Entscheide der Landsgemeinde der Vollzug des Gesetzes einzustellen."

Dagegen tritt zum sechsten Titel der Verfassung, dessen Aufschrift ,,Revision der Kantonsverfassung" erweitert wird zu ,,Revision der Kantonsverfassung und Referendum"1, ein neuer Art. 77 mit folgendem Wortlaut: ,,Die vom Kantonsrat kraft Vollmacht der Landsgemeinde erlassenen Gesetze, sowie die von ihm erlassenen Verordnungen müssen, wenn 400 stimmfähige Bürger es verlangen, jederzeit der Landsgemeinde zur Annahme oder Verwerfung vorgelegt werden.

In gleicher Weise muss jede von den Einwohner- oder Bürgerräten erlassene Verordnung der Einwohner- oder ßürgergemeinde vorgelegt werden, wenn Vs der Stimmfähigen der betreffenden Gemeinde es verlangen.

,,Derartige Begehren müssen, wenn es sich um kantonale Verordnungen handelt, mindestens einen Monat und sofern es eine Gemeindeverordnung betrifft mindestens einen halben Monat vor der betreffenden Versammlung zuständigen Orts eingereicht werden.

,,In allen diesen Fällen ist von Einreichung des Begehrens an bis zum Entscheide der Landsgemeinde resp. Einwohner- oder Burgergemeinde der Vollzug der betreffenden Gesetze und Verordnungen einzustellen. " Während also bisher nur Gesetze, die der von der Landsgemeinde hierzu ermächtigte Kantonsrat ausgearbeitet hatte, der Landsgemeinde zur Annahme oder Verwerfung unterbreitet werden mussten, wenn 400 stimmfähige Bürger es verlangten, so gilt dies inskünftig auch von den V e r o r d n u n g e n des Kantonsrats. Ebenso müssen inskünftig Verordnungen der Einwohner- oder Bürgerräte der Annahme oder Verwerfung durch die Gemeindeversammlungen unterstellt werden, wenn der fünfte Teil der Stimmfähigen der Gemeinde es verlangen.

Eine weitere Abänderung der bisherigen Rechtslage besteht darin, dass das Referendums- oder Initiativbegehren von jetzt an j e d e r z e i t gestellt werden kann, während es früher nur innert zwei Monaten nach der amtlichen Veröffentlichung der Gesetze zulässig war. Das Begehren muss bei kantonalen Verordnungen einen Monat, bei Gemeindeverordnungen einen halben Monat vor Zusammentritt der Landsgemeinde oder Gemeindeversammlung, die darüber abstimmen soll, eingereicht werden. In der Zeit zwischen der Einreichung des Begehrens und der Abstimmung ruht der Vollzug der betreffenden Erlasse.

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Da diese Änderungen der Verfassung des Kantons Unterwaiden ob dem Wald nichts enthalten, was dem Bundesrecht widerspräche, so beantragen wir Ihnen, Tit., denselben die nachgesuchte Gewährleistung in der Form des beiliegenden Beschlussesentwurfs zu erteilen.

Bern, den 28. Mai 1906.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bun d e sp rä s ide u t:

L. Forrer» Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Hingier.

841 (Entwurf.)

Bundeslbeschluss betreffend

die eidgenössische Gewährleistung der Abänderung der Art. 25, 30, 32 lit. c, der Verfassung des Kantons Unterwaiden ob dem Wald, vom 27. April 1902 und der Aufnahme eines ändern Art. 77 in dieselbe.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht der Botschaft d'os Bundesrates vom 28. Mai 1906 betreffend die eidgenössische Gewährleistung der Abänderung der Art. 25, 30, 32 lit. c, der Verfassung des Kantons Unterwaiden ob dem Wald vom 27. April 1902, und der Aufnahme eines neuen Art. 77 in dieselbe; in Anbetracht: dass die abgeänderten und der neue Artikel nichts en t halten, was den Vorschriften der Bundesverfassung widerstreitet ; dass die abgeänderten und der neue Artikel von der Landsgemeinde am 29. April 1906 angenommen worden sind; in Anwendung von Art. 6 der Bundesverfassung, beschliesst: Den abgeänderten Artikeln 25, 30, 32 lit. c, sowie dem neuen Artikel 77 der Verfassung des Kantons Unterwaiden ob dem Wald wird die eidgenössische Gewährleistung erteilt.

Der Bundesrat wird mit der Vollziehung dieses Beschlus.ses beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Gewährleistung der Abänderung der Verfassung des Kantons Unterwalden ob dem Wald vom 27. April 1902.

(Vom 28. Mai 1906.)

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30.05.1906

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