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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuche des wegen Übertretung des Jagdgesetzes bestraften Adolf Zbinden, Landarbeiters im FallackerGuggisberg (Kt. Bern).

(Vom 20. Februar 1906.)

Am 6. März 1905, morgens um 7% Uhr, als Aebischer, Wilhelm, Sohn, im Fall zu Guggisberg sich auf dem Wege nach der Käserei befand und bei der Schutzweid einen Seitenweg benutzte, krachte plötzlich ein dort gerichtetes Selbstgeschoss, sogenannter "Büffel" ; zwei Schrotkörner drangen ihm in den linken FUSS, während andere durch die dicken Halbleinhosen und Schuhe abgewiesen wurden.

Die polizeilichen Nachforschungen ergaben, dass der Selbstschuss angebracht worden war durch den 24 Jahre alten Landarbeiter Adolf Z b i n d e n im Fallacker, Guggisberg. Er anerkannte dies auch vor Polizeirichter mit der Behauptung, er sei im Hühnerhof wiederholt durch Marder geschädigt und gefährdet worden. Der Selbstschuss habe diesen Tieren gegolten und sei 5 bis 6 Schritte vom Fussweg entfernt gewesen. Zbin-

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den hat laut Polizeirapport zugegeben, noch einen zweiten. Selbstschuss in der nämlichen Örtlichkeit angebracht zu haben.

Der Polizeirichter von Schwarzenburg verurteilte in ersterInstanz den Zbinden gestützt auf das Bundesgesetz über Jagd und Vogelschutz vom 17. September 1875 zu Fr. 120 Busse und Tragung der Kosten. Auf Appellation der Staatsanwaltschaft aber erhöhte die Polizeikammer des Appellations- und Kassationshofes die Busse auf Fr. 510, indem sie den Art. 21, Ziff. l, des Bundesgesetzes vom 24. Juni 1904 anwendete, nach welchem die Minimalstrafe für das Anbringen von Selbstschüssen Fr. 500 beträgt, und indem sie den Umstand, dass Zbinden zwei solche Schüsse gelegt hatte, als Strafschärfungsgrund berücksichtigte. Der Verurteilte hat nach Zeugnis des Regierungsstatthalters von Schwarzenburg die Gerichtskosten bezahlt und an die Busse den Betrag von Fr. 300 geleistet. Er stellt das Gesuch, dass ihm der Strafrest durch Begnadigung erlassen werde, indem er vorbringt: Er selbst sei vermögenslos und nur durch die Hülfe von Brüdern im stände gewesen, dieFr. 300 zu bezahlen. Weitere Mittel ständen ihm nicht zu Gebote, so dass er den Rest der Busse nach Umwandlung in Gefängnis absitzen müsste. Er sei auch die einzige Stütze seineraltersschwachen Mutter, die unter dem Strafvollzug zu leiden hätte.

Der Einwohnergemeinderat von Guggisberg bezeugt, dass · Zbinden zurzeit die Mittel nicht besitze, die ganze ihm auferlegte Geldbusse zu bezahlen, und dass die von ihm vorgebrachten Behauptungen auch im übrigen der Wahrheit entsprechen. Die genannte Behörde und das Regierungsstatthalteramt, Schwarzenburg empfehlen das Begnadigungsgesuch zur Entsprechung.

Bei der richterlichen Beurteilung des Petenten fiel der Um- · stand überall nicht in Betracht, dass er durch seine Fahrlässigkeit einen Menschen an Körper und Gesundheit verletzt hatte, weil dieses Vergehen nach dem Strafgesetz des Kantons Bern nur auf Antrag des Geschädigten bestraft wird. Das Minimum der in Art. 21, Ziff. l, des eidgenössischen Jagdgesetzes gegen das Legen von Selbstschüssen angedrohten Geldbusse aber ist so hoch., dass sich eine Herabsetzung dann auf dem Wege der Begnadigung rechtfertigt, wenn ein Übertreter aus unverschuldeten Ursachen, wie Mangel an ökonomischen Mitteln, nicht im;.

stände ist, den vollen Betrag der Busse zu leisten. Ein derartiger Fall liegt hier vor.

368 Wir stellen daher bei Ihrer hohen Versammlung den Antrag: Es sei dem Adolf Zbinden der Rest der Busse im Betrage von Fr. 200 in Gnaden zu erlassen.

B e r n , den 20. Februar 1906.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: L. Forrer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Bingier.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuche des wegen Übertretung des Jagdgesetzes bestraften Adolf Zbinden, Landarbeiters im FallackerGuggisberg (Kt. Bern). (Vom 20. Februar 1906.)

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21.02.1906

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