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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über Massnahmen zur Verbesserung des Bundeshaushaltes (Vom 8. Januar 1975)

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, Wir beehren uns, Ihnen mit dieser Botschaft die Entwürfe zu folgenden Erlassen zu unterbreiten : 1. Bundesbeschluss über die Ausrichtung von Teuerungszulagen an das Bundespersonal in den Jahren 1969-1972 (Beilage 1) 2. Bundesbeschluss über den Vollzug des Voranschlages der Schweizerischen Eidgenossenschaft für das Jahr 1975 und die Bewilligung von Verpflichtungskrediten (Beilage 2) 3. Bundesbeschluss über den Abbau von Bundesbeiträgen (Beilage 3) 4. Bundesbeschluss über die Festsetzung des Beitrages des Bundes an die Alters- und Hinterlassenenversicherung (Beilage 4) 5. Bundesbeschluss über die Finanzierung der Erwerbsersatzordnung für Wehr- und Zivilschutzpflichtige (Beilage 5) 6. Bundesbeschluss über die Herabsetzung von Anteilen der Kantone an Bundeseinnahmen im Jahre 1975 (Beilage 6) 7. Bundesbeschluss über die Erschwerung von Ausgabenbeschlüssen (Beilage 7) 8. Bundesbeschluss betreffend Erhöhung der Steuereinnahmen ab 1976 (Beilage 8) 9. Bundesgesetz über die Verrechnungssteuer (Beilage 9) 10. Bundesgesetz betreffend Massnahmen bei der direkten Bundessteuer zur wirksameren Bekämpfung der Steuerhinterziehung (Beilage 10) 1975-24

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Allgemeines und Übersicht

Die bereits in der Staatsrechnung 1973 zum Ausdruck gekommene Verschlechterung der Haushaltiage des Bundes v\ird sich im Rechnungsergebnis des Jahres 1974 zweifellos verstärken. Diese, sich m den kommenden Jahren noch verschärfende Tendenz wird vor allem durch die drei folgenden Faktoren verursacht : 1. die rückläufige Bedeutung der Zölle als Einnahmequelle des Bundes, da als Folge der Freihandelsvereinbarung bis zum 1. Juh 1977 die Industriezölle im europäischen Raum weitgehend beseitigt werden und im übrigen das Gewichtszollsystem mit zunehmender Teuerung keine Einnahmenerhöhung einbringt, 2. die neuen sowie erhöhten Verpflichtungen des Bundes m den Bereichen der Infrastruktur und der Sozialen Wohlfahrt, 3. die wirtschaftliche Lage, die einerseits zu einem Emporschnellen der Ausgaben infolge beträchtlicher Preiserhöhungen führt, zugleich aber auf die Entwicklung gewisser Fiskaleinnahmen bei nachlassendem wirtschaftlichem Wachstum hemmend wirkt.

Durch die am 4. Oktober 1974 beschlossenen Massnahmen. nämlich - das Bundesgesetz über Massnahmen zur Verbesserung des Bundeshaushaltes, - die Verfassungsänderung zur Erhöhung der Warenumsatzsteuer- und der Wehrsteuersätze, - der Bundesbeschluss über die Erschwerung von Ausgabenbeschlüssen (Ausgabenbremse) ' sowie durch die am Voranschlag für das Jahr 1975 vorgenommenen Abstriche, wollten Bundesversammlung und Bundesrat sowohl auf der Ausgaben- wie auf der Einnahmenseite Verbesserungen erzielen. Die Ausgabenentwicklung sollte gezielt begrenzt werden, wobei den bestehenden Verpflichtungen Rechnung getragen und eine gewisse Kontinuität des Arbeits- und Auftragsvolumens hätte gewahrt werden sollen.

Mit der Abstimmung vom 8. Dezember 1974. durch die Volk und Stände die vorgeschlagenen Fiskalmassnahmen ablehnten, wurden der Eidgenossenschaft die zur Wiederherstellung des finanziellen Gleichgewichts unentbehrlichen Einnahmen nicht bewilligt. Der Bund wird dadurch gezwungen, seine Bemühungen zur Ausgabenbeschränkung noch beträchtlich zu verstärken sowie vermehrt Lasten auf andere abzuwälzen. Das enthebt ihn allerdings nicht davon, zusätzliche Einnahmen zu erschliessen. Solche sind unerlässlich. bis eine neue Bundesfinanzordnung die Zustimmung von Volk und Ständen im Jahre 1976 oder 1977 erhalten haben wird, durch welche die indirekte Besteuerung neu zu regeln, die direkten Steuern zu harmonisieren und die Aufgaben und Einnahmen zwischen Bund und Kantonen neu zu verteilen sind.

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Die vorliegende Botschaft legt die Notwendigkeit dar, unverzüglich die zur Aufrechterhaltung eines geordneten Haushaltes erforderlichen kurzfristigen Schritte einzuleiten. Dabei sollen : - vorerst die Bundesausgaben durch eine Reihe dringlicher Beschlüsse auf ein nach Verwerfung der Mehreinnahmen tragbares Mass reduziert, - zum Ausgleich des starken Rückganges wichtiger Bundeseinnahmen auf dem ordentlichen Weg ab 1976 zusätzliche Einnahmen beschafft, - der Voranschlag 1975 den neuen Verhältnissen angepasst, - der frühere Beschluss über die Ausgabenbremse in die neue Vorlage wieder aufgenommen werden.

2 Lage des Bundeshaushaltes nach Ablehnung der beantragten Steuererhöhungen in der Abstimmung vom 8. Dezember 1974 Durch die Verwerfung der im Bundesbeschluss vom 4. Oktober 1974 vorgesehenen Mehreinnahmen ergibt sich für den Bundeshaushalt sowohl für 1975 wie auch die Folgejahre eine kritische Lage. Diese stellt sich heute noch schwieriger dar, als bei der Vorbereitung und Beratung der erwähnten Vorlage angenommen worden ist, weil sich in der Zwischenzeit die Einnahmen wesentlich ungünstiger entwickelt haben. Bereits in der Botschaft vom S.April 1974 (BB1 7974 I 1309) über die Wiederherstellung des Gleichgewichts im Bundeshaushalt ist auf Seite 10 darauf hingewiesen worden, es sei zurzeit ausserordentlich schwierig, die kommende Entwicklung abzuschätzen, die Perspektiven seien jedoch schlecht. Um sich nicht der Gefahr einer zu pessimistischen Darstellung auszusetzen, habe man bewusst nicht die ungünstigste Zahlenreihe gewählt, die der Botschaft zugrunde gelegten Schätzungen könnten jedoch erheblich unterschritten werden. Dies ist infolge einer weiteren Abflachung der Konjunkturentwicklung seither eingetreten.

Aufgrund der Ergebnisse der letzten Monate muss heute angenommen werden, dass nicht nur im Jahre 1974 die geschätzten Einnahmen bei weitem nicht erreicht, sondern auch 1975 die Fiskaleinnahmen um 500 bis 700 Millionen unter den früheren Schätzungen liegen werden. Einmal mehr kommt in dieser Entwicklung die ausserordentlich starke Konjunkturempfindlichkeit wichtiger Bundeseinnahmen deutlich zum Ausdruck.

Bei der Einnahmenentwicklung des Bundes ist ferner eine grundlegende Veränderung im Gange, indem die Zölle, die in der Vergangenheit eine der wichtigsten und mit wachsendem Aussenhandelsvolumen jährlich zunehmende Fiskalquelle darstellten, fortschreitend an Bedeutung verlieren. Diese Entwicklung, die keineswegs auf die Schweiz beschränkt ist, ergibt sich aus den internationalen Bemühungen zum Abbau wettbewerbsverzerrender Handelshemmnisse, den multilateralen Zollsenkungsrunden des GATT, der Herstellung des industriellen Freihandels im Rahmen der EFTA, der Schaffung eines europäischen Freihandelsrau-

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mes durch den erfolgten Abschluss entsprechender Abkommen der EFTA-Staaten mit der EWG sowie der Einräumung von Zollpräferenzen durch die Industriestaaten an die Entwicklungsländer. Wir hatten bereits in unserer Botschaft zum Freihandelsabkommen mit den Europäischen Gemeinschaften vom 16. August 1972 darauf hingewiesen, dass die entsprechenden Mindereinnahmen in geeigneter Weise kompensiert werden müssen. Die meisten europäischen Staaten sind bekanntlich in den letzten Jahren zum Mehrwertsteuersystem übergegangen, weil dieses System in seinen Auswirkungen auf den Aussenhandel wettbewerbsneutral ist. Die integrationsbedingten Zollausfalle erreichen allerdings die in der EWGBotschaft geschätzte Grössenordnung nicht, weil sich die mengenmässige Zuwachsrate der Einfuhr verflacht hat. Auch sind die Fiskalzölle, die mehr als zwei Drittel der Zolleinnahmen ausmachen, von jeglichem Zollabbau ausgenommen.

Im Jahre 1975 dürften die Zollausfälle unter allen Titeln, die aus verschiedenen Gründen zwar nicht genau ermittelbar sind, trotzdem bereits in der Grössenordnung von einer Milliarde liegen. Diesen budgetmässig schmerzlichen Einbussen stehen selbstverständlich grosse volkswirtschaftliche Vorteile gegenüber, da eine handelspolitische Diskriminierung der Schweiz vor allem in Zeiten eines stagnierenden oder gar rückläufigen Wirtschaftswachstums geradezu verhängnisvolle Auswirkungen hätte, die die gesamte schweizerische Volkswirtschaft treffen würden. Der gegenseitige Abbau der Zölle sichert eine unverfälschte internationale Wettbewerbslage und liegt sowohl im Interesse der Produktion wie des Konsumenten.

Infolge der in verschiedenen Wirtschaftsbereichen, namentlich der Bauwirtschaft, auftretenden Schwierigkeiten ist bei einer realistischen Beurteilung ferner davon auszugehen, dass im Jahre 1975 ein Teil der im Eventualbudget vorgesehenen Ausgaben wird freigegeben werden müssen. Das bedeutet, dass sich das budgetierte Defizit wahrscheinlich entsprechend erhöhen dürfte.

Ausgehend vom Voranschlag, wie er von den eidgenössischen Räten verabschiedet wurde, ist für 1975 nach Ablehnung der Mehreinnahmen bei der Warenumsatzsteuer ohne Gegenmassnahmen, jedoch mit Einrechnung der noch nicht gesicherten Zollerhöhungen, in heutiger Sicht mit folgender Lücke im Bundeshaushalt zu rechnen : Millionen Franken (runde Betrage)

- Budgetiertes Defizit - Beanspruchung Eventualhaushalt - Tiefere Eingänge bei Fiskaleinnahmen (Schätzung : 500-700 Mio.)

- Wegfall Mehreinnahmen bei Wust Finanzierungslücke (mit erhöhten Zolleinnahmen)

Bundesbktt 127 Jahrg Bd I

300 200 600

1100 700 1800

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Sollten die auf dem Treibstoff und Heizöl erhobenen Zollerhöhungen ebenfalls abgelehnt werden, würde die Finanzierungslücke sogar auf 2 Milliarden Franken und mehr ansteigen.

Es bedarf keiner langen Ausführungen, dass ein Haushaltdefizit von diesem Umfange schlechterdings untragbar wäre und ohne schwerwiegende Rückwirkungen auf die Gesamtwirtschaft nicht finanziert werden könnte.

Nachdem die aus früheren Einnahmenüberschüssen geäufneten Reserven bereits zur Deckung der seit 1971 entstandenen Ausgabenüberschüsse und der Bedürfnisse im Laufe des Jahres 1974 beansprucht worden sind, kann die zentrale Bundestresorerie, welche auch den Mittelbedarf der beiden Verkehrsbetriebe SBB und PTT zu befriedigen hat, nur noch über die laufenden Einnahmen oder durch vom Geld- und Kapitalmarkt zur Verfügung gestelltes Neugeld alimentiert werden. Vom Kapitalmarkt kann der Bund zur Zeit durch Anleihen in der Grössenordnung von jährlich einer halben Milliarde neue Mittel beanspruchen, ohne das auf diesem Markt erreichte labile Gleichgewicht zu stören. Eine weitere Steigerung des Zinsniveaus muss, abgesehen von den Auswirkungen auf Kosten und Preise, bei der in gewissen Wirtschaftszweigen eingetretenen konjunkturellen Abflachung tunlichst vermieden werden, um die Vornahme von Investitionen nicht zusätzlich von der Finanzierungsseite her zu erschweren.

Dabei sollte der Kapitalmarkt für den Bundeshaushalt jedoch mit Rücksicht auf dringende Bedürfnisse der Bundesbetriebe, namentlich der SBB, nicht über das vorerwähnte Ausmass in Anspruch genommen werden. Dies namentlich auch im Hinblick auf die Tatsache, dass die kommenden Jahre noch kritischer werden dürften. Auch ist zur Zeit noch ungewiss, ob nach Mitte 1975 weiter mit den beim Treibstoff und Heizöl vorgenommenen Zollerhöhungen gerechnet werden kann. Sollten allerdings diese Erhöhungen abglehnt werden, so könnten im entsprechenden Ausmass - mindestens bezüglich des Treibstoif-Zollzuschlages im Bereiche des Nationalstrassenbaus im Jahre 1975 keine neuen Bauten in Auftrag gegeben werden.

Geht man davon aus, dass die für 1975 zu erwartende Finanzierungslücke mit Rücksicht auf die dargelegten Gründe vorläufig zu höchstens 500 bis 600 Millionen auf dem Anleihensweg geschlossen werden kann, verbleibt ein Betrag in der Grössenordnung von 1,2 bis 1,3 Milliarden, der auf
anderem Wege ausgeglichen werden muss.

Im Jahre 1976 würde sich die Schere nach den bisherigen Perspektiven noch weiter öffnen. Einmal ist bereits die Ausgangsbasis mit einem unter günstigeren Voraussetzungen auf 600 Millionen geschätzten Defizit schlechter. Sodann wären die Mehreinnahmen aus der beantragten Warenumsatz- und Wehrsteuererhöhung, die nach dem negativen Abstimmungsergebnis nunmehr dahinfallen, mit 1600 Millionen erheblich höher gewesen. Ausserdem wird sich der allgemeine Rückgang der Fiskaleinnahmen in den Folgejahren mit zunehmenden Beträgen auswirken. Das bedeutet, dass eher noch mit schlechteren Zahlen gerechnet werden muss, als im Perspektivenbericht vom 20. November 1974 (blauer Separatdruck) angenommen worden war. Soweit sich das heute abschätzen lässt, würden

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die für den Zeitraum von 1976 bis 1979 zu erwartenden Defizite, wenn die im erwähnten Bericht aufgeführten neuen Vorhaben zur Ausführung gelangten, die Grössenordnung von 3 Milliarden übersteigen.

Im Blick auf diese Zahlen ist es offensichtlich, dass der Bundeshaushalt, abgesehen von einer kurzen Überbrückungszeit, ohne Mehreinnahmen nicht wird ins Gleichgewicht gebracht werden können. Angesichts der starken Verschlechterung der Ausgangslage hat sich der Bundesrat ernsthaft die Frage gestellt, ob trotz des ablehnenden Abstimmungsergebnisses vom vergangenen Dezember nicht bereits für 1975 erneut zusätzliche Einnahmen beschafft werden müssten. Dies wäre indessen nur auf dem Dringlichkeitswege möglich. Ein solches Vorgehen erachten wir jedoch politisch nicht als gangbar. Kann doch dem Volk nicht auf dem Dringlichkeitsweg eine nahezu gleiche Steuer auferlegt werden, die es kurz vorher verworfen hat. Wir halten vielmehr dafür, dass der in der Abstimmung vom 8. Dezember 1974 zum Ausdruck gekommene Volkswille zu respektieren und vorerst alles daran zu setzen ist, zunächst durch drastische Ausgabenkürzungen ein tragbares Rechnungsergebnis zu erreichen. Dies ist jedoch durch blosse Budgetkürzungen nicht möglich. Der Bund muss vielmehr auf dem Wege von Dringlichkeitsbeschlüssen von verschiedenen gesetzlichen Leistungen befreit oder wenigstens vorübergehend entlastet werden. Auch ist es unvermeidlich, dass von einer solchen Kürzungsanstrengung weite Kreise, namentlich auch die kantonalen und kommunalen Haushalte, betroffen werden. Sollen derartige Massnahmen rasch zu spürbaren Ausgabensenkungen führen, müssen sie notgedrungen verhältnismässig einfach konzipiert sein und können nur in begrenztem Masse auf besondere Bedürfnisse ausgerichtet werden, abgesehen davon, dass es ohnehin nie möglich sein wird, auf alle Wünsche Rücksicht zu nehmen. Wichtig scheint uns, dass bei der gegenwärtigen Lage vor allem darauf Bedacht genommen wird, dass Ausgabenkürzungen nicht in erster Linie den Bereich der Investitionen treffen.

Angesichts der Tatsache, dass auf dem Gebiete der Bauwirtschaft bereits ein Prozess im Gange ist, der über eine normale Rückbildung auf vernünftige Dimensionen hinauszugehen droht, muss nach Möglichkeit vermieden werden, dass diese Entwicklung über die öffentliche Hand noch verschärft wird.
Bei Prüfung der Möglichkeiten, welche für eine drastische Senkung der Ausgaben ernsthaft in Frage kommen, zeigt sich bald, dass sich kaum etwas anderes als eine Kombination einiger weniger, dafür aber verhältnismässig ergiebiger Massnahmen anbietet. So wichtig Sparbemühungen im einzelnen und kleinen auch sind, lassen sich auf diesem Wege doch nicht Beträge in der Grössenordnung von mehr als einer Milliarde erreichen. Rein lineare Kürzungen hätten zwar den Vorteil der relativen Einfachheit, sie wären jedoch zu grob und undifferenziert.

Anderseits ist es in einem beschleunigten und rasch zu realisierenden Verfahren auch nicht möglich, an sich vielleicht wünschbare, tiefergreifende Reformen durchzuführen. Es kann höchstens danach getrachtet werden, im Rahmen eines solchen Notprogrammes erste Schritte in Richtung längerfristiger Änderungen einzuleiten, in der Meinung, dass diese dann in späteren Phasen ins ordentliche Recht überführt oder sonst bereinigt werden.

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Davon ausgehend, dass für 1975, zusammen mit einigen ändern Verbesserungen, die der Bundesrat anordnen kann, das Budget durch Ausgabenreduktionen in der Grössenordnung von mindestens 1200 bis 1300 Millionen entlastet werden muss, sind wir nach eingehender Prüfung dazu gekommen, zu diesem Zweck folgende Massnahmen in Vorschlag zu bringen : - Befreiung des Bundesrates von der gesetzlichen Verpflichtung, die Teuerung dem Bundespersonal auch in den kommenden Jahren überall voll nach Massgabe des Konsumentenpreisindexes auszugleichen; - globale Kürzung der zum Subventionsbereich oder verwandten Gebieten gehörenden Ausgabensumme um rund 400 Millionen, was einer durchschnittlichen Kürzung um etwa 10 Prozent gleichkommt; - Reduktion der Militärausgaben um 80 Millionen; - Herabsetzung der Leistung des Bundes an die AHV im Jahre 1975 um 540 Millionen ; - Herabsetzung der Anteile der Kantone an den Bundeseinnahmen des Jahres 1975, was eine Entlastung um rund 200 Millionen erlaubt.

Schliesslich beantragen wir, den in der Volksabstimmung mit deutlicher Stimmenmehrheit akzeptierten - infolge Koppelung mit der verworfenen Steuervorlage jedoch nicht wirksam gewordenen - Artikel über eine Ausgabenbremse erneut in die Vorlage aufzunehmen.

Um zur Meisterung der Situation rechtzeitig, das heisst mit Wirkung ab 1976, über die unerlässlichen Mehreinnahmen zu verfügen, wird in Ergänzung dieses Programmes vorgeschlagen : - eine gegenüber der bisherigen Vorlage etwas reduzierte Erhöhung der Warenumsatzsteuer auf 5,6/8,4 Prozent (statt 6/9%) ; - eine Erhöhung der Verrechnungssteuer von bisher 30 auf 35 Prozent und eine Herabsetzung des Kantonsanteils von 12 auf 10 Prozent; - eine Verschärfung der Bestimmungen über die Bekämpfung der Steuerhinterziehung bei der direkten Bundessteuer.

Im Rahmen der eigenen Kompetenzen haben wir in Ergänzung dieses Programmes die Brotpreisverbilligung über die Bundeskasse abgebaut und ausserdem die Besteuerung des Alkohols durch Verschärfung der fiskalischen Belastung der gebrannten Wasser erhöht.

Angesichts der bestehenden Unsicherheiten bei den Einnahmen ist es vorläufig nicht möglich, eine fundierte Finanzplanung über das Jahr 1976 hinaus voranzutreiben. Die bisherigen Annahmen gingen von den am 8. Dezember 1974 abgelehnten neuen Einnahmen aus, wobei auch so noch weitere und tiefgreifende
Prioritätsentscheidungen unumgänglich gewesen wären. Bevor die unerlässlichen Ausgangszahlen aufgrund der mit dieser Vorlage beantragten Massnahmen feststehen, kann sinnvollerweise kein Finanzplan unterbreitet werden. Es müssen vorerst alle Anstrengungen darauf ausgerichtet werden, die Schwierigkeiten des laufenden Jahres zu meistern. Dass dabei alle nicht vordringlichen neuen Vorha-

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ben zurückgestellt werden und zuerst die Weiterführung des Laufenden so gut als möglich sichergestellt werden muss, versteht sich von selbst.

Als erster Schritt m Richtung einer längerfristigen iund nach Prioritäten gegliederten Ausgabenregelung haben \vir den eidgenössischen Räten gestützt auf Artikel l Absatz 2 Buchstabe a des Bundesgesetzes über Massnahmen zur Verbesserungdes Bundeshaushaltes mit der Budgetbotschaft 1975 im Investitionssektor Zahlungsrahmen zur Genehmigung vorgelegt. Da diese Zahlungsrahmen ebenfalls auf den erwähnten Annahmen beruhten, erwies sich ihre Verabschiedung in der Folge als unmöglich. Auch diese Unsicherheit \\ird andauern. Es können also frühestens mit dem Voranschlag 1976 auf verlasslichen Annahmen beruhende Finanzpläne ausgearbeitet werden. Dies unterstreicht die Feststellung, dass das vorliegende Massnahmenpaket den Charakter von Sofortmassnahmen und kurzfristigen Behelfslösungen trägt.

3 Herabsetzung der Ausgaben 31

Regelung der Teuerungszulagen an das Bundespersonal für 1975 und 1976

Die sich ändernde Wirtschaftslage sowie die Auswirkungen der leider immer noch hohen Teuerungsraten lassen heute das Problem der Ausgestaltung der Teuerungszulagen an das Bundespersonal in einem neuen Licht ersqheinen. Es lässt sich nicht übersehen, dass der Grundsatz des vollen und undifferenzierten Teuerungsausgleichs nicht mehr überall möglich und deshalb nicht mehr unangefochten ist.

Die geltende Ordnung1' ermächtigt den Bundesrat, bis und mit 1976 die Teuerungszulagen aufgrund der Entv» icklung des Indexes der Konsumentenpreise festzusetzen. Um die Nachteile der grossen Nachzahlungen auf Jahresende zu mildern. hat die Bundesversammlung am 4. Oktober 1974 eine indexnähere Formel für die monatlichen Teuerungszulagen beschlossen.

Die Unsicherheit bezüglich der künftigen wirtschaftlichen Entwicklung, insbesondere aber die zufolge Verwerfung der beantragten Einnahmen kritisch gewordene Haushaltlage, zwingen uns. für die Festsetzung der Teuerungszulagen künftig über einen grösseren Handlungsspielraum zu verfügen. Es wird deshalb vorgeschlagen, den Bundesrat zu ermächtigen, die einmaligen Teuerungszulagen für die Jahre 1975 und 1976 auf einen festen Betrag zu begrenzen oder abnehmend nach den massgebenden Bezügen zu stufen. Ebenfalls soll die Minimalgarantie überprüft werden können. Diese sofort in Kraft tretende, dem Referendum nicht unterstehende Regelung schafft die nötigen Voraussetzungen zur Überprüfung und Anpassung der bisherigen Teuerungsautomatik an die Bedürfnisse der gegenwärtigen Lage. Wir sind uns bewusst, dass vom Personal Opfer verlangt werden.

» BB vom 10. Okt. 1969; SR 172.221.153.1 BB vom 28. Juni 1972: SR 172.221.153.0

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Diese scheinen aber im Lichte der übrigen erforderlichen Massnahmen im Bundeshaushalt tragbar. Ausmass und degressive Staffelung der Teuerungszulagen 1975 und 1976, wie auch die Frage der Minimalgarantie, werden später mit den Verbänden des Bundespersonals noch besprochen werden. Für 1977 sind neue gesetzliche Grundlagen zu erarbeiten. Es handelt sich also auch hier um eine Übergangsmassnahme, die aus zeitlichen Gründen rasch in Kraft gesetzt werden muss.

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Kürzungen im Bereiche der Bundesbeiträge und des Militärdepartementes 321 Abänderung des Budgetbeschlusses

Der von den eidgenössischen Räten am 5. Dezember 1974 verabschiedete Voranschlag 1975 ist als Folge des negativen Abstimmungsergebnisses über die beantragten Mehreinnahmen nur nach Massgabe des Bundesbeschlusses vom l I.Dezember 1974 über das Inkrafttreten des Voranschlages 1975 wirksam geworden. Im wesentlichen werden die meisten Zahlungskredite in monatlichen Tranchen von 5 Prozent freigegeben. Ferner besteht ein genereller Verpflichtungsund Anstellungsstop, soweit nicht der Bundesrat in zwingenden Fällen Ausnahmen gewährt.

Das vorliegende Massnahmenpaket sieht auf der Ausgabenseite zwei globale Kürzungen vor : - Die Bundesbeiträge sind gesamthaft um durchschnittlich 10 Prozent zu reduzieren.

Bei Bundessubventionen von insgesamt 4434 Millionen und zweckgebundenen Einnahmen von 642 Millionen ergeben sich Nettoausgaben von 3792 Millionen.

Rechnerisch würde eine Kürzung um 10 Prozent somit rund 380 Millionen ausmachen.

- Die Ausgaben des Militärdepartementes sind um rund 80 Millionen zu reduzieren.

Die Durchsetzung dieser globalen Reduktionen setzt voraus, dass das Parlament dem Bundesrat besondere Vollmachten erteilt (vgl. Abschn. 322 hienach).

Erst gestützt darauf können die Kürzungsbeträge auf die einzelnen Rubriken verteilt werden. Eine schematische und lineare Kürzung fällt zum vornherein ausser Betracht, ist doch in jedem einzelnen Subventionsbereich Verpflichtungsstand und Dringlichkeit mitzubeurteilen.

Zudem sollen nicht nur Subventionen im Sinne der Sachgruppeneinteilung, sondern ausnahmsweise auch verwandte Tatbestände wie Darlehen und vertragliche Verpflichtungen erfasst werden können. Soweit in einzelnen Fällen auf Reduktionen verzichtet werden muss, ist dies in den Budgets der betreffenden Departemente anderswo zu kompensieren, um das gesteckte Ziel eines Abbaues in der Grössenordnung von 400 Millionen zu erreichen. Auch bei den Militärausgaben kann der globale Abstrich von 80 Millionen nicht anders als selektiv auf die in

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Betracht fallenden Rubriken aufgeteilt werden, wobei es hier angesichts des schon vorher stark beschnittenen Budgets darum geht, die unausweichliche Schwächung der Abwehrbereitschaft der Armee möglichst klein zu halten.

Diese Operation ist nicht nur von der Sache her ausserordentlich komplex und schwierig. Sie steht zudem unter Zeitdruck, können doch Bundesrat und Verwaltung ohne ziffernmässige Festlegung der einzelnen Rubriken nicht disponieren. Dies bewirkt - nicht zuletzt im Investitionsbereich - Verzögerungen im Verkehr mit den Kantonen und der Wirtschaft. Es ist deshalb unerlässlich, dass das Parlament dem Bundesrat die nötigen Kompetenzen für eine rasche Umsetzung dieser beiden globalen Abstriche ins Budget erteilt. Dazu gehört auch die Aufgabe, bei den Verpflichtungskrediten durch entsprechende Sperrungen dafür zu sorgen, dass bei neuen Verpflichtungen und Zusicherungen auf die gekürzten Zahlungskredite Rücksicht genommen wird.

Der Bundesrat hat dabei nicht nur für die ziffernmässige Aufteilung der Globalreduktionen auf die einzelnen Zahlungsrubriken und entsprechende Sperrung der Verpfhchtungskredite zu sorgen. Er ist darüber hinaus gehalten, die Einschränkungen gemäss Bundesbeschluss vom 11. Dezember 1974 über das Inkrafttreten des Voranschlages 1975 durch die Vornahme der ihm aufgetragenen Anpassungen am Budget sukzessive abzubauen.

Die eidgenössischen Räte sollen m der Märzsession zusammenfassend über die endgültige Fassung des Voranschlages 1975 orientiert werden.

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Abbau von Bundesbeiträgen

' Die Notwendigkeit eines Beschlusses über den Abbau von Bundesbeiträgen mit besonderen Kompetenzen für den Bundesrat ergibt sich aus folgenden Überlegungen: Das Bundesgesetz vom 4. Oktober 1974 über Massnahmen zur Verbesserung des Bundeshaushaltes ermächtigt in Artikel 2 die Bundesversammlung, für die Dauer der Jahre 1975 bis 1979 gesetzliche Fristen zu erstrecken und Bundesbeiträge für neue Vorhaben und neue Verpflichtungen zu reduzieren, soweit dies zur Einhaltung der bewilligten Kredite erforderlich ist. Nach der Verweigerung neuer Einnahmen genügt diese Befugnis nicht mehr. Die Kürzung kann sich nicht mehr bloss auf neue Vorhaben und neue Verpflichtungen beschränken. Vielmehr muss eine klare Grundlage geschaffen werden, um auch gesetzliche Ansprüche auf Beiträge herabzusetzen und Fälligkeiten zu verschieben. Wo eine Ausfalldeckung des Bundes an Leistungen der Beteiligten geknüpft ist, kann sie nur reduziert werden, wenn diese Leistungen entsprechend erhöht werden können, was Absatz 2 ermöglichen soll. Bei bereits zugesicherten Bundesbeiträgen soll höchstens die Fälligkeit angemessen erstreckt werden. Soweit allerdings mit der Ausführung von Werken, für die eine Subvention zugesichert worden ist, noch nicht begonnen wurde, bleibt der Bund befugt, den Zeitpunkt für die Inangriffnahme festzusetzen.

Das erwähnte Bundesgesetz gibt die Befugnis zur Fristerstreckung und zur Reduktion von Beiträgen der Bundesversammlung. Nachdem nun aber schon im

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Jahre 1975 Beiträge und Darlehen in der Grössenordnung von rund 400 Millionen Franken eingespart werden müssen, ist die Delegation dieser Befugnis an den Bundesrat unausweichlich. Denn es werden eine sehr grosse Zahl von Erlassen betroffen werden, und der Abbau muss sofort wirksam werden können. Der Entwurf sieht daher vor, dass die Bundesversammlung mit dem Voranschlag nach Massgabe der finanziellen Möglichkeiten, aber ohne Bindung an die bestehenden gesetzlichen Verpflichtungen, die Verpflichtungs- und Zahlungskredite festlegt, im übrigen aber dem Bundesrat die Aufgabe überbindet, durch Sistierung von Beiträgen, Herabsetzung von Beitragssätzen und Erstreckung von Zahlungsfristen für die Einhaltung dieses Rahmens zu sorgen.

Wie oben in Abschnitt 321 ausgeführt, bestimmt die Ihnen gleichzeitig unterbreitete Änderung des Bundesbeschlusses vom 5. Dezember 1974 über den Voranschlag 1975, dass die Bundesbeiträge und beitragsähnlichen Leistungen gesamthaft um rund 400 Millionen zu kürzen sind, wobei der Bundesrat darüber zu bestimmen hat, auf welchen Positionen die Kürzungen erfolgen sollen. Der Bundesbeschhiss über den Abbau der Bundesbeiträge gibt dem Bundesrat die erforderlichen Befugnisse, die Kürzungen dort vorzunehmen, wo sie mit den geringsten Nachteilen verbunden sind. Dieses Vorgehen ist aus zeitlichen Gründen für 1975 unumgänglich. In den folgenden Jahren wären die zahlenmässigen Vorgaben für die einzelnen Subventionsarten jeweils vorgängig im Voranschlag durch die Bundesversammlung festzulegen.

323 Militärausgaben

Die durch die Volksabstimmung vom 8. Dezember geschaffene Lage sowie der Verzicht auf Dringlichkeits verfahren für neue Einnahmen bringen es mit sich, dass auch die Aufwendungen für die Landesverteidigung neuerdings in substanziellem Ausmass gekürzt werden müssen, obschon - wie in der Voranschlagsbotschaft 1975 ausgeführt - die Zunahme dieser Ausgaben dank einer ausgebauten Finanzplanung schon früher unter Kontrolle gehalten werden konnte und im Vergleich zu den übrigen Bundesausgaben jedenfalls stark unter dem Durchschnitt liegt. Wir sind uns bewusst, dass die angestrebte Reduktion des Militärbudgets in der Grössenordnung von 80 Millionen nicht ohne ernsthafte und zur Zeit noch nicht in allen Teilen überblickbare Folgen bleiben wird.

Wie oben in Abschnitt 321 ausgeführt, wird der Bundesrat die endgültige Aufteilung der Globalreduktion auf die einzelnen Ausgabenrubriken des Militärdepartementes vornehmen.

Nach einer ersten Beurteilung lassen sich schon heute folgende Konsequenzen absehen :' - Es wird sich als unumgänglich erweisen, im Jahre 1975 auf Kurse des Landsturmes, allenfalls auch auf einzelne Kurse gemischter Formationen Landsturm/ Landwehr, sowie auf gewisse Offizierskurse zu verzichten. Solche Massnahmen mögen in Ausnahmesituationen angängig sein. Sie bedeuten aber eine ernsthafte Beeinträchtigung der Ausbildung und Bereitschaft unserer Milizarmee.

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- Der Investitionsbereich, das heisst die für unsere Verteidigung unerlässliche Modernisierung der Bewaffnung und Ausrüstung sowie die Anpassung der Infrastruktur an die heutigen Erfordernisse, wird stark in Mitleidenschaft gezogen. Ob sich das von uns vorgesehene Investitionsprogramm durchführen lässt, hängt weitgehend von der künftigen Entwicklung ab.

Selbst wenn es gelingen sollte, die im Jahre 1975 und voraussichtlich auch 1976 bestehende Mangelsituation in den folgenden Jahren zu kompensieren, werden die Lücken unserer Abwehrbereitschaft, die vor allem auf dem Gebiet der Panzer, der Panzerabwehr, der Luftverteidigung, derAusbildung und des Schutzes der Truppe durch individuelle Ausrüstung und Schutzbauten bestehen, nicht programmgemäss, sondern, wenn überhaupt, nur mit Verzögerungen geschlossen werden können. Sehr stark betroffen sind sodann die Militärwerkstätten. Der Rückgang der Aufträge wird zu einschneidenden Massnahmen auf dem Personalsektor führen.

- Schwerwiegend ist auch die Tatsache, dass in bezug auf Betrieb und Unterhalt Einschränkungen nötig werden, die auf die Dauer nicht ohne Rückwirkungen auf die Abwehrbereitschaft bleiben, und dass zum Teil auf Kriegsreserven gegriffen werden muss, da ordentliche Beschaffungen in Frage gestellt sind.

Für die weitere Sanierung des Bundeshaushaltes wird davon ausgegangen werden müssen, dass die militärische Landesverteidigung nach wie vor eine der primären und unteilbaren Aufgaben des Bundes bleibt und damit auch die für das strategische Ziel der Kriegsabhaltung erforderliche Glaubwürdigkeit bewahren muss. Die ausserordentliche und durch die Verweigerung neuer Einnahmen für 1975 geschaffene Lage darf deshalb nicht zum Massstab künftiger Budgetentscheidungen gemacht werden. Wir hoffen im Gegenteil, dass der wichtigste Nachholbedarfin absehbarer Zeit wieder aufgeholt werden kann.

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Entlastung des Bundes bei der Alters- und Hinterlassenenversicherung 331 Finanzierungsprobleme

Die Aufwendungen des Bundes für die AHV sind in den letzten Jahren bedeutend schneller gestiegen als seine dafür bestimmten Einnahmen. Der Bund muss somit einen stets grösser werdenden Anteil aus allgemeinen Steuermitteln für die Alters- und Hinterlassenenvorsorge abzweigen. Das führt dazu, dass die Ausgabenentwicklung bei den Sozialwerken auf andere Aufgabengebiete ausstrahlt und dort die bereits bestehenden Finanzierungsprobleme verschärft.

Der Bund finanziert seine Aufwendungen für die AHV und IV vorab aus den Erträgnissen, die ihm aus der fiskalischen Belastung des Tabaks und der gebrannten Wasser zufliessen. Bis in das Jahr 1972 konnte er seine Zuwendungen an die AHV vollständig aus diesen Fiskaleinnahmen finanzieren und darüber hinaus aus den Einnahmenüberschüssen eine Rückstellung von über 1,7 Milliarden Franken äufnen. i

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Seit 1972 reichen aber die zweckgebundenen Einnahmen nicht mehr aus. Der Bund musste zur Finanzierung der laufenden Aufwendungen in zunehmendem Masse auf die Rückstellung greifen. Als Ursachen dieser Entwicklung sind zu nennen: die starke Ausgabensteigerung im Zuge der 8. AHV-Revision sowie die durch den neuen Verfassungsartikel gegebene Möglichkeit, auch die Bundesleistungen an die IV über die Rückstellung zu finanzieren. Ende 1974 war als Folge davon die Rückstellung für die AHV/IV nahezu erschöpft.

Vom Jahre 1975 an müssten demnach in ganz bedeutendem Umfang allgemeine Bundesmittel für die beiden Sozialwerke bereitgestellt werden. Ohne Gegenmassnahmen würde im Jahre 1975 der Rückgriff auf die Bundeskasse über eine Milliarde betragen, 1979 sogar fast zwei Milliarden Franken.

Auch die periodisch vorgenommenen Steuererhöhungen bei Tabak und Alkohol können nicht verhindern, dass sich der Abstand zwischen den zweckgebundenen Einnahmen und den Ausgaben ständig vergrössert. Es hat sich leider gezeigt, dass der Fiskalpolitik vom Markte her relativ enge Grenzen gesetzt sind.

So brachte die Zigarettensteuererhöhung der Jahre 1973 und 1974 von insgesamt 50 Prozent keine nennenswerten Mehrerträge ein. Die höhere Steuerbelastung führte zusammen mit ändern Einflussfaktoren zu einem beträchtlichen Absatzrückgang an versteuerter Ware, sowohl im Inlandverkauf, vor allem aber im Export. Eine ähnliche Entwicklung zeigt sich beim Alkohol.

Somit stellen die Sozialwerke für den Bundesfinan/haushalt eine zunehmend schwerer werdende Belastung dar. Der Anteil der Sozialversicherungen (einschl.

Krankenversicherung) an den Gesamtausgaben des Bundes betrug im Jahre 1973 noch 19,9 Prozent. Bei Weiterführung der geltenden Ordnung würde er auf 22 Prozent im Jahre 1979 ansteigen. Die Beteiligung des Bundes an den Ausgaben der AHV, des grössten Sozialwerkes, bedarf deshalb im Blick auf die Erfüllung anderer Aufgaben des Staates einer Überprüfung.

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Reduktion der Bundesleistung bei der AHV

Der Anteil der öffentlichen Hand an den Ausgaben der AHV ist bis 1977 auf 20 Prozent festgelegt. Im Jahre 1978 würde er nach geltender Ordnung auf 25 Prozent ansteigen. Die öffentlichen Leistungen werden von Bund und Kantonen im Verhältnis 3 : l getragen.

Die Entwicklung von Einnahmen und Ausgaben sowie die schwerwiegenden Finanzierungsprobleme rufen nach Sofortmassnahmen. Wir beantragen demzufolge, den Anteil des Bundes an den Ausgaben der AHV auf dem Dringlichkeitswege auf jährlich 770 Millionen Franken zu begrenzen. Damit wird eine Entlastung von 540 Millionen Franken erzielt.

Über die Entlastung des Bundes für die späteren Jahre ist auf dem ordentlichen Gesetzgebungsweg zusammen mit der Frage der weiteren Entwicklung der AHV/IV und deren Finanzierung zu entscheiden. Eine Vorlage mit Massnahmen für die Jahre 1976 und 1977 wird im Februar 1975 den eidgenössischen Räten zugeleitet werden. Weitere grundsätzliche Neukonzeptionen sollten ohne über-

347

massigen Zeitdruck angegangen werden können. Die Eidgenössische AHV-Kommission ist bereits beauftragt, diesen Fragenkomplex zu prüfen. Sie unterstützt im übrigen die hier beantragten Sofortmassnahmen.

Der Verzicht auf eine Entlastung der Kantone lässt sich in verschiedener Hinsicht begründen : Primai' handelt es sich um die Überbrückung des finanziellen Engpasses im Bundesfinanzhaushalt, während die Kantone durch den Ausbau der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge auf dem angestammten Aufgabengebiet der Fürsorge in nennenswertem Umfang entlastet wurden. Ferner geht es um eine Sofortmassnahme, die einer späteren Neukonzeption der Aufgaben- und Einnahmenteilung zwischen Bund und Kantonen nicht vorgreift und trotzdem in die richtige Richtung zielt.

333

Beiträge der Versicherten und der Arbeitgeber

Die Entlastung des Bundes bewirkt, dass die Beiträge der Versicherten und der Arbeitgeber entsprechend erhöht werden müssen ; denn eine Herabsetzung der Renten scheint uns aus sozialen und wirtschaftlichen Gründen nicht tunlich. Würden die Beiträge nicht erhöht, so ginge die Entlastung auf Kosten des Ausgleichsfonds, was die Kündigung zahlreicher bestehender Darlehen mit schwerwiegenden Folgen nach sich zöge. Dem Bundesrat ist im Rahmen der 8 AHV-Revision die Befugnis erteilt worden, die Beitragssätze frühestens ab 1. Januar 1975 um maximal 0,6 Lohnprozente zu erhöhen.

Bei der IV besteht eine entsprechende Kompetenz von 0,2 Lohnprozenten.

Wir sind der Auffassung, dass angesichts der defizitären Entwicklung bei diesem Versicherungszweig zusammen mit den AHV-Beiträgen auch die IV-Beiträge angepasst werden. Wir beabsichtigen, die uns gegebenen Kompetenzen vom frühestmöglichen Zeitpunkt an, das heisst ab 1. Juli 1975. vollumfanglich auszuschöpfen.

Der für das erste Halbjahr 1975 entstehende Ausfall muss vom Ausgleichsfonds getragen werden. Die einzelnen Beitragssätze werden wie folgt lauten :

AHV Arbeitnehmer und Arbeitgeber zusammen ...

Selbständigerwerbende (mit Erwerbseinkommen von mindestens 20 000 Fr.)

Minimalbeitrag der Selbständigerwerbenden Nichterwerbstätige

Bis 30 Juni 1975 eehende Satze

<\b l Juli 1975 geltende Sat^e

7,8% 6,8%

8,4% 7,3%

78 Fr.

78-7 800 Fr.

84 Fr.

84-8 400 Fr.

W

Erwerbstätige einschliesslich Arbeitgeberbeitrag 0,8% Nichterwerbstätige 8-8 000 Fr.

1,0% 10-10 000 Fr.

348

334

Erwerbsersatzordnung

Den eidgenössischen Räten wird in Kürze eine Botschaft über die Änderung der Erwerbsersatzordnung unterbreitet. Der darin beantragte Ausbau der Leistungen wird eine Erhöhung der Beitragssätze voraussetzen. Diese Erhöhung war ursprünglich auf den Zeitpunkt der Inkraftsetzung der Revision, d. h. den 1. Januar 1976, vorgesehen. Nachdem nun aber bei der AHV und IV die Beitragssätze bereits auf den I.Juli 1975 erhöht werden, sollte nach Auffassung der Eidgenössischen AH V-Kommission nicht zugewartet, sondern auch diese Beitragserhöhung auf den 1. Juli 1975 vorgezogen werden. Ein Gleichziehen mit der AHV und IV drängt sich nicht nur aus technisch-organisatorischen Gründen auf, sondern auch mit Rücksicht auf den bereits heute defizitären Finanzhaushalt der Erwerbsersatzordnung. Sie bewirkt zudem eine Verbesserung der Tresorerielage des Ausgleichsfonds.

Die Beitragserhöhung kann indessen nicht aus einer bereits vorhandenen Kompetenz heraus erfolgen. Wir müssen deshalb vorerst um die Ermächtigung nachsuchen, die Beitragssätze auf dem Dringlichkeitswege um insgesamt 0,2 Lohnprozente heraufzusetzen. Zu diesem Zwecke beantragen wir eine entsprechende Übergangsbestimmung zur EO. Im Zuge der erwähnten Revision wird diese Ermächtigung ins ordentliche Recht überführt werden müssen.

Bis 30 Juni 1975 geltende Sätze

EO Erwerbstätige einschliesslich Arbeitgeberbeitrag Nichterwerbstätige

AHVIIVJEO insgesamt Arbeitnehmer und Arbeitgeber zusammen ...

Selbständigerwerbende (mit Erwerbseinkommen von mindestens 20 000 Fr.)

Minimalbeitrag der Selbständigerwerbenden Nichterwerbstätige

34

A b i Juli 1975 geltende Satze

0,4% 4-400 Fr.

0,6% 6-600 Fr.

9% 8%

10% 8,9%

90 Fr.

90-9000 Fr.

100 Fr.

100-10000 Fr.

Herabsetzung der Anteile der Kantone an Bundeseinnahmen im Jahre 1975 341

Allgemeine Erwägungen

Nach der Lage, wie sie durch die Verweigerung der beantragten Einnahmen geschaffen wurde, ist es leider ausgeschlossen, die nötig werdenden Einschränkun-

349

gen bei den Bundesausgaben vorzunehmen, ohne dass die Kantone davon in erhebhchem Ausmass betroffen wurden, fliessen doch rund 30 Prozent der budgetierten Ausgaben des Bundes m Form von Ubertragungen an offenthche Haushalte So wie sich beim Bund globale und emfache Losungen aufdrangen, schemt es auch im Verhaltnis zu den kantonalen Haushalten geboten, diesen den erforderlichen Handlungsspielraum fur angemessene Losungen zu verschaffen Wir haben uns deshalb entschlossen. im Smne einer auf das Jahr 1975 beschrankten Sofortmassnahme den erforderhchen Abbau der Ausgaben zusatzlich zur Reduktion von Bundesbeitragen durch eine globale Kurzung der Anteile der Kantone an den Bundesemnahmen urn emen Funftel zu beantragen Dies entspncht auf Grund der budgetierten Emnahmen emer Entlastung des Bundeshaushaltes um 218 Millionen, tufft aber die kantonalen Haushalte msgesamt nur mit emem Ausfall von etwa 1 Prozent Die emzige Alternative hatte darm bestanden, die Bundesbeitrage im Durchschmtt nicht nur um 10 sondern um 15 Prozent zu reduzieren, was die Kantone betragsmassig gleich belasten wurde, aber mit dem schwerwiegenden Nachteil behaftet ware, dass sie kemen Einfluss auf die Gewichtung der Aufgabenerfullung aus ihrer Sicht hatten nehmen konnen Da die Kantonsanteile in der Verfassung festgelegt smd, bedarf es zu dieser Massnahme ernes dringlichen, in seiner Geltung auf das Jahr 1975 beschrankten, verfassungsandernden Bundesbeschlusses Artikel 891" Absatze 1 und 3 BV bilden dafur die rechthchen Grundlagen Dieser Beschluss braucht, da er nur em Jahr in Kraft bleiben soil nicht der Abstimmung von Volk und Standen unterstellt zu werden, er konnte aber m dieser Form nicht fur em oder mehrere weitere Jahre verlangert oder erneuert werden Hiezu bedurfte es vielmehr emer ordentlichen Verfassungsanderung

342

Berechnung der Kurzung

Die Kantone smd am Ertrag verschiedener Steuern und Abgaben des Bundes wie folgt durch Anteile odei Bezugsprovisionen beteihgt a Vom Rohertrag der von den Kantonen fur Rechnung des Bundes erhobenen direkten Bundessteuer (Wehisteuei) fallen drei Zehntel den Kantonen zu, davon wird em Sechstel fur den Finanzausgleich unter den Kantonen verwendet (Art 4\l" Abs 5 Bst b BV, Art 8 Abs 3 Bst e Ue-BV, BG vom 19 Jum 1959, Art 8, 9, SR 6131, VO vom 17 Januar 1973, Art 1-3, SR 613 13 BRB vom 21 Dezember 1973, A.S 1974 146) b Vom Remertrag der Stempelabgaben fallt em Funftel den Kantonen zu (Art 41bIS Abs 1 Bst a, a E BV, Stempelgesetz vom 27 Jum 1973, Art 2, AS 1974 11) c Bis zur Neuoidnung des Fmanzausgleichs unter den Kantonen ist seit 1 Januar 1972 die fruhere Provision der Kantone von 6 Prozent durch ernen Anted der Kantone am Remertrag der Verreclmungssteuei von 12 Prozent ersetzt, die Bundesgesetzgebung bestimmt die Art der Verteilung auf die

Bundesblatt 127 Jahrg Bd I

14

350

Kantone (Art. 10 Ue-BV; BG vom 13. Oktober 1965, Art. 2, SR 642.21; VO vom 17. Januar 1973, Art. 4-6, SR613.13).

d. Seit 1. Januar 1961 erhalten die Kantone eine Bezugsprovision von 20 Prozent des Rohertrages des Militärpflichtersatzes (Art. 6 Ue-BV ; Militärpflichtersatzgesetz vom 12. Juni 1959, Art. 45, SR661).

e. Von den Reineinnahmen des Bundes aus der fiskalischen Belastung gebrannter Wasser erhalten die Kantone die Hälfte (Art. 32bls Abs. 9 BV; Alkoholgesetz vom 21. Juni 1932, Art. 44-46, SR 680).

Die Aufteilung dieser Anteile und der Bezugsprovision beim Militärpflichtersatz auf die Kantone erfolgt - nach der Bevölkerungszahl bei den Stempelabgaben und der fiskalischen Belastung gebrannter Wasser ; - je zur Hälfte nach Bevölkerungszahl und einem Finanzausgleichsschlüssel bei der Verrechnungssteuer ; - nach Aufkommen für die Bezugsprovision im Militärpflichtersatz; - zu fünf Sechsteln nach Aufkommen und zu einem Sechstel nach einem Finanzausgleichsschlüssel bei der direkten Bundessteuer.

Die Kantonsanteile und Bezugsprovision an den fünf genannten Abgaben des Bundes betragen:

Rechnung 1972

Rechnung 1973

Voranschlag 1974

Voranschlag l' 1975

m Millionen Flanken

Wehrsteuer (30%) Verrechnungssteuer (12%) Stempelabgaben (20%) Militärpflichtersatz (20%) Total Bundessteuern und Militär pflichtersatz Gebrannte Wasser (50%) Total Kürzung 20 Prozent (Mehrertrag Bund) . .

Verbleibende 80 Prozent

13

461 117 90 14

696 137 86 16

684 139 95 18

. 663

682

oo

125

935 140

936

00

756

807

1075

1088

458 .

109

88

.

152

218 870

D Nach BB vom 5. Dez. 1974

35

Erschwerung von Ausgabenbeschlüssen

Während die Steuervorlage in der Volksabstimmung vom 8. Dezember abgelehnt worden ist, wurde der Bundesbeschluss vom 4. Oktober 1974 über die Er-

351

schwerung von Ausgabenbeschlüssen, die sogenannte Ausgabenbremse, mit deutlichem Stimmenmehr und von allen Ständen gutgeheissem Doch konnte dieser Beschluss wegen der Koppelung mit dem Steuerbeschluss nicht in Kraft treten.

Das Abstimmungsergebnis beinhaltet indessen eine derart eindeutige Aussage und Willenskundgebung des Volkes hinsichtlich der Erschwerung von Ausgabenbeschlüssen der Bundesversammlung, dass diese Massnahme auch in die vorliegende neue Vorlage über Massnahmen zur Verbesserung des Bundeshaushaltes eingebaut werden muss.

Wir schlagen demgemäss einen Zusatz zur Bundesverfassung mit dem unveränderten Wortlaut vor, wie er von der Bundesversammlung am 4. Oktober 1974 beschlossen worden ist. Indessen entfällt eine Koppelung mit anderen Erlassen.

Neu zu regeln sind sodann das Inkrafttreten und die Geltungsdauer. Als dringlicher Erlass gestützt auf Artikel 89bis BV soll diese Massnahme mit der Verabschiedung durch die eidgenössischen Räte in Kraft treten. Als Geltungsdauer schlagen wir in Übereinstimmung mit derjenigen der geltenden Finanzordnuna eine solche bis Ende 1982 vor.

4 Massnahmen zur Erzielung von Mehreinnahmen und zur wirksameren Bekämpfung der Steuerhinterziehung ab 1976 41 Ausgangslage Wie schon einleitend erwähnt wurde, soll die Finanzierungslücke im Jahre 1975 durch massive Kürzungen bei den Ausgaben auf den Betrag von rund einer halben Milliarde vermindert werden, der auf dem Geld- und Kapitalmarkt beschafft werden kann. Diese Massnahmen lassen sich aber'nicht im ganzen Umfange beliebig fortsetzen. Neben gewissen Einschränkungen bei den Ausgaben ist deshalb die Brschliessung zusätzlicher Einnahmen unumgänglich, schon nur, um die fortschreitenden Zollausfälle zu ersetzen, was um so vertretbarer sein sollte, als durch diese Zollsenkungen eine Entlastung der schweizerischen Wirtschaft eingetreten ist. ' In Würdigung des Abstimmungsergebnisses vom 8. Dezember 1974 gelangten wir zur Auffassung, die in der abgelehnten Vorlage enthaltenen Erhöhungen der Warenumsatzsteuer und der direkten Bundessteuer (Wehrsteuer) seien als zu hoch empfunden worden. Deshalb sehen wir von Änderungen bei der Wehrsteuer ab, was um so leichter fällt, als Korrekturen innerhalb der zweijährigen Veranlagungsperiode (1975/76) ohnehin mit aussergewöhnlichen administrativen Schwierigkeiten für die kantonalen Veranlagungsbehörden verbunden wären. Hingegen schlagen wir eine Erhöhung der Warenumsatzsteuer auf 5.6 Prozent für Detailund 8,4 Prozent für Engroslieferungen auf den I.Oktober 1975 vor. damit der Bund bereits ab anfangs 1976 mit zusätzlichen Einnahmen rechnen kann. Ausserdem beantragen wir eine Heraufsetzung der Verrechnungssteuer von 30 auf 35 Prozent ab ,1. Januar 1976, unter gleichzeitiger Reduktion des Anteils der Kantone

352

an dieser Steuer von 12 auf 10 Prozent. Um die mit der Satzerhöhung verbundene defraudationshemmende Wirkung zu verstärken, beantragen wir gleichzeitig Änderungen am Wehrsteuerbeschluss zur wirksameren Bekämpfung der Steuerhinterziehung.

42

Erhöhung der Warenumsatzsteuersätze auf 5,6 und 8,4 Prozent 421

Notwendigkeit

Insbesondere angesichts der eintretenden Verluste an Zöllen, die für 1975, wie erwähnt, auf 1,1 Milliarden Franken geschätzt werden können, erscheint es nach wie vor als unumgänglich, in erster Linie die Warenumsatzsteuer zu erhöhen.

Dies dürfte zudem - neben der ebenfalls vorgeschlagenen Erhöhung der Verrechnungssteuer - die am einfachsten durchzuführende Massnahme zur Deckung einer grossen Finanzierungslücke sein, was angesichts des Personalstops besonders ins Gewicht fallt.

Die Erschliessung neuer Einnahmequellen, wie etwa die Wiedereinführung einer Luxussteuer, Hesse s'ich hingegen ohne Einstellung und Ausbildung einer grössern Zahl zusätzlicher Kontrollbeamter nicht bewältigen, sind doch bereits die heutigen Bestände zur Durchführung der erforderlichen Zahl von Buchprüfungen ungenügend. Eine höhere Besteuerung von landläufig als Luxus bezeichneten Gegenständen wäre nicht allein mit einem beträchtlichen administrativen Aufwand für Wirtschaft und Verwaltung verbunden, sondern auch wenig ergiebig.

Namhafte Erträge wären nämlich nur zu erzielen, wenn die Steuer den Verbrauch oder den Besitz der breiten Masse erfasste, also Gegenstände, die bereits nicht mehr unter den ohnehin schillernden Begriff Luxus fallen. Da die einträglichen Objekte wie Tabak, gebrannte Wasser, Bier und Treibstoffe zu motorischen Zwekken längst hohen und ergiebigen Sonderabgaben unterliegen, sind von daher die Möglichkeiten einer Luxusbesteuerung stark eingeschränkt. Zudem darf nicht übersehen werden, dass viele Gegenstände, die auf Anhieb als Luxus gewertet werden, ebenfalls zu beruflichen, bildenden, hygienischen und kultischen Zwecken Verwendung finden. Luxussteuern treffen schliesslich oft einheimische Qualitätserzeugnisse und konjunkturempfindliche Wirtschaftszweige und können zu Konsumverzicht oder Konsumverlagerungen führen. Diese Gründe haben mit dazu beigetragen, dass die im Jahre 1942 eingeführte Luxussteuer Ende 1958 aufgehoben wurde. Es wäre nicht zu vertreten, diese umstrittene, unergiebige und aufwendige Steuer wieder aufleben zu lassen.

422

Entwicklung des Warenumsatzsteuerertrags

Weil sich das Wirtschaftswachstum ganz allgemein verlangsamt hat, in einzelnen Bereichen stagniert oder gar rückläufig ist, können aus der Warenumsatz-

353

Steuer nicht mehr die noch kürzlich angegebenen Erträge erwartet werden. Die neuesten Wirtschaftsprognosen lassen auf folgende Einnahmen schliessen : Rechnung 1974 "

19"5

1976

1977

3610 985

3740 1020

m Millionen Franken

Geltende Sätze 4,4/6,6 Prozent Mehrertrag bei 5,6/8,4 Prozent

3270 -

3520 -

Immerhin müssen wir feststellen, dass diese Mehreinnahmen nicht ausreichen werden, um die als erforderlich vorgesehene Umstellung -von Zöllen auf interne Verbrauchssteuern vollumfänglich zu bewerkstelligen.

423

Inkrafttreten

Die Warenumsatzsteuer wird vierteljährlich angemeldet und entrichtet, weshalb zusätzliche Einnahmen erst ein Kalender Vierteljahr nach Inkrafttreten einer Steuererhöhung zu fliessen beginnen. Damit ab 1. Januar 1976 mit dem Mehrertrag gerechnet werden kann, muss die Satzerhöhung demnach auf den l. Oktober 1975 in Kraft treten. Dieser Zeitplan gestattet das Verfahren der ordentlichen Verfassungsrevision. Dabei werden die Artikel 41Ier Absatz 3 BV sowie 8 Absatz 2 Buchstabe a UeB-BV geändert werden müssen (vgl. Beilage 8). In die Vorlage wird auch die Herabsetzung des Kantonsanteils an der Verrechnungssteuer (Art. 10 UeB-BV) eingebaut (vgl. Abschn. 435 hienach).

43 , Erhöhung der Verrechnungssteuer auf Kapitalerträgen und Lotteriegewinnen von 30 auf 35 Prozent sowie Herabsetzung des Anteils der Kantone am Reinertrag von 12 auf 10 Prozent 431

Die bisherige Quellensteuerbelastung

Die Verrechnungssteuer auf Kapitalerträgen und Lotteriegewinnen (BG vom 13. Okt. 1965 über die Verrechnungssteuer: SR 642.21) stellt wie die seit dem l. Januar 1967 nicht mehr erhobene Stempelabgabe auf Coupons (Couponabgabe) eine Quellensteuer dar. Die Steuersätze haben sich seit 1945 wie folgt entwickelt: Kapitalerträge Couponabgabe %

1945-1958 ... . . . .

1959-1966 .. .

seit 1967

5 3

Lotterietreffer Verrechnungssteuer %

Total

25 27 30

30 30 30

V errechnungssteuer /o

25 27 30

354

Die Gesamtbelastung, der die Erträge beweglichen Kapitalvermögens in Form von schweizerischen Quellensteuern unterworfen sind, belief sich somit von 1945 bis heute unverändert auf 30 Prozent, während für Lotterietreffer dieser Ansatz erst seit 1967 gilt.

432

Gründe für die vorgeschlagene Satzerhöhung

Die vorgeschlagene Erhöhung der Verrechnungssteuer auf Kapitalerträgen und Lottenegewinnen von 30 auf 35 Prozent bezweckt in erster Linie die Beschaffung dringend benötigter Einnahmen zu einem Zeitpunkt, in dem der Bund in seinen Möglichkeiten zur Erschliessung neuer Finanzquellen stark eingeschränkt ist. Zudem soll dadurch die Bekämpfung der Steuerhinterziehung verstärkt werden.

Mit einem Verrechmmgssteuersatz von 35 Prozent würde die Schweiz im Vergleich zu den übrigen Industriestaaten die höchste Gesamtbelastung mit Quellensteuern auf Kapitalerträgen aufweisen. Die Gesamtbelastung beträgt zum Beispiel gegenwärtig m den Vereinigten Staaten 30 Prozent, in der Bundesrepublik Deutschland 25,75 Prozent, in Frankreich 25 bis 33 Vi Prozent, in Grossbritannien 33 Prozent, in Italien 10 bis 30 Prozent, in Japan 20 Prozent und in Österreich 20 Prozent. Ein Verrechnungssteuersatz von 35 Prozent liegt somit an der oberen Grenze. Indessen dürfte dieser Satz nicht zu einer Abwanderung von Kapital ins Ausland führen, da der Anleger sich in der Regel wohl weniger von der Rendite als von der Sicherheit seiner Anlage und der Stabilität der Währung leiten lässt und durch die massvolle Satzerhöhung nicht von der Anlage in schweizerischen Wertschriften abgeschreckt werden wird. Zudem werden Ausländer in Staaten, mit denen die Schweiz Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen hat, von der Satzerhöhung nicht berührt, weil sie auf Grund dieser Abkommen eine entsprechend höhere Entlastung verlangen können. Steuerehrlichen Inländern wird die Verrechnungssteuer vollumfänglich zurückerstattet ; sie haben somit nach wie vor keinen Anlass, ihr bewegliches Kapitalvermögen wegen der Verrechnungssteuer im Ausland anzulegen.

Wir haben auch geprüft, ob die erforderlichen Mittel nicht durch eine Wiedereinführung der Couponabgabe beschafft werden sollten, wie sie in den Motionen Bussey vom 25. November 1974 (12162) und Aubert vom 10. Dezember 1974 (12219) verlangt wird. Die Couponabgabe würde allerdings schon bei einem Satz von 3 Prozent dem Bund wesentlich mehr einbringen als eine Erhöhung der Verrechnungssteuer auf 35 Prozent. Voraussetzung hiefür wäre aber, dass die Couponabgabe - anders als nach früherem Recht - auch auf die der Verrechnungssteuer unterliegenden Zinsen von Spargeldern ausgedehnt würde. Ohne diese Ausweitung
der Besteuerung auf die Spargelder wäre der Mehrertrag einer Couponabgabe wesentlich geringer und nicht mehr entscheidend höher als bei einer Heraufsetzung der Verrechnungssteuer auf 35 Prozent. Die Couponabgabe hätte zudem schwerwiegende Nachteile: In erster Linie würde sie auch für den stetierehrlichen Inländer eine Mehrbelastung darstellen, und zwar ohne Rücksicht

355 auf seine finanzielle Leistungsfähigkeit. Sodann würden die Inländer gegenüber Ausländern in Staaten, mit denen die Schweiz ein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen hat, benachteiligt, da diesen Ausländern in den meisten Fällen die Couponabgabe zurückzuerstatten wäre. Schliesslich wäre das Nebeneinander von zwei Quellensteuern für alle Beteiligten mit wesentlich grösseren Umtrieben verbunden. Ein fühlbarer zusatzlicher Arbeitsaufwand ergäbe sich vor allem für die Verwaltung. Zur Gewährleistung einer gleichmässigen Besteuerung hätte die Verwaltung nämlich die sogenannten verdeckten Gewinnausschüttungen an inländische Aktionäre (insbesondere übersetzte Saläre, Lizenzen, Liquidationsüberschüsse) näher zu überprüi en. Dies hätte zumindest einen Mehrbedarf von zehn Revisoren zur Folge, zumal die Zahl der zu überprüfenden Gesellschaften seit Aufhebung des alten Couponabgabegesetzes (Ende 1966) von rund 53 000 auf rund 90 000 angestiegen ist. Wir ziehen deshalb einer Wiedereinführung der Couponabgabe die Erhöhung der Verrechnungssteuer eindeutig vor.

Überdies lehnen wir die Erzielung von Mehreinnahmen durch Änderung des Bundesgesetzes vom 27. Juni 1973 über die Stempelabgaben (AS 1974 11) ab, und zwar aus folgenden Gründen : - ,dieses Gesetz ist erst kürzlich von Grund auf revidiert worden und am l. Juli 1974 (für die Abgabe auf Versicherungsprämien am I.Januar 1975,) in Kraft getreten; - die Wiedereinführung der Emissionsabgabe auf inländischen Obligationen und ausländischen Wertpapieren würde die mit der Revision angestrebten Vereinfachungen sowie die Angleichung an ausländische moderne Regelungen rückgängig machen; - eine Erhöhung des Satzes für die Emissionsabgabe auf inländischen Beteiligungsrechten von 2 Prozent ist nicht vertretbar, da dieser sich im internationalen Vergleich an der oberen Grenze bewegt (EWG : l %) ; - eine weitere Erhöhung des bei der Revision zum Ausgleich für aufgehobene Abgaben scharf heraufgesetzten Satzes für die Umsatzabgabe (von 0,3 auf 1%0 für inländische von l auf 2%0 für ausländische Titel) könnte einnahmenvermindernd wirken, weil gewichtige Geschäfte für die ausländische Kundschaft unserer Banken ins Ausland verlegt würden ; - Gesetzesänderungen würden die Abgabepflichtigen zu nochmaligen namhaften administrativen Umstellungen innerhalb eines Jahres zwingen.
433 Steuerertrag Eine Schätzung der dem Bund infolge der Erhöhung des Verrechnungssteuersatzes auf 35 Prozent zufliessenden Mehreinnahmen ist auf Grund der Verrechnungssteuereingänge von ,30 Prozent auf Kapitalerträgen und Lotterietreffern möglich. Da diese Eingänge eine steigende Tendenz aufweisen, rechtfertigt es sich, bei der Schätzung des Mehrertrages von den Eingängen des Jahres 1974 von rund 4 Milliarden Franken auszugehen. Demnach lassen sich die Mehreinnahmen wie folgt schätzen :

356 Zum Satz von 30%

Zum Satz von 35%

Mehreinnahmen bei Satz von 35%

m Millionen Franken

1976 Total Eingänge .

Rohertrag 7977 Total Eingänge Rohertrag .

.

..

4700 1270 5000 1370

5280 1620 5840 1590

350 220

Der zusätzliche Mehrertrag im Jahre 1976 von rund 130 Millionen Franken erklärt sich daraus, dass in diesem Jahr der grösste Teil der Eingänge zu 35 Prozent fliessen wird, während die Rückerstattungen zur Hauptsache (für Ertragsfalligkeiten der Vorjahre) noch zu 30 Prozent erfolgen werden.

434

Inkrafttreten

Eine Erhöhung des Verrechnungssteuersatzes kann mit Rücksicht auf das Rückerstattungsverfahren für Kapitalerträge praktisch nur auf den Anfang eines Kalenderjahres in Kraft gesetzt werden. Andernfalls müsste im Jahre der Gesetzesänderung je nach der Fälligkeit des steuerbaren Ertrages mit zwei Steuersätzen gearbeitet werden. Dies würde die meisten Antragsteller im Rückerstattungsverfahren überfordern und eine grosse Fehlerquelle öffnen, umsomehr als die Bescheinigungen der Ertragsschuldner über den Verrechnungssteuerabzug häufig lückenhaft sind. Überdies wäre das Verfahren für die Rückerstattungsdienste der Steuerbehörden mit einer erheblichen Mehrarbeit verbunden. Aus diesem Grund schlagen wir vor, den vorliegenden Erlass auf den I.Januar 1976 in Kraft zu setzen (vgl. Beilage 9).

435

Herabsetzung des Anteils der Kantone am Reinertrag von 12 auf 10 Prozent

Seit dem 1. Januar 1972 beträgt der Anteil der Kantone am Reinertrag der Verrechnungssteuer 12 Prozent (Art. 10 UeB-BV; Art. 2 Verrechnungssteuergesetz). Mit dem Entwurf für einen Bundesbeschluss betreffend Erhöhung der Steuereinnahmen ab 1976 beantragen wir auch eine Änderung der geltenden Übergangsbestimmungen zur Bundesverfassung, mit der der Anteil der Kantone ab 1. Januar 1976 von 12 auf 10 Prozent gesenkt werden soll (vgl. Beilage 8). Sie bezweckt im Ergebnis, die aus der Erhöhung des Verrechnungssteuersatzes resultierenden Mehreinnahmen voll dem Bund zukommen zu lassen. Nach diesem Vorschlag erhalten die Kantone annähernd den gleichen Betrag, wie er ihnen bei unveränderter Fortführung der bisherigen Ordnung zustünde ; denn ein Anteil von 12 Prozent an einer Verrechnungssteuer von 30 Prozent macht ungefähr gleich viel aus wie ein Anteil von 10 Prozent an einer Steuer von 35 Prozent.

357

44 Massnahmen zur wirksameren Bekämpfung der Steuerhinterziehung 441 Ausgangslage, Zielsetzung Durch die Steuerhinterziehung werden der öffentlichen Hand, und somit auch dem Bund, laufend Mittel entzogen. Ihre Bekämpfung gehört somit zu den Massnahmen, die, wenigstens auf längere Sicht gesehen, der Verbesserung des Finanzhaushaltes dienen. Auch die vorgesehene Erhöhung der Verrechnungssteuer wird der Steuerhinterziehung entgegenwirken, indem sie diese, im Sektor des Wertschriftenertrages, noch «unrentabler» macht. Es ist jedoch angezeigt, den Kampf gegen die Steuerhinterziehung auf breiterer Front aufzunehmen. Dies ist sowohl \on Seiten des Parlamentes wie auch in der Öffentlichkeit verschiedentlich gefordert worden (Motion Eggenberger, vom 25. Mai 1960, Kleine Anfrage Muret, vom l I.März 1970. Kleine Anfrage Eggenberger. vom 27. November 1973, Kleine Anfrage Schalcher, von 21. März 1974, Postulat Muret, vom 9. Dezember 1974 und Motion Schmid-St. Gallen, vom 9. Dezember 1974). Gestützt auf die erwähnte Motion Eggenberger von 1960 hat der Bundesrat der Bundesversammlung am 25. Mai 1962 einen ausführlichen Bericht erstattet (BB1 1962 l 1057), in dem er seme Feststellungen über Wesen und Ausmass der Steuerhinterziehung in der Schweiz bekanntgab und zu deren Bekämpfung bestimmte Vorschläge machte. Diese Vorschläge haben sich in der Folge in der Steuergesetzgebung und ,in administrativen Massnahmen nur zu einem kleinen Teil niedergeschlagen; zu erwähnen ist insbesondere die von den eidgenössischen Räten beschlossene allgemeine Steueramnestie 1969, die u. a. den Zweck verfolgte, den Steuerpflichtigen die Rückkehr zur Steuerehrlichkeit zu ermöglichen. Im Zusammenhang mit der Vorlage über die Steueramnestie hatte der Bundesrat den eidgenössischen Räten eine Verbesserung der Vorschriften des Wehrsteuerbeschlusses hinsichtlich der Untersuchungskompetenzen der Steuerbehörden im Veranlagungsverfahren vorgeschlagen ; diesem Vorschlag wurde indessen keine Folge gegeben. Dagegen wurde in diesem Zusammenhang verschiedentlich die Erwartung ausgesprochen, dass verschärfte Massnahmen gegen die Steuerhinterziehung nach Durchführung der Steueramnestie angeordnet würden.

442

Verschärfte Steuerkontrollen

Die heutigen Vorschriften des Wehrsteuerrechts über die Auskunftspflicht des Steuerpflichtigen und über die Auskunftspflicht dritter Personen im Veranlagungsverfahren erlauben oftmals keine ausreichende Abklärung des für die Erhebung der gesetzlich geschuldeten Steuern massgeblichen Tatbestandes. Wenn mit dem Kampf gegen die Steuerhinterziehung wirklich Ernst gemacht werden soll, müssen diese Vorschriften erweitert werden. Der Steuerpflichtige muss dazu verhalten werden können, über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse, und namentlich auch über seine Ansprüche und Verpflichtungen gegenüber Dritten, erschöpfend Auskunft zu geben. Damit diese Auskunftspflicht wirksam wird, muss aber auch der Dritte zur Auskunft und allenfalls zur Einreichung von

358

Bescheinigungen über seine Geschäftsbeziehungen zum Steuerpflichtigen verhalten werden können. Die wichtigste Grundlage für die Steuereinschätzung bei Selbständigerwerbenden bilden die Geschäftsbücher, oder, beim Fehlen von solchen, die Belege. Nicht alle Selbständigerwerbenden sind indessen nach Obligationenrecht zur Buchführung verpflichtet und selbst dort, wo diese Verpflichtung besteht, wird sie nicht selten missachtet, weil ihre Einhaltung nicht überwacht und deren Verletzung demzufolge kaum je geahndet wird. Das Einkommen Unselbständigerwerbender wird durch die Lohnausweispflicht schon seit langem sehr wirksam erfasst. Es entspricht dem Gebot der Rechtsgleichheit, bei Selbständigerwerbenden eine vergleichbare Kontrollmöglichkeit einzuführen, indem sie einer steuerlichen Buchführungspflicht unterworfen werden, deren Einhaltung notfalls durch Sanktionen erzwungen werden kann.

Die wirksame Kontrolle der Steuerpflichtigen, namentlich grösserer Unternehmungen mit komplizierter wirtschaftlicher Struktur, stösst beim heutigen Mangel an qualifiziertem Revisionspersonal bei den Steuerverwaltungen auf enorme Schwierigkeiten. Die Bildung und die Einsetzung fachtechnisch hochqualifizierter Einsatzgruppen, deren Aufgabe es wäre, stichprobenweise - insbesondere beim Verdacht ungenügender Versteuerung - bei einzelnen Steuerpflichtigen eingehende Revisionen vorzunehmen, ist ein weiteres, vor allem im Sinne der Generalprävention wirksames Mittel. Diese Gruppen sind vom Bunde zu stellen; ihr Einsatz muss in enger Zusammenarbeit und im Einvernehmen mit entsprechenden Organen der Kantone erfolgen. Der Bundesrat wird dafür sorgen - selbst im Rahmen der allgemeinen Personalbeschränkung -, dass diese Kontrollgruppen rasch verstärkt werden.

443

Strengere Strafsanktionen

Schwere Steuerdelikte, insbesondere der oftmals mit gefälschten Unterlagen begangene Steuerbetrug, sind moralisch sicher ebenso verwerflich wie der gemeinrechtliche Betrug und die zum Nachteil Privater begangene Fälschung. Es ist deshalb nicht einzusehen, weshalb gerade diese gravierenden Verfehlungen zum Nachteil der Allgemeinheit milder, nach heutigem Wehrsteuerrecht höchstens mit Busse, bestraft werden. Es liegt daher sicher im Sinne einer ernsthaften generalpräventiven Bekämpfung des Steuerdeliktes, wenn skrupellose Steuerhinterzieher mit einer Freiheitsstrafe im Falle der Entdeckung rechnen müssen.

Es kann selbstverständlich nicht die Rede davon sein, derartig gravierende Sanktionen durch Organe der Verwaltung verhängen zu lassen. Vielmehr muss die eigentliche strafrechtliche Beurteilung solcher Fälle dem ordentlichen Strafrichter überlassen werden, wie dies übrigens auch in den 13 Kantonen rechtens ist, deren Steuergesetze für schwere Steuerdelikte Freiheitsstrafen androhen. Es ist einleuchtend, dass die Aussicht, sich für ein Steuervergehen vor dem Strafrichter verantworten zu müssen, das Gewicht der strengen Strafandrohung noch verstärkt.

359 444

Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen

(vgl. Beilage 10) 444.1 Änderung des Wehrsteuerbeschlusses (WStB) Artikel 89 Absatz 2 WStB Die entsprechende Bestimmung des heute geltenden Wehrsteuerbeschlusses verhält den Steuerpflichtigen, der Veranlagungsbehörde die in seinem Besitze befindlichen Bücher. Urkunden und sonstigen Belege, einschliesslich von Bescheinigungen und Aufstellungen, die er zu beschaffen oder zu erstellen hat, vorzulegen bzw. einzureichen. Zudem hat der Steuerpflichtige auf Verlangen ehi Schuldenverzeichnis unter Angabe der Gläubiger einzureichen und die |Verzinsung der Schulden nachzuweisen. Die Erfahrung zeigt, dass diese Vorschrift nicht ausreicht, um die steuerlich massgeblichen Verhältnisse des Wehrsteuerpflichtigen im Zweifelsfalle mit der gebotenen Gründlichkeit abzuklären, namentlich dann nicht, wenn der Steuerpflichtige keine oder nur mangelhafte Bücher führt und über die von ihm abgewickelten Geschäfte keine Urkunden oder Belege besitzt oder vorgibt, keine Belege dieser Art zu besitzen. Er muss in diesen Fällen verhalten werden können, die Namen seiner Kontrahenten bekanntzugeben und über die getätigten Geschäfte Auskunft zu erteilen. Damit sollen die Steuerbehörden auch in die Lage versetzt werden können, die Angaben des Steuerpflichtigen durch entsprechende Kontrollen bei der Veranlagung des Dritten zu überprüfen. Diese Auskunftspflicht des Wehrsteuerpflichtigen soll wie bisher nur im Veranlagungsverfahren in Anspruch genommen werden können ; sie soll auch nach der vorgesehenen neuen Bestimmung auf Tatsachen beschränkt bleiben, die für die Veranlagung des Auskunftspflichtigen von Bedeutung sein können.

Um keinen Zweifel darüber entstehen zu lassen, dass am bisher stets beachteten Grundsatz, wonach eine gesetzlich gebotene Geheimhaltepflicht der steuerrechtlichen Pflicht zur Auskunftserteilung vorgeht, nichts geändert werden soll, ist die vorgesehene Erweiterung der Auskunftspflicht durch eine ausdrückliche Gewährleistung des gesetzlich geschützten Berufsgeheimnisses zu ergänzen.

Artikel 89 Absatz 3 WStB Alle Wehrsteuerpflichtigen, die eine selbständige Erwerbstätigkeit ausüben und aus dieser Tätigkeit jährlich Roheinnahmen im Betrage von mindestens 100 000 Franken erzielen, werden verpflichtet, über die Einnahmen und Ausgaben, das Vermögen und die Schulden ihres Betriebes ordnungsgemäss Buch zu führen. Damit wird eine selbständige steuerrechtliche Pflicht statuiert, die neben die im Obligationenrecht verankerte kaufmännische Buchführungspflicht tritt und deren Einhaltung nötigenfalls durch steuerrechtliche Strafsanktionen (Art. 131 Abs. l WStB) erzwungen werden kann.

Im übrigen sollen alle selbständig erwerbenden Wehrsteuerpflichtigen ohne Rücksicht auf den Umfang ihrer Geschäftstätigkeit verpflichtet werden, Urkun-

360

den und sonstige Belege sowie Aufzeichnungen, die mit ihrer Erwerbstätigkeit in Zusammenhang stehen, während fünf Jahren aufzubewahren.

Artikel 90 Absätze 5 und 6 WStB Artikel 90, Absatz 2 bis 8 des geltenden Wehrsteuerbeschlusses sieht für zahlreiche Fälle vor, dass Dritte in einem Veranlagungsverfahren dem Steuerpflichtigen gewisse Bescheinigungen auszustellen oder - ausnahmsweise im Falle des Arbeitgebers - den Steuerbehörden sogar direkt Auskunft zu erteilen haben.

Der Kreis der verpflichteten Personen hat sich in der Praxis als zu eng erwiesen ; er ist zu erweitern. Wer immer mit dem Steuerpflichtigen in einem Vertragsverhältnis steht oder - im steuerlich massgeblichen Zeitraum - gestanden ist oder Vermögen des Steuerpflichtigen in Besitz oder Verwaltung hat oder gehabt hat, muss diesem auf dessen Verlangen über steuerlich massgebende Tatsachen eine Bescheinigung ausstellen.

Der bescheinigungspflichtige Dritte wird im Regelfalle nicht von der Steuerbehörde direkt in Anspruch genommen werden müssen; er hat die Bescheinigung dem Steuerpflichtigen auszustellen. In bestimmten Fällen muss der Dritte dagegen zur direkten Auskunfterteilung an die Behörde verhalten werden können, dann nämlich, wenn die Ausstellung der Bescheinigung verweigert wird oder wenn deren Inhalt unklar, unrichtig oder unvollständig ist. Diese direkte Auskunftspflicht Dritter hat lediglich subsidiären Charakter. Sie tangiert nicht das gesetzliche Berufsgeheimnis, da sie sich nur auf Tatsachen bezieht, deren Bescheinigung der Dritte nicht unter Berufung auf das Berufsgeheimnis verweigern kann.

Art. 130b" WStB (neu) Artikel 130bls umschreibt den Steuer- und Inventarbetrug. Er tritt an Stelle des aufzuhebenden Artikels 129 Absatz 2. Der Steuerbetrug (Abs. 1) umfasst die Verwendung gefälschter, verfälschter oder inhaltlich unwahrer Urkunden wie Geschäftsbücher, Bilanzen, Erfolgsrechnungen oder Lohnausweise und andere Bescheinigungen Dritter zur Täuschung der Steuerbehörden. Inventarbetrug (Abs. 2) begeht, wer als Erbe, Erbenvertreter oder Dritter Nachlasswerte, zu deren Bekanntgabe er im Inventarverfahren verpflichtet ist, verheimlicht oder beiseite schafft, in der Absicht, sie der Inventaraufnahme zu entziehen. Anstatt der bisherigen Begrenzung der Strafe bei Steuerhinterziehung auf den sechsfachen Betrag der entzogenen Wehrsteuer
(Art. 129 Abs. 2 WStB), lautet die Strafe auf Gefängnis oder Busse bis zu 30 000 Franken.

Art. 133b's WStB (neu) Nach Artikel 133bls wird die Strafverfolgung durch Anzeige der kantonalen Wehrsteuerbehörde eingeleitet. Werden Steuer- und Inventarbetrug bereits nach kantonalem Steuerstrafrecht als Vergehen geahndet, so erfolgt die Anzeige an die für die Verfolgung des kantonalen Steuervergehens zuständige Behörde (Abs. l

361 Est. a). Die Freiheitsstrafe für das Vergehen gegen die Wehrsteuer stellt in diesen Kantonen eine Zusatzstrafe dar und ist an die Verurteilung für das kantonale Vergehen gebunden. Gegen das letztinstanzliche Urteil über die Zusatzstrafe kann Nichtigkeitsbeschwerde an den Kassationshof des Bundesgerichts erhoben werden (Art. 268 BStP).

Behandelt das kantonale Steuerrecht den Steuer- und Inventarbetrug dagegen nicht als Vergehen, dann erfolgt die Anzeige der kantonalen Wehrsteuerbehörde an die für die Verfolgung der übrigen Wehr Steuer ver gehen zuständige eidgenössische Behörde (Abs. l Bst. V). Das Verfahren richtet sich in diesem Falle nach dem BG über das Verwaltungsstrafrecht.

Die Eidgenössische Steuer Verwaltung kann die Strafverfolgung nach Absatz l verlangen; wird ihrem Begehren von seilen der kantonalen Behörden nicht entsprochen, so führt sie die Untersuchung selbst nach Massgabe der Bestimmungen des BG über das Verwaltungsstrafrecht.

Artikel 133bIS Absatz 3 erklärt schhesslich die allgemeinen Bestimmungen des Schweizerischen Strafgesetzbuches als anwendbar. Die Regeln über die Strafzumessung beim Zusammentreffen mehrerer Straftatbestände sollen jedoch nur auf die Bemessung von Freiheitsstrafen angewendet werden; für Fiskalbussen treffen sie nicht zu.

444.2 Besondere Untersuchungsorgane Die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt hat in den vergangenen Jahrzehnten zu einer ständig zunehmenden Knappheit an qualifiziertem Personal sowohl bei den eidgenössischen wie bei den kantonalen Steuerverwaltungen geführt. Im gleichen Zeitraum hat sich die Zahl der zu kontrollierenden Steuerpflichtigen stark vermehrt: dazu kommt in vielen Sektoren eine Erschwerung der Kontrollarbeit durch andere Umstände, wie z. B. die wachsende internationale Verflechtung der Unternehmungen, Zunahme der textlosen Buchhaltungen usw. Regelmässige Kontrollen, insbesondere Bücherrevisionen, müssen bei den einzelnen Unternehmen in immer grösseren Zeitabständen vorgenommen werden. Diese Lage wird von einzelnen Steuerpflichtigen bewusst ausgenützt.

Selbst wenn im Einzelfall der dringende Verdacht einer steuerlichen Unregelmässigkeit vorliegt, muss auf eine sich aufdrängende eingehende Kontrolle oftmals aus blossem Zeit- und Personalmangel verzichtet werden.

In dieser Lage drängt sich die Bildung besonderer Untersuchungsorgane
durch den Bund auf, deren Aufgabe es sein wird, in Fällen von grösserer Tragweite - namentlich bei dringendem Verdacht schwerer Hinterziehungs- oder Betrugshandlungen - die sich aufdrängenden Untersuchungsmassnahmen zu treffen.

Über den Einsatz dieser Organe hätten sich die eidgenössischen und kantonalen Behörden zu verständigen; er könnte somit auch vom Kanton angefordert werden.

Die Untersuchung seitens dieser besonderen Untersuchungsorgane wird sich nach den einschlägigen Vorschriften (Art. 37-50) des Bundesgesetzes über das

362

Verwaltungsstrafrecht zu richten haben ; damit sind einerseits die Untersuchungskompetenzen der Behörde und anderseits die Rechte des betroffenen Steuerpflichtigen klar abgegrenzt.

Die Bildung und das Verfahren für den Einsatz dieser besonderen Untersuchungsorgane bedürfen näherer Umschreibung, die der Verordnung durch den Bundesrat vorzubehalten ist.

444.3 Referendum und Inkrafttreten Das Bundesgesetz ist dem fakultativen Referendum zu unterstellen; dessen Inkrafttreten muss durch den Bundesrat angeordnet werden nach vorgängiger Abklärung der für die Anwendung der einzelnen Bestimmungen zu schaffenden rechtlichen und organisatorischen Voraussetzungen.

5 51

Finanzielle Auswirkungen

Auswirkungen auf den Voranschlag 1975

Über die mutmasslichen finanziellen Auswirkungen der beantragten Massnahmen im Jahre 1975 orientiert die nachfolgende Übersicht : 1975 Millionen Franken (runde Betrage)

- Finanzierungslücke (vgl. Abschn. 2) - Ausgabenreduktionen - Subventionsbereich - Militärausgaben - Kantonsanteile an Bundeseinnahmen - Bundesanteil AHV - Mehrertragfiskalische Belastung gebrannter Wasser^ durch Anleihen zu finanzieren rund 52

1800 400 D 80 218 540

1238 562 10 552 550

Ausblick aufkommende Jahre

In Abschnitt 2 haben wir dargelegt, dass es insbesondere wegen der bestehenden Unsicherheiten auf dem Einnahmensektor gegenwärtig nicht möglich sei, eine auf zuverlässigen Annahmen beruhende Finanzplanung über das Jahr 1976 hinaus voranzutreiben. .

!' Inkl. vom Bundesrat angeordnete Massnahmen.

> Anteil, der dem Bund im Jahre 1975 voraussichtlich zufällt.

2

363

Unter diesem generellen Vorbehalt lassen sich über die finanziellen Auswirkungen dieser Vorlage folgende Angaben für die Jahre 1976 und 1977'machen, wobei in diesen Zahlen die zusätzlichen Einnahmen aus den Zollerhöhungen beim Benzin und Heizöl mitberücksichtigt sind : ITO 1977 Millionen Franken

- Defizit gemäss blauem Perspektivenbericht vom 20. November 1974 (einschl. der am 8. Dezember 1974 abgelehnten Mehreinnahmen und unter Berücksichtigung gemeldeter neuer Vorhaben) - Defizit aus heutiger Sicht (nach Ablehnung der Mehreinnahmen und seitherigen Korrekturen der Einnahmen Schätzung) - abzüglich Verbesserungen aus den mit dieser Vorlage beantragten neuen Einnahmen - Warenumsatzsteuer - Verrechnungssteuer Total Mehreinnahmen Verbliebe ein Defizit von abzüglich total

600

1000

3300

4100

985 350 1335 3300 1335 1965

1020 220 1240 4100 1240 2860

Zur Reduktion dieses Defizits ist die Fortführung von Massnahmen auf der Ausgabenseite unumgänglich. Dafür fallen in Betracht: - Weiterführung der Plafomerung der Bundesleistung an die AHV oder ähnliche Lösung, - Fortsetzung der Anstrengungen für einen Abbau der Bundesbeiträge unter Ausnützung der Kompetenzen im entsprechenden Bundesbeschluss sowie im Bundesgesetz vom 4. Oktober 1974 über Massnahmen zur Verbesserung des Bundeshaushaltes.

- Reduktion der mit der Budgetbotschaft 1975 unterbreiteten, aber noch nicht verabschiedeten mehrjährigen Zahlungsrahmen auf dem Investitionssektor.

Wenn man annimmt, dass 1976 die Entlastung bei der AHV rund 700 Millionen und der Subventionsabbau eine Grössenordnung von 500 Millionen erreichen könnte, käme das Defizit in diesem Jahr noch auf eine Grössenordnung von rund 800 Millionen zu stehen.

Für 1977 ist diese Überlegung ihrer teilweise sehr unsicheren Elemente wegen zu wenig aussagefähig.

Immerhin unterstreichen die Grössenordnungen der mutmasslichen Defizite die Feststellung, dass

364

- die mit dieser Vorlage beantragten und für 1976 und 1977 vorgesehenen Kompetenzen auf dem Gebiet der Finanzierung der AHV sowie für den Abbau der Bundesbeiträge unerlässliche Instrumente für eine Eindämmung der Ausgaben darstellen ; - die Realisierung neuer Vorhaben nicht gesichert ist und deshalb die Selektion nach Dringlichkeiten bzw. der Abbau überholter Lasten zugunsten prioritärer neuer Aufgaben verschärft werden muss.

6

Verfassungsmässigkeit

Der Bundesbeschluss über Massnahmen zur Erhöhung der Steuereinnahmen bezweckt eine Partialrevision von Artikel 41ter Absatz 3 der Bundesverfassung sowie der Artikel 8 und 10 der Übergangsbestimmungen zur Bundesverfassung.

Artikel 41ter Absatz 3 der Bundesverfassung und Artikel 8 Absatz 2 Buchstabe a der Übergangsbestimmungen regeln die Warenumsatzsteuer, während Artikel 10 der Übergangsbestimmungen den Kantonsanteil am Reinertrag der Verrechnungssteuer auf 10 Prozent festsetzt.

Die Bundesbeschlüsse über die Herabsetzung der Anteile der Kantone an Bundeseinnahmen im Jahre 1975 sowie über die Erschwerung von Ausgabenbeschlüssen müssen beide sofort in Kraft gesetzt werden, sollen sie noch im Jahre 1975 wirksam sein. Da sie sich nicht auf die Verfassung stützen können, ist für das Verfahren Artikel 89bis Absatz l und 3 der Bundesverfassung massgebend. Danach müssen die sofort in Kraft gesetzten Bundesbeschlüsse, welche sich nicht auf die Verfassung stützen, innert Jahresfrist nach ihrer Annahme durch die Bundesversammlung von Volk und Ständen genehmigt werden ; andernfalls treten sie nach Ablauf dieses Jahres ausser Kraft und können nicht erneuert werden. Da der Bundesbeschluss über die Herabsetzung der Anteile der Kantone an Bundeseinnahmen nur für das Jahr 1975 gelten soll, unterliegt er - im Gegensatz zum Bundesbeschluss über die Erschwerung von Ausgabenbeschlüssen - der Volksabstimmung nicht.

Die Bundesgesetze über die Verrechnungssteuer und über Massnahmen bei der direkten Bundessteuer zur wirksameren Bekämpfung der Steuerhinterziehung stützen sich auf Artikel 41Ms Absatz l Buchstabe b, bzw. Artikel 41ter Absätze l, 5 und 6 der Bundesverfassung und Artikel 8 Absatz l der Übergangsbestimmungen der Bundesverfassung. Danach ist der Bund zur Erhebung einer Verrechnungssteuer und zur Erhebung einer direkten Bundessteuer befugt. Für die Verrechnungssteuer enthält die Verfassung keine Höchstsätze; die vorgeschlagene Erhöhung ist somit zulässig. Bei der direkten Bundessteuer ist in der Kompetenz zu ihrer Erhebung auch die Befugnis zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung enthalten.

Allgemein verbindlicher Natur sind die Bundesbeschlüsse über den Abbau der Bundesbeiträge, die Festsetzung des Beitrages des Bundes an die Kosten der AHV

365

und über die Finanzierung der Erwerbsersatzordnung. Alle müssen sofort in Kraft gesetzt werden, so dass für das Verfahren Artikel 89bls Absätze l und 2 der Bundesverfassung Regel macht, d. h. sie unterliegen nachträglich dem fakultativen Referendum. Denn inhaltlich stützen sie sich auf die Verfassung. Es handelt sich in allen Fällen um die temporäre Abänderung oder Ausserkraftsetzung von Bundesgesetzen, ohne dass der Verfassungsrahmen (Art. 42bls, 34quater und 22bls BV) überschritten würde. Auch die vorgesehenen temporären und sachlich beschränkten Kompetenzdelegationen an den Bundesrat halten sich im verfassungsrechtlich zugelassenen Rahmen.

Der Bundesbeschluss über die Ausrichtung von Teuerungszulagen ist ebenfalls allgemein verbindlicher Natur, doch untersteht er nicht dem Referendum, weil der Bundesbeschluss vom 28. Juni 1972 über die Zuständigkeit zur Regelung der Teuerungszulagen des Bundespersonals für die Jahre 1973-1976 die Bundesversammlung ermächtigt hat, angemessene Teuerungszulagen unter Ausschluss des Referendums festzusetzen. Der Entwurf hält sich in diesem Rahmen und verletzt auch keine verfassungsmässigen Rechte.

Beim Bundesbeschluss über den Voranschlag für das Jahr 1975 handelt es sich um einen einfachen, dem Referendum nicht unterliegenden Bundesbeschluss, der sich verfassungsrechtlich auf die Budgetkompetenz der Bundesversammlung stützt.

7 Schlussbemerkungen Der Bundesrat ist sich bewusst, dass die im Bereiche der Ausgaben vorgeschlagenen Massnahmen kein in sich geschlossenes, auf einer klaren Dringlichkeitsordnung aufgebautes Programm bilden und dass sie zum Teil recht grobe und tiefgreifende Eingriffe darstellen. Es ist in der gegenwärtigen Lage keine Lösung denkbar, die jedermann zu befriedigen vermöchte und mit keinen Nachteilen und Schwierigkeiten verbunden wäre.

Zurzeit geht es in erster Dringlichkeit darum, rasch und zielbewusst wirksame Schritte in Richtung einer Gesundung des Bundeshaushaltes zu unternehmen. Dabei muss zweifellos das allzu starke Ausgabenwachstum der letzten Jahre auf ein tragbares Tempo abgebremst werden, womit bereits im abgelaufenen Jahr begonnen worden ist. Indessen ist der Bund doch auch in die Lage zu versetzen, dringende Aufgaben zu erfüllen. Eine dauerhafte Besserung der Verhältnisse ist deshalb ohne Beschaffung zusätzlicher Einnahmen nicht möglich, eine Entwicklung, die wir bereits vor Jahren angesichts der Notwendigkeit, die handelshemmenden Zölle durch eine wettbewerbsneutrale Besteuerung des Warenumsatzes zu ersetzen, als unausweichlich bezeichnet haben.

Ebenso wichtig ist schliesslich, dass für eine längerfristige Gesundung der Verhältnisse auch die Ansprüche, denen der Bund in den vergangenen Jahren in zunehmendem Masse von allen Seiten ausgesetzt war, erheblich zurückgeschraubt werden.

Bundesblatt 127 Jahrg Bd I

366

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

Bern, den 8. Januar 1975 Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident : Graber

Der Bundeskanzler : Huber 4003

367

(Entwurf)

Beilage l

Bundesbeschluss über die Ausrichtung von Teuerungszulagen an das Bundespersonal in den Jahren 1969-1972 Änderung vom

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 8. Januar 1975 J>, beschliesst: I

Der Bundesbeschluss vom 10. Oktober 19692) über die Ausrichtung von Teuerungszulagen an das Bundespersonal in den Jahren 1969-1972 wird wie folgt geändert : Titel Bundesbeschluss über die Ausrichtung von Teuerungszulagen an das Bundespersonal Ingress gestützt auf das Bundesgesetz vom 15. März 19683) über die Zuständigkeit zur Regelung der Teuerungszulagen des Bundespersonals für die Jahre 1969-1972 und auf den Bundesbeschluss vom 28. Juni 19724> über die Zuständigkeit zur Regelung der Teuerungszulagen des Bundespersonals für die Jahre 1973-1976,

D 2) 3) ·D

BB1 1975 I 334 SR 172.221.153.1 AS 1968 921 SR 172.221.153.0

368

nach Einsicht in die Botschaften des Bundesrates vom 28. Februar 19691*, 7. August 19742) und 8. Januar 19753>,

Art. 3" (neu) Einmalige Teuerungszulagen für 1975 und 1976 Der Bundesrat ist ermächtigt, die einmalige Zulage für 1975 und 1976 auf einen festen Betrag zu begrenzen oder nach den massgebenden Bezügen abnehmend zu stufen. Er kann zudem bei der einmaligen Zulage von der Mindestgarantie abgehen.

Art. 6 Abs. l Schlussbestimmungen 1

Gemäss Bundesgesetz vom 15. März 1968* über die Zuständigkeit zur Regelung der Teuerungszulagen des Bundespersonals für die Jahre 1969-1972 und Bundesbeschluss vom 28. Juni 19725> über die Zuständigkeit zur Regelung der Teuerungszulagen des Bundespersonals für die Jahre 1973-1976 untersteht dieser Beschluss nicht dem Referendum.

II 1

Dieser Beschluss ist allgemeinverbindlich. Er untersteht jedoch auf Grund von Artikel I des Bundesbeschlusses vom 28. Juni 19725> über die Zuständigkeit zur Regelung der Teuerungszulagen des Bundespersonals für die Jahre 1973-1976 nicht dem Referendum.

2

Er tritt rückwirkend auf den l. Januar 1975 in Kraft.

4003

D 2) 3) 4) 5)

BB11969 I 357 BB11974II 308 BB119751 334 AS 1968 921 SR 172.221.153.0

369

(Entwurf)

Beilage 2

Bundesbeschluss über den Vollzug des Voranschlages der Schweizerischen Eidgenossenschaft für das Jahr 1975 und die Bewilligung von Verpflichtungskrediten

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 85 Ziffer 10 der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 8. Januar 1975l>, beschliesst:

Art. l Der Bundesbeschluss vom S.Dezember 19742> über den Voranschlag der Schweizerischen Eidgenossenschaft für das Jahr 1975 und die Bewilligung von Verpflichtungskrediten bleibt unter Vorbehalt der folgenden Bestimmungen in Kraft.

Art. 2 1

Die Zahlungskredite für Bundesbeiträge und beitragsähnliche Leistungen wie Darlehen werden gesamthaft um rund 400 Millionen Franken gekürzt.

2 Die Zahlungskredite des Militärdepartementes werden um rund 80 Millionen Franken gekürzt.

3

Der Bundesrat bestimmt, auf welchen Positionen die Kürzungen erfolgen und setzt die neuen Kreditbeträge fest.

Art. 3 Der Bundesrat hat im entsprechenden Ausmass Verpflichtungskredite zu sperren.

» BEI 1975 I 334 21 BB11974II1531

370

Art. 4 Bis zur Festsetzung der gekürzten Zahlungskredite und der gesperrten Verpflichtungskredite durch den Bundesrat gilt der Bundesbeschluss vom 11. Dezember 1974 1) über das Inkrafttreten des Voranschlages für das Jahr 1975.

Art. 5 1

Dieser Beschluss ist nicht allgemeinverbindlich; er untersteht nicht dem Referendum.

2

Er tritt sofort in Kraft.

4003

»BB11974 II1534

371

(Entwurf)

Beilage 3

Bundesbeschluss über den Abbau von Bundesbeiträgen Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 42bis der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 8. Januar 1975 D, beschliesst:

Art. l 1

Soweit es zur Einhaltung der mit dem Voranschlag bewilligten Kredite erforderlich ist, setzt der Bundesrat die in Bundesgesetzen, Bundesbeschlüssen und Erlassen niedrigerer Rechtsstufe vorgesehenen Beiträge und Darlehen des Bundes herab, erstreckt gesetzliche Fristen und schiebt die Fälligkeit der Leistungen des Bundes auf.

2

Sind Ausfalldeckungen des Bundes von gesetzlich begrenzten Leistungen der Beteiligten abhängig, so kann der Bundesrat letztere nötigenfalls erhöhen.

3 Bei zugesicherten Leistungen kann nur die Fälligkeit angemessen erstreckt werden.

Art. 2 1

Dieser Beschluss ist allgemeinverbindlich.

2

Er wird nach Artikel 89bis Absatz l der Bundesverfassung dringlich erklärt und tritt am Tage der Verabschiedung in Kraft.

3

Er untersteht nach Artikel 89bis Absatz 2 der Bundesverfassung dem fakultativen Referendum und gilt bis am 31. Dezember 1982.

4003

» BB1 1975 I 334

372 (Entwurf)

Beilage 4

Bundesbeschluss über die Festsetzung des Beitrages des Bundes an die Alters- und Hinterlassenenversicherung Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 34Qllaler der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 8. Januar 1975 », beschliesst : Arti Abweichend von Artikel 103 des Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung z> wird der Beitrag des Bundes auf jährlich 770 Millionen Franken festgesetzt.

Art. 2 1

Dieser Beschluss ist allgemeinverbindlich.

2

Er wird nach Artikel 89bis Absatz l der Bundesverfassung dringlich erklärt und tritt am Tage der Verabschiedung in Kraft.

3 Er untersteht nach Artikel 89bis Absatz 2 der Bundesverfassung dem fakultativen Referendum und gilt bis am 31. Dezember 1977.

» BB11975 I 334 2) SR 831.10

373

(Entwurf)

Beilage 5

Bundesbeschluss über die Finanzierung der Erwerbsersatzordnung für Wehr- und Zivilschutzpflichtige Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 22bis Absatz 6 und Artikel 34ter Absatz l Buchstabe d der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 8. Januar 1975 !>, beschliesst:

Art. l Der Bundesrat ist befugt, die in Artikel 27 des Bundesgesetzes vom 25. September 19522> über die Erwerbsausfallentschädigungen an Wehr- und Zivilschutzpflichtige festgesetzten Beiträge ab I.Juli 1975 bis zu folgenden Ansätzen zu erhöhen : - für Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit bis 0,6 Prozent, - für Nichterwerbstätige auf 6-600 Franken.

Art. 2 1

Dieser Beschluss ist allgemeinverbindlich.

2

Er wird nach Artikel 89bIS Absatz l der Bundesverfassung dringlich erklärt und tritt am Tage der Verabschiedung in Kraft.

3 Er untersteht nach Artikel 89bis Absatz 2 der Bundesverfassung dem fakultativen Referendum und gilt bis am 31. Dezember 1977.

4003

» BB11975 I 334 2) SR 834.1

374

(Entwurf)

Beilage 6

Bundesbeschluss über die Herabsetzung von Anteilen der Kantone an Bundeseinnahmen im Jahre 1975 Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 8. Januar 19751\ beschliesst: I

Die Bundesverfassung wird durch folgenden Zusatz ergänzt : Die Anteile und die Bezugsprovision der Kantone im Jahre 1975 a. am Ertrag der Bundessteuern, b. am Reinertrag der fiskalischen Belastung gebrannter Wasser, c. vom Rohertrag des Militärpflichtersatzes werden um einen Fünftel herabgesetzt. Die damit in Widerspruch stehenden Bestimmungen dei Bundesverfassung und der Bundesgesetzgebung sind für die Geltungsdauer dieses Beschlusses ausser Kraft gesetzt. Der Bundesrat erlässt die erforderlichen Ausführungsbestimmungen.

II

Dieser Beschluss wird nach Artikel 89bis Absatz l und 3 der Bundesverfassung dringlich erklärt. Er tritt am Tage der Verabschiedung in Kraft und gilt bis am 31. Dezember 1975.

» BB11975 I 334

375

(Entwurf)

Beilage 7

Bundesbeschluss über die Erschwerung von Ausgabenbeschlüssen

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 8. Januar 1975 D, beschliesst:

Art. l 1

Neue Ausgaben, die Erhöhung bestehender Ausgaben oder Mehrausgaben im Voranschlag gegenüber dem Vorjahr bedürfen in jedem Rat der Zustimmung der Mehrheit aller Mitglieder, wenn dies von einer der vorberatenden Kommissionen, der Finanzkommission oder einem Viertel der Mitglieder eines Rates verlangt wird.

2

Ein allgemeinverbindlicher Bundesbeschluss, gegen den das Referendum nicht verlangt werden kann, regelt die Einzelheiten.

Art. 2 1

Dieser Beschluss ist allgemeinverbindlich.

2

Er wird nach Artikel 89bIS Absatz l der Bundesverfassung dringlich erklärt und tritt am Tage der Verabschiedung in Kraft.

3 Er untersteht nach Artikel 89*"" Absatz 3 der Bundesverfassung der Abstimmung des Volkes und der Stände und gilt bei seiner Annahme bis am 31. Dezember 1982.

D BEI 1975 I 334

376

(Entwurf)

Beilage 8

Bundesbeschluss betreffend Erhöhung der Steuereinnahmen ab 1976 Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 8. Januar 1975 D, beschliesst: I

Die Bundesverfassung wird wie folgt geändert :

Art. 41"' Abs. 3 3

Die Warenumsatzsteuer nach Absatz l Buchstabe a kann erhoben werden auf dem Umsatz von Waren, auf der Wareneinfuhr und auf gewerbsmässigen Arbeiten an Fährnis, Bauwerken und Grundstücken, unter Ausschluss der Bebauung des Bodens für die Urproduktion. Das Gesetz bezeichnet die Waren, welche von der Steuer ausgenommen sind.. Die Steuer beträgt bei Detaillieferungen 5,6 Prozent und bei Engroslieferungen 8,4 Prozent des Entgelts.

II

Artikel 8 Absatz 2 der Übergangsbestimmungen der Bundesverfassung wird wie folgt geändert :

Art. 8 Abs. 2 Bst. a 2

Der Bundesratsbeschluss über die Warenumsatzsteuer wird mit Wirkung ab l. Oktober 1975 wie folgt geändert : a. Die Warenumsatzsteuer beträgt bei Detaillieferungen 5,6 Prozent und bei Engroslieferungen 8,4 Prozent des Entgelts; » BEI 1975 I 334

377

III Artikel 10 der Übergangsbestimmungen der Bundesverfassung wird wie folgt geändert :

Art. 10 Ab. 1. Januar 1976 beträgt der Anteil der Kantone am jährlichen Reinertrag der Verrechnungssteuer 10 Prozent; die Bundesgesetzgebung bestimmt die Art der Verteilung auf die Kantone.

IV

Dieser Beschluss untersteht der Abstimmung des Volkes und der Stände.

4003

378 (Entwurf)

Beilage 9

Bundesgesetz über die Verrechnungssteuer Änderung vom Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 8. Januar 19751>, beschliesst :

I Der Artikel 13 Buchstabe a des Bundesgesetzes über die Verrechnungssteuer 2) wird wie folgt geändert : a. auf Kapitalerträgen und Lotteriegewinnen: 35 Prozent der steuerbaren Leistung.

II Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 1976 in Kraft. Es findet auf alle nach dem 31. Dezember 1975 entstehenden Steuerforderungen Anwendung.

III Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

4003

» BEI 1975 I 334 2) SR 642.21

379

(Entwurf)

Beilage 10

Bundesgesetz über Massnahmen bei der direkten Bundessteuer zur wirksameren Bekämpfung der Steuerhinterziehung

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 4P" Absätze l, 5 und 6 der Bundesverfassung und Artikel 8 Absatz l der Übergangsbestimmungen der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 8. Januar 1975 J >, beschliesst:

I

Änderung des Wehrsteuerbeschlusses Der Bundesratsbeschluss vom 9. Dezember 1940 2) über die Erhebung einer Wehrsteuer wird wie folgt geändert:

Art, 89 Abs. 2 Sai: 2 und Abs. 3 (neu) 2

...Insbesondere hat der Steuerpflichtige der Veranlagungsbehörde auf deren Verlangen die Namen der Personen zu nennen, mit denen er Rechtsgeschäfte getätigt oder denen er geldwerte Leistungen erbracht hat; er hat über seine vertraglichen Beziehungen zu diesen Personen und die gegenseitigen Leistungen und Ansprüche Auskunft zu geben. Das gesetzlich geschützte Berufgeheimnis bleibt gewahrt.

3 Steuerpflichtige, die pine selbständige Erwerbstätigkeit ausüben, haben Urkunden und sonstige Belege einschliesslich Aufzeichnungen, die mit dieser Tätigkeit in Zusammenhang stehen, während

» BB11975 I 334 a SR 642.11

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fünf Jahren aufzubewahren. Erreichen die aus der selbständigen Erwerbstätigkeit erzielten jährlichen Roheinnahmen den Betrag von 100000 Franken, so hat der Wehrsteuerpflichtige über die Einnahmen und Ausgaben, das Vermögen und die Schulden seines Betriebes ordnungsgemäss Buch zu führen.

Art. 90 Abs. 5 und6 5

Personen, die mit dem Wehrsteuerpflichtigen in einem Vertragsverhältnis stehen oder standen, haben ihm auf Verlangen eine Bescheinigung über das gemeinsame Vertragsverhältnis und die beidseitigen Ansprüche und Leistungen auszustellen, insbesondere a. Gläubiger und Schuldner des Wehrsteuerpflichtigen: über Bestand, Höhe, Verzinsung und Sicherstellung der Forderung; b. Vermögensverwalter, Treuhänder, Pfandgläubiger, Beauftragte und andere Personen, die Vermögen des Steuerpflichtigen im Besitze oder in Verwaltung haben oder hatten: über dieses Vermögen und seine Erträgnisse.

6 Personen, die nach Absatz 4 oder 5 zur Ausstellung einer Bescheinigung verpflichtet sind, haben der Veranlagungsbehörde auf ihr Verlangen über die zu bescheinigenden Tatsachen schriftlich oder mündlich Auskunft zu geben, wenn sie die Ausstellung der Bescheinigung verweigern oder wenn sich die ausgestellte Bescheinigung als unrichtig, unvollständig oder als unklar erweist.

Art. 129 Abs. 2 Aufgehoben

Art. 13(F* (neu) rl! Steuer-und inventarbetrug

1

Wer bei einer Hinterziehung (Art. 129) gefälschte, verfälschte Urkunden wie Geschäftsbücher, Bilanzen, Erfolgsrechnungen oder Lohnausweise und andere Bescheinigungen Dritter zur Täuschung gebraucht, wird mit Gefängnis oder mit Busse bis zu 30 000 Franken bestraft ; die Bestrafung wegen Steuerhinterziehung bleibt vorbehalten.

oder inhaltlich unwahre

2

Wer als Erbe, Erbenvertreter oder Dritter Nachlasswerte, zu deren Bekanntgabe er im Inventarverfahren (Art. 97) verpflichtet ist, verheimlicht oder beiseite schafft, in der Absicht, sie der Inventaraufnahme zu entziehen, wird mit Gefängnis oder mit Busse bis zu 30 000 Franken bestraft.

381 Art. 133bls (neu) 1

Hält die kantonale Wehrsteuerverwaltung dafür, es sei bei 3 Beisteuereiner Hinterziehung auch Steuerbetrug oder es sei Inventarbetrug TMventarbetrug (Art. 130Ms) begangen worden, so gilt folgendes: a. Ist die Handlung zugleich nach kantonalem Steuerstrafrecht ein Vergehen, so hat die kantonale Wehrsteuerverwaltung der für die Verfolgung des kantonalen Steuervergehens zuständigen Behörde Anzeige zu erstatten. Diese Behörde verfolgt alsdann ebenfalls das Vergehen gegen die Wehrsteuer. Wird der Täter für das kantonale Steuervergehen zu einer Freiheitsstrafe verurteilt, so ist eine Freiheitsstrafe für das Vergehen gegen die Wehrsteuer als Zusatzstrafe zu verhängen; gegen das letztinstanzliche kantonale Urteil über diese Zusatzstrafe kann Nichtigkeitsbeschwerde nach Artikel 268 des Bundesgesetzes über die Bundesstrafrechtspflege erhoben werden.

b. Treffen die Voraussetzungen von Buchstabe a nicht zu, so hat die kantonale Wehrsteuerverwaltung der für die Verfolgung des Vergehens gegen die Wehrsteuer zuständigen Behörde Anzeige zu erstatten. Das Verfahren richtet sich nach dem Bundesgesetz über das Verwaltungsstrafrecht.

2

Die Eidgenössische Steuerverwaltung kann die Strafverfolgung verlangen und, wenn diesem Begehren nicht entsprochen wird, das Steuervergehen anstelle der kantonalen Behörde selbst verfolgen. Das Verfahren richtet sich in diesem Falle nach dem Bundesgesetz über das Verwaltungsstrafrecht.

3

Die allgemeinen Bestimmungen des Schweizerischen Strafgesetzbuchs sind anwendbar, soweit dieser Beschluss nichts anderes vorschreibt. Artikel 68 des Strafgesetzbuchs findet nur auf Freiheitsstrafen Anwendung.

II

Besondere Untersuchungsorgane 1 Der Bundesrat sorgt für die Bildung und den Einsatz besonderer Steuerkontrollorgane, die in Zusammenarbeit mit den kantonalen Steuerbehörden bei einzelnen Steuerpflichtigen Kontrollen vornehmen.

2

Die Untersuchung dieser Organe richtet sich nach den Artikeln 37-50 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsstrafrecht. Ihr Ergebnis wird den Steuerbehörden des Bundes und der Kantone mitgeteilt, deren Steueranspruch in Frage steht.

3

Der Bundesrat erlässt die erforderlichen Ausführungsbestimmungen.

382 III Referendum und Inkrafttreten 1

Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

2

Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über Massnahmen zur Verbesserung des Bundeshaushaltes (Vom 8. Januar 1975)

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1975

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03.02.1975

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